Aktuelles aus: KMG-Nachrichten 110 - Dezember 1996

Übermittelt von Engelbert Botschen


Geschäftsführerbrief

Grundlegende Restaurierung des Grabmals in Radebeul bis zum 85. Todestag Karl Mays am 30. März 1997

Vom 4. bis 6. November 1996 war ich mit Hans Grunert (Radebeul) in Erlangen, um zusammen mit dortigen Mitgliedern den 14. Kongreß der Karl-May-Gesellschaft organisatorisch vorzubereiten, der im Herbst des kommenden Jahres stattfinden wird. Mit dem historischen Redoutensaal in der Altstadt wurde eine attraktive Tagungsstätte gefunden, die unseren Bedürfnissen voll entspricht und einen reibungslosen Ablauf der Wochenendveranstaltung gewährleistet. Im Märzheft der KMG-Nachrichten wird ein erster Überblick auf das zu erwartende Programm gegeben. Aber bereits jetzt kann gesagt werden, daß uns vom 19. bis 21. September 1997 drei interessante Tage in der gastfreundlichen Metropole Mittelfrankens bevorstehen.

Am 9. November 1996 - einem historischen Datum - fand die Herbstsitzung des Kuratoriums der Karl-May-Stiftung in Radebeul statt. Neben Berichten über die Entwicklung des Museums und die wirtschaftliche Situation der Stiftung wurde vor allem der Budgetentwurf für 1997 ausführlich diskutiert und gebilligt. Geschäftsführer Rene Wagner machte die erfreuliche Mitteilung, daß Karl Mays Grabmal nach einer partiellen Renovierung vor einigen Jahren gegenwärtig grundlegend restauriert wird. Die Arbeiten wurden durch eine private Spende und einen Zuschuß des Freistaates Sachsen ermöglicht und sollen bis zum 85. Todestag Karl Mays am 3(). März 1997 abgeschlossen sein.

Auf Anregung von Karl-May-Stiftung und Karl-May-Gesellschaft ist vor kurzem an der Technischen Universität Dresden eine Forschungsstelle für europäische Abenteuerliteratur (einschließlich Karl May) auf ABM-Basis geschaffen worden, die von unserem Mitglied Dr. Andreas Graf (Köln) betreut wird. Sie ist dem Lehrstuhl für Germanistik von Prof. Dr. Walter Schmitz (KMG) angegliedert und beschäftigt sich zunächst mit der Errichtung einer Datenbank.

Mit dem Band 78 der Gesammelten Werke ist der Karl-May-Verlag teilweise an seinen früheren Wirkungsort zurückgekehrt. Im ,,Rätsel von Miramare" wird nämlich Bamberg/Radebeul als Sitz des KMV angegeben. Bei einem Spaziergang durch Radebeul bemerkte ich zudem, daß das Verlagshaus (früher Roonstr., heute August-Bebel-Str. 23) renoviert wird und bereits das Türschild Karl-May-Verlag/Wolfgang Schmid trägt.

Den Leipziger Karl-May-Freunden steht demnächst ein ganz besonderes Jubiläum ins Haus: Mit einer Feierstunde, in der unser Vorsitzender Prof. Dr. Claus Roxin den Festvortrag halten wird, begehen sie die 100. öffentliche Veranstaltung des Freundeskreises Karl May Leipzig, der am 24. März 1988 unter Leitung von Jörg-M. Bönisch gegründet wurde - allen bekannten DDR-Widrigkeiten zum Trotz und damals noch unter dem Dach des Kulturbundes. Die mutigen Schrittmacher dieser hoffnungsvollen Entwicklung waren Karl-May-Freunde in Cottbus gewesen, die auf Initiative von Reinhard Seidler schon am 12. November 1987 den ersten Freundeskreis Karl May in der DDR ins Leben gerufen und damit den Stein ins Rollen gebracht hatten. Um dieses denkwürdige Ereignis mitfeiern zu können, treffen sich Vorstand und Mitarbeiterkreis der KMG vom 14. bis 16. März 1997 in der sächsischen Bücher- und Messestadt zu einer Arbeitstagung, wodurch das lokale Jubiläum zu einer gesamtdeutschen Veranstaltung wird.

Nach längerer Vorbereitungszeit hat der deutsch-französische Kulturkanal ARTE die Dreharbeiten für einen ausführlichen Karl-May-Themenabend weitgehend abgeschlossen und wird die Fernsehsendung voraussichtlich im April 1997 ausstrahlen.

Eine kleine Sensation ist noch zu vermelden: Zum ersten Mal in der Geschichte der KMG erhielt ich Post aus Australien. Ein Arzt hat über INTERNET (Schönbach & Starrost sei's gedankt!) von der Existenz unserer Gesellschaft erfahren. Er ist gleich Mitglied geworden und hat uns zwei Arbeiten über medizinische Probleme im Leben Kerl Mays zur Veröffentlichung angeboten. Damit gibt es einen weißen Fleck auf der KMG-Weltkarte weniger.

Im nun zu Ende gehenden Jahr konnten einige Karl-May-Freunde einen "runden" Geburtstag feiern, wozu auch an dieser Stelle nachträglich noch ganz herzlich gratuliert wird: Prof. Dr. Viktor Böhm (70), Horst Matthey (70), Wolfgang Mischnick (75) und Freddy Quinn (65). Sie alle haben sich - jeder auf seine besondere Weise - um Karl May und unsere gemeinsame Sache außerordentlich verdient gemacht; dafür danken wir den Jubilaren und wünschen ihnen noch viele erfüllte Jahre bei bester Gesundheit.

Vor wenigen Wochen ist das 26. ,,Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft" erschienen, das nach Inhalt und Umfang eine Spitzenleistung darstellt. Im Namen aller Leserinnen und Leser danke ich den Autoren, dem geschäftsführenden Herausgeber, den Redakteuren und unserem Verleger, die uns für lange Winterabende eine so gewichtige Lektüre in die Hand gegeben haben.

Liebe Mitglieder, Ihnen und Ihren Familien wünsche ich ein schönes Weihnachtsfest, ein glückliches Neues Jahr und grüße Sie in herzlicher Verbundenheit

Ihr

Erwin Müller, Geschäftsführer

Karl-May-Gesellschaft e.V.
Geschäftsführer: Erwin Müller, Eitzenbachstraße 22, 54343 Föhren; 06502/20887
Schatzmeister:Uwe Richter, Rosenstraße 6, 92272 Freudenberg; 09621/81836
Jahresbeitrag:DM 50,00 (fällig im ersten Quartal)
Konten: Bayerische Vereinsbank Amberg Konto-Nr.: 199 54 80 (BLZ 752 200 70) Postbank Hamburg
Konto-Nr.: 11 16 94-207 (BLZ 200 100 20)
Zentrale BestelladresseUlrike Müller-Haarmann, Gothastraße 40, 53125 Bonn; 0228/252492


Nachrichten aus der KMG

Reprints, Reprints

Beim Erscheinen dieser Nachrichten dürfte der "Beobachter an der Elbe" an die Besteller ausgeliefert sein. Laut Mitteilung von Dr. Augustin steht die Fertigstellung des Vorwortes für die "Frohen Stunden" unmittelbar vor dem Abschluß. Schwierigkeiten bereitet noch die Qualität eines Teils der Druckvorlagen, da der Karl-May-Verlag im Gegensatz zu früher, als er die Reprintprojekte der KMG großzügig gefördert und unterstützt hat, diesmal jede Hilfe verweigert.

Der Druck der 2. Auflage des Hausschatz-Reprints "Mir von Dschinnistan" ist noch nicht gesichert, da bis Ende Oktober 1996 erst 150 Vorbestellungen eingegangen sind.

Die Herstellung eines Reprints stellt für die KMG jedesmal einen finanziellen Kraftakt dar. Jedes Exemplar wird den Mitgliedern zum Selbstkostenpreis angeboten. Um diesen Preis so gering wie möglich zu halten, muß eine Auflage von 400-500 Stück kalkuliert werden.

Die langjährige Erfahrung hat gezeigt (was übrigens auch für die anderen Publikationen der KMG gilt), daß trotz der hohen Anzahl von über 1800 Mitgliedern die Vorbestellungen für einen neuen Reprint die Zahl von 300 nicht überschreitet, d. h. die gesamte Auflage muß vorfinanziert werden, ein erklecklicher Teil wird durch den Erstverkauf gedeckt, der Rest muß über viele Jahre hinweg eingebracht werden.

Die Druckauflage des "Mir" soll 400 Stück betragen, da eine Auflage von nur 200 den Preis auf ca. 100,--DM pro Exemplar hoch treiben würde, was den Mitgliedern nicht zugemutet werden kann. Um das finanzielle Risiko kalkulierbar zu machen und die Mittel nicht zu langfristig zu binden, benötigen wir etwa 200 Vorbestellungen.

Es muß deutlich darauf hingewiesen werden, daß alle Folgeprojekte stark gefährdet sind, wenn dieser Reprint nicht zustande kommt, und die KMG Neuauflagen vergriffener Reprints (nächstes Vorhaben "Der Scout/Deadly Dust") kaum mehr in Angriff nehmen kann.

Daher wird die Subskriptionsfrist für den "Mir" bis zum 31.12.1996 verlängert.

Ruprecht Gammler

BEKANNTMACHUNG:

Die KMG gibt bekannt, daß im Rahmen der Arbeit des Ausschusses zur Sicherung von May-Biographika ein

ZEITUNGSARCHIV

eingerichtet wird. In diesem Archiv sollen alle Zeitungsartikel von und über Karl May bis zu dessen Tod (incl. der im Jahre 1912 noch erschienenen Nachrufe) gesammelt, für die Forschung aufbereitet und zur Verfügung gehalten werden.

Für die Leitung, Einrichtung und Betreuung des Archivs konnte

Wolfgang Sämmer
Zweierweg 52
97074 Würzburg

gewonnen werden.

Wir bitten alle Mitglieder, die in ihren privaten Sammlungen Zeitungsartikel aus jener Zeit haben, diese Herrn Sämmer in Kopie zuzusenden.

Bitte senden Sie keine Artikel, die später erschienen sind !! Diese können erst in einem zweiten Arbeitsschritt (in einigen Jahren) in das Archiv einbezogen werden, es sei denn, es würde sich ein KMG-Mitglied bei mir (Bernhard Kosciuszko, Häuschensweg 24, 50827 Köln) melden, das den Aufbau des »modernen« Teils des Archivs in Angriff nehmen will.

Bernhard Kosciuszko Prof. Dr. Klaus Ludwig

Bitte um ein wenig Geduld

Liebe Karl-May-Freunde!

Wieder neigt sich ein Jahr dem Ende zu. Es dauert nicht mehr lange, und der Ruf nach den Steuerbescheinigungen wird laut. Jedes Jahr kurz nach dem 1. Januar bekomme ich Anrufe und schriftliche Anfragen, wann denn endlich die Steuerbescheinigungen kämen. Liebe Freunde, ich bitte Sie alle um ein wenig Geduld. Bevor ich die Formulare ausfüllen kann, brauche ich alle wichtigen Informationen über Spenden und Spender von unserem Schatzmeister, die erst nach Abschluß des Kalenderjahres vorliegen. Das alles braucht seine Zeit. Bitte, bedenken Sie auch, daß wir alle die Arbeit ehrenamtlich in unserer Freizeit machen müssen. Also: gedulden Sie sich bitte, Sie werden nicht vergessen. Anfragen vor Februar kosten Ihnen und uns nur Zeit und Geld.

Mit guten Wünschen für ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein frohes Neues Jahr grüßt Sie

Ihre Spendenbeauftragte

Annelotte Pielenz

Bitte des Schatzmeisters

Haben Sie die Überweisung des Beitrages 1997 vorgemerkt?

DM 50,-- sollten im Januar 1997 auf den Weg geschickt werden.

Bitten um Hilfe

NEUERSCHEINUNG:

Juristische Schriftenreihe der Karl-May-Gesellschaft

Hrsg. von Jürgen Seul

Bd. 1: Jürgen Seul: Karl May ./. Emil Horn

65 Seiten - Format DIN-A-4 - DM 12 (+ MWST/Porto/Verpackung)

zu bestellen bei:

Ulrike Müller-Haarmann, Gothastr. 40, 53125 Bonn

Es handelt sich bei dieser neuen Schriftenreihe um eine Veröffentlichung des Fachausschusses zur Sicherung von May-Biographika.

In den Jahrbüchern der KMG 1980 und 1981 hatte Gerhard Klußmeier begonnen, die Gerichtsakten zu Prozessen Karl Mays, die im Staatsarchiv Dresden noch vorhanden sind, zu veröffentlichen. Prof. Dr. Roxin steuerte juristische Nachbemerkungen dazu bei. Das Vorhaben blieb leider unvollständig, das noch vorhandene Material unveröffentlicht. Es ist dem Ausschuß gelungen, Herrn Jürgen Seul, Ahrweiler, der durch die Arbeit über Lebius und den ,Vorwärts' (auch über Frau Müller-Haarmann zu bestellen) schon als hervorragender Dokumentator auf sich aufmerksam machte, für die Weiterführung der Prozeßaktenveröffentlichung zu gewinnen. Herr Seul ist als Rechtsreferendar auch fachlich der richtige Mann für diese Aufgabe Er hat die Akte »May ./. Emil Horn« (Redakteur des Hohenstein-Ernstthaler Anzeigers) detailliert kommentiert. Als Anhang wird die Akte samt den dazugehörigen Zeitungsartikeln im Faksimile wiedergeben.

Die Reihe wird in unregelmäßiger Folge weitergeführt.

Aktion 2000:

Werbung in Bad Segeberg

Die KMG hatte auch in der Werbebroschüre "Der MarterPfahl" (Sommer 1996) ein Inserat mit dem Hinweis auf unsere Aktivitäten geschaltet.

Denken Sie stets daran:

Die KMG braucht Ihre Mitarbeit! Werben auch Sie neue Mitglieder für die Karl-May-Gesellschaft

Leihverkehr der KMG unter neuer Adresse

Vor kurzem hat unser Mitarbeiter Karl Serden den von ihm aufgebauten und jahrelang betreuten Leihverkehr der KMG an das Ehepaar Pütz übergeben, das nun auch für diese Serviceleistung - zusätzlich zum Reprintversand - zuständig ist. Der Vorstand dankt Karl Serden recht herzlich für die geleistete Arbeit im Dienst der Karl-May-Forschung und wünscht auch Herrn und Frau Pütz in Zukunft eine rege Nachfrage.

Für den Leihverkehr werden unveröffentlichte Dissertationen, Diplom-, Magister-, Examens-, Seminar-, Fach- und Hausarbeiten, Rundfunkskripte, ungedruckte Manuskripte u.a.m. gesammelt, die gegen eine Gebühr von DM 5,-- (Banknote oder Briefmarken) und Übernahme des Rückportos für die Dauer eines Monats ausgeliehen werden. Das Verzeichnis umfaßt gegenwärtig rd. 60 Titel und kann von Interessenten (mit Rückporto) angefordert werden. Die neue Bestelladresse lautet:

Heike und Reiner Pütz
Am Kelter 48
53572 U n k e l

Die Karl-May-Gesellschaft ist jederzeit an weiteren Texten interessiert und bittet alle Schüler und Studenten mit entsprechenden Arbeiten um kostenlose Überlassung eines Belegexemplars für den Leihverkehr. Erwin Müller

Trierischer Volksfreund v. 11.10.96:

Weitere Autoren kontra Reform

FRANKFURT. Weitere Autoren - darunter Botho Strauß, Ernst Jünger und Patrick Süsklnd - haben sich der ,,Frankfurter Erklärung" gegen die neuen Rechtschreibregeln angeschlossen und den Stop der Reform gefordert. Auch Otfried Preußler, Günter de Bruyn, Hans Wollschläger, Irina Korschunow, Hilde Domin, Alois Brandstetter und Peter Hamm zählen zu den nun 300 Unterzeichnern der Erklärung, die namhafte Autoren, Germanisten, PEN-Vertreter und Publizisten auf der Frankfurter Buchmesse veröffentlicht hatten.

Die Karl-May-Gesellschaft trauert um ihre verstorbenen Mitglieder

Martin Huber, 83126 Flintsbach
1955 - 1996

Mischa Mleinek, 76534 Baden-Baden
1927 - 1996

Rio Reiser, 25917 Stadum
1950 - 1996

Dr. Dieter Wauer, 31812 Bad Pyrmont
1915 - 1996

Wir werden den Toten ein ehrendes Gedenken bewahren.


Das große Treffen von Karl-May-Freunden aus aller Welt:

Karl-May-Fest '97: Bad Segeberg

25. - 27. Juli 1997

Das Karl-May-Fest wächst weiter: 500 Karl-May-Freunde versammelten sich Ende Juli in Berlin zum traditionellen Treffen. Die Gästeliste verzeichnete Besucher von Südafrika bis Nordamerika. Besonderer Anlaß war das 50jährige Jubiläum des Karl-May-Filmproduzenten Artur Brauner, der von Karl-May-Stiftung, Karl-May-Museum und Karl-May-Archiv mit dem "Scharlih" geehrt wurde. Die Begegnung von Karl May mit der Glitzerwelt des Films (Gäste u.a. Harald Leipnitz, Chris Howland, Klaus Maria Brandauer, Sonja Ziemann, Winnie Markus u.v.a.) war ein Ereignis, das von der Hauptstadtpresse mit großem Interesse wahrgenommen wurde.

