KMG-Nachrichten Nr. 137 / September 2003

Herausgegeben von Engelbert Botschen

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EINLADUNG

 

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der Karl-May-Gesellschaft!

mit dieser Ausgabe der KMG-Nach­richten laden wir alle Mitglieder zum 17. Kongress der Karl-May-Gesellschaft vom 16. bis 19. Oktober 2003 in die Vogtlandmetropole Plauen ein.

Damit empfängt nach Dresden und Hohenstein-Ernsthal eine dritte Stadt in Karl Mays sächsischer Heimat mit herzlicher Gastfreundschaft die Mitglieder unserer Gesellschaft. Plauen ist ja nicht nur durch die weltberühmten „Plauener Spitzen“ bekannt, sondern – zumindest den Karl-May-Freunden – vor allem dadurch, dass Karl May hier seine zweite Chance bekam, sein Lehrerstudium abzuschließen. Wie und mit welchen Problemen das damals ablief, ist in zahlreichen, teils umfangreichen Aufsätzen in den Jahrbüchern der KMG dokumentiert.

Das vielseitige Programm wird – der Vorstand hofft es jedenfalls – hohen Ansprüchen und unterschiedlichen Interessen gerecht. Die wissenschaftlichen Vorträge –  Höhepunkte eines jeden Kon­gresses – bieten ein breites Spektrum zu Leben, Werk und Wirkung unseres Autors, angefangen von Karl Mays Umgang mit Trauerrändern, Kamelexkrementen und Verwesungsgeruch über Buffalo Bill bis zu Karl Mays Atheisten.

Zum besonderen Erlebnis des Kongresses werden sicherlich die kulturellen Beiträge werden: Eine szenische Collage im Stadttheater – ein Geschenk der Stadt und des Theaters Plauen an die Karl-May-Gesell­schaft am Freitagabend sowie die konzertante Aufführung der Othmar-Schoeck-Oper „Der Schatz im Silbersee“ am Sonntag als Abschluss unseres Kongresses.

Die Buchauktion wird für alle Sammler mit bibliophilen Ausgaben und vielen anderen interessanten Angeboten aufwarten, und natürlich kommt auch die Geselligkeit nicht zu kurz: Mit dem traditionellen „Geselligen Abend“ wird der Sonnabend im Hotel Alexandra ausklingen.

Vor dem Vergnügen kommt aber bekanntlich die Arbeit:

Hiermit laden wir gleichzeitig gemäß Satzung § 11 zur ordentlichen Mitgliederversammlung am Sonnabend, dem 18. Oktober 2003, 9.30 Uhr in die Festhalle Plauen, Äußere Reichenbacher Straße 4, ein.

Die vorläufige Tagesordnung befindet sich in diesem Heft. Sie ist in diesem Jahr besonders umfangreich, da Vorstandswahlen, die Wahlen der Kassenprüfer und auch die Abstimmung über die nächsten Kongressorte anstehen. Die Namen der Kandidaten bzw. der zur Auswahl stehenden Orte sind bereits in den KMG-Nachrichten Nr. 136 veröffentlicht worden; weitere Vorschläge oder Anträge wurden bisher nicht eingereicht.

Liebe Mitglieder und Karl-May-Freunde, für die ereignisreichen Tage in Plauen freuen wir uns schon sehr auf eine rege Beteiligung und grüßen Sie alle bis zum Wiedersehen oder Kennen lernen in herzlicher Verbundenheit

Ihr Vorstand

Reinhold Wolff

Helmut Schmiedt               Hans Wollschläger

Joachim Biermann             Hans Grunert

Ulrike Müller-Haarmann  Uwe Richter

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Theater-Theater

 

Die deutsche Sprache ist ja reich an Sprichwörtern: „Was lange währt wird gut“ oder „Gut Ding will Weile haben“ heißt es da zum Beispiel. Wenn das so stimmt, erwartet uns in Plauen ein hochinteressanter Theaterabend. Lange Zeit sah es gar nicht danach aus, in den letzten Nachrichten zweifelte ich noch daran, ob es überhaupt zu einer Aufführung kommt, aber in letzter Minute vor Erscheinen dieses Heftes kam dann doch noch der große Durchbruch. Dazu vielleicht ein paar Zeilen zur Geschichte des Ganzen:

Die Idee, ein Karl-May-Stück auf die Bühne zu bringen, stammte von dem ehemaligen Intendanten des Plauener Theaters. Nachdem der ursprüngliche Autor Peter Henisch den Auftrag, ein May-Musical zu schreiben, zurückgegeben hatte, war vom Theater in Plauen Dr. Helmut Schorlemmer als neuer Autor verpflichtet worden und die Arbeitsgemeinschaft literarischer Gesellschaften (ALG) konnte für eine Autorenförderung gewonnen werden.

Mittlerweile fand am Theater Plauen ein Intendantenwechsel statt. Der neue Intendant erklärte seine Bereitschaft, das Karl-May-Projekt grundsätzlich weiterzuführen, allerdings mehr im Sinne einer Festveranstaltung – sozusagen als Geschenk der Stadt und des Theaters Plauen an die Karl-May-Gesellschaft in Form einer szenischen Collage. Da dieses Projekt nicht mehr dem ursprünglichen, zur Förderung eingereichten entsprach, zog die ALG ihre Förderzusage zurück. Das war der Stand der Dinge im Juli 2003! Schließlich konnte Herrn Schorlemmer doch noch eine Finanzierungszusage gegeben werden. Das war am 23. Juli, und mit diesem Datum war auch der endgültige Redaktionsschluß dieser Nachrichten erreicht. Und nun... siehe oben.

Vom 11. bis 13. Juli feierte der Karl-May-Verlag sein 90-jähriges Bestehen mit einem Karl-May-Fest in Bamberg. 250 Karl-May-Freunde aus halb Europa waren angereist und erlebten eine schöne und harmonische Veranstaltung, die gemeinsam mit dem Karl-May-Archiv organisiert worden war. Trotz mancher gegenteiligen Auffassungen zwischen Karl-May-Gesellschaft und Karl-May-Verlag kann eines nicht geleugnet werden: Die Verdienste des Verlages, über 90 Jahre das Werk unseres Autors präsent gehalten zu haben.

Anschließend gab es einen Anruf in der Geschäftsstelle und einen Eintrag im Gästebuch unserer Internet-Seiten, warum sich die Karl-May-Gesellschaft in Bamberg nicht mit Werbung, Verkaufsstand etc., präsentiert habe. So recht kann ich diese Ansicht nicht nachvollziehen, die Podiumsdiskussion beispielsweise wurde von vier KMG-Mitgliedern, darunter der stellvertretende Vorsitzende, bestritten. Der größte Teil der angereisten Gäste bestand ohnehin aus Mitgliedern der Karl-May-Gesellschaft oder solchen, die aus den verschiedensten Gründen aus ihr ausgetreten waren.

Mit tiefer Trauer und Bestürzung erfüllte mich die Nachricht vom Tode Walther Ilmers. Unvergeßlich für mich werden seine Vorträge, aber auch seine Auftritte als „Karl May“ bleiben. Die Karl-May-Gesellschaft verliert mit ihm einen Mitstreiter, der sich mit ganzer Person in der Gesellschaft engagierte; sein Tod ist für uns ein unersetzlicher Verlust.

Nachträglich herzliche Glückwünsche möchte ich unserem Kassenprüfer Karl Joachim Pagels zum 65., unseren ausländischen Mitglieder William E. Thomas in Australien zum 70. und Ivo Prokop in Tschechien zum 75., sowie unserem ältesten Mitglied Erich Dorner zum 98. Geburtstag übermitteln. Ich wünsche ihnen und allen nichtgenannten Geburtstagskindern der letzten drei Monate weiterhin alles Gute, Gesundheit und natürlich Freude und Entspannung mit Karl May.

Liebe Mitglieder, ich freue mich darauf, Sie in Plauen begrüßen zu können und verbleibe bis dahin

mit herzlichen Grüßen

Ihr Hans Grunert   Geschäftsführer

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Ulrich von Thüna

Das dreiunddreißigste Jahrbuch

 

Das neue Jahrbuch beginnt mit einer schönen Würdigung Erich Heinemanns aus der Feder von Claus Roxin, dessen Freundschaft mit ihm zurückgeht auf jene denkwürdige Gründungsversammlung an einem unfreundlichen Märztag des Jahres 1969 in Hannover. Heinemann war ein fester und absolut verlässlicher Pfeiler der Gesellschaft und zugleich ein behutsam formulierender Mensch, der wie May von seinem Schreibtisch aus seine exotischen und historischen Reisen unternahm. Er war kein Phantast, im Gegensatz zu May, dessen Pathographie Otto Rubner mit „Der sächsische Phantast“ überschreibt. Hier spricht der Fachmann und es war keine geringe Leistung der Redaktion, den Beitrag, den Rubner nicht mehr endredigieren konnte, druckfertig zu machen. Rubner referiert zuerst – nach einem Glossar – psychiatrisch relevante Einschätzungen von Wollschläger, Stolte, Roxin, Langer und Thomas, erörtert dann überaus ausführlich die einschlägige Fachliteratur, wendet dann sein psychiatrisches Handwerkszeug auf May an und kommt zum etwas verblüffenden, weil kaum in Frage stehenden Ergebnis „Man muss Karl May für alle seine Taten als uneingeschränkt schuldfähig ansehen.“ Und stellt weiter fest, dass bei May keine Psychose, also keine Geisteskrankheit zu diagnostizieren sei. Es handele sich um eine Gemüts-, nicht um eine Geistesstörung und zitiert den Meister: „Ich war seelenkrank, aber nicht geisteskrank“.

Neuland betreten wir mit Ralf Junkerjürgens dramaturgischer Analyse des „Schatz im Silbersee“. Es geht ihm um den Begriff der Spannung, den er schon am Beispiel von Jules Verne angewendet hat, und zwar innerhalb dieses Begriffs um diejenige Spannung, die er als suspense bezeichnet, nämlich die Inszenierung von Gefahr und Anreiz. Als allgemeine Merkmale der Spannungskonzeption nennt er Initialklima, blockbildendes Erzählen und hohe Suspense-Dichte auf Kosten der Schlusseffekte. Es wäre zweifellos interessant, die narratologische Erforschung Mays auszuweiten auf einen Vergleich mit anderen Klassikern des Genres wie Stevenson, Ridder Haggard oder selbst Dumas.

