KMG-Nachrichten 128 -Juni 2001

Herausgegeben von Engelbert Botschen

Zwischen Eisenach und Luzern

Eisenach ist eine Reise wert – das versuchte ich schon im letzten Heft zu vermitteln. Mittlerweile konnten sich Vorstand und Mitarbeiterkreis davon überzeugen. Vom 30. März bis 1. April fand die alljährliche Vorstandssitzung und die Tagung des Mitarbeiterkreises in Eisenach statt. Konstruktiv und ergebnisorientiert wurden eine große Tagungsordnung abgearbeitet und die Aufgaben für das laufende Jahr abgesteckt. In der Vorstandssitzung ging es hauptsächlich um die Vorbereitung des Kongresses in Luzern; im Mitarbeiterkreis wurden Themen wie das Jahrbuch, die Reprintvorhaben oder auch das Verhältnis zum KMV diskutiert. Obwohl zu letzterem Thema schon Kommentare im Internet zu lesen waren, empfehle ich doch, den offiziellen Bericht in diesen Nachrichten zu lesen. Er wurde im Gegensatz zu den Internetartikeln von einem Teilnehmer der Mitarbeiterkreistagung verfaßt.

Der 16. Kongreß der Karl-May-Gesellschaft, zu dem ich nochmals recht herzlich einladen möchte, findet vom 21. bis 23. September 2001 in Luzern statt. Auf den folgenden Seiten befindet sich das vorläufige Tagungsprogramm. Ich glaube, daß der Kongreß ein weiterer Höhepunkt der Arbeit unserer Gesellschaft werden wird: Anspruchsvolle Vorträge, ein interessantes Begleitprogramm und auch die Unterhaltung kommt nicht zu kurz. Unser Schweizer Organisationskomitee vor Ort läßt nichts unversucht, um den Teilnehmern den Aufenthalt in Luzern zu einem unvergessenen Erlebnis zu machen. Wer also noch keine Unterkunft gebucht hat, sollte das schnellstens tun. Bisher liegen 165 Anmeldungen vor; das Tagungshotel ist restlos ausgebucht. Auch der Rigi-Ausflug findet starken Zuspruch, hier liegen bisher 140 Anmeldungen vor (Stand Ende April).

Für alle Reiselustigen in Sachen Karl May kann ich natürlich auch die Karl-May-Geburtsstadt Hohenstein-Ernstthal empfehlen. Seit dem Kongreß 1999 hat sich wieder einiges verändert. Gegenüber dem Karl-May-Haus wurde ein dreistöckiges Gebäude, das vom Verfall bedroht war, saniert und am 25. Februar als Karl-May-Begegnungsstätte feierlich der Öffentlichkeit übergeben. Außen mit einer Tafel als "International Karl May Heritage Center" gekennzeichnet, befindet sich innen neben einem Werner-Legere-Zimmer sowie Räumen für Sonderausstellungen und Vorträge auch das neue Büro von André Neubert, dem Leiter des Karl-May-Hauses.

Im März erschien beim Verlag Neues Leben das Buch von Klaus Hoffmann "Karl Mays Werke". Dazu ebenfalls in diesen Nachrichten zwei Rezensionen. Es verwundert sicherlich niemanden, daß vom Karl-May-Verlag eine einstweilige Verfügung gegen die Auslieferung des Buches erwirkt wurde. Diese Angelegenheit ging ja (sicherlich werbewirksam) durch einen großen Teil der deutschen Presse. Höhepunkt des Ganzen war ein Beitrag im Kultur-Journal von N3 am 23. April mit dem Fazit: Das Buch ist die späte Rache der Stasi am Karl-May-Verlag. Daß mir danach unwillkürlich ein Ausspruch von Max Liebermann aus dem Jahr 1934 einfiel, wird mir wohl hoffentlich keiner übelnehmen.

Kurz vor Redaktionsschluß meiner Zeilen erreichte mich eine Nachricht, die mich tief erschütterte: Hansotto Hatzig ist tot. Einer der bedeutendsten Karl-May-Forscher, Mitbegründer und Ehrenmitglied unserer Gesellschaft ist von uns gegangen. Selbst im hohen Alter von 81 Jahren hat er nicht nur rege Anteil an unserer Arbeit genommen, sondern auch aktiv mitgearbeitet. Noch Anfang des Jahres dachte er darüber nach, ob er nicht zur Tagung nach Eisenach kommen solle. Sein Tod hinterläßt eine tiefe Lücke, die sicher nicht so leicht zu schließen sein wird.

Am 5. Mai konnten unser Vorsitzende Prof. Dr. Reinhold Wolff seinen 60. und am 15. Mai unser Ehrenvorsitzender, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Claus Roxin seinen 70. Geburtstag feiern. Unabhängig davon, daß darauf im Inneren des Heftes noch ausführlicher eingegangen wird, ist es mir ein Bedürfnis, beiden an dieser Stelle ganz herzlich zu gratulieren und Ihnen, wie allen Mitgliedern, die in den letzten drei Monaten ihren Geburtstag feiern konnten, alles Gute, Gesundheit und weiterhin Spaß und Freude in der Karl-May-Gesellschaft zu wünschen.

Liebe Mitglieder, ich hoffe, wir bekommen nach den Wetterkapriolen der letzten Wochen einen sonnigen Sommer, damit wir in den bevorstehenden Urlaubsmonaten Kraft tanken können. Bis September verbleibe ich mit herzlichen Grüßen

Ihr

Hans Grunert Geschäftsführer

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Neues Karl-May-Buch von Helmut Schmiedt erschienen

Das neue Buch unseres stellvertretenden Vorsitzenden und Jahrbuch-Mitherausgebers Prof. Dr. Helmut Schmiedt ist jetzt erschienen: Der Schriftsteller Karl May. Beiträge zu Werk und Wirkung. Hrsg. von Helga Arend. Hansa Verlag, Husum 2000, 336S. Wie mehrfach angekündigt (vgl. vor allem die ausführliche Vorstellung durch unseren Ehrenvorsitzenden, Prof. Dr. Claus Roxin, in den Mitteilungen 125, September 2000, S. 66-68), enthält der Band 17 Aufsätze zum Thema May (darunter auch mehrere, die nicht in Publikationen der KMG gedruckt oder nachgedruckt sind), ferner ein Geleitwort unseres Vorsitzenden, Prof. Dr. Reinhold Wolff, und eine Vorbemerkung der Herausgeberin.

Der Ladenpreis für das Buch beträgt 39,80 DM; KMG-Mitglieder erhalten es für 35,-- DM über die Bestelladresse: Ulrike Müller-Haarmann, Gothastr. 40, 53125 Bonn.

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Zeitungs- und Zeitschriftenartikel-Archiv der KMG

In der letzten Zeit hat der (tröpfelnde) Strom der Einlieferungen aus Migliederkreisen nachgelassen - deshalb die erneute Bitte: Durchforsten Sie doch mal Ihre Ausschnitts-Bestände! Das Archiv nimmt (fast) alles an: Originale, lesbare Kopien. Falls Originale zurückgeschickt werden sollen - auch das ist möglich. Falls Sie gezielt schicken wollen: Unter

http://karlmay.uni-bielefeld.de/kmg/seklit/aarchiv/index.htm

lässt sich der Bestand des Archivs Teil 2 (1913 - 1969) ansehen - bisher nicht online, man muss sich eine Datei runterladen. Die Online-Recherche ist in Planung!

Also Material für die Zeit 1913 - 1969 an Sigbert Helle, Grundweg 5 - 22850 Norderstedt. T.: 040 528 11 92 -

Fax: 089 2443 50737 - sigbert@helle.nu

für die Zeit bis 1912 an: Wolfgang Sämmer

Zweierweg 52 - 97074 Würzburg

T: 0931-882167

Größere Bestände bitte nach vorheriger Absprache!

Sigbert Helle

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Joseph Kürschners "China" und Karl Mays "Et in terra pax"

Vor genau 100 Jahren gab Joseph Kürschner einen etwa 800seitigen Prachtband im Quartformat mit 30 farbigen Kunstblättern, 1 Gedenkblatt, 716 Textillustrationen und 2 Karten "China. Schilderungen aus Leben und Geschichte, Krieg und Sieg. Ein Denkmal den Streitern und der Weltpolitik" heraus, dessen dritter Teil "Erzählendes und Anderes von und aus China" in einem eigenen Abschnitt auf 142 Seiten mit vielen farbigen Illustrationen von Ferdinand Lindner den Erstdruck von Karl Mays Erzählung "Et in terra pax" enthält.

Kürschners Sammelwerk sollte zur Verherrlichung der deutschen China-Expedition dienen, mit der das deutsche Reich – nach der Reichsgründung erst spät in die Reihe der Kolonialmächte eingetreten – gegenüber den längst etablierten Mächten nicht nur seinen Anspruch auf einen "Platz an der Sonne" sondern letztlich auf die Weltherrschaft dokumentieren wollte: Die Einleitung "Weltmachtpolitik und Flotte" im "China-Band" spricht es deutlich aus, daß "auch Deutschland als vollwichtiger Kämpfer in den Wettbewerb der Großmächte" eingetreten sei, um "mitzuwirken an der Beherrschung der Erde durch die weiße Rasse", das "nichts auf weiter Welt mehr geschehen kann ohne den deutschen Kaiser und ohne die deutsche Flagge".

1897 hatte die Ermordung zweier Steyler Missionare als Vorwand gedient, die Bucht von Kiautschou mit dem Dorf Tsingtau zu annektieren und einer schwachen chinesischen Regierung einen Pachtvertrag über 99 Jahre abzuzwingen. 1900 endlich lieferte der sog. "Boxeraufstand" und die Ermordung des deutschen Gesandten v. Ketteler Wilhelm II. den ersehnten Interventionsgrund. Von seinen Beratern mühsam an einem deutschen Alleingang gehindert, forderte er erfolgreich eine internationale Mobilmachung unter dem Oberbefehl des deutschen "Weltmarschalls" Graf von Waldersee. Eindeutig entlarvend der kaiserliche Scheidegruß an das deutsche Expeditionskorps am 27. Juli, die sog. "Hunnenrede": "…Pardon wird nicht gegeben; Gefangene nicht gemacht. …so möge der Name Deutschland in China in einer solchen Weise bekannt werden, daß niemals wieder ein Chinese es wagt, etwa einen Deutschen auch nur scheel anzusehen." Im Ergebnis mußte die chinesische Regierung bedingungslos kapitulieren und am 7. September 1901 einen demütigenden Friedensschluß unterzeichnen.

Kürschners Werk umfaßt drei Teile, der erste "China, Land und Leute" (274 Seiten) enthält kompetente Beiträge namhafter Gelehrter, Forschungsreisender und Schriftsteller über Land und Leute, Regierung und Mandarinentum, Rechtspflege und Militär, Religion und Bräuche, Sprache, Literatur und Kunst, Landwirtschaft und Viehzucht, Unterricht, Handel und Verkehr, die Geschichte Chinas und seiner Beziehungen zu Deutschland. Der zweite "Die Wirren 1900/1901" (222 Seiten) – für den Historiker nicht zuletzt durch die zahlreichen Bildbeigaben durchaus interessant – errichtet dann den "Streitern der Weltpolitik" in bester militaristischer und imperialistischer Manier das erwartete "Denkmal".

"Weiteste Kreise fesseln" und "ihnen neben dem rein Schilderndem und Berichtendem auch Unterhaltendes" (Kürschner im Vorwort) bieten sollte der dritte Teil "Erzählendes und Anderes von und aus China" (232 Seiten). Als Zugpferd sollte hier Karl May dienen, der seit "Der Kiang-Lu" (1880) und "Der blau-rote Methusalem" (1892) als Chinakenner galt und sogar seit 1899 in Kürschners Literaturkalender mit Übersetzungen aus dem Chinesischen genannt war. Weitere seinerzeit bekannte Autoren (u. a. Felix Dahn, O. J. Bierbaum) sollten dazu beitragen. Mit seiner pazifistischen Reiseerzählung "Et in terra pax" (Dritter Teil. Erster Abschnitt. Umfang 142 Seiten) "enttäuschte" May im Gegensatz zu den meisten anderen Beiträgern jedoch bewußt und nachhaltig die Erwartungen des Herausgebers Kürschners.

Ein Reprint, der sich auf den Abdruck von Mays Erzählung beschränken würde, bliebe eindimensional. Nur eine umfangreiche, repräsentative Auswahl aus allen drei Teilen vermag dem Leser wie dem Forscher den nötigen Eindruck zu vermitteln und darüber hinaus ein kulturhistorisches Quellenwerk zu liefern. So ist ein Band entstanden mit einem Gesamtumfang von 544 Seiten, der die bisherigen Reprints an Ausstattung und Inhalt deutlich übertrifft!

Besondere Aufmerksamkeit verdient der einleitende Essay "Hunnen und Gentlemen" (S.11-31) des Herausgebers, des Privatdozenten Dr. Dieter Sudhoff. Eine gekürzte Fassung des Essays mit dem Untertitel "Wilhelminischer Imperialismus und literarischer Idealismus am Beispiel von Joseph Kürschners Sammelwerk ,China. Ein Denkmal den Streitern und der Weltpolitik‘ und der pazifistischen Reiseerzählung ,Et in terra pax‘ von Karl May" hat Dr. Sudhoff am 7.2.2001 als Habilitationsvortrag an der Universität Paderborn vorgestellt und sich hierdurch die venia legendi im Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaften (Neuere Deutsche Literatur) erworben.

Dann folgen von der Buchausgabe abweichende Seiten aus einem Lieferungsheft (S. 33-41). Reprint der Buchausgabe: Titelei, Vorworte, Inhaltsverzeichnis u.a. (S. 42- 64), Erster Teil: China. Land und Leute (S. 65-164), Zweiter Teil: Die Wirren 1900/1901 (S. 165-232). Farbige, ganzseitige Kunstbeilagen (S. 233-263). Dritter Teil. Erzählendes. 1 Abschnitt: Karl May. Et in terra pax mit farbigen Illustrationen von Lindner (S. 265-407), Bildseiten mit den neuen Duoton-Illustrationen von Roegge (S. 409-464), Erzählendes. 2. Abschnitt (S. 465-542). Abgerundet wird der Band durch ein Gesamtinhaltsverzeichis, Bibliographie etc.

So wird ein Reprint angeboten, der sich in Ausstattung (Leinen mit Schutzumschlag, Fadenheftung, farbige Vorsätze – alle farbigen Seiten werden farbig wiedergegeben –), Format (23x31 cm) möglichst am Original orientiert. Eine zweite Bestellkarte liegt bei, Auslieferung an die Vorbesteller August/September 2001! Ruprecht Gammler

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Claus Roxin 70 Jahre

Lieber Claus,

Zuvor möchte ich Dir, gewissermaßen in höherem Auftrag, die herzlichsten Geburtstagsgrüße übermitteln im Namen von rund zweitausend Gratulanten - so vielen, wie die Karl-May-Gesellschaft Mitglieder zählt. Wohl ist der 70. Geburtstag, den Du am 15. Mai begehst, kein so seltenes Fest mehr. Wer wird heute nicht alle siebzig? Karl May erreichte dieses Alter allerdings nur mit letzter Kraftanstrengung, und der Wiener Akademische Verband für Literatur und Musik nahm das Ereignis zum Anlaß, ihn zu einem Vortrag über sein Leben und Werk einzuladen. Dieser 22. März 1912 wurde siebenundfünfzig Jahre später nicht zufällig der Gründungstag der Karl-May-Gesellschaft.

Nun gehörst Du, lieber Jubilar, auch zu denen, die von sich behaupten dürfen, siebzig zu sein - Du magst wollen oder nicht, Sihdi. Wir Siebzigjährigen, höre, wir rechnen uns noch lange nicht zum alten Eisen und fühlen uns auch keineswegs als Greise. Bei Karl May war das anders. Als er jenes "Großmütterchen"-Gedicht niederschrieb - ein wohl kunstloses, aber schönes Beispiel echter Volkspoesie -, in dem die Zeile vorkommt: Ich selbst bin alt, fast schon ein Greis, da stand er erst in den Sechzigern. Obgleich von der Siebzig noch meilenweit entfernt, sah er sich selbst schon fast als Greis.

Die Jahreszahl 1969 ragt in der Biographie eines jeden von uns als ein wichtiges, lebensbestimmendes Zeichen hervor. Eine Handvoll Leute, gründeten wir damals die KMG. Du warst halb so alt wie heute und ließest Alfred Schneider in Hamburg, unseren spiritus rector, mit ein paar, vielleicht in Eile so hingeschriebenen, nicht allzu ernst gemeinten Zeilen wissen, daß Du Dich noch nicht für zu alt halten würdest, für Karl May, Deinen Freund seit Jugendtagen, "etwa zu tun". An einen Verlauf, den das gewagte Unternehmen dann nahm - ohne Geld, ohne Förderung von außen, ja gezwungen, gegen mancherlei Unbill anzukämpfen -, wirst Du selbst kaum gedacht haben. Die wenigsten von uns haben damit gerechnet. Aber auch wer damals leichten Sinnes unsere Gründung nur für eine Episode hielt, die aufscheinen und nach kurzer Zeit wieder in der Versenkung verschwinden würde, sah sich bald getäuscht. Eine angesehene literarische Gesellschaft ist aus einem lebensschwachen Anfang ans Licht gestiegen, eine Gesellschaft, die Anspruch darauf erheben darf, sich im allgemeinen Kulturbetrieb Geltung verschafft und dafür gesorgt zu haben, daß der Name Karl May in den Stätten von Lehre und Forschung, an unseren Universitäten und Hochschulen, mit Achtung ausgesprochen wird. Aber ohne Dich, lieber Claus, wäre die KMG nie das geworden, was sie ist. Den Optimismus, die kindliche Zuversicht, die Du ausstrahlst, habe ich stets an Dir bewundert. (Oder hast Du sie manchmal nur vorgetäuscht?) Mir, dem leicht Zaudernden und Zweifelnden, hast Du in einer schwachen Stunde, als der Wind uns wieder einmal kräftig ins Gesicht blies, Mut zugesprochen mit der mir kühn erscheinenden Behauptung: "Wir arbeiten an einem Kulturwerk, das uns alle überdauern wird." So steht es in einem Brief. Vielleicht kommt es ja wirklich noch so. Hat nicht Carl Zuckmayer, bezogen auf Karl May und sein Werk, einmal ähnliche Worte gesprochen?

