KMG-Nachrichten 124 / Juni 2000

Herausgegeben von Engelbert Botschen


Endspurt 2000

Kinder, wie die Zeit vergeht! Mir steckt noch der Leitartikel der letzten Nachrichten in den Knochen, da kommt schon die Anmahnung für den nächsten. Im Januar habe ich noch über die Mitarbeiterkreistagung in Marbach spekuliert, bei Erscheinen dieser Nachrichten ist sie schon drei Monate Vergangenheit. Vor fünfeinhalb Jahren wurde die Aktion 2000 ins Leben gerufen, jetzt wird es langsam Zeit, darüber Bilanz zu ziehen. Vor hundert Jahren lachte die halbe Welt über Kaiser Wilhelm II, als er am 1.1.1900 den Beginn des neuen Jahrhunderts begrüßte. Heute redet jeder wie selbstverständlich vom neuen Jahrtausend; späte Rehabilitierung eines Kaisers oder einfach nur allgemeiner Bildungsnotstand?

Bisher habe ich von der letztendlich nur akademisch geführten Diskussion wenig gehalten, denn wen interessiert heute noch, daß vor 1475 Jahren der römische Abt Dionysius die Null noch nicht kannte und den christlichen Kalender schuf, indem er die Geburt Christi mit dem Jahr Eins gleichsetzte. Dabei unterlief ihm übrigens ein Rechenfehler, denn König Herodes, in dessen Amtszeit nach dem Evangelium des Matthäus die Geburt Jesu fiel, war zu dem von Dionysos definierten Jahr schon sieben Jahre abgesetzt und vier Jahre tot. Also wie gesagt, bisher schien mir das alles für die Karl-May-Gesellschaft nicht relevant. Aber ich wurde kürzlich beim Sortieren und Entstauben von Büchern eines Besseren belehrt; und zwar durch Karl May höchstselbst. Er kannte sich offensichtlich in der Chronologie aus: "1901" lautet der Titel eines seiner Gedichte in "Himmelsgedanken", womit er doch sicherlich auf das neue Jahrhundert anspielen wollte.

Damit wieder zur jüngeren Vergangenheit. Als im November 1994 vom Vorstand die "Aktion 2000" ins Leben gerufen wurde, hatte die Karl-May-Gesellschaft rund 1700 Mitglieder. Nachdem die erste Zeit ein rasanter Mitgliederzuwachs zu verzeichnen war, ging es später zwar stetig, aber doch langsamer aufwärts, wobei natürlich berücksichtigt werden muß, daß ein nicht geringer Prozentsatz durch Todesfälle, Austritte und Streichungen wieder kompensiert wird. Demonstriert an konkreten Zahlen heißt das, daß wir in den letzten sechs Monaten 87 neue Mitglieder gewannen, der absolute Zuwachs aber durch 26 Abgänge nur 61 beträgt. Per 15. April hat die Karl-May-Gesellschaft damit 1974 Mitglieder. Also noch ein letzter Endspurt, damit wir unser Ziel erreichen.

Anfang März fand in Marbach am Neckar die angekündigte Tagung von Vorstand und Mitarbeiterkreis statt. Die Tagungsräume waren uns vom Deutschen Literaturarchiv unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden und ließen in Punkto technischer Ausstattung keine Wünsche offen. Auch die Betreuung durch die Mitarbeiter des Literaturarchivs war hervorragend. Dafür an dieser Stelle nochmals ein herzliches Dankeschön. Allen Unkenrufen im Vorfeld zum Trotz war es eine sehr harmonische und erfolgreiche Sitzung. Über Inhalte und Ergebnisse weiter hinten mehr.

Im Vorfeld der Marbacher Tagung war ich in Luzern und wollte vor Ort organisatorische Probleme der Tagung klären, die vom 21. bis 23. September 2001 stattfinden wird. Die Schweizer Freunde, insbesondere Elmar Elbs, hatten dieses erste Treffen sehr gut vorbereitet, so daß eigentlich nur noch die einzelnen Schauplätze angesehen und verschiedene Punkte des zeitlichen Ablaufes geklärt werden brauchten. Für diese gute Vorarbeit auch unseren Freunden in Luzern recht herzlichen Dank.

Weitere Einzelheiten zum Thema Luzern 2001 werden in den nächsten Nachrichten veröffentlicht. Vor allem werden unsere Schweizer Freunde Hinweise geben, wie man als deutscher Tourist in der Schweiz auch mit kleinem Geldbeutel durchaus überleben kann.

Meine nachträgliche Gratulation wiederum allen Geburtstagskindern der letzten drei Monate, darunter der Direktor des Karl-May-Museum, René Wagner (50), Hans Wollschläger (65) – eine Würdigung seiner Verdienste für die Karl-May-Forschung im allgemeinen und die Karl-May-Gesellschaft im speziellen ist in den Mitteilungen vom März nachzulesen – und Alfred E. Esslinger (70), langjähriges Mitglied des Kuratoriums der Karl-May-Stiftung.

Liebe Mitglieder, ich wünsche Ihnen allen einen sonnigen Sommer, allen Urlaubern einen schönen Urlaub und verbleibe bis zum September mit herzlichen Grüßen

Ihr Hans Grunert

Geschäftsführer

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Ehrung "auch für Karl May"!

Der Ehrenvorsitzende der KMG ist für sein umfangreiches wissenschaftliches Werk, das er ‘neben’ seiner Arbeit für die KMG geleistet hat, in den vergangenen Jahren wiederholt besonders ausgezeichnet worden. Wie man zugleich der bekannteste deutsche Strafrechtslehrer und der erfolgreichste ‘Manager’ einer großen literarischen Gesellschaft sein kann, erweckt bei Fachleuten und Laien Bewunderung.

Am 21. März erhielt Prof. Roxin seinen neunten juristischen Ehrendoktor von der Universität Lusíada in Lissabon. Bei der Würdigung seines Lebenswerkes, die bei derartigen Anlässen vorgenommen zu werden pflegt, wurde seine wissenschaftliche Beschäftigung mit Karl May besonders rühmend erwähnt!

Wir gratulieren herzlich!

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Frohe Stunden

Soeben erschienen!

Karl May MERHAMEH

Materialien aus dem Autographenarchiv der Karl-May-Gesellschaft

Als Supplementband der Autographica-Reihe (nicht im Abonnement enthalten!) ist in gleicher Ausstattung Karl Mays späte Erzählung ,,MERHAMEH" (1909) als faksimiliertes Manuskript erschienen. Zusätzlich enthält jede Seite eine Transkription des jeweiligen handschriftlichen Textes.

Umfang 49 Seiten, DIN A 4, geheftet.

Preis: 10,--DM zzgl. Versandkosten

Bestellungen nur an:

Ulrike Müller-Haarmann, Gothastr. 40, 53125 Bonn

Bestellungen der regulären Autographica-Bände nur bei Ekkehard Bartsch, Riihimäkistr. 32, 23795 Bad Segeberg.

Der langangekündigte und -erwartete Reprint des 2. Jahrgangs der Zeitschrift "FROHE STUNDEN" (1877/78) wird im Juni an alle Vorbesteller ausgeliefert.

Der Umfang beträgt 368 Seiten, davon 30 Seiten Einleitung mit 31 Bildern und Faksimiles sowie einer Bibliographie, Format DIN A 4. Die umfangreiche Einleitung unterrichtet erstmals ausführlich über die Geschichte des Verlages Radelli, diskutiert und belegt frühere als bisher angenommene Erscheinungsdaten der einzelnen Hefte.

Da May den größten Teil des Jahrgangs als Redakteur betreute, werden nicht nur seine neben dem Roman ,,Auf der See gefangen" zahlreichen eigenen Früherzählungen, die er in dieser Form später nicht mehr verwendete, als Erstdrucke reprintiert, sondern auch von ihm ausgewählte und bearbeitete Texte anderer Autoren sowie anonyme Beitrage, deren Verfasserschaft noch zu klären ist. Damit ist ein hochinteressanter Einblick in die Werkstatt des Dichters gegeben.

Der Reprint kann bis zum Erscheinen zum Preis von ca. 75,--DM, danach ca. 95,--DM (jeweils zzgl. Versandkosten) bestellt werden bei:

Heike & Reiner Pütz, Am Kelter 48, 53572 Unkel

oder der zentralen Bestelladresse!

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Ein raunender Beschwörer der Sprache

Diener vieler Herren: Der Schriftsteller und Ulysses-Übersetzer
Hans Wollschläger wird 65

Wer ihn lesen hört, fühlt sich unversehens der Gegenwart entrückt. Ein abgedunkelter Raum, am Tisch ein unmodern gekleideter, freundlicher Herr, der sich fast zu wenig wichtig nimmt. Doch mit dem ersten Wort beginnt aus dem Lesenden die Seele des Textes zu sprechen, ganz gleich, ob es eigene Worte sind oder die von Karl Kraus, Karl May oder James Joyce; hier macht sich einer unzeitgemäß zum Diener der Sprache als raunender Beschwörer ihres Geistes.

Doch Hans Wollschläger, der heute 65 Jahre alt wird, ist nicht nur ein begnadeter Rezitator und der kongeniale Übersetzer des "Ulysses" von James Joyce. Er ist auch seit 1962 freier Schriftsteller und Universalgelehrter. Als "überzeugter Autodidakt" erschloß sich der Sprachartist immer wieder neue Wissensgebiete wie Psychoanalyse, Geschichte, Tierschutz und Musikwissenschaft.

In Herford aufgewachsen, studierte er Musik in Detmold und wirkte dort eine Zeit als Organist. 1957 bis 1970 arbeitete er in Bamberg für den Karl-May-Verlag, wo er Material für die erste Biografie des Winnetou-Schöpfers sammelte und auch die historisch-kritische Ausgabe besorgte. Über den Volksschriftsteller ergab sich auch ein fruchtbares Geistesbündnis mit Arno Schmidt. Beide teilten eine rigorose, elitäre Literaturauffassung, die mit höchstens "465 eigentlichen Lesern" rechnet.

Seine wundervolle deutsche Neuschöpfung des "Ulysses" von James Joyce brachte ihm 1975 Ruhm und gewissen Wohlstand. Nun konnte er den ersten Band seines Romans überarbeiten und 1982 veröffentlichen: "Herzgewächse oder der Fall Adams". Die Kritik reagierte enthusiastisch auf die intellektuell waghalsige Variation des Faust-Stoffs. Musik prägt Klang und Komposition dieses wie auch vieler anderer Wollschläger-Texte. Äußerlich geht es um das Schicksal des nach Bamberg heimgekehrten Emigranten Michael Adams. Wichtiger aber ist die polyphone Komposition aus immer neuen Sinnschichten, die mit Hilfe der Typografie in einer Art Sprachpartitur lesbar werden. Die Fortsetzung des Fragment gebliebenen Projekts steht immer noch aus.

Seit zwei Jahren lebt Wollschläger in Oberfranken auf dem Land, der Ruhe wegen. Hoffentlich wird er hier die Muße finden, um für seine "eigentlichen Leser" an seinem Werk weiterzuarbeiten.

Rolf Bernhard Essig (Aus: Morgenpost, Berlin vom 17. März 2000)

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Karl-May-Radio-Splitter

notiert von Erwin Müller

Acht Stunden lang war der Jugendsender XXL des Hessischen Rundfunks (HR) am 26.127.12.1999 auf Karl Mays Spuren. Die Große Karl-May-Nacht von 22.00 bis 6.00 Uhr bot ein kunterbuntes Mix an Informationen, Interviews mit Ekkehard Fröde, Torsten Greis und Hans Grunert, Preisrätseln mit KMV-Büchern als Gewinnen, dem Hörspiel "Der Schatz im Silbersee" und Tonausschnitten aus Karl-May-Filmen, dazwischen mehr oder weniger gelungene Winnetou-Sketche und -Witze. Fazit: Leichte Kost für ein junges Publikum!

In einer einstündigen sonntäglichen Matinee im II. Hörfunkprogramm des Südwestrundfunks (SWR) wurde am 25.3.2000 eine unterhaltsame und faktenreiche Sendung zum Thema "Karl May und die Musik" geboten, die im wesentlichen auf dem kürzlich erschienenen gleichnamigen KMV-Buch von Hartmut Kühne und Christoph F. Lorenz beruhte. Eine sehr gut gemachte Sendung - informativ, aber nicht bierernst.

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Ist Karl May ein moderner Dichter?

Der Münchener Professor Werner Rother hielt am 23.2.00 einen Vortrag. Daran ist zunächst einmal interessant, dass es sich hier um einen Juristen handelt, der obige Frage stellt. Ausserdem war er einer der Festredner beim 15. Kongress im vorigen Jahr. Jetzt war der Hörsaal 133 der Ludwig-Maximilians-Universität Versammlungsstätte für etwa 60 Senioren, denn das ist auch interessant: Es gibt ein Studium mit Einschreibpflicht für Senioren mit Hochschulreife, um ihren Bedürfnissen nach wissenschaftlicher Information, geistiger Orientierung und aktiver Kooperation entgegenzukommen und so einen Beitrag zur sinnerfüllten Gestaltung ihrer späteren Lebensjahre zu leisten. Soweit der Text aus dem Vorlesungsverzeichnis, der aber auch Junioren anspricht, um sie zu einem Gespräch mit Senioren anzuregen. Es wäre schön, wenn jüngere May-Liebhaber die Alterspyramide innerhalb der KMG etwas verschieben würden, aber das ist ein anderes Thema. Hier zeigte der Redner ein Phänomen auf, das man häufig bei der Erwähnung zweier Namen mit M erziele: Ein glückliches, verklärtes Lächeln, und die Namen sind Mozart und May. Um die Frage zu beantworten: May ist nicht modern, seine Literatur ist verständlich, liebenswürdig, die Geschichten gehen immer gut aus, haben bürgerliches Flair usw. Vor etwa 133 Jahren war das anders, da war May sehr modern, und so geht die wissenschaftliche Differenzierung weiter, über Nietzsche mit seiner Forderung nach einem neuen Menschen und den Übermenschen, die man z.B. im Kino antrifft, wurden Termini wie Expressionismus, Neuromantik, Naturalismus, Surrealismus und Kubismus herangezogen, um Karl May im Lichte der modernen Zeit zu untersuchen. Professor Rother hat sein Kongress-Thema erweitert und behandelt nun auch das Frühwerk, das Alterswerk wird im Jahrbuch nachzulesen sein, eventuell wird auch die Erweiterung eine Drucklegung finden.

Hier ist nicht Platz, um die Argumente weiter zu verfolgen, die Senioren hatten jedenfalls zwei unterhaltsame Stunden, und mir persönlich ist mein May - ob modern oder nicht - immer noch lieb und wert. Häufig muss auch ich beim Lesen lächeln. Danke, Charlih.

dSch.

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März ... April ... May

So packt uns Karl May: In seinem Schatz im Silbersee, von dem jetzt Folge 3 und 4 erscheinen, erzählt er von Boys von der Art, die man nicht gern an Bord kommen sieht, von schwarzen Panthern und versoffenen Colonels. Das ist natürlich spannend, aber in erster Linie ist es unterhaltsam. Denn der Wildwest-Klassiker erzählt nicht nur gute Geschichten. Er versteht auch, mit Wiederholungen zu spielen, die Sprache zu Rhythmen zu reihen. Oder ist das die persönliche Leistung des Vorlesers Gert Westphal? Er liest sachlich, mit zügigem Tempo. Aber immer läßt er Luft für Ironie und die liebevolle Figurenzeichnung – mit einem kleinen Lispeln des Colonel oder der sonoren Gemütsruhe des Häuptlings. Aus dem Vorlesen wird im Nu ein Hörspiel. – So packt uns Gert Westphal.

[Karl May: Der Schatz im Silbersee. Gelesen von Gert Westphal. Folge 3.4. Deutsche Grammophon Wort, 2 CD/2 MC 463 948-2/4, 463 949-2/4.] (Aus: Klassik Akzente. Hrsg. von Universal Classics, Jazz und Family Entertainment, Hamburg, Heft 2, März/April 2000.)

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Dietrich Schober

Klaus Dill † (6.10.22 - 19.2.00)

Ein Freund ist von uns gegangen, der sich mit seinem Zeichenstift in unzähligen Bildern auf ganz eigene Art unvergeßlich gemacht hat. Sein letztes Werk war ‚Tecumseh‘, und diese Indianerfigur hat ihn mindestens so intensiv beschäftigt wie seinerzeit die Arbeit am Winnetou-Opus. In Waiblingen war die Ausstellung angesetzt vom 11.2. bis 16.4.00, zur Eröffnung konnte der Künstler schon nicht mehr erscheinen, er lag im Krankenhaus, wo man ihm zwar einen Tumor entfernte, wovon er aber nicht mehr gesundete. Man lese die Lebensdaten in M-KMG 114 auf Seiten 61 bis 64 im Interview nach, das er 1997 unserem Geschäftsführer Erwin Müller gab, damals war er 75 Jahre alt und steckte noch voller Pläne. Ich war kurz nach dem Erlangen-Kongreß Gast in seinem Haus in Glashütten im Taunus, dessen Kauf ihm der Erlös seiner Filmplakate ermöglicht hatte. Den Kalender mit Drucken seiner wichtigsten Plakate, unter anderem ‚12 Uhr mittags‘, erhielt ich zusammen mit einer Widmung, die nun neben einigen Karten an einen Künstler erinnern, der sich den Indianern zuwandte, als in Zürich die Karl-May-Ausgabe in 33 Bänden erscheint. Daß er sich den Kampf der Roten zum Thema machte, spricht für sein Einfühlungsvermögen in dramatische Situationen, und in seinen Bildern ist neben Action immer auch beschauliche Ruhe zu entdecken, vielleicht perspektivisch oft zu vordergründig, immer aber Zeugnis von prallem Leben. Es hat ihn bekümmert, daß ihm die ganz großen Erfolge versagt geblieben sind, immerhin war er der bekannteste Westernmaler Deutschlands und der ‚Deutsche Filmpreis 1997‘ war ihm die lang erwartete öffentliche Genugtuung.