Mit großem Gewinn liest man außerdem die beiden Beiträge von Hermann Wohlgschaft über Karl May und die Evolutionstheorie und den Entwicklungsgedanken bei May und Teilhard de Chardin. Dass der Theologe Wohlgschaft ein gründlicher Kenner Mays ist, wissen wir spätestens seit seiner großen Biographie. In seinem Aufsatz über Teilhard de Chardin und May skizziert er zuerst beim frühen May der „Geogra­phischen Predigten“ und dem „Buch der Liebe“ ein Verständnis Mays der Evolution als Entwicklungsweg zu immer höherem Bewusstsein. In seinen Spätwerken habe May dann die Evolutionstheorie in Visionen und Träume umgesetzt und versucht, Wissenschaft und Glaube in harmonische Berührung zu bringen. Da sieht Wohlgschaft Parallelen zu Teilhard de Chardin. Beide versuchten auf ähnliche Weise den scheinbaren Widerspruch zwischen naturwissenschaftlicher Entwicklungslehre und biblischem Schöpfungsglauben zu lösen. In einem weiteren längeren Aufsatz geht Wohlgschaft auf den geistesgeschichtlichen Hintergrund und das zeitgenössische Umfeld von Mays Evolutionstheorie ein und schließt ab mit weiteren Ausführungen zu May und Nietzsche, über die im letzten Jahrbuch Hans Rüdiger Schwab geschrieben hatte.

Die beiden ebenso sorgfältig dokumentierten wie einleuchtend argumentierenden Aufsätze von Wohlgschaft sind für den Rezensenten herausragende Beiträge des diesjährigen Jahrbuchs und zugleich wichtige Bausteine zur seelischen Biographie Mays wie auch für seinen Platz in der weltanschaulichen Landschaft seiner Zeit.

Hans-Joachim Jürgens beschäftigt sich vor dem Hintergrund der heute so beliebten gender studies mit Männlichkeitskonstruktionen in Mays Reiseerzählungen. Jürgens definiert Männlichkeit als eine „durch das Geschlechterverhältnis strukturierte Konfiguration von Praxis.“, die also nicht bestimmt wird durch das körperliche Geschlecht, sondern durch das soziale Geschlecht. Dass nun in der Welt der Westmänner das soziale Geschlecht des Mannes eine überragende Rolle spielt, versteht sich von selbst und dass May das patriarchalische Verhalten einschließlich des schmalen, der Frau zugewiesenen Platzes nicht in Frage stellt, bedarf keiner tiefschürfenden Darlegungen.

Weiter sind anzuzeigen ein Aufsatz von Thomas Kramer „Lawrence von Arabien vs. Kara Ben Nemsi“, in dem für die Darstellung des Medienidols Lawrence sehr stark auf den Film von David Lean verwiesen wird, während das Idol May im Wesentlichen ein Produkt seiner Bücher ist. Johannes Zeilinger schildert sehr farbig, aber auch sehr breit das faszinierende Leben von Emin Pascha. Emin Pascha war in der Tat um die Jahrhundertwende außerordentlich bekannt. Seine von Zeilinger postulierte Vorbildfunktion für den Dr. Emil Schwarz in der „Skla­venkarawane“ scheint mir doch eher fraglich zu sein. Der brave deutsche Gelehrte Schwarz und der unberechenbare, schillernde, ja proteische Emin Pascha sind durch Welten getrennt.

Und dann gibt es noch einen Aufsatz von Barbara Siebert über Pferde und Reitkunst bei May. Für diese Arbeit, die an das altbewährte Muster von „Goethe und ...“ erinnert, hat man ihr den Magistergrad in Bielefeld verliehen. Den Anmerkungen entnehme ich, dass es 1985 im belgischen Löwen offenbar schon eine Dissertation über dasselbe Thema gegeben hat. Dürfen wir demnächst auch mit einer Habilitationsschrift zu diesem offenbar zentralen Thema rechnen?

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Neues Indian Village

Kaum drei Monate nach dem verheerenden Brand in der Nacht zum 30.3.03 ist das Indian Village in Bad Segeberg neu erstanden, das ist rekordverdächtig. In frischem Glanz erstrahlt das jetzt zweigeschossige Bauwerk, am Kalkbergtheater wurden die Brandschäden behoben; die Versicherung wird wohl für den etwa eine Million Euro teuren Neubau aufkommen, Geschäftsführerin Ute Thienel geht von Brandstiftung aus. Architekturbüro Klaus Eggers, Bühnenbildner Ulrich Schröder und viele andere haben meisterliches geleistet, und jetzt zur Premiere der Karl-May-Spiele ist alles fertig, geöffnet während der gesamten Spielzeit vom 30. Juni bis zum 7. September.

dSch

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Engelbert Botschen

 „Winnetou im Audimax“

 

Ein kleines Buch, fast nur ein schmales Heft im Umfang  unserer ‘Mitteilungen’ bereitete mir Vergnügen und - wenn ich es denn so formulieren darf - Erbauung. Wie hätte ich denn erwarten dürfen, in den Beiträgen zu einer akademischen Feier der altehrwürdigen Ludwig-Maxi­milians-Univer­sität München nicht nur Neues und Altbekanntes zu den Verdiensten des dort Gefeierten zu lesen, sondern auch so manches zu Karl May und zu einem Leben mit seinem Werk. Natürlich, der also gefeierte war unser Ehrenvorsitzende. So möchte ich zwei Ausschnitte aus einem Text, der sich nicht nur für Juristen lohnt, herausgreifen.

Es könnte eine Anekdote sein: »Bis spät in die siebziger, Anfang achtziger Jahre hinein war an der Ludwig-Maximilians-Universität eine „Marxistische Gruppe“ (MG) aktiv. Sie organisierte Proteste und go-ins, vertrieb ein Kampfblatt und legte sich leidenschaftlich mit Rektor Lobkowicz an. Doch eines Tages hatte sie auch den Strafrechts-Grundkurs von Claus, Roxin im Visier. „Karl May im Audimax“ titelte sie ihre Reportage, geschmückt mit einem markanten Winnetou-Foto aus den Segeberger Festspielen. „Prof. Dr. Claus Roxin im Audimax“ lautete die Bezeichnung unter dem Bild von Karl Mays Helden. Die Universitäts-Spitze verlangte, die verantwortlichen Studenten disziplinarisch zu verfolgen. Claus Roxin wiegelte ab und erreichte es schließlich, daß eine kleine Marxisten-Delegation ihn persönlich aufsuchte. Man habe die Entgleisung gütlich bereinigt, hieß es hernach. Wie explizit und formell die Entschuldigung zustande kam, mag dahinstehen; allzu präventiv hatte der Ausgleich zwischen Tätern und Opfer anscheinend aber nicht gewirkt. Denn in der nächsten Ausgabe griff die MG das Thema wieder auf, nur daß statt des Winnetou-Porträts diesmal ein solches von Claus Roxin selber prangte, und die Erläuterung lautete: „Winnetou im Audimax“. «

Der Dekan der juristischen Fakultät hob einen Wesenszug hervor, den wir Insider immer besonders geschätzt haben: „Zahl­reiche Ehrungen hat Claus Roxin im Laufe seines wissenschaftlichen Lebens erhalten, sie haben ihn nicht verändert. »Selten habe ich jemanden kennengelernt, den all der Erfolg und all die Ehren  [...] nicht verändert hat, sondern der zu allem noch jene ruhige und freundliche Gelassenheit, jene rein an der Sache orientierte Interessiertheit ausstrahlt, wie Claus Roxin. Gewiß ich denke, er genießt all die Ehren, nimmt sie auf Reisen entgegen wie ein Sammler, der sich über jeden neuen Fund freut. Aber er wäre kein anderer, wenn es das alles nicht gäbe, er wäre ebenso Claus Roxin: souverän, gelassen, präzise im Gedanken und bildhaft im Ausdruck, jemand, der ein immenses Werk hervorzubringen vermag und der doch zu leben weiß.«“

Seine Werke sind in vielen anderen Sprachen erschienen; in Spanisch fast alle und sogar einige, die noch nicht in Deutsch vorliegen. Trotz Emeritierung ist er weiterhin sehr aktiv. So erschien im Mai dieses Jahres der zweite Band seines großen Lehrbuchs zum ‘Allgemeinen Teil’ des Strafrechts im Umfang von 899 Seiten und vom 23.5. bis zum 7.6.03 weilte er in Paraguay, um von der ‘Universidad del Norte’ in Asunción seinen 14. Ehrendoktorhut entgegenzunehmen; aber auch Vorträge vor großem Publikum, Fernseh- und Zeitungsinterviews standen auf dem Programm. Begreifen wir eigentlich, was Professor Roxin ‘so nebenbei’ für May,  sein Werk und die KMG geleistet hat?

Schünemann, Bernd [Hrsg.] Claus Roxin: Person, Werk, Epoche - Herbolzheim:Centaurus-Verlag, 2003. 75 S.

 

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 VILLA  SHATTERHAND

 RADEBEUL-DRESDEN.       1./9. 2003

 

Liebe Karl-May-Freunde!

Vor 65 Jahren fand in Rathen die erste Karl-May-Theateraufführung unter freiem Himmel statt. Anläßlich dieses Jubiläums würdigt das Radebeuler Karl-May-Museum mit der Sonderausstellung „Winnetou im Elbsandsteingebirge“ die vielen Organisatoren und Darsteller der Felsenbühne Rathen, die als schönste Naturbühne Europas gilt.

Am 28. Mai 1938 konnten junge und jung gebliebene Zuschauer in dem Stück „Bilder und Gestalten um Winnetou“ Karl Mays Helden auf der wildromantischen Felsenbühne reiten und für die Gerechtigkeit siegen sehen. Mit der Saison 1941 endeten die Aufführungen kriegsbedingt. Erst 1984 – nachdem es Anfang der achtziger Jahre in der DDR zur Karl-May-Renaissance gekommen war – durften Karl Mays unsterbliche Gestalten wieder im Schatten des Felsengebirges mit ihren Abenteuern die Zuschauer begeistern. Die Landesbühnen Sachsen, die ihren Stammsitz in Radebeul haben, fühlen sich auch weiterhin dem weltweit bekannten Autor mit authentischen Inszenierungen auf der Felsenbühne Rathen verpflichtet.

Anhand von seltenen Dokumenten, Plakaten und historischen Bildern gibt die Sonderausstellung dem Besucher einen einmaligen Einblick in die Geschichte der Karl-May-Stücke der Felsenbühne in Rathen von 1938 bis 2003. Die von Hartmut Schmidt (Berlin, KMG) konzipierte Ausstellung ist bis zum 30. September 2003 zu sehen.