Besonders dankbar konnten die Initiatoren registrieren, wie viele Firmen ihre Verbundenheit mit Karl May demonstrierten und ihre Produkte für das Fest zur Verfügung stellten. Zu den Höhepunkten im Programm zählten der Vortrag von Meredith McClain, der Auftritt von Walther Ilmer und die Karl-May-Auktion von Friedhelm Spürkel und Falk Klinnert. Ein Erlebnis war die Vorführung eines Karl-May-Films im Zoo-Palast, dem größten Berliner Kino. Einen ausführlichen Bericht über das Treffen kann man vom Karl-May-Archiv (Am Fuchsberg 21, 37077 Göttingen) gegen Rückporto beziehen.

Das nächste Karl-May-Fest findet vom 25. bis 27. Juli 1997 in Bad Segeberg statt und verspricht, ein neuer festlicher Höhepunkt zu werden. Wieder wird ein namhafter Stargast erwartet, und es gibt ein Programm in der gewohnten, geradezu überbordenden Fülle. Höhepunkt wird die Verleihung eines "Special Award" der deutschen Phonowirtschaft an den Karl-May-Komponisten Martin Böttcher für sein Lebenswerk sein.

Programm und Kartenbestellung (bitte Rückporto!):

Thomas Winkler,
Harmsweg 9 b, 22179 Hamburg,
040 / 61 47 79.


Thomas Grafenberg

WINNETOUR 1997

Die Winnetour 1997 muß abgesagt werden

Aus privaten Gründen können wir den Termin 1997 nicht wahrnehmen. Frau McClain, die für diese Touren die ganzen Reservierungen, Hotels, Bus, Eintritte, Gäste, usw. übernimmt, kann aus persönlichen Gründen (schwerer Krankheitsfall in der Familie) sich nicht um die Reisevorbereitungen kümmern. Als Organisator, von deutscher Seite aus, bin ich natürlich selber sehr traurig. Wir können aber versichern, daß dieselbe Tour zu Ostern 1998 angeboten wird.

Nachfragen sind jederzeit bei mir möglich:

Thomas Grafenberg
Am Irissee 14
12349 Berlin
Tel.: 030 / 7018 9313
Fax.: 030 / 7018 9314


Leserbriefe

Horst Friedrich, Wörthsee

Wirklich exzellent!

(zu Nr. 109 der KMG-Nachrichten)

Die ,,Kurze Übersicht über die Geschichte der Comanchen und Apatschen" von Eckehard Koch ist wirklich exzellent! (Ich fragte mich allerdings, wieder einmal, ob die KMG es auswürfelt, ob sie einen Beitrag im Jahrbuch, in dem MITTEILUNGEN oder in den NACHRICHTEN bringt. Besten Dank an Autor und Redaktion für diesen Beitrag!

,,Zufällig" hatte ich zuvor gerade wieder EL MEXICO DESCONOCIDO von Carl Lumholtz (Mexico 1960) durchgelesen. Lumholtz hatte in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts mehrere Expeditionen in Nordwest-Mexiko, in der Sierra Madre Occidental mit ihren Gebirgseinöden und Riesen-Canyons, durchgeführt. Dort hatten jene Apatschen-Banden, von denen Koch spricht, offenbar wiederholt ihr "Hauptquartier", respektive das Ausgangszentrum ihrer Raub- und Mordzüge, weshalb auch US-Truppen einmal bis in jene Gegend vordrangen. Zu Lumholtz' Zeit war die Erinnerung an jene gefährliche Apatschen-Präsenz offenbar dort noch sehr gegenwärtig.

Diese Verhaltensmuster der Apatschen (auch wenn sie von der heuchlerisch-aggressiven Zivilisation der "Weißen" unerträglich bedrängt und provoziert wurden) erinnern doch merklich an die Raub- und Mordzüge der Madjaren u.a. innerasiatischer Reitervölker des Mittelalters. Man wird erinnert an das Werk von Ethel G. Stewart "The Dene and Na-Dene Indian Migration 1233 A.D. - Escape from Genghis Khan to America (Columbus/Georgia 1991). Ich hatte das Werk in meinem Beitrag INDIANERSTÄMME AUS ARDISTAN? in den M-KMG Nr. 100 erwähnt.

Nach Stewart stand am Beginn der Apatschen-Ethnogenese eine Absetzbewegung innerasiatischer (hauptsächlich Krieger-) Elemente, mittels chinesischer Pelzhändler-Schiffe, nach Alaska, von wo in der Tat - nach ihren eigenen Überlieferungen - die Südwanderung der Apatschen und Navajos ihren Ausgang genommen haben soll. Diese innerasiatische Krieger-Mixtur nahm sich offenbar in Alaska/Nord-Kanada indianische Frauen, vermischte sich vielleicht auch mit indianischen Stammes-Splittern, und wurde so allmählich zu "typischen Indianern", eben den Apatschen. Stewart leitet sogar den Stammesnamen ,,Apatschen" - in der Bedeutung ,,Krieger" - aus dem turko-tibetischen Raum her. Da dieses mittelalterliche Innerasien einen unbeschreiblichen ethno-linguistischen Schmelztiegel darstellte, ist es nach dieser gelehrten Autorin auch kein großes Wunder, daß man in den Sprachen der Dene-Volksstämme (zu denen Apatschen wie Navajos gehören) multiple linguistische Spuren findet.

- Zu Ihrer Randbemerkung [schreibt Engelbert Botschen]:

Wir würfeln nicht! Originalforschungsbeiträge erscheinen im Jahrbuch, in den M-KMG und den Sonderheften dazu. Die von Erwin Müller aus dem Geschäftsführerbrief entwickelten KMG-Nachrichten dienen der aktuellen Berichterstattung. Sie bringen daneben noch Hinweise und Dokumentationen zu Drittveröffentlichungen, die nicht allen Mitgliedern zugänglich sind. Da gibt es gelegentlich unvermeidliche Überschneidungen, so etwa wenn ein Leserbrief - wie Ihrer - schon den Charakter eines Artikels hat.

Herr Koch hielt auf der Winnetour I während der Busfahrt seine Vorträge über Comanchen und Apachen, die in Kurzfassung seinen Vorveröffentlichungen beim Igel-Verlag entsprachen. Auf unsere Bitte redigierte Herr Koch die Kurzfassung seiner Texte für die KMG-Nachrichten - als Nachklang zur Winnetour I und als Material für die Teilnehmer an den weiteren Winnetour-Studienreisen.

Wir werben gerne auch an dieser Stelle für die Winnetour-Reisen in die Haupthandlungsgebiete der Nordamerikaromane Karl Mays. Die Reise wurde von unserem amerikanischen Mitglied Mrs. Meredith McClaine mit inzwischen variierenden Routen so ausgezeichnet ausgewählt und geführt, daß sie für jedes KMG-Mitglied ein unvergeßliches Reiseabenteuer bleiben wird.

[Bedauerlicher Weise muß allerdings die Tour im Jahr 1997 ausfallen. Sie wird aber - mit neuer Route - 1998 fortgesetzt!]

Günter Höns, Asbach

Den Beitrag von Herrn Schenk zu den KMG-Nachrichten 108 habe ich mit Interesse gelesen

Ich bin erst seit 1995 Mitglied in der Karl-May-Gesellschaft. Bis dahin kannte ich Karl May nur aus den grünen Büchern des Karl-May-Verlags Bamberg (und aus den billigen Nachdrucken von Carl Ueberreuter). Daß sein Werk vielen Entstellungen ausgesetzt wurde, war mir neu. Für die entsprechende Aufklärung bin ich sehr dankbar.

Ich entsinne mich, irgendwo gelesen zu haben (ich glaube, in einem Spiegel-Artikel über Karl May), daß eine (geheime?) Vereinbarung zwischen Karl-May-Verlag und Karl-May-Gesellschaft besteht, daß die Verleger-Familie Schmid nicht Forschungsthema der KMG sein sollte. Vielleicht wissen Sie hierzu Näheres?

Nun zu meinem eigentlichen Anliegen:

Ich habe mich im Jahr 1993 selbst an den Karl-May-Verlag gewandt, weil ich in den ,,Grünen" das Jahr der Herausgabe vermißt habe. (Selbst die Taschenbücher des Rororo-Verlags sind in jeder neuen Auflage mit dem Erscheinungsjahr versehen).

Gleich Herrn Schenk war ich der Meinung, daß das Erscheinungsjahr sich aus dem jeweiligen Tausend ableiten lassen müßte. Die Antwort war unbefriedigend. Ich bin der Frage damals nicht mehr weiter nachgegangen, hatte mir aber vorgenommen, dies ,,irgendwann" nachzuholen. Sie können sich also vorstellen, daß der kleine Satz ,,Herr Klußmeier wußte Rat" mich brennend interessiert hat.

Eine Klarstellung

Andreas Graf, Köln:

Wie ich aus dem Schreiben von Herrn Eggert in den KMG-Nachrichten Nr. 109 und anderen Reaktionen entnehme, haben offenbar einige Hörer meine Sendung "Neue Abenteuer um Karl May" (Dlf am 17.5.96) als Live-Sendung mißverstanden. Dies war jedoch um die althergebrachte Radiosendeform des "Features", das aus einer Kombination von Ausschnitten aus Interviews, Filmoriginalton, gesprochenen Zitaten und Autortext besteht.

Was die Sendung selbst betrifft, so möchte ich darauf hinweisen, daß jeder Interessierte das Manuskript der Sendung unentgeltlich anfordern (Deutschlandfunk, Redaktion German Werth, Raderthalgürtel, Köln) und sich auf diese Weise überzeugen kann, ob die Aufregung, die mein kleiner Beitrag zur gegenwärtigen Wirkungsgeschichte unseres Autors offenbar bei einigen ausgelöst hat, in der Sache berechtigt ist oder nicht.

Engelbert Botschen, Redakteur der KMG-Nachrichten:

Wir sind in den vergangenen Monaten wiederholt gefragt worden, warum wir nicht mehr über die Karl-May-Spiele auf den verschiedenen Freilichtbühnen, über Karl-May-Filme und Ihre Darsteller und manches weitere Thema aus der Karl-May-Szene berichten. Wir tun dies ja auch gelegentlich, weil es viele unserer Mitglieder interessiert. Wenn aber etwa vorgeschlagen wird, die einzelnen Termine der Freilichtbühnen etc. in den Nachrichten bekanntzugeben, dann übersteigt das nicht nur unser Leistungsvermögen, dann liegt das ganz einfach außerhalb unseres Themenkreises. Die KMG-Nachrichten erheben zwar keinen besonderen wissenschaftlichen Anspruch, aber wir sind das "info-Magazin" der KMG. Wir berichten von den Aktivitäten der KMG, bringen die Nachrichten des Vorstandes (früher: Geschäftsführerbrief), dokumentieren aus bemerkenswerten Veröffentlichungen außerhalb der KMG, die uns zugesandt werden, und bringen nun ständig auf vier Seiten in der Mitte der Nachrichten das aktuelle Angebot der KMG, doch damit ist der Rahmen schon fast abgesteckt, über den wir aus dem weiten Umfeld der May-Ereignisse berichten können.

Gerade über die weite "Karl-May-Szene" hat Erwin Müller in unserer Nummer 108 (Juni 1996) grundlegend referiert und auf die zahlreichen Veranstaltungen außerhalb der KMG hingewiesen. Besonders umfassend und gründlich über alle May-Aktivitäten außerhalb der eigentlichen May-Forschung berichtet die Gruppe Mescalero e.V. mit ihren Organen "Karl May & Co." und einem "Newsletter" dazu. Hier findet der Interessent (fast) alle die Hinweise, die einige unserer Mitglieder bei uns vermißten. Wir können daher allen May-Freunden, die sich für das "Zauberreich-Karl-May" auch jenseits der Forschung begeistern, diese Publikationen nur empfehlen (Redaktion: Torsten Greis, Hauptstraße 39, 57614 Borod). Natürlich wird es auch hier gelegentlich Überschneidungen geben: So berichtete auch "Karl May & Co." im Augustheft über den 'Schwachsinn des Monats', den sich die BILD-Zeitung über die Exhumierung der Leiche Karl Mays leistete (vergl. KMG-N 109, S. 58).

Auf Seite 9 dieser Nummer erfahren wir auch, daß unsere Freunde Ralf Schönbach und Frank Starost, die für uns die KMG im Internet präsentieren, auch "Karl May & Co." dabei Gastrecht eingeräumt haben. Wer nun also von der KMG ins Internet schaut, erhält damit auch gleich die gewünschten weiteren Informationen.

Interessenten der Winnetour-Studienreisen finden auf den Seiten 40 bis 45 zwei beachtliche Artikel über Texas (Auf den Spuren Old Shatterhands durch die USA [Winnetour II] ) von Petra Knauer und Regina Arenz sowie über "Lubbock und der Llano Estacado" von Thomas Grafenberg.


Christoph F. Lorenz

Sonderhefte der Karl-May-Gesellschaft

Till Hiddemann:

Winnetou und Der Letzte der Mohikaner.

Das Indianerbild bei James Fenimore Cooper und Karl May. Sonderheft der KMG Nr. 108, 1996. 46 Seiten

Zu den immer wieder aktuellen Themen der Karl-May-Forschung gehört die genaue Untersuchung der Literaturtradition, in die sich May mit seinen exotischen Abenteuererzählungen stellte. Hier fallen logischerweise immer die Namen Cooper und Ferry. Zum Vergleich zwischen Ferrys "Rayon-Brulant" und Winnetou hat schon Franz Kandolf in den alten "Karl-May-Jahrbüchern" Wissenswertes herausgefunden. Nun legt Till Hiddemann eine gründliche Studie vor, die sich mit dem Vergleich zwischen Coopers "The last of the Mohicans" und Mays "Winnetou"-Tetralogie beschäftigt. Dabei stehen nicht nur die Psychogramme der Helden Uncas und Winnetou im Vordergrund. Hiddemann untersucht präzise und bei Cooper dankenswerterweise eng am englischen Originaltext (alle englischen Zitate werden klug und gut übersetzt) die Darstellung der guten und der bösen Indianer bei May und Cooper, die ideologischen und intellektuellen Voraussetzungen und Absichten der Autoren und auch das dahinter verborgene Weltbild und deckt schließlich im Vergleich Punkt für Punkt interessante Gemeinsamkeiten zwischen dem amerikanischen und dem deutschen Autoren, aber auch fundamentale Unterschiede auf. Wem die bisherigen Darstellungen zum Thema Cooper und May zu pauschal waren, der wird gern zu dieser instruktiven Studie greifen, die sich auf sehr dataillierte Textanalysen stützt - und nebenbei bemerkt, auch ausgesprochen angenehm zu lesen ist, selbst dann, wenn man literaturwissenschaftlichen Arbeiten eher skeptisch gegenübersteht. Das Sonderheft ist zudem noch mit einer seltenen Burian-Illustration aus der alten Bamberger Sonderausgabe des "Winnetou" als Titelbild geschmückt.

Das Sammlerherz wird es erfreuen! CFL

Klaus Ludwig:

Biographisches in Karl Mays "Waldröschen"

Sonderheft der KMG Nr. 109, 1996

Prof. Klaus Ludwig aus Dresden, durch zahlreiche Arbeiten in den Mitteilungsheften der KMG und durch seine Forschungen zu biographischen Hintergründen des zweiten Kolportageromans für Münchmeyer, "Die Liebe des Ulanen" (Sonderheft KMG Nr. 105), bestens bekannt, unternimmt in diesem neuen Sonderheft den Versuch, anhand von 9 ausgewählten Motivkreisen die biographischen "Spiegelungen" im "Waldröschen" näher zu beleuchten.

Ludwig geht dabei von der Prämisse aus, daß die Kolportageromane Mays nicht nur "reißende Märchen" darstellen, sondern daß sich in ihnen in sehr reiner und unverfälschter Form auch die Wünsche, Sehnsüchte und die biographischen "Wunden" des Schriftstellers May widerspiegeln. Keineswegs handelt es sich bei Ludwigs Arbeiten um ein bloß spekulatives, phantasiereiches Assoziieren beliebiger biographischer Tatbestände mit scheinbar ähnlichen Romanhandlungsmomenten. Vielmehr geht er von einem Zitat Heinz Stoltes aus der Streitschrift "Arno Schmidt & Karl May. Eine notwendige Klarstellung", Hamburg, Hansa-Verlag, 1973, S. 19, aus, wo die Rede davon ist, bestimmte Einzelheiten aus dem Leben des Autors seien dazu geeignet, "das literarische Werk in einer ganz neuen, überraschend aufschließbaren Tiefenschicht begreifbar zu machen und das komplizierte Verhältnis von Erlebnis und schöpferischer Phantasie zu beleuchten".

Ganz in diesem vom Nestor der Karl-May-Forschung treffend geschilderten Sinne ist Ludwig nun bemüht, mit Hilfe bestimmter biographischer Einzelheiten den Handlungsverläufen des "Waldröschen" nachzuspüren und aufzuzeigen, wo Mays Phantasieprodukten autobiographische "Urerlebnisse" zugrundeliegen könnten, wobei Ludwig sich als Naturwissenschaftler stets an das Faktische hält und auf abenteuerliches Mutmaßen verzichtet. Im Einzelnen werden folgende Motivkreise gründlich behandelt: Straf- und Vagantenzeit, Mays Haftzeiten (Osterstein, Waldheim), Mays erste Frau Emma, die Kindheit des Dichters, das Verhältnis zum Vater, die "Verlorene-Sohn-Thematik" und die Themenkomplexe "Theater", "Paris-Episode" und "kleine Hütte im Walde" (letzteres spielte ja auch schon in Klaus Ludwigs interessanten Erläuterungen zum "Ulanenroman" eine Rolle). Da der Autor nicht zum trockenen Theoretisieren neigt, sondern einen interessanten und überaus flüssigen Stil schreibt, ist dieses neue Sonderheft nicht nur eine instruktive und anregende, sondern auch richtiggehend spannende Lektüre. CFL


Angebote

May zum Schleuderpreis?