Wie oft stehe ich in Hannover vor dem Gebäude in der Schumacherstraße, in dem einst die Gründer der KMG zusammenkamen. Ohne besondere Regung, rein geschäftsmäßig, fast ein bißchen gelangweilt lief das alles ab, was so feierlich Gründung heißt: Befragung, Handaufheben, Gegenprobe, Beschlußfassung. Der schlanke, hochgewachsene Herr Mitte dreißig, mit der norddeutschen, hanseatisch klingenden Stimme, im Trenchcoat, barhäuptig trotz des regnerischen Wetters, einen prall gefüllten Koffer mit sich führend: das war jener Professor aus Göttingen, den der rührige Alfred Schneider, der unser Geschäftsführer wurde, wegen des klangvollen Titels unbedingt in den künftigen Vorstand holen wollte. (Besagter Professor trägt auch als Siebzigjähriger und bei kühlsten Temperaturen noch immer keinen Hut, wiewohl er inzwischen über ein rundes Dutzend Doktorhüte verfügt, die ihm ehrenhalber die verschiedensten Universitäten rund um den Erdball verliehen haben - und noch ist kein Ende dieser Ehrungen abzusehen. Im vorigen Jahr hat den gebürtigen Norddeutschen sogar die Stadt München mit der goldenen, an Thomas Mann erinnernden Medaille "München leuchtet" geehrt. Aber kam der nicht auch aus Norddeutschland?)

Lieber Freund und Professor: Ich möchte noch lange so fortfahren mit seligem Schwelgen in Erinnerungen, weil das so meine Art ist. Aber ich sehe schon das besorgte Gesicht unseres Redakteurs, der das alles unterbringen soll. Ja, ich komme zum Schluß. Nur eines gestatte man mir noch auszusprechen: Vor Jahren bat ich Dich einmal, Deine Memoiren aufzuschreiben, erhielt aber eine Absage. "Zu Memoiren fühle ich mich einstweilen noch nicht aufgelegt", entgegnetest Du. "Ich bin ja noch voll im Geschirr und habe für Rückblicke keine Zeit." So frage ich denn ergebenst nochmals: Wäre nicht heute die Zeit dafür gekommen, Emeritus? Und sollte ich abermals einen Korb ernten, so wage ich, nicht locker lassend, die weitere Frage: Was würdest Du von dem Vorschlag halten, als Krönung Deines Ruhestandes eine Karl-May-Biographie zu schreiben, wie wir sie noch nicht besitzen - wie sie uns noch nicht geboten wurde: eine Biographie der Biographien, ein literarisches Glanzstück, ein Meisterwerk biographischer Prosa?

Bei Allah: Sag ja!

Mit Freundesgruß

Erich Heinemann

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Reinhold Wolff zum 60. Geburtstag

Als Reinhold Wolff, Professor für Literaturwissenschaft an der Universität Bielefeld, Anfang der 90er Jahre erstmals in näheren Kontakt zur Karl-May-Gesellschaft trat, deren eigenartiger, im Vergleich zu anderen literarischen Gesellschaften höchst ungewöhnlicher Reiz ihn angelockt hatte, war keineswegs absehbar, was daraus später werden würde; und als er 1992 im Rahmen eines Karl-May-Symposiums an der Universität Bonn, das vom dortigen Germanistischen Seminar und der KMG veranstaltet wurde, erstmals einen May-Vortrag hielt (nachzulesen in unserem Jahrbuch 1993), war immer noch nicht zu erkennen, dass daraus überhaupt mehr werden würde als eine institutionell flüchtig gestützte Begegnung mit einem Schriftsteller, wie sie zur Alltagsroutine professioneller Literaturwissenschaftler gehört, die heute auf dieser Tagung zum Autor X reden und morgen in jenem Buch zum Thema Y schreiben.

Aber Reinhold Wolff blieb der Sache treu, wobei zunächst einmal schwer zu unterscheiden war, ob die "Sache" eher das literarische Phänomen Karl May war oder die Einrichtung KMG, das "Kleinod" unter den literarischen Gesellschaften Deutschlands, wie Wolff sie bald danach mit einiger Faszination nannte. Als sich in der zweiten Hälfte der 90er Jahre die Notwendigkeit ergab, nach einem Nachfolger für den langjährigen Vorsitzenden Claus Roxin Ausschau zu halten, fiel der Blick auf ihn, und im Herbst 1999 wurde er in Hohenstein-Ernstthal von der Mitgliederversammlung nahezu einstimmig in dieses Amt gewählt. Der Wunsch des vorherigen Vorsitzenden, ein Hochschullehrer der Literaturwissenschaft möge sein Nachfolger werden, und die Vorstellung, dies sei in Anbetracht der weiterhin von manchem angezweifelten Bedeutung Mays in der deutschen Literaturgeschichte die beste Lösung für die KMG, sind auf ideale Weise in Erfüllung gegangen.

Wolff ist ein überaus renommierter, vielseitig aktiver Vertreter der Literaturwissenschaft; der Unterzeichnete hat in dankbarer Erinnerung, wie er sich vor vielen Jahren in das Thema Literaturpsychologie einzuarbeiten begann und dabei mit großem Ertrag vor allem einen unter mehreren seinerzeit vorliegenden Sammelbänden zu diesem Komplex studierte, den eben der ihm damals noch völlig unbekannte Reinhold Wolff zusammengestellt und kommentiert hatte. Dass Wolff von der Romanistik herkommt und die Allgemeine Literaturwissenschaft vertritt - also nicht Germanist im konventionellen engeren Sinne ist -, hat sich ausweislich seiner bisherigen May-Aufsätze als Vorteil erwiesen: Der erwähnte Beitrag über Mays Umgang mit den Dichterstereotypen des 19. Jahrhunderts profitiert ersichtlich ebenso von dieser umfassenderen Perspektive wie der im Jahrbuch 2000 abgedruckte Hohenstein-Ernstthaler Vortrag über expansive Phantasiewelten.

Mit Reinhold Wolff verfügt die KMG erstmals über einen Vorsitzenden, der nicht zu den Mitarbeitern der Gründungsphase gehört, und er trat sein Amt gleichzeitig mit anderen Neulingen in wichtigen Vorstandspositionen an; der damit von vornherein gewiss nicht unproblematische Übergang in diesen neuen Abschnitt der KMG-Arbeit ist inzwischen – soviel kann man nach etwas mehr als anderthalb Jahren wohl schon feststellen – erfolgreich bewältigt worden. Wolff verbindet geradezu programmatisch die Anknüpfung an bewährte und sinnvollerweise lebendig zu haltende KMG-Traditionen mit neuen Projekten; seine Hommage an den Ehrenvorsitzenden in der Einleitung des Jahrbuchs 2000 steht demonstrativ für das eine, das Symposion im amerikanischen Lubbock, das auf bisher einzigartige Weise den internationalen Charakter der KMG unterstreicht, bezeugt das andere. Es ist dem neuen Vorsitzenden gelungen, das Engagement der KMG-Mitglieder so aktiv wie eh und je zu halten; die kontinuierlich hohen Spendenerträge belegen dies, und wer etwa bei der jüngsten Vorstands- und Mitarbeitersitzung in Eisenach dabei war, erlebte einen ebenso kooperativen wie zielstrebigen Versammlungsleiter, unter dessen Ägide denn auch Projekte auf den Weg gebracht wurden, die einst als Meilensteine in der KMG-Historie gelten werden.

Am 5. Mai beging Reinhold Wolff seinen 60. Geburtstag. Die Karl-May-Gesellschaft gratuliert ihrem Vorsitzenden herzlich und wünscht ihm Gesundheit, ungebrochene Schaffenskraft, persönliches und berufliches Glück und die kontinuierliche Fortsetzung seiner erfolgreichen KMG-Arbeit.

Helmut Schmiedt

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16. Kongreß der Karl-May-Gesellschaft

vom 21. bis 23. September 2001 in Luzern - Vorläufiger Tagungsablauf

Freitag, 21. September 2001

11.00: Empfang der Stadt Luzern für den Vorstand und Mitarbeiterkreis

anschließend Pressekonferenz

14.00: Eröffnung des 16. Kongresses

14.30: Vortrag Prof. Dr. Braungart, Bielefeld:

Erbauliche Provokationen – Provokationen des Erbaulichen

Anmerkungen zur Lyrik Karl Mays

16.00. Vortrag Dr. Silvia Zahner (Obfelden/Schweiz):

"Und Friede auf Erden" – eine erzähltheoretische Analyse

18.00: Videofilm Maarten van Diggelen (Koudekerk/Niederlande)

Ich und meine Gesellschaft

19.30: Buchauktion

Sonnabend, 22. September 2001

09.30 Mitgliederversammlung lt. gesonderter Tagesordnung

13.15: Abfahrt zur Rigi

15.00: Ankunft auf der Rigi, Rundgang

16.00: Vortrag Walther Ilmer (Bonn):

Karl May im Zwielicht:

Hehres Anliegen "Pax" mit Schönheitsfehlern.

anschließend Kurzprogramm der Schweizer Karl-May-Freunde

geselliger Abend

21.30: Rückfahrt nach Luzern

Sonntag, 23. September 2001

09.30: Vortrag Prof. Dr. Ulf Abraham (Würzburg)

Der Held als Musterschüler und Oberlehrer.

Der Motivkomplex "Schule – Lernen – Belehren" in ausgewählten

"Reiseerzählungen" Karl Mays.

11.00: Vortrag Rolf-Bernhard Essig (Bamberg):

"Deine Klugheit ist so kurz wie eine Blutwurst"

Sprichworte und Redensarten bei Karl May

12.00: Schlußwort des Vorsitzenden

Außerhalb des offiziellen Tagungsprogramms:

Donnerstag, 20.September

20.00: Ausstellungseröffnung "Durch die Wüste auf die Rigi" in der Zentral- und Hochschulbibliothek

Freitag, 21. September

22.30 Uhr: Nocturne in der Hofkirche)

Tagungsort ist das Hotel Tulip Inn, ehem. Kolping, Friedenstr. 8, Luzern. Weitere Veranstaltungen bzw. Details werden in der Septemberausgabe der KMG-Nachrichten ausführlich vorgestellt.

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Eisenach

Mitarbeitertagung der KMG am 31.3. - 1.4.2001

Die Orte der Kongresse werden sehr sorgfältig unter Karl-May-Aspekten ausgewählt und von der Mitgliederversammlung beschlossen. Etwas legerer wird bei der Ortswahl der Mitarbeiter-und Vorstands-Sitzungen vorgegangen, oft ist eine zentrale Lage und gute Erreichbarkeit vordergründig, so auch bei der Festlegung auf Eisenach, wo vom 31.3. bis 1.4.2000 im Hotel Aspekt getagt wurde. Emsig wie er ist, suchte Dr. Christian Heermann nach Verbindungen dieser Stadt zu Karl May und wurde von Tatsachen belohnt: Joseph Kürschner, Herausgeber des Lexikons ‚Deutscher Litteraturkalender’, bekannt auch als Verleger der Monatsschrift "Vom Fels zum Meer", war ab 1892 Einwohner dieser Stadt. Eine Strasse trägt seinen Namen, seine Villa Hohenhainstein liegt vis-á-vis der Wartburg. Welch schöner Aspekt! -dSch

Am Freitagabend (30.3.) hatten schon Herausgeber und Redaktion des Jahrbuchs getagt; am Vormittag des 31.3. folgte eine Vorstandssitzung - die Ergebnisse dieser Besprechungen flossen in die Beratungen des Mitarbeiterkreises ein.

Zu Beginn der Sitzung gab Prof. Wolff einen kurzen Rückblick auf das Symposium in Lubbock und stellte den Inhalt der geplanten Dokumentation der dort gehaltenen Vorträge und Ansprachen vor. Über den Verlauf des Symposiums haben wir bereits in den KMG Nachrichten 126 (Dezember 2000) berichtet.

Der bevorstehende Kongreß der Karl-May-Gesellschaft in Luzern beschäftigte sodann die Mitarbeiter. Die Tagung findet vom 21.9.–23.9.2001 statt. Es lagen schon 120 Anmeldungen vor; das Tagungshotel ist ausgebucht, doch stehen noch reichlich Unterkünfte zur Verfügung. Das vorgesehene Programm (Vortragstitel sind vorläufig) ist vorstehend (Seite 10) veröffentlicht.

Die Mitgliederversammlung wird die übliche Tagesordnung haben (Seite 11). Unter dem Punkt "Anträge" werden die vom Vorstand vorgeschlagenen Punkte Satzungsänderung sowie Anträge zur Neufestsetzung von Aufnahmegebühr und Beitrag eingebracht. Die Aufnahmegebühr soll auf 4 * festgesetzt, der Jahresbeitrag auf runde 26 * umgestellt werden.

Das seit langem vergriffene Karl-May-Handbuch hinterließ eine merkliche Lücke; Vorstand und Mitarbeiter hatten daher die Neuherausgabe eines überarbeiteten Karl-May-Handbuches beschlossen.

Herr Rettner, der Redakteur der Überarbeitung, berichtete über den Stand der Arbeit. Zunächst werden die Autoren ihre Texte zur Korrektur erhalten (soweit noch nicht geschehen). Ende April soll dann das Manuskript an den Verlag gehen; Ende Oktober – zur Frankfurter Buchmesse – soll die Neuauflage dann erscheinen.

Der geplante Ladenpreis wird bei 68,- DM liegen, die Mitglieder der KMG erhalten einen Vorzugspreis, der bei ca. 44,- DM liegen könnte.

Am Rande der Besprechungen wurden auch Einzelfragen geklärt. So trug Herr Biermann die Anfrage eines blinden May-Lesers vor, ob auch die "Mitteilungen" in digitalisierter Form zur Verfügung gestellt werden können. Herr Schönbach sieht dafür eine Möglichkeit, deren Realisierung er mit Herrn Biermann klären will. (Digitalisierte Texte können bereits in annehmbarer Form automatisch vorgelesen werden)

Es wurde nochmals der Punkt der Abstimmung zwischen "Nachrichten" und "Mitteilungen" angesprochen und eine präzisere Absprache angemahnt. Die Redakteure weisen darauf hin, daß dies nicht immer eindeutig möglich sei. Grundsätzlich gilt weiterhin, daß Forschungsbeiträge ihren Platz in den "Mitteilungen", Vereinsinterna, Aktuelles und Nachdrucke von Rezensionen o.ä. ihren Platz in den "Nachrichten" haben.

Herr Schönbach stellte seinen Vorschlag vor, die von der KMG veröffentlichten Reprints in Form digitaler Fotokopien aufzubereiten und den Mitgliedern auf CD-Rom zum Verkauf anzubieten. Er berief sich dabei auf den satzungsgemäßen Auftrag der KMG, Karl Mays Texte zu bewahren und zu verbreiten. Dabei sei auch das neue Medium CD-Rom zu nutzen und biete den großen Vorteil, vergriffene Reprints ohne großen Kostenaufwand wieder auf Dauer verfügbar zu machen und zudem May-Texte in einer sehr preiswerten Form der Forschung zur Verfügung zu stellen. Er wies auf das Beispiel der CD-Version der Internet-Seiten der KMG an, die gut laufe, obwohl jederzeit auch die Zugriffsmöglichkeit auf das Internet bestehe.

Herr Wolff merkte an, daß die May-Texte selbst und eventuell verwertete Bibliotheksbestände Copyright-frei sind. Lediglich die Autoren der Einleitungen haben ein Copyright auf ihren Text. Herr Schönbach wird diese Autoren diesbezüglich befragen; die anwesenden Autoren (die Herren Roxin, Ilmer und Heinemann) gaben bereits ihre Zustimmung zu einer Veröffentlichung auf CD-Rom.

Herr Gammler machte zudem den weiterführenden Vorschlag, nicht die Reprints, sondern ganze Jahrgänge der betreffenden Zeitschriften (etwa "Deutscher Hausschatz" und "Guter Kamerad") auf CD-Rom zu veröffentlichen. Herr Schönbach steht dem aufgeschlossen gegenüber, weist aber darauf hin, daß Mitarbeiter gefunden werden müßten, die die digitalen Kopien erstellen. Herr Wolff plädierte dafür, beide Projekte parallel, aber getrennt von einander zu verfolgen.

Es folgten Berichte der Projektleiter zu den einzelnen Programmen. Herr Gammler berichtet über den Reprint von "Et in terra pax", der für August/September 2001 zur Veröffentlichung vorgesehen ist (s.a. Seite 5/6). Es gibt bisher 155 Vorbestellungen. Der einleitende Essay wurde von Herrn Sudhoff verfaßt. Es wird ein Reprint verschiedener Erzählungen aus der Frühzeit Mays (u.a. aus den Zeitschriften "Deutsches Familienblatt", "Weltspiegel" und "All-Deutschland") folgen. Alle Vorworte sind nunmehr vorhanden, der Reprint ist druckfertig.

Herr Brauneder will in den nächsten Nachrichten einen Aufruf an alle Mitglieder veröffentlichen (vergl. Seite 24), die im Besitz von Durchschriften der sogenannten "Patsch-Rundschreiben" sind, sich zu melden, um so die Möglichkeit zu schaffen, diese Texte der frühen May-Forschung insgesamt wieder zugänglich zu machen. Auch das Original der bekannten Postkarte von Sophie von Stieber soll auf diese Weise gesucht werden.

Herr Griese hat noch nicht genügend Material für einen weiteren Band der Autographica zusammen.

Ralf Schönbach berichtete über die Weiterführung der Arbeit an der Sekundärliteraturbibliographie. Nach dem Ausscheiden von Herrn Lucius wird die Datenbank jetzt von Herrn Monnerjahn betreut.

Er gab noch einen Überblick über die Nutzung der Internet-Seiten: Es gebe ca. 400.000–1.000.000 Zugriffe pro Monat, 4.000–7.000 davon auf die komprimierten Textarchive. Das Angebot sei weiter ausgebaut worden, so etwa um den "Dankbaren Leser", eine digitale May-Chronologie und eine englische Übersetzung von "Mein Leben und Streben" und "Durch die Wüste".