 

Internetadressen

http://www.karl-may-stiftung.de

http://www.karl-may-museum.de

E-Mail: redaktion@karl-may-stiftung.de

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Karl-May-Veranstaltungen in Radebeul und Dresden

 

Freitag, 12. September 2002

André Neubert (Hohenstein-Ernstthal)

Hohenstein-Ernstthal und sein

„International Karl May Heritage Center“

 

Samstag, 13. September 2003

Museumsfest zum 75. Jubiläum und 15 Jahre Freundes- und Förderkreis Karl-May-Museum e.V.

 

Freitag bis Sonntag, 3. bis 5. Oktober 2003

Wilder Westen im Großen Garten Dresden

 

Samstag, 11. Oktober 2003, 18.30 Museum

Markus Kreis (Dortmund)

Buffalo Bill:

Old Shatterhands Rivale, Herausforderer oder Vorbild?

 

Mittwoch, 22. und 29 Oktober 2003

4. Kindermuseumsnacht im Karl-May-Museum

 

Freitag, 14. November 2003, 18.30 Museum

René Wagner (Radebeul)

1928 - 2003: 75 Jahre Karl-May-Museum in Radebeul

(Die Geschichte des Karl-May-Museums in multimedialen Bildern)

 

Montag, 1. Dezember 2003

Festveranstaltung zum 75. Geburtstag mit Ausstellungseröffnung im Museum

 

Kommen Sie nach Sachsen und besuchen Sie das Karl-May-Museum Radebeul bei Dresden im Sächsischen Elbland - wir freuen uns auf Ihren Besuch!

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Erwin Müller

Was macht Karl May so interessant?

Vortragsabend über Karl May

Der Freundeskreis der Universität Koblenz e.V. hatte seine Mitglieder und die interessierte Öffentlichkeit am 28. Mai 2003 zu einer der regelmäßigen Vortragsveranstaltungen in den historischen Rathaussaal der Stadt Koblenz eingeladen. Gastredner an diesem Abend war Helmut Schmiedt, stellvertretender Vorsitzender der Karl-May-Gesellschaft und Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Koblenz, der sich folgendes Thema gestellt hatte:

„Was macht Karl May so interessant? Die wissenschaftliche Beschäftigung mit einem Abenteuerschriftsteller“.

Die gut besuchte Veranstaltung wurde vom Hauptgeschäftsführer der Koblenzer Handwerkskammer und Vorsitzenden des Freundeskreises, Karl-Jürgen Wilbert, eröffnet; anschließend richtete Oberbürgermeister Eberhard Schulte-Wissermann ein Grußwort an die Anwesenden. Der Abend klang aus mit einem zwanglosen Empfang, bei dem noch lange - und aus vielfacher eigener Leseerfahrung - über die Faszination Karl Mays diskutiert wurde.

 

Der Vortag unseres stellvertretenden Vorsitzenden beschäftigte auch die Presse - hier einige Auszüge:

Die Rhein-Zeitung Koblenz berichtete am 2.6.03: <Gleich im ersten Satz Koblenz erwähnt - Literaturwissenschaftler Schmiedt: Karl May schrieb auch Roman, der an Rhein und Mosel spielt... Das schriftstellerische Werk, Verbindungen zum Leben und die Hintergründe des Schreibens waren das Thema. Für die meisten Anwesenden bot der Abend Rückblicke in die Lektüre ihrer Jugend, an die zahlreichen Stunden in Gefolgschaft von Old Shatterhand und Winnetou... Schmiedt gab dem Publikum einen an Anekdoten reichen Forschungsüberblick, wobei die unterschiedlichsten Seiten des Werks hervortraten sowie die spätere Wirkung bei Lesern und anderen Autoren. Die erste Doktorarbeit, die sich mit Karl May beschäftigte, entstand ein Vierteljahrhundert nach dem Tod des Autors 1912. Seither sind zahlreiche weitere Arbeiten erschienen, Schmied selbst hat in Bonn zu May promoviert ... Wahrscheinlich, so erläuterte Schmied abschließend im Vortrag, ist Karl May auch der einzige Autor, in dessen Werk in einem Roman im ersten Satz Koblenz erwähnt wird. In der „Die Liebe des Ulanen“ beginnt May mit der Erwähnung von Mosel, Zell und auch Koblenz.>                                   -dSch

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Das Handelsblatt Düsseldorf (Auflage 193. 500) berichtet unter ‚Profil - Der unermüdliche Verkäufer‘ über Reinfried Pohl; das - mittlerweile über 75 Jahre alt - ist der Pionier unter den Vermögensberatern, er hat DVAG, den größten Finanzvertrieb der Republik aufgebaut. Wir gönnen dem in Zwickau Geborenem seine Verdienste, hier ist allerdings sein Hobby interessant. Das Blatt schreibt am 22.4.03: <Der begeisterte Karl-May-Leser, der in all seinen Ferienhäusern eine Komplettausgabe besitzt, hat auch zum Irak-Krieg eine Meinung: „Wer ‚Im Land der Skipetaren‘ gelesen hat, hätte wissen können, wie das dort abläuft.“ >


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Bd. 7 der „Karl-May-Studien“:

Karl Mays „Im Lande des Mahdi“

Herausgegeben von Dieter Sudhoff

und Hartmut Vollmer

Broschur 2003; ISBN 3-89621-172-2; ca. 300 S.; 24 

 

Auszug aus dem Klappentext:

Der siebte Band der Karl-May-Studien widmet sich mit der Romantrilogie Im Lande des Mahdi einem der düstersten Werke des Schriftstellers, das wohl auch deshalb von Lesern und Forschern weniger beachtet wurde als andere seiner mehrteiligen Reiseer­zählungen. Wie zuvor bereits in seiner Jugenderzählung Die Sklavenkarawane, nun aber weit unerbittlicher und bedrückender, ging May vor dem Hintergrund jüngster historischer Ereignisse um den sudanesischen Mahdi mit dem Menschenhandel im Orient ins Gericht und versuchte, die aktuelle Sklavenfrage in eine spannende Abenteuerhandlung einzubinden. Literarisch nicht immer gelungen und in der Darstellung des Islam nicht frei von zeitgenössischen Vorurteilen, erwecken seine eindringlichen Schilderungen der menschenverachtenden Sklavenjäger und ihrer schwarzen Opfer doch auch heute noch Zorn und Mitleid: „Die Sklaverei ist eine Schande für die gegenwärtige Menschheit, und die Sklavenjagd ist ein Verbrechen, welches zum Himmel schreit.“

Der Studienband analysiert Mays Sudan-Roman unter allen relevanten Aspekten, von den zeitgeschichtlichen Hintergründen und literarischen Quellen über erzähltheoretische Befunde bis hin zu motivischen Einzel­untersuchungen.

 

Inhalt:

Dieter Sudhoff / Hartmut Vollmer:

Einleitung

Alfred Biedermann:

Über Karl Mays ‚Mahdi‘

Eckehard Koch:

Im Lande des Mahdi. - Karl Mays Roman zwischen Zeitgeschichte und Moderne

Johannes Zeilinger:

Mohammed Achmed ibn Abdullah.

Der sudanesische Mahdi

Bernhard Kosciuszko:

„In meiner Heimat gibt es Bücher...“

Die Quellen der Sudanromane Karl Mays

Helmut Lieblang:

Quilt. - Die Quellen der Sudanromane Karl Mays. Eine Ergänzung

Silvia Zahner:

Das Ich im Lande des Mahdi

Helmut Schmiedt:

Autor und Autorität. - Wie Karl May im ‚Mahdi‘ seine Leser beeindruckt

Michael Niehaus:

Theorie der Warnung.

Karl Mays ‚Im Lande des Mahdi‘

Joachim Biermann:

„Welch ein Sujet für einen Dichter!“

Der Nil als Schauplatz in Karl Mays ‚Im Lande des Mahdi‘

Walther Ilmer:

Autobiographische Spiegelungen
im ‚Mahdi‘-Roman

Bibliographie

Bestellungen an:

Igel Verlag Literatur

Uhlhornsweg 99, 26129 Oldenburg

Tel. 0441-6640262

Fax 0441-6640263

E-Mail: igelverlag@t-online.de

 

Die zweijährig erscheinende Reihe kann auch abonniert werden. Abonnenten erhalten die Bände für 20 € statt 24 €. Die Studienbände 1 (Karl Mays Orientzyklus) und 3 (Karl Mays „Old Surehand) sind vergriffen.

Die nächsten Studienbände werden dem Südamerikaroman (Am Rio de la Plata / In den Cordilleren), „Weihnacht!“ und Am Jenseits gelten.

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Erwin Müller

Winnetou und sein roter Bruder

Indianerfilme als Spiegel deutsch-deutscher-Geschichte

 

Indianische Helden sind sie schon seit langem: der Franzose Pierre Brice (geb. 1929) im Westen und der Serbe Gojko Mitic (geb. 1940) im Osten Deutschlands. Aber nun wurden sie endgültig in den Ruhmestempel der Leinwandgötter aufgenommen. Das Deutsche Filmmuseum in Frankfurt am Main widmete den zwei: roten Brüdern deutscher Provenienz vom 4. März bis 31. August 2003 eine große Ausstellung und zeigte parallel dazu eine repräsentative Schau ausgewählter Spielfilme mit den beiden Protagonisten als Hauptdarstellern.

In den 1960er und 1970er Jahren des vorigen Jahrhunderts erreichten Indianerfilme in beiden deutschen Staaten eine enorme Popularität. Sie zogen Besucherströme in bisher nicht gekannten Ausmaßen an und ließen die Kinokassen fast zwei Jahrzehnte lang klingeln. Die in der BRD und DDR produzierten und überwiegend in Jugoslawien gedrehten Filme vereinten die Deutschen im Geiste bereits lange vor der historischen Wende von 1989 als begeisterte Kinobesucher und Konsumenten (pseudo-indianischer Leinwandwelten. Das darin gezeichnete Indianerbild, das mehr oder weniger Karl Mays irrealen Wilden Westen reproduzierte, wirkt bis heute im kollektiven Bewußtsein der Deutschen fort.

