KMG-Nachrichten Nr. 131 / März 2002

Herausgegeben von Engelbert Botschen

_____________________________________________________________________________

Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient

schreibt der französische Politiker und Philosoph Joseph Marie de Maistre (1753-1821) in seinen Briefen. Bei Karl May liest sich das: Jedes Volk ist den Herrscher wert, den es hat. (Ardistan und Dschinnistan, 2. Band, Freiburg [1909], S. 484). Wenn das so stimmt, steht es schlecht um die Karl-May-Gesellschaft: Sie ist ein "autokratisch und informell geführter Verband, dessen Mitglieder alle 2/4 Jahre nachträglich Vorentschiedenem pseudodemokratisch akklamieren dürfen" – so jedenfalls der Vorwurf von Rudolf Ladwig in einem Beitrag unserer mailing list im Dezember.

Ausgangspunkt der ganzen Diskussion waren einige Anfragen zum Finanzbericht in den letzten Nachrichten. Unser Schatzmeister hatte es doch tatsächlich fertig gebracht, die ca. 8.000 einzelnen Buchungsvorgänge der letzten zwei Jahre auf zwei Seiten zusammenfassend darzustellen, anstatt jeden einzelnen Posten aufzulisten und zu begründen! Nun könnte man ja darauf verweisen, daß es lt. Satzung eine Kassenprüfung gibt, bei der in tagelanger Arbeit alle diese Buchungen überprüft werden und daß alle Mitglieder diese Belege beim Schatzmeister oder in der Geschäftsstelle einsehen können, aber offensichtlich ist das für einige Mitglieder nicht ausreichend.

Ursprünglich hatte ich die Absicht, diesem Thema weitergehende Ausführungen innerhalb der Nachrichten zu widmen, konnte dann aber feststellen, daß es ein Handbuch für die Vereinsarbeit gibt, in dem auf über 1.200 großformatigen Seiten alle die im Internet aufgeworfenen Probleme behandelt werden – von A wie Aufwandsentschädigung über E (Ehrenamtlichkeit), G (Gemeinnützigkeit), S (Spenden und Spesen) bis Z wie Zuwendungsbestätigung. Diesem Werk wollte ich nicht unbedingt Konkurrenz machen.

Möglicherweise werden jetzt wieder Vorwürfe wie Arroganz, Demokratiedefizite oder auch Unvermögen laut, aber es geht tatsächlich über mein Demokratieverständnis und vor allem über meinen geistigen Horizont, begründen zu sollen, warum beispielsweise anläßlich des Todes unseres Ehrenmitgliedes Hansotto Hatzig ein Kranz gekauft und dazu keine Mitgliederbefragung durchgeführt wurde.

Abschließend zu diesem Thema kann ich nur noch darauf hinweisen, daß 2003 in Plauen der nächste Kongreß der Karl-May-Gesellschaft stattfindet, bei dem Vorstandswahlen anstehen.

Das vergangene Jahr war für unsere Gesellschaft ein sehr erfolgreiches. Wir konnten 113 Neuaufnahmen verzeichnen, wobei sich die meisten über das Internet anmeldeten. Nach der üblichen Bereinigung der Mitgliedsdatei (Austritte, Streichungen zum Jahresende) betrug unsere Mitgliedszahl am 1. Januar 2002 damit 2047.

Unser vorjähriges Spendenaufkommen war mit 83.866,16 DM das höchste aller Zeiten. Dadurch konnte ein Projekt ausgeführt werden, das in dieser Form sonst so nicht möglich gewesen wäre: der Reprint von "Et in terra pax". Über diese Aufsehen erregende Veröffentlichung ist schon mehrmals berichtet worden, so daß ich hier nur nochmals auf die Anzeige in diesem Heft hinweisen möchte.

Großen Anklang fand das neu aufgelegte Handbuch: Über 500 Exemplare konnten mittlerweile an unsere Mitglieder ausgeliefert werden.

Schließlich ist auch das Jahrbuch noch rechtzeitig im Jahr 2001 erschienen. Der teilweise vorhergesagte Entrüstungsschrei der Mitglieder ist ausgeblieben. Reaktionen, die mich erreichten, waren jedenfalls durchweg positiv. Eine Rezension von Christian Heermann ist auf den folgenden Seiten zu finden.

Last but not least trug unser Kongreß in Luzern ebenfalls zur Erfolgsbilanz des Jahres bei. Es war eine in dieser Größenordnung nicht erwartete Anzahl von Mitgliedern angereist, die zum größten Teil auch zufrieden wieder nach Hause fuhren.

Damit gibt es einem Satz aus dem anfangs erwähnten Internet-Beitrag nichts mehr hinzuzufügen: "daß die KMG aus Sicht des einzelnen Mitgliedes durchaus sehr erfolgreich arbeitet und der Gegenwert, welchen man für den Mitgliedsbeitrag erhält, diesen faktisch übersteigt."

Unser Archiv nimmt weiter Gestalt an: Durch mehrere Nachlässe sind inzwischen die Publikationen der KMG einschließlich der frühen Geschäftsführerbriefe und Inform-Beilagen in doppelter Ausführung vorhanden. Dank einer Spende unseres Mitgliedes Dr. Ulrich Freiherr von Thüna besitzen wir jetzt auch ein Reihe seltener französischer und amerikanischer Ausgaben (vgl. M-KMG 126, 130,131) und von unserem Schatzmeister konnte ich u.a. eine komplette Reihe der Radebeuler Ausgabe entgegennehmen. Eine aktuelle Bestandsliste ist in Arbeit und wird in einem der nächsten Hefte erscheinen.

Anläßlich des 160. Geburtstages Karl Mays ist in Hohenstein-Ernstthal eine Sonderausstellung "Karl May in der DDR" zu besichtigen, und zum 90. Todestag wurde in Radebeul die Ausstellung "Leben und Werk" neu gestaltet. Es lohnt sich also, beide Orte wieder einmal zu besuchen.

An dieser Stelle möchte ich auch des Nestors der Karl-May-Forschung Heinz Stolte gedenken, dessen Todestag sich am 2. März zum 10. Mal jährt.

Abschließend traditionsgemäß nachträglich allen Geburtstagskindern der letzten drei Monate meine herzlichsten Wünsche für Gesundheit, Freude und Wohlergehen. Uns allen wünsche ich frohe Ostern, ein weiteres erfolgreiches Jahr und verbleibe mit herzlichen Grüßen als

Ihr

Hans Grunert Geschäftsführer

_____________________________________________________________________________

"Am Anfang war der Stein..."

200 Jahre Druckerei Fr.Ant.Niedermayr in Regensburg

Ein gläsernes Bürogebäude mit einem modernen Druckereibetrieb, so steht die Druckerei Fr.Ant.Niedermayr heute im Südosten der Donaustadt. Jeden Tag werden hier bis zu 100 Tonnen Papier bedruckt, eine Fläche, die ausgebreitet so groß wäre wie die Altstadt von Regensburg. Ihr Gründer, Franz Anton Niedermayr, 1777 in Straubing geboren, hat sich einen Betrieb dieser Größe freilich nicht im Traum vorgestellt, als er vor 200 Jahren den ersten Druck erstellte. Er legte den Grundstein für einen Familienbetrieb, der inzwischen mit 100 Mitarbeitern rund um die Uhr produziert und Kunden in ganz Europa mit technischen Spitzenleistungen des Offsetdrucks versorgt. "Unsere Zulieferbetriebe finden sich in der ganzen Welt", so der Juniorchef Johannes Helmberger, der mit Recht stolz ist auf eine sechs Generationen währende Firmentradition. Sein Vater, Fritz Helmberger, ist kurz nach Kriegsende in den väterlichen Betrieb eingestiegen, zuvor hat er die altehrwürdige Kunst der Lithographie erlernt, eine Kunst, die Anfang des 19. Jahrhunderts das Druckwesen revolutionierte. Heute werden die alten Lithographiesteine nicht mehr verwendet, die Idee dieser Technik steckt jedoch immer noch im aktuellen Offsetdruckverfahren des 21. Jahrhunderts.

Die Lithographie ist eine Kunst

Lithos graphein - auf Stein schreiben oder zeichnen, ist die wörtliche Übersetzung und zugleich bildhafte Umschreibung der an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert neuen Technik des Flachdrucks. Franz Anton Niedermayr war eigenständiger Mitbegründer dieser Technik. Diese bahnbrechende Erfindung eröffnete dem Druckereiwesen neue Wege, vereinfachte und verbilligte sie doch erheblich gegenüber den traditionellen Buch- und Stahlstichverfahren die Produktion aller Arten von Druckerzeugnissen.

Der Druckvorgang beruhte auf einer rein chemischen Behand1ung der Oberfläche des Druckstocks. Als solche dienten zumeist die feinporigen Steinplatten aus Solnhofen, sie waren für das Schreiben oder Zeichnen auf dem Stein optimal geeignet. Mit fetthaltiger Tusche - an dem Rezept für die Tinte hat Franz Anton Niedermayr selbst ausgiebig experimentiert - oder mit Fettkreide wurden Texte, Musiknoten, Zeichnungen etc. aufgetragen. Beim Einfärben schließlich nahm nur die Zeichnung die fette Druckfarbe an, die unbezeichneten Stellen stießen die Farbe ab. Somit war es möglich, alles nur Vorstellbare mit der neuen Technik zu reproduzieren. Als problematisch erwies es sich, dass auch Unterschriften vervielfältigt werden konnten, was eine strenge staatliche Kontrolle des neuen Verfahrens nach sich zog. Selbst auf dem Wiener Kongress 1815 ließen sich die Mächtigen Europas die Duplizierung ihrer Unterschriften durch Lithographen vorführen. Politische Brisanz verband sich, wie so oft, mit technischer Neuerung, nur war die Technik eben nicht aufzuhalten.

Schnell wurde die Lithographie weiterentwickelt und perfektioniert, bis zum heutigen Offsetdruck.

Erste Jahre nach dem Krieg

Aus seinen ersten Jahren in der väterlichen Firma weiß der heutige Seniorchef Fritz Helmberger unzählige Geschichten zu erzählen. Als kriegswichtiger Betrieb wurde die Druckerei auf Anweisung der Amerikaner geschlossen und später durch den ersten amerikanischen Stadtkommandanten, der selbst auf einer Kunstakademie Lithographie studierte, wiedereröffnet. Helmbergers Einstieg in diesem Jahr stand somit auch am kriegsbedingten Neubeginn der Druckerei. Sieht er heute die Druckerzeugnisse von damals, kommt er ins Schwärmen. "Wir haben in Steindruck sehr viele künstlerisch hochwertige Plakate gedruckt. Mein Lehrmeister und späterer Kreativpartner war Jo Lindinger, der das künstlerische Umfeld von Regensburg ja überhaupt stark beeinflusst hat. Mein Farb-Stil-Gefühl hat sich in der Zusammenarbeit mit ihm entwickelt." Der Durchbruch nach dem Krieg gelang 1952 mit einem Großauftrag für die Industrieausstellung: "Stellen Sie sich vor, 10.000 vierfarbige Plakate im DIN A 1-Format, eine bis dahin nicht gekannte Größenordnung."

Juniorchef Johannes Helmberger kann sich ein Lächeln nicht verkneifen: "Die Technik macht's möglich: 50 Jahre später druckt Niedermayr 1,8 Millionen A4 Seiten in der Stunde von der Rolle. - Innovation aus Tradition", zitiert er den Firmenslogan und ist sich der darin liegenden Stärke seines Unternehmens bewusst. Er leitet einen der modernsten Druckereibetriebe Süddeutschlands oder was er lieber hört ein Mediendienstleistungsunternehmen. "Ganz im Sinne unseres Gründers versuchen wir immer auf dem neuesten Stand der Technik zu sein. Wir arbeiten auf 6500 qm rund um die Uhr mit digitaler Druckvorstufe, modernstem Maschinenpark und einem kompletten Dienstleistungspaket von Agenturleistungen bis hin zum eigenen Internetprovider."

Der Pionier der Familie
verpflichtet

Der Gründer der Lithographischen Anstalt Fr.Ant.Niedermayr führt uns zurück in die Zeit, in der das Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation bevorstand. Regensburg, bis dahin Freie Reichsstadt, wurde, nachdem der letzte Erzkanzler des Reiches, Karl Theodor von Dalberg, durch Napoleons Gnaden die Herrschaft über Regensburg ab 1803 geführt hatte, im Jahr 1810 endgültig dem neuen Königreich Bayern einverleibt, ein politischer Schritt, der zwar unvermeidbar war, aber nicht unbedingt von den Regensburgern gewünscht wurde.

In dieser wechselvollen und unsicheren Zeit richtete der erst 23jährige Franz Anton Niedermayr im Amberger Salzstadel sein polytypisches Büro ein und legte los.

Er bewies eine glückliche Hand: Am 17. September 1801 verlieh ihm der Magistrat der noch freien Reichsstadt die Aufenthalts- und Gewerbeerlaubnis: ...dass er sich mit Noten und Schriftstechen auf Steine ...seinen Unterhalt verschaffen wolle, ...ist ihm der Aufenthalt per annum für 5 Gulden zu verwilligen.

Unverzüglich wurden die Regensburger auf die neue lithographische Kunstanstalt aufmerksam, bot sich hier doch die Chance, schneller, billiger und in größerer Auflage zu drucken. Das Repertoire umfaßte Musikalien, Schulbücher, Landkarten und Stadtpläne, Firmen- und Geschäftsanzeigen - kurz alles, was in hoher Auflage benötigt wurde. Gleichzeitig erkannte Franz Anton Niedermayr von Anfang an die Möglichkeiten der neuen Technik auf dem Gebiet des anspruchsvollen Kunstdruckes. Eng arbeitete er zusammen mit Künstlern wie Domenico Quaglio, Aegidius Touchemoulin, Joseph Bouillot, Heinrich Elsperger und vielen anderen.

