KMG-Nachrichten 129 - September 2001

Herausgegeben von Engelbert Botschen

EINLADUNG ZUR MITGLIEDERVERSAMMLUNG

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder und Freunde der Karl-May-Gesellschaft!

In wenigen Wochen ist es wieder einmal so weit: Vom 21. bis 23. September 2001 empfängt Luzern in der Schweiz die Mitglieder unserer Gesellschaft zu ihrem 16. Kongreß. Nach Wien 1987 ist es das zweite Mal, daß die Karl-May-Gesellschaft außerhalb Deutschlands ihren Kongreß veranstaltet.

Über 200 Teilnehmer werden aus aller Welt anreisen, um den wissenschaftlichen Vorträgen namhafter Karl-May-Forscher, Germanisten und Philologen zu lauschen und neue Erkenntnisse über Leben und Werk unseres Autors zu gewinnen.

Daß die Wahl Luzerns, am Vierwaldstättersee und am Fuße der Rigi gelegen, nicht ohne besonderen Grund erfolgte, wird uns der Ausflug auf die Rigi am Sonnabend, den 22. September, näherbringen: Auf den Tag genau vor einhundert Jahren weilte Karl May auf Rigi-Kulm.

Bei der traditionellen Buchauktion werden die Sammler bibliophiler Ausgaben sicher auf ihre Kosten kommen, und auch die Geselligkeit kommt natürlich nicht zu kurz: "Über den Wolken" wird diesmal unser ‘Geselliger Abend’ ausklingen.

Zuvor muß am Sonnabend vormittag erst einmal der Satzung genüge getan werden – die alle zwei Jahre einzuberufende Mitgliederversammlung hat eine zehn Punkte umfassende Tagesordnung abzuarbeiten: Rechenschaftsbericht, Aussprachen dazu und nicht zuletzt eine Satzungsänderung, die sich aufgrund der Währungsumstellung erforderlich macht.

Das Schweizer Organisationskomitee hat ein umfangreiches Rahmenprogramm auf die Beine gestellt: Ausstellung in der Zentral- und Hochschulbibliothek, Nocturne in der Hofkirche, Stadtführungen und den schon erwähnten Ausflug auf die Rigi.

Liebe Mitglieder und Karl-May-Freunde, dies alles und noch einiges mehr erwartet Sie vom 21. bis 23. September 2001 in Luzern. Wir laden Sie dazu ganz herzlich ein, freuen uns schon sehr auf eine rege Beteiligung und verbleiben bis zum Wiedersehen oder Kennenlernen

mit herzlichen Grüßen

Ihr Vorstand

Reinhold Wolff, Helmut Schmiedt, Hans Wollschläger, Joachim Biermann,

Hans Grunert, Uwe Richter, Ulrike Müller-Haarmann

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Sommertheater?

Die deutsche Sprache ist bekanntlich reich an Sprichwörtern, und bei meiner Geschäftsführertätigkeit fallen mir auch immer mal wieder einige ein. Das reicht von "Allen Menschen recht getan..." bis "Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben...".

Beispielhaft dafür stehen einige Reaktionen auf die letzte Ausgabe der KMG-Nachrichten. Bei einer über 2000 Mitglieder zählenden literarischen Gesellschaft bleiben Meinungsverschiedenheiten natürlich nicht aus. Das ist auch gut so, denn ohne Meinungsstreit gäbe es keine Weiterentwicklung und Stillstand wäre auf die Dauer langweilig. Allerdings sollte man die Auseinandersetzungen dann beenden, wenn keine neuen Erkenntnisse mehr zu erwarten sind und nicht nur um des Streites Willen weiterdiskutieren.

Aber beginnen wir von vorn: Einige Kritik erhielt ich im Zusammenhang mit dem Liebermann-Zitat. Die Kritiker haben natürlich recht, wenn sie anmerken, daß das Zitat aus dem Jahre 1933 und nicht von 1934 stammt.

Positiv wurde die ausführliche Berichterstattung über die Mitarbeiterkreistagung in Eisenach aufgenommen. Gleichzeitig wurde aber bemängelt, daß trotz meiner Ankündigung auf Seite 1 das Thema "Verhältnis zum Karl-May-Verlag" in dem Bericht ausgespart wurde. Dazu folgende Erläuterungen:

Für die Herausgabe einer historisch-kritischen Ausgabe des Spätwerkes Mays ist aufgrund der Manuskriptlage ein Zusammenwirken mit dem Karl-May-Verlag unumgänglich. Es wurde also über eine mögliche Zusammenarbeit von Karl-May-Gesellschaft und Karl-May-Verlag diskutiert und dabei auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Fördermitteln, z.B. der DFG, für die Herausgabe des Alterswerks. Die ganze Diskussion hatte sich zwischenzeitlich überholt, da vom Karl-May-Verlag zu diesem Thema Ablehnung signalisiert wurde.

Für Unruhe sorgten die Zeilen unserer Schweizer Freunde, die Mitarbeitertagung in Eisenach hätte beschlossen, "hinfort keine Zuschüsse an Besucher aus Ostländern mehr auszuschütten". Dazu muß als erstes gesagt werden, daß der Mitarbeiterkreis überhaupt keine Beschlüsse fassen kann. Er kann nur Empfehlungen aussprechen. Beschlüsse können laut Satzung nur von der Mitgliederversammlung und dem Vorstand gefaßt werden. Zum zweiten stimmt es auch nicht, daß unsere osteuropäischen Mitglieder keine Unterstützung mehr erhalten. Was wir in dieser Hinsicht alles tun, wird unser Schatzmeister Uwe Richter in seinem Rechenschaftsbericht in Luzern ausführlich erläutern. Lediglich der Bitte um einen Reisekostenzuschuß für Anatoli Batalow aus Kirow konnte in diesem Jahr nicht entsprochen werden, da er schon 1995 zum Kongreß in Bad Segeberg eine Unterstützung erhielt.

Schließlich noch ein rundum bedauerlicher Vorgang: Manchmal läuft auch etwas schief, was zwar traurig, aber letztendlich nicht zu ändern ist. 1997 hatte sich die Stadt Naumburg für die Austragung des Kongresses 2001 beworben und war vom damaligen Vorstand wegen der schon länger vorliegenden Bewerbung von Luzern auf das Jahr 2003 vertröstet worden. Inzwischen gab es einen Vorstandswechsel und die Zusage wurde schlichtweg vergessen. Prof. Wolff enthüllte in Plauen eine Gedenktafel, die Stadt Plauen wurde Mitglied der Karl-May-Gesellschaft, bewarb sich als Kongreßort für 2003 und erhielt eine Zusage vom neuen Vorstand. Nun könnte man das Problem mit einigen freundlichen Briefen lösen – was inzwischen auch geschehen ist – und das Ganze zu den Akten legen, wenn, ja wenn es da nicht noch den "Historiker Reinhard F. Gusky von der Karl-May-Gesellschaft" (lt. BILD) gäbe, der daraus einen "Skandal in der Karl-May-Gesellschaft" konstruieren möchte. Ein "offener Brief" wurde an Beteiligte und Nichtbeteiligte versandt und teilweise wieder zurückgezogen, Vorsitzender und Geschäftsführer mit böswilligen Verdächtigungen konfrontiert; das alles hier zu veröffentlichen würde den Umfang der Nachrichten verdoppeln. Wer den Vorgang unbedingt in allen Einzelheiten kennenlernen möchte, kann das Ganze gegen Einsendung von 3,- DM Rückporto von mir zugeschickt bekommen. Soviel zum "Sommertheater".

Nachträglich herzliche Glückwünsche zum 70. Geburtstag möchte ich unserem Ehrenmitglied und langjährigen Geschäftsführer Erwin Müller übermitteln. Ich wünsche ihm und allen nichtgenannten Geburtstagskindern der letzten drei Monate weiterhin alles Gute, Gesundheit und natürlich Freude und Entspannung mit Karl May.

Liebe Mitglieder, ich hoffe, viele von Ihnen in Luzern begrüßen zu können und verbleibe bis dahin

mit herzlichen Grüßen

Ihr

Hans Grunert Geschäftsführer

 

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Soeben erschienen:

Bd. 6 der "Karl-May-Studien":

Karl Mays "Und Friede auf Erden!"

Herausgegeben von Dieter Sudhoff

und Hartmut Vollmer

 

Auszug aus dem Klappentext:

Der sechste Band der inzwischen für die Forschung unverzichtbar gewordenen Reihe der Karl-May-Studien widmet sich – 100 Jahre nach dem Ende des ‚Boxer-Krieges‘ in China und dem Erscheinen von Mays darauf bezogener Reiseerzählung "Et in terra pax" – einem Werk des Schriftstellers, das wie kein zweites sein politisch-pazifistisches Engagement dokumentiert und zugleich einen literarischen Neubeginn markiert. Elf namhafte Wissenschaftler behandeln Mays Roman, den er 1904 für die Buchausgabe "Und Friede auf Erden!" wesentlich überarbeitete und erweiterte, unter allen relevanten Aspekten, von den historischen Hintergründen über ideologische und literarästhetische Tendenzen bis hin zu motivischen Details. Wie gewohnt, wird der Studienband durch einen umfangreichen Essay der Herausgeber zur Entstehung und Rezeption des Werks eingeleitet und durch eine umfassende Bibliographie komplettiert.

Inhalt:

Dieter Sudhoff / Hartmut Vollmer:

Einleitung

Karl May:

Gleichnis für Zieger [Der Zauberteppich]

Max Finke:

Aus Karl Mays literarischem Nachlaß

Artur Buchenau:

Karl Mays Friedensgedanken

Hansotto Hatzig:

Et in terra pax – Und Friede auf Erden. Karl Mays Textvarianten

Ulrich Scheinhammer-Schmid:

Über die Grenze: Karl Mays Friedensroman

Martin Schenkel:

Ecce homo! Zum heilsgeschichtlichen Friedensmythos in Karl Mays Reiseerzählung ‚Und Friede auf Erden!‘

Eckehard Koch:

"Soll es etwa so weit kommen, daß der ganze Orient unter den Hufen des Occidentes liegt?" Zum zeitgeschichtlichen Hintergrund von ‚Und Friede auf Erden!‘

Michael Niehaus:

Was heißt hier Ich? Die Ich-Funktion in Karl Mays ‚Und Friede auf Erden!‘

Martin Lowsky:

Im Wüstenwind. Entfaltung und Überwindung des Abenteuer-Erzählens in Karl Mays ‚Und Friede auf Erden!‘

Werner Kittstein:

"Ach was Chinese! Er ist ja gar keiner! Sondern ein Gentleman..." Imperialistische Tendenzen in Karl Mays ‚Und Friede auf Erden!‘

Roy Dieckmann:

"...und braucht auch nicht vor den Rätseln der Sphinx zu bangen". Geschichte und Revolution in Karl Mays ‚Und Friede auf Erden!‘

Gudrun Keindorf:

"Die ‚Yin‘ sei unser Märchenschiff". Zur Topographie und Topologie einer Märchen- und Seelenlandschaft

Bibliographie

Bestellungen an: Igel Verlag, Rauhehorst 77, 26127 Oldenburg

Die Reihe kann auch abonniert werden.

 

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Neuer Materialienband

Jürgen Seul: Karl May im Urteil der ›Frankfurter Zeitung‹. Materialien zum Werk Karl Mays Bd. 3. Husum 2001, 240 Seiten

Die Presse spielte in Karl Mays Leben eine besondere Rolle. Begleitete sie zunächst den literarischen Aufstieg des Dichters noch mit Lobeshymnen und wohlgefälligen Besprechungen, so wandelte sich das Bild, als Mitte der 90er Jahre des 19. Jahrhunderts der Gipfel erreicht war. Ausgerechnet die ›Frankfurter Zeitung‹, das bedeutendste demokratische Blatt seiner Zeit, leitete den Umschwung in der öffentlichen Meinung ein, der schließlich in einer wahren Presse- und Hetzkampagne eskalierte.

Diese zentrale Bedeutung des Blattes für Karl May steht im Mittelpunkt des dritten Bandes der KMG-Reihe ›Materialien zum Werk Karl Mays‹. Viele KMG-Mitglieder werden sich des hervorragenden Aufsatzes von Hansotto Hatzig (Jb-KMG 1974, S. 109-130) zur Auseinandersetzung zwischen Karl May und Fedor Mamroth, dem Leiter des Feuilletons der Zeitung, erinnern. Seine Dokumentation kann nunmehr um weitere Artikel ergänzt werden, die nochmals verdeutlichen, wie fatal sich die Old-Shatterhand-Legende für Mays literarisches Ansehen auswirkte.