Im Westen lieferten Karl Mays zahlreiche Amerikaromane den Stoff für eine beispiellose Erfolgsstory des deutschen Films die „Der Schatz im Silbersee“ 1962 einleitete. Da zu dieser Zeit Karl May aus ideologischen Gründen in der DDR aber noch verpönt war, mußten die Indianerfilme dort auf andere literarische Vorlagen zurückgreifen (Liselotte Welskopf-Hen­rich, Fritz Steuben, James Fenimore Cooper u.a.m.). Erst im Zuge der sogenannten „Aufarbeitung und Pflege des kulturellen Erbes“, die von Luther über Friedrich den Großen bis Bismarck reichte, kam es ab 1980 auch hinsichtlich Karl Mays zu einem radikalen Umdenken, wodurch eine regelrechte May-Renaissance ausgelöst wurde.

Die unterschiedlichen politischen Systeme und gesellschaftlichen Ordnungen diesseits und jenseits der innerdeutschen Grenze spiegelten sich auch in den jeweiligen Rollen- und Konfliktmustern der West- und Ostfilme. Beispielhaft dafür ist etwa die Darstellung der US-Armee: In den bundesdeutschen Filmen tritt die Kavallerie häufig als Retter in größter Not auf, während ihr in den DEFA-Streifen die Rolle des Eroberers zufällt, der die Indianer systematisch um ihr angestammtes Land bringt. Die Filmemacher in der sozialistischen DDR waren zudem um mehr historische Authentizität bemüht, auch bei der Vermittlung indianischen Lebens ging es ethnologisch etwas anspruchsvoller zu, und antiamerikanische Ressentiments durf­ten natürlich auch nicht fehlen. Und selbstverständlich interpretierten sie den klassischen Kampf zwischen Gut und Böse, Rot und Weiß im Wilden Westen als geschichtliches „Beipiel für die imperialistische Ausbreitung der kapitalistischen Gesellschaft“, wie der Ausstellungskurator Henning Engelke feststellte. Die Westfilme hingegen zeigten vor allem spannende und aktionsreiche Unterhaltung vor exotischen Kulissen, in denen ein idealisierter, geradezu Übernatürlicher Winnetou mit seinem weißen Blutsbruder Old Shatterhand (Lex Barker) publikumswirksam agierte.

Aber gleichzeitig boten die abenteuerlichen und traumhaften Kinobilder - trotz ideologischer Akzente auf der einen Seite - dennoch sehr ähnliche, ja fast übereinstimmende Phantasien von einer anderen (schöneren? besseren?) Welt. Und zu deren legendären Heroen stilisierten sowohl die westdeutschen Karl-May-Verfil­mun­gen als auch die Babelsberger Indianerfilme ihre edlen, tapferen und gerechten Häuptlinge, deren unsterbliche Namen Winnetou, Chingachgook oder Tecumseh waren. Der Ruhm dieser großen indianischen Gestalten übertrug sich schließlich auf ihre Darsteller Pierre Brice und Gojko Mitit, die dadurch zu Stars wurden und bis heute immer noch, auch dank ihrer späteren Erfolge bei den Freilichtaufführungen in Elspe und Bad Segeberg, als Kultfiguren von riesigen Fangemeinden in West und Ost verehrt werden.

Unter dem Titel „Winnetou und sein roter Bruder. Indianerfilme in der BRD und der DDR“ wurde jetzt im Deutschen Filmmuseum, das vor einigen Jahren auch unser verstorbenes Mitglied Klaus Dill mit einer Präsentation seiner viel gerühmten Kino- und vor allem Westernplakate gewürdigt hatte, diese wichtige Epoche deutscher Filmgeschichte in einer ambitionierten Ausstellung - lehrreich und unterhaltsam zugleich - dargestellt und unter verschiedenen Aspekten beleuchtet. Dabei wurden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Produktionsarten und Wirkungsweisen der Indianerfilme made in Germany besonders anschaulich herausgearbeitet.

Beim Rundgang gab es etliche berühmte Filmsequenzen zu sehen; originale Requisiten, Kostüme und Waffen (darunter Winnetous Silberbüchse!) konnten bewundert werden; Drehbücher, Standfotos, Filmplakate und bekannte Dialogausschnitte weckten romantische Erinnerungen an unvergeßliche Kinostunden. So gewannen die Ausstellungsbesucher einen umfassenden Einblick in Geschichte, Dreh­orte, Produktionsbedingungen, Dramaturgie, Darsteller und Rezeption dieser Filme, für die es - außerhalb der Vereinigten Staaten - nichts Vergleichbares gibt. Die auf beiden Seiten des Eisernen Vorhanges immer wiederkehrenden Grundmuster, Stereotypen, Motive, Figuren, Klischees, Szenen und Dialoge wurden, wie in einem begehbaren Bilderbuch, wirkungsvoll realisiert: spektakuläre Landschaften als Abenteuerkulissen, Westernstadt mit Saloon, Indianerdorf mit Tipis, Totem- und Marterpfahl, Siedlertreck am abendlichen Lagerfeuer, Überfall, Gefangennahme und Befreiung, Friedenspfeife und Blutsbrüderschaft sowie der obligatorische Ritt der Helden in den farbenprächtigen Sonnenuntergang. Auf diese Weise wurde dem Betrachter eine multimediale Sicht auf zwei zwar getrennte, aber doch auch aufeinander bezogene Abschnitte deutscher Filmhistorie wirkungsvoll vermittelt.

Die attraktiven Veranstaltungen im Deutschen Filmmuseum wurden mit Hans-Jürgen Syberbergs biographischem Karl-May-Monumentalfilm (187 Minuten!) von 1974 eröffnet. Zum Begleitprogramm gehörten ferner öffentliche Gespräche mit Zeitzeugen, Filmkritikern, Schauspielern und Produktionsmitarbeitern der Indianerfilme. Natürlich waren auch Pierre Brice, Marie Versini (Winnetous Schwester Nscho-tschi) und Gojko Mitic als Ehrengäste ebenfalls eingeladen worden. Als besondere cineastische Leckerbissen konnten einige frühe deutsche Indianerfilme aus den 1920er Jahren als skurrile Vorläufer heutiger Produktionen bestaunt werden.

Zeitgleich mit den Veranstaltungen im Deutschen Filmmuseum fanden im Rhein-Main-Gebiet noch zwei weitere Ausstellungen zur Indianerthematik statt. Das Museum der Weltkulturen in Frankfurt präsentierte die äußerst aufwendig gestaltete Exposition „Indian Times. Nachrichten aus dem roten Amerika“, die einen realistischen Kontrapunkt zur klischeehaften Kunstwelt der Indianerfilme setzte und sich auch ausführlich mit der heutigen Situation der Indianer in den USA und Kanada beschäftigte (siehe dazu KMG-Nachrichten Nr. 135, März 2003, S. 14-18). Und in Offenbach begab sich das Deutsche Ledermuseum auf „Spuren­suche: Mokassins und Stiefel zwischen Alaska und dem Rio Grande del Norte“, mit interessanten Sammlerraritäten über „Schusters Rappen“ im Wilden Westen. Am 16. März 2003 berichtete der „Kul­turweltspiegel“ im 1. Fernsehprogramm ausführlich über die Ausstellung und Filmreihe im Deutschen Filmmuseum.

In Deutschland, dem Karl-May-Land par excellence, ist das seriöse Indianerthema eben immer noch unerschöpflich, und der Indianermythos hat kaum etwas von seiner Wirkungskraft eingebüßt. Das ist auch und nicht zuletzt der erfolgreichen Arbeit unserer Karl-May-Gesellschaft zu verdanken. „Deutscher sein, heißt Indianer sein“, konstatierte einst der Berliner Dramatiker und Regisseur Heiner Müller. Und so gesehen, war der Besuch der Frankfurter Ausstellung ein faszinierender Spaziergang durch die Ewigen Jagdgründe der deutschen Filmgeschichte, wo Winnetou, der edle Apachenhäuptling, nie sterben wird.

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Buchbe#prechung

Wäre die folgende Besprechung einer – völlig überflüssigen – Erzählung über die fiktive Begegnung Hitlers mit Karl May nicht so kurz und zutreffend, hätte sie besser ihren Platz unter »Neues um Karl May« in den M-KMG gefunden. Aber da wir Ihnen die Erstveröffentlichung im Magazin der Süddeutschen Zeitung Nr. 74 vom 28./29. März 2002  (Empor ins Reich der Edelmenschen. Vor neunzig Jahren besuchte Adolf Hitler einen Vortrag von Karl May. Eine Erzählung nach einer wahren Begebenheit. Von Hans-Christoph Buch) bereits vorenthalten haben, möchten wir hier wenigstens die Buchveröffentlichung erwähnen. Besprechungen mit ähnlichem Tenor sind in der Süddeutschen Zeitung (21. März 2003) und in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (11. April 2003) erschienen. sis

Wie Karl May Adolf Hitler traf ...

Von Hans Christoph Buch

Kluge Idee eigentlich. Geschichte neu zu erfinden, auf daß sie zu erzählen sich lohnt. Vielleicht hätte Harry Rowohlt sich dranmachen sollen. Oder Grass, in Gottes Namen. Walser lieber nicht, aber Hans Christoph Buch erst recht nicht. Hat er aber getan und das Ganze „Wie Karl May Adolf Hitler traf und andere wahre Geschichten„ genannt. Womit der Witz der ganzen Sache schon wieder vorbei ist. Der Titel verspricht einiges, der Erzähler jedoch stößt an seine Grenzen, worunter diese überhaupt nicht wahren, aber deshalb noch nicht unbedingt guten Geschichten leiden. Es liegt am Ton: gesucht, dröge und humorfrei. Wo eine derartige Melange aus Fakten und Fiktion doch nur durch eine beißende Dosis Ironie zum Schweben und in größere Zusammenhänge gebracht und dadurch erst interessant gemacht werden kann. Könnte. Bei Buch liest sich’s dann so: „Karl May machte eine Kunstpause, nahm die Brille ab, beschattete die Augen mit der Hand und spähte wie ein Apatsche auf dem Kriegspfad in die Tiefe des Saals, aus dem eine Woge von Beifall antwortete.„ Schade um die Idee, wie auch um diese: Der Schriftsteller Bulgakow wird von einem Typen namens Stalin angerufen, hält das ganze für einen Telefonscherz und merkt dann, daß er doch mit Stalin gesprochen hat. Die stramme DDR-Sozialistin Lara verliebt sich in den schönen Che, macht aber wenig draus, ungefähr so wenig wie Buch aus dem Ganzen. Womit wieder mal ein charmanter Gedanke an germanischer Tiefgründelei verendet wäre. (Ohne Verfasser. HörZu Nr. 28 vom 4.7.2003)

Hans Christoph Buch: Wie Karl May Adolf Hitler traf und andere wahre Geschichten. Frankfurt a.M.: Eichborn Berlin Verl, 2003. 346 S.