Herr Sämmer berichtete über den Stand der Arbeit für die Zeitungsarchive. Die Bestandsliste ist auf 47 Seiten angewachsen. Er habe nunmehr die Zeitschrift "Pädagogisches Archiv" ausgewertet, die eine Reihe zeitgenössischer May-Rezensionen enthält.

Herr Biermann betont, daß es auch zur Veröffentlichung interessanter Materialien kommen müsse, etwa in den "Mitteilungen" oder auch als Sonderheft. Herr Roxin weist darauf hin, daß gerade zeitgenössische Rezensionen bisher kaum wiederveröffentlicht worden sind, sondern bisher meist Material über Mays Leben berücksichtigt worden sei, und unterstützt den Gedanken, dazu ein Sonderheft oder eine Materialsammlung zusammenzustellen.

Herr Hallmann ergänzt, daß man in Hohenstein-Ernstthal Mays Heimatzeitung durchforstet habe und interessante Artikel gefunden habe, aus denen noch 2001 ein kommentiertes Materialienheft zusammengestellt werden soll.

Herr Neubert informiert am Sonntag Vormittag über die Eröffnung der Karl-May-Begegnungsstätte gegenüber dem Karl-May-Haus am 25.2.2001, die in Zukunft für Veranstaltungen und Sonderausstellungen genutzt werden wird.

Die letzte Ausstellung war der Indianermalerei gewidmet, z. Z. läuft die Fotoausstellung "Der Geist des Llano estacado". Voraussichtlich im Oktober wird die nächste Ausstellung eröffnet: "Karl May in der DDR".

Heft 14 der "Karl-May-Haus Information" soll im Jahr 2001 erscheinen.

Herr Wagner berichtete, die finanzielle Situation des Karl-May-Museums Radebeul habe sich normalisiert. Im Jahr 2000 war eine Ausstellung dem Thema "Sächsische Einwanderer unter den Mormonen" gewidmet. Die neue Ausstellung steht unter dem Thema "Patty Frank und die Indianerschlacht am Little Bighorn". Außerdem hat sich das Karl-May-Museum an acht Ausstellungen außerhalb Radebeuls beteiligt.

Die Bestände des Museums sind weiter ergänzt worden, u.a. wurde der Nachlaß Wohlgschaffen-Braun erworben. Im Rahmen des Freundeskreises Karl-May-Museum fand eine Reihe von Vorträgen statt.

Herr Grunert informierte, daß der Vorstand der Mitgliederversammlung einen Antrag auf Satzungsänderung vorlegen wird, der die Streichung der Nennung der Höhe der Aufnahmegebühr in der Satzung vorsieht sowie festlegt, daß Mitgliedsbeitrag und Aufnahmegebühr jeweils von der Mitgliederversammlung der KMG bestimmt werden.

Herr Richter teilte mit, daß im Rahmen der Umstellung auf den Euro die Angebotsliste im Dezember erstmals die Preise auch in Euro ausweisen wird. Dabei wird der Preis der Sonderhefte jeweils auf 50 Cent auf- bzw. abgerundet, der der Reprints auf 1 ) .

Der Beitrag soll im Zuge der Euro-Umstellung nicht erhöht, sondern lediglich auf 26 ) aufgerundet werden. Darüber muß jedoch endgültig die Mitgliederversammlung in Luzern befinden.

Frau Pielenz bittet den Vorstand, einen neuen Mindestbetrag in Euro festzulegen, ab dem ein Spendendank versandt wird. Herr Paulsen erinnert daran, daß auch die Ladenpreise für die KMG-Veröffentlichungen neu in Euro festgesetzt werden müssen.

Der Vorstand wird der Mitgliederversammlung einen Antrag vorlegen, die Aufnahmegebühr auf 4) zu erhöhen.

Die nächsten Tagungsorte der KMG wurden sodann noch erörtert. Für 2003 soll Plauen vorgeschlagen werden. Darüber hat die Mitgliederversammlung in Luzern zu befinden. Ein Vertreter der Stadt Plauen soll eingeladen werden, dort eine Einladung auszusprechen.

Für 2005 bestehen noch keine konkreten Pläne. Es ist die Stadt Naumburg ins Gespräch gebracht worden, doch widerspräche dies (nach einer Tagung in Plauen 2003) der Tradition, bei der Abfolge der Tagungsorte verschiedene Teile des deutschsprachigen Raums zu berücksichtigen. Herr Biermann und Herr Krauskopf schlagen vor, die Tagung im westdeutschen Raum abzuhalten, eventuell in Münster oder einer Stadt im Ruhrgebiet. Dort ließe sich auch, wie Herr Krauskopf erläutert, aus den Reihen der KMG-Mitglieder ein Organisationsteam bilden.

Für 2007 beantragt Herr Zaremba, die Tagung nach Berlin zu vergeben. Es hat sich dort bereits ein Vorbereitungskomitee aus sieben Personen aus Berlin und Brandenburg unter Leitung von Herrn Zeilinger konstituiert, das die Vorbereitungen übernehmen könnte. Herr Zaremba trägt erste Überlegungen des Komitees vor. U.a. spreche für diesen Tagungsort, daß im September 1907 die prozessualen Auseinandersetzungen May/Lebius in Berlin ihren Höhepunkt fanden. Eine vom Deutschen Historischen Museum für das Jahr 2007 in Aussicht genommene May-Ausstellung würde einen idealen Bestandteil des Rahmenprogramms bilden. Der Antrag wurde zustimmend zur Kenntnis genommen. Herr Heermann bringt für eine der folgenden Tagungen auch Leipzig als Stadt mit vielfältigen May-Bezügen ins Gespräch. ebo

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Engelbert Botschen

Förderung der deutsch-amerikanischen Beziehungen

"Lucius D. Clay Medaille" für Prof. Dr. Meredith McClain

Sie ist unser bekanntestes amerikanisches Mitglied, wirbt und organisiert unermüdlich für Karl May und die KMG in den USA, lud bislang zu vier "Winnetour-Studienreisen" nach Texas und New Mexico und hatte die Idee zum Symposium 2000 in Lubbock/TX. Nun wird sie verdientermaßen für ihr Wirken und ihre Leistungen weit über den Rahmen der May-Forschung hinaus ausgezeichnet.

Am 6. Oktober 2001 - dem "Deutsch-Amerikanischen Tag" - wird die Verleihung im Rahmen einer Feierstunde in Düsseldorf in den "Rhein Terrassen" stattfinden.

Die Lucius D. Clay Medaille wird als höchste Auszeichnung der Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft an deutsche und amerikanische Persönlichkeiten verliehen, die sich in besonderer Weise um die Entwicklung und Vertiefung der deutsch-amerikanischen Beziehungen und der Freundschaft verdient gemacht haben.

Aus der Begründung zur Verleihung:

»Sie sollen für Ihre Verdienste und das Wirken an der Entwicklung und Förderung von Kontakt- und Verständigungsprogrammen über das Amerikabild der Deutschen und die Förderung der deutsch-amerikanischen Beziehungen ausgezeichnet werden.

Sie sind neben Ihrer Tätigkeit als Professorin Leiter des "Southwest Center for German Studies" tätig und Herausgeber der Zeitschrift "UMLAUT", die als bedeutendes Organ der deutschstämmigen Bevölkerung in Texas angesehen wird.

Sie haben Austauschprogramme für Studenten, Professoren und Musikgruppen in beiden Richtungen des Atlantiks eingerichtet.

Sie haben publizistische Arbeiten mit den Themenschwerpunkten:

"Deutsch-Texanische Besiedlung des Llano Estacato" und "Analyse von Phantasie und Wirklichkeit in Karl Mays Llano Estacato" verfasst. Sie haben Veröffentlichungen dieser Studien in Deutschland und USA veranlasst.«

Gestiftet wurde die Medaille zur Erinnerung an Lucius D. Clay (3.4.1897 - 16.4. 1978), von 1947 - 1949 Militärgouverneur der US Besatzungszone in Deutschland. Er war Mitinitiator und Organisator der durch die Westmächte über einen Zeitraum von 13 Monaten aufrecht erhaltenen Luftbrücke zur Versorgung der eingeschlossenen Bevölkerung Berlins. Aufgrund seiner Erfahrung und seines Eintretens für die junge Bundesrepublik Deutschland berief ihn Präsident Kennedy in den Jahren 1961 und 1962 zu seinem persönlichen Berater in Berlinfragen.

Unter den bisherigen Trägern der Auszeichnung sind so bekannte Namen wie:

John J. McCloy, US Hoher Kommissar für Deutschland, Dr. Alfons Goppel, Ministerpräsident des Freistaates Bayern (1962-1977), Dr. Dr.h.c. Louis Ferdinand Prinz von Preußen, Mitbegründer des ersten Deutsch-Amerikanischen Clubs (Bad Kissingen 1946), Manfred Rommel, Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart, Prof. Dr. Karl Carstens, Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Dieter Kronzucker, Zweites Deutsches Fernsehen "heute Journal", Hans-Dietrich Genscher, Außenminister der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Edmund Stoiber, Ministerpräsident des Freistaates Bayern.

Meredith McClain weist mit Stolz darauf hin, daß sie nach Eleanor Lansing Dulles, Diplomatin des US State Department-Berlin, die zweite weibliche Trägerin der Medaille ist.

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VILLA SHATTERHAND

RADEBEUL-DRESDEN. 1./6. 2001

Liebe Karl-May-Freunde,

der Roman Waldröschen ist inzwischen nach 109 wöchentlichen Fortsetzungen im Internet vollständig erschienen. Was zunächst als kleines Experiment gedacht war, wurde ein großer Erfolg. Auch heute noch finden die originalen Münchmeyer-Erstdrucke breite Zustimmung. Am 27. Februar 2001 erreichte uns von Herrn und Frau K. folgende E-mail, über die wir uns sehr gefreut haben:

"Hallo, meine Frau Manuela und ich haben es geschafft: Wir haben das Waldröschen komplett von Euren Internet-Seiten durchgelesen!!! Als wir im Sommer 1999 unseren Urlaub in die Pyrenäen planten, durchsuchte ich das Internet nach Lektüre über dieses abenteuerliche Gebirge. Da es hierüber kaum etwas zu lesen gibt, fand meine Suchmaschine ziemlich schnell den Satz: ,Von den südlichen Ausläufern der Pyrenäen her trabte ein Reiter auf die altberühmte Stadt Manresa zu.’ Nachdem wir dann die ersten Seiten gelesen hatten, waren wir so von der Geschichte fasziniert, daß wir die ersten ca. 500 Seiten ausgedruckt mit in den Urlaub nahmen und auch wirklich in den Pyrenäen (sozusagen am Originalschauplatz) gelesen haben. Wir sind dem Waldröschen auch wöchentlich bis jetzt treu geblieben. Auf diesem Wege möchten wir einmal Rückmeldung geben, daß Eure Seiten auch gelesen und Euer Service genutzt wird und möchten uns herzlich für die Veröffentlichungen bedanken. Weiter so..."

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Nicht nur hier, auch weltweit über das Internet kann man erfahren, wer für Mays Bibliothek gespendet hat:

Jörg Bielefeld DM 60,00

Clemens Klein DM 11,11

Annelotte Pielenz DM 200,00

Dorothea Natzmer DM 50,00

Allgemein an die Karl-May-Stiftung gespendet haben ferner:

Kreissparkasse Meißen DM 2220,00

Peter Fischer DM 100,00

Dietrich Schober DM 2000,00

A. E. Eßlinger DM 1200,00

Claus Roxin DM 850,00

Volker Wahl DM 418,00

Die Auflistung erfolgte in der Reihenfolge der Spendeneingänge. Wir danken herzlich allen Spendern! Unterstützen Sie bitte auch weiterhin die Restaurierung der Bücher in Karl Mays Bibliothek, z. B. indem über bestimmte Bücher die Patenschaft übernommen wird.

Bitte spenden Sie auf das Konto:

Karl-May-Museum

Kreissparkasse Meißen  ·  BLZ 850 550 00    Konto-Nr. 300 000 1912

Stichwort: Bibliothek

Alle Spender werden auch künftig auf dieser Seite und im Internet genannt.

René Wagner, Hans Grunert, Ralf Harder

http://www.karl-may-stiftung.de

http://www.karl-may-museum.de

E-mail: redaktion@karl-may-stiftung.de

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Christian Heermann

Hans-Dieter Steinmetz 50 Jahre

Hans-Dieter Steinmetz lernte ich vor 30 Jahren kennen. Er war aus seinem thüringischen Heimatort Greußen nach Leipzig gekommen und studierte von 1970 bis 73 an der Ingenieurhochschule der Messestadt Automatisierungstechnik. Ich war im verwandten Mathematikmetier tätig. Erst jetzt fällt mir auf, dass wir uns eigentlich nie über Algebra, Stochastik oder Ähnliches unterhalten haben. Fast immer drehte sich alles um Karl May.

Die Verbindung in Leipzig war über unseren gemeinsamen Freund Alfred Schneider zustande gekommen. Sein Debüt als Autor zahlreicher Forschungsberichte gab Hans-Dieter Steinmetz im Dezember 1974 in Nummer 22 der M-KMG. Gemeinsam mit Manfred Hecker, dem er bis heute in enger Freundschaft verbunden ist, schrieb er über "Die tschechischen Karl-MayAusgaben". Durch weltweite Korrespondenz mit Bibliotheken und Verlagen sowie akribische Recherchen - sein Gütezeichen auch bei anderen Problemen - trug er entscheidend dazu bei, dass wir heute über die fremdsprachigen May-Editionen bestens Bescheid wissen. Im Karl-May Haus Hohenstein-Ernstthal sind die Früchte dieser Arbeit zu sehen.

Sein Name steht über rund 55 Mitteilungs-Beiträgen; Aufsehen erregte die Untersuchung zu einer mutmaßlichen Tochter Mays (M-KMG Nr.40). Von etlichen Abhandlungen im Jahrbuch der KMG war die Darstellung der Geschichte der Villa "Shatterhand" (1981) besonders bemerkenswert - wieder wegen der Gründlichkeit, aber auch durch unangenehme Nachwirkungen. 1979 hatte er mit Vorarbeiten begonnen. Sein Wunsch zur Einsicht in die Grundbuchakte löste ungeahnte Stasi-Aktivitäten aus, die Abteilung "Spionageabwehr"(!) übernahm den "Fall" - mit Postkontrolle, Aufträgen an Spitzel und sogar mit dem perfiden Plan, ihn selbst als IM zu werben.

Er hatte 1977 geheiratet, 1980 wurde Tochter Kerstin geboren (1984 kam Tochter Dorit zur Welt). Das Familienglück wurde bis 1982 durch seelische Torturen überschattet, beispielsweise bei erzwungenen PKW-Fahrten mit unbekanntem Ziel und quälenden Gesprächen. Hans-Dieter Steinmetz wies alle Ansinnen zurück und ließ sich nicht erpressen.

Die May-Renaissance in der DDR fand in Hans-Dieter Steinmetz einen tatkräftigen Förderer. Den Lesern der Sächsischen Neuesten Nachrichten präsentierte er sieben lange Serien mit May-Texten und zahlreiche Artikel.

Im Wissenschaftlichen Beirat Karl-May-Haus zählt er zu den wichtigsten Mitarbeitern, für unsere Karl-May-Haus Information schrieb er über 25 Beiträge, darunter jüngst eine fundamentale Untersuchung zu Mays Doktortitel. Gemeinsam mit Dieter Sudhoff edierte er die große Dokumentation zu Marie Hannes (Bamberg 1997), zwei Jahre später folgte das erste Karl-May-Buch in Esperanto. Ebenfalls 1999 berichtete er in unserem Sammelband "Karl May aus sächsischen Pfaden" über die aufgespürte Abschrift von Teilen der vernichteten Untersuchungsakten aus Mittweida von 1869.

Am 24.Mai feierte Hans-Dieter Steinmetz seinen 50. Geburtstag. Wir gratulieren nachträglich ganz herzlich und wünschen ihm weiterhin gute Gesundheit und schöne Erfolge im Schaffen für unseren Karl May.

 

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Erwin Müller

Jamboree der Western-Freunde im Karl-May-Museum Radebeul

Die mit der Karl-May-Gesellschaft befreundete und auch der Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften und Gedenkstätten angehörende Deutsche Gesellschaft zum Studium des Western, die ihren Sitz am Englischen Seminar der Universität Münster hat, veranstaltet ihre 12. Wissenschaftliche Jahrestagung und Mitgliederversammlung unter Leitung von Dr. Peter Noçon und Dr. Peter Bischoff erstmals in einem der neuen Bundesländer. Auf Einladung von René Wagner treffen sich die Freunde des literarisch und filmisch anspruchsvollen Western vom 14. bis 17. Juni 2001 im Radebeuler Karl-May-Museum. Unter dem vorläufigen Arbeitstitel "Inszenierungen des Westens in Vergangenheit und Gegenwart" erwartet die Teilnehmer aus dem In- und Ausland im Patty-Frank-Raum der "Villa Bärenfett" ein vielseitiges Programm mit Vorträgen, Diskussionen und einem abschließenden Symposium, das vom KMG-Vorsitzenden Prof. Dr. Reinhold Wolff moderiert wird. Als besonderer Höhepunkt ist eine kommentierte Lesung des Schriftstellers Thomas Jeier angekündigt, Autor des neuen KMV-Buches "Auf Winnetous Spuren" Daneben bleibt natürlich auch noch Zeit zur Besichtigung der Villa "Shatterhand" und zum Besuch der völkerkundlichen Ausstellung "Indianer Nordamerikas" sowie der diesjährigen Sonderausstellung "Patty Frank & Die Schlacht am Little Bighorn 1876-2001" unter der sachkundigen Führung von Hans Grunert. Ein Ausflug in die Sächsische Schweiz und zur Felsenbühne Rathen nebst einem Rundgang durch die historische Altstadt von "Elbflorenz" runden das Rahmenprogramm ab. Die Mitglieder der KarlMay-Gesellschaft und des Freundeskreises Karl-May-Museum aus der Region Dresden/Radebeul sind zu dieser Tagung herzlich eingeladen und als Gäste willkommen.

Das vollständige Programm kann unter folgender Adresse angefordert werden: Deutsche Gesellschaft zum Studium des Western - Universität Münster, Englisches Seminar, Johannisstr. 12-20, 48143 Münster

Tel. 0251/8324595

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Noch einmal:

Karl Mays frühkindliche Erblindung - eine Legende?