Bekannt ist bis heute auch jene berüchtigte Forderung der ›Frankfurter Zeitung‹ nach dem Index für Karl May, doch niemand schien zu wissen, dass sich hinter dem Ausspruch ein weiterer leidenschaftlicher May-Gegner, der Schulpädagoge, Heimatforscher und Jugendbuchautor Carl Blümlein verbarg. Blümlein verfolgte Mays literarischen Weg mit zahlreichen Kritiken über mehrere Jahre hinweg; sie werden nunmehr erstmalig hier vorgestellt und kommentiert.

Wenig bekannt, wenngleich von Gert Ueding (Jb-KMG 1991, S. 124-147) ebenfalls schon einmal angedeutet und teilweise zitiert, ist die journalistische Beschäftigung des Philosophen Ernst Bloch mit Karl May, den er in seinen über 100 Beiträgen für die ›Frankfurter Zeitung‹ mehrfach thematisierte.

Fast gänzlich unbekannt waren bislang auch die Rezensionen des Blattes zu den Jugendromanen Karl Mays, die bereits deutlich eine kritischere Haltung einnahmen, als dies gemeinhin in den literarischen Aufstiegsjahren üblich war. Der Schriftsteller nahm dies seinerzeit bereits zur Kenntnis, als er bemerkte: Sie [die ›Frankfurter Zeitung‹] brachte regelmäßig zur Weihnachtszeit in ihrer Bücherschau eine kurze Warnung vor Mays Werken. (Karl May: Der dankbare Leser. Materialien zur Karl-May-Forschung Band 1. Ubstadt 31992, S. 18) Erstmalig werden diese weihnachtlichen Rezensionen hier vorgestellt und erläutert. Ihr besonderer Reiz besteht in dem Kontrast zu den Buchbesprechungen tatsächlicher Weltreisender wie Friedrich Gerstäcker und anderer, heute längst vergessener Autoren.

Die weiteren Artikel und Erwähnungen Mays im Feuilleton, der Literaturbeilage und anderen Rubriken vervollständigen ein Kaleidoskop, bestehend aus Artikeln zu Leben, Werk und Wirkung des Schriftstellers.

Der Materialienband verdeutlicht, dass sich auch heute noch in der zeitgenössischen Presse viele interessante Schätze finden lassen, die unser Bild von Karl May vervollständigen und um wertvolle Facetten bereichern.

Die Zeitungsartikel sind wegen der besseren Lesbarkeit nicht als Faksimiles abgedruckt, sondern im – mehrfach durchgesehenen – Neusatz.

Das Buch kann ab sofort bestellt werden; bei Erscheinen dieser KMG-Nachrichten befindet es sich entweder im Druck oder ist an die Abonnenten der Reihe bereits ausgeliefert worden.

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Karl-May-Handbuch: in Kürze neu

Zu den herausragenden Leistungen der Karl-May-Forschung zählt zweifellos das im Gedenkjahr 1987 von Gert Ueding herausgegebene Karl-May-Handbuch. Auf rund 750 Druckseiten wird hier in übersichtlicher Gliederung zusammengefasst und weiterentwickelt, was die Experten über Leben, Werk und Wirkung des einzigartigen Schriftstellers herausgefunden haben. Der literarische Markt, auf dem er sich durchsetzte, wird ebenso beleuchtet wie die literarische Tradition, in der er steht; die Geschichte der biographischen Forschung wird rekapituliert und natürlich erst recht das, was sie erschlossen hat; allgemeine Darlegungen zu Mays Werk und dessen Veröffentlichungsgeschichte werden ergänzt durch ausführliche Informationen über alle nennenswerten Schriften, von der frühen Humoreske über sämtliche Reiseromane bis zu den autobiographischen Alterswerken; auch die Wirkungsgeschichte wird ausführlich vorgestellt, von den einschlägigen Diskussionen in Pädagogik und Didaktik über die vielfältigen Formen künstlerischer und kommerzieller Verwertung bis zur Geschichte der Karl-May-Vereinigungen, deren erfolgreichste, die KMG, das Handbuch sowohl finanziell als auch personell maßgeblich unterstützt hat. Das Handbuch informierte also zuverlässig über nahezu alles, was im Zusammenhang mit May wissenswert erscheint, und dass es darüber hinaus auch zum Schmökern einlud - etwa mit den ausführlichen Inhaltsangaben -, war ein wichtiger, gewiss nicht zu unterschätzender Reiz. Kurzum: hier war ein eindrucksvolles Nachschlage- und Lesewerk entstanden, das niemand ignorieren konnte, der auch nur halbwegs ernsthaft am Phänomen Karl May interessiert war.

Der Erfolg des im Stuttgarter Kröner-Verlag erschienenen – und ähnlichen Werken z.B. über Wagner und Thomas Mann benachbarten – Buches erwies sich als so durchschlagend, dass es nach kurzer Zeit vergriffen war. Seither ist es aufgrund verschiedener widriger Umstände nicht wieder aufgelegt worden, und wer das begehrte Objekt antiquarisch erwerben wollte, sah sich vor kaum kleinere Hürden gestellt als etwa bei ganz früher May-Sekundärliteratur.

Diese unerfreuliche Situation wird nun aber bald überwunden sein: In wenigen Wochen erscheint das Karl-May-Handbuch in zweiter Auflage im Verlag Königshausen & Neumann (Würzburg)! Dabei handelt es sich nicht etwa um einen Nachdruck oder eine nur oberflächlich korrigierte Neufassung der Erstveröffentlichung, sondern um ein gründlich überarbeitetes Werk. Zwar ist an der bewährten Grundkonzeption nichts verändert worden; aber alle Artikel wurden überprüft und gegebenenfalls aktualisiert, Fehler wurden beseitigt, Überholtes wurde getilgt, und ganz Neues ist hinzugekommen, damit auch jetzt wieder der aktuelle Forschungsstand präsentiert werden kann – seit 1987 hat sich ja die wissenschaftliche Beschäftigung mit May erheblich weiter entwickelt, es sind früher unbekannte May-Publikationen aufgetaucht, in der Wirkungsgeschichte werden immer neue Seiten aufgeblättert.

Das Karl-May-Handbuch ist also auch in dieser zweiten Auflage (fester Einband, fadengeheftet), die voraussichtlich Ende Oktober ausgeliefert wird, für alle May-Freunde das, was man ein Muss nennt: für die Besitzer der Erstauflage, weil sie so viel Neues bringt, und für alle anderen sowieso. Die Karl-May-Gesellschaft bietet ihren Mitgliedern das Buch zum Sonderpreis an; die beiliegende Bestellkarte informiert über Einzelheiten.

Helmut Schmiedt

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Reinhold Wolff

Erwin Müller zum 70. Geburtstag

Die Art kannte ich längst, lange bevor ich Erwin Müller dann im wirklichen Leben kennen lernte. Denn als ich Anfang der 70er Jahre in die SPD eintrat – junger Assistent damals, noch im "Juso-Alter" –, konnte man diesem "Typ" in der SPD noch allenthalben begegnen: unprätentiös, persönlich eher spröde, pragmatisch, erzloyal, noch ganz selbstverständlich verhaftet in den Traditionen der alten Arbeiterbewegung, realitäts– und machtbewußt, aber mit viel Augenmaß, krisenerfahren, beinhart in innerparteilichen Konflikten, ließen sie nur gelegentlich und en passant erkennen, daß sie diese junge "Linke der verwöhnten Kinder" nicht ohne Skepsis betrachteten.

Daß ich Erwin Müller dann konkret ausgerechnet in der Karl-May-Gesellschaft begegnen würde, konnte ich freilich nicht ahnen, aber es hat unsern Kontakt von Anfang an leicht gemacht und mit einem Hauch von Vertrautheit umgeben: wir kannten uns quasi seit langem. Sehr schnell habe ich auch seine ganz persönlichen Fähigkeiten kennen und schätzen gelernt. Seine zupackende Art etwa, die ihn mit Roxin verband: ich hatte, passives Mitglied seit ein paar Jahren, kaum einen Brief an diesen noch unbekannten Herrn Müller nach Berlin geschrieben, um meine Mithilfe in einem speziellen Problem anzubieten –: schon hatte ich einen Brief aus Stockdorf in Händen, der mich zu einer Mitarbeitertagung einlud. Von Anfang an war mir auch die wohlorganisierte Binnenkultur der Karl-May-Gesellschaft aufgefallen, die differenzierten Publikationsmöglichkeiten der Karl-May-Gesellschaft; der Mitarbeiterkreis mit seiner unauffälligen Effizienz; diese ungewöhnliche Mischung eben von "Freundeskreis", Netzwerk und Verband: schon bald habe ich begriffen, daß dieses ungewöhnliche System nur funktionierte auf Grund eines beispiellosen "Managements", des engen Zusammenspiels zwischen Claus Roxin und Erwin Müller, und daß Müller in diese Zusammenarbeit auch vieles aus seiner "institutionellen Erfahrung" in der SPD eingebracht hatte.

Die Karl-May-Gesellschaft verdankt deshalb, neben Roxin, wohl am meisten Erwin Müller: Mitglied der frühen Stunde in der Karl-May-Gesellschaft (seit 1971), aber eben auch Kommunalpolitiker, Landesgeschäftsführer der Berliner SPD, Vorsitzender und Bezirksstadtrat der SPD in Berlin-Reinickendorf, hat er, seiner literarischen wie seiner politischen Heimat gleichermaßen verbunden, im Jahre 1981 den Berliner Kongreß der Karl-May-Gesellschaft organisiert ("das große Ereignis der ersten 12 Jahre Karl-May-Gesellschaft", wie Heinemann in seiner Chronik schreibt) und ist dabei in Kontakt zum damaligen Vorstand gekommen. Als es am 21.März 1981 bei jener denkwürdigen Tagung des Mitarbeiterkreises auf Dömkens Araber-Gestüt in der Nähe von Verden darum ging, einen Nachfolger für Afred Schneider als Geschäftsführer zu finden, war nicht von ungefähr der Blick des Vorstands auf Erwin Müller gefallen, und man fragte ihn. Er antwortete, auf seine knorrige, eher wortkarge Art, mit einem lapidaren Satz, an dem kein Wort zu viel, aber auch keines zu wenig war, und das als legendär in die Geschichte der Karl-May-Gesellschaft eingegangen ist: "Ich kann das machen." Ein großes Wort! Denn er hat es dann gemacht, hat noch viele Kongresse organisiert (bis hin zu "seinem" letzten in Hohenstein-Ernstthal 1999), hat das Publikationswesen der Karl-May-Gesellschaft neu geordnet, hat viele Gespräche und Verhandlungen geführt und Geschäfte erledigt, hat den Kontakt zu den Mitgliedern in der DDR zu halten versucht, hat unzählige Briefe geschrieben, und hatte in all den Jahren immer auch ein paar Beitrittsformulare in der Tasche. Denn die Karl-May-Gesellschaft wuchs und wuchs unter seinem Management, immer vom lächelnden Wohlwollen des großen Vorsitzenden Roxin begleitet, der mit hanseatischer Weisheit erkannt hatte, daß eine Gesellschaft von der Größe und der Unternehmungslust der Karl-May-Gesellschaft, wie einst das Römische Reich, nur in der Expansion bestehen könne. Erwin Müllers letzter Streich war sein "Projekt 2000": sein Traum, im Jahre 2000 auch die Mitgliederzahl auf 2000 zu steigern. Die Karl-May-Gesellschaft hat ihm diesen Traum erfüllt und die Zahl auf Anhieb weit überschritten.

Irgendwann, als dann mein Name gefallen war im Zusammenhang mit der Nachfolge Claus Roxins, hat mich Erwin Müller auch zu Hause besucht. Ich nehme an, er wollte einfach sehen – mit eigenen Augen und sozusagen "vor Ort" –, was das für ein Vogel war, dieser Professor aus Bielefeld. Ich verdanke diesem Besuch die Erinnerung an einen höchst angenehmen Nachmittag, und die Entdeckung der Person des Erwin Müller, seiner freundschaftlichen Herzlichkeit hinter aller geschäftsmäßigen Zurückhaltung.