Seit der Gründung ist es ein Markenzeichen der Firma geblieben, Kontakte zu Künstlern und Kulturträgern in Regensburg und darüber hinaus zu pflegen. So lässt sich Auftragskunst in höchster künstlerischer und drucktechnischer Qualität aus 200 Jahren im Firmenarchiv bewundern.

Ein wichtiger Aspekt dieser guten Zusammenarbeit ist dabei auch die Förderung künstlerisch hochwertiger Projekte, bei der sich das Unternehmen stets großzügig zeigt. "Als einer der ältesten Familienbetriebe in der Stadt fühlen wir uns verpflichtet, unseren Beitrag für Regensburg zu leisten - in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht," so Fritz Helmberger. Er zeigt dabei eine Auswahl von Publikationen und Plakaten, die von der Firma "aus Spaß an der Sache" gesponsert wurden, wie der zum Fest der Bayern erschienene Bildband "So war's" oder der erst kürzlich aufgelegte Fotobildband "Böhmische Bilder" der Regensburger Photographen Horst Hanske und Wilkin Spitta.

Es gibt etwas zu feiern

"Zwar haben wir heuer unser eigentliches Firmenjubiläum, die große Feier aber halten wir aus verschiedenen Gründen erst im nächsten Jahr", so Johannes Helmberger, "und dafür haben wir uns eine Menge einfallen lassen". Geplant sind neben einer Feier für Kunden, Lieferanten und Freunde Betriebsbesichtigungen mit Vorführungen, in denen die alte Kunst der Lithographie wiederauferstehen soll. "Wir haben die alten Maschinen renoviert und wieder in Gang gesetzt. Jeder kann live erleben, was es bedeutet, Lithographien erstehen zu lassen," freut sich Fritz Helmberger, der sich selbst an die Maschine stellen wird. Aber auch die heutzutage laufende Produktion soll jedem Interessierten vorgestellt werden. Das Ganze wird im Rahmen der Niedermayr-Jubiläumsausstellung "Am Anfang war der Stein..." stattfinden. "Wir wollen in der Ausstellung neben Originalen aus den Anfangsjahren auch das moderne Druck- und Medienwesen vorstellen."

Um die Zeit seit ihrem Gründer Franz Anton Niedermayr zu beleuchten, hat man die ausstellungserfahrene Agentur CULTHECA engagiert. Seit Monaten wird im Firmenarchiv sowie zahlreichen Museen und Archiven nach allem gesucht, was aus den letzten zweihundert Jahren überliefert ist. Und da fand sich so manches: "Wir haben soviel Material gefunden, dass wir eine für Regensburg ganz besondere Ausstellung machen können. Und das Tolle daran ist, dass all die Drucke, Lithosteine und Werkzeuge eng mit der Geschichte der Stadt verbunden sind. Die Regensburger werden vieles wiedererkennen und mit viel Spaß Altes und Neues entdecken können," so die Ausstellungsmacher. Neben der ersten überlieferten Geschäftskarte der Niedermayrs aus dem Jahr 1858 werden die verschiedenen Visitenkarten, Servietten, Speisekarten und Anzeigen zahlreicher Regensburger Firmen, Geschäfte und Gastwirtschaften vorgestellt. "Die frühesten Lithographien mit Musikalien aus der Zeit um 1800 oder die Stadtansichten üben eine eben so große Faszination aus wie die Anzeigen von Firmen oder die Wahlplakate aus den 50er Jahren. Man kann anhand dieser Alltagsdrucke die ideengeschichtliche und künstlerische Entwicklung der letzten 200 Jahre nachvollziehen."

In Arbeit neben der Ausstellung, die im Frühsommer eröffnet wird, ist ein anschaulicher und reich bebilderter Katalog, der in gewohnt hochwertiger Qualität die Druckerei verlassen wird.

Man kann gespannt sein, wie sich Altes und Neues wieder einmal finden werden, diesmal zum 200jährigen Firmenjubiläum der Druckerei Fr.Ant.Niedermayr.

_____________________________________________________________________________

Fa. Niedermayr und Karl-May-Gesellschaft

Auch die KMG und die Fa. Niedermayr können ein kleines Jubiläum feiern - 25 Jahre Zusammenarbeit von 1976-2001! Seitdem wurden in Regensburg mehr als 25 Reprints zzgl. Nachauflagen für die KMG hergestellt, darunter die wichtigen Reihen "Deutscher Hausschatz" und "Der gute Kamerad", zuletzt der aufwendige Band "Karl May: Et in terra pax", dessen Produktion besonders gefördert wurde, was wiederum den Mitgliedern zugute kam, wofür wir uns noch einmal herzlich bedanken. Besonders hervorzuheben ist auch die bei einem "kleinen" Kunden wie uns hervorragende persönliche Betreuung und Beratung, die auch technisch so anspruchsvolle Projekte wie den Dokumentenband "Der Seminarist und Lehrer Karl May" ermöglichen.

Wir gratulieren ganz herzlich!

_____________________________________________________________________________

Christian Heermann

Ehe mit Emma

Neues zur Karl-May-Biographie

Die Sächsische Zeitung druckte den Beitrag am 5./6.Jan.2002 ab und erfand die Überschrift ‚Old Shatterhand und sein Vampir‘, Untertitel ‘Die Rolle von Karl Mays erster Ehefrau Emma bleibt zwielichtig wie bisher‘. Da auch andere Stellen geringfügig abgeändert wurden, bringen wir gleich den Originalentwurf, den uns der Autor freundlich überließ:

Die Karl-May-Gesellschaft legte wenige Tage vor Weihnachten ihr 31. Jahrbuch vor. Während bisher stets thematische Vielfalt dominierte, ist es diesmal eine Monographie: 341 der 379 Seiten befassen sich mit den ,,Ermittlungen in Sachen Frau Pollmer", wie Gabriele Wolff - so der Geburtsname als Pseudonym für die Neuruppiner Oberstaatsanwältin Gabriele Gordon - ihre Untersuchung betitelt. Und Frau Pollmer, das ist Emma Pollmer (1856-1917), die um 14 Jahre jüngere erste Ehefrau Karl Mays. Die Ehe währte 22 Jahre und endete mit der ,,Scheidung von dieser fürchterlichen Frau".

Das schreibt Karl May 1907 im Manuskript ,,Frau Pollmer. Eine psychologische Studie", die 1982 posthum im Karl-May-Verlag veröffentlicht wurde. Es ist die Geschichte dieser Ehe mit Emma: Ihre ,,Besessenheit", die ,,Pollmerschen Dämonen" seien die Ursache für vieles Unglück in seinem Leben, und es fallen viele schlimme Worte: Emma wird als ,,Bestie", "Furie" und ,,Vampyr" bezeichnet.

Wenn bisher über die ,,Studie" geurteilt wurde, so als eine Schrift, die May im Zustand hochgradiger Erregung und Verzweiflung, vielleicht sogar bei zeitweilig gestörter Zurechnungsfähigkeit geschrieben habe. Gabriele Wolff hat nun diesen schwierigen May-Text mit großer Sorgfalt - u.a. durch Vergleiche mit biografischen Daten und anderen Texten - auf den Wahrheitsgehalt hin analysiert. Die ,,Studie" sei ,,kein Beleg für eine seelische Erkrankung ihres Verfassers", so das Fazit, sondern der Versuch, sich ,,den Felsbrocken von unbewältigtem Schmerz ‚von der Seele schreiben‘ zu können."

Alle wesentlichen Fakten könne man ,,als zutreffend nachweisen" - Emmas "dämonische ...Sexualität; ihre hypnotisch-suggestive Anziehungskraft unter dem Deckmantel der kindlichen Fügsamkeit; ... ein spiritistisches Umfeld, das Gift ihres Klatsches, die geistige Anspruchslosigkeit, ihr Desinteresse an den literarischen Zielen ihres Mannes; Unterschlagung von Geld ...", ihre lesbischen und autoerotischen Neigungen und anderes mehr. Karl May habe das nur ausgehalten, meint die Autorin, durch Flucht in kreatives Schaffen und in die Legende ( ,,Ich bin wirklich Old Shatterhand!" ).

Zahllose Zusammenhänge, Details und Indizien werden dazu vorgelegt, alles erscheint in sich schlüssig, dennoch werden wohl nicht alle Leser dieser Sicht folgen. Denn so manches Mal muss die Darstellung im Konjunktiv verbleiben. Gleichwohl ordnet der Jahrbuchherausgeber die Abhandlung in die ,,kleine Reihe von Grundlagenschriften" ein. Bedauerlich somit, dass der überaus interessante Text zwischen die Einbanddecken eines Jahrbuches versteckt und nicht als eigenständiger Titel - mit Inhaltsübersicht und Personenregister - aufbereitet wurde.

Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 2001.

Hansa Verlag, 27 €

_____________________________________________________________________________

Giesbert Damaschke, München

Plauderstündchen im Internet

Kaum eine Technologie hat in den letzten Jahren für einen derartigen Wirbel gesorgt wie das Internet. Zwar existiert es bereits gut 30 Jahre, doch erst seit 1995 besitzt der weltweite Rechnerverbund eine Dynamik, die das System aus dem Technikghetto für Eingeweihte herauskatapultierte und es in kürzester Zeit zum neuen Massenmedium werden ließ. Die Entwicklung verlief derart rasant, dass es ohne Blessuren kaum abgehen konnte – doch lässt man sich weder von der grassierende Netzhysterie noch dem grellbunten Werbegekreisch ablenken, so entpuppt sich das Internet als ungemein flexibles und mächtiges Kommunikationswerkzeug.

Was ist eine Mailingliste?

Auch wenn fast immer das World Wide Web gemeint ist, wenn vom Internet die Rede ist, so hat Netz doch mehr zu bieten: Die elektronische Post (E-Mail) zum Beispiel. So schlicht und unscheinbar sie auch daher kommt, so revolutionär ist diese Form der Kommunikation, die in ihren Auswirkungen nur schwerlich zu überschätzen ist.

E-Mail verbindet die Direktheit des Telefons mit der Distanz und Dauerhaftigkeit eines Briefes. Natürlich macht sie weder das eine noch das andere überflüssig, sondern ist eine logische und sinnvolle Erweiterung der bisherigen Kommunikationsmittel und -wege, mit spezifischen Vorzügen und Eigenheiten. E-Mail ist vielseitig, flexibel und effizient. Sie ist schnell und reist innerhalb von Sekunden einmal um den Globus. Und sie erlaubt die schnelle und einfache Etablierung von Diskussionsrunden, bei denen der Stand- bzw. Wohnort der Teilnehmer ebenso irrelevant ist wie die Tageszeit, zu der sie ihren Teil nehmen oder beitragen.

Die wichtigste Form einer solchen Runde ist eine so genannte »Mailingliste«. Dabei handelt es sich um ein automatisches Verteilersystem für elektronische Post. Die Diskussionsteilnehmer tragen sich in eine Liste ein, schicken ihre Beiträge an eine zentrale Adresse, von der aus sie automatisch an alle eingetragenen Teilnehmer weitergeleitet werden. Deren Antworten und Reaktionen auf den Beitrag laufen ebenfalls über den Verteiler und werden wiederum an alle Teilnehmer verschickt und so weiter und so fort.

Die Mailingliste der KMG

Auch die Karl-May-Gesellschaft unterhält bereits seit rund 5 Jahren eine solche Mailingliste, die seit Anfang Dezember von mir betreut wird und derzeit rund 170 Mitglieder hat. Diese Liste ist – um gelegentlich artikulierten Missverständnissen gleich im Vorfeld zu begegnen, sei dies explizit betont – kein offizieller Informationskanal der KMG, sie steht nicht in Konkurrenz zu den KMG-Nachrichten oder –Mitteilungen und kein Mitglied der KMG muss befürchten, eine wichtige oder gar offizielle Information zu versäumen, weil es sich nicht an der Mailingliste beteiligt.

Doch was ist sie dann? Nun, ganz einfach: Die Mailingliste der Karl-May-Gesellschaft ist ein Angebot an alle an Karl May Interessierten, seien sie nun Mitglieder der KMG oder nicht. Sie bietet im Internet eine Plattform zur Diskussion und zum Erfahrungsaustausch rund um Leben, Werk und Wirkung Karl Mays und ist so nicht nur den satzungsmäßigen Aufgaben der KMG verpflichtet, sondern gleichzeitig, wie auch der Internet-Auftritt der Gesellschaft, Werbung für die Tätigkeit der KMG.

Sämtliche Beiträge, die über die Mailingliste laufen, werden in einem Archiv gesammelt. Da die Liste ein offenes und allgemein zugängliches Kommunikationsangebot ist, ist dieses Archiv auch ohne Anmeldung im Internet zugänglich (ein entsprechender Link findet sich auf der Informationsseite der Liste).

Wer sich zuerst einmal nur ein wenig umsehen möchte, der kann über die Webseite der Mailingliste auf das Archiv zugreifen und die bisherigen Beiträge lesen. Für die aktive Teilnahme ist allerdings eine Anmeldung erforderlich. Die Prozedur dauert nur wenige Minuten (die technischen Details finden Sie am Ende dieses Artikels), danach kann man sich ins Getümmel stürzen und Beiträge an die Liste schicken, die sofort an alle Teilnehmer weitergeleitet werden: Eine Zensur oder inhaltliche Moderation der Beiträge findet nicht statt.

Eine Mailingliste eignet sich vor allem für den schnellen Austausch von Informationen. Wer in einer Zeitung oder einer Zeitschrift in Sachen May fündig wird und dies anderen mitteilen möchte; wer einen Hinweis zu entsprechenden Rundfunk- oder Fernsehsendungen geben kann; wer Veranstaltungen annoncieren oder über Neuerscheinungen rund um May informieren will: der ist in der KMG-Liste an der richtigen Adresse. Natürlich ist die Mailingliste mit der in ihr gebündelten May-Kompetenz auch der ideale Ort für Fragen & Antworten zum Thema und ausgedehnten Diskussionen steht ebenfalls nichts im Weg.