Die Waiblinger Kreiszeitung bringt am 15.2.00, also kurz vor seinem Tode, einen langen Artikel zur Ausstellung, und der Redakteur Peter Schwarz findet sehr persönliche Worte zum Schluß: "Es ist eine erloschene Welt. Weil ich kein Kind mehr bin, weiß ich, daß eine Geschichte Tecumsehs, die von Stolz und Kampf und Edelmut und Abenteuer kündet, unvollständig ist. Später habe ich statt Karl May Dee Brown gelesen, ‚Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses‘. Der geniale Historiker dokumentiert die Geschichte der Indianerkriege als brutales Gemetzel, als systematischen Völkermord. Ich habe auch gelernt, Klischees zu mißtrauen - und deshalb weiß mein waches, erwachsenes Ich heute: Dills Gemälde sind wohl Edel-Kitsch, Edler-Wilder-Kitsch, all das ist keine Kunst, sondern bloß gut gemalt. Mein träumendes, den Abenteuern der Kindheit verfallenes Ich aber ist dank der Bilder Klaus Dills einen Moment lang fündig geworden auf der Suche nach der verlorenen Zeit".

Kunstwerke, die nicht das Herz berühren, sind von Anfang an tot, Dills Bilder hingegen leben weiter, weil wir in ihnen die vollständige Hingabe des Künstlerherzens spüren. Nicht großer Fluß, nicht verlorene Zeit, nur ein Grab in Glashütten, nur ein Gedenkstein für einen Indianerfreund.

dSch.

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Gretchenfrage

Michels Freunde (Freundeskreis der St. Michaelskirche in Hamburg) stellen die Gretchenfrage an Karl May (Goethe/ Faust I [Margarete zu Faust]: »Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?«) am 27. Juni 2000 im Herrensaal des "Michel". Die theologische Interpretation erfolgt durch Hauptpastor W. Kruse.

Mitgeteilt von René Senenko, Hamburg.

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Neuerscheinung

Nach dem erfolgreichen Start der Reihe "Materialien zum Werk Karl Mays" liegt nun der zweite Band vor (s. Angebotsliste):

Johannes Zeilinger: Autor in Fabula. Karl Mays Psychopathologie und die Bedeutung der Medizin in seinem Orientzyklus

Die zugrundeliegende medizinische Dissertation wurde vom Autor überarbeitet und erweitert. Bekannt geworden aus dieser Arbeit sind vor allem – auch durch den vielbeachtete Vortrag auf der Tagung in Hohenstein-Ernstthal – die Ausführungen zu Mays Behauptung, als Kind blind gewesen zu sein. Die Zurückweisung einer (weiteren) biographischen Legende war im Vorfeld sicher die aufsehenerregendste Hypothese der Dissertation und sprach manche Karl-May-Freunde stark emotional an. Darüber hinaus jedoch unternimmt Zeilinger eine Neuinterpretation der Psychopathographie Mays nach heute gültigen Diagnosekriterien und unterzieht die bisherigen Hypothesen (Pseudologia phantastica, narzißtische Neurose, hysterische Neurose etc.) einer kritischen Betrachtung, die medizinischen Laien das Verstehen dieser Hypothesen erleichtern kann.

Dem Autor gelingt es, das Verständnis für Mays oft schwierige Charakterzüge zu erweitern, mehr noch, er deutet die Psychopathie als eine entscheidende Ursache der künstlerischen Kreativität des Schriftstellers. Im zweiten Teil des Buches – überschrieben mit "Der heilende Held – Der kranke Held" – geht es nicht nur um Mays medizinische Kenntnisse, mit denen Kara Ben Nemsi im Orientzyklus ausgestattet wird, sondern auch um die Vernetzung von Mays Psychopathie mit dem literarischen Werk am Beispiel verschiedener Episoden des Orientzyklus, in denen der Protagonist als heilender wie kranker Held den Dualismus der Psyche seines Schöpfers, das Schwanken zwischen Mythomanie und Depression repräsentiert.

Dieses Buch, dessen Herstellung in der bewährten Hand des Hansa-Verlags, Husum, lag, ist ein wichtiger Forschungsbeitrag und fördert sicher eine hoffentlich fruchtbare – wahrscheinlich auch kontroverse – Diskussion über so manche feststehende Terminologie und Ausgangspunkte in der Karl-May-Forschung.

Ulrike Müller-Haarmann

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Sonderangebot Mitteilungen

Mittlerweile sind 124 Nummern der MITTEILUNGEN der Karl-May-Gesellschaft erschienen: eine stolze Zahl und damit für interessierte neue Mitglieder bei einem Kauf mit größerer finanzieller Belastung verbunden.

Wir haben uns deshalb entschlossen, bestimmte Nummern der Mitteilungen zeitlich befristet erheblich im Preis zu reduzieren.

Bei einem Kauf von mindestens fünf beliebigen Heften der Mitteilungen kosten folgende Nummern jeweils DM 1,00:

Nr. 52 bis Nr. 59; 71; 86 bis 91; 93 bis 102; 104 bis 118

Beilagen (u. a. die KMG-Nachrichten) werden, soweit vorhanden, mitgeliefert.

(Hinweis: die hier nicht genannten Nummern bis Nr. 103 gibt es zum größten Teil nur als – sehr gute – Kopie). Alle anderen Hefte kosten weiterhin DM 2,10.

Dieses Angebot ist befristet bis zum 31. Oktober 2000 (Ausnahme: diejenigen unserer neuen Mitglieder, die nach dem 31.10. eintreten, können das Sonderangebot noch bis zum 31. Dezember 2000 in Anspruch nehmen).

Preise wie üblich zzgl. Versandkosten. Das Angebot gilt nur für Mitglieder der Karl-May-Gesellschaft; eventuelle gewünschte größere Mengen einer einzelnen Nummer sollten vom Besteller bitte begründet werden.

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Helmut Schmiedt

Die Karl-May-Gesellschaft

Wir möchten den Leser heute mit dem Artikel unseres Vorstandsmitgliedes Helmut Schmiedt bekannt machen, den uns der Verfasser bereitwillig zur Verfügung stellte. Der Aufsatz wurde im Februarheft der angesehenen literaturdidaktischen Fachzeitschrift »Der Deutschunterricht; begründet von Robert Ulshöfer, vereinigt mit Diskussion Deutsch (Velber/Klett)« vorveröffentlicht. Da der Artikel vor über zwei Jahren geschrieben wurde, ist er zwar in einigen Punkten überholt, doch sind die neuen Daten insbesondere durch das im ersten Quartal erschienene Beiheft "Der Staffelstab" unseren Mitgliedern geläufig. Wichtig erscheint uns die Bereitschaft führender Fachverlage, für den Deutschunterricht objektives Material über den Autor und die KMG bereitzustellen.

Die 1969 gegründete Karl-May-Gesellschaft (KMG), die mit fast 2000 Mitgliedern zu den größten literarischen Vereinigungen in Deutschland zählt, unterscheidet sich auf mancherlei Weise von den meisten anderen Schriftsteller-Gesellschaften. Bedingt ist dies in erster Linie durch die außerordentliche, vielleicht einzigartige Popularität des Objekts ihrer Tätigkeit: Kein anderer deutschsprachiger Autor war über Jahrzehnte hinweg mit den Millionenauflagen seiner Bücher, aber auch mit Film- und Fernsehserien, Inszenierungen an Freilichtbühnen und vielen weiteren kommerziellen Unternehmungen im öffentlichen Bewusstsein derart präsent wie May. Das hat, was die personelle Zusammensetzung der KMG betrifft, zunächst einmal zur Folge, dass es keine herausragenden regionalen Schwerpunkte gibt: Ihre Mitglieder kommen zu annähernd gleichen Teilen aus allen Gebieten Deutschlands, abgesehen von einigen statistisch noch unterrepräsentierten ostdeutschen Bundesländern; auch das Ausland ist mit einigen Dutzend Mitgliedern vertreten. Ungewöhnlich erscheint die berufliche Struktur: Diejenigen, die professionell mit Literatur umgehen - als Lehrer, Hochschullehrer oder in ähnlicher Funktion -, spielen, anders als bei den meisten nichtregionalen Gesellschaften, in der KMG eine wichtige, aber keine dominierende Rolle; die Mitglieder entstammen vielmehr in breiter Streuung den verschiedensten beruflichen Zusammenhängen und sozialen Schichten. Bezeichnend wirkt die Zusammensetzung des gegenwärtigen Vorstands, dem neben dem Juristen Professor Dr. Claus Roxin (München), dem Vorsitzenden, und dem Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Helmut Schmiedt (Koblenz) fünf Mitarbeiter angehören, deren Tätigkeitsfelder nicht im akademischen Bereich liegen. Die Altersstruktur der KMG stimmt vorerst optimistisch: Die Gruppe der Zwanzig- bis Vierzigjährigen ist gut vertreten.

Die Kehrseite der großen Popularität Mays war lange Zeit die Missachtung, auf die er und sein Werk bei der akademischen Literaturwissenschaft und den ,Gebildeten’ überhaupt stießen. Der Ruf des ,Abenteuer-’, ,Unterhaltungs-’ und ,Jugendschriftstel1ers’ sowie die Aura des Skandalösen, die den einst als Hochstapler und Zuchthäusler entlarvten Autor umgab, trugen ihm zwar stets eine beträcht1iche publizistische Resonanz ein, aber kaum analytische Bemühungen seitens einer Literaturwissenschaft, die sich ganz und gar der Interpretation der fraglos großen Kunstwerke, der ,Höhenkammliteratur’, verschrieben hatte. Bis zur Gründung der Karl-May-Gesellschaft ließ sich die Zahl der May geltenden Dissertationen buchstäblich an den Fingern einer Hand abzählen; seither hat sie sich vervielfacht, renommierte Verlage widmen May Monographien und Sammelbände, und wenn sich das auch teilweise der Erweiterung des Literaturbegriffs und der generellen Umorientierung der Germanistik in den 6Oer Jahren verdankt, so wird man doch die Rolle der KMG in diesem Zusammenhang kaum überschätzen können: Sie hat sich als singuläres Zentrum der May-Forschung etabliert. Dieser Gedanke wird nicht zuletzt durch den Umstand belegt, dass auch zahlreiche Publikationen von Mitarbeitern der KMG herausgegeben, verfasst oder zumindest angeregt worden sind, die nicht unter ihrem Zeichen erschienen.

Das Spektrum der Untersuchungen, die die KMG in ihren eigenen Schriften veröffentlicht, ist außerordentlich breit; anders kann es nicht sein bei einem Autor, dessen Charakteristika man einmal mit dem schallenden Wort vom ersten deutschen ,Popstar’ umrissen hat, dessen Werk aber mittlerweile auch unter all jenen Aspekten untersucht worden ist, unter denen sich die Wissenschaft überhaupt mit vielschichtiger Literatur befaßt. So finden sich umfassende Studien zur Lebensgeschichte Mays und zum weltanschaulichen Gehalt seiner Texte; bibliographische Recherchen werden ergänzt durch strukturanalytische Bemühungen, man entdeckt nennenswerte Spuren der Aufklärung und der Romantik ebenso wie Traditionen des Bildungs- und Kriminalromans; Mays außerliterarische und literarische Wirkungsgeschichte wird ins Blickfeld gerückt, seine Quellen werden erschlossen, und auch die tiefenpsychologische Literaturforschung hat ihn als lohnendes Objekt erschlossen.

Das alles lässt sich nur vermitteln, weil die KMG eine Vielzahl von Publikationen anbietet. Ihr Aushängeschi1d ist seit 1970 das ,Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft’, begründet von Claus Roxin, seit 1993 herausgegeben von ihm, Helmut Schmiedt und Hans Wollschläger; die bis jetzt vorliegenden 29 Bände umfassen jeweils bis zu 400 Seiten. Häufiger erscheinen die nur intern verbreiteten vierteljähr1ichen ,Mitteilungen’ mit gegenwärtig etwa 70 und die ihnen beigegebenen ,KMG-Nachrichten’ mit 64 Seiten; hinzu kommen einige Sonderreihen, deren einzelne Veröffent1ichungen im Gegensatz zu ,Jahrbuch’ und ,Mitteilungen’ durchweg themengebunden sind. Alles in allem hat die KMG bisher rund 300 Bücher und Broschüren veröffentlicht. Noch nicht erfasst sind darin die zahlreichen Reprints authentischer May-Texte: May hat viele seiner Arbeiten in mehreren Fassungen erstellt, und es war von Anfang an das Bestreben der KMG, zumal die frühen Zeitschriftendrucke, die sonst kaum mehr greifbar sind, wieder zugänglich zu machen. Im Zuge dieser Bemühungen sind sogar Texte entdeckt und gesichert worden, die man für unwiederbringlich verloren gehalten hatte. Mit einigen Dutzend Publikationen ist dieses Programm inzwischen weitgehend abgeschlossen, etliche Bände liegen bereits in zweiter Auflage vor; besonders hervorzuheben sind die Reprints aus dem ,Deutschen Hausschatz’ (11 Bände) und dem ,Guten Kameraden’ (7 Bände), zwei Zeitschriften, die von Mays Fabulierkunst in hohem Maße profitierten und umgekehrt ihm den Weg zum Erfolgsschriftsteller ebneten.

Alle zwei Jahre finden satzungsgemäß die Mitgliederversammlungen der KMG statt (die nächste im Herbst 1999: in Mays Geburtsstadt Hohenstein-Ernstthal), alle vier Jahre wird ein neuer Vorstand gewählt. Regionale Zusammenkünfte sind in der Satzung nicht vorgesehen, haben sich aber in verschiedenen Gebieten eingebürgert. Mindestens einmal im Jahr treffen sich an wechselnden Orten der Vorstand und eine Gruppe von etwa vierzig besonders aktiven Mitarbeitern, um über den Fortgang der Arbeit zu beraten. Großer Wert wird dabei auf konstruktive Beziehungen zu anderen Institutionen gelegt, die sich mit May beschäftigen: den Gedenkstätten in Radebeul und Hohenstein-Ernstthal, den Karl-May-,Freundeskreisen’, die sich noch zu DDR-Zeiten in einigen Städten Ostdeutschlands gebildet haben, sowie dem in Bamberg und Radebeul ansässigen Karl-May-Verlag. Mithilfe dieser - besonders im Fall des Verlags manchmal auch etwas heiklen - Zusammenarbeit werden gelegentlich Materialien erschlossen, deren Auswertung unter biographischen, bibliographischen oder philologischen Aspekten großen Ertrag verspricht.

Von besonderer Art sind die finanziellen Verhältnisse der KMG. Der gegenwärtige Jahresbeitrag für die Mitglieder liegt bei 50 DM; die daraus resultierende Summe reicht aber kaum dazu aus, auch nur die Publikationen zu finanzieren, die jedem Mitglied nach der Satzung zustehen: das Jahrbuch und die vierteljährliche Sendung. Um so wichtiger ist das Spendenaufkommen, das erst die Durchführung der Veranstaltungen und die Veröffentlichung nicht kostendeckend verkaufter Schriften ermöglicht, und die Ergiebigkeit der Spenden wirkt in der Tat selbst auf Eingeweihte immer wieder sensationell: Die jährliche Spendensumme bewegt sich neuerdings gelegentlich in der Nahe von 50.000 DM. Dabei ist zu bedenken, dass alle KMG-Mitglieder ihre Arbeit ehrenamtlich leisten, sodass die Gelder unmittelbar den verschiedenen Projekten zugute kommen. Dies ist um so wichtiger, als es weitere regelmäßige Geldquellen für die KMG nicht gibt. Nur in Ausnahmefällen hat sie von dritter Seite Zuschüsse erhalten, etwa von Städten, in denen sie ihre Tagungen durchführte, oder von der Arbeitsgemeinschaft literarischer Gesellschaften zur Unterstützung eines Symposions, das 1992 gemeinsam mit dem Germanistischen Seminar der Universität Bonn durchgeführt wurde.

Es war stets die Absicht der KMG, das Phänomen Karl May mit seinen vielen Facetten als ein der wissenschaftlich-analytischen Beschäftigung bedürftiges und für sie ergiebiges Thema auszuweisen und im öffentlichen Bewusstsein zu verankern; dieses Ziel scheint sie zumindest teilweise in dem Rahmen erreicht zu haben, in dem solche Bemühungen überhaupt Erfolg haben können. Möglich geworden ist das nur aufgrund der besonders engen Beziehungen auch affektiver Art, die zwischen Karl May und seinen Lesern bestehen: Das immense Engagement so vieler Mitglieder der KMG käme gewiss nicht zustande, läge ihm allein die vom Verstand getragene Hochschätzung Mays als eines lohnenden Forschungsobjekts zugrunde. Unter diesem Vorzeichen ist gelegentlich der Vorwurf erhoben worden, die KMG verschreibe sich gar zu sehr apologetischen Tendenzen und verkläre ihr Objekt - das sich dazu nun wirklich nicht eigne - zum Idol. Er mag nicht ganz und gar und in jeder Hinsicht abwegig sein, aber die Lektüre der verschiedenen Publikationen wird davon überzeugen, dass diese Neigung die Erkenntnisleistungen der KMG-Arbeit allenfalls am Rande beeinträchtigt; im Übrigen ist gerade zu manchen dunklen Punkten des Untersuchungsobjekts, etwa zu Mays kriminellen Verfehlungen, erst durch KMG-Beiträge Klarheit geschaffen worden, und generell stände es um das Wissen und die Diskussionen zum Phänomen May erheblich schlechter, wäre die Gesellschaft nicht seit rund drei Jahrzehnten aktiv. Darüber hinaus leistet die KMG etwas, das sich in unserem literarischen Lehen kaum einmal beobachten lässt: Die emotionale Bindung an den Forschungsgegenstand veranlasst viele Mitglieder, die solchen Ambitionen sonst durchaus fernstehen, zur - wenigstens rezeptiven - Teilhabe an wissenschaftlichen Bemühungen; insofern wird hier auch Bildungsarbeit im übergreifenden Sinne geleistet.