Nun sind wir seit langem befreundet und duzen uns, und ich gestehe an dieser Stelle auch einmal, daß ich mich lange nicht habe anfreunden können mit der Idee, ohne einen Geschäftsführer Erwin Müller den Vorsitz der Karl-May-Gesellschaft übernehmen zu müssen. Aber das hatte er sich eben reiflich überlegt und ganz für sich allein entschieden: er hatte sein Haus bestellt und auch den richtigen Nachfolger selbst ausgesucht, und da war dann eben nichts zu machen. Erwin hat sich zwischenzeitlich auch noch aus dem Kuratorium der Karl-May-Stiftung und dem Vorsitz des "Arbeitskreises der literarischen Gesellschaften zurückgezogen, war vorher schon weit weg gezogen aus Berlin und seinem politischen Wirkungskreis, und lebt nun im "Ruhestand" in der Nähe von Trier, nicht weit weg von jenem kleinen Land Luxemburg, in dem er geboren ist. In einer Gegend an der Mosel, die unsereiner sonst eher aus der Literatur kennt: Karl May, Die Liebe des Ulanen, wo es auf der Mosel ganz fürchterlich zugeht...

Lieber Erwin! Am 27. Juli hast Du Deinen 70 Geburtstag gefeiert. Wenn ich das recht sehe, wäre an diesem Tag eigentlich eine Sondernummer der "Nachrichten der Karl-May-Gesellschaft" fällig gewesen – zu Ehren dessen, der eben diese "Nachrichten der Karl-May-Gesellschaft" erfunden hat. Leider ist mir diese Idee viel zu spät gekommen. So bleibt mir nichts übrig, als Dir – im Namen des Vorstands und der ganzen, großen Karl-May-Gesellschaft, aber natürlich auch in meinem eigenen Namen – nun nachträglich zum Großen Geburtstag zu gratulieren. Von ganzem Herzen, und in aller Freundschaft. Und verbunden mit der Bitte, daß Du uns, auch im "Ruhestand", weiter verbunden bleibst und mit Rat und Tat zur Seite stehst.

Wie sagten doch die alten Römer, deren Kaiser einstmals in Deiner Nachbarschaft in Trier wohnten und regierten: ad multos annos!

 

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16. Kongreß der Karl-May-Gesellschaft e.V.

21. bis 23. September 2001

Hotel Tulip Inn, Luzern, Schweiz

Aktualisiertes vorläufiges Programm – Änderungen vorbehalten

Freitag, 21. September 2001

11.00: Empfang der Stadt Luzern für den Vorstand und Mitarbeiterkreis

anschließend Pressekonferenz in der Zentral- und Hochschulbibliothek

14.00: Eröffnung des 16. Kongresses

14.30: Vortrag Prof. Dr. Wolfgang Braungart (Bielefeld):

Erbauliche Provokationen – Provokationen des Erbaulichen

Anmerkungen zur Lyrik Karl Mays

16.00: Vortrag Silvia Zahner (Obfelden/Schweiz):

"Und Friede auf Erden" – eine erzähltheoretische Analyse

17.30: Videofilm Maarten van Diggelen (Koudekerk/Niederlande):

Ich und meine Gesellschaft

20.00: Buchauktion

Sonnabend, 22. September 2001

09.30: Mitgliederversammlung lt. gesonderter Tagesordnung

13.15: Abfahrt zur Rigi

15.00: Ankunft auf der Rigi, Rundgang

16.00: Vortrag Walther Ilmer (Bonn):

Karl May im Zwielicht:

Hehres Anliegen "Pax" mit Schönheitsfehlern.

anschließend Kurzprogramm der Schweizer Karl-May-Freunde

geselliger Abend

21.30: Rückfahrt nach Luzern

Sonntag, 23. September 2001

09.30: Vortrag Prof. Dr. Ulf Abraham (Würzburg):

Der Held als Musterschüler und Oberlehrer.

Der Motivkomplex "Schule – Lernen – Belehren" in ausgewählten

"Reiseerzählungen" Karl Mays

11.00: Vortrag Rolf-Bernhard Essig (Bamberg):

"Deine Klugheit ist so kurz wie eine Blutwurst"

Sprichworte und Redensarten bei Karl May

12.00: Schlußwort des Vorsitzenden

Außerhalb des offiziellen Tagungsprogramms:

Donnerstag, 20.September

20.00: Ausstellungseröffnung "Durch die Wüste auf die Rigi" in der Zentral- und Hochschulbibliothek

Freitag, 21. September

22.30: Nocturne in der Hofkirche. Werke von und über Karl May

Sonnabend, 22. September

08.30: Ökumenischer Gottesdienst in der Matthäuskirche

Alle Veranstaltungen des 16. Kongresses der Karl-May-Gesellschaft – mit Ausnahme der Mitgliederversammlung – sind öffentlich. Gäste sind herzlich willkommen.

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Zeitungsarchiv der Karl-May-Gesellschaft, 1. Teil

(sämtliche Artikel bis 1912).

In den KMG-Nachrichten Nr. 128 hat sich bedauerlicherweise ein Fehler eingeschlichen. Die dort auf Seite 3 angegebene Adresse samt Telefonnummer von mir stimmt schon seit Jahren nicht mehr. Mitglieder, die das Zeitungsarchiv unterstützen möchten, werden deshalb herzlich gebeten, Material bis 1912 an folgende Adresse zu schicken: Wolfgang Sämmer, Sanderrothstraße 53a, 97074 Würzburg (Telefon: 0931/7843448). Außer den Mitgliedern, die bereits Material zusammengetragen haben und die ich bei dieser Gelegenheit noch einmal herzlich bitte, uns ihre Unterstützung nicht zu versagen, können aber auch jene helfen, die bisher als Sammler von Zeitungsartikeln noch nicht aktiv gewesen sind. Nahezu jede deutsche Zeitung etwa brachte nach dem Urteil im Charlottenburger Prozeß am 12. 4. 1910 Schlagzeilen über unseren Schriftsteller: "Räuberhauptmann Karl May" - "Karl May gerichtet" - "Die Enthüllungen über Karl May". Wer es unternähme, in der Bibliothek seines Heimatortes die fraglichen Zeitungsbände zu prüfen, der würde sicherlich überrascht sein von dem Echo, das allein dieser Prozeß in den Blättern auslöste.

Das Zeitungsarchiv, 1. Teil, hat bisher 1322 Artikel zusammengetragen. Das scheint eine ganze Menge zu sein, ist aber nur die Spitze des Eisberges. Ohne die Hilfe all unserer Mitglieder freilich wird es schwer werden, den ganzen Berg sichtbar zu machen. Es gilt also, hinabzutauchen in die Archive und das Material an die Oberfläche zu holen!

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Rezension

Marcel Proust oder Karl May,

James Joyce oder Jerry Cotton

"Kunst ist immer noch, was sie nach ihrem bürgerlichen Begriff zu sein habe, ein ästhetisches Freizeitvergnügen der Bourgoisie und ihres gehobene Dienste leistenden Anhangs in den Überresten des alten gebildeten Kleinbürgertums, der überwiegend längst proletarisierten, obschon sozial und ökonomisch privilegierten Bildungsbürger. – Infolge dieser Situation treten sämtliche künstlerischen Disziplinen in zweierlei Gestalt und an zwei verschiedenen Schauplätzen auf. Es gibt die sogenannte "reine" Kunst für die kleinbürgerlich-bürgerliche Bildungselite, und es gibt eine Gebrauchskunst für die lohn- und gehaltsabhängigen Massen. Literatur tritt in geteilter Gestalt auf: Als Proust oder Joyce für Bildungsbürger und als Karl May oder Jerry Cotton, die die unerfüllte Freiheit der proletarischen Massen totschlagen helfen."

Das schreibt, pointiert und scharfzüngig wie eh und je, der kosmopolitische Sozial- und Wirtschaftshistoriker, Schriftsteller und Komponist Hans G Helms, Köln, in seinem soeben erschienenen Sammelband "Musik zwischen Geschäft und Unwahrheit", München: Boorberg 2001, S. 119 (Edition text + kritik, Reihe Musik-Konzepte). Der Band enthält wichtige grundlegende Essays des auch als Theoretikers des Städtebaus und als Filmemacher bekannten Autors – vor allem über Kunst, Literatur und Musik im System der Warenzirkulation, ihrer technischen und kommerziellen Prozesse und Rahmen-bedingungen.

Albrecht Götz von Olenhusen

 

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zum 70. Geburtstag von Professor Roxin

Bundespräsident ehrt Claus Roxin rechtzeitig zum 70. Geburtstag

Unter dieser Überschrift berichtete Michael Berzl am 17.5.2001 in der Süddeutschen Zeitung über die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse an Professor Roxin. Bayerns Ministerpräsident Stoiber überreichte die Auszeichnung am Tag vor dem 70. Geburtstag. (Wir berichteten in Nr. 127/März 2001.)

...Der Stockdorfer ist Autor zahlreicher juristischer Standardwerke. "Kein Student, kein Gericht und kein Gesetzgeber, der nicht auf seine Arbeiten zurückgriffe", heißt es in der Laudatio zur Ordensverleihung. Seine Arbeiten hätten "Marksteine in der Strafrechtsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland gesetzt." Seine dogmatischen Abhandlungen hätten Wissenschaft und Rechtssprechung beeinflusst.... (Artikel gekürzt. sis)

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Dank Karl May zu höheren Einsichten

Wo immer in Deutschlands Prozesssälen in einem Strafprozess nach Wahrheit und angemessener Strafe geforscht wird, gelten seine Grundsätze. ... Roxin hat mehrere hervorstechende Fähigkeiten, die Anwendung des Gesetzes logischer Gedanken, aber auch die Fähigkeit zu erzählen.

Das machte seine Vorlesungen zu Erlebnissen. Er überforderte seine Hörer nicht mit Abhandlungen, er erzählte ihnen Geschichten und leitete davon ab, was Recht und Gesetz ist. ...

Roxin ist aber auch der renommierteste Karl May-Forscher in Deutschland. Er holte den Abenteuer-Roman-Autor aus der Ecke der Banal-Literatur heraus, gab ihm einen literarischen Rang.

Auch Karl May, die Lektüre und die Analyse, halfen Roxin und seinen Studenten zu höheren Einsichten.

... Von 1971-1999 war er Vorsitzender der Karl-May-Gesellschaft, er machte den Verein zu einem der größten literarischen Vereinigungen im deutschen Sprachraum.

Zum Geburtstag bekam er das Bundesverdienstkreuz und eine Festschrift von seiner Universität. Oberbürgermeister Christian Ude verlieh dem großen Strafrechtler die Medaille "München leuchtet seinen Freunden". Roxin leuchtet für München, so rum ist’s richtig. (Bild am 22. 5. 2001. Text gekürzt. sis)

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Ehrung Gautinger
Bürgerinnen und Bürger

Im Rathaus-Anzeiger der Gemeindeverwaltung Gauting vom 31. Mai 2001 gab der Bürgermeister Ekkehard Knobloch die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes durch Bundespräsident Rau an den Mitbürger Prof. Dr. Dr. Claus Roxin bekannt und gratulierte "namens der Gemeinde Gauting und des Gemeinderates ... auf diesem Weg ... sehr herzlich." Besonders erwähnt wird, daß "die Arbeiten von Prof. Dr. Dr. Roxin ... wegweisend für die Weiterentwicklung der deutschen, europäischen und auch der außereuropäischen Strafrechtsdogmatik geworden sind."(sis)

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Jeder Student kennt ihn

Rechtsprofessor Roxin mit Verdienstkreuz ausgezeichnet

Auch der Münchener Merkur vom 16. Mai 2001 berichtete über die Überreichung des Verdienstkreuzes durch den bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber und würdigte die wissenschaftliche Arbeit Professor Roxins und ihren Einfluß auf das europäische und außereuropäische Straf- und Strafprozeßrecht. (sis)

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Der Ideengeber

Dem großen Strafrechtler Claus Roxin zum Siebzigsten

Mit dem folgenden Artikel von Heribert Prantl gratulierte die Süddeutsche Zeitung am 15.5.2001 Professor Claus Roxin zu seinem 70. Geburtstag. Wer könnte wohl die Charakterisierung unseres Ehrenvorsitzenden besser verstehen als die Mitglieder der Karl-May-Gesellschaft, die ihn bei ihren Tagungen in Aktion erlebt haben. Da wurden Rechenschaftsberichte zu Ereignissen. Und wer immer dann noch ermessen kann, was er als Vorsitzender für die Popularität der Karl-May-Gesellschaft und Karl Mays getan hat, der wird sich sicher mit Dankbarkeit der Geste seiner Studenten anschließen können. (sis)

Was hätte Claus Roxin nicht noch alles werden können: Ein wunderbarer Schauspieler zum Beispiel; kein anderer deutscher Professor kann den Hörsaal so wie er in eine Bühne verwandeln, kein anderer kann die klassischen Lehrbuchfälle des Strafrechts so dramatisch darstellen. Literaturprofessor hätte Roxin auch werden können. Nur vierhundert Leser, so hat Arno Schmidt über seinen Roman "Zettels Traum" gesagt, könnten diesen verstehen. Roxin gehört zu diesen Vierhundert. Er ist in diesem gigantischen Werk so zu Hause wie in seinem Refugium im Münchner Vorort Stockdorf.