Wer befürchtet, nach der Anmeldung in der Mailingliste in einer Mailflut und digitalen Kakophonie zu ertrinken, kann beruhigt sein, die Liste führt ein recht beschauliches Dasein und bringt es im Monat auf rund 50 Beiträge (so genannte »Postings«). Das ist nicht viel und kann sich jederzeit ändern – schließlich blühte die Liste bislang eher im Verborgenen. Doch selbst, wenn der Mailverkehr anschwillt, muss niemand ein Chaos im Posteingang befürchten, dagegen gibt es die so genannte Digest-Funktion. Einmal aktiviert bündelt sie sämtliche Nachrichten eines Tages und verschickt sie »am Stück«. Statt zehn E-Mails fällt dem Teilnehmer dann nur eine E-Mail ins Postfach, die die Beiträge als Dateianhang mit sich führt.

Thematisch und inhaltlich deckt die Liste ein breites Spektrum ab, wobei die regelmäßigen Hinweise auf Publikationen aus dem May-Umfeld (von der Zeichentrickserie Winnetoons über den Roman Karl May und der Wettermacher bis zu diversen Fundstückchen in Zeitungen und Zeitschriften) den Schwerpunkt bilden. Daneben gibt es in unregelmäßigen, etwa vierwöchigen Abständen eine kleine Presseschau. Falls ein Artikel im Internet verfügbar ist, wird dieser natürlich verlinkt, so dass die Teilnehmer mit einem Mausklick den kompletten Artikel nachlesen können. Und natürlich kommt es immer mal wieder zu engagierten Diskussionen über so klassische Reizthemen wie »Bearbeitungen« oder »Frau Pollmer«.

Doch man sollte vom Medium und also auch nicht von der KMG-Liste zu viel erwarten: Zwar kann eine Mailingliste nahezu beliebig lange Beiträge auf hohem wissenschaftlichen Niveau transportieren, doch in der Praxis erweisen sich Listen eher als virtueller Stammtisch, an dem mehr oder weniger angeregt, mehr oder weniger informativ geplaudert wird. Und so, wie die Stimmung am Stammtisch von dessen Teilnehmern abhängt, so hängt die Qualität einer Liste auch direkt vom Verhalten und der Kooperationsbereitschaft der Listenmitglieder ab. Sie kann eine Ansammlung virtueller Karteileichen bilden – sie kann aber auch ein offenes und für alle Teilnehmer ebenso anregendes wie informatives Forum sein.

Was aus der KMG-Liste werden und in welche Richtung sie sich langfristig entwickeln wird, wissen wir erst, wenn wir es geduldig und mit einer gesunden Portion Frustrationstoleranz ausprobiert haben. Das kreative Potential einer Mailingliste ist immens – es wäre einfach nur töricht und dumm, es nicht zu nutzen: Wer einen Internet-Anschluss und eine E-Mail-Adresse hat, sollte der Liste eine Chance geben.

Anhang: Die technischen Details

Die Teilnahme an einer Mailingliste im Internet ist nolens volens mit technischen Hürden verbunden. Zwar wird versucht, diese lästige Erschwerung des Zugangs möglichst niedrig zu halten, doch man sollte nie vergessen, dass man es mit Maschinen zu tun hat, bei denen die Fehlfunktion zum System gehört: Es kann jederzeit und wie aus heiterem Himmel etwas schief gehen. Doch das ist kein Grund, zu verzagen: Sollte es einmal ein technisches Problem mit der Liste geben, wenden Sie sich einfach an mich, dafür bin ich da.

Zur Anmeldung und ersten Information zur KMG-Liste steht eine Webseite mit einem Formular zur Verfügung, in das Interessierte nur ihren Namen und ihre E-Mail-Adresse einzutragen brauchen. Damit niemand mit fremden E-Mail-Adressen Unfug anstellen kann, wird zur Kontrolle eine Nachricht an die angemeldete Adresse geschickt. Diese »confirmation of subscription« muss vom Empfänger kurz bestätigt werden, um den Anmeldeprozess abzuschließen (es reicht, einfach auf Antworten bzw. Reply zu klicken und die Mail zurück zu schicken). Wie auch einige andere Informationen zur Liste, ist diese Kontrollnachricht übrigens auf englisch – ein Umstand, der der technischen Plattform geschuldet ist und sich leider meinem Einfluss entzieht.

Die Webadresse des Formulars auf den Servern der Uni Bielefeld lautet:

www.homes.uni-bielefeld.de/mailman/cgi/unibi/listinfo/kmg/. Da das nun etwas länglich und damit tippfehleranfällig ist, habe ich eine kleine Abkürzung eingerichtet. Statt der unhandlichen Adresse können Sie auch einfach www.damaschke.de/kmg/ aufrufen, Sie werden dann automatisch zur Startseite der Liste weitergeleitet.

Antrag der "Karl-May-Freunde im Ruhrgebiet "

_____________________________________________________________________________

Tagungsort der KMG im Jahr 2005: Essen

Die Karl-May-Freunde im Ruhrgebiet setzen sich dafür ein, dass sich die Mitgliederversammlung auf der Tagung in Plauen für die Stadt Essen als Tagungsort der nächsten KMG-Tagung im Jahr 2005 entscheidet.

Nachdem in den letzten Jahren die Kongresse der Karl-May-Gesellschaft in allen Teilen Deutschlands und auch in der Schweiz stattfanden, ist es nach Ansicht der Karl-May-Freunde im Ruhrgebiet durchaus an der Zeit, dass eine Tagung wieder einmal in Westdeutschland stattfindet. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der KMG-Mitglieder kommt aus dem Ruhrgebiet bzw. Nordrhein-Westfalen.

Deshalb hat auf Anregung der Karl-May-Freunde im Ruhrgebiet der Oberbürgermeister von Essen, Dr. Reiniger, sich beim Vorstand der KMG um die Austragung der 18. Tagung im Herbst 2005 beworben.

Unterstützung gibt es von der Volkshochschule und der Essen Marketing GmbH (Verkehrsverein), die mit der Organisation von literarischen Kongressen vertraut sind.

Der Kongress könnte unter dem Doppelmotto "Karl May und der Bergbau" und "Karl May als Pionier des Medienzeitalters" stehen, das auch den Strukturwandel im Ruhrgebiet von der Montan- zur Dienstleistungs- und Medien-Region spiegelt. Als junger Redakteur gab Karl May die Zeitschrift "Schacht und Hütte" heraus, die viele Bezüge zum Ruhrgebiet hat. Für Mays Wirksamkeit in den Massenmedien des 20. Jahrhunderts steht das Essener Kino "Lichtburg".

Die "Lichtburg" ist einer der wenigen erhalten gebliebenen Kinopaläste aus klassischen Blütezeit des Kinos in Deutschland. Seit den 20er Jahren war es eines der führenden Premierenkinos Deutschlands. In der "Lichtburg" fanden eine Reihe von Welturaufführungen und Premieren der Karl-May-Filme aus den 60er Jahren statt.

Die "Lichtburg" könnte für eine Filmgala am Donnerstag vor der eigentlichen Tagung zur Verfügung stehen.

Es wäre denkbar, unter dem oben genannten Doppelmotto eine Ausstellung zusammenzustellen. Diese Ausstellung könnte sich auf der einen Seite mit Karl May und dem Bergbau auseinandersetzen, auf der anderen Seite die mediale Wirkungsgeschichte Mays vom Kolportageroman bis zur DVD dokumentieren: Karl May und seine Verlage, Karl May auf der Bühne, Karl May im Film, Karl Mays eigene Vermarktungsstrategien, die Vermarktungsstrategien nach seinem Tod, Verselbständigung der Winnetou-Figur etc.

Das Essener Ruhrlandmuseum wäre ein guter Partner für so eine Ausstellung.

Bis zum Jahr 2005 wird die "Lichtburg" in neu renoviertem Glanz erstrahlen. In den weitläufigen Gebäudekomplex wird auch die VHS Essen einziehen und mit einem Multifunktionssaal über ein ideales Tagungslokal für die KMG verfügen. Kleinere Räume für Vorstands- und Mitarbeitersitzungen sind ebenfalls vorhanden.

VHS und "Lichtburg" befinden sich in der Essener City, direkt neben dem Bischofssitz und gegenüber der Buchhandlung Baedeker. (Ein Sohn des Gründers war der Begründer der gleichnamigen Reiseführer). Die Entfernung vom Hauptbahnhof beträgt ca. 5 Minuten. In direkter Umgebung des Hauptbahnhofs befinden sich drei Hotels, darunter der "Handelshof", der einst von den Eltern des Schauspielers Heinz Rühmann betrieben wurde. Zudem ist Essen mit dem Auto, der Bahn (ICE-Anschluss) und dem Flugzeug (Airport Düsseldorf) hervorragend zu erreichen. Zudem hat sich das Ruhrgebiet zu einer der interessantesten Tourismus-Regionen in Deutschland entwickelt. Erst jüngst wurde die Zeche Zollverein von der UNO zum Kulturerbe der Menschheit erklärt.

All das sind gute Argumente für die Austragung einer Tagung in Essen.

Für die Karl-May-Freunde im Ruhrgebiet:

Peter Krauskopf. Kronenstr. 44 - 44789 Bochum

Tel. 0234/335767

_____________________________________________________________________________

Villa Shatterhand

Liebe Karl-May-Freunde!

Nach einer Renovierung wurde die Ausstellung ‚Karl May – Leben und Werk’ in der Villa "Shatterhand." etwas umgestaltet, so wurde u.a. Mays berühmte Gewehrsammlung – Henrystutzen, Bärentöter und Silberbüchse – optisch besser plaziert. Vielleicht finden Sie ja Gelegenheit, uns in diesem Jahr zu besuchen! Die Sonderausstellung ‚Indianerschlacht am Little Bighorn und Patty Frank’ wurde aufgrund des großen Erfolges bis Ende 2002 verlängert.

*

Unser ,Freundeskreis’ trägt seit dem 11. Januar 2002 den Titel ,Freundes- und Förderkreis des Karl-May-Museums Radebeul e. V.’ Damit wird der Charakter des Fördervereins stärker verdeutlicht. Ziel und Aufgaben sind die Pflege und Förderung des Mayschen Kulturerbes im weitesten Sinne. Die Verwirklichung des Vereinszwecks sieht der Freundeskreis insbesondere

Der Förderverein verfolgt mit den Jahresbeiträgen und Spenden seiner Mitglieder ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke zur Förderung des Karl-May-Museums Radebeul im Sinne der Karl-May-Stiftung (§2 Abs.2 der Satzung der Karl-May-Stiftung).

Als Gegenleistung erhält jedes Mitglied das vom Mescalero e. V. herausgegebene Magazin KARL MAY & Co. Mitglieder können ferner das Museum kostenlos besuchen; der gültige Mitgliedsausweis dient als Eintrittskarte. Spendenbeträge, die für das Karl-May-Museum verwendet werden, sind, da gemeinnützig, steuerbegünstigt. Wir stellen auf Wunsch eine Zuwendungsbestätigung aus.

*

Während sämtliche Veranstaltungen unseres Fördervereins für dieses Jahr feststehen (eine Auflistung sämtlicher Termine finden Sie am Ende dieser Rubrik), planen wir schon für das nächste Jahr 2003. Wir freuen uns, bereits eine Zusage von Frau Gabriele Wolff, Neuruppin, erhalten zu haben, die über den aktuellen Forschungsstand in Sachen Mays erster Ehefrau Emma Pollmer berichten wird. Ihre Jahrbuch-Monographie 2001 gehört zu den wichtigsten Arbeiten seit Gründung der Karl-May-Gesellschaft. Wichtig deshalb, weil einseitige, vorurteilsgeprägte Untersuchungen, wie beispielsweise das Buch von Fritz Maschke ,Karl May und Emma Pollmer’ zu übereilten Ergebnissen geführt haben. Maschkes naive Fehleinschätzungen, die sich letztlich gegen Karl May richten, haben bis in jüngster Zeit die May-Forschung negativ beeinflußt; er zeichnete eine durchweg positive Emma Pollmer, was der Realität ganz und gar nicht entspricht. Karl May hat lange Zeit, wohl viel zu lange, alles versucht, um seine Ehe mit Emma zu retten - vergeblich. Doch werden ihm in diesem Zusammenhang unredliche Dinge nachgesagt. Somit ist Gabriele Wolffs Monographie eine Rehabilitierung, ein verfrühtes Geburtstagsgeschenk, - Karl May wäre am 25. Februar 2002 hundertsechzig Jahre alt geworden.

*

Unser Internet-Onlineshop wurde zum Jahreswechsel auf die Euro-Währung umgestellt. Eine Suchfunktion erleichtert ab sofort das Bestellen, ferner erhält man auf Wunsch eine sofortige Bestätigung der Bestellung per E-Mail. Besuchen Sie bitte unseren Onlineshop; der Verkaufserlös kommt dem Museum zugute. Wer über keinen Internetanschluß verfügt, kann selbstverständlich auch per Fax oder Briefpost bestellen. Näheres hierzu ist in der Dezember-Ausgabe der KMG-Nachrichten nachzulesen.

*

Internetadressen

http://www.karl-may-stiftung.de

http://www.karl-may-museum.de

E-Mail: redaktion@karl-may-stiftung.de

_____________________________________________________________________________

Sieg! Großer Sieg!

An einer ziemlich einfachen Karl-May-Frage ist der letzte Quiz-Kandidat in der beliebten RTL-Fernsehsendung "Die 10-Millionen-SKL-Show" gescheitert, die Günther Jauch am 28. Oktober 2001 in bewährter Manier und mit unergründlichem Pokerface moderierte. Die alles entscheidende Schlußfrage lautete:

"Intschu tschuna ist der Name von Winnetous ...

...Vater, Schwester oder Pferd?"