 

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Billy- Jenkins-Ausstellung
und Erinnerungsabend in Hohenstein-Ernstthal

Am 24. Februar 2000 wurde in Hohen-stein-Ernstthal als Sonderausstellung des Karl-May-Hauses im Jugendstilsaal "Kästle" neben dem Gasthof "Stadt Chemnitz" eine Billy-Jenkins-Ausstellung veranstaltet. Die Vernissage wurde von Wolfgang Hallmann, André Neubert und Michael Zaremba eröffnet, dessen "Billy-Jenkins-Sammlung Reinickendorf" den Grundstock der Ausstellung bildet. Neben Original-Chaps, einer Perlenweste, antiquarischen Büchern mit Original-Widmungen und einer Peitsche fiel vor allem eine Longhorn-Sitzmöbelgruppe aus dem ehemaligen Besitz von Jenkins auf. Ein handgeschriebener, zwölfseitiger Originalbrief, ein Autograph von 1920, viele andere Exponate sowie bisher unveröffentlichte Privatfotos von Jenkins, seinen Eltern und Verwandten waren ne-ben den dreißig Tafeln, die den Lebens-weg des Artisten nachzeichnen, Höhe-punkte, auf die Organisator Zaremba in einer Sonderführung hinwies. Ein Team des Mitteldeutschen Rundfunks sowie diverse Presseleute waren anwesend.

Im Ratssaal von Hohenstein-Ernstthal folgte ein Jenkins Erinnerungsabend mit zugleich deutschlandweiter Buchpremiere der Biographie von Michael Zaremba "Billy Jenkins – Mensch und Legende. Ein Artistenleben. Hansa-Verlag, Husum". Das Buch enthält noch nie veröffentlichtes Bildmaterial und Informationen über Jenkins. Bürgermeister Homilius begrüßte Gäste, die aus Bayern, Berlin, Branden-burg, Hessen und Sachsen anreisten. Der Hohenstein-Ernstthaler Indianerverein "Kalumet" erschien in Indianertracht, die Anwesenden genossen Karl-May-Brot und –Wein. Von der Karl-May-Gesell-schaft waren unter anderem Geschäfts-führer Hans Grunert, der Leiter des May-Museums Radebeul, René Wagner, Pressebeauftragter Dietrich Schober und als Vertreter des Karl-May-Verlages Falk Klinnert anwesend.

Bürgermeister Homilius erinnerte sich in den Begrüßungsworten an seine eigenen Jenkins-Lese-Erlebnisse und zeigte sich gespannt auf neue Einsichten über das Leben des Artisten. Buchautor Michael Zaremba aus Berlin-Reinickendorf schil-derte in einem lebhaft vorgetragenen Re-ferat die wichtigsten Aspekte von Jenkins’ Existenz und wies auf dessen Bezug zu Sachsen hin. Anschließend sprach Zeitzeuge und Artistengeschichtler Jonny Markschiess-van Trix aus Berlin-Mitte über seine persönliche Begegnung mit dem Künstler, der schließlich selbst an-hand eines Radio-Interviews von 1951 zu Wort kam. Überraschungsgäste waren das Lassotrick-Duo "Hat and Eve" aus Frei-berg, die zu Western-Musik eine fantasti-sche Lasso-Show boten. Erinnerungs-abend und Vernissage wurden von einem Kamerateam gefilmt, das für einen Do-kumentarfilm über Jenkins recherchiert. Anschließend signierte der Autor sein Buch und diskutierte mit Interessierten. Der Abend klang in gemütlicher Runde im Restaurant "Drei Schwanen" aus. (Mitgeteilt von Michael Zaremba, Berlin)

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Indianer Nordamerikas

Im Völkerkundemuseum Berlin-Dahlem wird die größte Indianer-Ausstellung präsentiert, die je zu sehen war. Die Berliner Nordamerika-Sammlung umfaßt nahezu 30 000 Objekte und besteht aus 220 großen und kleinen Einzelsammlungen. Der Sammlung wie dem äußerst attraktiven und informativen Katalog vorangestellt ist ein Prolog auf die Klischeevorstellung, die in der Öffentlichkeit vom Indianer noch heute weitgehend herrscht. Hier wird in erster Linie Karl May beansprucht, der mit Winnetou und seinen tausend anderen Indianern die Bilder geprägt hat, die in Europa vom Roten Mann entstanden. Dr. Peter Bolz, Kustos und Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachreferat Amerikanische Ethnologie des Museums, hat seinen Karl May gut gelesen und hat den Prolog verfaßt, den wir an anderer Stelle abdrucken, voraussichtlich in M-KMG 126. Auf die eingehenden Besprechungen der Ausstellung in KMG-N 123 sei hier noch einmal hingewiesen. Ausstellung und Katalog sind sehenswert.

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Patty Frank in Radebeul

Der Freundeskreis Karl-May-Museum trifft sich regelmäßig zu Vorträgen im Blockhaus, wozu auch Gäste jederzeit willkommen sind. Am 8. April 2000 galt das Treffen dem Mann, dessen Leben über drei Jahrzehnte ‚im Banne Karl Mays‘ stand. Seine eigene kleine Schrift von 1937 aus dem Druckhaus Kupky&Dietze in Radebeul-Dresden läßt nur erahnen, was für ein prächtiger Mensch dieser Ernst Tobis war, wie er wirklich hieß. Im Karl-May-Verlag erschien 1998 ein dickeres Buch und zeigt ausführlich die Spuren eines ungewöhnlichen Lebens. Der Verfasser Wolfgang Seifert hat den ehemaligen Hüter der Villa Bärenfett noch gekannt und besitzt umfangreiche persönliche Korrespondenz, hat jahrelang intensivst recherchiert und legt eine Biographie vor, die den Artisten, Indianerfreund und Mitbegründer des ‚Indianermuseums‘ gleichermassen liebevoll beleuchtet. In heimeliger Atmosphäre ganz nahe bei ihm versammelten sich nun Männer und Frauen, die gebannt den Worten des Buchautors lauschten und einer Persönlichkeit Reverenz erwiesen, die sich vom Fieber Karl May unheilbar infizieren ließ. Der Berliner machte in wechselnden Dialekten den Bayer Frank lebendig. Viele Dias, teilweise im Buch zu sehen, aber auch seltene Aufnahmen aus privatem Besitz, zeigten Frank/Tobis von Kindesbeinen bis hin zum Pferdebild, das die Titelseite des Buches ziert. Der Kustos sprach damals etwa so: ‚Nun sitze ich nach 38 Jahren mal wieder auf einem Pferd‘. Das Buch sei jedem empfohlen, der sich gleicherweise, wenn auch nicht so konsequent dem großen sächsischen Fabulierer und seinem Verehrer verbunden fühlt. dSch.

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Wo Karl May lebte und wirkte

Die Freie Presse in Hohenstein-Ernstthal ist - wie wir bei unserem Kongreß wohltuend bemerkten - Karl May besonders zugetan. Der Redaktionsleiter Stefan Stolp und sein Team haben erkannt, daß Karl May für Stadt und Region neben dem Sachsenring das wichtigste Zugpferd ist und erfreuen die KMG durch intensive Berichterstattung. Im Februar lief eine Fotoserie mit täglich wechselnden Motiven von Häusern, die mit Leben und Wirken von Karl May zu tun haben. Der Fotograf Andreas Kretschel, beraten von Ekkehard Fröde, wird - so ist geplant - die hübschen Aufnahmen in einem separaten kleinen Bändchen veröffentlichen.

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Der Sieg über den Panther

Karl May und Nietzsche

Am 22.2.00 sprach Prof. Dr. Hans-Rüdiger Schwab (Münster) in der Seidlvilla in München über Karl Mays Auseinandersetzung mit Nietzsche. Das Nietzsche-Forum München hatte mit diesem Text eingeladen: Sie sind nur zwei Jahre auseinander, stammen beide aus Sachsen und stiegen um 1900 zu Mega-Identifikationsfiguren auf, deren Ausstrahlung bis in die Gegenwart reicht. Daß es zu direkten Wechselbezügen zwischen dem "abenteuernden Träumer" und dem "Philosophen mit dem Hammer" gekommen sein könnte, erscheint zunächst unwahrscheinlich. Und doch hat sich ausgerechnet May intensiv für das Denken "eines der größten Weltweisen aus Dschermanistan" interessiert. Im Subtext seiner späten Werke, mit denen er den Weg "Empor ins Reich der Edelmenschen" weisen wollte, kommt dem Landsmann eine gewichtige Rolle zu. Mit diesem weithin unbekannten Kapitel der frühen Nietzsche-Rezeption beschäftigt sich der Vortrag. -

Zunächst - was ist das Nietzsche-Forum? Es ist eine kulturphilosophische Einrichtung, die in München eine lange Tradition hat. Im Jahre 1919 gründete Dr. Friedrich Würzbach die Nietzsche-Gesellschaft e.V., bei der als Vorstandsmitglieder u.a. Thomas Mann und Hugo von Hoffmannsthal fungierten. Von der Gestapo wurde sie 1943 verboten und nach dem Tode von Würzbach 1964 aufgelöst, aber von Dr. Michael Schweiger bald wieder ins Leben gerufen. Ab 1969 (dem Gründungsjahr der KMG) wurde sie von Albert Kropf unter dem Namen Nietzsche-Kreis weitergeführt; zur Feier des 80. Gründungsjubiläum am 29. November 1999 wurde der "Kreis" umbenannt in ‚Nietzsche-Forum - Denken mit Friedrich Nietzsche‘. Ehrenpräsident ist Prof. Dr. hc Heinz Friedrich, Initiator der Kritischen Studienausgabe im Deutschen Taschenbuchverlag; es gibt einen Beirat, bei dem unter vielen anderen namhaften Persönlichkeiten auch Hans-Rüdiger Schwab aufgeführt wird. Interessenten an diesem Forum wenden sich an die verantwortliche Leiterin Frau Dr. Beatrix Vogel, Tel. 08024-1453 oder beatrix.vogel@t-online.de Das Nietzsche-Forum wendet sich an das breite Publikum geistig Interessierter wie an Fachkreise und stellt sich die Aufgabe, einen differenzierten Diskurs auch sehr unterschiedlicher Auffassungen zu ermöglichen und zum Dialog zu ermutigen. -

Um es gleich vorneweg zu sagen: Nietzsche hat wohl von Karl May nichts gewußt, jedenfalls gibt es keine Hinweise in seinen Büchern. Wohl aber kannte Karl May seinen sächsischen Landsmann, in seinem Bücherregal befinden sich 16 Bücher von und über Nietzsche (Katalog der Bibliothek in der HKA auf Seite 57 und 58), und hat seine Gedanken intensiv genutzt, das machte der Vortrag deutlich, Schwab hat seinen Karl May gründlich gelesen. Er studierte Germanistik und katholische Theologie, war zeitweise als Dramaturg in Zürich tätig und über fünf Jahre Leiter der Kulturabteilung im Bayerischen Fernsehen, bevor er 1995 einen Ruf an die Universität Münster erhielt. Zur Zeit bereitet er ein Büchlein für den Insel-Verlag vor: Karl May für Gestreßte, und das war Anlaß, sich intensiver mit diesem Autor zu befassen. Im Silbersee oder anderen Frühwerken sucht man vergeblich nach Querverweisen auf Nietzsche, im sogenannten Spätwerk sind die Spuren unübersehbar, z.B. lese man im Silberlöwen III auf Seiten 480 bis 484 nach, wenn es um die tönende Weltidee geht, nur hat das bisher offenbar noch niemand erschlossen. Der Vortragende brachte eine immense Fülle von eindeutigen Hinweisen, daß Karl May seinen Nietzsche nicht nur kannte, sondern auch verarbeitet hat. Beider Ziele waren ähnlich, hinauf ins Reich der Edelmenschen. -

Prof. Dr. Schwab arbeitet noch an seinem Manuskript, bis Mitte 2000 ist das druckreif und wird nachzulesen sein. Für die Karl-May-Forschung wäre es meines Erachtens eine notwendige Bereicherung.

dSch.

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Lubbock 2000

Große Ereignisse werfen ihren Schatten voraus. Im September findet in Lubbock das große Karl-May-Symposium statt, zu dem sich auch Mitglieder der Karl-May-Gesellschaft gemeldet haben, als Dozenten und als Zuhörer. Der Vorsitzende der Gesellschaft, Professor Dr. Reinhold Wolff, befindet sich momentan schon als Gastdozent der Texas Tech University in Lubbock, um mit Professor McClain das große Event vorzubereiten. Zum Auftakt wurden an vier Diensttagen im April hintereinander eintrittsfrei Karl-May-Filme gezeigt, und zwar <Winnetou> auf Englisch, <Der Schatz im Silbersee>, <Unter Geiern> und <Winnetou und Old Shatterhand im Tal des Todes> auf Deutsch. Mrs. McClain meint, die Filme seien so faszinierend, daß man der Handlung auch ohne Deutschkenntnisse folgen könne und den Zuschauern einen Eindruck von Karl Mays Vorstellungen des Wilden Westens vermittele.

In der Septemberausgabe 1999 der Zeitschrift ,Cowboy & Indian’ schreibt Steve Lewis einen Artikel <Wer ist Karl May? Ich sage Euch, er ist einer der wenigen Europäer, der etwas über Santa Fe weiß, und der Grund, daß wir so viele Touristen aus Übersee bei uns haben. Karl Mays Geschichten über den Llano Estacado hält heute noch einen Verkaufsrekord. Ein großer Teil seiner Popularität wurde durch die in den 60er Jahren gedrehten Filme neu angefacht. Sie wurden in Jugoslawien hergestellt, wo die Natur den Plains und Mountains unserer Region ähnlich sind. Etwas merkwürdig mutet es an, wenn man den amerikanischen Schauspieler, der den deutschen Helden Old Shatterhand spielt, deutsch reden hört. Der Indianer <Winnetou> wird von dem Franzosen Pierre Brice dargestellt, und wenn man näher hinschaut, sieht man, daß die Apachen, die über die Plains reiten, Kroaten sind.>

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SCHWEIZER-KARL-MAY FREUNDE

INFO 3-

100 Jahre Karl May auf der Rigi

Liebe Karl-May-Mitglieder in aller Welt

Luzern ist eine zauberhafte Stadt, eingebettet in eine herrliche Landschaft, umgeben von Bergen, gelegen am Vierwaldstättersee. Gegründet im 8. Jh., zur Stadt erhoben 1178, birgt sie eine Fülle von alten und neuen Kulturdenkmälern im Schutze einer mittelalterlichen Stadtmauer von 1408. Weltberühmt ist der Wasserturm, erbaut 1330, mit der gedeckten Kapellbrücke. In Gotik, Renaissance und Barock verschmelzen hier Süden und Norden miteinander. Seit einem Jahr zählt auch der neue Kongresshausbau zur Superlative des modernen Bauens. Seit 170 Jahren ist Luzern Tourismusstadt der Weltvölker.-

Weitere Sehenswürdigkeiten, die zu längerem Bleiben zum Spezialhoteltarif anregen:

das Richard-Wagner-Museum auf Tribschen, die grandiosen Hotelbauten des 19. Jahrhunderts, das monumentale Löwendenkmal beim Gletschergarten, das weltgrösste Rundpanorama von 1881, eine pittoreske Altstadt mit hübschen Brunnen und stillen Lauben an der Reuss, ein italianisierender, dreistöckiger Palast-Innenhof gleich neben der ersten Barockkirche der Schweiz, die grösste Renaissance-Kirche nördlich der Alpen mit mächtiger Orgel und weitere Kirchenbauten verschiedenster Konfessionen. Ebenso breit gefächert ist das Museumsangebot mit dem exklusiven Picassomuseum, dem vielseitigsten Verkehrsmuseum Europas (mit IMAX, Zeiss-Planetarium und angegliedertem Hans-Erni-Kunstmuseum) sowie einem interessanten historischen und naturhistorischen Museum.