Das liegt wohl zum einen daran, dass Roxin ein enzyklopädisch gebildeter Mensch ist mit einer wundervollen Bibliothek. Zum anderen daran, dass es zu "Zettels Traum" eine Art Vorspiel gibt – nämlich Arno Schmidts psychoanalytische Studie von Werk und Person Karl Mays. Und hier wiederum ist Roxin absolut in seinem Element: er ist einer der besten Kenner dieses, wie er sagt, "urkräftigen Fabulierers": Von 1971 bis 1999 war Roxin Vorsitzender der Karl-May-Gesellschaft, die er zu einer der größten literarischen Vereinigungen im deutschen Sprachraum gemacht hat.

Roxin, gebürtiger Hamburger, ist Jurist geworden, Professort für Strafrecht, Strafprozessrecht und Allgemeine Rechtslehre, einer der bekanntesten und berühmtesten, die es im Lande gibt – von 1963-1971 in Göttingen, seitdem in München. Elf ausländische Doktorhüte hat er gesammelt, seine Habilitationsschrift über "Täterschaft und Tatherrschaft" ist ein Bestseller, liegt mittlerweile in der siebten Auflage vor. Für die moderne Strafrechtswissenschaft ist Roxins Werk so epochal wie für die Nachkriegsliteratur "Zettels Traum". Nur: Roxin schreibt verständlicher. Seine Lehrbücher gehören zur Grundausstattung jedes Jura-Studenten. Zwei Generationen von Strafrichtern, Staatsanwälten und Verteidigern haben damit ihr Metier gelernt. Die Bibliografie seines wissenschaftlichen Werkes füllt in der 1600-seitigen Festschrift für Roxin 22 Seiten; sie erscheint im Verlag Walter de Gruyter und wird ihm am kommenden Samstag im Senatssaal der Münchner Universität übergeben. Die von Roxin erfundenen und geprägten Rechtsfiguren haben Rechtsgeschichte gemacht: Die Kategorie der "mittelbaren Täterschaft durch Benutzung eines organisatorischen Machtapparates"zum Beispiel wurde vom Bundesgerichtshof bei der Aufarbeitung der Straftaten des SED-Regimes übernommen. Bernd Schünemann, einer der vielen Schüler Roxins, die heute selbst Rang und Namen haben, beschreibt ihn in der jüngsten Ausgabe der ›Neuen Juristischen Wochenschrift‹ als den "großen Ideengeber".

Und er ist ein Meister darin, sich "abweichende Meinungen" klug zu Nutze zu machen. Als Wissenschaftler schießt er nicht mit dem Henry-Stutzen des Old Shatterhand, sondern führt das Florett. Nie hört man von ihm das Wort, eine konträre Ansicht sei "abwegig". Bei Roxin geht das so: Meinung Nr. 1 erfasse das Problem, "aber nicht in Gänze". Meinung Nr. 2 komme zu "interessanten Ergebnissen, die aber näherer Betrachtung bedürfen." Meinung Nr. 3 bringe wichtige Gesichtspunkte, "aber noch nicht ganz erschöpfend". Und sodann präsentiert Roxin seine alles überwölbende eigene Lehrmeinung. Er wäre auch ein glänzender Mediator geworden.

Heute feiert er seinen 70. Geburtstag. Seine wissenschaftlichen Schüler schreiben in der Festschrift: Wir danken ihm "auf den Knien unseres Herzens".

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Nanu, da fehlte doch etwas?!

Leserzuschrift zum Bericht über die Vorstands- und Mitarbeitertagung der KMG in Eisenach

Als Teilnehmer an der o.g. Tagung war ich bei der Lektüre des sogenannten offiziellen Berichtes in den letzten KMG-Nachrichten (Nr. 128/Juni 2001, S. 11-14) sehr erstaunt, daß über das am heftigsten diskutierte Thema kein Wort zu lesen war. Hans Wollschläger, turnusgemäß geschäftsführender Herausgeber für das "Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 2001", hatte nämlich seine Absicht mitgeteilt, die diesjährige Ausgabe unserer Annalen - abweichend von der bisherigen bewährten Praxis - als Monographie mit einer einzigen Arbeit über Emma Pollmer zu edieren. Lediglich der Literatur- und der Jahresbericht sollen, gewissermaßen als Feigenblatt-Garnitur, noch aufgenommen werden. Über diesen Plan wurde lange und kontrovers gestritten, leider ohne Erfolg; denn Hans Wollschläger ließ sich nicht umstimmen, sondern beharrte auf seiner Alleinzuständigkeit als geschäftsführender Herausgeber. Da aber alle Mitglieder als Empfänger des Jahrbuches von dieser Angelegenheit betroffen sind, bedauere ich sehr, daß der Bericht - aus welchen Gründen auch immer - diesen wichtigen Vorgang leider verschwiegen hat. Erwin Müller

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Nordamerikanische  Indianer im Web

Als Mitglied der KMG (Nr.1456) möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich vor einigen Wochen eine Homepage mit dem Titel "Nordamerikanische  Indianer im Web." (http://members.aol.com/ghstrube) ins Internet gestellt habe. Inhaltlich handelt es sich um Übersetzungen aus indianischen Hompages, Zeitungsartikeln, der Encyclopaedia Britannica und anderen Quellen, die das Leben, die Geschichte und Kultur der nordamerikanischen Indianer betreffen.

Ich habe auch einen Link zur KMG eingefügt.

Günter Strube

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Erwin Müller

Der Wilde Westen ist museumsreif geworden

Meeting der Western-Freunde in Radebeul

Die Deutsche Gesellschaft zum Studium des Western e.V. mit Sitz an der Universität Münster, wo sie ein Forschungszentrum mit Biblio- und Mediothek unterhält, hatte ihre Mitglieder vom 14. bis 17. Juni 2001 zur 12. wissenschaftlichen Jahrestagung ins Karl-May-Museum nach Radebeul eingeladen. Fast 40 Experten aus dem In- und Ausland, die sich als Forscher und Autoren mit der Pionierzeit und Siedlungsgeschichte an der im 19. Jahrhundert immer weiter nach Westen vorrückenden "frontier" beschäftigen, waren für ein verlängertes Wochenende in die Karl-May-Stadt vor den Toren Dresdens gekommen. Zu den Teilnehmern gehörten u.a. Prof. Tanner von der amerikanischen Mormonen-Universität, Prof. Wolff als Vorsitzender der KarlMay-Gesellschaft, der Schriftsteller Thomas Jeier, die Gründer und Leiter der veranstaltenden Gesellschaft, Dr. Nocon und Dr. Bischoff, sowie René Wagner und Hans Grunert vom Karl-May-Museum.

Die Gesellschaft erforscht und dokumentiert in ihren Publikationen die künstlerische Auseinandersetzung mit dieser entscheidenden Phase der US-Geschichte, die vielfältigen Ausdruck gefunden hat in zahlreichen Werken der Literatur und Musik, der Film- und bildenden Kunst. Die gegenwärtige und höchst sehenswerte Sonderausstellung in der "Villa Bärenfett" über die vor 125 Jahren stattgefundene Indianerschlacht am Little Bighorn River (25. Juni 1876) und den im selben Jahr geborenen Patty Frank (geb. 19. Januar 1876), Mitbegründer und erster Verwalter des Karl-May-Museums bis 1959, bot den passenden Rahmen für die Konferenz der Western-Spezialisten über das Thema "Inszenierungen des Westens in Vergangenheit und Gegenwart". Vorträge, Lesungen, Musikdarbietungen, Dia-Shows und eine abschließende Round-TableDiskussion vermittelten einen nachhaltigen Eindruck vom immer noch lebendigen "Mythos des Westens" als sinnstiftende und kulturschaffende elementare Kraft der amerikanischen Geschichte und Gesellschaft.

Besonders erfreut war der Verfasser dieser Zeilen über das Wiedersehen mit André Köhler (Hoyerswerda), den er vor über einem Jahrzehnt als damals sechzehnjährigen Schüler in die KMG aufgenommen hatte. Inzwischen steht er kurz vor dem Abschluß seines Studiums und wird danach für die PR-Arbeit des Karl-May-Museums zuständig sein. In seinem Lichtbildervortrag berichtete Köhler über ein Forschungssemester, das er aufgrund eines Stipendiums am Buffalo Bill Historical Center in Cody (Wyoming) verbringen konnte.

Wenn sich Western- und Karl-MayFreunde in Radebeul treffen, darf natürlich auch ein Abstecher ins Elbsandsteingebirge Karl Mays Rocky MountainsVorbild - und zur Felsenbühne Rathen in der Sächsischen Schweiz nicht fehlen. "Winnetou III" mit seinem neuen Hauptdarsteller erhielt viel Applaus und Zustimmung; wer die Aufführungen in Bad Segeberg und Elspe kennt, weiß Rathen zu schätzen!

Die Tagung klang aus mit einem stimmungsvollen Grillabend vor dem stilechten Blockhaus "Villa Bärenfett". Die Flammen knisterten leise, der Rauch des Feuers stieg kräuselnd zu den Bäumen auf, deren Blätter im Wind unter dem Sternenhimmel raschelten, und der Duft des brutzelnden Fleisches wehte herüber, so daß es bei einiger Phantasie leichtfiel, sich im Wilden Westen zu wähnen. Und wer den angeregten Gesprächen lauschte, hatte daran ohnehin keinen Zweifel.

Informationen über die Gesellschaft gibt es unter folgender Adresse: Deutsche Gesellschaft zum Studium des Western e.V. Universität Münster / Englisches Seminar Johannisstr. 12-20, 48143 Münster, Tel. 0251/8324595

 

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Carl-Heinz Dömken

Erinnerungen an einen Freund

Ach, das war Hansotto Hatzig: der Freund mit den zwei Seelen in seinem guten Herzen und seinem klugen Kopf. Die eine gab er nur zögernd frei, sehr nachdenklich, wohlüberlegt und mit verhaltener Stimme, lange Sprechpausen auf der Suche nach dem rechten Wort. Oft ellenlange Telefonate, die ihm jedesmal zu kurz erschienen.

Und dann die andere: ein bühnenerprobtes lautes Organ, Festspielhäuser akustisch mühelos füllend. Bei vorsichtig versuchten Diskussionen mit Hatzig in Lokalen flüchteten regelmäßig die Tischnachbarn. Höhepunkte seiner Redegewalt indes waren die Streitbeiträge bei den unterschiedlichsten Zusammentreffen der von ihm teils geliebten Karl-May-Gesellschaft, und wir alle erinnern uns der rhetorischen Explosionen. Dann plötzliche Stille - der Vortragende sah sich völlig mißverstanden, sank förmlich in sich zusammen, schien zutiefst beleidigt, fand endlich Zeit für die fünfunddreißigste Zigarette des Tages. Aber er erholte sich schnell für neue Einwände. Ein Schauspiel mit Herzblut - eine Ereignis immer, doch bisweilen störend.

Hatzig war ein begnadeter Rechthaber, der gern zu weit ging, das selbst bemerkte und der stillen Seele Raum gab. Ausgelaugt, der Schmerz um alles in der Welt, die tiefe Trauer um seine geliebte Frau Inge, die ihn 1987 verlassen mußte. Er war morgens neben der auf ewig Schlafenden erwacht und hat das nie begreifen und verkraften können. Er lebte fortan wie im Zorn auf das Geschehene mit sich und dem Universum.