Aus dem fünfköpfigen Prominenten-Rateteam setzte Hape Kerkeling in seiner Antwort leider auf das "falsche Pferd" und entschied damit die spannende Endrunde zwischen den beiden übrig gebliebenen Quiz-Teilnehmern. Den Hauptgewinn von 10 Millionen DM erhielt dann der Jurist Wolf Hafner aus Gerlingen in Baden-Württemberg.

Hella von Sinnen, die ebenfalls dem Rateteam angehörte und im vergangenen Jahr in dem von Jürgen von der Lippe initiierten mehrstündigen "Winnetou"-Hörspiel des WDR die Nscho-tschi-Rolle gesprochen hatte und als gute Karl-May-Kennerin gilt, konnte sich deshalb am Ende der Sendung nicht verkneifen, laut in die Runde zu rufen: "Ich hätte es aber gewußt!"

Erwin Müller

_____________________________________________________________________________

Erwin Müller

Naumburg oder Plauen

Anmerkung zum Bericht von Joachim Biermann

In den letzten KMG-Nachrichten (Nr. 130, S. 24/25) berichtete unser Schriftführer Joachim Biermann über die Mitgliederversammlung der Karl-May-Gesellschaft am 22. September 2001 in Luzern, bei der eine Kontroverse um den nächsten Tagungsort ausgetragen wurde, die der Berichterstatter auf eine "Informationspanne" zwischen altem und neuem Vorstand zurückführt. Es trifft zu, daß die Bewerbung Naumburgs als Kongreßstadt im Trubel der "Wachablösung" in Hohenstein-Ernstthal nicht mitgeteilt wurde. Claus Roxin und ich hatten jedoch vorgeschlagen, die bisherigen und die neugewählten Vorstandsmitglieder möglichst bald zu einer gemeinsamen Sitzung einzuladen, um die Geschäfte ordnungsgemäß zu übergeben. Weil einige Vorständler aber dagegen waren, wurde diese Anregung! leider nicht aufgegriffen. Insofern vermittelt Biermanns Feststellung, daß "weder Professor Roxin noch Erwin Müller" bei der konstituierenden Vorstandssitzung anwesend waren, den falschen Eindruck, wir wären eingeladen gewesen, aber nicht erschienen. Fazit: Wäre unserem Vorschlag gefolgt worden, hätte es den Ärger um Naumburg oder Plauen nicht gegeben!

Erwin Müller

_____________________________________________________________________________

1901-2001: Schweiz - Luzern - Rigi

Zur Erinnerung an ein Karl-May-Jubiläum

Die Teilnehmer des 16. KMG-Kongresses in Luzern hatte dessen Initiator Elmar Elbs mit einer gelungenen Begrüßungsgabe überrascht: seiner Broschüre "Karl May in der Schweiz. Zum 100-jährigen Jubiläum von Karl Mays Reise auf die Rigi". Das mit eindrucksvollen zeitgenössischen Farbillustrationen ausgestattete 24-Seiten-Heft im Format der bekannten KMV-Sonderbände ("Quadratisch. Praktisch. Gut") wird mit dem Gedicht "Rigi" eingeleitet, in dem Karl May 1901 die "Königin der Berge am Vierwaldstättersee" besungen hat. Dann schildert der Verfasser ausführlich Karl Mays Beziehungen zur Schweiz und beschreibt seine Reisen ins Land der Helvetier sowie die verschiedenen Aufenthaltsorte. Im Mittelpunkt der Darstellung steht natürlich Karl Mays Aufenthalt im Hotel Rigi-Kulm im Herbst 1901, wo er das Manuskript von "Et in terra pax" für Kürschners aufwendigen China-Band abschließt und an der Broschüre "Karl May als Erzieher und Die Wahrheit über Karl May oder Die Gegner Karl Mays in ihrem eigenen Lichte von einem dankbaren May-Leser" arbeitet. Dieses hundertjährige Jubiläum bildete bekanntlich den Anlaß zum Kongreß der Karl-May-Gesellschaft in Luzern im September 2001. Elmar Elbs behandelt ebenfalls kurz die Rezeptionsgeschichte Karl Mays in der Schweiz und berichtet abschließend noch über die erfreulich regen Aktivitäten der KMG-Mitglieder in der Alpenrepublik. Dabei mindern einige Flüchtigkeitsfehler durchaus nicht die Freude an der Lektüre dieser empfehlenswerten Publikation, die auch als hübsches Geschenk für die Freunde Karl Mays und der Schweiz bestens geeignet ist.

Elmar Elbs

"Karl May in der Schweiz. Zum 100-jährigen Jubiläum von Mays Reise auf die Rigi". Karl-May-Verlag, Bamberg/Radebeul 2001 Broschur, 24 Seiten, durchgehend farbig illustriert, € 5,00. Bestellung: "Karl May" Verwaltungs- und Vertriebs-GmbH Schützenstr. 30, 96047 Bamberg, Tel. 0951/98206-11

 

_____________________________________________________________________________

Kosmos Karl May - Von A nach O.

Unter diesem Motto kündigte Dr. Dieter H. Stündel von der Universität-GH-Siegen sein Seminar am 24. Oktober 2001 an:

Also etwa von Ardistan bis nach Oakland in Oregon oder Kalifornien. Dann natürlich der beliebte berühmte Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Dawud al Gossarah, dessen Name von zahlreichen a-Lauten durchwirkt ist, und den ein Karl-May-Kenner schon auswendig aufsagen sollte (keine Bedingung für die Teilnahme). Oder das O für die Oldies, als da sind Old Shatterhand, Old Surehand, Old Firehand, Old Wabble. Das A und O tönt auch im Waldröschen wieder, jenem abenteuerlichen Kolportageroman aus der Münchmeyer Edition.

Genug der A's und O's. Inspiriert waren sie ohnehin nur von meinem »Dichten lernen«-Seminar im letzten Semester, das immerhin gezeigt hat, dass einigen Mitmenschen das Dichten zwar nicht im Blute steckt, dennoch leicht von der Hand geht.

Und ein Dichter war auch Karl May. Das mag in 80% seiner Werke nicht so sehr zum Tragen kommen, aber die restlichen Produkte haben es in sich. Doch bei meinem Seminar geht es um den ganzen Karl May, also auch den Hinschmierer bestsellernder Produktlein der Kolportage.

Den Anfangs- und Ausgangspunkt bildet seine ungewöhnliche Biographie, die die ganze Zeit über eine Rolle spielen wird, und im Mittelpunkt steht die Analyse seiner Werke. Dabei interessieren besonders die verschiedenen Figuren, die er geschaffen hat, neben den bereits erwähnten der Edel-Indianer Winnetou und die ganzen Westmänner, ob es die Tante (Tunte?) ist oder verkehrte Toasts sind. Also, das eine oder andere oder den einen oder anderen sollte man schon kennen, wenn auch Textteile als Kopien vorliegen werden.

Um es gleich mahnend zu sagen: Jungs und Mädels (Reihenfolge wegen des Klanges), es gibt Arbeit, die von Videos und Texten unterstützt wird.[sis]

Ernst Friedrich Löhndorf

Über die Schweizer Karl-May-Freunden, deren Leiter Elmar Elbs von einer faszinierenden Agilität strotzt, bekam ich eine Abhandlung von Michael Rudloff, der der Frage nachging: ‚Bearbeitete der "deutsche Jack London" die Werke Karl Mays?‘. Das mittlerweile verbotene Buch von Klaus Hoffmann ‚Karl Mays Werke‘ führt kurz aus, dass der Lektoratsleiter im Hauptamt Schrifttum beim Beauftragten des Führers die für die Motivierung der Taten einzelner Helden unnötigen religiösen Einschübe fordere. Als Bearbeiter hatte das Propagandaministerium auch E.F. Löhndorf ins Auge gefasst. Der Autor dieser Abhandlung fügt eine Kurzbiographie hinzu, aus der ein kleiner Abschnitt zu zitieren mir interessant erscheint. <Als liebste von allen Zerstreuungen galt mir die Lektüre einer Reisebeschreibung. Karl May, damals sehr in Mode, gefiel mir nicht so sehr, obwohl ich alle seine Werke las, denn ich vermisste bei ihm die Naturschilderungen und hielt ihn darum für einen Flunkerer. Derartige Lektüren riefen in mir den Wunsch wach, jene fremden Länder selbst zu sehen, immer grösser und mächtiger wurde dieses Verlangen in mir>. Löhndorf (1899-1976) wurde tatsächlich ein Weltreisender, über Japan und China sammelte er Material an Ort und Stelle und starb letzlich verarmt auf der Laufenburger Rheinbrücke an einem Schlaganfall. Als Bearbeiter Mayscher Werke kommt er nicht in Frage, ein Schweizer war er auch nicht, und dass er in Karl Mays Werken das vermisste, was wir doch alle finden, ist erstaunlich; die Liebe zu diesem Schriftsteller aber ist uns gemeinsam.

dSch.

»Was ist was TV«

Die Samstag-Nachmittags-Sendung für Kinder und Jugendliche von Super RTL (16.40 Uhr), die Bücher zu bestimmten Themen vorstellt und für die Sendung verfilmt, beschäftigte sich am 2.2. mit den Indianern. Unser Mitglied Dr. Eckehard Koch wurde durch Vermittlung des Karl-May-Museums um Beratung für das Drehbuch gebeten.

_____________________________________________________________________________

»Micky, Marx und Manitu«

Der neue Titel unseres Mitglieds Thomas Kramer - Autor von »Digedags am Silbersee« (SoKMG 111, 1997) - ist soeben als Habilitationsschrift im Weidler-Verlag, Berlin, erschienen [s.a. Publikationen der Mitglieder - sis].

Am Lebens- und Leseweg von Lothar Dräger, dem langjährigen Texter und künstlerischen Leiter des DDR-Comics Mosaik werden die vielfältigen Einflüsse seiner Lektüre, seiner Theater-, Comic- und Filmerlebnisse zwischen den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts und 1990 auf die Abenteuer der Comic-Helden Digedags und Abrafaxe verfolgt. Das Werk Karl Mays und die daraus erwachsenden Ideen für die Comic-Handlung prägen sein Schaffen über die Jahrzehnte.

Über das Mosaik weit hinaus gehende Aspekte literarischer und sonstiger künstlerischer Rezeption Karl Mays in der Abenteuerliteratur, besonders im Heftchenbereich (Rolf Torring, Jerry Cotton, Atlan, Das neue Abenteuer etc.), im Nationalsozialismus und der DDR dominieren die gesamte Untersuchung. Natürlich werden auch die Werke von Retcliffe und Salgari, die Indianerbücher Steubens um Tecumseh, die Karl-May- und DEFA-Indianerfilme sowie die Abenteuerliteratur in der DDR in die Betrachtung einbezogen. Für alle Kenner und Liebhaber von Comic- und Abenteuerliteratur - und von Karl May - ist diese Neuerscheinung sicher eine Fundgrube und ein spannendes Leseerlebnis dazu. [sis]

Zu beziehen ist das Buch im Buchhandel oder direkt beim Verlag: Weidler-Verlag, Lübecker Str. 8, 10559 Berlin / Tel.: 030-3948668, Fax: 030-3948698 / e-mail: weidler_verlag@yahoo.de).

Und wer sich vorher über den Inhalt informieren möchte, kann das tun auf sechs Seiten unter: http://www.weidler-verlag. de/Lieferbare_Titel.

_____________________________________________________________________________

Alfred Schneider:

Karl-May-Enthusiasten

Im Programmheft der Bad Segeberger Karl-May-Spiele der Spielzeit 1964 fand Herr Walter Dölle den schönen – und immer noch aktuellen – Artikel eines wirklichen Karl-May-Enthusiasten, Gründungsmitglieds der Karl-May-Gesellschaft und deren langjähriger Geschäftsführer ...

er Mensch und Schriftsteller Karl May und sein 70bändiges Werk sind seit etwa 2 Jahren (der 50. Wiederkehr seines Todestages) erneut im öffentlichen Gespräch. Freunde gedenken seiner ehrend, Gegner versuchen zu beweisen, daß wir, die Karl-May-Enthusiasten, ewige Kinder zwischen 8 und 88 Jahren seien, daß wir die Zeit an May'scher Lektüre, erst recht unsere Liebe und Treue zu Karl May und seinem Werk an einen unwürdigen Gegenstand verschwenden.

Währenddessen aber steigt die Auflage der "Gesammelten Werke" auf über 22 Millionen in deutscher Sprache, wird eine Taschenbuch-Reihe in den Niederlanden zu einem buchhändlerischen Erfolg, bleibt die Besucherzahl der Segeberger Karl-May-Spiele konstant, füllen sich die Filmtheater, wenn die bekannten Gestalten der "Grünen Bände" auf der Leinwand erscheinen. Im technischen und Atomzeitalter ein erstaunliches Phänomen, fehlen doch bei Karl May alle modernen Attribute: Autos, Raketen, Flugzeuge, U-Boote u. dgl. mehr.

Immer wieder versuchen Literaturforscher, dem Geheimnis dieses nun 80jährigen Dauererfolges auf die Spur zu kommen. Es gelingt ihnen nicht, es gibt keine erklärende Formel. Karl May geht auch in kein literarisches Schubfach einzuordnen. Er ist kein Romancier im üblichen Sinne, erst recht kein Großer, kein Klassiker, er ist schlechthin Volksschriftsteller. Aber auch das ist keine Erklärung,, auch dies deutet seine Beliebtheit nicht, eine Beliebtheit, die sich über alle Altersstufen und alle Berufs- und Bildungsschichten erstreckt. Schauen wir uns doch nur einmal um, während wir vor Beginn des Spieles im Segeberger Kalkberg-Rund diese Zeilen lesen: Karl-May-Enthusiasten sind alle, - ob sie es zugeben, oder nicht!