Nur eine Auto- oder Zugsstunde entfernt liegen der grosse Wallfahrtsort Einsiedeln, wo auch Karl Mays Kalendergeschichten publiziert wurden, die faszinierende Bergwelt der Innerschweizer Alpen, aber auch viele historische Kleinstädte neben so grossen kunst- und kulturträchtigen wie Zürich, Basel und Bern, wo sich kostbare Bibliotheken, Kunstmuseen und erlesenste Impressionisten-Kunstsammlungen befinden. E. Elbs

 

Veranstaltungshinweis des Schweizer-Karl-May-Freundeskreises:

Zum Besuch des Erzgebirgischen Spielzeugmuseums im grenznahen baslelandschaftlichen Liestal, am Samstag, 1. Juli 2000, ab 13.Uhr und Wanderung zum Kentucky-Saloon in Pratten sind auch die Karl-May-Freunde und Freundinnen (sofern es diese gibt) aus dem nahen Badischen und Freiburgischen ganz herzlich eingeladen. Anmeldung an Markus Rudin, Colmarerstr. 49, 4055 Basel, Tel 061 381 39 17

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Ladislav Nestrašil

Winnetou in der Tschechischen Republik

Am 30. 3. 2000 waren es schon 88 Jahre seit dem Tod des großen deutschen Schriftstellers Karl May. Während der Jahrzehnte dauernden Totalität waren wir dankbar für einige wenige Filme, die die politische Kommission bewilligte. Zur Zeit kommt es in der Tschechischen Republik zu einer paradoxen Erscheinung. Die Lizenz für den Verkauf und den Verleih des Karl-May-Werkes erwarb Anfang der 90er Jahre die Firma Densy Home Video aus Usti nad Labem, deren Monopol aber am 31. 12. 1998 endete. [ ... ] Sämtliche Videokassetten mit Winnetou-Thematik sind von allen tschechischen Geschäften und Videotheken verschwunden. Es wurde kein neuer Distributor gefunden, der imstande wäre, das jetzige große Interesse zu befriedigen. [ ... ] Der Zauber der Karl-May-Bücher ist aber nicht vergangen, im Gegenteil! [ ... ] Durch meine private Befragung in verschiedenen Geschäften in Brünn wurde mein Eindruck bestätigt, daß diese Bücher nicht mehr im Handel sind. In einer großen Buchhandlung wurde mir mitgeteilt, daß der Bedarf an K.-May-Literatur besteht, jedoch in Tschechien kein Lieferant bekannt ist. Unser Fernsehsender Nova hat kürzlich Filme basierend auf Karl-May-Erzählungen ausgestrahlt und damit offensichtlich Nachfrage geweckt. [ ... ] Erwähnenswert ist, daß die Synchronisation dieser Filme mehr als befriedigend ist. Die tschechischen Schauspieler Fischer und Rasz haben für die Synchronisation ihre Stimmen mit Freude und Begeisterung eingesetzt. Obwohl im Archiv des tschechischen Rundfunks genügend Material betreffend unseren Schriftsteller lagert, wird leider von dieser Seite keine Initiative gezeigt. [...] Wir hoffen und erwarten, daß die tschechischen Rundfunksender sich in gleichem Maße mit Karl May beschäftigen wie kürzlich unser Fernsehsender Nova. Für Menschen mit jungem Herzen bleibt K. May mit seinen Stories immer aktuell und liebenswert. [ ... ] (Text gekürzt.)

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Mit Karl May in Nigeria

Prof. Willfried F. Feuser (*1926), ein großer Karl-May-Kenner und –Verehrer, ist am 26.2.2000 in seiner Wahlheimat Nigeria gestorben, wo er von 1968-1992 an den Universitäten Ibadan und Port Harcourt Französich und Vergleichende Literaturwissenschaften lehrte.

In einem toleranten katholischen Elternhaus dicht hinter dem "Westwall" aufgewachsen, bestand der kindliche Lesestoff in Abenteuerliteratur und den "grünen Bänden", deren Inhalt in Indianerspielen ausgelebt wurde, bis der Krieg die Kinderzeit unsanft mit dem Einsatz als Flakhelfer beendete. Nach dem Krieg folgten Abitur und Universitätsstudium in Würzburg, aus dem ein Stipendium in den USA hervorging.

Vielleicht hatte die Lektüre Karl Mays den Keim gelegt für sein Interesse an den Problemen unterdrückter und rassischer Minderheiten, hier in Amerika lernte er sie auf Anhaltertouren kreuz und quer durch das Land aus eigener Anschauung kennen. Auch seine Doktorarbeit in Deutschland hatte amerikanische Negerschriftsteller der Gegenwart zum Thema. Nach mehreren Zwischenstationen, u.a. an der Universität Glasgow, schlug er ein Lektorat für Deutsch in Cambridge aus und half dafür beim Aufbau der Universitäten Ibadan und Ife in Nigeria, von 1977 bis 1992 lehrte er in Port Harcourt.

Hier schloß sich auch der Kreis mit Karl May; denn auf dem 9. Kongress der ›International Comparative Literature Association‹ in Innsbruck 1979 hielt Feuser einen viel beachteten Vortrag über "Rassische Stereotypen im Roman, betrachtet am Falle Karl Mays" (Abgedruckt in: Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft. Sonderh. 53: Proceedings ... 4. Die Entwicklung des Romans. Innsbruck 1982, S. 471-476.) Im Literaturbericht des JbKMG 1984 (S. 252f) hat ihn Prof. Helmut Schmiedt mit einer sehr positiven Besprechung gewürdigt. Feuser hat hier sehr komprimiert und mit vielen Zitaten bei May eine »unsystematische rassische Typenlehre« vorgeführt, die einerseits mit grober klischeehafter Verallgemeinerung zu harten Vorurteilen führt. (›Ein Jude überlistet einen Christen; ein Yankee betrügt fünfzig Juden; ein Armenier aber ist hundert Yankees gewachsen; so sagt man, und ich habe gefunden, daß dies zwar übertrieben ausgedrückt ist, aber doch auf Wahrheit beruht‹. Auf fremden Pfaden, S. 299/300. Leider konnte Feuser nur Bamberger Ausgaben für seine Recherchen benutzen. Die Fehsenfelder-Zitate weichen z.T. in Titel, Textfassung und Seitenzählung ab, hier S. 394/95.) Andererseits aber findet man ebenso viele Stellen in Mays Werken, in denen diese Vorurteile sofort relativiert oder zurückgenommen werden, wie die Darstellung der Chinesen in ›Und Friede auf Erden‹ oder »...seine bedingungslose Ablehnung der Sklaverei ein Beispiel von Toleranz [bietet], das in der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts sonst selten erreicht wird.« (S. 474) Die »Abkehrung vom ›malignant stereotype‹ einer Gruppe ist kennzeichnend für das reifere Werk Karl Mays. [ ... ] Im ›Reich des Edelmenschen‹, das er erträumte, war kein Platz für trennende Unterschiede der Hautfarbe, Rasse oder Religion« (S. 475). –sSe. Mitgeteilt von Matthias Feuser, Ratingen.

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"Der Waldläufer" - Heroische Oper in drei Akten

Der Hörfunk WDR 3 brachte am 1.April um 12:20 eine 40-minütige Sendung über Engelbert Humperdincks legendäre Karl-May-Vertonung, angeblich neu entdeckt. Ein Aprilscherz? Selbstverständlich! Wer das Buch "Karl May und die Musik" von H.Kühne/Ch.F.Lorenz besitzt, schaut vergeblich unter allen Stichworten nach, der WDR hatte sich einen wohldurchdachten und aufwendig in Szene gesetzten Scherz erlaubt. Aus der Sendung sei hier zitiert:

Unter den zu Unrecht vergessenen Opern nimmt Engelbert Humperdincks "Der Waldläufer" zweifellos einen Ehren- und Sonderplatz ein. Kühn visierte das Werk künstlerisches Neuland und sah sich durch einen Welterfolg, noch dazu aus eigener Feder des Komponisten, um alle Zukunft gebracht. Was auf den "Waldläufer" folgte, war der Rückfall ins Märchen....Wie nur ist der eher etwas hausbacken wirkende Vollbartträger Humperdinck, der Mann mit dem Gelehrtenkopf, auf ausgerechnet dieses Thema gekommen? Was hat ihn aus den deutschen Märchenwäldern in die amerikanische Savanne gelockt? Ganz einfach - er ist blauäugig und heißblütig den Spuren Winnetous und seines Freundes Old Shatterhand gefolgt.

Wir verlassen nun wieder das Reich des Märchens und stellen erstaunt fest, daß noch heute Karl May - wenn er nicht selbst als Fabulierer und Lügenbold auftritt - zu manchen Jux herhält, den andere mit seinem Namen machen. Uns KMG-ler könnte der WDR nicht so leicht in den April schicken, oder? In Hohenstein-Ernstthal wurde Pressemeldungen vom gleichen Tage zufolge angeblich im alten Erzbunker am Lampertusschacht ein silberhaltiger Klumpen gefunden, der für die Herstellung von etwa 30 Medaillen reichen würde, wer also heute noch in der Karl-May-Oase bei Ekkehard Fröde anruft, könnte usw. Natürlich auch nur ein Scherz, wie die Freie Presse am 3.April vergnügt zugab. Charlih hätte seine helle Freude daran gehabt.

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Erwin Müller

Billy Jenkins: Glanz und Elend eines Artistenlebens

Zur neuen Biographie von Michael Zaremba

Als vor zwei Jahren ein Sonderheft der Karl-May-Gesellschaft von Michael Zaremba über "Billy Jenkins - Besichtigung eines Mythos" (Nr. 115/1998) erschien, das nur marginal mit Karl May zu tun hatte, erwies sich diese Publikation unerwartet als ein Verkaufsschlager, der in kürzester Zeit vergriffen war. Damit wurde eine Lawine ausgelöst, die den Autor unter sich zu begraben drohte: Zeitzeugen, Freunde und Weggefährten von Billy Jenkins meldeten sich, in der Berliner Humboldt-Bibliothek wurde eine erfolgreiche Ausstellung über den legendären Westerndarsteller und Titelhelden spannender Romanserien gezeigt, Filmproduzenten und Verlage bekundeten ihr Interesse an diesem Thema, Vorträge mußten gehalten werden, Sammler boten Autographen und Erinnerungsstücke aus dem Leben des Artisten an, und schließlich richtete das Kulturamt des Berliner Bezirks Reinickendorf eine von Michael Zaremba ehrenamtlich betreute Billy-Jenkins-Sammlung im Stadtteil Konradshöhe ein, wo der selbsternannte "König der Cowboys" jahrzehntelang auf seiner Billy-Jenkins-Farm gelebt hatte.

Die Fülle des auf diese Weise angefallenen Materials sowie zahlreiche neue Forschungsergebnisse über das abenteuerliche Leben von Billy Jenkins machten es aber schon bald erforderlich, der schmalen Broschüre eine ausführlichere, noch gründlicher recherchierte und wesentlich besser dokumentierte und illustrierte Biographie in Buchform folgen zu lassen, die jetzt in Hansa-Verlag, dem Hausverlag unserer Gesellschaft, erschienen ist.

Das schön ausgestattete Buch basiert nach Struktur und Inhalt zwar auf dem damaligen KMG-Sonderheft, bringt aber so viele neue Aspekte und zusätzliche Informationen, daß sich der Kauf und die Lektüre auf jeden Fall lohnen. Zudem räumt der Verfasser nun endgültig mit einigen sich hartnäckig gehaltenen Legenden auf (z.B. Frühreisen in exotische Länder à la Karl May) , die er zwei Jahre zuvor noch im Bereich des Möglichen gesehen hatte. So entsteht vor dem geistigen Auge des Lesers das reale und glaubwürdige Bild einer bizarren und vielschichtigen Persönlichkeit, der es nahezu perfekt gelungen ist, die kindliche Freude am Verkleiden und Maskieren und das jugendliche Fernweh und Verlangen nach Abenteuern in die nüchterne und kommerzielle Welt der Erwachsenen zu transponieren, um sich die buntschillernden Träume vom großen Leben und Erleben auf einzigartige Weise zu verwirklichen.

In diesem Leben voller Höhen und Tiefen - hinter den glitzernden Fassaden des Showbusiness - lagen Triumph und Tragik nahe beieinander. Es war aber auch eine Existenz mit rätselhaften Brüchen und Widersprüchen: So wurde Billy Jenkins, als sogenannter Halbjude unter dem Namen Erich Rudolf Otto Rosenthal 1885 in Magdeburg geboren, bereits 1933 Mitglied der NSDAP (!), erschien mehrmals mit der Hakenkreuzfahne in der Manege, hatte nach eigenen Angaben "ein gutes Verhältnis" zu Goebbels und trat auch vor Nazigrößen auf (z.B. Göring).

Dem Biographen ist es in eindrucksvoller Weise gelungen, das Leben des Artisten und Titelhelden Billy Jenkins objektiv und jenseits aller Klischees, aber mit unverkennbarer Sympathie für das Objekt seiner Untersuchung, zu beschreiben und kritisch zu durchleuchten. Daß ihm dabei einige kleine Schnitzer unterlaufen sind (z.B. verschiedene Angaben über den Sterbeort, S. 129 und S. 170), mindern keinesfalls das Niveau dieser Biographie, mit der Michael Zaremba einen wichtigen Beitrag zur Geschichte der populären Kultur im 20. Jahrhundert geleistet hat.

Michael Zaremba: "Billy Jenkins - Mensch und Legende. Ein Artistenleben". Mit einem Geleitwort von Frank Holt und einem Vorwort von Jonny Markschiess-van Trix. 176 Seiten mit vielen Illustrationen, DM 29,80 Hansa-Verlag, Husum 2000.

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Es stand in der Zeit

Giesbert liest: Waldröschen

In Nr. 13/2000 der Interausgabe der ZEIT (das ist eine erweiterte Fassung der Printausgabe) lesen wir unter diesem Titel einen Bericht unseres Mitglieds Giesbert Damaschke, den wir mit seiner Zustimmung hier abdrucken:

Während mein Gegenüber in der Trambahn Linie 19 seinen erfolglosen Kampf gegen die Tücke des Objekts führt und mit einer unförmigen Tageszeitung seinem Nachbarn alleweil im Gesicht herumfuchtelt, ziehe ich meinen Palm V aus der Jackentasche und zwei Handgriffe später bin ich bereits allen alltäglichen Fährnissen entrückt und versunken in die abenteuerliche Welt des in jeder nur denkbaren Beziehung ungeheuerlichen Kolportageromans "Waldröschen" von Karl May.

Waldröschen war der wohl erfolgreichste Fortsetzungsroman des 19. Jahrhunderts, ein bombastischer Schund, Kolportage vom Feinsten. Dagegen wirken die Intrigen aus Dallas, Denver und Co. schal und einfältig, das Treiben der Akteure in den Daily Soaps altbacken betulich. Dabei hat Mays Roman mit diesen Serien einiges gemeinsam, schließlich ist Waldröschen die Weekly Soap und der Straßenfeger unserer Großeltern: Fast zwei Jahre, vom Dezember 1882 bis zum August 1884, versorgte May Woche um Woche sein hungriges Publikum mit der neuesten 24seitigen Lieferung seines kruden Produkts. Zusätzlich kam ab September 1883 die wöchentlichen Fortsetzungen eines zweiten, monströsen Romans hinzu, "Die Liebe der Ulanen". Doch damit nicht genug - May verfasste noch drei weitere Riesentexte: "Der verlorene Sohn" (1883/1885) "Deutsche Herzen, Deutsche Helden" (1885/1887) und schließlich "Der Weg zum Glück" (1886/1887). Insgesamt sind das schätzungsweise 26.000 Seiten - rund 24 Manuskript- oder 12 Druckseiten pro Tag, ohne Wochenende oder Urlaub, über fünf lange Jahre: Eine fürwahr irrwitzige, ja unheimliche Arbeitsleitung, über deren drängende Motive nur spekuliert werden kann.

Dass ich den Roman heute auf der Fahrt ins Büro lesen kann, verdanke ich Ralf Harder, der als Verantwortlicher für den Internet-Auftritt der Karl-May-Stiftung auf die famose Idee kam, die mehr als hundert Jahre alte Weekly Soap im Zeichen des Internet neu aufleben zu lassen: "Stets am Sonnabend wurde Waldröschen vom Verlag H. G. Münchmeyer, Dresden, ausgeliefert. Wir wollen an diese alte Tradition anknüpfen: Jeden Sonnabend erscheint auf unseren Internetseiten jeweils eine Nummer à 24 Seiten des legendären Romans - ungekürzt - in der damaligen Rechtschreibung und mit den original farbigen Bilderbeilagen der Erstausgabe." Und so kopiere ich mir Woche um Woche die aktuelle Lieferung auf meinen Winzcomputer, trage die Abenteuer der Familien Sternau, Helmers und Rodriganda ständig bei mir und lese von heldenhaften Taten und ehrenvollen Handlungen, von ungeheuerlichen Schurkereien und weltumspannender Hinterlist.

Auf über 2.600 Seiten dehnt May die vielfach verworrenen, aber nicht immer verwobenen Fäden der labyrinthisch verschlungenen Handlung aus, in unzähligen Bandwurmfortsätzen windet sich das Geschehen dahin und treibt das Kuddelmuddel der handelnden Charaktere samt ihrer verwickelten Verwandschafts- und Beziehungskisten nach vorn in immer neue Variationen der immer gleichen Konflikte und Intrigen, damit am Ende das Versprechen des Romantitels eingelöst werde: "Waldröschen oder Die Rächerjagd rund um die Erde. Großer Enthüllungsroman über die Geheimnisse der menschlichen Gesellschaft von Capitain Ramon Diaz de la Escosura".

Doch so abenteuerlich haarsträubend das Geschehen auch ist - die reale Textgeschichte stellt Mays blühende Phantasie mühelos in den Schatten. Bei der Nennung der fünf Romantitel mag der May-Leser vielleicht schon aufgemerkt haben: Die sucht man in den rund 80 Bänden der so genannten "Gesammelten Werke" aus dem "Karl-May-Verlag" nämlich vergebens. Aus einem einfachen Grund: Die Gesammelten Werke Karl Mays stammen weniger vom Mayster selbst, als vielmehr von meist ungenannt bleibenden Bearbeitern, die die Mayschen Originale nach Gutdünken zurichteten und ad usum delphini bearbeiteten: Bei den meisten Titeln müßte ehrlicherweise ein "frei nach Motiven von Karl May" auf dem Umschlag stehen.

"Man hat das Erbe schlecht behütet!" stellte Arno Schmidt schon Ende der fünfziger Jahre fest und fand bei seinen Textvergleichen zwischen Mayschem O-Ton und dem Inhalt der "dicklichen, buntbedeckelten Bände" "plumpe und gefühllose Verballhornungen [...], Versehen gedankenloser Handlanger, hochbedenkliche Umbiegung May'scher Gedankengänge" zuhauf.