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Martin Lowsky

Karl Mays Indianer und der kritische Geist:

Ein Geburtstagsgruß für Marie Marcks

 

Marie Marcks, die Zeichnerin, Graphikerin und Buchautorin, ist die erste Frau in Deutschland, die erfolgreich das von Männern beherrschte Genre der Cartoons betreten hat. Ihre rebellische und dabei selbstkritische Haltung, ihr antiautoritärer Ansatz, der immer auch am Machbaren festhält, prägen ihre Cartoons und ihre politischen Karikaturen. Moderne Arbeitswelt und Schule, Atomkraft und Umwelt, Mief in der Kultur und der Stress der Emanzipierten, die Angst der Kinder und die Verwilderung der Sprache (das grässliche Wort ‚Bezugsperson’!) – alles sind ihre Themen. Ihre weiche Strichel-Technik, die längst Nacheiferer gefunden hat, gibt ihren Cartoons eine bizarre Eindringlichkeit.

Sie war und ist für ‚Die Zeit’, die ‚Süddeutsche’, gewerkschaftliche und pädagogische Blätter und viele andere Periodika tätig. Architektur war ihr Studienfach, 1958 hat sie auf der Brüsseler Weltausstellung den deutschen Pavillon entscheidend mitgestaltet.  

Marie Marcks, wohnhaft in Heidelberg, ist am 25. 8. 1922 in Berlin geboren; sie ist die Nichte des Bildhauers Gerhard Marcks. Fünf Kinder hat sie, die geschiedene Frau, großgezogen.

Diese große Künstlerin hat ihre rebellische Haltung auch von Karl May gelernt, wie sie in einem Interview des NDR (gesendet am 22. 7. 2002) und in privaten Gesprächen bekannt hat. Sie kennt alle May’­schen Wildwestgeschichten. Mays Darstellung der Indianer und ihres Untergangs hat sie von Anfang an ergriffen. Für sie ist Karl May ein großer Erzieher, weil er sich ausdrücklich den Minderheiten, den Verachteten zuwendet und sie in ihrem Anderssein gelten lässt. (Dass allerdings Winnetou als Christ stirbt, hat sie als einen literarischen Fehltritt empfunden.) Gleichfalls beeindruckt haben sie Ideale wie Freundschaft und Treue, die Mays Figuren vorleben. In dem genannten Interview hat sie berichtet, wie sie als Kind einer jüdischen Schulkameradin beigestanden hat, als die beiden Mädchen von einer Nazibande umringt wurden; sie habe treu sein wollen „wie Karl Mays Indianer”. – Auch Sophie Wörishöffer hat sie gern gelesen, nicht aber Cooper. Schillers ‚Nadowessische Totenklage’ („Seht! da sitzt er auf der Matte ... ”) kann sie heute noch auswendig.

In ihrem Werk ‚Marie, es brennt! Eine gezeichnete Autobiographie’ (München 1995) – ein wunderbares Buch, das bei aller Privatheit der Darstellung die wechselnden deutschen Zeitstimmungen erfasst – ist zu lesen, dass das Mädchen Marie bei den Indianerspielen à la Karl May den Namen ‚Büffelstirn’ getragen hat. Erinnern wir uns: In Karl Mays ‚Old Surehand II’ steht: „Dieser ‚Büffelstirn’ war kein Indianer nach Art der nördlichen Roten. Er war gesprächig und mitteilsam, und doch wohl trotzdem nicht minder furchtbar, als einer jener schweigsamen Wilden (....).” Dies passt auch für die Künstlerin Marcks, die sich gern als ‚Berliner Göre’ bezeichnet und die mit ihrem Schaffen aufklären und entlarven will.

Ihren Ehrentag, den ‚80.’, haben wir übersehen; in diesen Wochen, am 25. August 2003, feiert sie ihren 81. Geburtstag. Zu diesem Tag, sehr verehrte, liebe Marie Marcks, ein herzlicher Gruß aus der Karl-May-Szene! Wir wünschen Ihnen und erwarten von Ihnen noch viele kreative Jahre!

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May und der Schuh des Manitou

Neues vom Meister:

Das 32. Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft

Von Christoph Pepper

Karl May bleibt auch im 21. Jahrhundert auf breiter Literatur-Front präsent.

Das vielbändige belletristische Werk des populären Volksschriftstellers aus dem 19. Jahrhundert stillt auch heute noch manchen Lesehunger. Wem das nicht ausreicht, der kann sich an der inzwischen nahezu unüberschaubaren Produktion der Literaturwissenschaft sowie des weiten May-Verehrerkreises gütlich tun.

Und da auf dem Laufenden zu bleiben, ist das Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft unverzichtbar. Seine aktuelle, in bewährt solider Ausstattung vom Husumer Hansa-Verlag herausgebrachte Ausgabe für das Jahr 2002 ist bereits die 32. und sie enthält – im Gegensatz zum weitestgehend monothematischen Vorgängerband – dieses Mal gleich wieder 14 einzelne Aufsätze, Vorträge und Berichte.

Da werden Mays späte Gedichte als Zeugnisse der einst weit verbreiteten Erbauungslyrik analysiert, die nicht eben kleinen Widersprüche zwischen seinen literarisch formulierten hohen Idealen und seinem praktischen Lebenswandel unter die Lupe genommen oder die Sprichwörter und Redensarten in Mays Werken näher betrachtet.

Noch immer nicht alle Fragen beantwortet

Der derzeitige Erkenntnisstand über die phänomenalen juristischen Händel des Meisters, eine Untersuchung über das sein ganzes Werk durchziehende Motiv des Zweikampfs, eine Abhandlung zum geschlechtsspezifischen Rollenverständnis im Spätwerk oder die Nachzeichnung der Spuren von Mays Umgang mit Friedrich Nietzsche geben eine schwache Ahnung davon, was hartgesottene May-Fans wirklich umtreibt.

Der jährliche Literaturbericht darf da nicht fehlen: er zeigt einmal mehr, daß auch fast 100 Jahre nach dem Tode Mays keineswegs alle Fragen zu seinem Leben und Werk, die sich an Abenteuerlichkeit nichts nachstanden, gestellt oder gar beantwortet sind, sondern sich ständig neue auftun. Und daß Karl May keineswegs nur ein Thema für Bücherwürmer ist, zeigt der neue „Medienbericht“. Schließlich hat „Der Schuh des Manitou“ bewiesen, wie präsent die May’sche Abenteuerwelt selbst in leseferneren Zeiten als dem 19. und 20. Jahrhundert sind. (Mindener Tageblatt vom 7. Mai 2003)

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Karl May auf CD-ROM

Über die CD mit Werken von Karl May wurde bereits berichtet, s. KMG.N 136 S. 51. Weitere Information ist unter www.digitale-bibliothek.de zu finden. Die Presse nahm das Erscheinen der Platte zum Anlass für teilweise lange Artikel. Hier einige Auszüge:

‚Schatz auf der Silberscheibe‘, so titelt die Evangelische Kirchen Zeitung in Nr. 15 vom 13.4.2003, und im Untertitel: ‚Kampf im Orient: Karl May ist erschreckend aktuell - Karl Mays Gesamtwerk ist auf CD-ROM erschienen. Die Geschichten des Erzählers kämpfen stets für den Frieden‘ - von Ralf-Andreas Gmelin. Es wird - wen wundert’s - Mays „Und Friede auf Erden“ als Beispiel herangezogen, was man auf der CD finden kann, und auszugsweise wird Mays Friedensbotschaft zitiert bis zum ‚Happy End‘, denn ‚der missionierende Amerikaner sieht ein: „O glaube mir, ich habe es nicht gedacht, dass Christi Wege andere Wege sind; der fromme Dünkel hat mich irr gemacht; er ist der Hölle größtes Lieblingskind.“ ‘

Die Allgemeine Zeitung Mainz am 1.3.03: <Winnetou und Hadschi Halef Omar auf Silberfolie. Bildschirm statt Buch?> Anerkannt wird, dass der ‚staubanfällige Papierstapel‘ drastisch verkleinert wird und selbst ‚mittelstarke Regalbretter‘ sich nicht mehr unter der Last dickleibiger Buchbände biegen... <Wessen Herz aber an sorgsam sortierten, linear ausgerichteten Buchrücken hängt, wem das Rascheln von Papierseiten noch etwas bedeutet und wer nach einem Leseabend gern den speckleibigen Buchdeckel zuklappt statt ein liebloses Laufwerk abzuschalten, der wird wegsehen und die digitale Karawane ihres Weges in die Wüste ziehen lassen.>

Die Badische Zeitung am 3.4.03:

<Winnetou historisch-kritisch... Die Ausgabe stützt sich auf die historisch-kritische Printversion, die 1987 begonnen und nach mehreren Verlagswechseln noch „längst nicht abgeschlossen“ ist; der Bamberger Karl-May-Verlag hütet die Findingholes seines Archivs nämlich eifersüchtig gegen Konkurrenz und germanische Philologie. So harren noch zehn Nachlass- sowie je zwanzig Materialien- und Briefbände der alten Schmetter- und Schreibhand einer stich- und hiebfesten Publikation.>

Gießener/Alsfelder Allgemeine am 29.3.03: <Auf den Spuren Old Shatterhands...