Der Weltbild-Verlag und Mail Order Kaiser bieten jetzt die 33 Bände der Zürcher Ausgabe mit den Deckelbildern von Klaus Dill für DM 99,-- (kartoniert) an. Ein sensationeller Preis!

"Azteken"-Soundtrack nun als CD

Der Berg der May-Soundtracks auf CD wächst an. Nach "Kara Ben Nemsi Effendi", "Old Firehand" und der fünfteiligen Martin-Böttcher-Kollektion gibt es nun auch Erwin Halletz' heißbegehrte Musik zu "Schatz der Azteken"/"Die Pyramide des Sonnengottes" auf einer Edeldisc. Als Bonus zu den Aztekenklängen enthält die CD Halletz' Musik zum Western "Der letzte Ritt nach Santa Cruz". Für nur 29,90 dreht sich die Scheibe gute 52 Minuten lang. Also viel Musik zu einem guten Preis.

Wer den Soundtrack bisher nicht besaß oder seine Platte diverse Male abgenudelt hat, wird sich über den reinen Klang freuen. Zwar können die mehr als 30 Jahre alten Bänder nicht an die heutige Aufnahmetechnik heranreichen, dafür ist die musikalische Darbietung exzellent. Aus jedem Track ist die handwerkliche Klasse des Symphonieorchester Graunke herauszuhören. Und da Halletz und das Orchester häufiger zusammengearbeitet haben, fügt sich das Wechselspiel zwischen Komponist/Dirigent und Sinfonikern zu einem harmonischen Ganzen.

Um den Preis für die Fans niedrig zu halten, wurde auf ein aufwendiges Booklet verzichtet. Außer dem farbigen, von der LP übernommenen Cover, enthält das vierseitige Einlegeblatt nur eine detaillierte Titelauflistung und eine Kurzbio von Erwin Halletz.

Erhältlich ist die Schacht-Produktion bei: Knut Räppold, Ottweilerweg 1, 45307 Essen. Telefon: 0201/553909.

Karl-Heinz Becker

Aus Hohenstein-Ernstthal kommen die

Karl-May-Haus-Informationen

Gerade erschienen ist Heft 9 (56 Seiten, 7,90 DM). Die Informationen aus Karl Mays Geburtshaus bringen schon lange nicht nur, wie man vielleicht erwarten könnte, Hinweise auf das Museum und die verschiedenen Ausstellungen, die eine sehr aktive Museumsverwaltung veranstaltet. Weit darüber hinaus werden auch bemerkenswerte Ergebnisse, hier zur biographischen Forschung, publiziert.

Aus dem Inhalt:

"Hartmut Schmidt untersucht anhand des Hauptbuches der Ernstthaler Knabenschule unter anderem Mays Einschulungstermin. Eine alte Seminarakte aus Waldenburg offenbart, welche Unterstützung einst der Seminarist Karl May erhielt. Dr. Hainer Plaul analysiert Mays Einträge im Lektionsbuch der Solbrigschen Fabrikschule von 1861; es sind die frühesten Belege seiner Alltagshandschrlft. Daß May nach Verbüßung der ersten Gefängnisstrafe tatsächlich Privatunterricht erteilte, wird durch ein Schreiben des Ernstthaler Pfarrers C. H. Schmidt von 1863 an die Schulinspektion in Glauchau belegt. Hans-Dieter Steinmetz und Wolfgang Hallmann stellen Dokumente zur Heirat von Karl May mit Emma Pollmer (1880) und Klara Plöhn (1903) vor. Der Paderborner Literaturwissenschaftler Dr. Dieter Sudhoff untersucht einen möglichen Aufenthalt Mays im hochsauerländischen Winkhausen im Spätsommer 1898."

Es gibt die Möglichkeit eines Abos mit Widerruf; die Neuerscheinungen werden sogleich ausgeliefert.

Lieferanschrift:

Karl-May-Straße 54
09337 Hohenstein-Ernstthal
Tel. (03723) 4 21 59
Fax (03723> 4 21 47

Karl-May-Archiv übernimmt Restbestände des Gauke-Verlags

Die Karl-May-Veröffentlichungen des Gauke-Verlags, der seine Produktion weitgehend einstellt, sind ab sofort direkt beim Karl-May-Archiv zu reduzierten Preisen erhältlich.

Karl May, Ein wohlgemeintes Wort (Pb.-Ausgabe) DM 49.80.

Karl May, Ein wohlgemeintes Wort (Leinen-Ausgabe) DM 95.00.

Rudolf Lebius, Die Zeugen Karl May und Klara May DM 39.80.

Festschrift "Karl-May-Fest Berlin 1996". Ca. 160 S., teilweise in Farbe. DM 20.00

Bestellungen zuzüglich DM 3.00 Versand per Vorkasse (Scheck oder Postbank Hannover (BLZ 250 100 30) 628 484-300 an KARL-MAY-ARCHIV e.V., Am Fuchsberg 21, 37077 Göttingen.

Neues für Sammler aus dem KARL-MAY-ARCHIV

Das KARL-MAY-ARCHIV bietet allen Sammlern folgende Neuerscheinungen an:

Erinnerungsblatt "Karl-May-Fest '96". Wunderschön gestaltetes Sammelblatt mit Karl-May-Goldmedaille und Karl-May-Briefmarke. DM 29.95

Pressemappe "Karl-May-Fest '96". Anderer Inhalt als Festschrift! DM 10.00

Western Movie Composers. 2006 in Deutschland gezeigte Westernfilme und ihre 658 Komponisten. Von Michael Stemmer. 336 Seiten. DM 49.80

WINNETOU - Du warst mein Freund. Das Karl-May-Archiv präsentiert den neuen Karl-May-Sampler mit den großen Karl-May-Songs der sechziger Jahre.

DM 31.95

DIE KARL-MAY-HOREN. 2. Auflage.

DM 19.80

Exklusives Sammelalbum "Winnetou". Format DIN A 4, 4-Bügel-Mechanik (Lochung für Klarsichthüllen), farbiges Kunstleder mit aufwendiger Goldprägung (Winnetou stehend mit Gewehr). Replik eines Produkts aus den 60er Jahren! DM 60.00

Video "Mein Freund Winnetou" nach der gleichnamigen Fernsehserie mit Pierre Brice (nur Folge 1 - mehr nicht erschienen. Andere Aufmachung als frühere Gesamtausgabe.) Die Gesamtausgabe ist vergriffen und wird nicht mehr aufgelegt. DM 19.95

Bestellungen zuzüglich DM 8.50 Paketversand per Vorkasse (Scheck oder Postbank Hannover (BLZ 250 100 30) 628 484-300 an KARL-MAY-ARCHIV e.V., Am Fuchsberg 21, 37077 Göttingen.

Für die Freunde Karl Mays und der Westernliteratur zu den Weihnachtstagen 1996:

Skorpione in Menschengestalt

das neue Buch der Autorin Nscho Tschi

Unter den verborgenen Schriften des alten Indianerschamanen Tatellah satah findet Old Shatterhand neun Bücher von der Hand der Apachentochter Nscho tschi. Mit "Skorpione in Menschengestalt" setzen wir unsere Reihe der Indianergeschichten um Winnetou und Nscho tschi fort:

Die Ereignisse um Garcia Benito Juarez gehören mit zu den tragischen Zeitläuften zur Erlangung der Unabhängigkeit Mexikos. Abenteurer und Desperados versuchten in den Wirren des mexikanischen Herrschertums mit allerlei undurchsichtigen, zwielichtigen Methoden eigene Macht und Reichtum zu erlangen.

Wohl jedem Karl-May-Leser ist die Person des Doctor Hilario aus dem Kloster della Barbara im nördlichen Mexiko wohlbekannt. Seine Untaten zählen nach Hunderten, und sein geheimes Machtstreben läßt ihn rücksichtslos morden und brandschatzen. Bereits als die Wirren um den Präsidenten Juarez begannen, machte Hilario von sich reden, und mit Hilfe einiger Indianer und weißer Banditen fechtet er einen Kampf in eigener Sache. Daß Nscho tschi, die Häuptlingstochter der Mescaleros, in diese Wirren hinein gezogen wird, und daß ihr Leben oftmals in höchster Gefahr schwebt, daß hierdurch auch der Frieden zwischen den einzelnen indianischen Stämmen erschüttert wird, ist ein neues Abenteuer der Apachentochter. Wer aber ist der geheimnisvolle Hintermann, in dessen Hand die Fäden dieses Verwirrspieles zusammenlaufen? Wer steckt letztendlich hinter all dem Machtstreben, dem Nscho tschi beinahe zum Opfer fällt? Old Joe nirwan, der Abenteurer aus dem Lande des Padischah, ist derjenige, der Nscho tschi vor dem Ärgsten bewahrt.

Verlag Nscho Tschi 1996. 238 Seiten mit Karten und Illustrationen Paperback, DM 29,80

Im August 1996 vorgestellt:

Winnetou's Schwester, Teil 2

Die Erlebnisse der Häuptlingstochter bei den Wassern des Iguacu. Wird es Nscho tschi gelingen, ihre Blutsschwester Aschta aus den Händen der Menschenjäger zu befreien? Wird sie auch den weißen Banditen Tim Finnetey, den die Mescalero-Apachen jagen, ausfindig machen? Viele Fragen warf der erste Band dieser Reihe auf, und viele dieser Fragen blieben ungelöst. In diesem Buch gibt die Autorin die Antwort zu den rätselhaften Ereignissen.

328 Seiten mit Karten und Illustrationen Paperback 20,5 x 13,5 cm DM 29,80

Mescalero Verlag Nscho Tschi

Kappstr. 35, 71083 Herrenberg, Tel.: 07032/74023

präsentiert aus dem Verlagsprogramm:

Winnetou's Schwester, Teil 1 u. Teil 2 aus dem Leben der Mescalerotochter Nscho Tschi. 328 Seiten/328 Seiten je mit Karten und Illustrationen-Paperback/DM 29,80

Das Herz des Trappers. Die frühen Jahre des Fallenstellers Sam Hawkins. 280 Seiten - mit Karten/Paperback - DM 29,80

Western Apache dictionary. Lexikon der Apachensprache von einem Apachen verfaßt. 136 Seiten mit Illustrationen-Paperback/DM 29,80

Selvikhi latah (Old Shatterhand). Eine atemberaubende Abenteuergeschichte aus dem Land der Apachen. Ab Mitte 1997 im Handel. Ca. 280 Seiten mit Karten und Illustrationen-Paperback/DM 29,80

Außerdem im Programm:

10er Pack Postkarten:
001-Geronimo (10 Illustrationen s/w)
002-Die schönsten Bilder aus unseren Büchern (s/w)
6 s/w Poster:
101-Lagerleben - indianische Zeichnungen und Skizzen
10 Ansichtsbilder color (Postkartengröße):
201-Winnetou und Old Shatterhand
202-Bühnenmotive The wild west
Schreibblock DIN A 5:
301- 20 Blatt mit Motiv Indianerin am Fluß
Eine Notwendigkeit für jeden Westernfreund:
401-Telefonverzeichnis - mit diversen Westernmotiven
402-Terminplaner - in Kürze lieferbar


Karl May in der weiten Welt

Dr. Horst Friedrich, Wörthsee

Salut von indianisch-schamanischer Seite für Karl May

Bekanntlich kommen die indianischen "Medizinmänner" bei Karl May - der (zeitbedingt!) vom Wesen des Schamanentums keine große Ahnung gehabt haben dürfte - schlecht weg. Er charakterisiert sie als Scharlatane. Erfreulicherweise scheint ihm diese, auf seiner Unwissenheit beruhende Verleumdung von Seiten der indianischen Schamanen nicht übelgenommen worden zu sein.

Am 11.10.1996 hielt nämlich der charismatische - bereits aus Lynn Andrews Bestseller ,,Die Medizinfrau"(1) bekannte - Cheyenne-Schamane Hyemeyohsts Storm, zusammen mit seiner Frau und Mit-Schamanin Swan Storm, in Grünwald b. München einen eindrucksvollen Vortrag über das indianisch-schamanische Weltbild(2), speziell die ,,heiligen Medizinräder", bei dem er wiederholt in sehr wohlwollender Weise auf ,,Old Shatterhand" Bezug nahm! Nebenbei vermerkt wurde man dabei auch Zeuge eines schamanischen Trommel-Gesanges, bei dem erstaunliche ,,Power" herüberkam.

Bei Hyemeyohsts Storm ist besonders interessant, daß er halb-deutscher Herkunft ist. Sein Vater stammt, wie er erzählte, aus der Gegend von Danzig und wanderte nach dem 1.Weltkrieg, als an der Westfront im Gaskrieg (jenem Schandfleck auf unserer ,,christlichen" Zivilisation) verletzter, arbeitsloser Tischler nach Amerika aus, wo er im Cheyenne-Crow-Reservat in Montana einheiratete. Hyemeyohsts lebte jahrzehntelang als Reservat-Indianer und erhielt später von einer Maya-Lehrerin die höheren schamanischen Weihen.

Hyemeyohsts und Swan Storm haben sich der Aufgabe gewidmet, durch Verbreitung des ,,Weges der Medizinräder" zu einer Wiederherstellung von Harmonie und Achtung zwischen Mensch und Erde, respektive zwischen dem Weiblichen und dem Männlichen, beizutragen. In dieser Mission bereisen sie viele Länder der Erde. In Israel erhielten sie 1995 den Ehrentitel ,,Botschafter der Erde".

(1) rororo-Taschenbuch, Reinbeck b. Hamburg 1986

hierzu etwa Michael Harner: ,,Der Weg des Schamanen", Genf/München 1994; Norbert Claßen: ,,Das Wissen der Tolteken", Fischer-Taschenbuch, Frankfurt a. Main 1994

May als Schullektüre in Kanada

Die Enkelin Heide in Kanada schrieb dieser Tage an Ihre Großeltern:

"In der Schule muß ich dieses Jahr ein Karl-May-Buch lesen, nämlich ,Der Schatz im Silbersee', nur in Französisch. Meine Französisch-Lehrerin fand das ganz toll, daß ich das Buch und andere Karl-May-Bücher in Deutsch habe." hwh

"Karl Mays Geist schwebt überall..."

Erich Heinemann mag uns verzeihen, daß wir das Motto seines diesjährigen Jahresberichts einfach entlehnen [er zitiert im Jb-KMG 1996, S. 422, 433 die verehrte Meredith McClain aus den Lübecker Nachrichten v. 14.10.95] - aber auch der Kulturdezernent unseres nächsten Tagungsortes Erlangen, Dr. Wolf Peter Schnetz, ist ein Kenner der Werke Karl Mays: In seinen Büchern, "Vergiß die Stadt, den Fluß, die Steine", 1994 und "Jugendsünden", 1996, hat er Hinweise auf seine Lektüre der Karl-May-Bände gegeben.

Wolf Peter Schnetz: Vergiß die Stadt, den Fluß, die Steine, Buchverlag der Mittelbayerischen Zeitung 1994

Am Arnulfsplatz ist ein Milch- und Käsegeschäft, in der die Landbutter vom Batzen pfundweise abgeschnitten wird. Wenn man Margarine kauft, bekommt man als Dreingabe ein Karl-May-Bild. Ich sammle die kleinen Abenteuergemälde mit Leidenschaft: Durch die Wüste, Durchs wilde Kurdistan, In den Kordilleren, Winnetou, Old Firehand, Old Surehand. Für seltene Blätter kann man Kaugummi, Luftballons, Taschenmesser, Vogelfedern, Hosenknöpfe (zum Fußballspielen auf einer Tischplatte mit einem geknüllten Ball aus Silberpapier) und anderen Kinkerlitz tauschen.

Mein Vater gilt als vermißt wie mein Großvater, der Rittmeister. Karl May dient als Vaterersatzfigur in zerlesenen Fledderheften. Old Shatterhand spreche ich als Satter-Hand aus. Welche Enttäuschung, als mich der Nachbarjunge Willy, ein Dicker mit Pickeln und einer Rotznase, belehrt, daß da ein "ä" und ein "sch" gesprochen werden müssen, also "schä" wie "Schäfchen", "ä" wie "Schäfchen-bäh".

Wie kann aus einem so harten und scharfen "S", Satterhant, dessen zischender Laut als schmetterndes Schwert durch die Luft saust, ein derart jämmerliches "schä" werden, "schäh-schäh", Schmusewolle und Pappmachée.

Welche Niederlage: "Schädderhänd" statt "Sßtterhßnt". Ein Mythos stürzt zusammen. Ich hasse den Nachbarscheißer fortan mit seinen Pickeln im roten Gesicht.