Wie forsch und unverfroren man sich da zuweilen am Werk dessen zu schaffen machte, den zu ehren man angeblich angetreten war, erhellt ein Bekenntnis des Verlagchefs E.A. Schmid, der bestens aufgelegt und mit unverkennbar kindlich-naivem Stolz von seiner editorischen Metzgerarbeit erzählt. Über den Roman "Allah il Allah" heißt es da etwa: "Im Fall der Erzählung 'Deutsche Herzen - Deutsche Helden' erkannten wir, dass große Teile des früheren zweiten Kapitels [...] mit der Haupthandlung wenig zu tun hatten. Wir schälten den betreffenden Text deshalb heraus und verwandelten den Haupthelden (Oskar Steinbach, das ist, äußerlich betrachtet, ein Kara Ben Nemsi in wenig veränderter Gestalt) in den 'richtigen' Kara Ben Nemsi. Es lag nahe, nunmehr dieses Buch [...] von der Er-Form in die Ich-Form überzuführen, um so mehr, als es zeitmäßig und bezüglich des Schauplatzes eine Lücke in Band 1 'Durch die Wüste' ausfüllt [...]. Folglich mussten wir dem Helden auch den unvermeidlichen Hadschi Halef Omar hinzufügen, was nicht leicht war." Allah il Allah war einer der Lieblingstexte meiner Kindheit und die Erkenntnis, dass ich mein kindlich Herz an einen Bastard gehängt hatte, eine bittere Lektion. Um so erfreulicher, dass die Karl-May-Stiftung und die Karl-May-Gesellschaft das Internet als Publikationsmedium nutzen und die Mayschen Original-Texte nach und nach digital zur Verfügung stellen, mehr als 40 Romane und 20 Erzählungen sind bereits abrufbar.

Doch genug geplaudert - ich muss zurück, das Abenteuer ruft. Wo war ich doch gleich, ah ja, hier: "'Alle Teufel, das beginnt wirklich interessant zu werden,' meinte Platen."

,,Waldröschen oder Die Rächerjagd rund um die Erde" erscheint jeweils Sonnabends auf den Seiten der Karl-May-Stiftung.

(www. karl-may-stiftung. de/roeschen. html).

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Dietrich Schober:

Verzeihung, dass ich mir ein Nachwort gestatte. Die Bücher der Historisch-Kritischen Ausgabe sind auch nicht viel dicker als ein Laptop, und ich persönlich lese lieber einen sauberen Druck in einer appetitlichen Papierfassung. Nichts für ungut.

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Und noch eine Bemerkung, die mit Karl May nur am Rande zu tun hat, die Sächsische Zeitung vom 28.3.2000 berichtet unter dem Stichwort Literatur: Die einschlägigen Rechner waren schnell überlastet. Der Versuch, an die neue Geistergeschichte von Bestsellerautor Stephen King heranzukommen, war für viele seiner Fans ein echter Albtraum. ,,Riding the Bullet" ist nur über das Internet erhältlich. Und die Webseiten der einschlägigen Buch-Verkaufsplätze waren kurz nach der Freigabe des Werkes völlig überlastet.

In den ersten Stunden danach war es scheinbar unmöglich, die 66 Seiten lange Geschichte aus dem Internet herunterzuladen. Was den Wettbewerb der Surfer wohl noch verschärfte, war die Tatsache, dass das eigentlich 2,50 Dollar teure Werk auf einigen Web-Seiten kostenlos abgegeben wurde. Der Online-Händler Amazon.com setzte seine kostenlose Abgabe des Werkes schnell wieder aus - wegen der Überlastung der Rechner. Interessenten wurden gebeten, sich in eine E-Mail-Liste einzutragen, um bei Verfügbarkeit des Buchs informiert zu werden.

King schrieb die Geschichte, während er sich von einem im vergangenen Jahr erlittenen schweren Autounfall erhalte. Einige Verleger bejubelten die Tatsache, dass King die Geschichte nur im Internet veröffentlichte, als den Beginn des Zeitalters des elektronischen Buchs.

Der Autor selbst blieb zurückhaltend: ,,Ich denke zwar, dass das Internet und verschiedene Computeranwendungen für Romane eine große Zukunft haben, aber ich denke nicht, dass irgendetwas das gedruckte Wort und das gebundene Buch ersetzen wird." (AP)

· Zu finden ist "Riding the BuIIet" unter anderem bei Amazon.com (www.amazon.com), Barnes and Nobles.com (www.bn.com), Borders (www.borders.com) und Simon and Schuster (www.simonandschuster.com).

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Und noch ein Nachtrag (Ostsee-Zeitung 3.4.00): Hacker kopierten Roman von Stephen King- Washington (dpa) - Computer-Hacker haben die nur als Internet-Version zu beziehende Novelle des amerikanischen Bestseller-Autors Stephen King illegal kopiert. Das meldete der US-Fernsehsender ABC. Hacker hätten auf mehreren Seiten des weltweiten Computernetzwerkes Kopien von "Riding the Bulet" kostenlos angeboten. Diese seien inzwischen geschlossen worden.

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René Wagner feierte im Museum

Am Montag ist normalerweise das Karl-May-Museum in Radebeul geschlossen, am 20. März aber war im Blockhaus Hochbetrieb: Der Direktor feierte seinen 50. Geburtstag und mehr als sechzig geladene Gäste halfen ihm nach besten Kräften. Die Dresdner Neueste Nachrichten berichtete: Karl-May-Museum hat Werbung nötig - Geburtstagswunsch von Direktor René Wagner: steigende Besucherzahlen. Sein wichtigster Geburtstagswunsch wird nicht leicht zu erfüllen sein. "Wir wollen stärker die Werbetrommel schlagen und gezielter auf uns aufmerksam machen", so Wagner. Bei den nunmehr 9. Karl-May-Festtagen am ersten Juni-Wochenende werde man selbstverständlich mitwirken, ebenso bei der geplanten Museumsnacht am 24. Juni. Eine Woche vorher, am 17. Juni, soll auf dem Gelände des Museums ein grosses Indianer-Kinderfest steigen. Übrigens lädt der Freundeskreis Karl-May-Museum Radebeul e.V. jeden Monat zu interessanten Veranstaltungen ein. Alle May-Freunde sind herzlich eingeladen, das Freibier allerdings ist inzwischen aus, aber gegen den Durst gibt’s ja nebenan den Karl-May-Saloon.

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Dietrich Schober

2. Karl-May-Filmfest in Wien 14.-16.4.2000

Das Hotel "Am Sachsengang" in Wien-Grossenzersdorf war zum zweiten Mal Treffpunkt für Karl-May-Freunde, und der Ort war für Film-Fans gut gewählt: Hier befindet sich das einzige Autokinocenter Österreichs, das Hotel nennt sich auch Creative Conference-Center (die drei C erinnern an die Film-Firma in Berlin), außerdem schlägt der Hotelname Brücken ins Land des großen Fabulierers, der nicht nur Leser und Forscher begeistert, sondern auch die vielen Film-orientierten Menschen, die sich in ihrem Spezialgebiet auskennen, wie das eben nur einer tut, der alles ganz genau wissen will, und in diesem Bestreben ähneln sie den ehrenwerten Forschern. Das Ehepaar Monika und Erich Hammerler, die das Karl-May-Archiv Wien betreiben, übernahmen Planung und Organisation, als Ehrengäste kamen Marie Versini (ehemals Nscho-tschi, Tschita und Ingdscha), Komponist Martin Böttcher und Chefkameramann Sigi Hold. Als Prominenz waren anwesend: Prof. Dr. Wilhelm Brauneder (KMG), Dr. Hans Langsteiner (ORF), David Koplick (May-Übersetzer ins Amerikanische), Dr. Dr. Ben Nowak (Rechtsanwalt aus USA, der via INTERNET zu May bzw. Wien fand), Peter Görlach (10 Jahre ‚Winnetou‘ in Gföhl), Raimund Fritz (Western-Spezialist), Georg Kerschbaumer (Lex-Barker-Spezialist), Michael Stemmer (Eisenbahn-Spezialist), und viele andere, die alle Beruf und Berufung haben, und dann noch Walther Ilmer, den wir letztens in Hohenstein-Ernstthal als personifizierten Karl May bewundern konnten; diesmal gab er als Doubel Leseproben aus seinen (May)Werken und stellte Betrachtungen an, warum Nscho-tschi sterben musste. Versini und Hold bekamen für unvergessene Leistungen den ‚Crystal Eagle‘, die Auszeichnung des Karl-May-Filmarchivs Wien, überreicht, und es ist anrührend zu sehen, wie noch fast 40 Jahre später die Karl-May-Filme ihr Publikum finden. Natürlich gab es noch Tombola, Sammlerbörse und Galabuffet (nach der Festveranstaltung), Bücherstände, Autogrammjagden und Fachgespräche, private Talkrunden, Vorträge mit und ohne Dias, Neuigkeiten und alte Anekdoten, und über der Tagung schwebte der Geist unseres geliebten und bewunderten Karl Mays, was alle Teilnehmer zusammenführte und einte. Anzumerken sei noch die Tatsache, dass neben einigen Deutschen aus der Schweiz die Ehepaare Elbs und Rudin angereist waren und so einen Hauch Internationalität verströmten.

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Harald Mischnick

»... weder blind geboren ...«

In seinem Vortrag anläßlich der Tagung der Karl-May-Gesellschaft in Hohenstein-Ernstthal vom 24.9.1999 hat Dr. Johannes Zeilinger seine These vorgestellt, Karl May sei in der Kindheit nicht blind gewesen, habe das sogar wissentlich erfunden. Schreiber dieses gehörte zu den Zuhörern seiner Ausführungen, die einen fundierten Arztvortrag darstellten, aber mich in bezug auf Karl May absolut nicht überzeugen konnten. Über Blindheit heute in allen möglichen Formen durfte man sich umfassend und brauchbar belehrt fühlen, genauso wie durch seine Exkurse in der Geschichte der Augenheilkunde. Das soll an dieser Stelle ausdrücklich als Positivum vermerkt sein. Seine obengenannte These kann ich aber aus einem ganz bestimmten Grund nicht teilen. Bevor man sich dazu versteigt, zu urteilen, oder, wie Zeilinger, zu ver-urteilen, muß man sich bei einem historischen Forschungsgegenstand darum bemühen, ihn im Kontext seiner Zeit zu sehen. Uns steht nicht zu, naserümpfend darüber zu urteilen, daß in irgendeiner Veröffentlichung zu sonstwelchem Thema um 1938 immer die pflichtschuldigen Sprechblasen enthalten sind, die die Nazis samt Adolf lobhudelnd erwähnen, oder um 1978 in der DDR den stets siegenden oder auch siechenden[1] Sozialismus. Ebensowenig steht uns zu, an irgendwelche historischen Darstellungen die Elle des heutigen Wissens zu legen: "Die Leute um 1835 waren ja dumm, weil sie Angst vor der schnellen Eisenbahn hatten." Fragt sich, wer da der wahre Dumme ist! Welcher heutige Jugendliche, der sein Zimmer mit Postern von sogenannten Stars zukleistert oder sein Auto mit Lautsprechern ausstattet und als rollende Hammerschmiede den Mitmenschen zumutet, hätte nicht vor über 60 Jahren in ebenso schwärmerischer Verehrung seinen Dienst in der HJ versehen, den Trommelburschen gespielt, oder wäre um 1975 mit einem alten Gewehr in der Hand zur vormilitärischen Ausbildung in den Wäldern um Chemnitz - oh, Verzeihung, Karl-Marx-Stadt - herumgekrochen beziehungsweise die Schalmei malträtierend zum Maiaufmarsch erschienen? Wir verurteilen mit Leichtigkeit und Besserwisserei und mithilfe aktueller Begriffsbestimmungen. Das tönerne Fundament des zeilingerschen Vortrags war seine Definition der WHO von Blindheit. Diese ist natürlich berechtigt und richtig. Für heute, 1999.

Aber eben nur für heute. 1910 und noch weniger 1846 kannte man die WHO, die UNO und diese weltweit gültigen Definitionen nicht. Damals galten andere, und vor allen Dingen war, erst recht nicht 1846, jeder Haushalt finanziell leistungskräftig genug, sich vielbändige Enzyklopädien, so überhaupt schon vorhanden, zuzulegen, um über alles und jedes Bescheid zu wissen - und darüber eventuell auch noch zu bramarbasieren. Damals bedeutete blind, taub und Licht etwas anderes als heute. Man erlaube mir diesen Exkurs: nationalliberal nennen sich heute gewisse Leute, die gewisse Thesen verkünden und dabei auch gegen jüdische Belange agitieren. Der Nationalliberalismus von 1895 hingegen war die politische Heimat vieler prominenter deutscher Juden. Auch andere Begriffe haben unterdes ihre Definition gewandelt.

Wer vor 150 Jahren sich als blind erleben mußte und jahrelang darunter litt, muß heute kein Leben in Blindheit mehr verbringen. Heute! Aber eben nicht vor 150 Jahren! Und auch heute ist der Begriff "blind" immer noch dehnbar: auf das Blindengeld haben in Deutschland auch hochgradig Sehbehinderte Anspruch. Blind und blind ist eben nicht identisch. Wer krankheitsbedingt aus psychischen oder körperlichen Gründen seine Augen nicht öffnen kann, ist eben - blind, wenn oft auch "nur" vorübergehend! Das abzustreiten, muß Schreiber dieses, selbst hochgradig Sehbehinderter mit mehrfachen Visuseinschränkungen, leider als Arroganz einstufen! Man bringe heute einmal einem durchschnittlich Gebildeten bei, daß jemand, der seine Augenlider krankheitshalber nicht öffnen und deswegen nichts sehen kann, par definitionem nicht blind ist! Wer nichts sieht, ist im Volksmunde blind. Wer, wie ich, sehr stark kurzsichtig ist, mit minus dreißig Dioptrien, Astigmatismus, Schielen und Gesichtsfeldeinschränkung, leider auch - und darf sich wohl gerade deswegen zum Thema äußern, obwohl nicht Mediziner.

Nun mag der Einwand kommen, wer mit geschlossenen Augen herumlaufe, müsse die Unterschiede von hell und dunkel sehr erkennen. Dazu wiederhole ich einiges, das ich in meiner Erwiderung in Hohenstein-Ernstthal gesagt habe: Wir leben in einer Welt voll Licht. Überall erhellen Lampen unseren Weg und unser Leben. Wir nehmen das als selbstverständlich hin. Um 1910 aber, so berichtete mir ein im stolzen Alter von 95 Jahren vor dreieinhalb Jahren verstorbener Verwandter, war eine einzige Fünf-Watt-Lampe im gesamten Treppenhaus eines mehrstöckigen Gebäudes ein sorgsam gehüteter Schatz, der nach damaliger Meinung das Haus immens beleuchtete - und das, obwohl diese Lampen weniger hell waren als aufgrund technischen Fortschritts gleichstarke heute, die wir glatt als armselig und trübe empfinden. Glauben wir ja nicht, daß heute - oder gar vor einhundertfünfzig Jahren - bei strahlendem Sonnenschein solche Treppenhäuser grundsätzlich überall hell und lichtdurchflutet wären! Noch schlechter beleuchtet müssen wir uns die Wohnungen des kleinen Karl vorstellen, Er schreibt vom qualmenden Oellämpchen, auch nicht gerade einer Wohltat für kränkliche Augen. Dazu kommen noch steile Treppenhäuser, die der kleine, kranke Junge bei den ersten Gehversuchen nicht meistern konnte. Ich kenne die Treppen im Geburtshaus; sie abwärts zu begehen erzeugt für mich schon ein recht mulmiges Gefühl, noch schlimmer mußte der kleine Karl die zwangsweise unregelmäßige Breite und die vielen Wendungen empfinden - zumal die Holztreppe vielleicht nicht durchgehend gebohlt war und zwischen den Tritten eventuell noch, wie bei einer normalen Leiter, erfühlbare Untiefen gähnten? Ein weiterer Faktor gesellt sich hinzu: die Behandlung des kleinen Kranken durch drittklassige Ärzte, die vielleicht kaum über dem Range von Kurpfuschern standen oder sich, schonend ausgedrückt, "nicht trauten". Auch ich hatte vor zwölf Jahren einen Augenarzt, der sich "nicht traute"[2]. Das ist meiner Sehkraft schlecht bekommen. Einige Jahre danach wurde ich zu einem anerkannten Spezialisten vermittelt, der mir meine jetzige Brille verschrieb, doppelt so stark wie die vorherige, und seinem Vorgänger bescheinigte, sich "nicht getraut" zu haben. Wer weiß heute noch, welchen Schaden falsche ärztliche Anordnungen beim Knaben Karl anrichteten - vielleicht sogar die gut gemeinte, aber hier unangebrachte Augenbinde?