Aufgrund einer Zeitungsanzeige der Christoffel-Blindenmission über Vitamin A-Mangel in der Dritten Welt und daraus resultierender Kinderblindheit hatte ich die Theorie von Dr. med. Johannes Zeilinger (Berlin) angezweifelt, wonach Karl Mays frühkindliche Erblindung nur eine Legende sein soll (s. KMG-Nachrichten Nr. 125/September 2000, S. 42).

Durch die kürzliche Lektüre einer Biographie des französischen Philosophen, Schriftstellers und Dramatikers Jean-Paul Sartre (1905-1980) bin ich in meinen Zweifeln noch bestärkt worden. Dort berichtet der Verfasser Ronald Hayman auf S. 42 nämlich folgendes:

"Sartres Schielen und sein gestörtes Sehvermögen gingen auf eine Erkältung zurück, die er sich mit drei oder vier Jahren in dem Seebad Arcachon in der Nähe von Bordeaux zugezogen hatte. Daraus resultierte eine Erkrankung des rechten Auges, das nur noch zehn Prozent seiner Sehkraft behielt."

Daher frage ich noch einmal: Wenn also bereits eine Erkältung zu erheblichen Sehstörungen bei Kleinkindern führen kann, könnte dann nicht erst recht Karl May, der in äußerster Not und bitterster Armut aufwuchs (s. "Mein Leben und Streben"), blind oder zumindest sehgestört gewesen sein?

Das fragt sich erneut der medizinische Laie Erwin Müller

Quelle: Ronald Hayman

"Jean-Paul Sartre. Leben und Werk"

Wilhelm Heyne Verlag, München 1988

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Aufgespießt und notiert
von Erwin Müller

Am 18. Februar, seinem 74. Geburtstag, ist in Berlin der renommierte Architekt Winnetou Kampmann verstorben. In der Nachkriegszeit leitete er den Wiederaufbau bzw. die Restaurierung bedeutender Kulturbauten in der zerstörten Hauptstadt. So tragen das Bröhan-Museum, der Hamburger Bahnhof, die Philharmonie und vor allem der Gropius-Bau seine Handschrift. Daneben gehörte er zu den Mitbegründern der Berlinischen Galerie. Alfred Schneider hatte nach der Gründung der Karl-May-Gesellschaft versucht, den prominenten Architekten als Mitglied zu gewinnen - leider vergeblich.

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Unter dem Titel "Bis sich die Balken biegen. Ein gescheiterter Versuch, die Schuld der Nationalsozialisten am Reichstagsbrand nachzuweisen" hat Henning Köhler am 22. Februar in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine Rezension des Buches "Der Reichstagsbrand. Wie Geschichte gemacht wird" von Alexander Bahar und Wilfried Kugel veröffentlicht, der folgendes Zitat entnommen ist: "Die längst widerlegten Behauptungen und Legenden tauchen wieder auf; die Phantasieprodukte und Fälschungen der 'Braunbücher' ebenso wie die Klitterungen von Hans Bernd Gisevius, der von einem milden Kritiker einmal als 'Karl May des deutschen Widerstandes' bezeichnet worden ist." Der Jurist Gisevius (1904-1974) war im Polizeidienst tätig und während des II. Weltkrieges unter der Tarnung eines Vizekonsuls deutscher Agent in Zürich. Er gehörte zum Widerstandskreis des 20. Juli 1944 und konnte sich nach dem gescheiterten Attentat in die Schweiz absetzen. Vor allem wegen der Überschätzung seiner eigenen Rolle im Widerstand sind seine Memoiren "Bis zum bitteren Ende" als historische Quelle umstritten.

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Der in Leipzig lebende Schriftsteller Erich Loest ist am 24. Februar 75 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlaß hat ihm der Oberbürgermeister in einem Festakt den Titel "Stadtschreiber von Leipzig" verliehen. Den Mitgliedern unserer Gesellschaft ist Erich Loest vor allem als Autor des biographischen Karl-May-Romans "Swallow, mein wackerer Mustang", Ehrengast beim KMG-Kongreß in Berlin, Stifter der Karl-May-Gedenktafel in seinem Geburtsort Mittweida und Verfasser des "Elektronischen Tagebuches" für das ZDF über Karl Mays Aufenthalt in Ägypten bestens bekannt.

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n der beliebten Fernsehsendung "Quiz Show" mit Jörg Pilawa (SAT.1) sollten am 2. März einem Autor verschiedene Buchtitel zugeordnet werden. "Der Biberpelz" erinnerte den Kandidaten aber leider nicht an den Dichter und Dramatiker Gerhart Hauptmann, sondern - man höre und staune - an Karl May. Da spukte dem braven Mann wohl der Radebeuler Titel von Band 63 der Gesammelten Werke im Kopf herum - "Zobeljäger und Kosak"!?

Fränkischer Tag Bamberg 23.2.2001 - Kirk Douglas fast Old Shatterhand.

Viel hätte nicht gefehlt und der Old Shatterhand in zahlreichen Karl-May-Filmen wäre nicht von Lex Barker, sondern von Kirk Douglas verkörpert worden. Darauf machte uns am Mittwoch Karl-May-Verleger Lothar Schmid aufmerksam. Anlässlich des Aufenthalts von Douglas in Bamberg wegen der Dreharbeiten zu dem Film "Stadt ohne Mitleid" hatte Schmid 1960 bei einem Gespräch mit dem US-Schauspieler über dessen Mitwirkung in Karl-May-Verfilmungen gesprochen. Douglas sei, so Schmid, durchaus interessiert gewesen, habe aber wegen anderweitiger Verpflichtungen absagen müssen.

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Ein Aufruf

"Wer hat sie noch? Sie wären einen Nachdruck wert!"

Frage und Aufforderung finden sich in Heinemanns "Dreißig Jahre Karl-May-Gesellschaft (2000, S.19). Gemeint sind die "Karl-May-Rundschreiben" von Ludwig Patsch, Wien, dem "Bevollmächtigten des KMV für Österreich", Bearbeiter der Nachkriegsausgaben, vor allem der Wiener Lizenzausgabe, übrigens auch anderer Jugendromane und Karl-May-Forscher. Heinemann hatte in seinem Buch von 1994 "Eine Gesellschaft für Karl May" (1994, S. 21) bereits auf diese Rundschreiben hingewiesen: Sie erschienen in lockerer Folge zwischen 1945 und 1959 (entgegen Heinemanns Angabe 1952), wurden in reichlich kleiner Maschinenschrift mit mehreren Durchschlägen getippt und diese jeweils tatsächlich in einer Runde (oder deren mehrere?) verschickt, ein Empfänger gab sie also an den anderen weiter, was nach einem dieser Rundschreiben nicht immer funktionierte. Patsch hatte übrigens die Absicht, mit diesen Rundschreiben ein May-Periodikum, auch mit Beiträgen anderer Personen, zu schaffen, was ihm aber nicht gelang: Er erhielt keine oder kaum Zusendungen. Den numerierten Rundschreiben waren allerdings Rundbriefe schon in der Kriegszeit voraufgegangen, die aber nicht nur über und zu May berichteten, sondern auch andere Themen wie etwa Patschs Reisen behandelten - sie sind eine Fundgrube für Eisenbahnhistoriker. Einzig das Rundschreiben Nr. 46 vom 23. Februar 1951 ist der Forschung im Druck zugänglich, und zwar durch einen Abdruck in: W. Brauneder, Karl May und Österreich, Husum 1996, S. 205 ff. Bei Wilhelm Brauneder (Wien) liegen folgende Rundschreiben überwiegend in Kopie, nur zum Teil im Original-Durchschlag vor, was Anton Haider, Pettnau zu verdanken ist:

4/18.8.1945 (Auszug), 12/23.4.1946, 21/30.9.46, 23/24.4.1947, 24/24.10.47, 28/12.5.1948, 33/23.10.48, 46/23.2.1951,

56/12.1.1952, 66/22.3.1953, 67/30.3.53, 74/6.7.1953, 91/6.8.1954 112/4.6.1956, 121/27.11.1956, nach 135/?1957 (Fragment), 155/24.1.1958; dazu kommen drei Briefe vom 27.2.1944, 26.3.1944 und 12.9.1948.

Die Rundschreiben gingen über das Jahr 1956 hinaus, und zwar, so eine Mitteilung von Anton Haider, bis zur Nummer 193/2.12.1959!

Es wäre in der Tat wünschenswert, diese Rundschreiben der May-Forschung zugänglich zu machen. Ob eine Edition überhaupt möglich und in toto sinnvoll ist, könnte erst nach Vorliegen eines wesentlich größeren Bestandes geklärt werden. Kurzum: "Wer hat sie noch?" - Kopien oder sonstige Hinweise nimmt gerne entgegen:

Univ.-Prof Dr. Wilhelm Brauneder

Institut für Rechtsgeschichte - Juridicum

Schottenbastei 10-16 - A-1010 Wien

(Tel. +43 14277-34579, Fax +43 14277-9345)

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Gudrun Keindorf

Buchbesprechung

Hans-Christian Kirsch (so der ›wahre‹ Name des Autors) arbeitet u.a. als Biograph, von dem in der Reihe ›Erzähltes Leben. Biographien bei Beltz & Gelberg‹ schon einige Bände erschienen sind. Ob Rosa Luxemburg, Georg Büchner oder Bettina von Arnim – er scheint eine Vorliebe für verschlungene Lebenspfade zu haben. In den Reigen dieser Bücher hat er nun auch einen Band über Karl May eingefügt, der sich ausdrücklich als Einführung an den Nichtfachmann, und zwar sowohl an den jugendlichen als auch den erwachsenen Leser (Prolog, S. 10), wendet. Dementsprechend dürfen eingefleischte ›Karl-May-Kenner‹ nicht auf Neuigkeiten hoffen. Es stellt sich vielmehr die Frage, wie das ›Altbekannte‹ präsentiert wird.

Eine Biographie muß sich – sofern sie Sachbuch und nicht literarische Umsetzung ist – zwangsläufig an der Chronologie der Ereignisse orientieren. Dieser Regel folgt Hetmann, indem er in eher unhomogener Art Erkenntnisse wissenschaftlicher May-Biographen mit Zitaten aus ›Mein Leben und Streben‹ oder den ›Freuden und Leiden eines Vielgelesenen‹ (um nur einige der offensichtlich als ›autobiographisch‹ eingestuften Texte zu nennen) mischt.

Ergänzt wird diese Mischung durch ›Exkurse‹, die im wesentlichen aus Nacherzählungen der Haupthandlungsstränge der jeweiligen Werke bestehen, und die leider nicht ganz fehlerfrei geraten sind. So mutiert im ›Waldröschen‹ Dr. Sternau zu einem ›Dr. Sterne‹ (S. 114). Die Aussage: "Die meisten Gestalten des Romans sind Männer, die in der Heimat scheitern und dann ausziehen, um in der Ferne ihr Glück zu suchen", trifft in dieser Absolutheit auf das ›Waldröschen‹-Personal nicht zu. Zwar finden sich in Gerard Mason (dem schwarzen Gerard) und Andreas Straubenberger (dem kleinen André) durchaus Vertreter des genannten Typs, doch sind die meisten der Helden keine gescheiterten Existenzen, sondern Männer, die ausziehen, um andere zu retten, und dabei des öfteren selbst in Schwierigkeiten geraten. Unklar bleibt auch, warum der letzte zu Lebzeiten erschienene Roman ›Winnetou IV‹ als Quelle für die Amerikareise herangezogen wird, statt ihn dorthin zu stellen, wohin er gehört, nämlich an das Ende des Spätwerkes. Leider verwandelt sich dabei das ›Herzle‹ zum ›Schätzle‹ (S. 237), und daß "Winnetou durch ein Riesendenkmal [...], das einen springenden Panther abbilden soll", geehrt werden soll (S. 239), ist ebenfalls schlicht falsch.

Wohltuend sind die zahlreichen Fußnoten (S. 303-310), die auf die reichhaltige Sekundärliteratur hinweisen sowie die Zeittafel (S. 296-298) und die Chronologie der Werke "in der Reihenfolge ihres Entstehens" (S. 299-302); die beiden letzteren Übersichten sind wohl dem Karl-May-Handbuch entlehnt (wenn auch die Fußnote dazu fehlt). Schade ist allerdings, daß die letzte Liste "Werke von Karl May" lediglich das Verlagsprogramm des Karl-May-Verlages wiedergibt, schon alleine deshalb, weil sich die hier angegebenen Titel nicht immer mit den wenige Seiten vorher angegebenen decken, was die angesprochenen ›Nichtfachleute‹ sicher verwirren dürfte. Ein Hinweis auf die zahlreichen anderen Publikationsansätze wäre hier sehr wünschenswert gewesen.

Frederik Hetmann: »Old Shatterhand, das bin ich«. Die Lebensgeschichte des Karl May. Beltz Verlag Weinheim und Basel 2000. ISBN 3-407-80872-0

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Engelbert Botschen

Ein Comanche-Gebet zum Karl May Symposium

Das Karl-May-Symposium der Texas Tech University in Verbindung mit der KMG in Lubbock hatte einen beeindruckenden Start. Der Enkel Quanah Parkers, Chief Baldwin Parker jr. war nicht nur unserer Einladung gefolgt sondern sprach auch zu Beginn der Veranstaltung einige indianische Segensworte zu den Teilnehmern. Unser amerikanisches Mitglied Prof. Meredith McClain, die Organisatorin des Symposiums, konnte uns nun den Text und ein Begleitschreiben der Tochter des Häuptlings zur Verfügung stellen.

Jacquetta J. McClung, Ph.D. (Daughter of Baldwin Parker, Jr.)

Hier sind meine Anmerkungen und die Worte meines Vaters, die er am Karl May Symposium sprach:

ls unsere Familie eingeladen wurde, am Karl May Symposium teilzunehmen, fragte ich meinen Vater Baldwin Parker jr., ob er vor die Gruppe treten und ein Gebet für sie sprechen könne. Aber mein Vater wollte zuvor mehr über Karl May und die Teilnehmer dieses Symposiums erfahren. Nach einem Gespräch mit Dr. Meredith McClain gab ich die Informationen zu Herrn Mays schriftstellerischem Werk über die indischen Völker an meinen Vater weiter. Also willigte er ein, ein Gebet für die Karl May Gesellschaft zu sprechen, weil Herr May das Erbe unseres Volkes achtete. Er sprach die folgenden Worte und übernahm dabei den Segen, den sein Großvater Quanah vor Jahren gegeben hatte, als die Stadt Quanah, Texas, zu seinen Ehren benannt wurde.

"Heute fühlen wir uns besonders geehrt, da eine Gesellschaft wie Sie von so weit her gekommen ist, um an dieser Versammlung teilzunehmen, und wir bitten darum, daß der große Geist unseres Vaters immer mit Ihnen sein, Ihre Schritte lenken und Ihr Schaffen fördern möge. Und ich bete, daß Sie immer vom großen Geist, dem Geist aller Menschen, geführt werden. Jetzt entbiete ich den Segen meines Großvaters in meiner Sprache:"

Der Große Geist möge leuchten über diesen Menschen aus einem fernen Land,

Diesen Menschen, die auch die Natur und ihre Geschöpfe lieben

Und die Mutter Erde achten so wie wir, Nuumanu, es tun.

Möge der Regen zu seiner Zeit fallen,

Und in der Sonnenwärme nach dem Regen

Möge die Erde in ihrem Lande reichlich Früchte tragen,

Möge Frieden und Zufriedenheit immer mit Ihnen und Ihren Kindern sein.

"Wir freuen uns, daß Sie in unser Land gekommen sind; Sie sind hier immer wieder willkommen. Ich bete, daß der große Geist aller Menschheit jeden von Ihnen segnen möge, und daß wir uns eines Tages wie hier wieder als Brüder treffen werden."

Suavte

Baldwin Parker, Jr

Enkel von Quanah Parker,

letzter Häuptling der Comanchen.

[Comanche Wörter: Nuumanu (die Leute); Suavte (das ist alles)]

Der alte Herr war so beeindruckend, dass sich kaum jemand traute, während seine Rede zu filmen oder zu fotographieren.

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German Who Brought Cowboys To the Rhineland Is Winning Fans Beyond the Mississippi

Eine kleine Sensation war es schon: Am 5.4.2001 berichtete das Wall Street Journal (Autorin: Cecilie Rohwedder) mit einer Titelgeschichte über Karl May - anscheinend sogar in verschiedenen Fassungen, denn uns liegen zwei sehr unterschiedliche Texte vor. Wir bringen einige Auszüge:

LUBBOCK, Texas - Er ist der meistverkaufte deutsche Autor aller Zeit - weit vor Goethe, Hermann Hesse oder Thomas Mann. Seine detaillierten Beschreibungen von Cowboys und Indianern, Prärien und Canyons, die im 19. Jahrhundert großen Beifall fanden, formten, was Generationen von Deutschen von den USA dachten. Seinetwegen sind Deutsche versessen auf den Westen, und viele verlieren nie ihre Liebe zu Winnetou, einem tapferen Apachenhäuptling und zu Old Shatterhand, einem deutschstämmigen Westmann; den fiktionalen Helden seiner Romane.

Heute, lange nach seinem Tod im Jahre 1912, erreicht der May-Kult schließlich die USA. Vor kurzem veranstaltete die Texas Tech Universität hier in Lubbock ein Symposium über den Schriftsteller und bereitet die Errichtung eines Karl-May-Archivs vor. Sprachstudenten lesen seine Arbeiten auf Deutsch. An der Universität von North Dakota bringen indianische Studienklassen sogar Winnetou-Filme.

... Das Pioniermuseum in Crosbyton, einer winzigen Cowboystadt nahe Lubbock hat ihm eine eigene Ausstellung gewidmet - zu sehen sind u.a. 55 seiner Bücher, eine deutsche Flagge und ein Filmplakat, das Winnetou auf einem Schimmel zeigt. [Wir wissen: Thomas Grafenberg überreichte es bei der letzten Winnetour!]

"Wir denken, daß Karl eine außersinnliche Wahrnehmung hatte, weil er die Gegend so gut beschrieb, ohne jemals hier gewesen zu sein," sagt Museumsdirektorin Verna Anne Wheeeler.