Sicher ist, daß Karl May in seinen Büchern etwas ausstrahlt, was wir in der modernen Literatur oft schmerzlich vermissen. Er hat es selbst so formuliert:

Ich will den Leser nicht von außen festhalten, sondern will Eintritt nehmen in seine Seele, in sein Gemüt. Sonnenschein will ich in die Häuser und Herzen meiner Leser bringen! (Bd. 34: Ich)

Es muß ihm wohl gelungen sein. Wie wäre es sonst zu deuten? Erinnern wir uns doch, wie wir selbst mehr und mehr zu Gefangenen dieses Zauberers wurden, der von sich selbst in seinem "Mahdi" so treffend sagt:

"O, Effendi, wie schön du lügst!"

Darf ich von mir selbst erzählen, der Karl May über vier Jahrzehnte die Treue gehalten hat, ohne dabei die große, die problematische, die klassische Lektüre zu vernachlässigen?

Erst war es das Abenteuer, die Freude am spannungsreichen Buch-Erleben des Kindes in fremden Welten; mit zunehmender Reife allerdings sehr bald die Erkenntnis, daß in und zwischen den Zeilen mehr verborgen liegt; ein ethischer Kern alles Geschehen trägt und eine tiefe Sehnsucht diese Bücher geformt hat: die Sehnsucht nach dem Ende allen Rassen- und Völkerhasses, die Sehnsucht nach "Frieden auf Erden!"

Wir sollten es nicht überlesen im bunten Wirbel des abenteuerlichen Geschehens, wenn Marah Durimeh im Band "Durchs wilde Kurdistan" spricht:

"O, ihr Toren, die ihr den Haß liebt und die Liebe haßt! Soll sich das Wasser wieder röten und das Land vom Schein der Flammen?"

oder an anderer Stelle des gleichen Buches:

"Man sagt, du wanderst, um mit deinen Waffen Taten zu verrichten; aber dies ist nicht wahr, denn die Waffen töten, und du willst den Tod des Nächsten nicht!"

Kann dem festen Glauben, daß der "Friede auf Erden" einmal Wirklichkeit werden wird, schöner und überzeugender Ausdruck gegeben werden als in "Old Shurehand", wenn der einfache Farmer Harbour sagt:

"Eure einzige Waffe soll die Liebe sein, und auf Eurem Banner darf man nur das Wort 'Versöhnung' lesen. Wie es einen Menschen gab, der die erste Mordwaffe erfand, so wird es dereinst, so wahr der Himmel über uns ist, auch einen Menschen geben, der die letzte Waffe zwischen seinen Fäusten zerbricht!"

Raumnot verbietet es, von den unzähligen Beispielen mehr zu künden, von May's großartiger prophetischer Schau der heutigen Vereinten Nationen (nachzulesen in "Ardistan und Dschinnistan"), und seinem letzten großen Friedensappell, 8 Tage vor seinem Tod, gesprochen vor 3000 begeisterten Zuhörern in Wien.

Gewiß, er wollte ein "Hakawati", ein Märchenerzähler sein - er war es auch, und doch verstand er es, gleichzeitig in seiner bunten Märchenwelt den höchsten Idealen der Menschheit Raum zu geben. Ob es dies ist, was uns bewegt, ihm treu zu bleiben - uns, den

Karl-May-Enthusiasten?

_____________________________________________________________________________

Erwin Müller

Lieblingsbücher - Lebensbücher

Süchtig nach Tipps" überschrieb die Illustrierte "stern" (Nr. 41, 4. Oktober 2001) einen Bericht über den Wiener Verleger Fritz Panzer (46) in ihrem Sonderteil zur letztjährigen Frankfurter Buchmesse.

Fritz Panzer ist nicht nur ein Verleger aus Leidenschaft sondern auch ein besessener Leser, immer auf der Suche nach dem guten und wichtigen Buch. Aus dieser Sehnsucht ist im Laufe der Jahre ein einzigartiges Projekt entstanden: seine Liste der sogenannten Lebensbücher. Er fragte zunächst Verwandte und Freunde, Autoren, Kollegen und Geschäftspartner nach den literarischen Werken, die Ihnen etwas gegeben, sie besonders bewegt, zum Staunen, Lachen oder Weinen gebracht oder zum tiefen Nachdenken angeregt hatten. Schließlich erkundigte er sich auch bei wildfremden Menschen, denen er auf Reisen, beim Einkaufen, an de Tankstelle, im Restaurant oder Theater begegnete, nach ihren drei Lieblingsbüchern. Inzwischen hat er diese Frage mehr als 3000 Personen gestellt und aus den Antworten seine "Liste der Lebensbücher" erstellt, die jetzt über 1000 Titel umfaßt und nach männlichen und weiblichen Lesern unterteilt ist. In dieser Aufstellung, die von Hermann Hesses "Siddhartha" angeführt wird (61% Frauen), 39% Männer), rangiert "Winnetou" auf Platz 14 (!).Von den befragten Frauen bezeichneten 44% diese klassische Reiseerzählung von Karl May als ihr Lieblingsbuch, bei den Männern waren es sogar 56 %.

Fritz Panzers persönlicher Favorit Nr. 1 ist ebenfalls "Winnetou", das "Erweckungsbuch" seiner Kindheit, mit dem alles angefangen hat.

_____________________________________________________________________________

Karl-May-Freunde in Leipzig

Für den Freundeskreis Karl May Leipzig e.V. konnte der Vorsitzende, Dr. Christian Heermann, auf der Generalversammlung wenige Tage vor Weihnachten 2001 eine positive Bilanz ziehen.

Alle elf im Jahr vorgesehenen Veranstaltungen fanden wie geplant statt; zwei davon in größerem Rahmen – bei "Leipzig liest" zur Leipziger Buchmesse und zum 10. Sächsischen Literaturfrühling. Ein bisschen Glück war natürlich auch dabei, kein Referent wurde krank und auch die auswärtigen Gäste aus Berlin, München, Göttingen, Zwickau oder Luzern kamen immer rechtzeitig in Leipzig an.

Der Vorstand tagte regelmäßig in harmonischer Atmosphäre und bereitete die Zusammenkünfte vor. In der quartalsweise erscheinenden Zeitung KARL MAY IN LEIPZIG stellten sich mit Erich Loest und Otto Emersleben (jetzt USA) neue Autoren vor. Im Mai 2001 erschien das Sonderheft Nr. 3 unserer Zeitung. Cornelia Lindig befasste sich unter dem Titel "Wer meuchelte Old Surehand?" mit Buffalo Bill (62 Seiten, Format DIN A4).

Für das monatliche Mitteilungsblatt KARL MAY PANORAMA wurden von rund 50 Nachrichtenagenturen, Redaktionen und Verlagen Nachdruckerlaubnisse erbeten und dann stets kostenlos erteilt, unter anderem von "Der Spiegel" (Hamburg), "Neue Kronenzeitung" (Wien), "Die Zeit" (Hamburg), "Frankfurter Allgemeine Zeitung", "Süddeutsche Zeitung" (München), "Luxemburger Wort", "Weltwoche" (Zürich), "The Weekly Standard" (Washington) und von der Pressestelle des ZDF.

Die Internet-Homepage des Freundeskreises, die von Jenny Florstedt mit großem Engagement gestaltet und aktualisiert wird, erfreut sich ziemlicher Beliebtheit in Karl-May-Kreisen. In der Zeitung "Karl May in Leipzig", Nr. 47, konnte man darüber Näheres lesen.

Diskutiert wurde während der Generalversammlung unter anderem über den Entwurf einer neuen Satzung und die Bewerbung von Leipzig als Austragungsort für den Kongress der Karl-May- Gesellschaft im Jahre 2005.

Auch in diesem Jahr wird der Freundeskreis wieder eine Reihe prominenter auswärtiger Referenten begrüßen.

Dr. Hans Buchwitz

_____________________________________________________________________________

Presse-Spiegel

Sächsische Zeitung 12.11.2001: Stadt und Umland Dresden im Paket. Mit Attraktionen wie Zwinger, Sächsische Schweiz, Moritzburg oder Karl May wollen Stadtoberhäupter gemeinsam mehr Besucher locken. Dazu soll Anfang Dezember nach Auskunft des OB Ingolf Rossberg (FDP) ein Kooperationsvertrag mit 23 Umlandgemeinden unterzeichnet werden. Zudem ist Dresden Rossberg zufolge in der "beneidenswerten Lage", dass nicht nur die Stadt, sondern auch ihre Umgebung über viele Kultur- und Naturattraktivitäten verfügt. Sicher werde Dresden dabei das "Aushängeschild" für die ganze Region bleiben. Doch könne die Stadt auch vom Karl-May-Museum in Radebeul...mit profitieren, betont das Stadtoberhaupt.

Sächsische Zeitung 3.1.2002: Radebeul - Informationen über Persönlichkeiten. Strassenschilder, die den Namen regional bedeutender Personen tragen, sollen künftig Zusatzschilder erhalten. Auf ihnen sollen biografische Angaben zu den Personen vermerkt sein. Das hat der Stadtrat beschlossen. Auch an den Wohn- und Wirkungsstätten bedeutender Persönlichkeiten Radebeuls sollen - von der Strasse aus sichtbar - Hinweistafeln mit Angaben zu den Personen angebracht werden. Grabmale bedeutender Radebeuler Persönlichkeiten sollen nach Ablauf der gesetzlichen Liegezeit erhalten werden. Für alle Aktivitäten erhofft man sich Mittel durch privates Sponsoring.

Sächsische Zeitung 27.11.2001: Mischka bewacht ab sofort den Kamin. Im Wild-West-Zimmer steht ein neuer Braunbär. Dieser kommt aus dem Tierpark Bischofswerda, musste dort im Juli eingeschläfert werden und nimmt jetzt den Platz des alten Bären im Wild-West-Zimmer der Villa Bärenfett ein. "Es war sehr schmerzlich für uns, als unser Mischka gestorben war", ist die Leiterin des Tierparks Sylvia Berger noch immer traurig. "Doch hier im Karl-May-Museum ist er wenigstens der Öffentlichkeit zugängig.

Neue Westfälische, Bielefeld, 26.11.2001: "Peking muss rasiert werden". China-Werk von 1901 neu aufgelegt: Gegen Eroberungsgelüste erhob Karl May seine pazifistische Stimme. Wie Karl Mays Reiseerzählung noch in der ersten Fassung unter dem lateinischen Titel "Et in terra pax" (Und Friede auf Erden) zwischen einigermassen seriöse völkerkundliche Beschreibungen von China einerseits und kriegsverherrlichende, rassistische Schilderungen andererseits geriet, berichtet der Paderborner Literaturwissenschaftler Dieter Sudhoff in seinem Habilitationsvortrag. Mit der Druckfassung des Vortrags führt er in eine Reprint-Ausgabe von Kürschners China-Sammelwerk ein, die er für die Karl-May-Gesellschaft herausgegeben hat.

Neue Westfälische 26.11.2001: Über Karl Mays Friedensroman und den "Boxer"-Aufstand in China. Karl May hat "Et in terra pax" 1904 erweitert als Reiseroman "Und Friede auf Erden!" herausgebracht. Der Roman markiert die Wende zum symbolischen Alterswerk des Abenteuerschriftstellers. Auch eingeschworene May-Leser haben sich mit dem Buch schwer getan. May hatte nur wenige abenteuerliche Episoden schmucklos und karg eingefügt. Er verzichtete darauf, in seiner Rollenfiktion als Old Shatterhand oder Kara Ben Nemsi aufzutreten. Sudhoff hat mit seinem Paderborner Kollegen Hartmut Vollmer in einem Materialienband im Igel-Verlag wichtige Aufsätze der Forschung über den Roman zusammengestellt.

Krefelder Zeitung 6.11.2001: "Auch Karl May schrieb über Afghanistan". Fast die Hälfte aller Afghanen wohnt im Ausland - 91.000 in der Bundesrepublik. Sie gründeten den Verein für die "Nationale Einheit". Drei Krefelder im Vorstand. Dr. Asadullah Hashemie ist Jurist und Arzt, kam 1972 nach Deutschland und lebt seit einigen Jahren in Oppum. "Es ist uns peinlich", erklärt Asadullah Hashemie, "dass Afghanistan als Mittelpunkt des Terrorismus und als Terroristenzentrum dargestellt wird". "Schon Karl May hat über Afghanistan geschrieben, ohne je dagewesen zu sein". Seine Landsleute wüssten, dass die Amerikaner im Gegensatz zu den Russen nicht gegen das Volk kämpften.