Auf der Tagung wurde auch eine Gegenmeinung zu Zeilinger[3] verteilt, die ich als von schwerer Sehbehinderung Betroffener nicht nur sehr aufmerksam studiert habe, sondern auch in großem Umfange teilen kann. Zeilinger ist zwar kurz auf die Thomas'schen Thesen eingegangen, hat aber durch Vitamin-A-Mangel entstandene wirkliche oder empfundene Krankheit verneint, da nichts dergleichen durch Reihenuntersuchungen belegt sei. Dagegen ist einzuwenden, daß im vorigen Jahrhundert von vergleichenden Untersuchungen in dem Ausmaß wie heute schon mangels Wissensstand und Kommunikationstechnik kaum die Rede sein konnte. Wenn keine Untersuchungen vorgenommen wurden, heißt das noch lange nicht, daß das jeweilige Problem nicht existent war. Manch Arzt war hochmütig genug, seine Augen vor derlei Problemen geradezu angeekelt zu verschließen. Vor allem waren die Vergleichsmöglichkeiten mit früheren Projekten gering. Sie waren oft nicht bekannt, nicht gefördert, von Konkurrenzneid abgeblockt, gingen in Archiven verschollen. Eigentlich müßte aber spätestens seit dem Eingang des schönen Wörtchens "Freschtenfressen" in einem bekannten Bühnenstück[4] in die Literatur jeder einigermaßen literarisch Beschlagene, vor allem jene, die das Vergnügen hatten, dieses als Schullektüre kennenzulernen, von der Armut der 1840er Jahre in Deutschlands Industriegebieten wissen. Viele Veröffentlichungen belegen, welche Armut damals im Erzgebirgsraum herrschte[5] und wie sehr man um seine Nahrung zu kämpfen hatte, erst recht aber in Karl Mays engerer Heimat mit ihrer aufblühenden Industrie, mit den benötigten Arbeitermengen und dem traditionellen, standesbewußten Handwerk, das auch schon vom Fortschritt erfaßt wurde, der leider aber auch - Arbeitsplätze kostete und bei den geistig unbeweglicheren oder zu heimatverwurzelten Menschen so wie heute Arbeitslosigkeit, allerdings ohne das heutige sogenannte soziale Netz, hervorrief. Karl May beschreibt selbst die bittere Armut seiner Jugendjahre, wohl wissend, daß in der Heimat noch genügend Zeitzeugen lebten.

Auch das spricht meiner Ansicht nach gegen Zeilinger: kein alter Ernstthaler ist seinerzeit aufgestanden, als May seine Autobiographie veröffentlichte, hat sich zu Wort gemeldet und gesagt: Karl May ist ja gar nicht blind gewesen! Das wird so bekannt und Tatsache gewesen sein, daß keiner auf die dumme Idee kam, anderes zu erzählen. Die am Marktplatz wohnten, erfreuten sich bestimmt höherer Aufmerksamkeit der unausrottbareren Stadtfama, da die Kirchgänger sie ja oft sahen, als die anonym in einer kleinen Gasse lebenden. Über Heinrich May ist sehr geschimpft worden, nicht aber über seinen damals kleinen Sohn.

Und von wem hörte Karl, daß er in früher Kindheit blind gewesen sei? Doch wohl von Eltern und Großmutter. Und wenn er, entsetzt und ungläubig, seinen geliebten Paten Weißpflog gefragt haben dürfte, so wird ihm dieser die Mitteilung bestätigt haben. Das Motiv der Blindheit, in der Behandlung versagender Medikaster und die Heilung durch eine Kapazität zieht sich durch Mays Werk. Als verdächtiger Zeitraum, wann May von seiner Frühkindblindheit erfuhr, kommt die Seminarzeit infrage. Die Beiseiteschaffung der Talglichter, die ja auch weniger Licht spendeten als heutige Kerzen, könnte nicht nur von der Angst vor einer dunklen Weihnacht, sondern auch dem Schock über die Mitteilung über frühes Leben im Dunkeln geprägt sein. Das wage ich als medizinischer Laie zu behaupten, der aber zugibt, vor zehn Jahren sich sehr intensiv mit Sigmund Freud und seiner Arbeit beschäftigt zu haben. Von seinen Kindheitsjahren erfahren haben könnte May aber auch kurz vor seinem Auftreten als Dr. Heilig.

Bemerkenswert ist, daß die ihn behandelnden Ärzte[6] keine Augenärzte waren, sondern Gynäkologen, die im Rahmen der seinerzeit noch nicht so extrem verbreiteten Hyperspezialisierung[7] auch noch über frühkindliche Krankheiten Bescheid wußten. Dem kleinen Karl konnte geholfen werden, ohne ausgiebig an den Augen herumzudoktern, außer daß sie wohl mit sanfter Gewalt geöffnet wurden, um festzustellen, wie das Auge hinter den verschlossenen, kranken Lidern aussieht. Die direkte, reine Betrachtung des Auges eines mindestens schwer Sehbehinderten durch einen Arzt ist eine schmerzhafte Angelegenheit und wird vom Betroffenen als arger Eingriff empfunden. Danach ist das Auge gepeinigt und schonungsbedürftig, früher noch extremer denn heute. Wie viele Kurpfuscher werden zuvor die geschlossenen Augen brachial geöffnet und mangels besseren Wissens für lange nach dem Eingriff dem Kleinen eine Binde um die Augen gelegt haben! Heute wird der Sehschwache zur Bestimmung seiner Behinderung meist mit einer Buchstaben- oder Zahlentafel konfrontiert, aber damals, mit ganz andersartiger Schulbildung - und vor allem ein Kind im Vorschulalter? Womit denn? Spielzeug? Hatte diese arme Familie überhaupt das Geld dazu? "Kannst du meinen Finger sehen?" Ein gerade erst gewaltsam geöffnetes Auge, auf das schlagartig Millionen Farbnuancen nah und fern einströmen? Das ist reine Blendung. Wenn überhaupt, sieht das erschreckte Kind verschwommene Umrisse und sagt: "Nein." Da sagt ein Feldwaldwiesenarzt des Jahres 1844, als Ärzte noch nicht regelmäßig zu Fortbildungsseminaren beordert wurden und auch noch nicht das Geld für die neueste Fachliteratur hatten, eben: "Blind", und stellt jede weitere Untersuchung ein. Wer weiß, wie derb und rauh, wie zu seinen Patienten im vollen Mannesalter, der Herr Doktor in Chemnitz war, und wie die Kapazitäten mit dem Kind redeten?! Zwischen: "Ich bin ganz vorsichtig" und "Die Augen müssen auf!" liegen Welten, die ich selbst durchleben durfte oder mußte.

Bleibt noch etwas zur angeblichen Vernachlässigung als Grund der Erkrankung zu sagen. Karl wurde von der Mutter bestimmt nicht vernachlässigt. Und wer ahnte damals von der heute so hilfreichen Vorsorge und Früherkennung? Man suche danach in den damaligen Konversationslexika! Das arme kranke Wurm war das einzige seinerzeit lebende Kind seiner Eltern. Die Eltern brauchten aber einen oder mehrere künftige Ernährer und mußten fürchten, daß auch dieses Kind nicht durchkam. Also gebot die Not das Kinderzeugen, nicht etwa Heinrichs Gier. In den ersten Lebenswochen der Schwester mußte Karl zwangsläufig in der Liebe der Mutter etwas zurückstehen, nicht aber in der Ernährung. Und die war leider schon dürftig genug. Melde, Otterzunge, Lattich, Kartoffelschalen, Spelzen, das sagt schon alles.[8] Die nächsten Geschwister erlebte der kleine Karl schon als Sehender. Er verbrachte viel Zeit bei der Großmutter; das dürfte mit der Stillperiode seiner Mutter 1844 begonnen haben. Dort erfuhr er eben sehr viel, unvergeßliche Liebe und Zuneigung. Und die Großmutter erzählte ihm Märchen, wenn auch nicht von Sitara, sondern viel volksnahere. Und glaube keiner, daß die einfachen Leute reinstes Hochdeutsch oder den heutigen Dialekt redeten! Über sie fühlte sich ja der großmächtige - Medikaster aus Chemnitz mit seinem gepflegten, fremdwörterdurchsetzten Hochdeutsch sowieso schon erhaben. In Dresden[9] hingegen bildete man meist einfache Frauen aus dem Volke zu Hebammen aus und durfte sich solche Arroganz zumindest gegenüber den begabten Schülerinnen nicht erlauben - sie waren ja immer Zeugnis und Abbild ihrer berühmten Ausbildungsstätte! Vor allem: wenn deren Leitung wieder einmal einen kleinen Erfolg vorzuweisen hatte, der ihren weniger ausgebildeten Kollegen nicht zuteil geworden war, wuchs ja ihr Ansehen in der einfachen Bevölkerung, erst recht wenn keine Operation vonnöten gewesen war. Und Karl May hat das, was ihm in der Akademie zu seinem Besten widerfuhr, nie vergessen.[10]

Nun die Schlußfrage, ob Karl Mays Blindheit angezweifelt oder sogar als von ihm aus irgendwelchen Gründen erlogen bezeichnet werden darf. Ich meine, behaupten zu dürfen: Karl May war gemäß eigenem Empfinden und aufgrunddessen, was ihm von seinem engsten Kindheitsumfeld erzählt wurde, fest davon überzeugt, seinerzeit "richtig" blind gewesen zu sein. Was wußten Eltern, Großmutter, Pate von ellenlangen spezifizierten medizinischen Definitionen seiner Augenkrankheit, wie viel konnte er im Alter davon wissen, und, vor allen Dingen, wer fühlt sich dazu berufen, historisch gewordene Bezeichnungen mit der Elle heutigen Wissensstandes geradewegs abzuurteilen? Karl May wäre wohl auch nach heutiger Definition blind gewesen - im buchstäblichen Sinne nach seinen damaligen Kenntnissen und denen des sogenannten Volksmundes;[11] danach haben wir seine Aussagen auch zu beurteilen - er lebte nicht lange genug, um sein Denken auch nur den Vorläufern der heutigen Maßstäbe der WHO anpassen zu können. Wer kommt auf die Idee, Goethes Wissensstand zu diesem oder jenem Thema wie Zeilinger Mays Blindheitserleben aufgrund der heutigen Erkenntnisse niederzumachen? Das möge uns erspart bleiben.

Anmerkungen

1] Der erzgebirgische Zyniker Arthur Schramm dichtete: "Der Kumpel aus dem Schachtloch kriecht - Glückauf, der Sozialismus siegt." Das war auf gut Erzgebirgisch mit -ch- auszusprechen.

2] Er hielt meine (damals) bisherige Brille für genügend stark, obwohl ich selbst bemerkte, daß die Sehkraft so nachgelassen hatte, daß die Brille zu schwach war.

3] Vgl. Dr. William E. Thomas: Karl Mays Blindheit II

4] Vgl. Gerhart Hauptmann: "Die Weber".

5] Übersicht und Beurteilung vieler alter Berichte aus dem Erzgebirge, die auch immer wieder auf die weitverbreitete seinerzeitige Armut eingehen, in einem Artikel von Friedrich Hermann Löscher sen., "Die Entwicklung des Gefühls für die Naturschönheiten des Erzgebirges", Vortrag, gehalten auf der Hauptversammlung des Erzgebirgsvereins in Zschopau am 29. 9. 1901, heute abgedruckt in: "Heimat Erzgebirge: Geschichte, Land und Leute", Friedrich Hermann Löscher sen. und jun., Berlin 1997, S.11ff.

6] May spricht in "Mein Leben und Streben", Freiburg 1910, Reprint Hildesheim 1975, S. 20, von einer Behandlung, nicht von einer Operation: ... um von den beiden Herren b e h a n d e l t zu werden ... (Sperrdruck von mir vorgenommen), die von den Professoren, deren Vorlesungen Mays Mutter auf dem Wege zur erfolgreich bestandenen Hebammenprüfung hörte, durchgeführt wurde.

7] War um 1845 schon das Berufsbild des Kinderarztes vorhanden???

8] "... die sogenannte 'Erblindungsfehlernährung', ist auch heute noch der Hauptgrund für eine Erblindung in der Kindheit. Es wird geschätzt, daß jedes Jahr ungefähr 500.000 Kinder erblinden, und 70 % von ihnen wegen eines Vitamin-A-Mangels. Vitamin-A-Mangel ist heutzutage überwiegend in den Entwicklungsländern vorherrschend." Dr. William E. Thomas: Karl Mays Blindheit I – Fehlernährung wie seinerzeit im sozialen Umfeld Karl Mays.

9] Jene Ausbildungsstätte, der zuerst Haase, dann Grenser vorstand, führte den Titel Königlich Sächsisches Entbindungs-Institut zu Dresden und gehörte zur chirurgisch-medizinischen Akademie.

10] Selbst wenn heute keine Akten über den Vorgang mehr vorhanden sind, spricht das nicht gegen dessen wirkliches Geschehen. Vieles ist jenseits der großen Archivbauten am 13. Februar 1945 verlorengegangen, anderes kann durchaus aufgrund andersartiger Kassationsvorschriften schon vor langer Zeit im zuständigen Archiv vernichtet worden sein. Wo befindet oder befand sich der Nachlaß von Grenser - so überhaupt vorhanden? Die Akademie und ihr Nachfolger, vielleicht auch deren Archiv, befand sich im Kurländer Palais, das 1945 bis auf die Außenmauern und wenige Wände im Innern zerstört wurde. Eine Ironie der Geschichte ist, daß in jenem Gebäude mein Urgroßvater Adolf Eduard Mischnick (1855 - 1901) in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts als einfacher Bediensteter arbeitete.

11] Und vielleicht auch denen der damaligen sogenannten Allgemeinbildung, wobei man über die heutige sogenannte gymnasiale sehr geteilter Meinung sein kann!

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Werner Schubert

Neue Karl-May-Comics

Der Kleinverlag Wick Comics hat im Herbst vergangenen Jahres eine mutige Edition gestartet: Die Herausgabe der vom Studio Willy Vandersteen, Antwer-pen, in den Jahren 1962 bis 1985 erschienenen Comic-Serie "Karl May". Damit wird diese Reihe erstmals ungekürzt und in originalgetreuer Übertragung (aus dem Holländischen) in Deutschland aufgelegt.

Die ersten 16 Bände der Serie (erschienen in Holland und Belgien bis Ende 1966 sind dem aufmerksamen deutschen Leser allerdings nicht ganz unbekannt: Sie erschienen im Jahre 1967 umgearbeitet und teilweise etwas gekürzt als "Bessy" (Nr. 46 bis 61) im Bastei-Verlag. Dabei wurde Old Shatterhand rigoros zu Andy (dem "Herrchen" der Colliehündin Bessy) um-gezeichnet; die Hündin selbst wurde hinzugefügt – kein Wunder, daß sie in diesen Bänden nur eine marginale Rolle spielt. Natürlich wurden auch die Namen der auftretenden Personen abgeändert, um jede Referenz auf Karl May zu tilgen, nur: die "Story" blieb natürlich im großen und ganzen erhalten. Der Autor dieser Zeilen erinnert sich mit Schmunzeln, wie er als Kind sich wunderte, wie unverschämt die Bessy-Macher eine zeitlang von Karl May "klauten".

Die Bände 17 bis 19 der Original-Serie sind nie in Deutschland erschienen, und ab Band 20 wurde der Spieß dann umge-dreht: Fortan wurden für die Karl-May-Reihe Re-Importe verwendet, nämlich zu Karl May umgearbeitete originale Bessy-Folgen, die ursprünglich im Auftrag von Bastei in Antwerpen gezeichnet wurden! Nun erfolgte die Bearbeitung in umge-kehrter Richtung: Andy wurde zu Old Shatterhand, und die kluge Colliehündin fiel dem grausamen Schicksal in Form der Schere des Redakteurs zum Opfer.

Bei Wick Comics erscheint die Reihe (wie im Original in schwarzweiß) in Vierer-Blocks und ab Mai in viermonatigem Abstand. Die ersten vier Hefte sind bereits im Herbst letzten Jahres herausgekommen, und bei Erscheinen dieses Artikels sind auch die Bände 5 bis 8 (projektiert für Mai 2000) lieferbar. Die Edition ist sehr sorgfältig und liebevoll durchgeführt; die Bände der ersten Lieferung enthalten einen jeweils vierseitigen redaktionellen Teil, in dem der Leser einiges über das Studio Vandersteen, die Hintergründe der Bearbeitung u.v.m. erfährt. Heft 4 enthält eine große Checkliste, die die komplette Originalserie mit Erscheinungsdaten und ihrem als "Bessy" erschienenen deutschen Gegenpart aufführt. Die Auflage ist auf 500 Exemplare limitiert, und jedes Exemplar ist von Hand numeriert. Ein Abonnent kann sich darauf verlassen, daß er immer die gleiche laufende Nummer erhält. Der Preis pro Heft beträgt DM 14.80; Abonnenten brauchen keine Versandkosten zu bezahlen.

Für Interessenten hier die Anschrift des Herausgebers: Wick Comics
Ulrich Wick
Espenstraße 5 b
D-35428 Langgöns

Übrigens: Der Norbert Hethke Verlag (Postfach 1170, D-69246 Schönau) hat vor, im Laufe des nächsten Jahres die Winnetou-Comics aus dem Lehning-Verlag (ebenfalls 60er Jahre, teilweise gezeichnet von Helmut Nickel) in sein Reprint-Programm aufzunehmen. Rosige Zeiten also ... [S. a. N-KMG 121, S. 48: Ankündigung der Veröffentlichung durch den Verleger Ulrich Wick.]

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Indianergedicht

Von Robert Gernhardt

Als aber der Pferdehändler nicht abließ, auf Winnetou einzuteufeln,
bemerkte dieser in seiner einsilbigen Art:

Mann, dein Pferd
ist nichts wert.
Hier: das Bein
ist zu klein.
Dort: das Ohr
steht nicht vor.
Da: der Gaul
hat kein Maul.
Schau: der Schwanz
fehlt ihm ganz.
Und es trabt
nicht so recht,
denn das Pferd
ist ein – Specht!
Du viel dumm,
ich viel klug.
Hugh!

(Gefunden in: Robert Gernhardt: Wörtersee.
Gedichte. 5. Aufl. – Frankfurt a.M.: Fischer
Taschenbuch Verl., 1998.)