... Mays Arbeiten sind wirklich ganz genaue Darstellungen der Stämme und des Terrains im Südwesten. Aber sie faszinieren US-Gelehrte mehr als ein Einblick in Deutschland und die eskapistischen, romantischen und idealistischen Sehnsüchte, die helfen, den deutschen Nationalcharakter zu erklären. Die Freiheit und endlose Weite von Mays baumlosen Ebenen konnten nicht gegensätzlicher sein zum überfüllten, streng regulierten Land im Zentrum von Europa.

"Karl May gab den Deutschen ihre Phantasie," sagt Meredith McClain, Direktor des >Southwest Center for German Studies at Texas Tech<, die ein Buch über ihn schreibt. "Die Phantasien der Leute zu verstehen, hilft, zu verstehen, wer sie sind".

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als May schrieb, schürte er das entstehende Fernweh seiner Mitbürger. Später verschlangen die Ostdeutschen, die unter dem Kommunismus vom Reisen ausgeschlossen waren, seine Bücher. Aber sogar im westlichem Deutschland behielt die Welt des Schriftstellers seinen Charme. Heute gibt es in Deutschland Hunderte von Wildwest-Clubs. An warmen Sommerwochenenden treffen sie sich, um Cowboys und Indianer - oftmals in Lederkleidung und Kriegsbemalung - zu spielen oder um die überall im Land auf Freilichtbühnen ausgeführten Karl-May-Spielen zu sehen.

Deutsche pilgern auch ins Cowboyland selbst. Sie sind die zahlreichsten internationalen Besucher in Arizona, wo der Reiz des "Old West" so stark bleibt, daß die Lufthansa im letzten Monat Non-Stop-Flüge nach Phönix startete. An Arizona-Stand der neuen Tourismusmesse in Berlin wußte jeder von Karl May. "Karl May irrte in vielen Dingen über die Indianer," sagt Ben Sherman, Präsident der ‘Western American Indian Chamber’, "aber ich mag, was er für den Tourismus tut".«

Daneben finden sich im Artikel auch noch all die Stereotypen der populären Maybeschreibungen, die anscheinend unausrottbar sind. Für eine Zeitung aus den USA ist es immerhin doch ein beachtenswertes Ereignis. Der Artikel schließt mit einem Zitat unseres Vorsitzenden:

"In Karl May finden Sie alle imperialen und expansionistischen Phantasien des Kaiserreichs," sagt Reinhold Wolff, Vorsitzender der Karl-May-Gesellschaft in Deutschland. "Er tat genau, was Bestsellerautoren tun: Sie reflektieren die Träume ihrer Zeiten."

Prof. Wolff aber meinte resignierend dazu: "Nicht daß ich zufrieden wäre, aber das habe ich mir bei Journalisten längst abgewöhnt. Natürlich habe ich den letzten Satz gesagt, aber noch ein paar andere dazu, die der Journalistin offenbar zu schwer verständlich waren."

[ebo]

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Giesbert Damaschke

Liebesdienst, über’s Ziel hinaus

Zu Klaus Hoffmanns Karl-May-Buch

Man kann über Alles ein Buch schreiben.

Hieronymus Aurelius Schneffke

Eigentlich wurde alles schon längst gesagt. Von Claus Roxin zum Beispiel: »Man kann meinetwegen alle möglichen Werke Mays paraphrasieren, kürzen, umschreiben und ein Werk ›frei nach Karl May‹ daraus machen, aber man darf nicht sagen: das i s t Karl May.« So einfach ist es, in der Tat, so kurz und bündig lässt sich alles sagen, was es zu den bekannten Bearbeitungen der Werke Karl Mays zu sagen gibt und es wirft ein bedenkliches Licht auf die Karl-May-Rezeption, dass etwas derart nicht nur philologisch Selbstverständliches noch explizit formuliert werden muss. Klaus Hoffmann braucht dafür über 300 Seiten und selbst wenn man gerne einräumt, dass auch Roxins knappes Diktum in größerem Kontext steht, darf man sich fragen, ob denn die Welt nun wirklich ein ganzes Buch benötigt, das sich so ausgiebig mit dem Tun und Treiben derjenigen befasst, die, noch einmal Claus Roxin, »es besser [...] als der Mayster« machen möchten und »durch die Bearbeitung von Werken Mays« versuchen, »sich gewissermaßen in die literarische Ewigkeit einzukaufen.«

Nun, bleiben wir bescheiden – die Welt braucht so manches und also auch das Buch von Hoffmann nicht. Doch wie steht es mit den alten und jungen May-Lesern, die ihren Autor so lieben, wie es Klaus Hoffmann offensichtlich tut, den die Liebe zum Gegenstand zu einem leidenschaftlichen und leider nicht immer zielsicheren Rundumschlag cum ira et studio gegen alles verführt hat, das sich am geliebten Objekt vergreift und zu schaffen macht? Stürmt Hoffmanns wütendes Plädoyer für den unbearbeiteten Karl May nicht mit geschlossenem Visier und eingelegter Lanze verbissen auf sperrangelweit geöffnete Scheunentore zu? Kommt sein Buch nicht schlicht etliche Dezennien zu spät, ist doch, um ein letztes Mal Claus Roxin zu zitieren, »jedem Interessenten [...] der Urtext jederzeit greifbar«, womit der Bearbeitungsfrage doch sehr »die Brisanz, die Leidenschaftlichkeit, mit der sich die Leute noch vor zwanzig Jahren darüber streiten konnten« abhanden gekommen ist.

Selbst nach nur flüchtigem Einblick in das beträchtliche Textkonvolut zum Thema und erst recht nach einer kursorischen Vergleichslesung zwischen bearbeiteten und unbearbeiteten May-Texten, ist man zweifellos geneigt, Claus Roxin auch in diesem Punkt Recht zu geben: es ist genug. Der Kasus ist zu offensichtlich, als dass man für das ephemere Rezeptionskuriosum der Bearbeitungen mehr als ein Achselzucken erübrigen sollte. Sie sind, zweifellos, ein facettenreicher Fall der Literatursoziologie und ein vielleicht spannendes Kapitel einer noch zu schreibenden bundesdeutschen Verlagsgeschichte – für Leser jedoch, die an der rätselhaften Erscheinung des »sächsischen Phantasten« und nicht an seinen Bearbeitern interessiert sind, schrumpfen diese mitsamt ihren ebenso geschäftig auftrumpfenden wie gänzlich nichtigen Wichtigtuereien zur marginalen Fußnote zusammen.

Doch wer nun, als May-Leser und -Liebhaber, glaubt, über Hoffmanns Buch so achselzuckend hinweggehen zu können wie über das ganze leidige Bearbeitungsthema, der irrt: Das erstaunlich umfangreiche, von der Boulevardpresse über die montäglichen Magazine bis zum TV-Bericht das gesamte Spektrum abdeckende Presse-Echo auf Hoffmanns Buch, belehrt einen da schnell eines Besseren, also Schlechteren, und lässt die abgeklärte Distanz nachgerade als professionelle Deformation erscheinen: Karl May ist offensichtlich nicht nur immer noch und immer wieder eine Schlagzeile wert, sondern dass und wie das Werk bearbeitet wurde, scheint außerhalb der passionierten May-Leserschaft fast unbekannt. Anders wären die heftigen Reaktionen der allgemeinen Presse kaum erklärlich. Man kann also durchaus über Alles und also auch über die Bearbeitung der Werke Karl Mays schreiben und der nahe liegende Einwand, Hoffmann biete »keine neuen Erkenntnisse«, läuft schlicht ins Leere, weil er den allgemeinen Informationsstand und -bedarf in Sachen May-Bearbeitungen verkennt: Natürlich kann inzwischen jeder Interessierte auf den Urtext zugreifen – doch bevor er das tut, muss er, der an May Interessierte, erst einmal wissen, dass nicht überall Karl May drin ist, wo Karl May drauf steht

Unter diesem Aspekt ist Hoffmanns Buch ein unschätzbares Aufklärungswerk für den »dankbaren Leser«. Hoffmann fasst die einschlägige Sekundärliteratur zusammen, ergänzt sie um einige Gesichtspunkte und bündelt so das bislang verstreute und nicht immer leicht zugängliche Material zum Thema. Dass das Buch mit seinem eher laxen Umgang mit den Quellen, nur gelegentlichen Zitatnachweisen, einigen wenigen summarischen Fußnoten und diversen Pauschalisierungen philologisch völlig unzureichend bleibt, fällt unter diesem Gesichtspunkt nicht weiter ins Gewicht: Für denjenigen, dem das ganze Ausmaß des Bearbeitungsdesaster erstmals in und mit Hoffmanns Buch unter die Augen kommt, sind dürftige Quellenangabe oder fehlerhaft abgeschriebene Zitat bei weitem nicht so wichtig wie für den kritischen Philologen oder Kenner der Materie. Auch wenn man sich wünscht, Hoffmann und sein Verlag hätten etwas mehr Sorgfalt walten lassen, so zählt es angesichts der von Arno Schmidt immer wieder wortgewaltig gerügten »selbst in schludrigen Deutschlands Mitten beispiellose Verwahrlosung der Texte« wohl zu den eher lässlichen Sünden, wenn Hoffmann im Eifer des Gefechts marginale Verschreiber und kleinere Unachtsamkeiten unterlaufen.

Problematischer ist es da schon, dass das Buch so zusammengeflickt wirkt, wie die Jacke von Sam Hawkens: Hoffmann stückelt Beispiel an Beispiel und fügt Kapitel an Kapitel, ohne dass in diesem Wust aus einzelnen Belegstellen mehr als eine grobe chronologische Ordnung erkennbar würde oder eine übergeordnete Perspektive auszumachen wäre, die das ungute Bearbeitertreiben als Ganzes vor Augen führte. So läuft Hoffmann immer in Gefahr, sich in verbissenen Einzelstellenkommentaren zu verlieren und die kritische Wucht des angesammelten Materials in unzählige mehr oder weniger überzeugende Beobachtungen auf der Mikroebene zu zerbröseln, statt geballt und ein für alle mal unwiderlegbar den sprichwörtlichen Nagel auf den Kopf zu treffen.

Bedenklich auch, dass Hoffmann da, wo er sich naturgemäß auf sehr dünnem Eis bewegt – nämlich bei der Frage, ob und wenn ja, in wie weit die Kolportage-Romane schon beim ersten Abdruck von fremder Hand bearbeitet wurden – sich kurzentschlossen zu apodiktischen Urteilen flüchtet, diese oder jene Stelle sei »ganz offensichtlich [...] interpoliert worden« (S. 35), ohne dass er für die vorgebliche Offensichtlichkeit mehr als eine Handvoll Indizien vorweisen könnte oder gar die besonderen Produktionsbedingungen der langjährigen Kolportagefron berücksichtigte. Wie so viele vor ihm, gelangt auch Hoffmann »nur zu Mutmaßungen von unterschiedlicher Evidenz, nicht aber zu zwingender Sicherheit«, wie es die Herausgeber der historisch-kritischen Ausgabe redlich formulieren.

Zu welch peinlichen Fehlern diese Methode führen kann, zeigte Wolfgang Hermesmeier: So teufelt Hoffmann auf eine angebliche Bearbeitung E. A. Schmidts ein und lobt im Gegenzug den O-Ton Mays (S. 103). Allein: »Das, was Hoffmann als bearbeiteten Text beschreibt, ist exakt der Text der Erstausgabe [von »Mein Leben und Streben«], dort nachzulesen auf S. 214 [...], während das von ihm als Originaltext zitierte aus der bearbeiteten dritten Auflage von 1914 stammt (dort S. 204).« Dergleichen ist nicht nur ärgerlich, sondern geradezu kontraproduktiv: Bleibt zu hoffen, dass der Verlag in einer zweiten Auflage hier und an anderen Stellen nachbessert und korrigiert.

Doch selbst die Kritik an solchen Patzern bleibt unterm Strich auf dem Niveau kleinlicher Mäkelei: So sehr man sich als May-Liebhaber auch wünschte, Hoffmanns Buch stünde fehlerfreier und glänzender da als es das tut, so kann man sich doch mit der Hoffnung trösten, ihm möge es gelungen sein, auch dem durchschnittlichen May-Leser ein wenig die Augen dafür geöffnet zu haben, in welchem Umfang das Werk Karl Mays bearbeitet, verändert, umgeschrieben, beschnitten, ergänzt, umgemodelt, überformt, collagiert, geflickt, zusammengeklebt – kurz: con amore und mit viel nichtsnutzigem Eifer über die Jahre ad usum delphini zugerichtet wurde.

Klaus Hoffmann: Karl Mays Werke. Textgeschichte, Textbearbeitung, Textkritik. Berlin: Verlag Neues Leben, 2001. ISBN 3-355-01519-9, 336 Seiten, 42,00 Mark.

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International Karl-May Heritage Center

Auf gut Deutsch: Neue Begegnungsstätte in Hohenstein-Ernstthal. Zum 159. Geburtstag von Karl May wurde das neue Gebäude eingeweiht, das aussen in lindgrün erstrahlt und innen viel helles Holz zeigt. Vis-à-vis dem Geburtshaus, in der Karl-May-Strasse Nr. 51, treffen sich nun die Besucher von Ausstellungen und Versammlungen, die ganz weltoffen geplant werden. Die Freie Presse schreibt am 26.2.2001: < Anwesend in Hohenstein-Ernstthal waren zur feierlichen Einweihung alle, die im Zusammenhang mit Karl May Rang und Namen haben. Professor Reinhold Wolff, Vorsitzender der Karl-May-Gesellschaft und Mitglied im Kuratorium der Karl-May-Stiftung Radebeul, Bernhard Schmid, Verleger beim Karl-May-Verlag, Dr. Christian Heermann, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates des Karl-May-Hauses Hohenstein-Ernstthal, René Wagner, Direktor des Karl-May-Museums Radebeul und Geschäftsführer der Karl-May-Stiftung. Sie waren gekommen, um ihre besten Wünsche für das Projekt mitzubringen.> Der Oberbürgermeister Erich Homilius übergab vor dem Eingang bei eiskaltem Wetter den goldenen Schlüssel an André Neubert, dem Leiter des Karl-May-Hauses, der sich ebenfalls mit ein paar wenigen Sätzen an die frierende Schar wandte, um dann den 17-jährigen Nils Burkert, einem erklärten Karl-May-Fan, aufforderte, das Namensschild zu enthüllen. Geöffnet ist das Haus Dienstag bis Freitag 9-12 u. 13-16 Uhr, am Wochenende 13-17 Uhr, Eintritt DM 4,- bzw. ermässigt DM 1,50. Info: 03723-42159.

Das Karl-May-Haus hat mit diesem Begegnungszentrum nun keine Raumprobleme mehr und kann grössere Gruppen mit Karl-May- und anderen Angeboten locken. Solches ist bereits geschehen: Ein Skat-Turnier wurde am 17.3.2001 ausgerichtet und von der Bevölkerung lebhaft begrüsst. Ganz abwegig ist diese Idee nicht, denn wie der Karl-May-Verlag und das Karl-May-Haus bei der Recherche zur Vorberitung des Turniers feststellten, war auch der Mayster selbst ein begeisterter Skat-Spieler, wie ein Foto (im Besitz des KMV) belegt, das ihn gemeinsam mit Emma, Klara & Richard Plöhn und Alois Schießer (dem Verfertiger der berühmten Kostümfotos vom als Old Shatterhand verkleideten May) zeigt.

dSch

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Hunnen und Gentlemen

Paderborn. Unter dem Titel "Hunnen und Gentlemen" hält Dr. Dieter Sudhoff am Mittwoch, 7. Februar um 16.15 Uhr im Hörsaal H 2 der Universität Paderborn seinen Habilitationsvortrag am Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft. Er stellt Wilhelminischen Imperialismus, Kolonialpolitik und literarischen Idealismus am Beispiel von Joseph Kürschners Sammelwerk >China. Ein Denkmal den Streitern und der Weltpolitik< und der pazifistischen Reiseerzählung "Et in terra pax" von Karl May dar.

[mitg. Von R. Gammler]

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Avenarius für Karl May

Über die Mailing-Liste der KMG wurde Ende Januar 2001 folgende Meldung verbreitet, die wir hier abdrucken, weil der Inhalt amüsant ist und Tatsachen anspricht, die wohl nicht allgemein bekannt sind (Alexander (Sascha) Avenarius - www.may.avenarius.net):

Liebe May-Freunde,

gestern absolvierte ich die Uni-Abschlußprüfung aus dem Englischen.

Der Vorsitzende der Prüfungskommission, ein Dozent der Amerikanistik und Herman-Melville-Experte, sagte auf einmal zu mir, so daß es auch die übrigen Anwesenden (Prüfenden und Studenten) hörten: "Es ist sehr schade, daß Sie die Diplomarbeit nicht bei uns machen. Ich hab noch keinen Studenten gekannt, der so an Herman Melville interessiert wäre, wie Sie."

Ich antwortete: "Leider muß man für die Diplomarbeit eine Sprache wählen. Ich wählte Deutsch. Wissen Sie, was mein Thema ist?" "Was denn?" "Aber halten Sie sich fest, es wird ein Schock für Sie sein!" "Ich stehe fest auf meinen Beinen, sagen Sie's!" "Karl May." "Nein! Wie? Das wurde Ihnen erlaubt?" "Warum nicht? Ich sage es Ihnen aber deshalb, weil ich bereits weiß, wie der erste Satz meiner Karl-May-Diplomarbeit ausschauen wird: es wird ein Zitat aus Herman Melville sein." Und ich zitierte dem Dozenten den Satz aus Melville, der eines von Moby-Dick-Kapiteln abschließt und, wie mir scheint, Mays Leben und Werk prägnant zusammenfaßt.

Der Dozent schüttelte auch nach dieser Erklärung den Kopf: "Ich verstehe trotzdem nicht, wie jemand May statt Melville wählen kann." Ich entgegnete: "Es gibt aber zwischen ihnen viele Gemeinsamkeiten. Sowohl Moby-Dick wie Mays späte Romane sind symbolistische Literatur par excellence. Genau wie Melville wurde auch May gegen Ende seines Lebens verkannt. Als Melville starb, hielt niemand Moby-Dick für bedeutend. Bei May wurde die Rezeption dadurch zusätzlich erschwert, daß er nach seinem Tod nicht mehr im deutschen Original verlegt wurde, sondern nur in Bearbeitungen. Von den slowakischen Übersetzungen ganz zu schweigen - die meisten haben mit May wenig mehr zu tun."