Wolf Peter Schnetz: Jugendsünden, 1996

Manchmal nahm auch ein älterer Junge an unseren Spielen teil, Willi Roth, der Backen wie ein Hamster hatte und von Pickeln blühte, "Dickus" nannten ihn die Mitschüler. Willi Roth war es, der mir meinen schönsten Traum zerstörte. Er klärte mich, besserwisserisch und mit überlegenem Philisterlächeln, in aller Gemütsruhe und mit lässig herausfordernder Geduld darüber auf, daß Old Shatterhand nicht Sssatterhannt, sondern Schäddähänd ausgesprochen werden müßte. Für mich stürzte eine Welt zusammen, eine Welt der Unbesiegbaren. Plötzlich war der Indianertöter mit der eisernen Faust nur noch ein schwacher, schafsmäßig blickender Schmäddämän, kein Mann mehr, ein Män eben: "Schäddähänd", ein Weichling, ein Kastrat. Was ein Kastrat war, wußte ich natürlich nicht. Zu Hause war einmal das Wort gefallen. Es mußte etwas Komisches und Bedauernswertes sein.

Überraschende Parallelisierung von Canetti mit Karl May

Dreißig Essays zu Elias Canettis "Masse und Macht". Von Stefan Breuer

Es ist nicht möglich, der Fülle an Einsichten gerecht zu werden, welche die dreißig Essays des Bandes zu bieten haben. Besonders hervorgehoben seien nur noch die Gedanken von Bernd Widdig über den Einfluß der Inflation (einer Massierung des Geldes) auf Canettis Massentheorie; Konrad Liessmanns überraschende Parallelisierung von Canetti und Karl May; Durs Grünbeins Übertragung der Kategorien von "Masse und Macht" auf das Leben im, wie man heute weiß, durchaus nicht realen Sozialismus.

"Einladung zur Verwandlung". Essays zu Elias Canettis "Masse und Macht". Herausgegeben von Michael Krüger. Carl Hanser Verlag, München 1995. 580 S., geb., 64,-DM.

Evelyn Sanders

Muß ich denn schon wieder verreisen?

Roman, 1994 Hestia Verlag Rastatt:

S. 193

"Was isch des überhaupt, än Wadi?"

"Das ist ein ausgetrocknetes Flußbett", sagte ich sofort. Immerhin hatte ich so zwischen zwölf und vierzehn meine Karl-May-Phase gehabt, hatte mich - zumindest theoretisch - in den Rocky Mountains besser ausgekannt als in der oberrheinischen Tiefebene und wußte deshalb auch, was ein Wadi ist. Es soll also niemand sagen, Karl May sei nicht bildend!

S. 195

Jericho war eine Oase, und da Karl May seinen Kara Ben Nemsi Efendi in Oasen immer frische Datteln essen ließ, würde wohl auch anderes Obst dort wachsen. Inschallah!

S. 207 f.

"Dieser Palast wurde von Herodes als Sommersitz erbaut, während die berühmten Winterpaläste der Omajjaden ... erst siebenhundert Jahre später entstanden sind, also zur Zeit von Kalif Hisham Ibn Abd el-Malik. Die Überreste sind Zeugnis der Hohen Kultur..."

"Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossara."

Irene hatte entschieden zuviel Sonne abgekriegt. Unauffällig zog ich sie zur Seite. "Komm, wir setzen uns rüber in den Schatten. Ich weiß zwar nicht, wie sich ein Sonnenstich auswirkt, aber mir scheint, du hast einen!" "Quatsch! Ich habe bloß wissen wollen, ob ich diesen blöden Namen noch runterleiern kann. Weißt du nicht mehr, wie wir ihn damals so lange geübt haben, bis wir ihn im Schlaf konnten?"

Schon wieder Karl May! "In Jericho ist der aber nie gewesen."

"Der ist überhaupt nirgendwo gewesen."

"Ich rede nicht von Karl May, sondern von Hadschi Halef Omar."

"Der auch nicht."

S. 211

...um die Zusammenstellung eines Menüs brauchten wir uns nicht zu kümmern, das hatte Menachem schon gestern abgeklärt. So bekamen wir statt Schafsaugen und Stierhoden (nachzulesen bei Karl May!) ein ganz normales Essen mit Lamm und diversen Gemüsen...

Evelyn Sanders

Pellkartoffeln und Popcorn

Roman, Hestia Verlag, Bayreuth

S. 352

Keineswegs darauf vorbereitet und in seliger Unkenntnis aller einschlägigen Vokabeln fing ich an zu stottern ... und hatte nach fünf Minuten noch immer keine verständliche Begründung für mein Zuspätkommen herausgebracht. Die Klasse wieherte vor Vergnügen, und während ich mit einem "c'était terrible, mademoiselle!" auf meinen Platz geschickt wurde, überlegte ich mir im stillen, daß der von Karl May so oft geschilderte und von uns als sadistisch abgelehnte Marterpfahl vielleicht doch keine so schlechte Einrichtung gewesen war.

(Der Finder, wie schon so oft, war Erich Heinemann)

Unser Mitglied Helmut Paulsen, Rödermark, entdeckte in einer Verbindungszeitung (Der Corpsstudent Nr. 4/95) den ursprünglich in der Lausitzer Zeitung, Nachrichten des Corps Lusatia in Leipzig, April 1995, erschienenen Aufsatz über Mays klassischen "ewigen Studenten" - den blauroten Methusalem. Da hier Mays Werk aus einer anderen Warte betrachtet wird, mit dem Studenten M. aber wohl auch ein Wunschbild Mays variiert wird, dokumentieren wir diese Untersuchung.

Auf den Spuren Karl Mays:

Der blaurote Methusalem

Von Egbert Weiß

Was hat der berühmte sächsische Schriftsteller mit uns Corpsstudenten zu tun? Vor 20 Jahren sind zwei Forscher - einer aus Freiburg i. Br., einer aus Berlin - dieser Frage aus der Ferne nachgegangen. Nachdem die Entfernung inzwischen überwunden ist, bieten die damaligen tiefschürfenden Ausführungen vielleicht Anlaß zu weiteren Erkundungen vor Ort:

In der Corpszeitung der Palatia-Guestphalia zu Freiburg (Nr.44, vom 30.11. 1975) verfolgte der Corpsbursch Kehl, ein emsiger Karl-May-Forscher, corpsstudentische Spuren im Band 40 der alten Karl-May-Reihe, wo eine ,,lustige Studentenfahrt nach China" beschrieben wird. Mays Held ist dort weder Old Shatterhand noch Kara Ben Nemsi, sondern ein mit ähnlichen Gaben ausgestatteter, reichlich überalterter Student mit nicht näher bezeichneter Corpszugehörigkeit. Er trägt an seiner Universität den Spitznamen ,,Der blaurote Methusalem" und unternimmt in Begleitung seines ,,Wichsiers" Gottfried und seines Hundes eine abenteuerliche Reise nach China; bei der Rückkehr empfangen ihn ,, zwölf Chargierte mit Schärpen und blanken Schlägern". Kehl wirft die Frage auf, welche Universität Karl May gemeint haben mag und wo der ,,Methusalem" aktiv gewesen sein könnte. Ohne etwa den Anspruch auf ,,strenge Wissenschaftlichkeit" erheben zu wollen, bin ich den Spuren nachgegangen.

1. Zunächst war die Universität festzustellen. Kehl tippte auf Leipzig und schrieb mir dazu: ,,Die Erzählung spielt in der ersten Hälfte der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Da May zwischen 1865 und 1875 mehrmals in Leipzig war, ist es wahrscheinlich, daß die Darstellung des ,Methusalem' auf eigener Beobachtung beruht. Dies entspricht Mays Arbeitsweise, Selbsterlebtes symbolträchtig zu verarbeiten. So besehen kommt außer Leipzig keine andere Universitätsstadt in Frage." In der Tat deuten einige Ortsbeschreibungen in Karl Mays Buch auf eine Universitäts- und Handelsstadt hin. So erwähnt er einen ,,Universitätsplatz" und ein ,, Pfeffergäßchen". Auf einem Stadtplan aus dem vorigen Jahrhundert (vgl. Erich Bauer, Geschichte des Corps Lusatia zu Leipzig 1807-1932, hinter Seite 152) habe ich im Zentrum Leipzigs zwar kein ,,Pfeffergäßchen", wohl aber neben anderen ,,Gäßchen" auch ein ,,Salzgäßchen" ausmachen können. Eine kleine ,,dichterische" Namensänderung ist Karl May wohl zuzutrauen!

2. Nun zur Person. Der ,,Methusalem" war nach dem Buch (letzte Seite) Anfang der siebziger Jahre bereits über 40 Jahre alt. Er muß danach um 1850, vielleicht schon früher, aktiv gewesen sein. Wirklich gab es bis etwa 1840 als Typ und in Ausnahmen auch noch danach in Leipzig solche ständig in sporenklirrenden Kanonenstiefeln und mit Tabakspfeife herumstolzierenden corpsstudentischen Haudegen (vgl. Erich Bauer, a.a.O., S.182). Der ,,Methusalem", in dem Buch als Ausnahme geschildert, hat diesen Studententyp dann bis in die siebziger Jahre konserviert. Über die studentischen Bräuche, die einige Jahrzehnte früher in Leipzig geherrscht hatten, könnte sich Karl May, wie er es ja auch sonst tat, in der einschlägigen Literatur näher unterrichtet haben. Dazu gab möglicherweise der Schriftsteller Drobisch den Anstoß, der im ,,Leipziger Ameisenkalender" von 1870 schilderte, wie sich in den dreißiger Jahren zur Sommerzeit nachmittags die Aktiven der vier Corps des Leipziger SC (Lusatia, Saxonia, Montania und Neoborussia) zu versammeln pflegten: "Alle vier, sogenannte landsmannschaftliche Verbindungen, das Corpsband auf der Brust, die bunten Mützen, buntfarbige Quasten an den langen Tabakspfeifen, Sporen an den Stiefeln und zur Seite große Hunde ..." (vgl. Erich Bauer, a.a.O., S.180).

3. Die von Karl May in seinem Buch beschriebenen Corpsfarben passen nur auf ein Leipziger Corps: Lusatia. Auf den damaligen Aktivenbildern finden wir sowohl den blauen Schnurenrock (um 1845) wie später auch das Cerevis (als normale Aktiven-, nicht Chargierten-Kopfbedeckung) mit der Hauptfarbe (oben) rot und mit goldener Stickerei; blau tritt zurück. Auf einer Zeichnung von 1847 (vgl. Andree, Geschichte der Lusatia Leipzig 1807-1898,S.74), auf der 28 Lausitzer bei einem sommerlichen Ausflug abgebildet sind (das Gruppenbild von 1847, das in der Mitte einen Aktiven in Kanonenstiefeln mit langer Tabakspfeife und Hund zeigt, hängt jetzt in der Kneipe des Leipziger Corpsheims GAS 30), ist einer mit sporenbewehrten Kanonenstiefeln und langer Tabakspfeife zu sehen; vier weitere führen ebenfalls Tabakspfeifen mit, drei andere tragen das erwähnte Cerevis, einer den ,,Schnurenrock".

4. Zu den vom ,,Methusalem" konservierten Bräuchen gehört auch seine ständige Begleitung: der ,,Wichsier", bei Lusatia in der Mitte des vorigen Jahrhunderts eine Art Corpsdiener, der ,,allen die Kleider reinigte und Besorgungen machte" (vgl. Bauer, a.a.O., 5. 238), und der große Hund.

5. Ein weiterer Anknüpfungspunkt ist der bürgerliche Name des ,,Methusalem" bei Karl May: Fritz Degenfeld. Zu den markanten Leipziger Studententypen gehörte Carl Friedrich Degelow: am 2. Dezember 1830 von Lusatia rezipiert, gefürchteter Haudegen (25 Mensuren), der (nach Bauer, a.a.O., 5. 125) die erste in den Akten der Lusatia erwähnte Säbelmensur gefochten hat und bei einer Stichmensur gegen einen Burschenschafter gefallen ist.

Das Andenken an Degelow war noch lange lebendig. In dem schon genannten Bericht von 1870 führt ihn der Schriftsteller Drobisch als herausragenden Lausitzer auf. Auch sonst ist Degelow in die Literatur eingegangen: Karl Mays sächsischer Landsmann Richard Wagner hatte nämlich als Fuchs der Saxonia die Tollkühnheit besessen, Degelow auf Säbel zu fordern, ohne daß es allerdings - zum Glück für die musikalische Nachwelt - zur Austragung der Partie gekommen war. Jedenfalls setzte Wagner seinem Gegner Degelow, den er als gefürchteten Schläger, aber ritterlichen Studenten recht sympathisch beschreibt, in seinen Lebenserinnerungen ein Denkmal (auszugsweise abgedruckt bei Bauer, a.a.O., 5.173 ff.). Dort beschreibt Wagner übrigens auch zwei ähnliche markante Haudegen der Lusatia: Stöltzer, den es in die Fremde zog (gefallen in Algerien), und Wohlfahrt, der als im 14. Semester stehendes ,,bemoostes Haupt" schließlich auf Mensur kampfunfähig geschlagen wurde und deshalb ebenfalls nicht mehr, wie vorgesehen, gegen Richard Wagner antreten konnte.

Sollte Karl May dem in der Blüte der Jugend gestorbenen Degelow, vielleicht vermischt mit Zügen des Abenteurers Stöltzer und des Uralt-Studenten Wohlfahrt, in der Erzählung vorn blauroten Methusalem" symbolhaft ein Weiterleben ermöglicht haben?

Wir werden das wohl nie ergründen können, möchten aber dem geneigten Leser nicht vorenthalten, was Professor Dr. Claus Roxin als Vorsitzender der Karl-May-Gesellschaft am 5. Mai 1976 dem Corps Lusatia-Leipzig zu Berlin geschrieben hat: ,,Tatsächlich dürften Sie recht haben in der Annahme, daß Karl May im ,Blauroten Methusalem' das Corps Lusatia gemeint hat. Ich hoffe, daß auf Grund dieser Entdeckung möglichst viele Angehörige Ihrer Verbindung der Karl-May-Gesellschaft beitreten werden."

George Grosz und Karl May

"Wildwest" ist mit 145 mal 94 Zentimeter eines der größten Gemälde von Grosz und entstand 1916. Es wurde 1925 in der berühmten Ausstellung "Neue Sachlichkeit" in Mannheim gezeigt.

Bis vor kurzem galt des Gemälde als verschollen. Einige Experten waren auch der Meinung gewesen, betont das Auktionshaus, daß es zerstört worden sei.

Der Direktor der Abteilung Impressionisten und Moderne bei Christie's, Jussi Pylkkänen, entdeckte das Werk erst vor kurzer Zeit in einer belgischen Sammlung. "Wildwest" ist ein sehr privates Bild, denn es spiegelt Grosz' Traumbild von Amerika als Land des Abenteuers wider. Diese Vorstellungen gehen auf seine Kindheitslektüre wie zum Beispiel "Der Letzte Mohikaner" von James F. Cooper oder Abenteuerromane von Karl May zurück. Zwischen 1916 und 1917 ließ sich der Maler, der später Deutschland verließ, in einem Atelier in Südende in Berlin nieder. Dort versuchte er auf phantasievolle Weise seinen Traum von Amerika zu leben. Grosz baute sich u.a. ein Zelt, kostümierte sich regelmäßig mit Indianerkleidung und veranstaltete exzentrische Partys, auf denen auch seine Gäste, die auch kostümiert erscheinen mußten, zu amerikanischer Jazzmusik Bourbon-Whiskey tranken.

(Aus: `Wie George Grosz vom Wilden Westen träumte'. In: Hamburger Abendblatt vom 31.8./1.9.1996 Nr. 204)

Großes Interesse an Indianer-Reservaten

Trierischer Volksfreund v. 6.9.96

Die Indianer-Reservate in den USA locken zunehmend ausländische Besucher an, allen voran die Deutschen. Viele von ihnen, so eine Sprecherin des Tourismusbüros in South Dakota, seien heute nicht mehr mit einem Kurzbesuch in den Reservaten zufrieden; sie wollen auch in den Tipis übernachten und am spirituellen Leben der Stammesangehörigen teilnehmen. Das große Interesse an den Indianern führt die Touristik-Expertin auf die Karl-May-Lektüre zurück, die vielen eine romantische Vorstellung vom Leben der amerikanischen Urbevölkerung vermittelt hätte. Allerdings freuen sich nicht alle Indianer über die neue Touristen-Invasion. "Wir wollen eigentlich keine Fremden hier haben", so ein Lakota, "die in ihrer eigenen Religion keine Antworten auf ihre Probleme finden und nun bei uns die Lösungen suchen."

Right after the Australian outback:

Daß in Deutschland der Name "Llano estacado" ganz andere Assoziationen hervorruft als in den USA - wo diese Bezeichnung sowieso kaum bekannt ist -, wissen wir von Frau Professor Meredith McClain. Auch während der Winnetour I hörten wir, wie wenig angesehen doch der Nord-Westen von Texas und die Stadt Lubbock im "Rest" der USA sind (und entsprechend freut man sich dort über die deutschen Touristen).