Versöhnt schien er mit dein Schicksal nur wenn er von IHR geträumt hatte, wenn SIE ihm in seinen Träumen begegnet war. 429 davon hat er aufgeschrieben, analysiert und gedruckt seinen besten Freunden anvertraut. Darüber dann mit Hansotto zu reden, waren große Momente zwischenmenschlichen Verstehens.

Er liebte seine Freunde. Am meisten den nahewohnenden Karl Serden, seinen Schofför für alle Reisen. Mindestens einmal wöchentlich hockten die beiden sonst oft Mißverstandenen bei so manchem Schoppen zusammen. Saßen wir Freunde mit den Zweien beieinander, schien das Wortgetöse zwischen den beiden Gefährten und Kampfhähnen die Kameradschaft oft auf immer zu beenden. Weit gefehlt: sie mochten sich wirklich, waren wie ein skurriles Duo aus den Karl-May-Büchern.

Die anderen Karl-May-Oldies genossen Teile der meist zu langen Duelle, hatten ja auch vorsorglich Oropax dabei. MayOldies? Das waren fünf gestandene Oldtimer unterschiedlicher Jahrgänge, die sich vor zehn Jahren auf dem Arabergestüt Hof Borstel trafen: Erich Heinemann, Erwin Müller, Karl Serden und Hansotto Hatzig. Der Verfasser dieser Zeilen war ja am Ort des Geschehens. Die Müller-Idee: daraus machen wir was! Jedes Jahr eine gemeinsame Reise zu Stätten deutscher Kultur! Aus dem bis dahin gebräuchlichen SIE wurde sofort das vertraute DU, und die erste Reise ging im Jahr darauf nach Hohenstein-Ernstthal. Dabei eine unvergeßliche, von Ekkehard Fröde organisierte Tour zur Karl-May-Höhle. Bei Sonnenglut. Weiter Weg! Vorneweg Müller, Fröde, Heinemann (wie stets mit Notizblock), Serden, weit hinten im großen Abstand der schimpfende, stöhnende Hatzig, dazwischen wie ein herdesammelnder Hütehund der Dicke, schweißnaß und mit Videokamera bewaffnet.

Die nächsten Oldie-Reisen mit Mayseleiter Erwin Müller: Weimar mit Verneigen vor Goethe und Schiller und tiefer Erschütterung in Buchenwald, Künstlerkolonie Worpswede, barockes Bamberg und römisches Trier (unser Quartiermeister wurde da 65), Radebeul mit Felsenbühne Rathen, Amsterdam und Den Haag mit Besuch beim Ehepaar van Diggelen, dann Ubstadt bei Oldie Serden im seltsam leeren Haus trotz der Bücherkaskaden, danach ein Kurzbesuch bei Hatzig in Oftersheim. Auch einsam, sehr leise. Bestaunte Bibliothek und - Batterien voller und leerer Rotweinflaschen. Jaja: der Rotwein! All unsere Reiseabende endeten mit umgekippten vollen Gläsern und Zigarettenglutlöchern in Tischen und Tischdecken. "Hatzig war hier!"

Wenn die Kultur-Tour-Oldies zurückblickten - taten sie doch immer, weil Hansotto, genau zehn Jahre älter als die Nächstältesten, stets hinterdrein marschierte - warteten sie gern auf den hageren Freund mit dem so ausdrucksvollen Gesicht, alle denkbare Zeit umgeben von einer Haartracht, als wäre er ohne Unterlaß Mitwirkender bei den Oberammergauer Passionsspielen. Er kam zu uns mit seinen zierlichen, kurzen Schritten. Und immer gleich angezogen mit den Wamsjäckchen, zu warm im Sommer, nicht wärmend genug in kühler Jahreszeit. Wir haben ihn nie bemäntelt gesehen. Seine Arme waren meist so angewinkelt, als gälte es, damit schwere Bürden zu tragen. Oder sie waren nach vorn gestreckt mit greifenden Händen wie damit sein gutes Herz, das trotzig und verzagte Ding, vor sich her tragend.

Uns, den letzten seiner Freunde, gehörte es ganz.

Wer konnte schon ahnen, daß wir auf der 98er Reise die beiden guten Freunde Karl Serden (gest. 1999) und Hansotto Hatzig ein letztes Mal gemeinsam erleben würden?

Die allerletzte Fahrt führte uns zum (seit Trier) Mit-Oldie Engelbert Botschen ins computerbestückte und trotzdem traute Heim nach Detmold, dort liebevoll von Frau Botschen umsorgt. Unter martialisch-riesigem Hermann, dem Cherusker, dachten wir an die Freunde. Hansotto wollte und konnte nicht mehr mitkommen.

Am 23. April 2001 gegen 21 Uhr rief ich bei ihm an, wollte sagen: "Mach mal N3 auf dem Bildschirm an, Literatur-Fernsehen mit dem Thema Dr.-Hoffmann-Buch und Karl-May-Textbearbeitungen!" Langes Klingelnlassen. Hatzig nahm nicht ab. Am nächsten Morgen ein Anruf von Erwin Müller: Hansotto ist tot. Sitzend, über den Tisch gesunken, war er gestorben. Nun sind nur noch drei von den ursprünglich fünf Oldies übriggeblieben ...

Die lautesten sind so leise und so alleingelassen gestorben. Trotz all der Alten und Neuen um Karl May - die langjährigen Freunde fehlen schmerzlich. Aber noch haben wir ihre Stimmen im Ohr. Sie hallen nach. Was Wunder?

 

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Erwin Müller

Ein Plost auf den Kaisel!

Die Arbeiten am bisher aufwendigsten Reprintprojekt der KarlMay-Gesellschaft, über das Ruprecht Gammler in den KMG-Nachrichten Nr. 127/März 2001 (S. 3) berichtet hatte, stehen in der Graphischen Kunstanstalt Niedermayr in Regensburg kurz vor dem Abschluß.

Der Reprint ET IN TERRA PAX, ein umfangreicher Auszug aus Joseph Kürschners voluminösem Prachtwerk "China. Schilderungen aus Leben und Geschichte, Krieg und Sieg. Ein Denkmal den Streitern und der Weltpolitik" aus dem Jahre 1901 mit Karl Mays pazifistischer Reiseerzählung kann daher in Kürze zum Subskriptionspreis an die Vorbesteller ausgeliefert werden.

Ob die Zeitung WELT AM SONNTAG über dieses Vorhaben informiert war, ist nicht bekannt. Aber geradezu passend zum Thema hat sie in der Ausgabe vom 8.4.2001 unter der Überschrift "Ein Plost auf den Kaisel" eine Reportage über das ehemalige deutsche Pachtgebiet Kiautschou an der chinesischen Nordostküste mit der Haupt- und Hafenstadt Tsingtau veröffentlicht, in der auch Karl May erwähnt wurde. Auszugsweise zitieren wir aus dem Reiseteil der Sonntagszeitung:

... Bis 1914 hatte das deutsche Kaiserreich eine Filiale mitten in China: Tsingtao. Die Kolonialzeit prägte die Stadt, die heute Qingdao heißt: mit Kopfsteinpflaster, Jugendstilvillen und dem besten Bier des Fernen Ostens.

Qingdao hieß früher Tsingtao und noch früher Tsingtau und war ab 1898 deutsches Protektorat. Der "Platz an der Sonne" gehörte allerdings bloß 16 Jahre zu Kaiser Wilhelms Reich. 1914 machten die Japaner kurzen Prozeß mit Deutschlands kolonialer Großmannssucht am anderen Ende der Welt, wo inzwischen ein reichsdeutsches Utopia entstanden war, mit Grünflächen und vom Kaiser angeordneter "lockerer Villenbebauung", der selbst Karl May nicht widerstehen konnte und es in seinem Bestseller "Und Friede auf Erden!" als Multikulti-Shangri-la verklärte.

Außerhalb der Romanwelten folgten allerdings nur wenige Deutsche dem Besiedlungsauftrag Seiner Majestät. Unter den Neubürgern aber war eine Bierbrauerfamilie, die am fernen Gelben Meer alsbald die "Germania Brauerei" gründete. Die heißt heute "Tsingtao Breweries" ...

Sollte durch diese Lektüre Ihr Interesse am Karl-May-Reprint ET IN TERRA PAX geweckt worden sein, so zögern Sie nicht länger und greifen umgehend zur Bestellkarte. Für Ihr gutes Geld erhalten Sie einen exzellenten Gegenwert.

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Niederländische May-Bibliographie

liegt in 2., verbesserter Auflage vor

Es mag Forscher und Wissenschaftler geben, deren Ehrgeiz es ist, das definitive und endgültige Buch zu einem bestimmten Thema, dem sie ihr Leben gewidmet haben, zu schreiben. Doch was, wenn sie dieses Buch dann tatsächlich geschrieben haben? Bestenfalls tut sich nach all den Jahren intensiver Arbeit vor ihnen ein gähnender Abgrund auf, denn es stellt sich die Frage: Was jetzt? Schlimmstenfalls kommt irgendein intelligenter Grünschnabel daher und formuliert mit ein, zwei Sätzen derart kluge und massive Einwände gegen das betreffende Werk, daß es wie eine eben noch bunt schillernde Seifenblase zerplatzt. Sehr viel bessere Chancen auf eine zufriedene Zukunft hat daher der Autor, der sein - wenn auch großes, doch zugegebenermaßen unvollständiges - Wissen zu dem Thema, das ihn wie kein anderes bewegt und beschäftigt, in der Hoffnung zu Papier bringt, andere zu informieren und dazu zu animieren, ihr Wissen in die Diskussion einzubringen. Dieses Glück wurde unserem Mitglied J.C. Oosterbaan mit seiner Bibliographie der niederländischen Karl May-Ausgaben zuteil, deren erste Auflage (600 Exemplare) innerhalb kurzer Zeit ausverkauft war. Sehr bald schon wurde sein im Eigenverlag erschienenes Werk zu einem Handbuch für niederländische Antiquare, und auch die öffentlichen Bibliotheken in den Niederlanden nahmen es inzwischen als maßgebliches bibliographisches Werk in ihre Bestände auf. So beachtlich dieser Erfolg auch sein mag, viel wichtiger noch ist, daß Oosterbaan nach der Publikation seines Buches zahlreiche Briefe von niederländischen Karl-May-Sammlern bekam, die bisher meinten, daß sie mehr oder weniger die einzigen seien, die sich in Holland für May interessierten. Sie machten Oosterbaan darüber hinaus eine ganze Reihe von Ausgaben zugänglich, über deren Existenz der Autor in der ersten Auflage seines Buches nur Mutmaßungen anstellen konnte. All dieses Ergänzungen fanden Eingang in der zweiten, ergänzten und verbesserten Auflage von "Een ketting van boeken", die seit einiger Zeit lieferbar ist (Bestelladresse: Drukkerij-Boekhandel Van Velzen BV, Postbus 4, NL-4413 ZG Krabbendijke, 42,50 hfl. plus Versand). Das eigentlich Spannende an dieser zweiten Auflage ist, daß alle neuen Erkenntnisse über Ausgaben, Auflagen und Ausstattungsvarianten mehr neue Frage aufwerfen, als sie beantworten. Und deshalb kann man dem Buch nur wünschen, was der ersten Auflage bereits widerfuhr: ein breites Echo und die Aufmerksamkeit vieler (niederländischer) May-Freunde und Sammler. Gregor Seferens

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Sigrid Seltmann

Karl-May-Splitter

Im Sportteil der Bild-Zeitung vom 7. 6. 2001 fand Walter Dölle für uns den folgenden Artikel:

Karl-May-Experte. – Heribert Fassbender bereitet sich sehr gewissenhaft auf seine Einsätze vor. Der ARD-Kommentator verriet: "Vor dem Abflug nach Albanien zum Länderspiel Albanien-Deutschland habe ich noch in meinen Jugendbüchern gekramt und Karl May gelesen – ›Im Land der Skipetaren‹. So nannte man Albanien früher".

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Antwort des Karl-May-Verlages auf eine Leseranfrage in einem Karl-May-Comic des Walter-Lehning-Verlages aus dem Jahre 1965 (Mitgeteilt von Walter Dölle):

Detlef Knappe, z. Z. Wintermoor fragt:

Was bedeutet der Name "Winnetou"?