Schweiz. Kath. Wochenzeitung 21.12.2001: Karl Mays Weihnacht im Wilden Westen. Immer wieder wird der Leser bei Karl Mays Erzählung über dessen Imaginationskraft der Landschaftsbeschreibungen in Bann gezogen. Die Landschaft entsteht in der Beschreibung vieler Details glaubhaft vor dem geistigen Auge. 1897 verfügt der Dichter zudem über eine stattliche Bibliothek mit vielen einschlägigen geografischen Werken. Die Assoziation der Rocky Mountains fand Karl May während der Arbeit an der Erzählung in nächster Umgebung, im Elbtal zwischen Dresden und Birnai

_____________________________________________________________________________

P.M.Magazin

Der genaue Titel ist ‚P.M.History - Das grosse Magazin für Geschichte‘. In der Ausgabe 01/005 (also Mai 2001) finden wir einen mehr als 13 Seiten langen Bericht über ‚Karl May - Der Vater von Winnetou und Kara Ben Nemsi: ein Schriftsteller mit dunkler Vergangenheit‘. Die Inhaltsübersicht verkürzt den eigentlichen Bericht mit dem Titel ‚Als Sachsens Homer gestandene Männer zum Träumen brachte‘. Der Text beginnt: <Von Einstein bis Theodeor Heuss, von Hermann Hesse bis Carl Zuckmayer - berühmte Männer, aber auch Millionen von Schülern haben seine Romane verschlungen. Der Autor Karl May verdiente viel Geld damit - und handelte sich ebenso viel Ärger ein.> Der Verfasser ist der Münchner Journalist Peter Boccarius, der genau wie wir die grünen Bände verschlungen hat, wie er mir erklärte. Genau recherchiert und mit schönen Fotos auf Hochglanzpapier drapiert ist appetitlich Mays Leben zu lesen, das wir mittlerweile bis in Einzelheiten genau kennen. Eine Quellenangabe fehlt leider, aber die beschriebenen Fakten können wir anderswo genau nachlesen. Zitiert werden Claus Roxins Dokumentation "Mays Leben", Otto Forst-Battaglia, Mays Beichte "Mein Leben und Streben", und alles ist stimmig und erfreulich sachlich. Es ist angefügt ‚Freuden und Leiden eines Vielgelesenen‘ in der Originalfassung (siehe dazu auch ‚Karl May. Eine philologische Streitschrift‘, Wollschläger - Greno 1988), allerdings ziemlich gekürzt. Und auf der nächsten Seite finden wir Zitate berühmter Männer, so die Worte von Häuptling Grosser Denker (Einstein 1931): "Weil ich stets gefunden habe, es sprudele in Karl Mays Schriften noch der Urquell unseres knabenhaften Dranges nach der romantischen Ferne, nach Abenteuern und dem Verlangen, zu erfahren, wie andere Völker mit dem Leben ferig werden. Die meisten Reisebücher, die ich las, haben mich gelangweilt, ein Karl-May-Buch nie". Dass der Verlag Gruner&Jahr unserem Autor so breiten Raum widmete, ist erstaunlich, wir nehmen es dankbar zur Kenntnis. Ist es so, wie Boccarius abschliessend meint: <Mit 70 Jahren stirbt der Mann, der Winnetou und Kara Ben Nemsi unsterblich machte (und durch sie unsterblich wurde ) - Karl May, der Millionen in unvergessliche Abenteuer geführt hat und führen wird>, ist es nicht so?

dSch

_____________________________________________________________________________

Focus

‚Das moderne Nachrichtenmagazin‘ brachte in seiner Ausgabe 45/2001 einen zwei Seiten langen Artikel über ‚Mythen. Im Wilden Westen. Die Helden der Neuen Welt: Amerika entdeckt die Welt des Winnetou-Erfinders Karl May‘.

Der Artikel von Jürgen Schönstein wird umrahmt von Fotos, die man schon oft gesehen hat, Old Shatterhand mit Silberbüchse zum Beispiel, zeigt aber auch neue Bilder, etwa das Pioneer Memorial Museum in Crosbyton/Texas, und einen Blick in den Llano Estacado, der hier Abenteuerspielplatz für Winnetou genannt wird. Die ‚Germanistin und Karl-May-Expertin Meredith McClain‘ wird erwähnt, die 84-jährige Georgia Mae Smith-Ericson oder Richard Cracroft, Anglistikprofessor und Spezialist an der Brigham-Young-Universität in Salt Lake City, der so zitiert wird: <Mehr als eine Kuriosität könnten Mays Bücher seiner Ansicht nach für ein US-Publikum nie sein, das aus der Literatur ein ganz anderes Bild vom Wilden Westen kennt - wenn auch dies, wie Cracroft zugibt, nicht authentischer ist als das Karl Mays. Trotzdem versuchten gleich zwei US-Verlage, die Geschichten um Winnetou und Old Shatterhand einem amerikanischen Publikum zu verkaufen: Die New Yorker Continuum Publishing hat vor drei Jahren eine 1977 erstmals aufgelegte, gekürzte Übersetzung der "Winnetou"-Trilogie wieder herausgebracht; ein Jahr später veröffentlichte die Washington State University Press eine ebenfalls stark komprimierte Version des ersten "Winnetou"-Bandes.> Die Verkaufserfolge waren nicht gut, etwa 5000 Käufer interessierten sich dafür. <Die Version des in Österreich lebenden Amerikaners David Koblick ist mit rund 1700 verkauften Exemplaren nicht nur weit von der Bestsellerliste, sondern auch vom Stil und teilweise vom Inhalt der Vorlage entfernt.>...<Was jedoch weltweit Erfolg hat, vor dem kann auch Hollywood die Augen nicht völlig verschliessen: In Los Angeles arbeitet die deutsche Produzentin Sabine Niederberghaus im Auftrag des Karl-May-Verlags mit einem US-Produzenten und einem grossen Studio "intensiv an der Realisierung eines sehr qualitativen Kinofilms für die USA zur Einführung von Karl May in diesem Land und für ein weltweites Publikum", wie sie sagt. Weitere Einzelheiten könne sie auf Wunsch des Karl-May-Verlags nicht verraten. Aber vielleicht wird "Winnetou" nun doch noch ein amerikanischer Held.

dSch

_____________________________________________________________________________

Diaeko-Magazin*

Hat Old Shatterhand Diät gegessen? Eventuell Tiefkühlkost? Nein, wir wissen, dass er sein Fleisch unter dem Sattel immer erst weich geritten hat. Der Karl-May-Fan Dr. Bernd F. Schulte untersuchte bereits seine Essgewohnheiten, wir berichteten in N-KMG 123 auf S. 47 u. 48. Und nun informiert er in seiner Hauszeitschrift ‚DiaekoMagazin‘ 1/2002 erneut seine Kunden über Karl May, was wir ganz riesig finden. Es heisst: <Karl May spiegelt Zeitgeschichte. In den Jahren 1879 bis 1903 entstanden die wohl bekanntesten Reiseerzählungen Karl Mays. Ob auf "Fremden Pfaden", oder "In den Schluchten des Balkan", May fusst zumeist auf breiter Kenntnis der demographischen, wie der kulturellen und geschichtlichen Hintergründen der jeweiligen Region. Immer wieder begleiten seine Abenteuerschilderungen breite genussvolle Elogen rund um das Essen, dessen regionale Zusammensetzung und Wirkung.> Der Autor behandelt mit May-Titeln weiter diverse Krisenherde und heikle Probleme wie Gedankenwelt des Islam, Russisch-Türkischer Krieg 1877/78, Mahdibewegung und Sklavenfrage, Christenmorde von Damaskus und die berühmte Rede von Wilhelm II am 8.11.00. Es kann uns nur recht sein, wenn die Diaeko-Fitmacher-Idee nun sogar bis Kuwait gedrungen ist, wie man lesen kann, auch hier wird zum Schlankwerden nicht mehr der Reitsport betrieben, das Auto gehört zum täglichen Leben. Nun erfahren die Scheichs auch was von Kara Ben Nemsi, und das ist gut so.

*Internet: www.diaeko.de und www.diaeko.com

dSch

_____________________________________________________________________________

Karl May entstaubt*

Zwei junge Journalisten hatten einen Auftrag; Annika Völk und Bernhard Hügler untersuchten im Jahr 2000 in der Neu-Ulmer Stadtbücherei, welche Bücher lange nicht ausgeliehen worden waren. Sie entdecken Klassiker, berühmte Namen, Sachbücher wie ‚Der grosse Bildatlas der Kreuzzüge‘, aber auch Karl May. Eine Liste von Büchern, die in den letzten zehn Jahren kein einziges Mal aus dem Regal genommen wurden, zum Beispiel ‚Ich‘. Andere May-Bände wie ‚Der Schatz im Silbersee‘ gingen natürlich wie eh und je. Der Lesergeschmack ist eben unergründlich. Und nun ist der aus Ellwangen stammende Journalist Hügler Sieger des Dietrich Openberg-Medienpreises der "Stiftung Lesen" geworden. Am 14.Dez.2001 wurde der Preis in Berlin im Beisein von Bundespräsident Rau verliehen. Sein aus der Recherche in der Bibliothek entstandenes Feature mit dem Titel "Winnetou lässt sich nicht unterkriegen, Karl May frisst Staub" fesselte die Juroren der Stiftung. Wir gratulieren. Wer über Hügler mehr wissen möchte, klicke im Internet: http:// bhuegler.bei.t-online.de an und schaue auf seine homepage. * Dieser Titel stammt von der ‚Schwäbische Post Aalen‘ 29.11.2001

_____________________________________________________________________________

Der Schuh des Manitu

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt am 27.12.2001 unter der Überschrift: ‚2001 wird den Kinobetreibern in warmer Erinnerung bleiben - 2001 war das erfolgreichste Jahr seit langem‘:

<Der kommerziell wichtigste Film des Jahres ist zugleich auch der größte Überraschungserfolg: Die mit schmalem Budget produzierte Western-Parodie ,,Der Schuh des Manitu" ist der erfolgreichste deutsche Film seit 1980 und hat inzwischen mehr als 10,5 Millionen Zuschauer angelockt. Für seinen Koproduzenten und Verleiher Constantin Film war ,,Manitu" zugleich ein wichtiger Treffer in einem ansonsten bestenfalls durchwachsenen Geschäftsjahr. Nur ein Film, die amerikanische Großproduktion ,,Harry Potter und der Stein der Weisen", könnte rechnerisch noch besser abschneiden. Vier Wochen nach dem Start haben das Fantasy-Epos in Deutschland bereits mehr als 8,5 Millionen Zuschauer gesehen. Auch der vergangene Woche mit enormer Publikumsresonanz angelaufene ,,Herr der Ringe" sorgt in den letzten Tagen des Jahres für volle Kinosäle.>

Abgesehen davon, dass der Film Unterhaltung und nichts anderes bieten möchte, weder für Gut noch Gerechtigkeit kämpft und nicht nur viele Filme mit Niveau veralbert, sondern auch den humorlosen Zuschauer, ist das für mich seit langem die fröhlichste Überraschung, meine private, skeptische Prognose in N-KMG 128 auf S.52 war falsch. Der kommerzielle Erfolg ist den Machern zu gönnen, die sonst naheliegende Fortsetzung ‚Teil II‘ bitte ich aber zu unterlassen.

Und war hat das alles mit Karl May zu tun? Unser Autor lieferte den Stoff, der so verhohnepiepelt wird, den Film geniessen kann nur, wer das Original kennt, Zusammenhänge und Wortspiele gehen sonst ins Leere. Offenbar kennt das Kinopublikum seinen ‚May‘, liebt Winnetou in jeder Verkleidung, amüsiert sich über den Mann an der Theke, der zu viel getrunken hat. Naja, da kann der Karl-May-Verlag nicht untätig bleiben und gibt ein Buch zum Film heraus, ‚Das Comedy-Buch‘ zu 19,46 Mark oder eine Hand voll Cents. Die Nürnberger Abendzeitung schreibt am 4.12.2001: <Karl Mays Erben lachen mit Karl May>, und weiter: <...Die echten Fans, die alljährlich zu den Freiluft-Festspielen in Bad Segeberg oder Elspe pilgern, hätten längst die Friedenspfeife mit Bully Herbig gerauch, so Schmid. Schliesslich macht man sich meist über Dinge lustig, die man insgeheim mag...> Und dann ist da noch Hollywood; nichts schöneres für echte Fans, wenn nun endlich die Traumfabrik in USA diesen Stoff aufgreift. Weiter die AZ: <Neuestes Projekt: Hollywood plant die Verfilmung der ersten zwei Winnetou-Bände. Der Karl-May-Verlag hält die Filmrechte, die Verhandlungen laufen. Damit würden Mays Werke auch in dem Land bekannt, in dem ein Drittel seiner Romane spielt>.

dSch

_____________________________________________________________________________

Leserbriefe

Armin H. Roßwaag, Greifswald

Ich habe in den neuesten Nachrichten die Kleinmeldungen auf S. 64f gelesen und mir dabei gedacht: Vielleicht interessiert es jemanden, was ich zu berichten habe.

Am 5.12.2001 war hier in Greifswald auf Einladung der Koeppen-Gesellschaft ein Vortrag von Prof. Jan Philipp Reemtsma: "Arno Schmidts Poetische Sendung". Herr Reemtsma erläuterte zunächst Schmidts Entwurf eines Kanons der großen deutschen Schriftsteller, in den er May aufnahm, und kam dann darauf zu sprechen, dass er einige in späteren Büchern gezielt demontierte, obwohl er sie eigentlich verehrte. So geschah es nach Reemtsma mit E.A. Poe in "Zettels Traum" und mit Karl May in "Sitara und der Weg dorthin".

Als nachher die Möglichkeit zu Nachfragen gegeben wurde, ergriff ich die Gelegenheit beim Schopf und fragte, ob Schmidt das Sitara-Buch ernst gemeint hätte, ob es ein Witz sei oder ein Experiment mit einem neuen literarischen Stil (so z.B. das Karl-May-ABC, Stichwort lekkn). Reemtsma antwortete mir darauf, dass Schmidt tatsächlich mit diesem Buch als Psychoanalytiker anerkannt werden wollte. Er habe es z.B. an den Herausgeber der Freud-Gesamtausgabe geschickt und eine ernsthafte Kritik verlangt. (Dieser sei über das Buch sehr verwundert gewesen.) Gleichzeitig habe Schmidt das Werk aber auch als "witzig" betrachtet und zugegeben, dass er - nach dem Motto: Gib dem Affen Zucker - an einigen Stellen parodistisch übertrieben habe. Reemtsma meinte, er wette, dass es May-Zitate darin gäbe, die sich bei May nicht fänden, und die Schmidt einfach aus Lust am Jux erfunden hätte.

Am Ende bedankte sich der Vorsitzende der Koeppen-Gesellschaft bei Reemtsma und äußerte die Hoffnung, diesen bald wieder zu einem andern Thema einladen zu können, und sei es zu Karl May. Das ergab zwar Gelächter im Publikum, aber Reemtsma antwortete ganz sachlich: "Da kenne ich mich leider nicht genug aus."

--

Wolfgang Seubert, Altrip

In Nr. 130 der KMG-Nachrichten findet sich ein Bericht über eine Schweiz-Reise "Auf den Spuren Karl Mays" und speziell einen Aufenthalt in Lugano und Gandria. Zwischen diesen beiden Orten liegt die Villa Favorita, die der Familie Thyssen-Bornemisza gehört und einen Teil von deren Gemäldesammlung beherbergt. Der größere, wertvollere Teil befindet sich seit 1992 in Madrid.