Diese herablassende Haltung fand ich zufällig bestätigt bei Tony Hillerman, dem in New Mexico lebenden bekannten Krimi-Autor. In seinem Roman "Coyote Waits" unterhalten sich der Navajo-Polizist Joe Leaphorn und der FBI-Agent Jay Kennedy über Leaphorns Wunsch, einmal nach China zu reisen. "You ever been to China?" Leaphorn asked. Kennedy laughed. "Not yet", he said. "If the Bureau opens an office there - say in North Manchuria - I'll get the assignment." - "Think you'd like to go?" Kennedy laughed again. "It's on my wish list," he said. "Right after Angola, Antarctica, Bangladesh, Lubbock, Texas, and the Australian outback ..." (Tony Hillerman: Coyote Waits. New York 1990, S. 132)

Also, Mr Hillerman (wenn es erlaubt ist, hier dem Autor und nicht der Romanfigur diesen Vorwurf zu machen), Lubbock ist zugegeben nicht Santa Fe, aber es ist eine Stadt wie zahllose andere amerikanische Städte (die im europäischen Sinn überhaupt keine richtigen Städte sind) mit immerhin einer sehr schönen Universität und einer Umgebung - den Canyons z. B. -, die einen Vergleich mit anderen Regionen nicht zu scheuen braucht. Eines hat Lubbock aber anderen Orten voraus, und das hat nichts mit den Geschichten eines deutschen Schriftstellers zu tun: Am 7. September 1936 wurde hier ein gewisser Charles Hardin Holley, besser bekannt als Buddy Holly geboren, den die Stadt mit einem Denkmal und einem Walk of Fame ehrt (und der anläßlich seines 60. Geburtstags hoffentlich gebührend gewürdigt wurde).

Liebe Meredith, vielleicht sollten Sie Tony Hillerman einmal in Ihr legendäres Winnetou-Haus im Blanco Canyon einladen, dann würde er schon den Unterschied zu Angola, der Antarktis, Bangladesch und dem australischen Busch bemerken.

Ulrike Müller-Haarmann

Michael Heinatz

Karl May als Jugendbuchautor

Die von Reiner Wild herausgegebene ,,Geschichte der deutschen Kinder- und Jugendliteratur" enthält eine ausführliche Darstellung des Wirkens des Schriftstellers Karl May als Autor ,,abenteuerlicher Jugend- und Indianerliteratur". Juliane Eckhardt würdigt in ihrem Beitrag ,,Imperialismus und Kaiserreich" unter der Überschrift ,,Populäre Massenliteratur" auf den Seiten 197 bis 199 des Buches die schriftstellerische Arbeit Karl Mays eindrucksvoll. Im einzelnen führte Juliane Eckhardt zu Karl Mays Wirken als Jugend- und Indianerbuchautor folgendes aus:

"Die stärkste Breitenwirkung haben zweifellos die in Nordamerika spielenden Reise- und Abenteuerromane Karl Mays ausgeübt. Ihre deutschsprachige Gesamtauflage beträgt bislang gut 50 Millionen. Übersetzungen in mehr als 25 Kultursprachen kommen hinzu. Sowohl die im Indianermilieu angesiedelten Bücher als auch die zahlreichen anderen Erzählungen, die zumeist mehrbändigen Reiseromane und die insgesamt 12.000 Seiten umfassenden Kolportageromane des Autors erschienen in der Regel zunächst in auflagenstarken Zeitschriften, wie Benzingers Marienkalender, Der Deutsche Hausschatz und Übers Land und Meer. Nur wenige dieser Werke, so Der Sohn des Bärenjägers (1890), Die Sklavenkarawane (1893), Der Schatz im Silbersee (1894) und Der Ölprinz (1897), waren erklärtermaßen an eine junge Leserschaft gerichtet. Die Tatsache, daß May dennoch zunehmend als Autor trivialer Jugend- bzw. Indianerbücher gelesen und eingestuft wurde, hat der traditionellen literaturwissenschaftlicher Forschung offensichtlich nicht nur den Blick für einige durchaus akzeptable schriftstellerische Leistungen verstellt, sondern darüber hinaus die Beschäftigung mit dem phänomenalen Erfolg der Werke blockiert. Behindert wird eine sachgerechte Auseinandersetzung mit Karl May außerdem durch die schon zu dessen Lebzeiten einsetzenden Bearbeitungen der Originaltexte. Als weitgehend authentisch und frei von Verstümmelungen aller Art - sogenannte Verbesserungen, extreme Kürzungen und sonstige Verfälschungen - kann allenfalls die 1892 bis 1910 in Freiburg erschienene 33bändige Ausgabe Carl May's gesammelte Reiseromane gelten (die sogenannte Ausgabe letzter Hand). Die seit 1961 vorliegende 73bändige Ausgabe Karl Mays Gesammelte Werke stellt dagegen ebenfalls eine Bearbeitung dar.

Zu den beliebtesten im Indianermilieu angesiedelten Büchern zählen die »Winnetou«-Bände (1893ff.). Die Figur des Indianers Winnetou stellt neben der Erzählfigur Old Shatterhand zugleich eine der herausragendsten literarischen Persönlichkeiten Mays dar. Beide Figuren tauchen in verschiedenen Roman- und Handlungszusammenhängen auf. Bemerkenswert ist dabei, daß der Autor seine Identität mit dem in der Ich-Form auftretenden Erzähler ausdrücklich vorgibt. »Habe ich doch die Roten kennengelernt während einer Reihe von Jahren und unter ihnen einen, der hell, hoch und herrlich in meinem Herzen, in meinen Gedanken wohnt«, schreibt er über die Winnetou-Figur zu einem Zeitpunkt, als er noch nie in den USA gewesen war (Winnetou 1892, Vorwort). Die (schein)authentische Erzählperspektive, die in den Handlungsabläufen durch sachkundige Erklärungen und Kommentare unterstrichen wird, hat einen besonders nachhaltigen Beglaubigungseffekt. Mays fiktiver Ausbruch ins Abenteuer, die Verdrängung vorhandenen Erlebenshungers in eine zumindest moralisch intakte Traumwelt, kam im übrigen auch den damaligen Bedürfnissen des deutschen Bürgertums nach Bestätigung seiner längst verloren gegebenen Ideale entgegen. Neben diesem Identifikationsangebot sind es schließlich die psychischen und sozialen Bedürfnisse des (preußisch-)deutschen Bürger- und Kleinbürgertums, die die May-Lektüre zu befriedigen vermochte und partiell noch vermag. Erzählerische Spannung und Phantasie, sentimentalisches und aufschneiderisches Sprachgebaren der Figuren, exotische Atmosphäre, unzivilisierte Lebensformen, subtile (deutsch-)nationale Fingerzeige, die Verklärung abendländisch-europäischer Glaubenstraditionen und ähnliche literarische und ideologische Erscheinungen dürften Erklärungsansätze für die außerordentliche Breitenwirkung des Autors geben.

Daß die 'Reiseabenteuer' Karl Mays heute nach wie vor von einer großen Mehrheit der jungen Generation 'verschlungen' werden, kann - zumindest für den männlichen Teil der Leserschaft - tiefenpsychologisch ergründet werden. So werden Mays Romane auf mehreren Ebenen gelesen. Neben der bewußten literarischen Aufmerksamkeit sprechen sie in hohem Maße das Vorbewußte und das Unbewußte an. Gängige moralische Zensurvorstellungen werden durch eine auffallende Sexualisierung der Texte umgangen. Eine wesentliche Rolle spielen dabei homoerotische Grundkonstellationen, die u.a. in zahlreichen herzlichen Männerfreundschaften zum Ausdruck gelangen. Es dominieren auf Landschaften, Requisiten und Helden verschobene Triebregungen: enge Schluchten, in die einzudringen ist und in denen Momente großer Bedrängnis wie höchster Befriedigung erlebt werden, das "berühmteste Gewehr der Welt", der Henrystutzen, sowie immer wieder neu aufgeregte Männernahkämpfe. Arno Schmidt, der diese Aspekte bei May teilweise durch graphische Schaubilder nachgewiesen hat, sieht im Ergebnis seiner Lektüre den Beleg dafür, "daß es bestimmten primitiven Autoren-Typen, ohne ihr Wissen und Wollen, möglich wird, Vorgänge in VBW und UBW anschaulich darzustellen, und zwar derart detailliert, daß ein intuitives Verstehen dieses 'May-Code' im größt-deutschen Maßstab eingetreten ist." Die typische Welt Karl Mays, deren spezifische Buchstabenkontinente, ergeben insofern ein gerade von infantilen Gemütern gern gelesenes - und kennzeichnenderweise stets wiederholt gelesenes - »psychodramatisches Mysterienspiel« (Wollschläger)."

Die "Geschichte der deutschen Kinder- und Jugendliteratur" erschien bereits im Jahre 1990 in der J.B. Metzlerschen Verlagsbuchanndlung und dem Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart. Das Buch schließt eine umfangreiche Bibliographie zur Geschichte der deutschen Kinder- und Jugendliteratur ein. Zum Schriftsteller Karl May enthält diese Bibliographie allerdings nur zwei Buchtitel (Arno Schmidt, Sitara und der Weg dorthin. Eine Studie über Wesen, Werk und Wirkung Karl Mays, Karlsruhe 1963; Hans Wollschläger, Karl May. Grundriß eines gebrochenen Lebens, Zürich 1976). Bei Neuauflage dieses Buches sollte die Bibliographie, zumindest soweit es die Literatur zum Schriftsteller Karl May betrifft, entsprechend überarbeitet und ergänzt werden. Ansonsten bleibt dieses Buch allen Lesern, die sich eingehend mit der Geschichte der deutschen Kinder- und Jugendliteratur beschäftigen möchten, uneingeschränkt zu empfehlen.


Medien

Verschollene May-Objekte wieder da

Das Karl-May-Haus Hohenstein-Ernstthal ist wieder im Besitz von 14 Objekten aus dem ehemaligen Heimatmuseum der Stadt, die als verschollen galten bzw. zu den Verluststücken zählen. Karl-May-Hausleiter André Neubert zeigte sich gestern erfreut, zumal die Stücke wieder den Platz einnehmen werden, der ihnen zusteht und wo noch viele Interessenten etwas davon haben werden.

Ein besonderes Glanzstück ist die persönliche Petschaft Karl Mays, ein Objekt mit zentralem Stellenwert. "Der Großteil völkerkundlicher Art", wie es Neubert ausdrückt.

In den 60er und 70er Jahren wurden auf dem Gebiet der damaligen DDR zahlreiche kleinere Museen in Dörfern und Kleinstädten geschlossen. Die Sammlungen, so Neubert, wurden an zentralere Museen überführt bzw. landeten auf nebulösen Wegen in Privathand. Das Karl-May-Haus habe sich hinsichtlich seiner Sammelkonzeption langfristig die Aufgabe gestellt, zumindest die Karl-May bezogenen Objekte des alten Heimatmuseums wiederzubringen. In Zusammenarbeit mit der Karl-May-Stiftung wird über den sinnvollsten und zweckmäßigsten Standort beraten.

Die 14 Objekte befanden sich allesamt im Raum Hohenstein-Ernstthal. "Bei der Rückgabe wurde Anonymität vereinbart", so Neubert. Eine Vergütung wurde gezahlt für die Aufbewahrung und Wiederbringung der Objekte. Die 14 Objekte sind aber nur der Anfang. Insgesamt befanden sich auf der Karl May bezogenen Inventarisierungsliste des ehemaligen Heimatmuseums etwa 180 Positionen, macht Neubert aufmerksam.

Die Rückgabe der jetzigen Objekte sei freiwillig gewesen. Mit Sammelleidenschaften, ob privat oder öffentlich, müsse behutsam umgegangen werden, weiß der Karl-May-Haus-Chef. Hin und wieder seien Kompromisse und Deals erforderlich, um das kulturelle Erbe und die Wiederbringung der Objekte zu sichern. Prinzipielle Regelungen hinsichtlich der Restitutionsansprüche bei Kulturgut sind im "Ausgleichsleistungsgesetz" getroffen worden.

Wie André Neubert ankündigt, werden alle Objekte erstmalig nach detaillierten Untersuchungen wieder ab 25. Februar 1997, dem 155. Geburtstag von Karl May, in Radebeul präsentiert. "Wir verbinden damit die Hoffnung, daß noch weitere verschwundene Stücke aus dem ehemaligen Museum den Weg ins Karl-May-Haus und damit zur Forschung finden."

Auch die Chemnitzer Morgenpost v. 10.10.96 berichtete von dem Ereignis unter dem etwas pompösen Titel:

Karl Mays Erbe entdeckt

32 Jahre wurde vergebens nach dem Erbe von Karl May gesucht, das aus dem Heimatmuseum gestohlen wurde. Jetzt ist die Sensation perfekt. Der kostbare Siegel-Stempel von Hohenstein-Ernstthals berühmtesten Sohn ist wieder aufgetaucht. Ein fanatischer Sammler brachte das kunstvoll gestaltete Petschaft mit 13 weiteren Stücken zurück.

Das fieberhaft gesuchte Petschaft des berühmten Abenteuerschriftstellers ist wieder aufgetaucht. Der Adlerkrallen-Stempel, mit dem der Vater Old Shatterhands und Winnetous sorgsam Briefe und andere Schriftstücke versiegelte, galt 32 Jahre als verschollen.

Auch indianische Flechtarbeiten können bald im Karl-May-Haus Hohenstein-Ernstthal bewundert werden. Museums-Chef André Neubert hofft auf weitere Rückgaben.

Das Verschwinden der "Reliquie" ist ein DDR-Kapitel für sich. André Neubert, Chef des Karl-May-Hauses Hohenstein-Ernstthal, arbeitet es mit anderen Karl-May-Forschern seit Jahren auf: "In den 60er und 70er Jahren wurden in der DDR zahlreiche kleinere Museen wegrationalisiert. Die Exponate wanderten in zentrale Sammlungen oder auf dubiose Weise in Privathand. Als 1964 das Heimatmuseum Hohenstein-Ernstthal geschlossen wurde, ging auch das Petschaft Karl Mays verloren."

Und nicht nur das: Eine Inventarliste von damals verweist auf 180 Exponate, die Karl May gehörten oder mit seiner Person in Zusammenhang stehen. Bis vor kurzem war alles weg. Mit dem persönlichen Siegel Karl Mays wurden jetzt 13 weitere Museumsstücke, darunter Indianerschmuck, Messer und eine afrikanische Hautkratze, zurückgegeben. Ein einheimischer Karl-May-Fan hatte vor Jahrzehnten die Gunst der Stunde genutzt und sich die Sachen angeeignet.

Wochenlange Verhandlungen, viel Fingerspitzengefühl und schließlich die Einsicht des vermeintlichen Besitzers waren notwendig, um den Schatz wieder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. André Neubert: "Zum 155. Geburtstag Karl Mays werden wir die historisch wertvollen Stücke erstmals in einer Sonderausstellung vorstellen, später auch im Karl-May-Museum Dresden-Radebeul."

Für André Neubert ist das Kapitel damit noch lange nicht abgeschlossen: "Ich hoffe, daß nun weitere verschollene Exponate den Weg in unser Museum finden und für Karl-May-Freunde aus aller Welt und für die Forschung zur Verfügung stehen."

Material gesucht

Biographie zum Thema Dr. Franz Sättler (Musallam)
Suche Materialien und Hinweise für eine biographische Dokumentation über den Reiseschriftsteller Dr. Franz Sättler. Auch Ankauf von Werken möglich. Zuschriften werden erbeten an:Rolf Schwarz,Moltkestr. 5, 42855 Remscheid

Jubelfeier für Artur Brauner

Unter dem Motto ,,Mich gibt's nur einmal" hat Filmproduzent Artur Brauner am Sonnabend mit zahlreicher Prominenz das Bestehen seiner CCC-Filmstudios in Berlin gefeiert. Der heute 77 Jahre alte Brauner gilt neben Produzent Horst Wendlandt auch als Vater der Karl-May-Filme. Das Fest für ihn und seine Frau Maria organisierte deshalb das Karl-May-Archiv (Göttingen).

Anläßlich des CCC-Jubiläums kamen bis zum Sonntag auch etwa 500 Karl-May-Fans aus aller Welt zu ihrem traditionellen Treffen in Berlin zusammen. Liebhaber des Schriftstellers äußerten die Hoffnung, daß sich Mays Werke trotz des zunehmenden Einflusses visueller Medien auch künftig bei den Lesern behaupten. Der Bamberger Karl-May-Verleger Lothar Schmid kündigte an, die Publikation des May-Werkes werde nach mehr als 80jähriger Arbeit voraussichtlich im nächsten Jahr mit dem 80. Band abgeschlossen.

Auf großes Interesse der Karl-May-Fans stieß eine Auktion von Büchern und Filmkopien. Ein japanisches Plakat des Films ,,Der Schatz im Silbersee" wechselte für 500 Mark den Besitzer. Eine amerikanische Filmkopie von "Old Shatterhand" kam für 510 Mark unter den Hammer. dpa

(Aus: ,Vater der Karl-May-Filme, Erfinder des Nachkriegsfilms´ von Elke Vogel. Im Hamburger Abendblatt vom 29. Juli 1996 Nr. 175)

Die Welt vom 24.7.1996:

Wochenende mit Indianerfilmen

Deutsche Indianerfilme stehen im Mittelpunkt eines ,,Winnetou"-Wochenendes der Karl-May-Spiele am 3. und 4. August in Bad Segeberg. Gojko Mitic, der lndianerheld aller DDR-Filme und heutige Winnetou-Star der Karl-May-Spiele erwartet dazu viele Fans aus den neuen Bundesländern. Zum erstenmal haben sie nach der Wende Gelegenheit, Mitic-Souvenirs zu kaufen oder zu tauschen, sowie im Indian Village ihrem Star Fragen zu stellen.