Die elektronische Ausgabe lädt aber über die Volltextsuche dazu ein, verschlungene Pfade durch den Karl-May-Dschungel zu schlagen. So findet sich auf diese Weise in einer früheren Abenteuererzählung aus dem Jahr 1875 ein gewisser Josias Shatter, der das Vorbild zu Old Shatterhand abgab: „Ich sah jetzt zum ersten Male, weshalb er ‚Shatter‘, der Zertrümmerer, genannt wurde. Er schlug nicht mit der Schneide, sondern mit dem Kopfe seiner fürchterlichen Waffe.“

Darmstädter Echo am 26.2.03: Auf Old Shatterhands Spuren im Cyberspace ... Kaum ein Schriftsteller eignet sich für die Lektüre am Bildschirm so wenig wie Karl May. Um mit Hadschi Halef Omar „Durch die Wüste“ zu ziehen, sollte man sich mit dem dunkel-grün gebundenen Schmöker in eine stille Ecke zurückziehen. Wenn der Verlag der „Digitalen Bibliothek“ jetzt Karl Mays Werke auf CD-ROM veröffentlicht, so lädt er damit zu einer intensiveren Beschäftigung mit einem Original der deutschen Literaturgeschichte ein, das jenseits von Winnetou und wildem Kurdistan erst noch entdeckt werden will.>

Thüringische Landeszeitung am 8.3.03: <Mit Karl May in das Abenteuer...Die Installation der Software erwies sich als einfach. Nun wird es nicht jedermanns Sache sein, die kompletten Romane am Bildschirm zu lesen. Jedoch die umfangreichen Recherchemöglichkeiten, u.a. nach einem Stichwort, lassen einen schnell eine gesuchte Textstelle finden...Und wer sich als Kind unter dem Deckbett die Augen verdorben hat, der kann den Text sogar in den Vollbild-Modus schalten.>

Diepholzer Wochenblatt Syke am 14.5.03: <Alle Werke von Karl May auf einer einzigen CD-ROM... Ein Nachschlagewerk also, wie es zu Karl May noch keines gab, und in dem man sich dann doch - Bildschirm hin oder her! - immer wieder festliest. Darüber hinaus gibt es dann auch noch eine gründlich gearbeitete Kurzbiografie, zahlreiche Leserbriefe und ein zum Schreien komisches Leseralbum, das die Fotos der Briefe schreibenden Fans enthält.>

dSch

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Gegendarstellung

In den KMG-Nachrichten Nr. 136, 2. Quartal/Juni 2003, erschien auf den Seiten 35f Till Hiddemanns Artikel „Winnetou und seine roter Bruder im Frankfurter Filmmuseum“.

Auf Seite 36 heißt es in Bezug auf die Ausstellungseröffnung: „Erschienen ist allerdings nur Go(j)ko Mitic. Pierre Brice hatte offenbar Berührungsängste und wollte seinem roten Bruder nicht von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten. Eine bedauerliche Geste, die Barrieren aufbaut, die bereits vor zwei Jahrzehnten gefallen sind. Vielleicht war es aber schlichtweg der Neid darauf, daß der ehemalige DEFA-Chefindianer in Bad Segeberg mit Erfolg in eben die Rolle geschlüpft ist, die Pierre Brice seit Jahrzehnten für sich abonniert hat – da ist es mit dem Winnetou wie mit dem Highlander. Es kann nur einen geben.“

Hierzu stelle ich folgendes fest:

Richtig ist, daß ich zur Ausstellungseröffnung eingeladen wurde. Ich wäre auch sehr gerne gekommen, konnte aber leider aufgrund anderer Termine der Einladung nicht folgen. Als Ausweichtermin haben die Museumsleitung und ich den 25. April vereinbart.

Es stimmt nicht, daß ich Berührungsängste gegenüber Gojko Mitic habe bzw. hatte. Ansonsten hätte ich wohl kaum 1999 die Regie bei den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg übernommen, bei denen Gojko Mitic seit 1992 mit großem Erfolg die Rolle des Winnetou spielt. Ich hätte mich im Gegenteil gefreut, ihn wieder zu treffen – auch wenn unser letztes Treffen noch nicht so lange zurücklag: am 10. Dezember letzten Jahres waren Gojko Mitic und ich in der ZDF-Talkshow von Johannes B. Kerner zu Gast, in der unter anderem das Ost/West-Winnetou-Thema angesprochen wurde. Gojko Mitic und ich haben uns gefreut, uns nach der gemeinsamen Arbeit 1999 in Bad Segeberg wieder zu sehen. Wir haben uns lange und sehr nett unterhalten.

Mit freundlichen Grüßen

[gez.] Pierre Brice

Die Redaktion bedauert, die Relevanz des beanstandeten Absatzes übersehen und Pierre Brice durch seine Veröffentlichung verletzt zu haben. Auf Seite 44 geben wir daher auch die Reaktion einer aufmerksamen Leserin dazu wieder.

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Peter Pütz ist gestorben

 

Der Bonner Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Peter Pütz ist am 17. Juni 2003 im Alter von 68 Jahren gestorben.

Pütz, der zu den herausragenden Germanisten seiner Generation gehörte, befasste sich insbesondere mit der Literatur des 18. Jahrhunderts – da vor allem mit Lessing –, mit Nietzsche, Thomas Mann und, was neuere Autoren betrifft, Peter Handke; seine Habilitationsschrift zur ‚Zeit im Drama‘ ist ein Standardwerk zur Erforschung dieser Textgattung. Pütz wandte sich aber auch vielen anderen Schriftstellern und Themen zu, und manchmal äußerte er sich auch zu Karl May. Am ausführlichsten tat er das in einem Vortrag ‚Wüste und Prairie. Zwei Spannungsfelder für Mays Helden‘ am 30.10.1992 auf einem Symposion der Karl-May-Gesellschaft und des Germanistischen Seminars der Universität Bonn, der in unserem Jahrbuch von 1993 nachzulesen ist. Der gelegentlich in Aussicht gestellte Aufsatz über Komik und Humor bei May wird nun leider ungeschrieben bleiben.

Helmut Schmiedt

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 „Winnetou“ als Marke und Werktitel

Zu zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs

von RA Albrecht Götz von Olenhusen

I

1.

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluß vom 05.12.2002 (I ZB 19/00, Bundespatentgericht) dem Namen „Winnetou  die Unterscheidungskraft als Marke für Druckereierzeugnisse und Dienstleistungen im Medienbereich versagt. Die Marken-inhaberin der Wortmarke Winnetou (Nr. 39619425) hatte sich gegen die teilweise Löschung der Marke durch das Deutsche Patent- und Markenamt gewendet. Die Ast. hatte die Teillöschung der Wortmarke beantragt bzgl. „Druckereierzeug­nisse; Filmproduktion; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern und Zeitschriften“. Das Bundespatentgericht hatte ausgeführt: Die angegriffene Marke stelle eine beschreibende Angabe dar (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Denn angesichts der Bekanntheit der dahinterstehenden Romanfigur erscheine die Marke geeignet, vom angesprochenen Verkehr als Sachhinweis auf den Inhalt oder den Gegenstand der Dienstleistungen und Waren zu dienen, die sich mit dem Leben und Sterben von „Winnetou“ befaßten. „Winnetou“ sei Gegenstand vielfältiger Publikationen in Druck, Film und Ton. Außerdem sei „Winnetou“ im allgemeinen Bewußtsein zur Bezeichnung eines bestimmten Menschentypus, des edlen Indianer-Häupt­lings, geworden. Das Freihaltungsbedürfnis bezieht sich nach Auffassung des Bundespatentgerichts nicht nur auf Druckereierzeugnisse, sondern erstrecke sich auch auf die selbständigen Dienstleistungen, Filmproduktion und Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern und Zeitschriften. Auch habe schon zum Zeitpunkt der Eintragung der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft gefehlt. Angesichts seiner Bekanntheit als Romanfigur von Karl May sei der Name „Winnetou“ nicht geeignet, auf die Waren- oder Dienstleistungsherkunft hinzuweisen. Für eine Verkehrsdurchsetzung des Namens für die Inhaberin der Marke fehle ein Nachweis.

2.

Der Bundesgerichtshof ist davon ausgegangen, daß Unterscheidungskraft die Eignung ist, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen von solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (BGH GRUR 2002, 1070). Hauptfunktion der Marke sei es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten. Der BGH geht aufgrund von Feststellungen des Bundespatentgerichtes davon aus, der Name „Winnetou“ sei schon im Eintragungszeitpunkt aufgrund der Bekanntheit der Romanfigur zum Synonym für einen rechtschaffenen Indianerhäuptling geworden. Gerade darauf beruhe die Eignung des Namens, als Sachhinweis auf den Inhalt von Waren oder Dienstleistungen dienen zu können, die sich mit dieser Romanfigur befaßten. Der BGH greift hier zurück auf die Annahme, daß das Bundespatentgericht solche Feststellungen aus eigener Sachkunde habe treffen können, wobei es eine Übereinstimmung „mit der allgemeinen Lebenserfahrung“ postuliert. In dem Verfahren war auch geltend gemacht worden, daß die Unterscheidungskraft des Namens kraft Verkehrsdurchsetzung aus der Bekanntheit der Romantrilogie von Karl May folge. In der Tat wäre es auch zwanglos möglich gewesen, aus der Bekanntheit des Titels zu folgern, daß er vom Verkehr auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Druckschrift verstanden werde. Diesen Erfahrungssatz will der BGH nur auf Titel von periodisch erscheinenden Werken wie Zeitungen und Zeitschriften anwenden. Hier könnten sich die Titel wegen ihres regelmäßigen Erscheinens zu einem Hinweis auf die betriebliche Herkunft entwickeln, bei Einzelwerken sei für die Heranziehung dieses Erfahrenssatzes kein Raum. (Vgl. dazu BGH WRP 1999, 519 Max; WRP 1999, 1279 SZENE; WRP 2000, 533 FACTS). Ohne hier auf Einzelheiten der dogmatischen Ableitung eingehen zu können, wäre dem möglicherweise entgegenzuhalten, daß auch unter den gegenwärtigen und schon lange existierenden Verhältnissen der Buch-, Verlags- und Druckwerkbranche kaum ein relevanter Unterschied in der Praxis feststellbar ist zwischen regelmäßig, d.h. periodisch erscheinenden Einzelwerken und ihren Titeln wie den Titeln von Zeitschriften oder auch Zeitungen. Insoweit erscheint die hier vorgenommene Differenzierung heute doch als faktisch problematisch und entspricht im Grunde nicht oder nicht mehr den Gegebenheiten des Marktes und der Wahrnehmung des Publikums. Auch die apodiktische Annahme des BGH, der Verkehr werde den schlagwortartig der Romanfigur „Win­netou“ innewohnenden Aussagegehalt als allgemein verständliche Beschreibung des Inhalts der Produktion verstehen und ohne weitere Überlegung auf die Dienstleistungen selbst beziehen, für die die Marke eingetragen ist, erscheint als eine vergleichsweise theoretische und bloße Annahme (vgl. dazu auch BGH WRP 2001, 1205 REICH UND SCHOEN). Entscheidend ist aber für den BGH der beschreibende Begriffsinhalt des Namens Winnetou.