Antwort:

Über diese Frage, lieber Detlef, haben sich seit Jahrzehnten die Karl-May-Forscher die Köpfe zerbrochen, ohne zu einer restlos befriedigenden Antwort zu kommen. Am leichtesten haben es sich diejenigen gemacht, die den Namen von "Wun-nee-tow" herleiten wollen. Dieser Name taucht im bekannten Bilderwerk des Indianermalers Catlin für einen Schwarzfuß-Medizinmann auf und wird von ihm mit "Weißer Büffel" übersetzt. Karl May hatte die Möglichkeit, Catlins Werk einzusehen. Aber weshalb sollte er für seinen Apachen-Häuptling ausgerechnet einen Schwarzfußnamen wählen? Zudem ist Catlins Übersetzung nachweisbar falsch. Für "Weißer Büffel""gibt er im Sprachverzeichnis des gleichen Werkes ein völlig anderes Schwarzfußwort an. Und im "Blackfoot-Vocabulary" wird "Weißer Büffel" wieder anders übersetzt. Ja, und nun kommt eine Überraschung: Karl May gab ursprünglich seinem Helden den Namen "Innuwoh"! Erst später änderte er ihn in "Winnetou" ab. Das macht die Sache noch komplizierter. Im Karl-May-Jahrbuch 1925 leitet ein Autor den Namen vom tuscaroraischen "Yegowanuh", "Großer Häuptling", her. Aber das alles sind etwas krampfhafte Deutungsversuche. "to" heißt in Apache "Wasser", die Silben "winne" jedoch kommen darin nicht vor. Was nun, lieber Detlef? Vielleicht ist Dir jene Erklärung am einleuchtendsten: Es gibt ein Indianervolk, das sich "Wintun" nennt. Wie so viele Stammesnamen bedeutet das Wort "Mensch", frei übersetzt könnte es "Indianer" heißen. Dieses Wort "Wintun", das Karl May nachweisbar kannte, mag ihn zum Namen "Winnetou" angeregt haben. Winnetou – der Indianer, der Typ des Indianers schlechthin, wie ihn Karl May in seinen unsterblichen Werken idealisierte.

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Dr. Eckehard Koch traf Karl May in guter Gesellschaft im Heimatmuseum Oberstdorf/Allgäu an und schreibt uns dazu: In dem Museum ist auch eine alte Webstube eingerichtet. Auf der Informationstafel wird ... auf das Schicksal der Weber im 19. Jahrhundert aufmerksam gemacht. Dazu heißt es u.a. "Eine alte Industrie war vernichtet, die Not der Leinenweber schrecklich. In der Literatur und der bildenden Kunst fand diese Epoche ihren Niederschlag, z. B. bei Gerhart Hauptmann ›Die Weber‹, bei Karl May ›Das Buschgespenst‹ und bei Käthe Kollwitz ›Der Zug der Weber‹ ..."

Das Magazin ›mobil‹ (Nr. 06/01) der Deutschen Bahn zitiert Karl May in einem Essay "Im Lehnstuhl um die Welt. Engländer lesen Reiseliteratur, Deutsche Szene-Guides. Die einen erkunden die Welt, die anderen sind überall zu Hause" (Mitgeteilt von Dr. Eckehard Koch):

Die Magie des Unbekannten schwindet dahin, die ganze Welt ist begehbar geworden. Vor 100 Jahren schufen die Romane von Jules Verne oder Karl May noch eine allgemein gültige und unwiderlegbare Vision der Ferne. Und der Hamburger Zoogründer Carl Hagenbeck präsentierte seinerzeit dem staunenden Publikum nicht nur exotische Tiere, sondern in seinen "Völkerschauen" auch leibhaftige Indianer und Menschen aus Afrika.

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Karl May und das Urheberrecht

Auf einer rechtsgeschichtlichen Tagung in Brig/Schweiz vom 6. bis 9. September 2001 wird Herr Götz von Olenhusen einen Vortrag zum Thema "Karl May und das Urheberrecht im 19. Jahrhundert" halten. (s. a. M-KMG 127/März 2001 u. KMG-N 128/Juni 2001) Sis.

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Neu im Internet

Eckehard Koch: Die Geschichte der Deutschen im Wilden Westen. Karl Mays Väter. Mit e. ergänzten Geleitw. von Claus Roxin. (http://www.karl-may-stiftung.de/koch/index.html)

Dank sei der Karl-May-Stiftung, auf deren Internetseiten man jetzt den seit langem vergriffenen Titel von Eckehard Koch: Karl Mays Väter. Die Geschichte d. Deutschen im Wilden Westen, Husum 1982, in einer aktualisierten und von Fehlern bereinigten Fassung wieder lesen kann. (Mitgeteilt von Dr. Eckehard Koch)

[Ohne Verfasser – und Kommentar:]

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Das Streiflicht

"Ich habe", sagt Kara Ben Nemsi einmal zu Abrahim Mamur, "den Bären gejagt, der Elefant hat meinen Schuss gehört, und meine Kugel hat den Löwen, den ‚Herdenwürgenden‘, getroffen." Das genau ist indessen das Fatale an Kara Ben Nemsi alias Old Shatterhand alias Karl May: dass er sich nie mit seinen Taten zufrieden gibt, sondern ihnen immer eine Menge Worte folgen lässt. Als ob es nicht völlig ausreichte, dass der Elefant seinen Schuss hört, erzählt er es auch Abrahim Mamur, so wie er vorher wahrscheinlich schon Winnetou, den blauroten Methusalem, Satan & Ischariot, Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah, Sir David Lindsay und den Peitschenmüller mit seinem Bericht traktiert hat. Und da er alles auch niederschreibt, was die anderen, vom Elefanten bis zum Peitschenmüller, bereits gehört haben, dringt der Schuss letztlich bis zu uns.

Nun ist das so wenig ein Schaden, wie es einer ist, wenn man in Margaret Mitchells "Vom Winde verweht" erfährt, wie sehr Scarlett O’Hara zwischen Rhett Buttler und Ashley Wilkes hin- und hergerissen ist. In einem bestimmten Alter ist es für den Menschen möglicherweise nützlich, jedenfalls aber erquicklich und spannend, sich mit Leib und Seele in derartigen Gespinsten zu verlieren. Dort ist, und zwar so lange, wie wir selbst uns das vornehmen, die Wirklichkeit auf wohltuende Weise aufgehoben. Da nehmen wir es an Winnetous Seite mit allen Gaunern der Prärie auf, da arbeiten wir uns mit Kara Ben Nemsi durch die Wüste und die Schluchten fünf weiterer Bände, die alle zur selben Geschichte gehören, und was soll man sagen: Es nervt uns keine Sekunde, dass der Erzähler hier hauptsächlich seine Komplexe therapiert. Wir halten es sogar, im Gegenteil, keineswegs für ausgeschlossen, dass auch wir jeden Gegner mit der blanken Faust niederschmettern könnten, nicht ohne ihn freilich vorher – und natürlich in seiner jeweiligen Sprache – über unsere christliche Friedfertigkeit belehrt zu haben.

"Vom Winde verweht" bekam vor ein paar Jahren eine ersichtlich von Gewinnsucht inspirierte Fortsetzung, die sich denn auch prompt als pompöses Windei erwies. Nun hört man, dass der Bamberger Karl-May-Verlag zwei Autoren gewinnen konnte, mit denen er das Œuvre des Radebeuler Schwadroneurs weiterzuführen gedenkt. Hadschi Halef Omar würde an dieser Stelle "Maschallah!" rufen und sich umsehen, ob da nicht irgendwo schon El Büdsch sitzt, der Geier. Kara Ben Nemsi hatte die Angewohnheit, seinem Hengst Rih eine Sure des Koran ins Ohr zu flüstern, woraufhin der Gaul abging wie die Post. In der 52. Sure heißt es: "Ist es ihr Verstand, welcher ihnen Derartiges eingibt?", und diese Sure wollen wir jetzt schnell dem Verlag und seinen Autoren einblasen. Vielleicht kann das ihren Lauf ja noch hemmen. (Aus: Süddeutsche Zeitung, Bayern-Ausg., 22. 9. 2000)

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Wahrscheinlich meistredigiertes Werk

Karl May: Immer wieder Opfer der Zensoren

Radebeul (ddp) - Nicht der chronische Papiermangel der DDR bescherte dem ersten "Winnetou"-Band von Karl May einige Kürzungen.

Gleich der erste Absatz der Einleitung, in der der Autor auf das Schicksal der Indianer in Nordamerika aufmerksam machte, fiel ohne Angabe von Gründen weg. Danach galt es für den Bearbeiter ein Kunststück zu vollbringen. "Ja, die rote Nation liegt im Sterben!" schrieb May. Das wäre ein Fauxpas gewesen.

Ein solches Schicksal, auch nur andeutungsweise, hätte ja Assoziationen an das sozialistische Weltsystem auslösen können. Also konnte der geneigte Leser schließlich "Der rote Mann liegt im Sterben!" entdecken.

Textbearbeitungen der Werke von Karl May waren und sind keine Seltenheit. Schon zu seinen Lebzeiten hatte der in Hohenstein-Ernstthal bei Chemnitz geborene Autor solche Ansinnen, oft ergebnislos, zu verhindern versucht. Und diese Änderungen griffen oft einschneidender in seine Bücher ein, als die "politisch notwendigen" Korrekturen zu DDR-Zeiten. Dort war man bemüht, beispielsweise jegliche Deutschtümelei zu verhindern, schreibt Klaus Hoffmann in seinem neusten Buch "Karl Mays Werke", das im Verlag Neues Leben erschienen ist.

Als Old Shatterhand von Klekih-petra begrüßt wird, muss diese in der DDR-Übersetzung weit spärlicher ausfallen als im Originaltext. Wer wollte auch die folgenden Sätze in der Zeit des Kalten Krieges verantworten? "Wir Deutschen sind eigentümliche Menschen. Unsere Herzen erkennen einander als verwandt, noch ehe wir es uns sagen, dass wir Angehörige eines Volkes sind – wenn es doch nur endlich einmal ein einiges Volk werden wollte!"

Fast immer waren es politisch nicht genehme Teile, die sich in Wohlgefallen auflösten, stellt Hoffmann fest. Im November 1981 kam von den Genossen grünes Licht für eine Edition von Werken Karl Mays.

Für den Verlag Neues Leben Berlin sollte sich die Besinnung auf Karl May zu einem ungeahnten Erfolg gestalten. 250 000 Exemplare je Titel wurden in der DDR gedruckt. Inzwischen hat der Verlag nur mühsam seine Existenz retten können. Von Karl May wollte man nicht lassen. "Karl Mays Werke" allerdings darf das Verlagshaus in Berlin seit Anfang April nicht ausliefern. Die "Wahrheiten" über immer wieder erfolgte Änderungen an den Büchern des Sachsen aus Radebeul haben Verstimmungen hervorgerufen.

Der Karl-May-Verlag Bamberg/Radebeul fühlt sich anscheinend ungerecht behandelt und hat eine einstweilige gerichtliche Verfügung erwirkt, um den Verkauf des Titels zu stoppen.

May litt immer schwer an den Veränderungen seiner Manuskripte. Je nach Zeitgeschmack, persönlichen Befindlichkeiten ist vermutlich an keinem Stück Literatur so oft und so viel redigiert worden, wie an seinen Büchern. Selbst schrieb er einmal: ""Ich habe Korrekturen und Kürzungen nie geduldet. Der Leser soll mich so kennen lernen, wie ich bin, mit allen Fehlern und Schwächen, nicht aber, wie mich der Redakteur zusammenstutzt. (Ungekürzt aus: Harzer Volksstimme/Brocken-Kurier/Wernigerode/Blankenburger Nachrichten, 11. 5. 2001)

 

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Dietrich Schober

Pressespiegel

Neues Deutschland 18.4.2001 - »Karl Mays Werke« und eine »einstweilige Verfügung« - Mit dem Henrystutzen auf Kriegspfad? Von Klaus Haupt

»Dieser Stutzen, ursprünglich ein totes Meisterstück, ist in dieser Hand zu einem lebenden Wesen geworden, hat denken, berechnen und gehorchen gelernt. Old Shatterhand ... weiß, ja er fühlt die Kugel schon im Ziele sitzen, wenn er die Patrone noch in der Tasche hat. Er und sein Stutzen haben nur eine Seele. nur einen Gedanken und nur einen Willen ...« - Der berühmte Henrystutzen ist es, den lesenden Präriegefährten Old Shatterhands wohl bekannt, dem Karl May Leben eingehaucht hat. Er hat das für die Erzählung »Der schwarze Mustang« getan, die von der Union Deutsche Verlagsgesellschaft 1899 als Buch herausgegeben worden ist und insgesamt 32 Auflagen erlebte - bis zum Jahre 1916. Dann wurde der »Schwarze Mustang« vom Karl-May-Verlag Radebeul als Band 38 in die Gesammelten Werke übernommen.