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René Senenko

Karl May und die österreichische Jugendliteratur

Wenn auch von Karl Mays Einfluß oder von dem "österreichischen Karl May", Arthur Storch, in diesem Sammelband über die Entwicklung der deutschsprachigen (in Wien zentrierten) Kinder- und Jugendliteratur, nicht die Rede ist, so findet der Karl-May-Freund viele Züge von Mays Weltbild, Ethik und Geschmack auch in Österreichs Literaturgeschichte wieder. Das Buch sorgt für anregende Begegnungen mit Robinson und Bertha von Suttner, mit Sonnleitners Höhlenkindern und Saltens Bambi, mit aufgeklärter Pädagogik und mit Jugendzeitschriften vor dem 1. Weltkrieg, mit Jugendstil-Illustrationen und proletarischen Kinderbüchern. Neben dem Personenregister bereichern auch zahlreiche Illustrationen das Werk.

(Geschichte der österreichischen Kinder- und Jugendliteratur von 1800 bis zur Gegenwart. Hrsg.: Hans Heino Ewers und Ernst Seibert, Wien: Verl. Buchkultur, 1997. 208 S., ill. ISBN 3-901052-32-1)

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Neue Straßen in Radebeul

Im Radebeuler Amtsblatt Nr. 8/99 wird verkündet: Wie bereits in den Jahren zuvor beschloß der Stadtrat von Radebeul auch im Jahre 1999, als zuständiges Organ, die Neu- und Umbenennung von Straßen. Die gesetzliche Grundlage hierfür ergibt sich aus dem § 5 Abs. 4 der Sächsischen Gemeindeordnung (SächsGemO). Die südliche Ringerschließung im Plangebiet des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes Nr. 39 "Wohnbebauung Dr.-Külz-Straße" erhielt den Namen Patty-Frank-Weg. Patty Frank wird vielen als Autor des Buches "Die Indianenschlacht am Little Big Horn" bekannt sein. Gemeinsam mit Klara May eröffnete er im Jahre 1928 das Karl-May-Museum.

Und im Amtsblatt Nr. 4/2000 lesen wir: Der Stadtrat von Radebeul beschloß in seiner Sitzung am 1.3. diesen Jahres die Neubennung der Erschließungsstraße im Gebiet des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes Nr. 39 "Wohnbebauung Dr.-Külz-Straße". Diese erhielt den Namen Klara-May-Weg. Der Klara-May-Weg wird sich zukünftig zwischen Stosch-Sarrasani-Straße und Winzererstraße befinden. Für das Teilstück zwischen Patty-Frank-Weg und Winzererstraße ist die Nutzung als Rad-/Fußweg vorgesehen.

Nun haben beide Personen, die Karl May so nahestanden, eine Ehrung erhalten, die bezüglich Klara May’s Verhalten während der NS-Zeit lange heftig umstritten war.

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Pressespiegel

 

Sachsen, die Großes taten

Die Dresdner Morgenpost Sonntag 2.1.2000 brachte einen Bericht über Dichter, Maler, Sänger, Tänzer und andere berühmte Sachsen, die das kulturelle Geschehen im 20. Jahrhundert geprägt haben. Sie führt elf große Sachsen an, die mit ihrem Schaffen dafür sorgten, daß Sachsen seinen Weltruf als Zentrum der Kultur behält. Im einzelnen sind dies: Erich Kästner (1899-1974), Journalist, politischer Autor, Verfasser von Romanen Gedichten, Theaterstücken. Otto Dix (1891-1969), Maler und Kunst-Professor. Mary Wigmann (1886-1973), Tänzerin. Erich Ponto (1884-1957), Schauspieler. Maria Cebotari (1910-1949), Opernsängerin. Stefan Heym (geb. 1913), Dichter. Theo Adam (geb. 1926), Opernsänger. Kurt Masur (geb. 1927), Kapellmeister und Musikdirektor. A. R. Penck (geb. 1939), Maler. Karl Schmidt-Rottluff (1884-1976), Maler. Und als Ältester: Karl May. Nähere Angaben, die das Blatt bringt, sind hier nicht vonnöten.

Die Wahrheit über Winnetou. Stuttgarter Nachrichten 22.1.00 - Interessante Waiblinger Ausstellungen in diesem Jahr. Winnetou hat tatsächlich gelebt. Dies beweist die Ausstellung im Museum der Stadt Waiblingen, die am 11. Februar eröffnet wird. Der aus den 50er und 60er Jahren bekannte Kinoplakatmaler K. Dill beschäftigte sich viele Jahre mit der Geschichte des historischen Indianerführers Tecumseh, der einen friedlichen Ausgleich zwischen den Ureinwohnern und den aus Europa eingewanderten Siedlern herbeiführen wollte. Der historische Tecumseh war, so Museumsleiter Helmut Herbst, das Vorbild für Karl Mays Winnetou.

Ntschotschi muss langes schwarzes Haar haben. Rheinische Post 18.2.00 - Karl-May-Festspiele Elspe suchen neue Schwester Winnetous. Jochen Bludau, alt gedienter Old Shatterhand und Geschäftsführer der Karl-May-Festspiele, ist auf der Suche nach einer neuen Besetzung für Winnetous Schwester. Mehr als 300 Frauen aus ganz Deutschland haben sich für die Rolle beworben.

Zurück zum Naturfelsen. Segeberger Nachrichten 1.1.00 - Nachdem im Sommer der künstliche Berg abgebrannt war, hielt das jeder für eine Katastrophe. Die Verantwortlichen der Spiele offenbar inzwischen nicht mehr. Zu sehr hat der ‚Berg‘ die Spielhandlung eingeengt.

Der Cowboy aus der Brüderstraße. Leipziger Volkszeitung 25.2.00 - Billy Jenkins hat seinen Mythos selbst inszeniert. Ein neues Buch und eine Sonderausstellung. Seit gestern (bis30. März) informiert in Hohenstein-Ernstthal (Restaurant "Stadt Chemnitz", Pölitzstr.) eine Sonderausstellung über den grossen Artisten. Im Hansa Verlag Husum erschien soeben eine Billy-Jenkins-Biographie von Michael Zaremba (176 S., viele Abb., 29,80 Mark).

Im Knast blies der Dichter das Althorn. Tagesspiegel Berlin 30.1.00 - "Süsse Himmelsaugen": Was Sang und Klang für Karl May bedeuten. Als Zwanzigjähriger, nach Jahren des Orgel-, Klavier- und Geigenunterrichts und lange vor seinen ersten Buch-Erfolgen schreibt er: "Ich stelle die Musik hoch über die Dichtkunst." Bei May, der bis zu seinem fünften Lebensjahr blind gewesen ist, wird es früh zu einer Verfeinerung seiner akustischen Wahrnehmungsfähigkeit gekommen sein. Er selbst scheint auf diesen Zusammenhang hinzuweisen, wenn er in seiner Autobiographie schreibt: "Ich schreibe nieder, was mir aus der Seele kommt, und ich schreibe es so nieder, wie ich es in mir klingen höre." - Hartmut Kühne, Christoph F. Lorenz: Karl May und die Musik, Karl-May-Verlag Bamberg.

Spannend erzählt, dann erst gereist. Bayerwald-Echo Regensburg 19.2.00 - Karl May gab dem Publikum, was dessen Phantasie benötigte: Er spielte die Rolle des abenteuernden Weltreisenden in allerlei Kostümierungen, obwohl er doch nur mit dem Finger auf der Landkarte und in seiner blühenden Einbildungskraft durchs wilde Kurdistan und zum Silbersee oder Rio de la Plata geritten ist. Da blieb dem Fabulierer in seiner Villa Shatterhand im schönen Radebeul nichts anderes übrig, als sich im gesetzten Alter von 57 Jahren auf die Socken zu machen: Ex oriente lux. Er war halt doch ein "Weltreisender der Phantasie", wie ihn Hans Wollschläger in dem Band "In fernen Zonen - Karl Mays Weltreisen" (Karl-May-Verlag) jetzt erst wieder apostrophiert hat.

Karl Mays Spur führt in die Innerschweiz. Bote der Urschweiz 14.2.00 - Vor rund hundert Jahren verhalf der gefeierte "Winnetou"-Autor Karl May der Rigi zu grosser Bekanntheit. Der Luzerner May-Kenner Elmar Elbs zeichnete am Samstag in Schwyz die ungewöhnliche Entstehungsgeschichte des Rigi-Gedichts nach. Auf seiner Reise von Dresden nach Kairo umschiffte der gefeierte Schriftsteller vermutlich Ende März 1899 von Luzern her kommend auch die Rigi. Was Karl May 1899 noch versagt blieb, holte er im Spätsommer 1901 nach. Wie dem Gästebuch des Hotels Kulm zu entnehmen ist, logierte May Ende September auf dem Berg.

May-Spezialist Hans Wollschläger wird heute 65. Freie Presse 17.3.00 - Er verknüpft modernes Erzählen mit Zeitkritik. Musik war Wollschlägers erste Liebe, die auch Klang und Komposition seiner Texte prägt. Im Rückert-Vortrag kann man sein schmerzlich-nachspürendes Klavierspiel erleben, wenn er die "Kindertotenlieder" von Gustav Mahler begleitet. Epoche machte in seinem Leben ein Bamberg-Besuch 1957. Hier arbeitete er von 1957 bis 1970 für den Karl-May-Verlag, wo er das Material für die erste Biographie des erfolgreichsten deutschen Autors sammeln konnte. Inzwischen editiert er beim Wallstein-Verlag eine auf 50 Bände angelegte Rückert-Ausgabe, deren erste Teile bereits erschienen.

Seele flattert über die Strasse. Wochen-Spiegel H.-E. 15.3.00 - Karl-May-Haus wird durch Begegnungsstätte erweitert. Das handtuchbreite Gebäude platzt aus allen Nähten. Das soll jetzt anders werden. "Seit zehn Jahren haben wir nach einer Lösung gesucht", sagt André Neubert, Leiter des Karl-May-Hauses, " jetzt haben wir sie gefunden" Diese befindet sich gleich schräg gegenüber in der Karl-May-Str. 51. Nach Fertigstellung wird die Interessengemeinschaft Karl May Haus in das Gebäude einziehen.

Und noch eine Karl-May-Bühne. Freie Presse 16.2.00 - "Winnetou I" ab 20. Mai im Grünfelder Park. Neben der Felsenbühne Rathen, dem Naturtheater Greifensteine, der "Bonanza Ranch" Katzweiler, dem österreichischen Gföhl, Winzendorf und anderen Karl-May-Festspielorten in Deutschland wird es zwischen dem 20. Mai und dem 10. September auf der Freilichtbühne im Grünfelder Park zu Waldenburg das Karl-May-Stück "Winnetou I" mindestens 35 mal geben.

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Dietrich Schober

Winnetous Schwester

Klappern gehört zum Handwerk, so lautet ein altes Sprichwort. Die Presseabteilungen von Freiluft-Festspielen müssen demzufolge gute Handwerker sein, denn regelmäßig in den Wintermonaten klappert es laut in allen Zeitungen, ob nun Horst Janson seinen Hatatitla sattelt oder Peter Hofmann sein Firegun lädt, jedesmal geht eine dpa-Meldung durch die Presselandschaft, die den Karl-May-Fans signalisiert: Es tut sich was, die neue Saison bringt wieder einen Knüller. Unfreiwillig Publicity im vorigen Jahr: eine Kulisse in Bad Segeberg brannte, der Schaden war nicht groß, aber die Presseresonanz enorm. Mehr Besucher kamen deshalb aber auch nicht, der Brice-Effekt blieb aus. Und daß das Stück überhaupt nicht von Karl May war, hat jeder Besucher der Arena erst hinterher gemerkt. Immer wieder strömen die Zuschauer. Hängt das mit der Reklame zusammen, oder ist Karl May immer noch ein Magnet? Wenn diese Anziehungskraft auf die Kids, die nie ein May-Buch von innen gesehen haben, auch heute noch jede Vorstellung zum finanziellen Erfolg führt, wozu dann noch die Reklame? Und nun der neueste Gag aus Segeberg: Ein Maskottchen in Bibergestalt. Nicht etwa ein Indianer in Winnetou-outfit, sondern ein Stofftier, das bereits 30.000 mal hergestellt wurde. Da bleibt den jungen Besuchern wenigstens was Reales, das andere vergessen sie sowieso, bis ihnen als Erwachsene die Augen aufgehen. Und in Elspe wird Winnetous Schwester gesucht. Nicht wirklich, aber in der Presse macht das unheimlich was her. Ein vier Minuten-Auftritt, um in Winnetous Armen zu sterben, eine stumme Laien-Rolle. Mehr als 287 Schwestern haben sich gemeldet, da fällt die Auswahl auch dem Adlerauge von Benjamin Armbruster schwer. Und bei mir liegen - wie auch bei der Präsentation des Neuen in Bad Segeberg (Matthieu Carriere als Ölprinz) - mehr als 100 Pressemeldungen auf dem Tisch, alle gleichen Inhalts, und für jedes Stückchen Papier kassiert mein Zeitungs-Lesedienst. Da bleibt mir persönlich kein Geld für eine Eintrittskarte.

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Squaw gesucht

Wer wird Winnetous kleine Schwester?

Manche kennen die Schauspielerin Marie Versini nur so: Mit Zöpfen, einem Stirnband, einem kerngesunden, jugendlichen Gesichtsausdruck und einer Garderobe, für die man heute im Naturfaserladen seines Vertrauens wieder eine Menge Nuggets auf den Tisch legen würde. Und andere wiederum wissen noch nicht einmal, ob Nschotschi nun Winnetous Schwester oder Winnetous Pferd war.

Fest steht: Die Rolle von Winnetous Pferd bei den Karl-May- Festspielen im sauerländischen Elspe ist bereits vergeben. Dagegen suchen die Elsper immer noch nach einer Besetzung für Nschotschi. Und es zeigt sich, daß die Rolle der schönen Schwester vielleicht eine der ganz großen Traumrollen ist. Denn seit der freie Platz im Apachenlager bekannt ist, rennen junge bis mitteljunge Squaws der Festspielleitung den Wigwam ein. Nicht weniger als 287 Bewerberinnen wollten Winntous Teilzeitschwester werden, von deutlich minderjährig bis ins gereifte Schwestern-alter von 43 Jahren. Den Festspielorganisatoren zog es fast die Mokassins aus, sie faßten den Andrang mit dem wenig schmeichelhaften Satz "Es ist alles dabei, von blond bis kurzhaarig" zusammen und schickten erstmal die Eltern nach Hause, die für ihre Töchter eine Freiluftalternative zur Mini-Playback-Show suchten.

Bei den anderen Bleichgesichtern wird sich spätestens in der Pflichtübung "Vorreiten" die Spreu vom Weizen trennen. Und das letzte Wort hat schließlich der Häuptling. Egal, ob Pferd oder Schwester. uj.(Aus: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 8. 2. 2000.) Mitgeteilt von Herbert Meyer, Hemmingen.

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Dietrich Schober

Fast geschenkt im INTERNET

Heutzutage gibt es nichts umsonst, und für die Tipps in dem oben so genannten Buch muß man DM 19,95 hinblättern. Wer die erteilten Ratschläge befolgt, hat das Geld rasch wieder reingeholt. Diese Werbung für das Druckerzeugnis im Verlag Markt&Technik ist kostenlos und ein kleines Dankeschön für die netten Bemerkungen auf Seiten 48 bis 51 des Autors Giesbert Damaschke, seit kurzem Mitglied der KMG. Hier werden die Internet-Seiten der Karl-May-Stiftung als Paradebeispiel erwähnt, um offline zu surfen. Auf diese Art und Weise erhält der rührige Ralf Harder, der die Stiftungsseiten betreut, enormen Zulauf oder besser gesagt Anklick, und wer weiß, vielleicht bleibt einer oder mehrere bei den Internetseiten der KMG hängen. Die sind nämlich vorzeigbar und gepflegt, das Internet hat die beste Werbung für Karl May. Und in der Zeitschrift ‚Computer easy‘ Ausgabe 4/2000 steht auf Seite 97 unter der Überschrift ‚Zu Besuch bei Winnetou‘ der schöne Satz ‚Karl May ist ein Phänomen‘, klar, da stimmen wir zu; aber dann: ‚Eine der schönsten und informativsten Seiten ist der Auftritt der Karl-May-Stiftung. Neben einer ausführlichen Biographie und Texten zum Werk Mays gibt es hier auch ein Diskussionsmöglichkeiten für Freunde und Kritiker. Ein Besuch lohnt sich nicht nur für Fans‘. Sehr richtig, aber bitte ohne Tippfehler eingeben: www.karl-may-stiftung.de

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Patient Goethe

Dr. Hubert Heilemann, Psychiater und Medizinhistoriker und Mitglied der KMG aus Dresden, stellte am 14.4.2000 im Berliner Literaturhaus in der Fasanenstraße auf Einladung der Goethe-Gesellschaft in einem engagierten Vortrag mit anschließender Diskussion sein Buch ›Patient Goethe‹ vor [s. Publikationen der Mitglieder]. Dr. Heilemann arbeitet in der Klinik, in der Emma May, geb. Pollmer, ihren letzten Lebensabschnitt verbrachte. Mitgeteilt von Sigrid Seltmann, Berlin.

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Karl May und seine Welt

Diesen Titel trägt ein 600-seitiges Manuskript aus dem Jahr 1966. Sein Verfasser ist ein T. König. Nach dem Inhaltsverzeichnis müßte es noch einen zweiten Band mit gleichem Umfang gaben.

Unser Mitglied Jochen Bischoff aus Plüdershausen, in dessen Besitz das Manuskript zu Band I ist, fragt nun:

Wer kennt einen Verfasser T. König, weiß über den Verbleib des zweiten Bandes oder kann überhaupt Näheres zu diesem Text oder seinem Verfasser sagen?