Der verbliebene Rest hätte aber gerade Karl-May-Freunde interessiert. Baron Thyssen sammelte nämlich u.a. amerikanische Malerei, künstlerisch wohl weniger bedeutend, aber mit realistischen und impressionistischen Darstellungen des Lebens in Nordamerika im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Ich erinnere mich z.B. an das Bild einer Gruppe von Trappern, die sich vorsichtig, mit schußbereiten Gewehren, einem erlegten Bären nähert. Oder an die Begegnung und steife Begrüßung eines Indianerhäuptlings und eines Weißen, beide beritten, auf Abstand bedacht. Dazu natürlich Landschaften, mit und ohne Büffelherden.

Die Villa Favorita liegt in einem wunderschönen Park am Seeufer, umgeben von exotischen Gewächsen, mit Blick auf den Monte San Salvatore. Nichts gegen Gandria; es gibt dort ein exquisites Lachs-Tartar. Aber Mitglieder der KMG hätten sich die Bilder aus dem "Wilden Westen" nicht entgehen lassen dürfen.

Und weil es sich um eine literarische Gesellschaft handelt: nicht weit von Lugano, auf dem Ceresio, der Halbinsel, zu der der San Salvatore gehört, liegt Montagnola, wo Hermann Hesse von 1919 bis 1962 lebte und ein Museum Erinnerungen an ihn aufbewahrt.

Walter Dölle, Traben-Trarbach

... möchte ich hiermit zu meinem Beitrag in den KMG-N 129 S.30 richtig stellen, dass die Auskunft auf die Frage von Detlef Knappe "Was bedeutet der Name Winnetou", welche in einem Karl-May-Comic aus dem Jahre 1965 des Lehning Verlages gestellt wurde, nicht vom Karl-May-Verlag, sondern von der Karl-May-Redaktion des Lehning Verlages stammte. Ich finde, dass man sich hier mit der Beantwortung viel Mühe gegeben hat, auch wenn heute andere Erkenntnisse vorliegen.

_____________________________________________________________________________

Klaus Eggers

Nachlese zur Tagung in Luzern

Zwei Reiseberichte hatten wir veröffentlicht, unser Mitglied K. Eggers schickte uns dazu nun einen Leserbrief, im Ton etwas anders gehalten und wesentlich knapper gefaßt, den wir Ihnen nicht vorenthalten möchten.

"Zunächst haben wir ja noch an der Reise auf Karl Mays Spuren teilgenommen. Durch den Gotthardtunnel - noch nicht abgebrannt - sind wir ins Tessin gekommen: Regen, Nebel, fürchterliches Wetter. In Lugano hat man uns in dem Hotel untergebracht, in dem vermutlich May mal einlogiert war. Elbs hatte ein Kunstwerk gebastelt, das feierlich an die Wand genagelt wurde. Am nächsten Tag dann Schiffahrt auf dem Luganer See: Regen, Nebel, fürchterliches Wetter. Von allen hielt ich es am längsten an Deck aus - schließlich will man was sehen. Man sah aber nichts. Dann Mittagspause und Mittagessen in Italien - ein Klo für den ganzen Bus. Was aber doch schon eins mehr war als seinerzeit Goethe in Italien vorfand - ein Zustand, der ihm gewöhnungsbedürftig schien. Danach weiter nach Graubünden: Regen, Nebel, na ja. Dennoch war auch das noch steigerungsfähig: für den nächsten Tag war eigentlich der Weltuntergang angesetzt, den wir nur dadurch vermieden, daß wir, jetzt wieder auf Mays Spuren, nach Einsiedeln wallfahrteten. - Das wissen Sie aber schon, jetzt kommt das Neue:

"Wieder in Luzern lösten wir unser Auto für sfr. 130,-- im Parkhaus aus und zogen um ins Alpha-Hotel. Zum Glück wußte ich von dem dortigen Hotelparkplatz, den wir anstandslos bekamen. Wir blieben bis Samstag - das Wetter war plötzlich schön geworden - besuchten die Hütte, die ein bekannter sächsischer Komponist in Tribschen bewohnt hatte, und bereisten die Innerschweiz. Zum Wochenende fuhren wir dann noch einmal ins Tessin - Regen, Nebel aber langsame Wetterbesserung auch südlich der Alpen - Sonntag Schiffahrt auf dem Lago Maggiore und Besuch der Borromäischen Inseln: jetzt sah man wirklich was, und das war es auch wert, besonders die Isola Bella.

Eine abermalige Alpenüberquerung brachte uns ins Wallis, wo es uns auch sehr gefallen hat (Preise, man glaubt es kaum, allerdings noch mal etwas höher.) Neben den Naturschönheiten hat mich besonders ein soziales Phänomen beeindruckt: der Mentalitätsunterschied zwischen nördlich der Alpen und südlich. Während in Lugano, Locarno und Ascona trotz des miserablen Wetters abends die Straßen voller Leute waren, flogen mitten in Sitten abends um neun die Fledermäuse um den Kirchturm - sicher auch sehr schön, aber man glaubte doch, im falschen Film zu sein. Im Bahnhofsimbiß haben sie uns das letzte Eßbare etwas mißmutig noch warmgemacht.

Nach einem Abstecher an den Genfer See sind wir auf die Mayschen Spuren zurückgekommen und waren in Bönigen. Über den dortigen Aufenthalt unseres Lieblingsautors wissen wir wenig, kaum mehr als daß Karl und Emma sich hauptsächlich gezankt hätten. Jedenfalls bezeugt das Pauline Fehsenfeld - mir ist bei der Gelegenheit zum ersten Mal aufgefallen, daß die auch Pauline hieß. Meine Emma und ich jedenfalls waren friedlich miteinander, sind am nächsten Tag noch nach Meiringen gefahren, um Meringues zu kaufen und die Reichenbach-Fälle zu besuchen, in die ja bekanntlich Sherlock Holmes und Prof. Moriarty gepurzelt sind - nach einer anderen Version Holmes aber nicht, und letztere muß stimmen, denn als wir mit der Bergbahn wieder hinunterfuhren, kam uns in der auffahrenden Gondel - wahrhaftiger Gott! wie bei dieser Gelegenheit Curt Götz schreibt - Sherlock Holmes entgegen. Am Freitagabend waren wir wieder zu Hause."

Und noch ein Hinweis:

Im nächsten Sommersemester findet hier wieder ein Karl-May-Seminar statt: Prof. Volker Neuhaus. Giölgeda padischahnün - Karl Mays Orientzyklus. Do., 18-20 h, Hörsaal S58. Nähere Einzelheiten unter http://www.uni-koeln.de/phil-fak/idsl/nindex.html oder über mich: k.eggers@uni-koeln.de.

_____________________________________________________________________________

Klaus Eggers

Karl May und Plauen

Ein Seminar der Universität Köln (Philosophische Fakultät) im letzten Sommer war mit einer Exkursion unter Leitung unseres Mitglieds zu den May-Stätten in Sachsen verbunden. Er hatte dazu Referate verteilt, damit zu jeder Stätte etwas gesagt werden konnte. Das Referat zu Plauen hielt er selbst.

(Da der Text zum mündlichen Vortrag bestimmt war, sind die Zitate hier nicht nachgewiesen. Sie stammen aus dreien der auf der Leselist zur Exkursion aufgeführten Bücher: Karl May: Mein Leben und Streben, dem Reprint: Der Seminarist und Lehrer Karl May und Hallmann et al.: Reisen zu Karl May. Außerdem wird aus dem Geist des Llano estacado, dem Schwarzen Mustang und dem Mir von Dschinnistan zitiert, sowie aus Reinhold Wolffs Rede anläßlich der Enthüllung der Gedenktafel in Plauen. – Mein unten erwähnter Aufsatz Hobble und Ödipus ist in den Mitt. KMG, H. 58 und 59 erschienen.)

In einer entlegenen und nicht besonders gut erforschten Ecke von Mays umfangreichem Gesamtwerk – im Schwarzen Mustang – stößt der Leser auf den Namen der westsächsischen Stadt Plauen: die Timpes in Plauen, so erfährt er, hätten 100.000 Taler in der Lotterie gewonnen, und dem Hobble-Frank sei die Stadt besonders "ans Herz gewachsen", weil er "bei Anders in Glassalon" sein "schönstes Bier getrunken und" seine "besten Schweinsknöcheln à la Omelette [was auch immer das sein mag] gegessen" habe, dazu gab es, so glaubt er sich zu erinnern, "voigtländische Klöße, so grün genüffte", was auch immer das sein mag.

Auch für mich verknüpft sich Plauen mit einer Jugenderinnerung, wenn ich auch heute die Stadt zum ersten Male betrete: in der ersten Klasse der Realschule mußte ich für den Erdkundeunterricht eine Hausarbeit über das Vogtland anfertigen. Deshalb hier einige Fakten, allerdings nicht aus jener Arbeit, sondern nach den Reisen zu Karl May und der Homepage der Stadt Plauen.

Plauen liegt an der Einmündung des Flüßchens Syra in die Weiße Elster auf ca. 400 Meter Höhe, hat 72.000 Einwohner und wurde 1122 erstmals erwähnt. Seit 1224 Stadt, seit 1569 sächsisch, entwickelte sich hier seit dem 15. Jahrhundert Tuchmacherei, mit der Industriealisierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts Maschinenbau. Erwähnt seien auch die Plauener Spitzen. 1944/45 wurde Plauen durch Luftangriffe der Alliierten zu 75% zerstört. Auch ein großer Teil der May-Stätten ging verloren. –

Das Vogtländische Lehrer-Seminarium wurde 1797 gegründet, 1844/45 das heutige Gebäude errichtet, an dem seit 1999 eine Gedenktafel an Mays Aufenthalt vom Juni 1860 bis September 1861 erinnert. Zu diesem Aufenthalt war es folgendermaßen gekommen:

"Carl Friedrich May aus Ernstthal" hatte sich am 25. September 1856 der Receptionsprüfung am Proseminar des Schullehrer-Seminars Waldenburg unterzogen – "zwei Stunden ...Weg" von Mays Heimatstadt und wohl auch das für diese zuständige – und war aufgenommen worden, obwohl er das gesetzlich vorgeschriebene Alter noch nicht erreicht hatte. Bis Ende 1859 in die zweite Klasse des eigentlichen Seminars aufgestiegen – mit guten Noten auch für Fleiß und Betragen, obwohl hier mit zunehmendem Alter Mays die Tendenz leicht nach unten geht – wurde er Ende Januar 1860 relegiert: "wegen dringenden Verdachts einer Entwendung von Lichtern".

Er hatte, als er im November 1859 für die Beleuchtung der Räume, die durch Kerzen erfolgte, und für die die Schüler der zweiten Klasse reihum zuständig waren, verantwortlich war, sechs Talglichte zur Seite geschafft und in seinem Koffer versteckt. Dort waren sie von zwei wohl für den Ordnungsdienst eingeteilten Schülern der ersten Klasse gefunden worden. (Als May den Vorfall fünfzig Jahre später schildert, sind die Kerzen auf Talgreste herabgebrannt, und von den zwei Schülern ist nur einer übrig geblieben.)

Das Unheil hatte sich May von zwei Seiten genaht, einer – wenn man so sagen darf – externen und einer internen. Die externe – aber seminarinterne – war eine im Dezember 1859 angestellte Untersuchung anläßlich vorgefallener Gelddiebstähle: eine Untersuchung, die übrigens kein Ergebnis erbrachte, aber nach der auch keine weiteren einschlägigen Vorfälle mehr vorkamen. Allerdings brachte sie das Beiseiteschaffen der Kerzen durch May ans Licht.

Wiewohl man nicht glaubte, May des Diebstahls überführt zu haben, und seine Einlassung, er habe die Lichter in seinem Koffer sozusagen nur geparkt und sie später zurückgeben wollen, für unwiderleglich hielt, verwies man ihn doch von der Anstalt, und hier kommt die interne Seite ins Spiel, obwohl diese extern, nämlich in den Akten, noch nicht sichtbar geworden war.

May war im September 1859 mit der Betragensnote "Im ganzen ziemlich gut" in die zweite Klasse versetzt worden. Das klingt nicht gerade nach Begeisterung, ist aber weit von der Beurteilung entfernt, die seine "seitherige Aufführung" im Dezember erfährt: "Die Lehrer" hätten "bei diesem Schüler hie und da über arge Lügenhaftigkeit und über rüdes Wesen Klage zu führen gehabt". Auch habe "sich May" – "in der Fastenzeit": also vor drei Vierteljahren – "von dem angeordneten Besuch des Nachmittagsgottesdienstes absentiert" und dieses "anfänglich abgeleugnet". Schließlich rauche er "wider ausdrückliches Verbot zu Zeiten Tabak", und: "fand man bei ihm eine neues Zigarren-Pfeifchen".

Das Tabakrauchen wurde ihm erst nach fast 50 Jahren von Frau Klara abgewöhnt, und für den versäumten Nachmittagsgottesdienst strafte ihn der liebe Gott damit, daß Kara Ben Nemsi Jahrzehnte später in abgelegenen Regionen Kurdistans Laienandachten und –predigten halten mußte. In der "außerordentlichen Neigung zur Lüge", diesmal ein Zitat aus den Plauener Seminarakten, worauf noch zurückzukommen ist, sieht Reinhold Wolff den Vorschein "jene[r] dichterische[n] Gabe, die später Millionen und Abermillionen von Lesern in ihren Bann ziehen sollte", der Hobble-Frank aber erkennt das böse Omen und zitiert – ausnahmsweise korrekt – ein lateinisches Sprichwort: "Juvenis Mendax homo fur", was er dann, linguistisch falsch, aber historisch wahr, übersetzt mit: Juvenis Mendax fuhr heeme".

May fuhr heeme. Der "allerdings hart Geschlagene" stellte ein Gnadengesuch, der Ernstthaler Pfarrer befürwortete es, äußerte die "wohlbegründete[...] Hoffnung, daß er sich würde zu einem tüchtigen und treuen Lehrer ausbilden lassen" und schob die fraglichen "Verirrungen" des Zöglings May auf die Pubertät, fielen doch jene "gerade in die Periode seiner Jugend [...], in welcher der Jüngling für allerlei Versuchungen am meisten zugänglich ist und von ihnen am leichtesten überwunden wird".