Da haben wir, so der damalige Verlags-Chef Dr. Euchar Albrecht Schmid in einem Rundschreiben vom 25. Februar 1922 »an die näheren Freunde« des Karl-May-Verlages, »sehr viel daran gekürzt und verbessert, um sie lesbar zu machen«. Man hat sich viel Mühe gegeben. Von 410 Druckseiten, die der Originaltext von Karl May in dieser Ausgabe hätte haben müssen, verblieben sage und schreibe 276. Auf der Strecke blieb auch die Beschreibung des legendären Henrystutzens. In den Gesammelten Werken des Karl-May-Verlages kommt sie nicht mehr vor.

»Karl Mays Werke« heißt ein Buch, das der Verlag Neues Leben Berlin im Frühjahr der Öffentlichkeit präsentiert hat. Hinter dem lakonischen Titel verbirgt sich eine Lektüre, die spannend ist, als sei sie aus der Feder Karl Mays. Ist sie aber nicht, sie stammt von Klaus Hoffmann. Der in Dresden bei Radebeul gebürtige Autor folgt seit längerem den Spuren von Old Shatterhand und Winnetou. Er ist Mitglied der internationalen Karl-May-Gesellschaft, Autor von Forschungsbeiträgen und anderen Publikationen über May, Herausgeber kommentierter Faksimile-Ausgaben. Nun hat er sich eingehend mit Textgeschichte, Textbearbeitung und Textkritik des Werkes von Karl May auseinandergesetzt. Sein Buch hat es in sich. Wie im Falle des Henrystutzens hat er das gesamte Werk des Mannes aus der »Villa Shatterhand« in Radebeul kritisch untersucht, diverse Ausgaben verglichen. Es ist eine profunde Recherche. Und das Ergebnis ist so, dass der ahnungslose May-Leser nur mit offenem Munde staunen kann: Im Verlaufe von rund einhundert Jahren ist an Mays Werk derartig wild geändert und gestrichen, umgeschrieben und hinzugedichtet worden, dass sich die Buchstaben biegen. Das hat schon zu Mays Lebzeiten begonnen. Im Nachwort von »Winnetou III« klagt May im Jahre 1893: »0 diese Redakteure? Lieber Leser, hast Du eine Ahnung davon, ... in welcher Weise viele von ihnen mit den Manuskripten ihrer Mitarbeiter verfahren? Da verlängerte einer dieser Herren eine meiner Reiseerzählungen um zwei volle Kapitel ... Einem anderen geht der Raum aus, und flugs schiebt er, wie man Karten mischt, zwei Erzählungen zu einer zusammen, läßt die Hälfte der Personen plötzlich sterben und bringt diese Mixtur dann zu einem Schluß, über den ich ... die Hände ringen möchte«.

Nachdem Karl May die Feder für immer aus der Hand gelegt hat, ging es erst richtig los. So erschien im Karl-May-Verlag Band 50 der Gesammelten Werke unter dem Titel »In Mekka«, zu dem laut Hoffmann »der Radebeuler Erzähler nicht mehr beigetragen hatte als die Namen einiger handelnder Personen«. Verfasser dieses Buches war ein Kaplan Franz Kandolf, dem der Verleger Dr. Euchar Albrecht Schmid schriftlich den Hinweis gegeben hat: »Vergessen Sie nicht, daß Sie diejenigen, die umgebracht werden müssen, auf eine schöne und wirkungsvolle Weise zu töten haben ...«

Dabei hatte May sinngemäß immer wieder dies betont: »Und wagt es jemand, auch nur eine Zeile meines Manuskriptes zu ändern oder gar sogenannte Verbesserungen anzubringen, so bekommt er keinen einzigen Buchstaben mehr von mir.«

In Hoffmanns Buch wird hieb- und stichfest geschildert, wie Karl May im Laufe der Zeiten gewissermaßen literarisch skalpiert worden ist. Da werden diverse Personen und Verlage genannt. Im Mittelpunkt aber stehen der Euchar Albrecht Schmid, zu dem, wie es heißt, Karl May im Jahre 1911 gesagt habe, »Sie sollten mein Verleger werden!«, und schließlich Schmids Erben vom Karl-May-Verlag in Bamberg, mit dem die verlegerische Arbeit des ursprünglich in Radebeul angesiedelten Verlages fortgesetzt wird. Und der Bamberger Verlag hat nun im Wege der einstweiligen Verfügung einen Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth erwirkt. Dem Verlag Neues Leben, der bekanntlich ebenfalls seit Jahrzehnten Karl May verlegt und in seiner Edition gerade Band 66 herausgebracht hat, wird unter anderem untersagt, von einer »Verlegerlegende« zu sprechen und May-Ausgaben aus dem Bamberger Verlag als »verfälschend« zu bezeichnen - was in Hoffmanns Buch geschehen ist.

»Karl Mays Werke« von Klaus Hoffmann liegen nun also - bis auf die vor der einstweiligen Verfügung bereits an die Buchhandlungen gelieferten Exemplare - vorerst auf Lager. Sie dürfen nicht weiter ausgeliefert werden. Schade um diesen originellen Beitrag zur Biografie des berühmten Sachsen. Aber ist das letzte Wort schon gesprochen - mit oder ohne Henrystutzen?

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Museumstag in Radebeul

Der Samstag 24. März 2001 war ein großer Tag in Radebeul. Das Karl-May-Museum, das Weingutmuseum Hoflößnitz, die Puppentheatersammlung und die Volkssternwarte wollten ihre Gäste gemeinsam mit außergewöhnlichen Dingen und Sonderführungen überraschen. Im Karl-May-Museum gab es unter anderem ein Orientcafé mit Bauchtänzerin, ein Bastel-Programm für Kinder, und in einer Sondervitrine einen Schrumpfkopf und indianisches Handwerkszeug, das sonst im Depot lagert. Im vorigen Oktober wurde übrigens eine Museums-Nacht organisiert und es kamen über hundert jugendliche Gäste mit Taschenlampen; an diesem Tag nun waren auffallend viele Familien gekommen. Diese Aktion außerhalb des regulären Betriebs stellt für alle Mitarbeiter eine enorme Belastung dar, an dieser Stelle einmal ein dickes Lob und Kompliment an die, die uns Besucher einen fröhlichen Erlebnistag bereiten. Die Veranstalter - Stadt Radebeul, Fremdenverkehrsverein, Radebeuler Museen und Volkssternwarte - konnten auch erfreulicherweise einen regen Besucherzulauf registrieren, man war sogar etwas überrascht von der Resonanz im Publikum; der kostenlose Oldtimer-Bus-Transfer wurde gerne genutzt, das Puppenmuseum im ‚Hohenhaus‘ liegt ja fast an der Stadtgrenze zu Coswig. Der Besuch von vier Museen an einem Tag, noch dazu zu ermäßigten Eintrittspreisen, das war erfolgreiche Premiere, das lässt auf eine Wiederholung hoffen, dann vielleicht mit einem gemeinsamen Ticket. Dass jedes Museum schon für sich allein einen Besuch wert ist, trifft insbesondere auf Villa Shatterhand und Bärenfett zu, aber das wissen Sie sicher.

dSch

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‚Träume, Tod und Filzpantoffeln’

eine Abenteuerreise durch die bizarren Phantasien des Gauklers, Schriftstellers und Betrügers Karl May‘ mit Dietmar Mues in der Komödie Dresden am 23.3.2001.

< Der in Dresden geborene Schauspieler D. Mues spielte diesen Abend bereits 300 Mal und freut sich, nun auch in Dresden zu spielen... In dem Ambiente von Beistelltisch, Leselampe, Kaktus und verstreuten Schmökern sitzt und agiert unser Held, der aus der kleinlich karierten Enge in die Welt der Bücher und Phantasmen abdüste... Mues breitet einen Bilderbogen aus, der Einblick gibt in deutsche Phantasien und die Zuschauer und Zuschauerinnen entführt in die grandiose Innenwelt seines Helden.> Diese drei Sätze stammen aus Vorabmeldungen, deren Text vermutlich den Zeitungsarchiven entstammen, denn auch auf den Sächsischen Landesbühnen gab Mues bereits vor Jahren seine Karl-May-Persiflage zum Besten. Dieses Mal also war die Komödie im World Trade Center der Schauplatz für dieses Ein-Mann-Stück, wobei ein Posaunist und eine singende Chinesin ab und zu musikalische Unterstützung boten. Mues, gestenreich und oft artistisch, mimisch in Höchstform, sprechtechnisch auch in Nuancen perfekt, besonders wenn es um‘s Sächseln geht, sprachgewaltig vom Zungenschlag bis zum Donnerruf, Mues also ein Karl-May-Interpret mit Witz, dabei aber nie bösartig, so dass immer wieder Lachen und Beifall aufbrandet. Hier spürte man bei aller Ironie und deftigen Anspielungen die Achtung vor dem Original, und das erfreut, denn: Ohne Karl May gäbe es auch kein Mues-Stück, und niemand sollte in die Quelle spucken, aus der er schöpft. DSch

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Der Wilde Westen entdeckt Winnetou

Die Werke von Karl May waren hierzulande immer umstritten. Rührseliger Schund, sagen die Kritiker, fantasievolle Literatur die Verehrer. Doch die Helden von Mays Abenteuerromanen wie Winnetou und Old Shatterhand kennt in Deutschland jedes Kind.

Die meisten US-Bürger zucken dagegen ratlos mit den Schultern, wenn vom volkstümlichen deutschen Schriftsteller aus dem sächsischen Hohenstein-Ernst-thal die Rede ist. Silberbüchse und Bärentöter sind dort Fremdworte. Dabei ließ May seine Figuren in mehr als 20 Bestsellern durch die endlosen Prärien des Wilden Westens reiten.

89 Jahre nach seinem Tod haben die Amerikaner den deutschen Schriftsteller nun quasi über Nacht entdeckt. Plötzlich beschäftigen sich Vorträge, Ausstellungen und Symposien mit den Werken des Wildwest-Autors.

In Texas plant man ein Karl-May-Archiv, an der Universität von North Dakota werden seine Bücher in Original-Sprache gelesen und das renommierte Wall Street Journal hat dem Phänomen eine Titelgeschichte gewidmet.

In den USA ist man vor allem von der Vorstellungskraft Mays fasziniert. Weil er Gegenden gut beschrieb, die er gar nicht kannte. Noch besser gefällt den Amerikanern aber, was May posthum für den Tourismus tut. Jährlich wandeln Tausende von Deutschen auf den Spuren seiner Figuren durch den Wilden Westen. Wie formulierte es Oskar Lafontaine einst: "Wir sind doch alle Winnetous Erben." (gez. mase. Aus: Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 9. 4. 2001.) Mitgeteilt von Ekkehard Koch

[sis]

 

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Martin Lowsky

Eine kleine Hommage:

Eva Klemperer zum 50. Todestag (+ 8. 7. 1951)

Entnommen der Biographie Peter Jacobs: Victor Klemperer. Berlin 2000 (Aufbau Verlag), nach S. 64

Victor Klemperers Ehefrau Eva, geb. Schlemmer, war Musikwissenschaftlerin und Übersetzerin, geboren am 12. 7 1882 in Königsberg, gestorben am 8. 7. 1951 in Dresden. Sie war es, die Klemperer mit Karl Mays Werk bekannt gemacht hat. May hat ihr sehr viel bedeutet. In seinem Lebensbericht ,Curriculum Vitae' (Berlin 1989, Band I, S. 387; Neuauflage Berlin 1996) spricht Victor Klemperer seine Frau einmal so an: "Du kennst noch immer große Stücke von Karl May auswendig, du sprichst noch immer mit großer Achtung von ihm als einem Erzieher." An derselben Stelle nennt er Evas Realismus ihr "Indianerblut". (Siehe hierzu meine Hinweise in den Mitteilungen der KMG Nr. 108/1996, S. 15, und vor allem Volker Griese: Zur Wirkungsgeschichte Karl Mays: Der Romanist Victor Klemperer, in Nr. 128/2001, S. 45-48.)