Freie Presse v. 10.10.96

Annelotte Pielenz

Eine Handvoll Träume

Im ,,Bavaria's Magazin M U N I C H", einer englischsprachigen Zeitschrift für amerikanische Touristen, erschien in der August/September-Ausgabe 1996 ein Artikel über Karl May unter dem Titel ,,A Fistful of Dreams" (Eine Handvoll Träume)

Der Autor, Greg Langley, stellt in dem Artikel Karl Mays Indianerromane vor und bringt eine kurze Übersicht über die Themen und über die Helden bei Karl May.

Zu diesem Thema interviewte er den Karl-May-Forscher Walther Ilmer, der u.a. sagte: "Mays Geschichten sind moderne Mythen. May schrieb über die starken, schweigsamen Männer des Wilden Westens. In seinen Büchern siegt am Ende immer das Gute über das Böse. Sein Held Old Shatterhand ist ein fahrender Ritter auf dem Kreuzzug gegen Gewalt und Verbrechen. May schuf die Legende von Winnetou, dem edlen Wilden, und erweckte dadurch im deutschen Volk die Sympathie für die Indianer und ihre Lebensweise."

Langley betont, wie stark durch Mays Bücher und Filme das Amerikabild der Deutschen geprägt wurde. Er schreibt über die Auswandererwelle aus Deutschland im 18. und 19. Jahrhundert und den Touristenstrom, der sich heute über die USA ergießt.

Aus dem Vortrag, den Ekkehard Koch 1992 in San Franzisko hielt, wird u.a. folgendes zitiert: ,,Die Deutschen litten immer unter Fernweh; ihr bevorzugtes Reiseziel war der Wilde Westen. Kaum eine andere europäische Nation hat so viel Sympathien für die Indianer, und nirgendwo gibt es so viele Indianer- und Cowboy-Clubs wie in Deutschland."

Es folgt ein Lebenslauf Karl Mays und eine kurze Erwähnung der Wild-West-Filme. Fotos von Karl May im Alter, als Old Shatterhand, ein Bild der Winnetou-Briefmarke, der Rathener Bühne sowie diverse Western-Szenerien wie das Monumentvalley schmücken den Artikel. Zum Schluß werden die Adressen des Karl-May-Museums in Radebeul, des Münchner Cowboyclubs und der Karl-May-Gesellschaft angegeben.

Alles in Allem eine interessante Würdigung unseres Autors aus amerikanischer Sicht.

Trierischer Volksfreund v. 24./25.8.96:

Mit den Nibelungen und Karl May...

KONZ. Wolfgang Bartels, bekannt als Journalist des Südwestfunks Trier, überschreibt seinen Diavortrag über Wanderungen im Hunsrück mit dem Titel. ,,Mit den Nibelungen und Karl May im Hunsrück".

Der Indianer der Deutschen

Von Heiko Postma

Wochenendbeilage der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung v. 22.6.1996

Der Auftritt des Titelhelden wird lange und kunstvoll hinausgezögert. Aber dann ist kein Halten mehr. Besonders das Haar, das der junge Mann "zu einem Schopfe aufgewunden" trägt, hat es dem Erzähler angetan: "Es war so lang, daß es dann noch reich und schwer auf den Rücken niederfiel. Gewiß hätte ihn manche Dame um dieses herrliche, blauschimmernde schwarze Haar beneidet." Doch auch sein Gesicht ist buchenswert: "Sein Gesicht war fast noch edler als dasjenige seines Vaters und die Farbe desselben ein mattes Hellbraun mit einem leisen Bronzehauch." Keine Frage, wer da vor uns steht: Winnetou, der Apache, der künftige Häuptling der Mescaleros. "Wir betrachteten einander mit einem langen, forschenden Blicke, und dann glaubte ich zu bemerken, daß in seinem ernsten, dunklen Auge, welches einen samtartigen Glanz besaß, für einen kurzen Augenblick ein freundliches Licht aufglänzte, wie ein Gruß, den die Sonne durch eine Wolkenöffnung auf die Erde sendet."

Auch über die Identität des Gegenübers dürfte kein Zweifel herrschen. Es ist Old Shatterhand, das literarische Alter ego Karl Mays. Die Szene beschreibt eine Initiation - die erste Begegnung der späteren Blutsbrüder, den Beginn einer wunderbaren Männerfreundschaft in den "dark and bloody grounds" des Wilden Westens. Nun haben böse Zungen zwar immer gern behauptet, so quasi erotisch, wie May den roten Mann hier abmale, müsse er an eine Frau gedacht haben, und zwar an eine bestimmte, nämlich Emma Pollmer, seine üppige Eheliebste. Noch bösere Zungen argwöhnten freilich, der phantasievolle Sachse habe mitnichten eine Frau vor Augen gehabt, was sich an Arno Schmidts herzigem Schnack "schwul wie Winnetou" ablesen läßt. Doch welche Reizrichtung man auch bevorzugt, spätestens seit 1962 sieht Winnetou aus wie Pierre Brice.

Damals begann, ausgelöst vom "Schatz im Silbersee", eine Karl-May-Verfilmungswelle, deren Publikumserfolg heute schwer nachzuvollziehen ist. Die Drehbücher hatten mit den Romanvorlagen zunehmend weniger zu tun, was, zugegeben, kein Nachteil sein muß, aber sie taugten auch absolut nicht viel. Den Old Shatterhand gab Lex Barker, der kargste aller Hollywood-Tarzane, den Winnetou eben der seinerzeit noch kaum bekannte Pierre Brice. Und das muß ungeheuer geprägt haben. Denn dieser Pierre Brice, der nun allmählich auf die siebzig zureitet (Bruder Barker agiert längst in den ewigen Jagdgründen), ist nach wie vor als Winnetou gefordert und aktiv.

Doch warum gerade die Indianer? Und warum gerade die Indianer Karl Mays? Authentisch gezeichnet sind sie nun wahrlich nicht, einmal ganz davon abgesehen, daß Karl May sie in einer Zeit zum Siege führte, als die literarische Indianermode in Europa schon lange vorüber war. Aber wahrscheinlich liegt eben darin, so paradox es zunächst klingt, das Erfolgsgeheimnis. Mays Indianer sind natürlich auch Indianer - sonst würde das Spiel nicht funktionieren. Aber daneben sind sie Deutsche (jedenfalls die Apachen) oder Franzosen (die Komanchen), gute Freunde oder hinterhältige Gefängniswärter. Holzschnitthafte Figuren in einem Kopftheater mit schaurig schönen, bengalisch beleuchteten Jahrmarktskulissen. Er erzähle, sagte Karl May einmal, deutsche Geschichten in exotischer Gestalt.

Aber das ist es wohl: Wer will Authentizität, wenn er einen Traum haben kann. Authentische deutsche Indianerbücher - und nicht bloß Sachbücher - gab es in der deutschen Literatur der Cooper-Nachfolge ja durchaus. Und keineswegs schlechte. Da war Charles Sealsfield (der eigentlich Karl Postl hieß) und in seinem "Kajütenbuch" jenen cool lakonischen, prinzipiell subjektlosen Trapper-Jargon kreierte, den Karl Mays Savannenläufer dann bis zum Exzeß draufhaben: "Muß Euch loben, wirklich loben. Habt Eure Sache schlau angefangen, hihihihi." Da war Friedrich Gerstäcker, der in seinen "Regulatoren in Arkansas" einen wahrhaft abgeklärten, stoisch beherrschten jungen Indianer porträtierte. Aber wer kennt schon noch diesen Assowaun?

Sealsfield und Gerstäcker waren wirklich im Wilden Westen gewesen. Sie wußten, was sie schrieben. Sie hatten alles selber erlebt. Karl May dagegen sah die Stätten seiner angeblichen "Reise-Erzählungen" erst im Alter - und was er dann schrieb, hatte mit den feurigen Visionen seiner früheren Jahre nicht mehr viel zu tun. Aber auch auf seinem ureigenem Gebiet war Karl May nicht ohne Vorläufer. Das erste und nun wahrhaft hinreißende Stück deutscher Indianer-Literatur stammt ebenfalls von einem Autor, der nie aus seiner engeren Heimat herausgekommen ist, von Friedrich Schiller.

Schiller hatte nun stets ein solides Gespür für allerlei reißerische Effekte und für gute Trivialität. "Nadowessische Totenklage" heißt sein - schon 1798 entstandenes - Gedicht. Die Nadowessier kennen wir heute besser als Sioux; und alles, was das Genre so inspirierend macht, ist bei Schiller schon da: von der Bärenjagd bis zur Friedenspfeife (die den notorischen Raucher Schiller naturgemäß besonders interessierte), vom "falkenhellen" Auge des Jägers bis zur roten Kriegsbemalung, vom "Großen Geist" Manitu bis zum Brauch des Skalpierens, dem Schiller lustvoll eine komplette, detaillierte Strophe widmet. Verwunderlich ist bei allem nur eines - daß Schillers Indianer beim Fährtenlesen hinter "Rentieren" her ist. In diesem Punkt hat Karl May seine Wildwest-Handbücher deutlich genauer gelesen. Zu solchem Mißgriff hätte Winnetou nur einen Satz gesagt: "Der Große Geist hat deinen Verstand umdüstert." Howgh!

Rothaut im Hamburger Rathaus

Hamburger Abendblatt v. 31.7.1996 Nr. 177:

Der Oberindianer aller Hamburger ist Henning Voscherau ja schon lange, jetzt trägt er auch den entsprechenden Kopfputz. Sein Amtskollege Jörg Nether, Bürgermeister der Karl-May-Stadt Bad Segeberg, überreichte ihm den Federschmuck. "Winnetou und der Scout" heißt das Stück, das derzeit auf dem Kalkfelsen gespielt wird. Die Hauptdarsteller Gojko Mitic und Rainer Schöne brachten 200 Freikarten für Hamburger Kinder und einen Tomahawk für Voscherau mit. Der nahm dankend an, weil er damit seine eigene Partei gut in Schach halten könne - die Opposition sei ohnehin zu schwach.

Kraft des geschriebenen Wortes wird bleiben

Dresdner Neueste Nachrichten, v. 29.7.96

Beim Karl-May-Fest in Berlin haben Liebhaber des Schriftstellers die Hoffnung geäußert, daß sich Mays Werke trotz des zunehmenden Einflusses visueller Medien auch künftig bei den Lesern behaupten. Mays "Kraft des geschriebenen Wortes" werde bleiben, sagte Martin Lowsky von der Karl-May-Gesellschaft am Sonnabend bei einer Podiumsdiskussion in Berlin. Der Bamberger Karl-May-Verleger, Lothar Schmid, strich die Fähigkeit Mays heraus, die Phantasie der Leser anzuregen.

Träume vom Wilden Westen

DIE WELT v. 29.7.96:

Einmal wie Winnetou und Old Shatterhand leben - in freier Natur meilenweit Kanu fahren, an Büffelherden vorbeireiten, wie eine Rothaut im Tipi schlafen - das soll auch in Deutschland bald möglich sein. In Sachsen ist ein riesiger Ferienpark geplant, in dem die Urlauber sich fühlen können, als seien sie Pioniere im Wilden Westen Amerikas.

Das Projekt ist bisher weltweit einmalig. Auf einem stillgelegten Braunkohlentagebau soll zwischen Senftenberg und Hoyerswerda auf 16000 Hektar Fläche (das entspricht einem Radius von 74 Kilometern) ein Natur- und Wildreservat geschaffen werden, das als "Karl-May-Land" dem Urlauber schon durch seine Ausdehnung eine möglichst perfekte Illusion von Wildnis bietet.

Gerade die Braunkohlewüsten, mit denen niemand etwas anfangen kann, geraten dem Karl-May-Projekt zum Vorteil. Bei der Renaturierung können die Großbagger, statt den Boden zu planieren, leichte Wellenformen schaffen, so wie in der Prärie. Die Gleise der Grubenbahn brauchen nicht abgebaut zu werden - auf ihnen soll eine Dampfeisenbahn fahren. Die ohnehin mit Wasser vollaufenden Gruben werden zu Seen. Wo sich jetzt noch die öden Mondlandschaften des Tagebaus ausdehnen, sollen Wisente grasen, Wildschweine, Füchse, Wasservögel, Otter und sogar Bären leben.

Innerhalb des Reservates soll es keine Autos und befestigte Wege geben. Die Touristen fahren mit Kutschen, dem Prärieschoner (Planwagen) oder der Eisenbahn wie die Helden von Karl May.

Karl-May-Straße Nr.2

So ist das: Nicht überall ist Karl May drin, wo Karl May draufsteht. Wir sprechen nicht von Büchern, sondern von Straßen. Es wäre so schön gewesen, wenn Erlangen, unsere nächste Kongreßstadt, damit hätte aufwarten können, und nun ist der Namenspatron der dortigen Karl-May-Straße ein ortsbekannter Bildhauer. Ich werde trotzdem an unseren denken, wenn ich durch diese Straße spazieren gehe. Das werde ich auch tun, wenn ich mal wieder Bamberg-Bug besuche, denn diese Karl-May-Straße ist echt. Ein Teil der Buger Hauptstraße wurde im Jahre 1972 umgetauft, als der KM-Verlag in das Haus Nr. 8 einzog. Durch Umorganisationen im Verlag wechselte dieser 1995 in die Innenstadt, nunmehr Schützenstr.30, die Karl-May-Straße blieb, (bitte, liebe Stadtväter, laßt das so). Umgetauft wurde ja bekanntlich nach und nach auch die Bahnstraße in Hohenstein-Ernstthal, ab 1935 hieß sie in ganzer Länge so wie heute: Karl-May-Straße. Ach, da wollte ich auch mal wieder hin...

Dietrich Schober

Auf den Spuren Winnetous

Westfalenblatt v. 15.10.96:

Machen wir uns nichts vor: "Wir sind nur teilweise erwachsen", sagt Reinhold Wolff, Literaturprofessor an der Bielefelder Uni und immerhin schon 55 Jahre alt. "Es bereitet Vergnügen", sagt er, "im Alter in eine versunkene Welt kindlicher Größenphantasien einzusteigen. Wir brauchen das für unser seelisches Gleichgewicht." Vielleicht erklärt das, warum die 100 Jahre alten Geschichten von Winnetou und Old Shatterhand immer noch Menschen begeistern und beflügeln. Hochintelligente Menschen wie Reinhold Wolff, die das Werk von Karl May erforschen. Ganz ernsthaft wie richtige Erwachsene.

"Ich bin eigentlich kein Karl-May-Forscher", winkt Wolff bescheiden ab. Der Literaturprofessor ist aber Teil einer großen Szene in Deutschland, die sich dem Werk des Phantasten aus Sachsen, des Hochstaplers, des verkannten Genies verschrieben hat. Ein Werk, hinter dessen abenteuerlicher Fassade sich viel über das Leben Mays (1842-1912), seine Zeit und seine Leser erfahren läßt. "Die Bücher waren kein Bildungsgut, trotzdem hat er sich durchgesetzt. Gegen den Willen der Obrigkeit."

Reinhold Wolff hält Vorträge, wirkt im Beraterkreis der Karl-May-Gesellschaft (KMG) und wurde nach der Wiedervereinigung in das neue Kuratorium der Karl-May-Stiftung gewählt, die auch die "Villa Shatterhand" und ein Indianer-Museum in Radebeul unterhält.

Als junger Bub hat Wolff zum ersten Mal den "Ölprinz" oder "Durch das wilde Kurdistan" gelesen. Dann kam eine jahrzehntelange Pause. Doch im Rahmen seiner Arbeit über die Literaturphantasien des 19. Jahrhunderts ist er wieder auf Karl May gestoßen. Die Adresse der Karl-May-Gesellschaft habe er von einem Studenten bekommen, sich aber zunächst nicht darum gekümmert. "Das ist irgendein Fanclub", habe er damals gedacht. Doch weit gefehlt. Nach Goethe und Wilhelm Busch hat Karl May heute die drittgrößte Literaturgesellschaft in Deutschland. An der Spitze steht der renommierte Strafrechtsprofessor Claus Roxin. "Da finden sie den Trapper mit der Silberbüchse neben einem Meisterschüler des Philosophen Ernst Bloch."

80 Millionen Auflage haben die Bücher von Karl May, eine Gesamtausgabe mit 100 Bänden ist geplant, 100000 Seiten hat er publiziert. Ein gewaltiges Werk, vor dem selbst moderne Technik kapituliert. Wolff wollte das gesamte Werk auf einer computerlesbaren CD-ROM herausbringen. Doch vor der alten schwäbischen Frakturschrift streikten die automatischen Scanner, sechs Seiten pro Stunde schafften sie, viel zu langsam, um das Vorhaben zum Abschluß zu bringen.

"Wir warten jetzt ab, bis wir schnellere Technik bekommen", sagt Wolff. Karl May - auch in 100 Jahren noch ein Thema.

Frank Nipkau

ZDF, 16.7.1996

Mittagsmagazin

Bericht über die Karl-May-Spiele in Bad Segeberg und das diesjährige Stück "Winnetou und der Scout" sowie ein Interview mit dem Hauptdarsteller Reiner Schöne in der Rolle des Old Death.

Im Januar Beitrag 1997 (50,--DM) überweisen!