Diese vergleichsweise einseitige Feststellung, die auch außer Acht läßt, daß die Vorstellungen des Verkehrs über die Romanfigur sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können, hat zu diesem m. E. höchst problematischen Ergebnis geführt.

Im übrigen können auch beschreibende Angaben bei einer eingetragenen Marke bei Verkehrsdurchsetzung eine Unterscheidungskraft bewirken. Letztlich steht und fällt die Entscheidung also mit relativ knapp begründeten Feststellungen und Annahmen, die für sich genommen als zweifelhaft angesehen werden müssen. Zwar ist die BGH-Entscheidung nun einmal so ergangen. Ob und inwieweit sie verfassungsrechtlich angegriffen worden ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Ob sie einer Überprüfung durch den EuGH standhalten würde, ist auch zweifelhaft. Für die marken- und verlagsrechtliche Rechtspraxis wird das Urteil freilich, wenn man einmal diese Prognose wagen darf, doch zu erheblichen Rechtsunsicherheiten und wahrscheinlich zu neuen Löschungsansprüchen gegenüber althergebrachten Markeneintragungen führen. Es mag sein, daß nach neuem Markenrecht (§ 8 Abs. 3 MarkenG) heute höhere Anforderungen an die Verkehrsdurchsetzung gestellt werden müssen. Gleichwohl überzeugt die Entscheidung letztlich nicht. Die Differenzierung zwischen Buchtiteln, denen die betriebliche Herkunftsfunktion fehlen soll, während Titeln von Buchreihen, Periodica, Nachschlage- und Sammelwerken eintragungsfähig sind, ist problematisch. Auch Titeln von Büchern repräsentieren wie z.B. Zeitschriftentitel einen erheblichen wirtschaftlichen Wert, zuweilen als bedeutendster Besitz eines Verlages. Im übrigen läßt sich dem neuen MarkenG auch eine Tendenz zur Abkehr von der betrieblichen Herkunftsfunktion der Marke entnehmen. Legt man den Akzent auf andere Markenfunktionen (z.B. Werbe-, Vertrauens- und Unterscheidungsfunktion), so erscheint die Akzentuierung allein auf die betriebliche Herkunftsfunktion als problematisch.

II

1.

In einer weiteren Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23.01.2003 (I ZR 171/00) hat der BGH sich mit dem Urteil des OLG Nürnberg vom 23.05.2000 befaßt (WRP 2000, 1168, 1171). Mit diesem Urteil hat sich der Verfasser in einem Beitrag „Winnetou“ und „Winnetous Rückkehr“ bereits in den Karl-May-Nachrichten befaßt. Darauf kann hier zunächst verwiesen werden.

Der Karl-May-Verlag machte in diesem Verfahren geltend, daß die Verwendung des Filmtitels „Winnetou’s Rückkehr“ eine Verletzung der Titelrechte an den Winnetou-Romanen Karl Mays sei. Beklagt wurde eine Filmproduzentin. Sie hatte unter dem Titel „Winnetou’s Rückkehr“ einen zweiteiligen Film produziert, inzwischen durch das ZDF ausgestrahlt. Drehbuchautor und Hauptdarsteller des Films ist der Schauspieler Pierre Brice. Nach der Handlung des Films ist Winnetou nicht gestorben, sondern nach seinem Erwachen aus einem Koma später Häuptling eines Stammes von Waldindianern geworden.

Der BGH hat ausgeführt, daß der Werktitelschutz nach den § 5, 15 MarkenG auch weiterhin Bestand hat, wenn das mit dem Titel bezeichnete ursprünglich urheberrechtlich geschützte Werk gemeinfrei geworden ist, es komme allein darauf an, ob der Titel weiterhin Unterscheidungskraft besitze und benutzt werde. Die Revision gegen das Urteil des OLG Nürnberg hatte aber dennoch Erfolg. Die Aktivlegitimation für die Geltendmachung der Ansprüche aus den Titeln „Winnetou I bis III“, sowie „Winnetou’s Erben“ stehe dem Verlag zu. Diese Titel sind nach Auffassung des BGH wegen ursprünglicher Unterscheidungskraft der Werktitel auch schutzfähig. Die Tatsache, daß die fiktive Figur Winnetou im Verkehr weithin bekannt ist, steht der Annahme der Unterscheidungskraft des Namens als Romantitels nicht entgegen. Die Eignung zur Werkindividualisierung könne für den Namen eines Romanheldens nicht zweifelhaft sein. Bei Werktiteln sei der Verkehr daran gewöhnt, daß gerade auch beschreibende Angaben zur Kennzeichnung des Werkes verwendet werden.

2.

Der Senat mußte sich dann mit der Problematik auseinandersetzen, daß er selbst in der oben erörterten Entscheidung einige Wochen zuvor der Bezeichnung „Winnetou“ aber die Unterscheidungskraft als Marke abgesprochen hatte, und zwar wegen der Tatsache, daß die Marke als beschreibend verstanden werde und nicht zur Herkunftsunterscheidung geeignet sei. Der Bundesgerichtshof macht hier hinsichtlich der Unterscheidungskraft die rechtlich mögliche, aber faktisch und in ihrer Subtilität jedenfalls für den Laien schwer verständliche Unterscheidung zwischen dem Begriff der Unterscheidungskraft bei Marken (als Herkunftshinweis) und der Unterscheidungskraft bei Werktiteln (als Individualisierungs­mittel gegenüber anderen Werken). Der Begriff habe also jeweils einen unterschiedlichen Inhalt. Das führt dann bei gleichen Fakten zu verschiedenen Rechtsfolgen.

Aus der Gemeinfreiheit der Werke seit dem Jahre 1963 wird kein Argument hergeleitet, weil mit dem Ablauf der Urheberrechte (ab 1963) nicht die Titelrechte nach §§ 5, 15 MarkenG entfallen sind. Diese Ansicht ist zwar schon früher und auch neuerdings vertreten worden (vgl. Hertin WRP 2000, 889, 896). Der BGH macht hier jedoch einen Unterschied zwischen dem Fall eines urheberrechtlich geschützten Titels einerseits und eines kennzeichenrechtlich geschützten Titels andererseits. Der urheberrechtlich geschützte Titel verliert den Schutz mit dem Ablauf der Schutzfrist (sog. Gemeinfreiheit). Der kennzeichenrechtlich geschützte Titel, geschützt durch Unterscheidungskraft und Gebrauch, kann weiterhin markenrechtlichen Schutz genießen. „Jedermann darf zwar Nachdrucke des gemeinfreien Werks unter seinem Titel veröffentlichen und vertreiben. Es entfällt jedoch weder das Recht des ursprünglich Titelschutzberechtigten noch das eines sonstigen Verwenders des Titels im Zusammenhang mit dem Werk.“ (BGH Urteil vom 23.01.2003 I ZR 171/00). Der Titelschutzberechtigte darf also Rechte aus dem Titel geltend machen, wenn der Titel für ein neues, ein anderes Werk benutzt wird. Das hat das Reichsgericht bereits in der „Trotzkopf“-Entscheidung bestätigt (RGZ 104, 88). Dies ist aber auch die Rechtsprechung des BGH, etwa im Sherlock Holmes-Fall (BGHZ 26, 52).

3.

Gleichwohl hat überraschender Weise der BGH das Urteil des OLG Nürnberg abgeändert. Die Bezeichnung „Winnetou’s  Rückkehr“ sei, anders als das OLG angenommen hat, nicht verwechslungsfähig. Die Kennzeichnungskraft der klägerischen Titel des Verlages sei – so der BGH - „nur unterdurchschnittlich“. Erfahrungsgemäß werde wenigstens ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise dem Namen „Winnetou“ in den strittigen Filmtitel ein Hinweis auf die Romane von Karl May entnehmen. Die Ähnlichkeit der Werktitel sei jedoch gering. Der Verkehr werde (angeblich) den zusätzlichen Bezeichnungen sein Augenmerk schenken, bei den Romanen der Bezifferung I, II und III, ferner den Zusatz „Erben“, bei dem Filmtitel den Hinweis „Rückkehr“. Bei dieser Sachlage könne eine Verwechslungsgefahr nicht angenommen werden.

Wer diese Entscheidung des BGH genau betrachtet, wird auch hier überrascht sein, denn während sich der BGH in der vorangegangenen Markenentscheidung auf die Feststellungen des Bundespatentgerichts beruft, diese aus Rechtsgründen nicht beanstandet, also sich als Revisionsgericht darauf zurückzieht, daß mit der Rechtsbeschwerde die faktische Annahme des Patentsenats nicht anzugreifen sei, weicht der gleiche Senat von den tatsächlichen Feststellungen des OLG Nürnberg ab, welches eine unmittelbare Verwechslungsgefahr gem. § 15 Abs. 2 MarkenG angenommen hatte. Das Revisionsgericht hat also hier sich letztlich doch als Tatsachengericht betätigt. Es hat er die Werknähe nicht gering bewertet, zwar handle es sich einerseits um Romane, andererseits um Filme, der BGH sieht aber die enge Beziehung der verschiedenen Werkkategorien darin, daß in Filmen häufig Romanvorlagen verwendet werden. Der BGH meint jedoch wiederum faktisch, daß die Kennzeichnungskraft der Klagetitel „unterdurchschnittlich“ sei. Hier muß er einerseits faktisch in der Folge seiner vorangegangenen Entscheidung  mit einer Volte die angeblich beschreibende Bezeichnung eines edlen Indianerhäuptlings zugrunde legen, dann aber gleichwohl dennoch keinen vollständigen Verlust der Kennzeichnungskraft bejahen. Letztlich kommt der BGH zu einem Erfolg der Revision deswegen, weil er auch wieder das kühne Postulat aufstellt, der Verkehr begegne Werktiteln mit der gebotenen Aufmerksamkeit, so daß die Bezifferungen, der Zusatz und der Hinweis „Rückkehr“ angesichts der fehlenden klanglichen, schriftbildlichen oder begrifflichen Übereinstimmungen keine Verwechslungsgefahr begründen würden. Betrachtet man sich die sonst doch eher subtile Rechtsprechung zur direkten oder insbesondere der erweiterten Verwechslungsgefahr im Titelschutz und Markenrecht, dann ist diese Entscheidung schon mit einiger Überraschung zu registrieren. Denn die Grundsätze, die zu § 16 Abs. 1 UWG entwickelt worden sind, haben doch jedenfalls, wenn schon keine Verwechslungsgefahr im engeren Sinne angenommen wurde, eine solche Gefahr im weiteren Sinne bejaht, wenn der Verkehr aufgrund der Ähnlichkeit auf besondere Beziehungen geschäftlicher, wirtschaftlicher oder organisatorischer Art geschlossen hat. Verwechslungsgefahr wurde traditionell schon durch die bloße Möglichkeit von Verwechslungen begründet. Es wurde „ein flüchtiger Durchschnittsbetrachter“ als Maßstab angenommen. Bei Kombinationen der Titel wurde maßgeblich auf den Gesamteindruck abgestellt. Ob also diese Rechtsprechung des BGH letztlich vom EuGH gebilligt werden wird, steht noch dahin. Gerade bei Werktiteln ist die Rechtsprechung bisher davon ausgegangen, daß der Titel eines Buches regelmäßig auch gegen die Verwendung für einen Film geschützt sei. Wenn jetzt schon derartig geringfügige Unterscheidungszusätze die Verwechslungsgefahr ausschließen, obwohl doch der Verkehr im Wesentlichen den Bestandteil „Winnetou“ wahrnimmt, ist der erweiterten Verwechslungsgefahr oft der Boden entzogen.