Eva Klemperer, diese edelmütige Frau, hat in der bittersten Zeit zu ihren Mann, dem jahrelang schikanierten, gedemütigten und vom Tode bedrohten Juden, gehalten. Ihre Ambitionen als Pianistin hat sie der Gelehrtenlaufbahn ihres Mannes untergeordnet. Kenner schätzen ihre Übersetzung von Jacques Roumains Haiti-Roman ,Herr über den Tau', die Suhrkamp 1982 neu aufgelegt hat. Doch ihre Kompositionen sind verloren gegangen, ihre intensive Mitarbeit an Klemperers Maupassant-Edition ist vergessen worden.

Sie war immer, noch über ihren Tod hinaus, die große Liebe ihres Mannes. Ihre innere Freiheit, das Fehlen von jeglichem Egoismus hat er geradezu sehnsüchtig bewundert und in seinem großen Tagebuch-Werk wieder und wieder festgehalten. Auf ihrem Grabstein in Dresden-Dölzschen stehen diese an sie gerichteten Worte: "Du bist mir immer gegangen voran, o Herz, bei Tag und Nacht". Und, sprechen wir auch dies an dieser Stelle aus, Eva Klemperer gehört zu den großen Frauen, die Karl Mays Humanismus angenommen und weitergetragen haben.

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Pro + Contra Hetmann

Um Pro und Contra Frederik Hetmanns Karl-May-Biographie »Old Shatterhand, das bin ich« geht es im Eselsohr Nr. 2/2001 [sis]

Pro:
Karl May – ein absoluter Erzähler

Hetmann über eine widersprüchliche Figur deutscher Literatur

Ich konnte mich nie mit Karl May anfreuden, selbst nicht in jenen Jahren, in denen ich Abenteuerbücher "verschlungen" habe wie andere Butterbrote. Winnetou & Co. haben mich immer gelangweilt und so behielt ich den Autor als schlechten Erzähler im Gedächtnis. Nach der Lektüre der Biografie Old Shatterhand, das bin ich hat sich meine Sichtweise geändert. Das ist – wieder einmal – Frederik Hetmanns Verdienst.

Jeder weiß, daß Karl May den Wilden Westen nie mit eigenen Augen gesehen hat, sondern daß er statt dessen Gefängniswände anstarrte. Sonst ist über das Leben des Mannes, der so unvergleichliche und unvergessene Figuren wie eben Winnetou, Old Shatterhand, Kara Ben Nemsi und Hadschi mit dem unaussprechlichen Namen erschuf, auf dem Markt für jugendliche Leser und Leserinnen wenig bekannt.

Hetmann gelingt ein über weite Strecken flüssig zu lesender und fesselnder Lebensbericht über einen Schriftsteller, der zu Lebzeiten sowohl Ruhm und Reichtum als auch Verleumdung und Verrat erlebt hat und dem immer noch der Stempel des "Schundautors" anhaftet. Unterhaltsam schildert er Mays Husarenstücke und Betrügereien und erweckt Mitgefühl für einen Don Quichotte, dessen blühende Fantasie ihm im Kaiserdeutschland immer wieder einen Strick drehte. Die tragikomische Gestalt, die gegen die Windmühlen des Spießertums samt Bigotterie, religiösem Fanatismus und aufkommender Kriegshetze zu Felde zog, dieser Ritter samt Furcht und Tadel, wollte mit allen Mitteln raus aus der Enge der Armut. Er war ein Träumer und Vielschreiber. In einem einzigen Jahr schrieb er acht Abenteuerromane. Er wird einem sympathisch.

Lediglich die Inhaltsangaben von Karl Mays Werken, die oft als Auflistung zwischen den Kapiteln stehen, stören ein wenig. Meiner Ansicht nach wären die meisten gar nicht nötig gewesen, hätten auf jeden Fall am Ende des Buches einen besseren Platz gefunden. Dennoch: Hetmanns Biografie reißt mit, besonders wenn er eine Lanze bricht für den "absoluten Erzähler" Karl May und den Autor mit einem Essay über seinen Arbeitsalltag selbst in den Zeugenstand ruft. Dieser kleine Text ist brillant!

Ich werde es noch einmal mit Karl May versuchen – Hetmann sei dank.

Katharina Steeg

Contra:
Im Wilden Westen nichts Neues

Hetmann – im Eifer zu Nachlässigkeiten verführt?

Es existiert kaum ein anderer deutscher Schriftsteller, dessen Leben und Werkgeschichte so intensiv erforscht wurden, wie das bei Karl May der Fall ist. Von daher hatte der routinierte Biografienverfasser Frederik Hetmann es leicht, ein eine jugendliche Zielgruppe anpeilendes Buch über das Leben dieses populären Autors zu schreiben.

Er konnte auf ein gutes Dutzend exzellenter Biografien wie etwa Hans Wollschlägers sprachlich faszinierende Lebensdarstellung zurückgreifen und daraus sein Buch kompilieren, außerdem noch Gert Uedings kenntnisreiches Karl-May-Handbuch heranziehen. Die bei Hetmann oft seitenlangen Zitate sind so umfangreich, daß beispielhaft von 790 Zeilen des ersten Kapitels 393 Zeilen Zitate sind: die Hälfte des Textes. Das längste Zitat (in Kapitel 7) läuft, nur von zwei Einschüben unterbrochen, über sage und schreibe 15 Seiten! Und Kapitel 11 besteht sogar zu zwei Dritteln aus Fremdtext. So läßt sich natürlich leicht ein Buch machen.

Die zahlreichen Fehler, die Hetmann unterlaufen, verraten wenig Kenntnis von Mays Werkgeschichte: So nennt er dessen einziges Bühnenstück im laufenden Text (S. 262, 268 und 271) "Bibel und Babel", erst im angehängten Werkverzeichnis (S. 302) heißt es korrekt "Babel und Bibel". Einen von Karl Mays zentralen Helden, Dr. Karl Sternau, tauft Hetmann in Sterne um (S. 114), und aus der männlichen Hauptfigur im "Silbernen Löwen", dem Ustad, macht er eine Frau (S. 265). Im Werkverzeichnis führt er einige Titel als getrennte Werke auf, die lediglich Haupt- und Untertitel desselben Romans sind, er springt wahllos zwischen Zeitschriften- und Buchtiteln der Werke hin und her, ordnet Jahreszahlen falsch zu, korrigiert einen Titel, den May falsch geschrieben hat, in eine dritte – wiederum falsche – Variante. Man sollte deshalb den vorletzten Satz in Hetmanns Buch ernstnehmen, in dem er seine Fehler vorsorglich eingesteht: "Ein von Eifer zu Nachlässigkeiten verführter Mensch, wie ich es nun einmal bin ..."

Sprachlich wird Karl Mays Leben lustlos nacherzählt. Hetmann setzt keine eigenen Akzente, um den LeserInnen besondere Aspekte nahezubringen oder gar neue Sichtweisen aufzuzeigen. Sogar der Titel des Buches ist (inklusive der Anführungszeichen!) mit dem der 1991 bei Carlsen erschienenen Karl-May-Biografie von Burghard Bartos identisch.

Thomas Le Blanc

Im Eselsohr 2/2001 haben wir auf einer reinen Karl-May-Seite auch noch eine Besprechung von Stefan Gemmel: "Winnewuff und Old Miezecat" (s. KMG-Nachrichten Nr. 126, S. 19) entdeckt:

Beinahe jeder, der in frühen Jugendjahren die Figuren Karl Mays kennenlernte, wollte einmal so sein wie sie – Westernhelden in einer Welt, in der das Gute immer siegt! Auch Amadeus und Moritz träumen davon, und da ist es ihnen nicht weiter hinderlich, daß sie Hund und Kater sind ... Als Winnewuff und Old Miezecat machen sie sich auf die Suche nach dem Schatz im Glitzerweg – und die Bekanntschaft der gewitzten Maus Cheesy James.

Stefan Gemmels Hommage an Karl May reicht zwar nicht an den Meister selbst heran, kann aber mit witzigen Ideen (so gehören denn die Menschen aus der tierischen Sicht zum "Volk der Glatzfüßigen") aufwarten. Maren Bonacker

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Uff! Karl who? - Karl May und Amerika

US-Unis bieten Kurse an, Museen planen Ausstellungen

Seinetwegen pilgern jährlich Tausende deutscher Touristen in den "Wilden Westen", träumen von Cowboys, kaufen Indianerschmuck am Grand Canyon oder spielen Winnetou beim Reiterurlaub auf einer echten Ranch in Arizona. Jetzt endlich hat auch Karl May selbst den Weg in die Gegend gefunden, die er in mehr als 20 Bestsellern so erfolgreich beschrieben hat: 89 Jahre nach seinem Tod entdecken die Amerikaner einen der volkstümlichsten deutschen Schriftsteller.

Die Texas Tech University in Lubbock, Texas, hielt nicht nur ein Symposium über den Wildwest-Autor, sondern will ein Karl-May-Archiv aufbauen; Deutsch-Stu-denten lesen sein Werk in der Originalsprache, und an der Universität von North Dakota werden beim Indianer-Studium Winnetou-Filme gezeigt. Das "Wall Street Journal" widmet dem Phänomen Karl May gar eine Titelgeschichte. Der staunende Leser erfährt auf diese Weise endlich die Ursprünge der – vielen US-Bürgern bislang unerklärlichen – Faszination der Deutschen für "Westmänner" und Indianer. Und lernt, dass auch einige der bekanntesten Deutschen May-Fans waren: Massenmörder Adolf Hitler ebenso wie Albert Einstein oder Altkanzler Helmut Kohl.

Winnetou, Old Shatterhand oder die berühmte Silberbüchse sind für Amerikaner Fremdworte, auch den Namen Karl May haben die meisten noch nie gehört. Amazon.com bietet gegenwärtig eine einzige Winnetou-Ausgabe an, herausgegeben von der Washington University Print. Der online-Buchhändler erhielt begeisterte E-Mails von Lesern, die weitere englischsprachige Ausgaben fordern.

Karl May reiste im Alter tatsächlich in die USA – allerdings nur an die Ostküste. Die endlose Prärie, die er seitenlang beschrieb, hat er nie selbst gesehen. "Wir glauben, daß Karl May eine außergewöhnliche Vorstellungskraft hatte, weil er diese Gegend so gut beschrieben hat, ohne jemals hier gewesen zu sein", erklärt Verna Anne Wheeler, Direktorin des Pionier Museums in Crosbytown, Texas, die dem deutschen Schriftsteller eine kleine Ausstellung widmet. Das Museum liegt nahe dem Llano Estacado, einer Prärie, dem ein Buchtitel Karl Mays ("Der Geist des Llano Estakato") gewidmet ist.

Eine weitere Wanderausstellung ist gegenwärtig an verschiedenen Orten in Arizona zu sehen. Das größte Kontingent ausländischer Touristen, das diesen Bundesstaat besucht, kommt aus Deutschland. Nicht ohne Grund bietet Lufthansa jetzt einen Direktflug nach Phoenix an.

Zwar glorifizierte May Winnetou und seine Apatschen und stellte die Sioux schlechter dar als sie waren, aber das nimmt ihm kaum jemand übel. "Karl May hat eine Menge Fehler gemacht bei der Beschreibung der amerikanischen Indianer", urteilt Ben Sherman von der Western American Indian Handelskammer gegenüber dem "Wall Street Journal". "Aber mir gefällt, was er für den Tourismus tut", so Sherman weiter, der bei der ITB in Berlin auf Wildwest-Fans setzte. So gewinnen auch die Menschen im Westen inzwischen den Reiseschriftsteller lieb: Meredith McClain, Direktorin des South-west Centers für Deutsch an der Texas Tech Universität, hat für die Karl-May-Pilger sogar eine kleine Reiseagentur gegründet: "Winnetours". (Nachrichtenagentur-Bericht ohne Verfasserangabe aus: Berliner Morgenpost vom 6. 4. 2001) [sis]

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