Seine Sprache haucht den Fakten Leben ein

Trierischer Volksfreund v. 14.5.96

In der Reihe AutorenForum Trier: Erwin Wickert, Schriftsteller, Vater von Ulrich, ehemaliger Diplomat

Am Anfang waren Winnetou, der Schut, das wilde Kurdistan. Karl May nahm den jungen Erwin Wickert mit in die weite Welt der Abenteuer, davon kam der in der Mark Brandenburg Geborene nicht mehr los. "Ich muß schreiben, seit meiner Jugend", gesteht der 81jährige. Wohl nur so ist zu erklären, daß im Laufe der Jahrzehnte ein derart umfangreiches Werk entstanden ist, zahlreiche historische Romane, eine Autobiographie, politische Bücher, Erzählungen. Und natürlich Hörspiele, Wickert gilt als Vater des Genres, 1952 erhielt er den renommierten Preis der Kriegsblinden.

Hauptberuflich war Wickert, der Vater des Tagesthemen-Moderators Ulrich, Diplomat. Schon zu Zeiten des Dritten Reiches war der promovierte Kunsthistoriker für des Auswärtige Amt in China, er überlebte den großen Krieg in Japan. 1947 kam er zurück nach Heidelberg, in die Stadt seines Lehrers, des Philosophen Karl Jaspers. 1955 dann die Rückkehr ins Amt, die diplomatische Karriere: Wickert, ein ausgewiesener Ostasien-Experte, beriet Kanzler und Außenminister, war nach Stationen in London und Bukarest erster Botschafter der Bundesrepublik in China. Ein Leben, mit dem Drang in die Welt, verwurzelt in Tradition. Nur aus dieser schwierigen Mischung ist der Weitblick zu erklären, mit dem sich Wickert seine Themen aus chinesischer oder römischer Geschichte greift, um seine Romane zu entwickeln.

So die fast vergessene Geschichte der chinesischen Taiping-Revolution im 19. Jahrhundert, der größte Bürgerkrieg der Geschichte, wie er sagt; und das jüngste Buch, "Zappas oder die Wiederkehr des Herren", wo Wickert die Konflikte der sich etablierenden Kirche in der Zeit Neros schildert, als ein angeblich wiedererscheinender Christus auftritt. Immer ist der Autor auf der Suche nach Schnittpunkten der Historie, an denen Menschen aus der Spannung des Augenblicks heraus Geschichte machen.

Das beweist auch die Trierer Lesung: Dem gewiß schwierigen Genre des historischen Romans gibt eine eigene Sprache. In nur scheinbar schlichten Worten schildert er die handfesten Auseinandersetzungen zwischen Petrus und Paulus, zu denen gesellt er Huren und vermeintliche Engel, alltägliche Figuren. So entsteht lebendige Vergangenheit. Auch wahrhaftige? "Was ist eine Tatsache?", stellt Wickert die Gegenfrage. Die nackten Fakten, die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler etwa am 30. Januar 1933 sei ein Faktum, aber an sich eine "stumme Tatsache". Fakten redeten erst, wenn man sie erkläre. "In einem meiner Bücher habe ich ein Flugzeug über die antike Stadt Velia fliegen lassen", sagt er plötzlich. Wickert beherrscht das Spiel mit der Zeit, mit der Phantasie: Da leuchten seine Augen. "Ich konzentriere mich sehr stark auf meine Figuren, meine Geschichten. Irgendwann verselbständigen sie sich, nachts träume ich dann sogar davon."

Jetzt arbeitet der alte Mann wieder jenseits der Phantasie, am zweiten Teil seiner Autobiographie. Da gibt es unglaublich viel zu erzählen aus dem Leben eines Deutschen zwischen Asien und Europa. Eines Preußen, dessen Lebenswerk ohne harte Disziplin nicht denkbar wäre. Das prägt auch seine Sprache: "Ich versuche, meine Erlebnisse chronistisch ganz präzise aufzuschreiben. Nur einmal habe ich mich zu einer ästhetischen Empfindung hinreißen lassen", erzählt er. 1944, bei dem verheerendsten Brandbombenangriff der Amerikaner auf Tokio, seien die Bomben nachts in Kreisen auf die Stadt zugeflogen. "Das war, als fliege man ins Weltall hinein. Dann kam der Tod." - Nächster Gast des AutorenForums der VHS Trier ist Ludwig Harig (9. Juni).

CHRISTOPH HARDT

Das Publikum las die trivialen Romane Karl Mays

Von den 34 deutschen Buchtiteln, die zwischen 1918 und 1933 über eine halbe millionmal verkauft wurden, sind nur drei in gewissem Sinne Weimaranern zuzurechnen: Erich Kästners `Emil und die Detektive', Erich Maria Remarques `Im Westen nichts Neues' sowie Thomas Manns - allerdings schon 1901 erschienenes - Werk `Die Buddenbrooks'. Das Publikum las ganz andere Schriftsteller, Hermann Löns, Hans Carossa, Walter Flex, Hans Grimm oder Clara Viebig, und die trivialen Romane eines Karl May oder einer Hedwig Courths-Mahler erlebten ihre größten Publikumserfolge.

(Aus Hagen Schulze: Kleine deutsche Geschichte. Im Kapitel `Weimars Glanz und Ende')

In jedem Dichter steckt ein Karl May

Schon recht, in jedem Dichter steckt ein Karl May, der nicht nur Schönes schreiben, sondern auch sein abenteuerliches Herz in einem ebensolchen Leben beweisen möchte. Und da schminkt so einer dann sein Stubenhockerdasein mit Heldentaten auf, bis jedermann denkt, dieser Old Shatterhand oder Kara Ben Nemsi müsse doch der Herr May aus Radebeul höchstpersönlich sein. Wenn dann aber der Schwindel auffliegt, ist das Geschrei groß.

Bei den Lebenslaufkorrekturen im Fall des DDR-Poeten Stephan Hermlin, die seit voriger Woche in der Welt der Literaten Wogen schlagen, zeichnet sich das bekannte Muster deutlich ab: Wer seinen ehrlichen, aber zu bösartigen Kalauern reizenden Geburtsnamen Rudolf Leder zum Stephan mit ph und zu Hermlin - also zur Bezeichnung des Pelzwerks der Könige - veredelt, gibt deutlich bekannt, daß er zu den besseren Leuten gehören will. Daß er lieber von seinem in die gute Gesellschaft aufgerückten Vater als von seinem tüchtigeren, aber in niederen Geschäften tätigen Großvater erzählt, ist ebenso seine Sache wie die Stilisierung der aus Galizien stammenden und erst auf der Flucht vor den Nazis nach London gelangten Mutter zur schönen Engländerin, die mit rotblondem Haar und durchsichtiger Haut ihrer angeblichen Heimat Ehre machen sollte.

(Aus: Zeichen einer Paranoia, deren Ausgeburt Verrat war. Poesie hier, Sicherungsbereich Literatur dort: Die Rolle von Schriftstellern im Wahngebilde der Stasi / Von Jost Nolte. In: DIE WELT (Geistige Welt) vom 12. Oktober 1996)

Winnetou im Meulenwald

Föhren ist seit dem Umzug des Geschäftsführers Sitz der Karl-May-Gesellschaft

Trierischer Volksfreund v. 10./11.8.96:

Der Kopfschmuck eines alten Siouxhäuptlings, ein Colt im gefüllten Patronengurt, ein sogenannter ,,Henrystutzen" und ein alter Vorderlader schmücken die Wände seines kleinen Büros. Da erübrigt sich fast der Blick in die Bücherregale, wo - gut sortiert - neue und antiquarische Karl-May-Gesamtausgaben stehen. Seit mittlerweile 13 Jahren schon steht Erwin Müller als Geschäftsführer der Karl-May-Gesellschaft vor. Seit Müller vor zwei Jahren von Berlin nach Föhren zog, hat die Gesellschaft ihren Sitz in der Gemeinde am Meulenwald.

Wie er zu Karl May gekommen ist, das weiß Müller noch ganz genau: ,,Als Zwölf- oder 13jähriger habe ich, wie andere Jungen auch, die Wild-West- und Orient-Bände verschlungen. Irgendwann ließ das Interesse dann nach, und Karl May war viele Jahre gar kein Thema". Ganz hat der 65jährige ihn wohl nie vergessen, denn die Rezension eines Jahrbuches der Karl-May-Gesellschaft, die er in der Zeitung fand, hat aus ihm ein - zunächst nur passives - Mitglied gemacht. Nachdem er dann sehr erfolgreich einen Gesellschaftskongreß in Berlin organisiert hatte, bat man ihn 1983 in den Vorstand.

Mit Karl May scheint Müller eine Art Seelenverwandtschaft zu verbinden. Und deshalb ist es auch das Leben des geistigen Vaters von Winnetou und Old Shatterhand, das ihn am meisten fasziniert. Wie May stammt Müller, geboren 1931 im luxemburgischen Differdingen, aus ländlichem Raum und einfachen Verhältnissen, und wie May ergriff er den Lehrerberuf, um später doch einen anderen Weg zu gehen.

Spätestens aber mit der Berufswahl endet die Gemeinsamkeit. Denn May mußte sich später an eine recht dunkle Periode in seinem Leben, gar an Gefängnisaufenthalte, erinnern. Der Rückblick des, mittlerweile pensionierten, Lehrers Müller dagegen fällt befriedigender aus.

Mehr als 30 Jahre verbrachte Müller - nach dem Studium an der Trierer pädagogischen Lehranstalt - in Berlin. An der Spree war er zunächst im Schuldienst und dann als sozialdemokratischer Landtagsabgeordneter in der Kommunalpolitik tätig. Für seine l4jährige Arbeit als Stadtrat für Sozial- und Gesundheitswesen erhielt er den Bundesverdienstorden.

Erfolgreich blieb er auch in seiner ehrenamtlichen Arbeit. Die Gesellschaft, die er seit 1983 führt, avancierte mit knapp 1900 Mitgliedern zur fünftgrößten literarischen Vereinigung in Deutschland. Und ihr gelang, was Karl May lange versagt blieb. Trotz einer Auflage von weltweit 100 Million Büchern war May als bloßer Jugendbuchautor und Produzent von Fortsetzungsromanen und Trivialliteratur nicht recht ernst genommen worden. Mittlerweile aber hält er einen festen Platz in der Literaturgeschichte

Eine zweite Aufgabe der 1969 gegründeten Gesellschaft, die Rekonstruktion des Lebens von Karl May (1842-1912), scheint dagegen direkt schwierig. Kaum ein anderer Literat hat Erlebtes und Erdichtetes derart vermischt, daß er am Ende Dichtung und Wahrheit selbst nicht mehr unterscheiden konnte. Jahrzehntelang etwa behauptete May, daß ein Indianerhäuptling namens Winnetou zu seinen besten Freunden gehöre. In den reicheren Jahren residierte May in der ,,Villa Shatterhand" in Radebeul.

Biographieforschung gehört nicht zu den Aufgaben des Geschäftsführers Erwin Müller. Er kümmert sich hauptsächlich um die dreimonatlich erscheinenden Mitteilungen der Gesellschaft, übernimmt die Pressearbeit und betreut die Mitglieder. Außerdem sitzt er im Kuratorium der Karl-May-Stiftung, die im Sinne des Namensgebers junge Schriftsteller fördert.

,,Trotz der immer noch starken Nachfrage nach den Abenteuern von Winnetou, Hadschi Halef Omar und Kara Ben Nemsi", meint Erwin Müller, ,,ist die große Zeit des Autors Karl May doch vorbei. Computerspiele und Fantasy-Geschichten ist das, was die heutige Jugend fasziniert".

Er sagt das ganz ohne Resignation, denn nicht die Verkaufszahlen der Bücher, nein, der legendenumwobene Verfasser selbst ist seine Passion. Karl May schuf bei bescheidener Bildung und hoher Intelligenz einen unzerstörbaren Mythos. ,,Per aspera ad astra", durch viele Mühen zum Erfolg, lautete sein Wahlspruch, und der hängt jetzt bei Erwin Müller über dem Schreibtisch.

Marion Barzen

100 Jahre Fremdenverkehr Welschnofen-Karersee 1984

Der große Jugend- und Volksschriftsteller Karl May unternahm bei seinem Aufenthalt bei der Familie Schrott auf der Mendel mehrfach Ausflüge zum Karersee und Karerpaß. Er war von diesen Ausflügen jedes Mal hell begeistert. Er starb acht Tage nach seinem letzten großen Erfolg im Sophiensaal in Wien in seiner Villa "Shatterhand" in Radebeul bei Dresden, am 30.3.1912.

Ein Rätsel

Trierischer Volksfreund v. 9.5.96

In welchem Ort wird in Karl Mays letztem Wohnhaus der Nachlaß des Schriftstellers ausgestellt?

Das kann aber auch nur unter der Sparte 'Trivial Pursuit' stehen!

Die Redaktion wünscht allen Lesern ruhige und besinnliche FeiertageDas schönste Weihnachtsgeschenk für unseren Geschäftsführer:Werben Sie ein neues Mitglied für die KMG!

FAZ v. 27.1.96 S. 29

Kalka und Sander

Frühjahrspreise der Deutschen Akademie

Der Anglist und Übersetzer Joachim Kalka wird mit dem Johann-Heinrich-Voss-Preis für Übersetzung ausgezeichnet. Kalka, dieser Zeitung als Mitarbeiter verbunden, ist seit 1968 als Übersetzer tätig und hat Bücher von Joseph Heller, Anthony Burgess, Angela Carter und anderen ins Deutsche übertragen. Den Friedrich-Gundolf-Preis für Vermittlung deutscher Kultur im Ausland erhält Volkmar Sander. Sander leitete bis zum vorigen Jahr das von ihm gegründete Deutsche Haus in New York, eine der wichtigsten Vermittlungsstellen für deutsche Literatur in den Vereinigten Staaten. Die mit jeweils 20000 Mark dotierten Auszeichnungen sollen auf der Frühjahrstagung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung vergeben werden, die vom 11. bis zum 13. April in Dresden stattfindet.

Aus deutschen Zeitschriften:

Hadschi Halef Omar auf Tour

Spuren 32, 1995 (Deutsche Schillergesellschaft, 71672 Marbach)

Im September 1898 reiste Karl May mit seiner Frau Emma ins Schwäbische, nach Kirchheim unter Teck, wo er einen befreundeten Eisenbahnindustriellen besuchte. Über diesen Lokaltermin gibt es nun, geschrieben von Martin Lowsky, ein Heft der "Spuren". Hadschi Halef Omar hat seiner Frau Hanneh von den Eisenbahnen in Europa erzählt, woraufhin sie ausruft, sie wolle fortan nicht mehr ans Haus gefesselt sein, so eine Entwürdigung des weiblichen Geschlechts könne unmöglich länger geduldet werden. Sie verlange Lokomotiven und wolle im Wagen sitzen wie die Frauen des Abendlandes, die keine Puppen, sondern Herrinnen seien und ganz dieselben Rechte wie die Männer hätten. In Kirchberg, wo die zitierten Sätze geschrieben wurden, beginnt Mays Alterswerk, das sich eines wachsenden Interesses der Forscher erfreut.

Hermann Kurzke

Kölner Stadt-Anzeiger vom 29.7.96:

Das Werk von Karl May wird im nächsten Jahr komplett veröffentlicht sein. Verleger Lothar Schmid stellte soeben "Das Rätsel von Miramare" als Band 78 vor. Band 79 wird Gedichte und Band 80 kleinere Werke enthalten. Unveröffentlicht bleiben unter anderem Briefe und Prozeßschriften, die May selbst nicht publiziert sehen wollte.


Egon Renner

Jerry Cotton, Old Shatterhand und Winnetou

Bemerkungen zum Tod von Heinz Werner Höber

Heinz Werner Höber - der Mann, der Jerry Cotton war - ist nicht, wie es in den KMG-N 109 (1996: 42) heißt, am 22.5.1996, sondern am 15.5.1996, 2,30 früh, nach langer schwerer Krankheit in seiner Berliner Wohnung (Kantstr. 34) verstorben und wurde am 30.5.1996 auf dem Waldfriedhof Zehlendorf beigesetzt. Renommierte Zeitungen und Zeitschriften, u.a. DER TAGESSPIEGEL und DER SPIEGEL, haben ihm eindrucksvolle Nachrufe gewidmet. Nicht Berlin ist sein Heimatort, sondern das erzgebirgische Dorf Bärenstein, wo er am 30.5. 1931 geboren wurde. Höber war also wie May Sachse, wie dieser mit einer genialen Phantasie begabt und seinem Landsmann mit allen Fasern seines Herzens zugeneigt. Eine weitere Parallele zu May: In seiner von den Russen besetzten Heimat wurde er, weil er durch politische Aktivitäten auffiel, zweimal inhaftiert und konnte mit 17 Jahren (1948) fliehen, lebte zunächst für kurze Zeit in Westberlin, dann für 24 Jahre an verschiedenen Orten im Rheinland und nahm 1972 seinen Wohnsitz in Berlin. Im Rheinland holte er das Abitur nach, bestritt danach seinen Lebensunterhalt mit damals üblichen Gelegenheitsarbeiten und versuchte sich schließlich als Kriminalschriftsteller, nach seinen eigenen Äußerungen maßgeblich von seinem großen Vorbild Karl May beeinflußt.