 

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Der folgende – gekürzte – Artikel erschien in der Prager Volkszeitung vom 4.2.2000:

Ein Leben für Karl May – und die Zeitung

Unser Mitarbeiter Manfred Hecker wird 70

Am 18. September 1970 veröffentlichte die Prager Volkszeitung als "Unser(en) Beitrag zum Tag der Presse" aufgemacht, den Dreispalter von Manfred Hecker "Egon Erwin Kisch und Karl May". Wie es zu dieser Veröffentlichung kam – der bis heute ein halbes Tausend weiterer Veröffentlichungen folgen sollten – das ist eine Story, die der am 7. Feber 1930 in Burgstädt/Sachsen Geborene selber erzählen soll:

Im Juli des Jahres 1965 veröffentlichte die tschechoslowakische Monatsschrift "Im Herzen Europas" aus der Feder von Dr. Richard Khel einen Beitrag, der von dem damals in der CSSR aufgefundenen Schriftwechsel Karl Mays mit seinem tschechischen Verleger Josef Richard Vilímek berichtete. Im Mai 1967 hatte ich Gelegenheit, die im Literarischen Archiv des Museums des Nationalen Schrifttums, Prag-Strahov, deponierten Originalbriefe einzusehen und sicherte mir die Veröffentlichungserlaubnis im Rahmen einer vorgesehenen literaturwissenschaftlichen Auswertung. In diesem Zusammenhang von Herrn Dr. Jaromir Lou?il, dem Leiter genannten Archivs, erfahrend, daß es in Prag eine deutschsprachige Zeitschrift gebe, die sich gewiß für einen Abdruck interessiere. So war es, und 1970 erschien obenerwähnter Beitrag sowie (mit Erlaubnis der Büros für Urheberrechte der DDR) im »Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1970« eine weitere Arbeit über Karl May. Über jenen, seinerzeit in der DDR geächteten/unerwünschten Karl May, über den mir amtlich erlaubt war im kapitalistischen Ausland zu schreiben...

Im Geburtsland Mays jedoch? Dr. Christian Heermann, Leipzig, schrieb in der Zeitschrift für Literatur, Kunst und Kritik »die horen« Nr. 178/1995: "Das kleine Blättchen "Burgstädter Monatsschau" hatte im Rahmen einer Schund-und-Schmutz-Diskussion für Karl May Partei ergriffen und noch in der Dezember-Ausgabe (1965) eine Fülle sachkundiger Informationen vermittelt, worauf der re-nommierte Karl-May-Forscher Manfred Hecker, ehrenamtlicher Redakteur und Stadtrat für Kultur und Volksbildung in Burgstädt, aus dem Rathaus gefeuert wird ..."

Herzlichen Glückwunsch zum 70. unserem Mitarbeiter Manfred Hecker! Wir wünschen Gesundheit, Glück und weiterhin soviel Freude am Schreiben! Die Prager Volkszeitung und ihre Lesergemeinde bedanken sich für fast ein halbes Tausend interessanter Beiträge und freuen sich auf die nächsten fünfhundert – denn eine Ausgabe ohne Manfred Hecker kann sich wohl niemand mehr vorstellen. Also toi, toi, toi fürs neue Jahrzehnt!

Was war geschehen?

Vom 25. bis 28. 12. 1965 fand das berüchtigte 11. Plenum der SED statt. Weil einige wirtschaftliche Reformansätze möglicherweise am Machtmonopol der SED rütteln könnten, werden die im vierten Jahr nach dem Mauerbau abgebrochen. Das galt gleichermaßen im Kulturbereich. [ ... ]

Natürlich habe auch ich einen "anständigen" Beruf erlernt. Nach Verlassen der achtklassigen Volksschule, den eines Mechanikers, bildete mich an der Staatlichen Technischen Abendschule in Chemnitz weiter – aber der Zusammenbruch 1945 brachte die Demontage meines Lehrbetriebes [...] Eine sogenannte Fortsetzungslehre als Elektromechaniker [...] endete mit dem Berufsabschluß und der Nichtweiterbeschäftigung der ausgelernten Lehrlinge. So etwas gab es seinerzeit noch in der Sowjetisch besetzten Zone (SBZ) der Jahres 1948.

Aber in jene Zeit fällt auch der Beginn einer ehrenamtlichen schreibenden Tätigkeit [...] Kurz gesagt, ich wurde "freier Mitarbeiter" der Tagespresse zu einer Zeit, als Erich Loest Volontär der zuständigen Kreisredaktion war.

Blieb freier Mitarbeiter, mutierte nach diversen Presselehrgängen zum Autor der Abteilung Kulturpolitik, [...].

Zurückschauen in aller Konsequenz möchte/kann ich heute (noch) nicht, denn ich habe noch viel zu tun, soweit mir dies bei meiner persönlichen Lage möglich ist. Zwei Hirninfarkte haben mir zugesetzt, Reisen – die ich so gern als Reisereporter unternehmen möchte – sind passé, es bleiben Spaziergänge (am Krückstock) und gedankliche Reisen am Schreibtisch. Und viele Artikel, die noch zu schreiben sind, für die Leser/innen der "Prager Volkszeitung", für meine Le ser, wenn ich es so sagen darf.

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Ivo Prokop

Die abenteuerliche Welt Karl Mays im Exlibris

 

Anläßlich des Kongresses der Karl-May-Gesellschaft im September 1997 in Erlangen wurde auch eine Begleitausstellung unter dem Titel "Die abenteuerliche Welt Karl Mays im Exlibris" organisiert. Mit Vergnügen konnte ich feststellen, daß ich nicht der einzige Exlibrissammler bin, der Exlibris mit dem Porträt Karl Mays (von Petr Minka) hat und daß in Europa mehrere Knaben eines fortgeschrittenen Alters sind, die immer noch zu den Helden unserer Jugend zurückkehren. Im Katalog finden wir 46 Bücherzeichen, 7 mit dem K.-May-Porträt (von den Graphikern Jens Rusch, Eugen Strobel-Matza und Bernd Hieke), 3 Exlibris sind die Porträts von Geronimo und Sitting-Bull (von Jo Erich Kuhn) und des Häuptlings Wolf Robe (von Lembit Löhmus). Weiter sind hier die Exlibris mit indianischen (Cinybulk), ägyptischen (Krátký) und arabischen Motiven veröffentlicht.

Karl May (*25. 2. 1842) schrieb 73 Bücher + 1. Das 74. Buch unter dem Titel "Ich" aus dem Jahre 1910 war seine Beichte. Hier erzählte er die Geschichte seines Lebens und Strebens, seiner Straftaten und Prozesse, die ihm während seines letzten Lebensjahrzehnts seine Gesundheit zerstörten. Als sein größter Feind erwies sich der Winkelschreiber Lebius, der früher dem Schriftsteller seine Dienste für "bestimmte Summe" angeboten hatte, aber abgewiesen wurde. Am 22. März 1912 hielt May in Wien vor fast 3000 Besuchern den Vortrag "Empor ins Reich der Edelmenschen". Anwesend war auch seine Freundin, die Trägerin des Friedensnobelpreises Bertha von Suttner. Acht Tage später starb Karl May in Radebeul. Seine letzten Worte waren "Sieg! ... großer Sieg! Rosen ... rosenrot ...".

May besuchte Prag im Jahre 1898, da der Verleger J. R. Vilímek anfing ohne Mays Zustimmung, den "umgearbeiteten" Zyklus "Giölgeda Padishanün" (Im Schatten des Großherrn) herauszugeben. Zu Vilímeks Überraschung kam May nach Prag, und Prager Zeitungen veröffentlichten sofort Mays Protest wegen Verletzung seiner Urheberrechte. Dieser von katholischen Zeitungen unterstützte Protest zwang den J. R. Vilímek, die "umgearbeitete" Herausgabe zurückzuziehen. Die ersten offiziellen Verleger sind die Benediktiner in Rajhrad (Mähren) geworden (Durch die Wüste, Durchs wilde Kurdistan). Vilímek überredete endlich May, ihm die Herausgabe seiner Bücher zu überlassen. May war einverstanden und das lohnte sich für beide. Der Verleger Vilímek sparte gegenüber May nicht und gab seine Bücher mit Illustrationen bester Qualität heraus (Josef Ulrich, Venceslav Cerný). Zu dieser Zeit waren diese Bücher die schönsten am Markt und auch die Übersetzung von Dr. Guth-Jarkovský war ausgezeichnet – sein Honorar für die Übersetzung des ganzen Zyklus Im Schatten des Großherrn war 2000,- Gulden und das war damals viel Geld. Seit dem Jahre 1930 illustrierte der berühmte Illustrator Zdenek Burian die Bücher Mays für den Verleger Tou?inský. Nach seinem Tod übernahm diese Aufgabe der akademische Maler Gustav Krum für den Verlag Olympia. Beide Illustratoren stellen zwei Höhepunkte der tschechischen Illustration dar. Seit 1990 sind viele Romane Mays von verschiedenen Verlegern herausgegeben worden – leider in schlechter Übersetzung und mit noch häßlicheren Illustrationen.

Ich habe diesen Artikel mit der Erwähnung der Karl-May-Gesellschaft angefangen und werde auch mit der Information über den 15. Kongreß dieser Gesellschaft schließen: Die KMG will das literarische Werk K. Mays erschließen und bewahren, das Leben und Schaffen K. Mays erforschen und dem Autor und seinem Werk einen angemessenen Platz in der Literaurgeschichte verschaffen. Die Gesellschaft hat mehr als 2000 Mitglieder, im Jahre 1999 fand der 15. Kongreß mit reichem Programm in Hohenstein-Ernstthal vom 22. bis 26. September statt. (Aus: Kni?ní Znacka, [Zeitschr. d. tschech. Exlibrissammler] 1999, H. 4.)

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Maestro Julius Karr-Bertoli

Unser Mitglied (geboren am 16. 6. 1920) gibt ein Jubiläumskonzert zum 80. Geburtstag am 11. Juni um 20:00 im Orff-Saal in München-Gasteig mit Werken von Bach/Mozart/Hadyn. Für die Freunde im Norden sind sicher die Weimar-Termine 10. 6. (nachmittags) und 11.6. (vormittags) im Neuen Schloß von Interesse. Es musiziert das Thüringische Kammerorchester Weimar mit der Solistin Brigitte Horlitz, zur Aufführung kommen u.a. 5 Fugen, Symphonie Nr. 46, Konzert für Oboe (von Vaughan Williams) und Introduktion/Fuge von Schwarz-Schilling. Wir gratulieren herzlich zum runden Geburtstag!

 

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Entdecken Sie den Wilden Westen von Lubbock, Texas!

Entdecken Sie Altes und Neues von
Amerikas Wildem Westen. Wandeln Sie auf den Spuren von Karl Mays Winnetou und Old Shatterhand in Lubbock, Texas.

Für weitere Informationen über

National Cowboy Symposium
Working Ranches
Ranching Heritage Center

wenden Sie sich bitte an:

Lubbock Convention and Tourism Bureau
14th St. & Avenue K • P.B. Box 561
Lubbock, TX 79408
Tel.: +1 (806) 747-5232
Fax: +1 (806) 747-1419

Entdecken Sie eine texanische
Legende im legendären Lubbock!

Anzeige aus dem Amerika Journal, 1/1999, Jan./Feb. (J. Latka Verlag GmbH; 53127 Bonn). Mitgeteilt von Rüdiger Schwarz, Frankfurt/M.

 

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Billy Jenkins in Hohenstein-Ernstthal

Eine Sonderausstellung im Gasthaus "Stadt Chemnitz" in der Pölitzstr. 16 und eine Buchpräsentation, außerdem ein Wiedersehen mit Freunden in der May-Geburtsstadt, mehr als ein Anlaß zu einer Reise. In der Zeit vom 25. Februar bis 31.März lud die Ausstellung den interessierten Kenner und neugierigen Westernanhänger zum Besuch ein. Um es gleich zu sagen: Mit Karl May hat alles recht wenig zu tun, aber deutliche Bezüge und Verbindungen gibt es sehr wohl. Der Artist Jenkins (geboren als Erich Rosenthal) verkörperte den Sportsmann, der Karl May gerne gewesen wäre, er plauderte geradeso phantasievoll wie May und war vom gleichen Geist beseelt wie Patty Frank, der ein ausgesprochener May-Verehrer war, wie jeder weiß, der das Buch von Wolfgang Seifert aus dem KMV Bamberg gelesen hat. Daß ein Mitglied der KMG in unmittelbarer Nachbarschaft zur Jenkins-Farm in Berlin-Reinickendorf wohnt und sich nun seinerseits von diesem Kunstreiter, Schützen, Lassowerfer und Greifvogeldresseur inspirieren ließ, ist sicher kein Zufall, wir May-Fans wissen das. Der Glamour-Cowboy hat keinen seiner Romane selbst geschrieben, das ist also ein Unterschied, aber sein Leben verlief so spannend, wie andere unter seinem Namen schrieben.

Beides sei dem verehrten Leser nahegebracht: Die liebevoll unter Mitwirkung des Karl-May-Hauses gestaltete Ausstellung, und das ebenfalls in Druck und Ausstattung hervorragende im Hansa Verlag Husum erschienene Buch von Dr. Michael Zaremba: Billy Jenkins - Mensch und Legende.

dSch.

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Karl-May-Freundeskreise

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Wilhelm Brauneder

Treffen der Wiener Karl-May-Runde

Am 24. November 1999 traf sich die Wiener Karl-May-Runde zu ihrer "Herbstsitzung". Dr. Langsteiner berichtete über die Tagung der KMG in Hohenstein-Ernstthal. Er skizzierte nicht nur in höchst instruktiver Weise die einzelnen Referate, sondern beschrieb die Stimmung der Tagung und die Atmosphäre im Geburtsort des Maysters. Die hier vertretene These, der junge May sei doch nicht blind gewesen, regte begreiflicherweise zur Diskussion an. Hinweise von Herrn Hammerler auf das von ihm für das Jahr 2000 organisierte Karl-May-Treffen in Großenzersdorf nächst Wien hoben Erwartungen und Vorfreude auf dieses Ereignis. Unter den vielerlei kleinen Themen, die überdies noch erörtert wurden, gab es eine Diskussion zu dem Schriftsteller Friedrich Axmann, mit dem sich neben dem Schriftsteller Peter Krassa Dr. Robert Ciza beschäftigt. Seiner Meinung nach könnte Karl May die Axmann-Erzählungen überarbeitet haben, denn es sei merkwürdig, in Texten eines Österreichers neben dem hierorts gebräuchlichen "Rauchfangkehrer" auch die im Österreichischen ganz unüblichen Bezeichnungen "Schornsteinfeger" oder gar "Essenfeger" zu finden. Ein May-Axmann also?

'Lesung Karl-May-ABC am 5.Mai mußte ausfallen'

Das Treffen der Karl-May-Freunde aus der Berliner und Brandenburger Umgebung sollte im Rahmen einer Lesung der Autoren des Karl-May-ABCs am 5.Mai stattfinden. Anfang Februar war die Lesung mit der Buchhandlung Phoenix in den Borsighallen in Tegel und der Pressesprecherin des Reclam Verlages Leipzig, Inga Neumann, abgemacht. Die Autoren Frau Schury und Herr Essig sagten zu, der Reclam Verlag gab das Datum weiter, ließ die ersten Plakate drucken und auch die Phoenix Buchhandlung kündigte die Lesung in einem Faltblatt an. Ich lud via KMG-Nachrichten und anderen May-Möglichkeiten dazu ein.

Dann kam die Nachricht aus Leipzig: Die Phoenix-Buchhandlung sagte diese Lesung in der ersten Aprilwoche ab, "es würde nicht in ihr Konzept von jungen Berliner Autoren passen". Das hatte man natürlich Anfang Februar nicht gewußt! Persönlich werde ich auf jeden Fall diese Buchhandlung in Zukunft meiden.

Nun war guter Rat teuer. Zum Glück gab es eine zweite geplante Lesung, für den 4. Mai im Ethnologischen Museum, ehemalige Völkerkunde Museum Berlin, im Rahmen der dort stattfindenden Indianerausstellung. Dank einer älteren Liste von KMG-Mitgliedern aus Berlin sendete ich somit den meisten ein Brief mit dieser Änderung.

An dieser Stelle eine dicke Entschuldigung an alle, die diese Information nicht erhalten hatten, aber gerne gekommen wären. Michael Zaremba rührte zusätzlich die Werbetrommel im Norden Berlins, während ich versuchte im Süden tätig zu werden. Während ich dieses schreibe, hat die Lesung noch nicht stattgefunden, aber ich hoffe, daß sie von zahlreichen KMGlern besucht war.

Thomas Grafenberg

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Süd-West-Treffen

Die Karl-May-Freunde aus dem Rhein-Neckar-Gebiet laden wieder zu einer Begegnung ein, die am

17. Juni 2000 ab 17 Uhr

im Lokal "Mamma Rosa", Dreikönigstraße 8, in 58723 Schwetzingen (Tel: 06202-4335) stattfinden wird. Gäste und Interessenten sind herzlich willkommen.

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Walter Dölle, Traben-Trarbach

Es wird die Karl-May-Kenner in Erstaunen versetzen, aber die Begräbnisstätte von Karl und Klara May, welche dem Nike Tempel in Athen nachempfunden ist, befindet sich nicht auf dem Friedhof in Radebeul, sondern im Park der Villa Shatterhand. So jedenfalls wird auf dem Video der Polar Film und Medien GmbH berichtet. Dieses Video trägt den Titel "Auf den Spuren von Karl May - Abenteurer Autor Autodidakt". Es wird vom Karl-May-Verlag Bamberg vertrieben. Sollten sich die Verantwortlichen des Verlages das entsprechende Video nicht angesehen haben?

 

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