Nach einigem Briefwechsel und hin und her, einer Bewerbung Mays in Plauen, und nachdem der Seminardirektor aus Waldenburg "für ihn ein gut Wort" eingelegt hatte, gestattete "die Hohe Königliche Kreisdirektion zu Zwickau" May unter Auflagen – "Wie derselbe jedoch bei der Aufnahme ernstlich zu ermahnen und bezüglich seines Verhaltens sorgfältig zu überwachen ist" – die Fortsetzung seiner Studien in Plauen.

Er unterzog sich am 2. Juni 1860 der Aufnahmeprüfung und wurde am 4. Juni in die zweite Klasse aufgenommen. Wegen Raummangels im Seminar mußte er zunächst "in einem Privathause ein Logis [...] suchen" und fand es "in einer Dachkammer der Gastwirtschaft zur Pyramide in der Schustergasse", später konnte er ins Seminar umziehen.

Obwohl May unter Kuratel stand – oder vielleicht gerade deshalb, da er so besonders genau beobachtet wurde – taucht sein Name im Protokoll der zu Ende des Schuljahres abgehaltenen Seminarconferenz auf, zusammen mit den alten Klagen: "May läßt sich Mancherlei gegen die Ordnung des Seminars zu Schulden kommen, scheint auch eine außerordentliche Neigung zur Lüge zu haben." Er wird vermahnt und muß nachsitzen und Strafarbeiten machen. Offensichtlich war ein nicht nur – was er sich später selbst attestierte – "literarisches enfant terrible".

Doch scheint er sich danach an die in verschiedenen Eingaben geäußerten guten Vorsätze gehalten zu haben. In Disziplinarangelegenheiten wird von jetzt ab sein Name nicht mehr protokolliert, und zu Ostern 1861 bescheinigt man ihn nicht nur für "Fleiß u. Aufmerksamkeit", sondern auch betreffs seiner Sitten die Note 1b. Die Seminarconferenz vom 17. August billigt ihm "die zweite Sittenzensur" zu – was nicht ganz so gut ist - , "Verhalten zur Zufriedenheit" heißt das in der Zulassung zur Abschlußprüfung, und auf dem Abschlußzeugnis lautet das "Urtheil über das sittliche Verhalten": "Zur Zufriedenheit nach dem Zeugniß des Seminardirector Wild". –

Es ist noch auf das einzugehen, was die Herausgeber des Reprints über den Seminaristen und Lehrer Karl May die Onanie-Affäre nennen. Hiermit hat es folgendes auf sich:

Der Bezirksarzt Dr. Pfaff in Plauen veröffentlichte "in März 1860" in der Berliner "Monatsschrift für exacte Forschungen auf dem Gebiete der Sanitäts-Polizei" ("einer [...] ausländischen Zeitschrift", wie die Kreis-Direktion zu Zwickau tadelnd bemerkte) "einen Artikel über Internate" und die dortigen hygienischen Zustände ("viele junge Männer auf engstem Raum"), Zustände, die nach seiner Meinung der Masturbation Vorschub leisteten. Als Beispiel und Anschauungsmaterial diente ihm dabei ein Institut seines Bezirks – das Seminar zu Plauen.

Nun war im neunzehnten Jahrhundert die Masturbation ein stark emotional besetzter Gegenstand, fürchtete man doch nicht weniger als den Untergang der jeweiligen jungen Generation durch Selbstbefriedigung und das Aussterben des Volkes, und ein guter Teil der pädagogischen Bemühungen war darauf gerichtet, der Jugend jene abzugewöhnen.

Durch Dr. Pfaff öffentlich verdächtigt, durch räumliche Enge in Plauen zu fördern, was doch unterdrückt werden sollte, reagierte die "Königl. Kreis-Direktion" und setzte einen Dr. Döhner am 26. August in Marsch, um zu untersuchen und zu berichten. In Plauen wußte der Direktor von nichts und war im übrigen verreist, der Bezirksarzt Pfaff aber legte eine Liste mit den "der Onanie verfallenen Zöglingszahlen" [!] vor, aus der hervorging, daß ungefähr die Hälfte aller Schüler masturbierte oder wenigstens von anderen solchen Tuns verdächtigt wurde. So beauftragte man einen Oberlehrer Kühn, assistiert vom Seminaristen Sparschuh, Untersuchungen anzustellen und den enttarnten Übeltätern ins Gewissen zu reden.

Nach einigem Schriftwechsel zwischen dem Seminar, der Kreisdirektion und dem Königliche[n] Hohe[n] Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts hielt man Ende 1860 das Problem für erledigt: die nun in einer vom Seminar erstellten Liste auf 29 bezifferten Masturbanten waren auf den Pfad der Tugend zurückgekehrt, im übrigen benutzte man die Angelegenheit, einen Erweiterungsbau zu fordern, um der Raumnot abzuhelfen – der auch errichtet wurde und 1864 fertig war - , und zu überlegen, ob man nicht durch sinnvolle Freizeitaktivitäten, als da wären Kegelschieben, Turnen und Spazierengehen, die Schüler auf andere Gedanken bringen könnte. Von Strafmaßnahmen wurde abgesehen, was nicht selbstverständlich war, berichtete doch Dr. Döhner, daß "vor mehreren Jahren ein der Onanie verfallener Seminarist", darüber hinaus aber auch "ein ohnehin verdorbenes Subjekt", relegiert worden sei.

Über das allgemein kulturgeschichtliche hinaus gewinnt der Vorgang für die May-Forschung ein spezielles Interesse: ist doch unter denen – Namen werden nicht genannt – , "welche im Seminar längere oder kürzere Zeit sich selbst befleckt haben", einer, der "das Laster" "aus der Schule zu Ernstthal u. dem Seminar zu Waldenburg" "mitgebracht" hatte. Es stellt sich die Frage, ob die "Onanie-Affäre" zu den für May traumatisierenden Jugenderlebnissen gehört und ob sich literarische Verarbeitungen derselben in seinen Texten finden.

Vortragender dieses hat vor Jahren in einem Aufsatz beides angenommen – übrigens in Unkenntnis dessen, daß es eine solche Affäre je gegeben hatte, und daß sie aktenmäßig dokumentiert war – und daran die Überlegung geknüpft, ob Mays Verweisung vom Seminar zu Waldenburg damit zusammenhängen könnte, daß er dort als Masturbant aufgefallen wäre, wie etwa das "ohnehin verdorbene[...] Subjekt" "vor mehreren Jahren" in Plauen. Angesichts unseres heutigen Kenntnisstandes würde er sich folgendes fragen: Warum hat er die Plauener Masturbationsinquisition – die ja den Dokumenten zufolge relativ freundlich und verständnisvoll durchgeführt wurde und darüber hinaus nicht ihn allein, sondern alle Schüler betraf, wobei sich ca. 50% als seine Leidensgenossen erwiesen, und die schließlich praktisch keine Konsequenzen für ihn hatte – als so traumatisierend erlebt, daß er sich noch über ein Vierteljahrhundert später daran literarisch abarbeiten mußte? (Ich setze voraus, meine Interpretation des biographischen Gehalts von Bobs Skunkerlebnis ist korrekt.)

Kann man annehmen, in Plauen wiederholte sich etwas, das er in Waldenburg schon einmal erlebt hatte, und das dort die schlimmsten Konsequenzen nach sich zog? Sollte der "infernalische[...] Charakter", den man ihm laut Selbstbiographie dort attestierte, ihn deshalb gewissermaßen als Agenten des Bösen ausweisen, weil man die Masturbation als eine Art ansteckender Krankheit ansah? Könnte er "rüdes Wesen" an den Tag gelegt haben, als man sein Intimstes öffentlich machen wollte, indem er die Zusammenarbeit verweigerte und mit "arge[r] Lügenhaftigkeit" alles leugnete? (Man vergleiche sein Verhalten Weihnachten 1861 anläßlich des Uhrendiebstahls.) Und wenn der Ernstthaler Pfarrer von Verirrungen spricht, die er der Pubertät anlastet, worauf bezieht er sich?

Man könnte weitere Fragen stellen, etwa nach der Chronologie der Plauener Ereignisse: May war ja zunächst extern untergebracht, wahrscheinlich hatte er am 27. August 1860 gar kein Bett in dem Schlafsaal, in dem Dr. Döhner und Oberlehrer Kühn nach Flecken in der Wäsche fahndeten – wie kam er auf die Liste der überführten Delinquenten? Aber wir halten es an dieser Stelle mit Karl May: "Das Weitere liest man später" und wenden uns zum Schluß noch einmal dem Hobble-Frank und seinen kulinarischen Genüssen zu: Der Glassalon "des Gastwirts Ernst Anders" befand sich als überdachte Terrasse vor dessen Restaurant Zum Tunnel, dieses wiederum war an den Nonnenturm angebaut. Während ersteres den Luftangriffen von 1944/45 zum Opfer fiel, steht der letztere noch, wir werden ihn als May-Stätte besichtigen. Und da wir einmal bei den Fragen sind, stellen wir zum Abschluß noch eine, nämlich: hat vielleicht auch der Autor im Glassalon Bier getrunken oder gar das dem Hobble-Frank in den Mund gelegte Menu gegessen? Die Antworten der Experten fallen widersprüchlich aus: während uns die Reisen zu Karl May belehren, dem Restaurant des Anders "stattete Karl May offensichtlich einige Besuche ab", teilt Reinhold Wolff uns mit, "daß [...] das Betreten öffentlicher Schankstätten den Seminaristen verboten war".

_____________________________________________________________________________

Karl-May-Freundeskreise

Freundeskreis Karl May Cottbus

Termine für das Jahr 2002:

21. Februar, 06. Juni, 26. September und 12. Dezember jeweils Donnerstag um 19:00 Uhr in der Gaststätte »Pressecafé Doppeldecker« in der Wernerpassage, Wernerstraße 21, D-03046 Cottbus. Tel.: (0355)35 55 54 / Fax: (0355)52 21 82.

Ohne thematische Vorgaben sind die Treffen in Cottbus als »Karl-May-Stammtisch« zu verstehen, in denen Aktualität, Spontaneität und Zufälligkeiten zum Themenkreis Karl May dominieren. Gäste sind herzlich willkommen.

Kontakte: Ulrich Böhm, Marienstr. 4,
D-03046 Cottbus.

Tel.: (0355)7532-360, / (0355)21-155, / 01607461-821, Fax: (0355)3800-155

E-Mail: Ulrich.Böhm@Mycom-net.com.

_____________________________________________________________________________

Treffen der Berlin-Brandenburger May-Freunde

Lichtbildvortrag von Hartmut Schmidt: "Auf den Spuren von Karl Mays Orientreise". Termin: Sonntag, 10. März 2002, 13 Uhr; Ort: Gaststätte Budde-Eck (Berlin-Tegel), Budde- Ecke Schlieperstraße (warmes Essen möglich, Kuchen etc.), 100 m vom S-Bahnhof Tegel, 150 m vom U-Bahnhof Alt-Tegel, kostenloses Parkhaus Tegel-Center.

Auskunft: Dr. Michael Zaremba, Gabelweihstraße 4a, 13505 Berlin. Tel/Fax 030/431 29 70; email: michael.zaremba@t-online.de

_____________________________________________________________________________

Treffen der Karl-May-Freunde aus dem Ruhrgebiet

Datum: Samstag, 27. April 2002 - Uhrzeit: 15.00 Uhr. Ort: Essen, Gaststätte "Haferkamp", Wickenburgstr. 40 (hinter der Bildhauerei Schaab die Treppe bzw. Zufahrt hinunter).

Anfahrt mit dem Auto: Aus Dortmund, Bochum über die A 40, Abfahrt Essen Frohnhausen, geradeaus Richtung Haarzopf ca. 300 m bis zur dritten Ampel, dann links in die Wickenburgstraße. Aus Duisburg, Mülheim über die A 40, Abfahrt Frohnhausen/Haarzopf, an der Ampel rechts in die Wickenburgstraße.

Mit U-Bahn Linie U 18 von Essen- bzw. Mülheim-Hauptbahnhof bis Haltestelle Wickenburgstraße., dann zu Fuß ca. 150 m in Richtung Haarzopf. Mit dem Bus Linie CE 45 bis Haltestelle Wickenburgstraße oder Linie CE 47 bis Haltestelle Heimatdank.

Weitere Auskünfte: Peter Krauskopf, 0234/335767

_____________________________________________________________________________

Karl-May-Gruppe Raum München

Die Karl-May-Freunde in und um München treffen sich am Montag 22.April 2002 um/ab 18:00 Uhr im neuen Lokal: ‚Alt-Münchner Gesellenhaus‘ in der Adolf-Kolping-Str. nahe Stachus, Gäste sind willkommen.

_____________________________________________________________________________

Treffen der Karl-May-Freunde aus dem Großraum Stuttgart

Eine besondere Überraschung bei unserer ersten Zusammenkunft im neuen Jahr ist unserem Schweizer Freund Elmar Elbs gelungen, der mit seinem unerwarteten Erscheinen unser Treffen international machte. Sein Beitrag gab uns einen Einblick in die zwar noch junge aber äußerst erfolgreiche Entstehungsgeschichte der Schweizer Karl-May-Freunde. Weiteres Schwerpunktthema war der Beitrag von Gabriele Wolff im neuen Jahrbuch.

Zu unserem nächsten Treffen, Sonntag, dem 28. April pünktlich 15 Uhr wieder im Schützenhaus 70378 Stgt.-Mühlhausen, Mönchefeldstr. 70, laden wir herzlich ein. Freunde und Bekannte sind uns ebenfalls sehr willkommen.

Auskünfte unter 0711-8401126

Hartmut Hendel. _____________________________________________________________________________

 


Übersicht KMG-Nachrichten

Titelseite KMG