Höber ist der erfolgreichste deutschsprachige Kriminalschriftsteller, zunächst einmal - und wiederum gibt es eine Parallele zu May - durch die Quantität seines literarischen Schaffens: Nach seinen eigenen Angaben hat er über 500 Kriminalromane veröffentlicht, davon ca. 280 als Jerry-Cotton-Geschichten (Hefte, Taschenbücher, einige Fortsetzungsromane) und ca. 70 als Mike Lester-Geschichten (nur Hefte). Andere Kriminalgeschichten von ihm erschienen in Anthologien, als Kurzgeschichten und Stories für Periodika; aus einigen hat er Hörspiele und Fernsehdrehbücher gemacht. Außerdem hat er Wildwest- und Liebesgeschichten, Artikelserien, Manuskripte für Dokumentarfilme und autobiographische Texte geschrieben. Literarischen Rang hat er mit der Erzählung Nun komm ich als Richter (rororo thriller) - für die er den Glauser, den deutschen Krimipreis, erhielt - und mit Geschichten errungen, in denen er sich mit der NS-Vergangenheit der Deutschen auseinandersetzt. Für sein kriminalliterarisches Gesamtwerk erhielt er den Ehrenglauser. Sein literarisches Schaffen, veröffentlicht unter einem guten Dutzend von Pseudonymen, ist so riesig, daß er es selbst nicht mehr überschaute, als bibliographische Aufgabe heute schon eine überaus aufwendige Puzzle-Arbeit, nur im Stil der Plaulschen May-Bibliographie zu bewältigen.

Rang und Namen hat Höber als Autor der Jerry Cotton-Krimiserien errungen. Im Frühjahr 1955, nachdem er seine ersten Mike Lester-Geschichten in der Reihe Bastei-Kriminal-Roman veröffentlicht hatte, erschien Gustav Lübbe, der Verleger, bei ihm und bat ihn zu prüfen, ob er nicht das Milieu des in und von New York aus im Auftrag des FBI agierenden G-man Jerry Cotton realistischer gestalten könne (Jerry-Cotton-Geschichten eschienen ab Heft 68 in der genannten Reihe, geschrieben zunächst von einem Persil-Vertreter aus Köln-Nippes, der das Milieu ungenau darstellte). Höber las alle erreichbare Literatur über New York und das FBI, recherchierte vor allem in Karten, Telefonbüchern und Speisekarten der Stadt und erhielt auf Anfrage vom FBI sieben Kilo Informationsmaterial über ihre Einrichtung und ihr Wirken. Außer der prägnanten Zeichnung der Gestalt Jerry Cotton gelang es ihm, die Aktionsräume des FBI-Agenten so genau zu beschreiben, daß jeder, der eine dieser Geschichten gelesen hat, sich am Ort ihrer Handlungen zurechtfinden konnte, in New York und in jeder beliebigen Gegend, beispielsweise in Nevada.

In der zweiten Jahreshälfte 1955 erschien in der genannten Reihe Bastei-Kriminal-Roman sein erster Jerry-Cotton-Roman als Heft 133: Ich - oder der Satan; in der ab 1956 vom Bastei-Verlag veröffentlichten Heftreihe G-man Jerry Cotton ist das erste Heft von ihm die Nummer 14. Inzwischen hat allein diese Heftserie über 2000 Nummern. Die Gesamtauflage der Jerry Cotton-Geschichten hatte bereits 1995 700 Millionen erreicht, viele davon übersetzt in ca. 50 Sprachen. Dieser Erfolg ist im wesentlichen auf Höber zurückzuführen. Schriftstellerisch, dramaturgisch, war er der Spiritus rector der Jerry Cotton-Reihen. Was er davon geschrieben hat, hebt sich meist deutlich von den Texten anderer Autoren dieser Reihen ab. Er hat den Geschichten einen realistischen Rahmen und ein generelles Handlungsgefüge gegeben und damit Leitlinien aufgestellt, an denen sich seitdem ca. 100 Autoren (Auskunft des Verlags) orientiert haben. Einer davon ist Michael Wrasmann, der Bürgermeister von Berlin-Wilmersdorf, dem er mit ebensoviel Geduld wie Uneigennützigkeit gezeigt hat, wie man Jerry-Cotton-Geschichten erzählt.

So wie ihn der Erfolg vor allem seines Helden Jerry Cotton an die Seite von Karl May stellt, so unterscheidet sich Höber von seinem Landsmann dadurch, daß ihm finanziell kein Erfolg beschieden war. Als Höber starb, war er trotz seines unvergleichlichen Erfolges ein armer Mann, hängengeblieben in den Niederungen der Fließbandproduktion populärer Literatur, die ihre Autoren gnadenlos verschleißt. Wer darüber und über Leben und Werk Höbers ingesamt mehr erfahren möchte, dem sei die ausgezeichnete, im Stil des Schelmenromans geschriebene Biographie des Schriftstellers von Jan Eik empfohlen: Der Mann, der Jerry Cotton war: Erinnerungen des Bestseller-Autors Heinz-Werner Höber, Berlin 1996 (DM 29,80); Eik war ein enger Freund des Verstorbenen.

Wie sehr Höbers frühe Entwicklung von Karl May geprägt worden ist, schildert er nach Eik auf eine überaus eindringliche, eindrucksvolle Weise, die Faszination eines Menschen, dem das, was er in der Jugend aufgenommen hat, erhalten geblieben ist, der es in moderne Geschichten umsetzen konnte: "Den Sommer über spielten wir Kinder in den dichten, damals noch gesunden erzgebirgischen Wäldern. Der Älteste in unserem Kinderrudel hatte uns von Winnetou und den tapferen Apatschen erzählt und von den schurkischen Bleichgesichtern. Also gingen wir auf den Kriegspfad, versteckten uns hinter moosbewachsenen Felsen und schlichen an Bergbächen entlang. Wir waren listig, tapfer und immer edel, wie es sich für rote Brüder geziemt. Während wir uns tagtäglich anstrengten, so edel wie möglich zu sein, entdeckten Germanisten den schädlichen Einfluß von Karl May auf die Jugend. Ich wurde diesem schädlichen Einfluß besonders früh ausgesetzt....Ernst, mit seinen zwölf Jahren der älteste von uns, schlug bei jeder Gelegenheit vor, Schule zu spielen. Er war natürlich der Lehrer. Und was für ein Lehrer er war: streng und genial. Er brachte ein zerlesenes, grün eingebundenes Buch mit und erklärte, darin seien alle die spannenden Geschichten von Winnetou und seinen roten Kriegern aufgeschrieben. Das war psychologisch gesehen ein meisterhafter Schachzug, denn nun wollten wir jüngeren alle lesen lernen....Als ich das erste Kapitel von Winnetou auswendig vorlesen konnte, kam ich in die Schule....und als wir in der Fibel so schwierige Wörter wie der Hahn - das Huhn lesen sollten, wurde es mir zu langweilig, und ich beschäftigte mich unter der Bank mit Winnetous zweitem Kapitel. Das trug mir hin und wieder einen Verweis ein, aber auf dem ersten Zeugnis eine Eins im Lesen....Ich war noch nicht einmal zehn, aber ich kannte die Kordilleren und den Rio de la Plata, ich hatte die Geysire am Yellowstone gesehen und die Pfähle im Llano Estacado. Ich wußte, daß Panther mit th geschrieben wird, ein Wadi ein ausgetrocknetes Flußbett ist und Hai es callah die Aufforderung zum Gebet....Winnetous rote Brüder ließen mich (nach dem Umzug; E.R.) auch in der prosaischen Industriestadt Döbeln nicht los. Mit ungefähr zwölf Jahren schrieb ich meinen ersten Indianerroman, der natürlich von vorn bis hinten bei Karl May geklaut war (1996: 14-17)."

Der Vergleich zwischen Höber und May hat eine weitere Dimension. Jerry Cotton tritt - so wie Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi - als Ich-Figur auf. Dies tut sie zwar von Anfang an, also schon bevor Höber Geschichten mit ihr geschrieben hat, aber seitdem er sie schrieb mit seinem unvergleichlichen, unnachahmlichen Duktus, mit dem, was er an Werten und Grundsätzen mit dieser Figur verbindet. Dazu sagt er in Eiks Biographie: "Was ich bei Cotton vorgefunden hatte, läßt sich leicht zusammenfassen: den Namen Jerry Cotton. Alles andere war kaum verwertbar. Seine Charaktereigenschaften, die preußischen Tugenden, die Unbestechlichkeit, das Gerechtigkeitsgefühl - das stammt alles von Höber" (1996: 81). Einzelheiten dazu hat Höber in der Geschichte Wer ist Jerry Cotton wirklich? im Jubiläums-Band 500 der Reihe G-man Jerry Cotton dargestellt (Seite 2-4 und 66-69).

In welchem Umfang gerade bei der Zeichnung der Figur Jerry Cotton Karl Mays Helden eine entscheidende Rolle gespielt haben, weiß ich aus meinen Gesprächen mit Höber und kann auch bei Eik nachgelesen werden: "Cotton ist, wie ich ihn verstehe, den Helden Karl Mays sehr nahe. Winnetou und Old Shatterhand sind als moralische Vorbilder konzipiert. Als ich Winnetou zum ersten Mal las, war ich fest davon überzeugt, daß er lebt. Auch die Leser, die sich auf Jerry Cotton stürzten, glaubten, daß er lebt. Die Parallelen zu meinem großen Vorbild Karl May sind mindestens darin offensichtlich. Und darin, daß wir beide mit einer gehörigen Chuzpe über Länder geschrieben haben, die wir nie gesehen hatten. Wie Old Shatterhand den besseren Karl May darstellt, ist Jerry Cotton der bessere Höber, der ich gerne wäre" (1996: 79-80). Dies ist in der Tat eine faszinierende Parallele, die Fortsetzung der heldischen Träume Karl Mays in anderem Gewand, mit einem literarischen Mittel, das für das 20. Jahrhundert prägend ist: der Kriminalgeschichte. Und wiederum ist es ein Sachse, der weichenstellend gewirkt hat, genialisch, bewußt und gezielt in den Fußstapfen seines großen sächsischen Vorbildes. Während Karl May, wie wir alle wissen, die Fiktion von der historischen Wirklichkeit des Apachen nährte, sah sich das FBI gezwungen, nachdem es zeitweise Körbe von Fan-Post für Jerry Cotton erhielt, eine gedruckte Antwortkarte mit folgendem Text zu verschicken: Jerry Cotton is a fictional figure (nach Auskunft von Höber und in Jan Eik 1996: 80).

Außerdem ist zu vermerken, daß auch Höbers Anständigkeit und menschliche Größe an Karl May erinnert, wie folgendes Beispiel zeigt. In der zweiten Hälfte 1994 rief er mich an und bat mich, ihm einen Titel einer Buchveröffentlichung von mir zu nennen. Dieses Buch sollte laut Drehbuch in einem Fernsehkrimi, den er gerade schrieb, in einer öffentlichen Bibliothek stehen, in dem Buch ein Zettel mit einer Nachricht, die eine Schlüsselfunktion in dem Krimi hat. Dies war seine Reaktion darauf, daß ich die Hauptfigur seiner Erzählung Nun komm ich als Richter, ein alter, vom KZ ge-zeichneter deutscher Jude, mit der Hauptfigur von Hemingways Der alte Mann und das Meer verglich. Dies war meine kritische, parteiergreifende Reaktion auf eine recht gehässige Würdigung von Person und Werk Höbers in der ZEIT (Nr 18, 29.4.1994).

Trotz der Transformation der Wildwestgeschichte in die Kriminalgeschichte und damit in eine der maßgeblichen Abenteuerlandschaften des 20. Jahrhunderts gibt es Reminiszenzen an die Romantik des 19. Jahrhunderts. Manche von Höbers Geschichten spielt im ehemaligen Wilden Westen, in Gebieten, die sich im kriminalistischen Geschehen nach wie vor als "finstere blutige Gründe" erweisen. Und ebenso treten dort manchmal auch Indianer auf. Als Beispiel für eine solche moderne Wildwestgeschichte sei die Erzählung Drei... zwei...eins - tot: Er plante den Countdown des Grauens (G-man Jerry Cotton, Heft 674, 1. und 2. Auflage, Bergisch Gladbach o.J.) genannt. Sie spielt in Nevada und schildert die Verfolgung eines Mörders von New York bis in die Wüstenlandschaft dieses Staates. Neben dem riesigen, athletischen Sheriff Nat Hogan von Winnemucca/ Nevada, der an Old Firehand erinnert, und ähnlichen Gestalten tritt ein Indianer auf, allerdings ohne ethnische Zuordnung, aber als hervorragender Spurensucher gekennzeichnet, der in der Wüstenlandschaft jedem Weißen überlegen ist. Dazu zum Abschluß einige Auszüge aus der Erzählung, die auf verblüffende Weise an Szenen aus den Indianergeschichten Karl Mays erinnern.

Auf eine für sein sächsisches Vorbild durchaus charakteristische Weise führt Höber den Indianer Mata-uh in die Handlung der Geschichte ein: "'Hat man das Land neben der Straße abgesucht' (fragt ein Polizeileutnant; E.R.)? Statt einer Antwort schob der Sheriff zwei Finger zwischen die Lippen und stieß einen scharfen, weithin hallenden Pfiff aus. Irgendwo in der Schwärze der Nacht wurde der Pfiff erwidert. Und wenig später trabte ein Mann die Bö-schung herauf und zu uns. Er trug hautenge schwarze Lewis-Hosen, ein buntes Hemd und eine kurze Joppe, die über seinem mächtigen Brustkorb offenstand. Ein Blick in dieses kantige dunkle Gesicht verriet mir, daß ich einen Indianer vor mir hatte. 'Das ist Mata-uh', sagte der Sheriff. 'Er arbeitet für mich. Wie sieht's aus Mata-uh?' 'Keine Spuren in der Wüste', sagte der Indianer. 'Jedenfalls nicht im Umkreis von zweihundert Yard.' 'Da haben Sie ihre Antwort, G-man.' Ich nickte. Ein Indianer mochte kein geschulter Kriminalist sein, aber in einer Gegend wie dieser hier wog sein Wort ebensoviel. Wenn er sagte, daß es keinerlei Spuren gab, durfte man sich wahrscheinlich darauf verlassen" (Seite 21).

An andere Stelle tritt eine Affinität des Indianers zu Winnetou deutlich hervor: "Mata-uh wandte uns seinen scharf geschnittenen Indianerkopf zu. 'Sheriff hat hier gelegen', erklärte er und zeigte in das Gebüsch am oberen Rand des Hanges. 'Lange Zeit hier gelegen. Er hat zwei Zigaretten geraucht'....Was hat der Sheriff getan, nachdem er da aus dem Busch herausgekrochen ist, Mata-uh? Können Sie das aus den Spuren lesen (fragte Jerry Cotton; E.R.)? Der Indianer...streckte den Arm aus und zeigte den Hang hinab. 'Der Sheriff ist da hinabgeklettert. Sehen Sie denn nicht die Fährte?' 'Nein', sagte ich wahrheitsgemäß. 'Oh', sagte der Indianer und sah uns grinsend an. 'Die Fährte ist aber ganz deutlich.' 'Für Sie, das will ich nicht bestreiten. Sehen wir uns da unten um' (Seite 61)."

Es folgt eine Anschleichszene, die Karl May geschrieben haben könnte: "Jenseits des Hanges fing ein Wäldchen an. Wir hielten erst, als die Bäume uns jeglicher Sicht von der Farm her entzogen. 'Mata-uh', sagte ich, 'können Sie meinen Freund und mich zur Farm führen, ohne daß wir gesehen werden?' Der Indianer bedachte uns mit zweifelndem Blick. Dann zuckte er mit den Achseln. 'Ich kann Sie führen', sagte er. 'Wenn Sie alles richtig machen, wird man Sie nicht sehen. Hängt von Ihnen ab.' 'Wir tun genau, was Sie sagen'....Mata-uh schlug eine Richtung ein, die von der Farm wegführte. Schweigend trotteten hinter ihm her durch das Wäldchen. Wir gerieten an einen Bach, dessen Ufer mit dichtem dornigen Gestrüpp bestanden war. In stoischem Gleichmut watete der Indianer durch das eiskalte Wasser. Was blieb uns übrig? Wir wateten hinterher und krochen am jenseitigen Ufer durch das Gestrüpp....Mata-uh sah sich nicht einmal um. Nach zwanzig Minuten bedeutete er uns, auf ihn zu warten. Wie ein Schlange wand er sich durch das Gesträuch, wir hörten ein kurzes Plätschern vom Bach her, und dann blieben wir allein für fast zehn Minuten. Danach holte uns der Indianer ab, ohne ein Wort zu sagen....Es ging über eine Art Weide mit hohem Blaugras. Natürlich kriechend....Vor uns lag eine Grasfläche, auf der sechs mächtige, uralte Eichen standen. Dem Indianer folgend, huschten wir von Stamm zu Stamm. Vom letzten Baum bis zu einem Stallgebäude der Farm waren es kaum zehn Schritte" (Seite 61-62).

An einer weiteren Stelle begegnen wir einem Old Shatterhand des 20. Jahrhunderts: "Mit einem Panthersatz sprang ich ihm (einem der Verbrecher, der sich in der Farm aufhielt; E.R.) in den Rücken. Er wurde vorwärts geschleudert und stürzte neben den Wagen. Ich hatte ihm den linken angewinkelten Arm von hinten um den Hals geworfen und drückte, während ich mit der Rechten Gegendruck gab. Er zappelte, röchelte, stieß und rüttelte, aber ich ließ nicht los. Wenn er auch nur einen Schrei ausstoßen konnte, waren die Folgen unabsehbar. Sein Widerstand wurde schwächer, bis endlich seine Muskeln erschlafften. Ich wälzte ihn herum, stopfte ihm mein Tachentuch in den Mund und


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