Für den Dozenten waren dies anscheinend neue Mitteilungen. May genießt in den slowakischen akademischen Kreisen einen schlechten Ruf - er wird für einen Kinderbuchautor gehalten, und von vielen für einen zweifelhaften. Die besten slowakischen Übersetzungen, die es gibt (jene Teofil Usaks, die Fehsenfelds Vorlagen folgen), sind allesamt in Kinderbuchverlagen erschienen, vornehmlich Mlade leta (Junge Jahre). Von einem Dozenten der Anglistik darf man beileibe nicht erwarten, dass er sich mit einem Buch aus dem Verlag Mlade leta hinsetzt, um es zu studieren.

Im renommiertesten und größten slowakischen Verlagshaus, Slovensky spisovatel, erschien dagegen vor ein paar Jahren eine 150-seitige Zerstümmelung von "Durch die Wüste". Es ging um eine krude Readers-Digest-artige Fassung - doch die Tatsache, daß es sich um eine bearbeitete (ja stark gekürzte) Fassung handelte, wurde nirgends im Buch erwähnt. Solche Dinge sind also im traditionsreichsten slowakischen Verlagshaus möglich - und dies ist der Verlag, für dessen Produktion sich universitätsgebildete slowakische Leser interessieren.

Der Herman-Melville-Experte bat mich immerhin, ihm die URL zur Karl-May-Diplomarbeit bekanntzugeben, sobald sie denn vorliegt. Das Ziel meiner Diplomarbeit ist demnach klar: Aufklärung in Sachen Karl May in der Slowakei zu betreiben, versuchen, Vorurteile abzubauen, und an vielen konkreten Beispielen Qualitäten von Mays Prosa darzulegen.

(Dieses letztere könnte vielleicht die Diplomarbeit auch für akademisch gebildete deutsche Leser interessant machen. -dSch)

[Der Mann heißt tatsächlich Avenarius! Red]

Albrecht Götz von Olenhusen*

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"Winnetou" und "Winnetou´s Rückkehr"

Titelschutz auch für Titel gemeinfreier Werke? Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Verlage Fehsenfeld und Karl-May-Verlag.

I. Karl Mays Werke als juristische Streitfälle

Karl Mays Werk war schon immer Gegenstand des Streites, der mehr oder weniger fairen Auseinandersetzung um die Inhalte eines Werkes, an dem sich wie an selten einem anderen über die Jahrzehnte hinweg die Geister schieden. Der Schutz für die Werke, welche Kinder, Jugendliche und Erwachsene begeisterten, aber auch entzweiten, stand schon zu Karl Mays Lebzeiten zur Debatte. Dies verstärkte sich, als es zu Beginn des 20. Jahrhunderts um die Frage der Nutzung von Karl-May-Romanen ging, die er zum Teil unter Pseudonym, früher in anderen Verlagen hatte erscheinen lassen. Bekannt ist auch, daß Karl May sich öfter zu beklagen hatte, wenn im In- und Ausland unrechtmäßiger Gebrauch von seinen Werken, etwa durch Nachdruck gemacht wurde. Besonders empfindlich reagierte er, wenn Verlage seine Manuskripte eigenmächtig veränderten, kürzten oder Passagen hinzufügten. Mit der wachsenden Nachfrage, mit dem Erfolg des Bestsellerautors wuchs auch das Interesse anderer Verleger, an dem lukrativen Geschäft teilzuhaben. In der einen oder anderen Weise hat sich das in der Geschichte der Verlage, welche sich in den letzten 100 Jahren mit Karl May Büchern befaßten, fortgesetzt. Die Urheber- und Verlagsrechtsgeschichte, die Geschichte der Verlage überhaupt, die mit diesem Autor zu tun hatten, ist auch noch nicht abschließend oder in allen Teilen untersucht. Der Kampf um das Werk Mays hatte immer auch die Seite, daß vor allem nach Ende der urheberrechtlichen Schutzfrist, vor 1965 noch 50 Jahre nach dem Tode des Autors, also im Jahre 1962, eine ganze Reihe von Interessenten Ausschau hielt, wie sie, ohne mit bestehenden anderen, insbesondere Verlags- oder Urheberrechten zu kollidieren, die schon seit jeher erfolgreichen Werke und Stoffe für sich nutzen könnten. So ist denn selbst nach 1962 und vor allem, als mit einem neuen Karl-May-Boom und im Zuge der Karl-May-Filme, aber auch aus anderen Gründen, als das Interesse für diesen Autor aus wissenschaftlichen Motivationen oder merkantilen Absichten besonders stark und neu sich entwickelte, die Geschichte des Werkes von Karl May auch eine Geschichte von Prozessen um die Nutzung der Werke und Rechte.

Noch zu Mays Lebzeiten wurde zunächst vom Autor selbst der Kampf um die Rechte an frühen Romanen geführt, z.B. die beim Verlag Münchmeyer erschienen waren. Mit einem tschechischen Verleger, um nur ein anderes Beispiel zu nennen, mußte May sich wegen der Urheber- und Verlagsrechte auseinandersetzen. Auch andere Verlage, vor allem im Ausland, waren nicht zimperlich im Umgang mit Rechten europäischer Autoren.

II. "Winnetou`s Rückkehr"

Ein jüngster Streitfall knüpft an einen Film an, der unter dem Titel "Winnetou`s Rückkehr" produziert worden ist. Drei Winnetou-Filme in den Jahren 1962, 1964 und 1965 waren Höhepunkte der Karl-May-Spielfilmwelle der 60er Jahre. Der strittige Winnetou-Film, um den es hier geht, hat allerdings mit den Karl-May-Werken nichts mehr zu tun. Presseberichten zufolge handelt es sich um "eine eigenständige Winnetou-Geschichte, die damit beginnt, daß der Apachenhäuptling nicht gestorben ist, sondern nach vielen Jahren wieder von einem Stamm von Waldindianern entdeckt, zu ihrem Häuptling gemacht wird und an anderen Schauplätzen als bei Karl May agiert und sich für andere Probleme (z.B. Umweltschutz) engagiert."

Geisterreiter des Zeitgeistes

Wer immer sich hier als Ghostwriter des Zeitgeistes hervorgetan haben mag, war anscheinend der Ansicht, daß es ausreiche, vom Stoff her einen entsprechenden Abstand zu den Stoffen, Handlungen und insgesamt zu dem Werk Karl Mays zu halten und daß es erlaubt und unbedenklich sei, die Winnetou-Figur als solche und den Namen "Winnetou" als Filmtitel oder als Teil desselben zu verwenden.

Doch steht eben hier der Titelschutz eines Werkes zur Diskussion und nicht die schwierige Frage, ob und inwieweit es nach Ablauf des urheberrechtlichen Schutzes zulässig ist, vom Inhalt eines Werkes, einschließlich der Figuren und deren Namen, wenn das Werk inzwischen gemeinfrei ist, Gebrauch zu machen. Das müßte, wenn man dem nachgehen wollte, zur weiterhin umstrittenen und schwierigen Frage führen, inwieweit die vier Werke, "Winnetou I – III" und "Winnetou`s Erben" heute noch urheberrechtlich geschützt sind, etwa durch den Bearbeiterschutz, welcher dem Karl-May-Verlag in Bezug auf bearbeitete Ausgaben zukommen kann, sowie zu der ebenso schwer zu beantwortenden Frage, inwieweit auch Inhalte von Werken, etwa über einen solchen Bearbeiterschutz, mitgeschützt sein können.

Der sog. Fabelschutz, der über den urheberrechtlichen Schutz der Formgestaltung hinaus auch Inhalte von Werken umfaßt, erstreckt sich gerade im Bereich der Romanliteratur unter Umständen auch auf das Handlungsgerüst, das Geflecht von Handlungen, Personen, Episoden des Genres, des Milieus bzw. alles dessen, welches als Gerüst, als Fabel der Phantasie des Autors entsprungen ist. Soweit sich also ein Bearbeiterschutz auch auf die "Fabel" erstrecken könnte, könnte sich auch über das Jahr 1962 hinaus, also nach Ablauf der Schutzfristen – 50 Jahre nach Karl Mays Tod – möglicherweise auch noch ein Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz ergeben.

Geht man aber davon aus, daß der hier in Bezug auf den Titel angegriffene Film auf der Basis einer völlig eigenschöpferisch gestalteten Winnetou-Geschichte beruht, sich also in Bezug auf das May`sche Oeuvre gänzlich vom ursprünglichen Werk des Autors entfernt und sich lediglich des Namens für den Titel und für die im Film vorkommende Figur bedient, dann muß sich in der Tat die rechtliche Fragestellung allein darauf konzentrieren, ob der Titel eines möglicherweise in Teilen oder generell gemeinfreien Werkes Titelschutz nach dem Markengesetz genießt oder auch, ganz generell, an der Gemeinfreiheit teilhat.

Titelschutz

Titel müssen unterscheidungskräftig sein, sie müssen noch Bestand haben und für bestimmte Werke weiterhin genutzt werden. Die sog. Kennzeichnungskraft des Werktitels "Winnetou" wird man ebensowenig in Abrede stellen können wie bei anderen Werktiteln, die als Hinweis auf ein Werk oder mehrere Werke verstanden werden. Das OLG Nürnberg diskutiert in der oben genannten Entscheidung für die Fallkonstellation, daß ein ein Werk prägender Name vom Verkehr nicht mehr als Individualisierung der Werke Karl Mays verstanden würde, sondern Symbol oder Synonym oder als "gebräuchliche Bezeichnung für einen edlen und tapferen Indianerhäuptling". Es sind in manchen Fällen in der Tat Tendenzen denkbar oder vielleicht auch heute schon sichtbar, daß ein bestimmter Name sich von einer Figur bzw. einem Roman ablöst, daß er als Begriff eine eigenständige Bedeutung im allgemeinen Sprachgebrauch gewinnt. Wenn der Titel oder der Titelbestandteil aber im Verkehr durch jahrzehntelange Verbreitung und weitere Verbreitung in hohen Auflagenzahlen noch als Hinweis auf die Werke Karl Mays verstanden wird, dann wird damit der Titelschutz auch nach Ablauf der urheberrechtlichen Schutzfrist für das Werk selbst, das vom Verlag verbreitet wird, erhalten bleiben.

Dieser Titelschutz bleibt auch dann erhalten, wenn andere Verlage das Werk, soweit es gemeinfrei ist, auch selbst unter dem auf dem May`schen Winnetou-Zyklus bezogenen Namen vertreiben. Ein unbeschränkter Nachdruck gemeinfreier Werke in anderen Verlagen hindert also die Geltendmachung des Titelschutzes durch den Karl-May-Verlag nicht – immer unter der Voraussetzung, daß, worauf noch näher einzugehen sein wird, dem Verlag die Titelrechte auch zugekommen sind und ihm weiterhin zustehen. Das formale Titelschutzrecht stellt nämlich nicht darauf ab, ob der geschützte Titel auch stets auf den Hersteller, also auf den Verlag hinweist "auch wenn dies im Einzelfall nicht selten der Fall ist" (so das OLG Nürnberg).

Damit sind wir bei der schwierigen Differenzierung zwischen dem Titelschutz einerseits, dem Markenschutz andererseits. Markenschutz durch Eintragung einer Marke beim Markenregister des Deutschen Patentamtes in München setzt unter anderem voraus, daß eine bestimmte Angabe als Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen verstanden wird, durch die auf ein bestimmtes Unternehmen hingewiesen wird. Wer bei "Winnetou" an den Verlag oder ein anderes Unternehmen denken würde, könnte konsequenterweise auf den Gedanken verfallen, daß damit auch ein absolut wirkender Markenschutz möglich wäre. Das Deutsche Patentamt hat sich offenbar in einer, soweit ersichtlich, nicht rechtskräftigen Entscheidung im Jahre 1999 auf den Standpunkt gestellt, daß ein Markenschutz ausscheide, und zwar wegen fehlenden Herkunftshinweises der Bezeichnung "Winnetou" auf ein bestimmtes Unternehmen. Das hat jedoch keine Bedeutung für den Schutz eines Werktitels, wenn dieser erworben wurde und auch weiterhin fortbesteht. Der Urheberschutz als solcher und auch das formelle Markenrecht als solches können entfallen sein. Wird ein Werk gemeinfrei, darf der Nutzer des Werkes auch den Titel, der damit auch nach dem Urheberrechtsgesetz insoweit gemeinfrei geworden ist, nutzen.

Die Frage ist aber, ob ein Filmproduzent diesen Werktitel dann auch für einen Film benutzen darf. Dies hängt wiederum unter anderem davon ab, ob Verwechslungsgefahr besteht. Das OLG Nürnberg hat eine solche Verwechslungsgefahr angenommen. Dabei geht es, nach der rein rechtlichen Betrachtungsweise in den Vordergrund zu rücken, um einen Vergleich der beiden Titel als solche. Der Titelbestandteil "Winnetou" wird dabei als "prägend" angesehen. Auch die sog. Kennzeichnungskraft für den Titel hat das Oberlandesgericht mit Recht bejaht. Schwerer wird man sich vielleicht mit der Begründung des OLG tun, daß sachliche Berührungspunkte zwischen den Werken Mays und dem Film "Winnetou`s Rückkehr" bestehen würden. Zwar ist anerkannt, daß solche sachlichen Berührungspunkte immer dann bestehen, wenn ein Werk bearbeitet oder fortgesetzt wird unter Verwendung des gleichen oder eines ähnlichen Titels. Man nimmt dann die sog. unmittelbare Verwechslungsgefahr an, wenn im Verkehr der irrige Eindruck erweckt wird, der so betitelte Film sei eine Bearbeitung in Form einer Verfilmung der Winnetou-Bücher Karl Mays. Der vorliegende Film ist insofern aber offensichtlich, wovon auch die Urteilsgründe ausgehen, keine Bearbeitung, sondern eine Verfilmung einer unabhängig von Mays Werken entwickelten Geschichte. Eine Art "Fortsetzung" der May`schen Werke ist sie nur insofern, als vorausgesetzt wird, Winnetou sei nicht gestorben, sondern zurückgekehrt, wobei allerdings Drehbuch und Film anscheinend nach Inhalt und Formgebung ganz und gar eigene Wege gegangen sind. Vermeidet ein Film aber inhaltlich und formal – mit Ausnahme der Verwendung des Namens der fiktiven Figur eines Helden – nahezu alle sachlichen Berührungspunkte zwischen dem Werk des Autors und seinem Inhalt, dann fragt sich, ob es im Sinne des Titelschutzes relevant sein kann, daß das Publikum beim Hören des Filmtitels oder bei Betrachten des Films annehmen könnte, daß der Film eine Bearbeitung der gemeinfreien May-Romane darstelle. Denn eine solche Bearbeitung in Form einer Verfilmung wäre ja, urheberrechtlich gesehen, wenn keine geschützten Inhalte mehr tangiert oder keine Formgestaltungen der Werke übernommen worden sind, rechtlich zulässig. Urheberrechtlich könnte also der Filmhersteller im Grunde nicht belangt werden. Das OLG Nürnberg hat insofern aber gleichwohl eine unmittelbare Verwechslungsgefahr bejaht, als es annimmt, daß die sachlichen Berührungspunkte zwischen den Werken (Bücher und Film) angesichts des hohen Grades der Ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft des Titels "Winnetou" als "sachlicher Berührungspunkt" ausreichen.

Die beklagte Filmfirma hatte sich auf die Rechtsprechung stützen wollen, daß allenfalls eine sog. erweiterte Verwechslungsgefahr vorliegen könne. Darunter ist die Gefahr zu verstehen, daß das Publikum auf rechtliche, wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zwischen den beiden streitenden Unternehmen kommen könnte oder kommt. Ob dem Filmproduzenten dies geholfen hätte, wird man ebenfalls in Frage stellen müssen, denn das angesprochene Publikum, das ja nicht einmal das gesamte Publikum sein muß, sondern nur ein relevanter Teil desselben, wird bei normaler Kenntnis der Situation heute in der Regel noch in zweierlei Richtungen Vorstellungen entwickeln: Man wird, nicht einmal nur in der älteren Generation, beim Titelbestandteil "Winnetou" primär an Karl Mays Werke denken. Darüber hinaus wird man aber auch an die nun zweifellos als Karl-May-Verlag firmierende Verlagsunternehmen in Bamberg/Radebeul denken, also mit im Titelbestandteil ein Hinweis auf Autor und den gleichnamigen Verlag verbinden. Daher würde man wohl, vielleicht mit einer etwas substantielleren Begründung, die sich der Werk-, Verlags- und Unternehmensgeschichte und des außerordentlich hohen Bekanntheitsgrades des Verlages bedient, eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne ebenfalls bejahen. Für die unmittelbare Verwechslungsgefahr müßte es auch genügen anzunehmen, daß die Werktitel im Buch- und Filmbereich jedenfalls aus so nahe beieinander liegenden oder sich überschneidenden Bereichen stammen und so verwendet werden, daß die Nutzung eines Werktitels eines Buches für einen Film jedenfalls nicht ohne Zustimmung des Inhabers des geschützten Werktitels zulässig ist. Hier kann, neben dem markengesetzlichen Titelschutz auch ein Wettbewerbsschutz nach § 1 UWG in Betracht kommen.

III. Von Fehsenfeld zum Karl-May-Verlag

Was die Entscheidung des OLG Nürnberg jedoch für den Karl-May-Freund, für den Urheber- und Verlagsrechtler und für die Verlagsgeschichte so interessant macht, sind die Teile der Entscheidung, die sich mit der Frage befassen, ob denn die Titelrechte dem Karl-May-Verlag zustanden und zustehen. Damit gelangt man nämlich mitten in eine jahrzehntelange Historie der Verlagsunternehmen, welche sich mit dem Werk Karl Mays in Vergangenheit und Gegenwart befaßt haben. Es ist bemerkenswert, daß sich diese verlagsgeschichtlichen und verlagsrechtlichen Voraussetzungen in einer markenrechtlich akzentuierten Entscheidung wiederfinden. Das hängt aber damit zusammen, daß der Karl-May-Verlag hier Existenz, Erwerb und Fortbestand der Titelrechte an den Winntou-Bänden minutiös nachweisen mußte und dies machte die Ableitung aus dem Verlagsrecht notwendig. Schon das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte in einer vorangegangenen Entscheidung dem Filmunternehmen untersagt, die Bezeichnung "Winnetou`s Rückkehr" zur Kennzeichnung eines Films zu nutzen. Das OLG Nürnberg hat diese Ansicht bestätigt.

In der nüchternen und knappen Sprache der Gerichte wird hier eine Verlagsgeschichte nachgezeichnet, welche in der Literatur bisher in Teilen untersucht und dokumentiert worden ist.

IV. Das Verlagsrecht an den Werken Karl Mays.

Mit der für eine solche Titelschutzentscheidung ungewöhnlich eingehenden Darstellung der Verlagsgeschichte und Entwicklung der Urheber- und Verlagsrechte an den Werken Karl Mays gewinnt der juristische Leser, gewinnen aber vor allem auch die historisch interessierten Karl-May-Leser und Verlagshistoriker Einblicke in die Entwicklung der Rechtssituation in Bezug auf den Übergang vom Verlag Fehsenfeld auf den Karl-May-Verlag, in die Entwicklung der Verlagsrechte seit der erstmaligen Herausgabe der "Winnetou"-Werke im Fehsenfeld-Verlag, sei es unter dem Titel "Winnetou der rote Gentleman" oder nur "Winnetou". Für den Kenner der Szene ist es natürlich eigentümlich, wenn er feststellen muß, daß das Urteil die Namen der Beteiligten in der veröffentlichten Form höchst diskret abkürzt. So weit wir hier die Urteilsgründe dokumentieren und zitieren, nennen wir die ja nicht nur den Lesern des Karl-May-Jahrbuches, des Karl-May-Handbuches oder den Mitteilungen und Nachrichten vertrauten Namen und Fakten.

Titelschutz und Verlagsrecht

1. Wenn, wie hier, der Karl-May-Verlag die Rechte an den Titeln "Winnetou" und "Winnetou`s Erben" (Band 7-9 und Band 33 der gesammelten Werke Karl Mays) beansprucht, dann ist es notwendig, den Erwerb dieser Titelschutzrechte nachzuweisen. Das OLG hat sich zunächst grundsätzlich mit der Frage befaßt, wie der Titelschutz einzuschätzen ist:

"Wegen der grundsätzlichen Akzessorietät zwischen Titel und bezeichnetem Werk ist Inhaber des Titelrechtes grundsätzlich der Verfasser des Werkes, und zwar sowohl bei einem von Natur aus unterscheidungskräftigen als auch bei einem Titel, der erst durch die vom Verleger veranstaltete Benutzung Unterscheidungskraft und damit Schutz erlangt (BGH GRUR 1990, 220-Verschenktexte I). Werktitelrechte sind aber übertragbar und werden im Falle eines urheberrechtlich geschützten Werkes regelmäßig im Zusammenhang mit der Übertragung bzw. Einräumung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten grundsätzlich in gleichem Umfang wie diese an den Verleger des Druckwerkes übertragen ..."

Die Verlagsgeschichte

2. Die nachfolgende, dem Urteil zu entnehmende Darstellung der Verlagsgeschichte knüpft an den Gesellschaftsvertrag vom 2/5/28.4.1913 an, den Friedrich Ernst Fehsenfeld und Dr. Euchar Schmid mit der Witwe und Alleinerbin des Schriftstellers schlossen, nämlich zur Gründung der Gesellschaft "Stiftungs-Verlag Fehsenfeld & Co.". Während Fehsenfeld sein gesamtes Lager von Karl-May-Werken in die Gesellschaft einbrachte, leisteten Klara May und Dr. Schmid Geldeinlagen. Klara May stellte nach § 4 des Gesellschaftsvertrages ihre gesamten Autorrechte (ausschließlich der Übersetzungsrechte) der Gesellschaft gegen Entgelt zur Verfügung. Die Gesellschaft wurde am 8.7.1913 in das Handelsregister unter der Firma "Verlag der Karl-May-Stiftung Fehsenfeld & Co." eingetragen. Die Firma wurde am 5.1.1915 geändert in "Karl-May-Verlag Fehsenfeld & Co.". Das OLG stellt fest, daß der Karl-May-Verlag Rechtsnachfolgerin dieses Unternehmens geworden ist. Dies ergibt sich aus den Handelsregistereintragungen von 1960.

Nicht ganz ohne Bedeutung für das Gericht war auch der am 28.11.1913 abgeschlossene gesonderte Gesellschaftsvertrag zwischen Klara May und dem Gesellschafter Dr. Euchar Schmid. Dieser sollte mit dem Ausscheiden des Gesellschafters Fehsenfeld in Kraft treten. Klara May und Dr. Euchar Schmid verpflichteten sich, die Gesellschaft bis zum 1.1.1943 fortzuführen. Fehsenfeld schied am 31.12.1921 aus der Gesellschaft aus. Laut dem Vertrag vom 28.11.1913 brachte Klara May in die Gesellschaft ihre gesamten Urheberrechte an Karl Mays Werken und den literarischen Nachlaß zur unumschränkten Ausnutzung ein. Im Falle des Todes von Klara May sollte der gesamte schriftliche Nachlaß – unbeschadet der Honorarverpflichtung und ausschließlich der Urheberrechte – in das Eigentum von Dr. Schmid übergehen. Dieser Vertrag vom 28.11.1913, der offensichtlich neben dem Gesellschaftsvertrag vom April 1913 abgeschlossen wurde und nur die beiden Mitgesellschafter Klara May und Dr. Schmid betraf, wurde, wozu sich das Urteil nicht näher ausläßt, am 17.11.1921 aufgehoben. Jedoch wurde diese Aufhebung dann wieder rückgängig gemacht. Denn in einem Zusatzvertrag zwischen Klara May und Dr. Euchar Schmid vom 21.8.1930 wurde die alte gesellschaftsrechtliche Regelung vom 28.11.1913 wieder in Kraft gesetzt. Am 21.8.1930 bekräftigten die Vertragspartner, daß die Einbringung des gesamten Urheberrechts an Karl-May-Werken und des literarischen Nachlasses durch die Erbin Klara May weitgehendst auszulegen sei: Zusätzlich zu den Verlags-, Dramatisierungs- und Filmrechten sollte sich die Einbringung von Rechten nunmehr auch auf Rundfunk, Tonfilm und überhaupt auf alles erstrecken, was durch neue Erfindungen und an Rechten hinzuwachsen könnte. Niemandem sollte irgendwelche Urheberrechteausnutzung an Karl-May-Schriften zustehen, außer dem Karl-May-Verlag. Dr. Euchar Schmid oder seine Rechtsnachfolger wurden ermächtigt, beliebig über den schriftlichen Nachlaß, insbesondere auch über die etwaige Vernichtung von Schriftstücken zu entscheiden. Die Vertragspartner vereinbarten auch, die bestehende Gesellschaft über den vereinbarten Zeitpunkt 1.1.1943 hinaus auf gemeinsame Rechnung weiterzuführen, falls die 30-jährige Schutzfrist für Karl-May-Werke verlängert werde. In diesem Falle sollten alle Abmachungen für die gesamte Dauer der verlängerten Schutzfrist uneingeschränkt weiter gelten. Ob und inwieweit eine 30-jährige Schutzfrist ausreiche oder eine Verlängerung notwendig sei, hatten schon die Gesetzesberatungen anläßlich des Urheberrechtsgesetzes vom Jahre 1901 und des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Fotografie vom Jahre 1907 bestimmt. Damals hatten sich die Befürworter einer 50-jährigen Schutzfrist noch nicht durchsetzen können. Es ging damals um den sog. Cosima-Paragraphen. Cosima Wagner hatte großes Interesse an der Schutzfristverlängerung. Denn die Werke des im Jahre 1883 verstorbenen Richard Wagner drohten, mit dem Ablauf des Jahres 1913 gemeinfrei zu werden. In den Reichstagsdebatten ging es seinerzeit bald nach der Jahrhundertwende hoch her. Ein Zitat aus einer Rede eines Abgeordneten:

"Und dann, meine Herren, frage ich doch auch: Wer sind die Erben? Wir sollen ja überhaupt keine Bestimmung für die Komponisten selbst machen, sondern überhaupt nur für die Erben. Wer sind diese Erben? Der Herr Abgeordnete Dr. Esche sagt, die Witwen und Waisen und appelliert an das Zentrum, es hätte doch sonst so viel Interesse für die Witwen- und Waisenversorgung. Aber, meine Herren, die Witwen müssen schon 30 Jahre Witwen sein, wenn ihre Schutzfrist abgelaufen ist. Es können also nur solche Witwen in Betracht kommen, die 30 Jahre nach dem Tode ihres Mannes noch leben; aber viele Witwen, welchen der Mann in jungen Jahren gestorben ist, verheiraten sich wieder, und manche überleben nicht 30 Jahre ihren Mann. Und nun die armen Waisen! Der jüngste Waisenknabe, wenn er am Tage des Todes seines Vaters geboren ist, ist beim Ablauf der jetzigen Schutzfrist schon 30 Jahre alt und längst vielleicht selbst schon Vater geworden. Also in Betreff der Waisen kann der Abgeordnete Dr. Esche am allerwenigsten an das Mitleid appellieren. Nun sind die Erben nicht immer die Witwen, Kinder oder Enkel, es gibt allerhand Erben, auch lachende Erben, die vielleicht feindselig zum Komponisten gestanden haben, und die gar nicht um ihn verdienen, daß sie noch in späterer Zeit an diesem Vorteil teilhaben."

Die Überlegung, im Jahre 1930 eine Verlängerung der 30-jährigen Schutzfrist in Erwägung zu ziehen, war, wenn man die internationale und die nationale Rechtsentwicklung sieht, vorausschauend und vernünftig. Allerdings kam es dann doch sehr plötzlich zur Einführung der 50-jährigen Schutzfrist mit einem Gesetz vom 13.12.1934. International war bereits im Jahre 1908 die 50-jährige Schutzfrist akzeptiert worden (Revidierte Berner Übereinkunft vom 13.11.1908, Berliner Fassung). Das war nachteilig für Urheber aus Ländern mit kürzerer Schutzfrist. Ihre Werke wurden in Ländern, die der internationalen Berner Übereinkunft angehörten, nur innerhalb der kürzeren Frist geschützt. Die nationalsozialistische Gesetzgebung führte relativ schnell die 50-Jahresfrist ein. Die Gründe, die damals nicht öffentlich bekannt gegeben wurden, waren: Die 30-jährige Schutzfrist reiche teilweise nicht aus, um den Angehörigen großer Meister angemessene Erträge zu sichern, für die gewerblichen Verwerter, insbesondere Musikverleger sei die Fristverlängerung auf 50 Jahre von existentieller Bedeutung. Zur Sicherung der Überschüsse der deutschen Handelsbilanz müsse man sich an die im Ausland überwiegend geltende 50-jährige Schutzfrist angleichen. Der NS-Gesetzgeber verwies darauf, daß auf diese Weise Schöpfungen von "bleibender nationaler Bedeutung" mit Mitteln zur Erhaltung und Förderung solcher Werke unterstützt werden könnten. Man hatte den von Hitler verehrten Richard Wagner im Sinn, weil die Durchführung der Bayreuther Festspiele in den Nachkriegsjahren bei Aufrechterhaltung des Urheberrechts nach 1913 einfacher gewesen wäre, und man dachte auch an die Rechte aus den Werken Nietzsches. Diese waren 1930 gemeinfrei geworden. Hätte die 50-jährige Schutzfrist schon früher bestanden, dann wäre mit solchen Einnahmen auch die Weiterführung und Vollendung des Nietzsche-Archivs in Weimar möglich gewesen. Eine Reihe politischer und wirtschaftlicher Gründe führten also zu dieser Angleichung der deutschen an die internationale Rechtsentwicklung.

Das OLG hat aus den vom Karl-May-Verlag vorgelegten Unterlagen den Schluß gezogen, daß der Fehsenfeld-Verlag und der nachfolgende Verlag nicht nur das Urheberrecht, sondern auch die Titelrechte an den Karl-May-Werken erworben hat. Dabei greift das OLG auch auf die Verlagsverträge vom 17.11.1891, 10.2.1906 und 12.3.1907 zwischen dem Verleger Fehsenfeld und Karl May zurück. Klara May hatte dieser Verlagsverträge mit einem Schreiben vom 27.6.1912 gegenüber Fehsenfeld zunächst gekündigt. Wir können hier dahinstehen lassen, ob eine solche Kündigung überhaupt möglich war. Klara May hatte gleichzeitig erklärt, sie wolle nicht die Beziehungen zu Fehsenfeld beenden, sondern sie im Rahmen einer zu gründenden Gesellschaft fortführen. Dem stimmte Fehsenfeld mit seinem Antwortbrief vom 13.7.1912 grundsätzlich zu. Damit wurde die Grundlage geschaffen für den Gesellschaftsvertrag vom April 1913. Das OLG nimmt an, daß sich daraus ergibt, daß Fehsenfeld der Kündigung zugestimmt habe und damit die Verlagsverträge zumindest einvernehmlich beendet worden seien, mit der Folge, daß Klara May das Urheberrecht unbeschränkt zur Verfügung gestanden habe. Ob tatsächlich die Urheberrechte unbeschränkt wieder an Klara May zurückgefallen waren, wie dies das OLG annimmt (vgl. § 9 Verlagsgesetz), läßt sich wohl daraus entnehmen, daß der Gesellschaftsvertrag von 1913 (§ 4) jedenfalls davon ausgeht, daß Klara May selbst der Gesellschaft bis zu deren Auflösung ihre gesamten Autorrechte ausschließlich der Übersetzungsrechte zur unumschränkten Verfügung stellte, eine Bestimmung, die mit "Verlagsrechte" überschrieben ist. Die neue Gesellschaft des Jahres 1913 erwarb also das ausschließliche Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht an den von Fehsenfeld verlegten Werken Karl Mays in der Originalversion. Diese Übertragung des Verlagsrechtes durch Klara May ist durch den Gesellschaftsvertrag vom 28.11.1913 und den Zusatzvertrag vom 28.8.1930 erweitert worden. Jedenfalls schließt das Gericht, daß auch die Titelrechte auf den Verlag übertragen worden sind. Dem stand § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages vom 18.11.1913 zwischen Klara May und Euchar Schmid nicht entgegen. Die dortige Klausel bezog sich nicht auf etwaige Urheberrechte, sondern nur auf das Eigentum an dem schriftlichen Nachlaß des Autors, der nach dem Tode von Klara May an Dr. Schmid übergehen sollte. Das OLG sieht sich in seiner Rechtsauffassung bestätigt durch den Zusatzvertrag vom 21.8.1930. Dort wurde Dr. Euchar Schmid oder seinem Rechtsnachfolger ausdrücklich die Entscheidung über die etwaige Vernichtung von Schriftstücken überlassen. Mit dem Tode von Klara May wurde die Gesellschaft nicht aufgelöst, die übertragenen Rechte fielen auch nicht an die Erben zurück, und das Urteil des OLG bemerkt auch ausdrücklich, daß der Ein- und Austritt der Karl-May-Stiftung als Gesellschafterin auf den Bestand der Rechte des Karl-May-Verlages keine Auswirkungen gehabt habe, was durch den Vergleich vom 2.4.1960 ausdrücklich bekräftigt worden sei.

Im Ergebnis bedeutet dies, daß der Titelschutz die Gemeinfreiheit eines Werkes überdauert. Erwerb und Fortbestand des Titelschutzes hängen nicht vom urheberrechtlichen Schutz ab. Die Gemeinfreiheit eines Werkes ist also kein Argument, um dem Inhaber des Titelrechtes den erworbenen Schutz dort zu versagen, wo ein anderer den geschützten Titel für andere Zwecke (z.B. Filme oder andere Medienprodukte) verwendet. Soweit das Karl-May-Handbuch die Frage, ob der Titelschutz die Gemeinfreiheit überdauert, als noch nicht rechtlich geklärt ansah, was im Jahre 1987 vielleicht noch der Fall gewesen sein könnte, so ist mit dieser Entscheidung jedenfalls für die genannten Werke Karl Mays eine abschließende Klärung erreicht. ...anderweitige Angaben wird man davon ausgehen können, daß das Urteil rechtskräftig geworden ist.

und Euchar Schmid nicht entgegen. Die dortige Klausel bezog sich nicht auf etwaige Urheberrechte, sondern nur auf das Eigentum an dem schriftlichen Nachlaß des Autors, der nach dem Tode von Klara May an Dr. Schmid übergehen sollte. Das OLG sieht sich in seiner Rechtsauffassung bestätigt durch den Zusatzvertrag vom 21.8.1930. Dort wurde Dr. Euchar Schmid oder seinem Rechtsnachfolger ausdrücklich die Entscheidung über die etwaige Vernichtung von Schriftstücken überlassen. Mit dem Tode von Klara May wurde die Gesellschaft nicht aufgelöst, die übertragenen Rechte fielen auch nicht an die Erben zurück, und das Urteil des OLG bemerkt auch ausdrücklich, daß der Ein- und Austritt der Karl-May-Stiftung als Gesellschafterin auf den Bestand der Rechte des Karl-May-Verlages keine Auswirkungen gehabt habe, was durch den Vergleich vom 2.4.1960 ausdrücklich bekräftigt worden sei.

Im Ergebnis bedeutet dies, daß der Titelschutz die Gemeinfreiheit eines Werkes überdauert. Erwerb und Fortbestand des Titelschutzes hängen nicht vom urheberrechtlichen Schutz ab. Die Gemeinfreiheit eines Werkes ist also kein Argument, um dem Inhaber des Titelrechtes den erworbenen Schutz dort zu versagen, wo ein anderer den geschützten Titel für andere Zwecke (z.B. Filme oder andere Medienprodukte) verwendet. Soweit das Karl-May-Handbuch die Frage, ob der Titelschutz die Gemeinfreiheit überdauert, als noch nicht rechtlich geklärt ansah, was im Jahre 1987 vielleicht noch der Fall gewesen sein könnte, so ist mit dieser Entscheidung jedenfalls für die genannten Werke Karl Mays eine abschließende Klärung erreicht. ...anderweitige Angaben wird man davon ausgehen können, daß das Urteil rechtskräftig geworden ist.

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Presse und Medien

Winnetou 2000

Indianerreservate in den USA

Dieser ½-stündige Fernsehbericht am 12. April 2001 im MDR ist eine Wiederholung einer Produktion des Südwestrundfunks, die bereits am 30. Oktober vorigen Jahres im Teleglobus gesendet wurde. Diese Reportage von Claus Klebert schilderte die Goldgräberstimmung in den Reservaten, die in den - ansonsten in den USA verbotenen - Spielkasinos begründet liegt, die Indianer haben eine Goldquelle entdeckt. Doch ob der plötzliche Reichtum den Indianern wirklich gut tut, steht auf einem anderen Blatt. Auf der ‚Winnetour 2000‘ war es der Reisegruppe vergönnt, einige dieser gigantischen Spielbetriebe kennenzulernen. Ist das die Rache des roten Mannes an den weissen Landräubern? Winnetou, der sich über die Zigarettengier von Old Wabble mokiert (Old Surehand I S. 328), würde mehr als nur schmunzeln, sähe er die besessenen Spieler an den Automaten.

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Die Legende Winnetou

‚Roman-Welten - Eine Reise ins Land der Apachen‘ am 22.4.2001 um 22:55 Uhr im ZDF.

Der in KMG-N 126 S. 55 und KMG-N 127 S. 51 angekündete Beitrag (Buch u. Regie: Dr. Jutta Szostak, Kamera: J. Giel, Redaktion: Dr. W. Lörcher) wurde zu später Stunde gesendet. Im GONG Nr 16 S.15 wurde unter der Überschrift ‚Dichtung und Wahrheit‘ ganzseitig darauf hingewiesen, es heisst unter anderem: <Jutta Szostak hat einen Volltreffer gelandet! In ihrem Dokumentarfilm "Die Legende Winnetou" spürte sie dem Wahrheitsgehalt in Karl Mays Winnetou-Romanen an den Originalschauplätzen nach und fand tatsächlich einen Mescalero-Apachen, der Karl May gelesen hatte. Joey Padilla ist Medizinmann und Schullehrer in New Mexiko, ein kompetenter Gesprächspartner, der die Grenze zwischen Fakten und Fiktion in Karl Mays Bestseller auf den Punkt bringen kann. Das Interview mit Joey Padilla ist kein Glückstreffer, sondern das Ergebnis der schlüssigen Konzeption, die sich hinter der ZDF-Reihe "Roman-Welten" verbirgt: Der ZDF-Zuschauer soll an Orte und Landschaften gelockt werden, die durch die Erfindungsgabe von Schriftstellern zu Mythos und Legende wurden... Die Deutschen sind Weltmeister im Reisen. Offensichtlich hat das ZDF mit seiner Idee, Weltliteratur als Reiseführer zu benutzen, eine Marktlücke gefunden.>

Übrigens: Die Zeitschrift Karl May&Co bringt in der Nr. 83 Februar 2001 ab S. 43 einen vier-Seiten-langen Bericht von der Regisseurin, die offenbar einen guten Draht zu den Apachen und das nötige Einfühlungsvermögen hat.

Die Teilnehmer der Winnetour 2000 trafen das Team in Ruidoso beim Besuch des Mescalero-Museums. Und noch ein Hinweis: Sie finden die Vorschau auf diese bemerkenswerte Sendereihe in Internet unter ttp://www.zdf.de/wissen/romanwelten -dSch

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Drei Generationen Winnetou

In Berlin starb am 18. Februar 2001, an seinem 74. Geburtstag, der Architekt und Kunstmäzen Winnetou Kampmann, betrauert von seiner Familie, seinem Sohn Winnetou Kampmann Jr. und seinem Enkel Winnetou Kampmann.

Winnetou Kampmann war Mitbegründer der Berlinischen Galerie und langjähriger Vorsitzender des Fördervereins dieses Museums, für dessen Ausstellungen er auch den Martin-Gropius-Bau maßstabsetzend restauriert hat. Aus: Der Tagesspiegel/Berlin vom 4. März 2001.

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Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste ...

"Auf literarische und sonstige Spuren in Namibia, ehemals Deutsch-Südwestafrika" begab sich Dr. Eckehard Koch mit seinem Vortrag in der Kettwiger Stadtteilbibliothek am 7. März 2001. Dr. Koch, dessen Großvater einige Jahre in Deutsch-Südwest gelebt hat und der Namibia selbst besucht hat, wollte mit Dias und anhand von Leseproben einen Einblick in die Geschichte des Landes geben, und Geschichten über Land und Leute erzählen. Und wer Dr. Koch von der KMG und von seinen Veröffentlichungen her kennt, weiß daß die Bezüge zu Karl May dabei nicht zu kurz kamen. Er las aus dem Kafferngrab und stellte Karl Mays tolerante Haltung zu Mischehe und Apartheid und seine Schuldzuweisung an die Europäer heraus. (Sis nach einer Pressemitteilung der Stadtteilbibliothek Kettwig/WAZ vom 3.3.01.)

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Johannes Zeilinger: Karl May – Autor in fabula. – Hamburg: Hansa Verl., 2000.

Kara Ben Nemsi gerät in einen Hinterhalt. In den Schluchten des Balkans erhält er einen festen Schlag auf den Kopf. Das Schädel-Hirn-Trauma wird zum Todeserlebnis. "Ich war gestorben gewesen und hatte dies doch bemerkt. Ich hatte sogar die Stimmen der Mörder gehört, ja ich hörte sie noch, indem ich jetzt wieder zur Erde niedersank ...", beschreibt Karl May im Orient-Zyklus den Zustand seines Helden. Im gleichen Roman beschreibt May, wie Kara Ben Nemsi von einer Kräutersammlerin über die heilende Wirkung von Disteln und Birkenblättern aufgeklärt wird.

Der Chrirurg und Sportmediziner Johannes Zeilinger hat in seiner Dissertation "Karl Mays Psychopathologie und die Bedeutung der Medizin in seinem Orientzyklus" untersucht. "Bei kaum einem anderen Schriftsteller sind Leben und Werk so intensiv miteinander verwoben", schreibt Zeilinger. Kara Ben Nemsi repräsentiere als heilender wie kranker Held den Dualismus der Psyche seines Schöpfers. Nach einer Neuinterpretation der Psychopathographie Mays nach heute medizinisch gültigen Diagnosekriterien stellt der Autor die Hypothese auf, daß May an einer Persönlichkeitsstörung litt, die "Elemente einer dissozialen wie auch einer narzißtischen Persönlichkeitsstörung enthält". Anschaulich beschreibt Zeilinger die Kriminalitäts- und Vagantenphase Mays als Ausdruck der Persönlichkeitsstörung. Vorbestraft wegen Diebstahls wird May aus dem Schuldienst entlassen, er wird wegen mehreren Betrugsdelikten auffällig, versucht sich als Augenarzt Dr. med. Heilig und landet schließlich im Arbeitshaus in Zwickau.

Immer wieder finden sich in den Romanen medizinische Details. "Mays medizinische Kenntnisse geben dabei korrekt den damaligen Wissensstand wieder", schreibt Zeilinger. "Sie sind vornehmlich aus gängigen Konversationslexika entnommen und sorgfältig recherchiert. Nur dort, wo diese Quellen schweigen, schöpft Mays Phantasie Worte und Bezeichnungen; dies beschränkt sich jedoch nur auf vereinzelte Namen und ist im Kontext geschickt eingebaut. Zudem finden sich eingestreut autobiografische Hinweise und Reflexionen." Gez.: (ine) Aus: Ärzte-Zeitung Nr. 29 vom 15. Febr. 2001.

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Frankfurter Allgemeine 4.3.2001 - Winnetous Bekenntnis. Der grosse Häuptling der Apatschen stirbt in den Armen seines Blutsbruders Old Shatterhands mit dem Bekenntnis: "Ich glaube an den Heiland. Winnetou ist ein Christ." Mußte Winnetou Christ werden? Für Karl May war das notwendig, weil das Christentum als höchste Religion schließlich siegen mußte. Heute ist deutlicher als zu seiner Zeit, daß die Religionen der nordamerikanischen Indianer vieles haben, wovon Christen ihrerseits lernen können. Zum Beispiel Ehrfurcht vor Pflanzen und Tieren. Aber daß Winnetou Christ wurde, lag nicht an Überredung oder gar Gewalt. Für Karl May hieß Mission erstaunlich modern: Das Leben und die Taten eines Christen müssen von selbst überzeugen. Damit ist er nahe bei Grundregeln für ein friedliches Zusammenleben der Religionen, die heute notwendiger sind denn je. Unterschiedliche Kulturen und religiöse Vorstellungen prallen stärker aufeinander, beschleunigt durch die Globalisierung. Wo sich Menschen verschiedener Religionen begegnen, können und sollen sie ihren Glauben deutlich vertreten. Aber damit darf sich keine Forderung nach Ausgrenzung, Machtstreben oder gar Vernichtung anderer Glaubensformen verbinden. Auf dieser Erde unterwegs sein zum großen, unbegreiflichen Gott heißt, offen sein für Gottes unberechenbare Anwesenheit auch bei den jeweils anderen.

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Sulzbacher Karl-May-Stammtisch

Die Begeisterung für Karl May bringt sie zusammen: die Stammtischler in Sulzbach. Das ist eine Gesprächsrunde, wie sie in manchen Orten existieren mag, man kommt zwanglos zusammen und plaudert über seinen Lieblingsautor und seine Werke, tauscht Neuigkeiten aus und diskutiert über dies und das aus dem Leben und den Erzählungen Karl Mays. Die Saarbrücker Zeitung brachte am 28.2.2001 einen langen Bericht über diese Expertenrunde, daraufhin riefen bereits einige Interessierte an, auch die örtliche Sparkasse und die Volkshochschule wollen die Popularität Karl Mays und das Fachwissen der Stammtischler nutzen, um im nächsten Jahr Ausstellungen oder andere Events zu veranstalten. Schauen Sie ins INTERNET: www.karl-may-stammtisch.de und lassen Sie sich informieren oder geben Sie selber Tipps, die grösstenteils KMG-Mitglieder sind offen für Anrufe und e-mails. Zwei der Stammesbrüder seien hier erwähnt: Hubert Dörrenbächer (Tel. 06897-54931) und Günter Fell (Tel. 06897-762231). Im Sommer ist ein Besuch in Radebeul geplant; solche Meldungen sind doch rundum erfreulich, nicht wahr?

dSch

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Der Schuh des Manitu

In Pro7 läuft spät an jedem Abend die Comedy-Sendung ‚Bullyparade‘ mit teils wirklich witzigen Sketchen, als Macher sind verantwortlich Michael Herbig und Rick Kavanian. Häufig treten auch Winnetou und Old Shatterhand auf und albern über Tagesgeschehen. Nun haben diese guten Leute die Idee gehabt, einen Spielfilm zu drehen, was dann im Mai und Juni 2001 in München und Almeria geschah. Die Kinopremiere soll Mitte Juli erfolgen. Der Filmtitel: siehe Überschrift. Und so verfremdet ist auch der Inhalt, Karl May tritt hierbei nur noch als Initiator auf, "frei nach Karl May" wäre schon zuviel der Ehre. Ganz kurz: Der Apachenhäuptling Abahachi kauft ein Lokal, damit sein Stamm auch endlich ein Stamm-Lokal bekommt. Witzig! Blutsbruder-Schoschonen-Mörder-Schatzkarte-Südstaatler- usw., alles ist eingearbeitet. Und Winnetou? Der tritt auf als Winnetouch, Häuptlings Zwillingsbruder, sehr witzig. Ob sich eine Klamauk-Idee über 90 Minuten dehnen lässt? Andere wie z.B. Loriot mit ‚Ödipussy‘ haben schon gesehen, dass die Spannung aus Wortwitz und Situationskomik keine Spielfilmlänge verträgt. Man wünscht Leuten, die einen Batzen Geld in so ein Projekt stecken, viel Glück und Erfolg, Skepsis ist aber doch angebracht. Und als Karl-May-Fundamentalist wünscht man unserem Autor, dass Spötter, Fälscher und Giaurs bestraft werden, nicht?

Infos aus dem INTERNET: http://www.prosieben.de/bullyparade/infoparade/manitu -dSch

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Karl May war Fahrer bei der Speyerer Traditionsbrauerei Storch

Sie wissen doch, Zeitungen können alles schreiben, was sie wollen, die Berichtigung oder Gegendarstellung ein paar Tage später liest keiner mehr. So entstehen u.U. böse Gerüchte; man liest Überschriften wie "Karl May war blind" oder "Karl May war kein Sachse" oder eben diese hier angeführte. Ausnahmsweise hat die Zeitung richtig reagiert, die ‚Rheinpfalz‘ aus Lugwigshafen stellt drei Tage nach dieser Sensationsmeldung folgendermassen klar: < Sie hatte in ihrer Kindheit sicher zu viel mit Winnetou und Old Shatterhand gelitten, sonst wäre es der Verfasserin des Beitrags "Mit dem Storch auf der Bierkutsche" aus der Serie "Arbeit wie sie früher war" in der Dienstagsausgabe sicher nicht passiert, dass sie aus Karl Muy einen Karl May gemacht hätte. Muy hatte Hugenottenblut in seinen Adern, deshalb der französische Name, wie sein Enkel Karl Fücks erklärte.> Es gibt sicher Hunderte mit diesem schönen Namen Karl May in Deutschland, unser aber, unser Karl May, das ist der echte, und der war kein blinder Fahrer aus Saxen. Pasta. d.Sch.

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Die Indianerschlacht am Little Bighorn

Freitag, 2.März 2001, 18:00 Uhr. Das Blockhaus ist gut gefüllt, viele Cowboys, die man auch im Karl-May-Saloon um die Ecke trifft, viele Gentlemen im eleganten Dress, Normalbesucher, Jugendliche, und ein echter Ranger im waldgrünen Outfit des Nationalparks in Montana. Die Rede ist von der "Villa Bärenfett" in Radebeul und der Eröffnung des 2. Teils der Sonderausstellung; der 1. Teil ist Patty Frank gewidmet und seit dem 18. Januar zu sehen, davon weiter unten. Jetzt also "Die Indianerschlacht am Little Bighorn". Seit drei Jahren leitet Neil Mangum, der Ranger, als Superintendent des Monuments die dortige Gedenkstätte. Am 26. Juni 1876 mußte die US-Armee unter General Custer ihre grösste Niederlage in der Geschichte der Indianerkriege hinnehmen; Häuptling Sitting Bull hatte über 3000 Krieger auf die Beine gebracht, den Ort des Kampfes sorgfältig ausgewählt und Kriegshäuptling Crazy Horse mit der Ausführung seiner Befehle betraut. Sitting Bull wurde später ermordet und liegt in einem Winkel des Militärfriedhofs von Fort Yates in Nord-Dakota begraben. (Das große Indianerlexikon, Arena-Verlag) Es waren 125 Deutsche, darunter zwei Sachsen, unter den Toten der Schlacht, fast die Hälfte waren Europäer. In die Gedenkstätte in Montana kommen deshalb am häufigsten Besucher aus Europa, so Neil Mangum, der noch viele andere Details erforscht hat. Diese Ausstellung in Radebeul ist geschichtlich gut vorbereitet; um den Schlachtverlauf anschaulicher zu machen, wurde der Fußboden vor dem Elk-Eber-Gemälde, dem berühmten Schlachtenbild, als begehbare Landkarte gestaltet. Die Ausstellung endet am 6.Januar 2002. Ein Besuch lohnt die Reise, da auch Patty Frank, neben Klara May Begründer des Indianermuseums, der andere Teil der Sonderausstellung gewidmet ist. Von ihm stammt das schmale Büchlein "Die Indianerschlacht am Little Big Horn", Militärverlag (!) der DDR von 1957, bei dessen Lektüre man sehr traurig wird. Der rote Mann, dem seine und Karl Mays Sympathien gehörten, hatte nun mal schlechte Voraussetzungen, um sich letztendlich gegen die weißen Einwanderer erfolgreich wehren zu können. Patty Frank muss das so gesehen haben, er war ein vielgereister Artist. Ein Buch über dieses Original sei hier wieder einmal erwähnt: "Patty Frank" von W. Seifert aus dem Karl-May-Verlag, das im Kapitel 7 das Jahr 1876 beschreibt, in dem die berühmte Schlacht stattfand. Historie pur und eine Ausstellung, nicht unbedingt zum Erheitern, wichtig aber für das Nicht-Vergessen von Tatsachen. Von Joseph, dem Häuptling der Nez Percé-Indianer, ist das Wort überliefert, mit dem er sich General Miles ergab: "Ich will nie wieder kämpfen!" Jetzt sind die weissen Männer an der Reihe.

dSch.

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Karl May in Indonesien

In Indonesien startet eine neue Karl May Initiative. Die größte indonesische Tageszeitung - eine katholische - brachte am 23. Dez. 2000 einen Artikel von einem dortigen May-Freund: "Dan Damai Di Bumi" (Und Friede auf Erden) Über 100 Jahre nach Karl May und dem Krieg in Acheh gab es eine Story anhand des May-Textes, die zugleich zahlreiche Hinweise zur indonesischen Geschichte enthielt.

Insbesondere wurde dabei auch Bezug genommen auf den Geist des Weihnachtsfestes im Glauben der Indonesischen Christen und zum größten Fest der indonesischen Moslems, welche sich 2000 überschnitten.

Dieser Artikel hatte dann noch eine ganz unerwartete Folge: ein Verleger möchte >Und Friede auf Erden< neu herausbringen. Mein indonesischer Freund Pandu Ganesa aus Jakarta, Autor des Artikels, soll dabei nun auch die editorische Arbeit übernehmen.

Ebenso plant Pandu Ganesa auch - so weit es überhaupt machbar ist - Karl-May-Videos entweder mit indonesischen Untertiteln oder synchronisiert heraus zu bringen.

Wünschen wir ihm viel Glück.

Ich möchte aber nicht versäumen, auf eine Webseite hinzuweisen, die er gestaltet hat: http://karlmay.hypermart.net (in Indonesisch). Dazu hat er (ebenfalls in Indonesisch) eine mailing-list eingerichtet, die inzwischen mit mehr als 100 Mitgliedern (in 2 Monaten) sich durchaus sehen lassen kann:

indo-karlmay@egroups.com

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