Für den Urheberrechtler ist natürlich von Interesse, daß mit der Gemeinfreiheit der Schutz nicht endet. Das bedeutet, daß der Verwerter eines Werkes über die normalen Investitions- und Amortisationsfristen hinaus seine wirtschaftlichen Interessen über Marken- und Titelrecht weiterhin schützen kann. (Vgl. dazu Nils Beier, Die urheberrechtliche Schutzfrist, München 2001, S. 123 ff.). Der Schutz einer eingetragenen Marke ist ja zeitlich unbegrenzt möglich, weil Verlängerungsmöglichkeiten bestehen.

Im Ergebnis wird man also feststellen müssen, daß unterschiedliche urheberrechtliche Schutzfristen im Vergleich zu den gewerblichen Schutzrechten zu Differenzen führen, die sich aus der gegebenen rechtlichen Situation herleiten lassen. Der zeitlich unbegrenzte Schutz über das Markenrecht wird allerdings dogmatisch und nach der bisherigen allgemeinen Auffassung durch Interessen begründet, die sich aus der Funktion von Marken und dem entsprechend auch Titeln ergeben. Von daher rechtfertigt sich, keine Gemeinfreiheit von Marken und Titeln anzunehmen.

Wenn allerdings der dargelegte Schutz letztlich dadurch unterlaufen werden kann, daß durch bestimmte strittige Annahmen noch in der Revisionsinstanz langjährige kennzeichnungskräftige,  mit Verkehrsgeltung ausgestattete Titel oder Titelbestandteile dadurch obsolet werden, daß ihnen entweder eine beschreibende Funktion zugesprochen oder letztlich die Verwechslungsgefahr verneint wird, dann ist für die rechtliche Prognose mit dieser Judikatur eine erhebliche Rechtsunsicherheit für Titel- und Markeninhaber verbunden.

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Leserbriefe

Karin Trost, Bad Camberg

 ... Seit langem ärgert es mich schon etwas, wie abwertend in manchen Berichten mit dem Schauspieler Pierre Brice in Gesellschafts-Nachrichten oder auch im Jahr­buch umgegangen wird. ... Den Höhepunkt der Berichterstattungen fand ich in den letzten KMG-Nachrichten von Till Hiddemann: „Winnetou und sein roter Bruder im Frankfurter Filmmuseum“! Da lese ich von Neid, Berührungsängsten und einen Vergleich mit dem Highlander. Dazu kann ich nur bemerken, daß Pierre Brice im Dezember 2002 in der Johannes B. Kerner-Sendung zusammen mit Gojko Mitic aufgetreten ist, Von Antipathie war da nichts zu merken, und wie versteht es sich denn überhaupt, daß Pierre Brice im Sommer 1999 die Regie zum Stück „Halbblut“ in Bad Segeberg geführt hat mit Gojko als Winnetou in der Hauptrolle??? ... Pierre Brice konnte aus terminlichen Gründen die Eröffnung der Ausstellung im Frankfurter Filmmuseum nicht besuchen, er holte dies am 25. April 2003 zusammen mit seiner Ehefrau nach und für Journalisten wie auch sonstige Besucher war es an diesem Tag sicher ein Ereignis, ihn zwischen den Requisiten der preisgekrönten Karl-May-Filme hindurchschlendern zu sehen. „Der Tag war für mich ein nostalgisches Erlebnis. Die Ausstellung erinnert an Zeiten, als ich mit meinen Freunden in Harmonie all diese schönen Filme drehte“, sagte Pierre Brice zur Presse. Gojko Mitic war schon zu dieser Zeit einer seiner Filmpartner.

Weitere Informationen zur Ausstellung findet man im Internet: www.deutsches-filmmuseum.de und www.karl-may-film­stars.de.

Liebe Karl May-Gesellschaft, lassen Sie uns versuchen, etwas mehr Toleranz zu üben, wenn sie von anderen nicht geübt werden kann und respektvoll zu sein, wenn es andere nicht sind!

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Aufgespießt:

Erwin Müller

Arno Schmidt und Karl May

In der „ALG-Umschau“ (Nr. 30, Mai 2003, S. 19/20) , der zweimal jährlich erscheinenden Zeitschrift der Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften und Gedenkstätten, wurde über die 17. Jahrestagung der Gesellschaft der Arno-Schmidt-Leser berichtet, die im Oktober 2002 im Kolpinghaus in Freiburg im Breisgau stattfand. Auch die Karl-May-Gesellschaft war 1977 mit ihrem 4. Kongreß schon einmal zu Gast in dieser beliebten Tagungsstätte.

„Nun gibt es ja in der Karl-May-Gemeinde ein durchaus gespaltenes Verhältnis zu Arno Schmidt“, wie Hans Grunert kürzlich in den KMG-Nachrichten (Nr. 136, Juni 2003, S. 1) schrieb. Dennoch kann man durchaus annehmen, daß viele Arno-Schmidt-Leser - in der Nachfolge ihres großen Meisters - auch Karl-May-Leser sind. Daher war es nicht verwunderlich, in' dem Tagungsbericht folgende Passage zu entdecken:

„Im Rahmenprogramm der Tagung fand auch ein Besuch der Ausstellung „Karl May - Aspekte zu Leben und Werk“ statt. Seit dem Jahr 1892 arbeitete Karl May mit dem Freiburger Verlag von Friedrich Ernst Fehsenfeld zusammen. Noch heute gilt die Freiburger Ausgabe in den berühmten grünen Bänden als bedeutendste Edition der Werke des 'Reiseschriftstellers' .Die Verbindung Mays zu Freiburg war für das Freiburger Museum für Stadtgeschichte Anlaß für diese Ausstellung. Arno Schmidts Auseinandersetzung mit Mays Werk, 'Sitara und der Weg dorthin' , hatte in den 60er Jahren für erhebliches Aufsehen und teilweise Entrüstung unter den May-Lesern und -Forschern gesorgt. Viele von ihnen sind aber trotzdem Schmidt-Leser geworden und bis heute geblieben.“

Was auch umgekehrt gilt - siehe oben!

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Gunter Cibis

Karl May im Weltall

Karl May hat sich zu seiner Zeit auch mit Astronomie beschäftigt, sei es belehrend für die Leser der von ihm redigierten Zeitschriften, sei es indem er den Handlungsort des Mir von Dschinnistan auf den utopischen Planeten Sitara verlegte. Heute würden wir den Roman zur Literaturgattung der Fantasy rechnen. Der Verfasser des folgenden Beitrags aber beschäftigt sich mit einem realen (Klein)Planeten, dem Planetoiden (auch Asteroiden) May. »Asteroiden (Planetoiden), (sind) planetenähnliche Himmelskörper, die sich im Sonnensystem in großer Anzahl auf elliptischen Bahnen um die Sonne bewegen, vorwiegend zwischen den Bahnen der Planeten Mars und Jupiter. Nach jüngsten Schätzungen befinden sich in diesem „Gürtel” etwa 1,5 Millionen Asteroiden mit einem Durchmesser von mehr als einem Kilometer« [Microsoft® Encarta® Enzyklopädie Professional 2003 © 1993-2002 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.]

 

 (348) May (348 ist die laufende Nummer, die man dem kleinen Kerl zugeteilt hat) wurde am 28.11.1892 von Auguste Charlois in Nizza (Frankreich) entdeckt und wahrscheinlich nach dem Schriftsteller Karl May (1842-1912) benannt.

Kleine Planeten oder Planetoiden, zu denen May gehört, sind gewissermaßen Überreste bei der Entstehung unseres Sonnensystems. In den Bereichen um die Sonne, in denen sich die Mehrzahl der kleinen Planeten auch jetzt noch befindet, sind sie vor etwa 5 Milliarden Jahren auch entstanden. In diesen Bereichen des Sonnennebels hatte die Menge des für die Bildung fester Körper verfügbaren Materials nicht einen einzigen großen Körper, sondern eine Vielzahl kleiner Körper gebildet. Die meisten der bekannten kleinen Planeten bewegen sich im Abstandsbereich von der Sonne von 2.2 AE bis 3.2 AE, [AE = Astronomische Einheit. 1 AE = mittlere Entfernung Erde-Sonne = 149,6 Millionen Kilometer.] dem Planetoidengürtel, rechtläufig (also im Uhrzeigersinn) um die Sonne. Die Umlaufszeiten liegen zwischen 3.2 Jahren und 5.8 Jahren. Die kleinen Planeten bewegen sich auf elliptischen Bahnen, deshalb schwankt der Abstand May - Sonne.

Die Durchmesser der kleinen Planeten sind generell unter 1.000 Kilometer, die weitaus meisten haben Durchmesser von unter 50 Kilometer. Die Gesamtzahl der kleinen Planeten kann man mit mehreren Millionen angeben einschließlich der Objekte mit Durchmessern bis zu einigen hundert Meter. Entdeckt und numeriert wurden bisher etwa 60.000. Der erste kleine Planet wurde am 1.1.1801 entdeckt.

 

Der kleine Planet May ist nicht rund, sondern kartoffelförmig. Seine Oberfläche dürfte kraterübersät sein, weil immer wieder kleinere Gesteinsbrocken auf seine Oberfläche gestürzt sind. Die Planetoiden haben ja keine schützende Atmosphäre.

Angaben zum Entdecker:

Auguste Charlois (1864-1910) war von 1881 bis 1910 Astronom an der Sternwarte Nizza. Er beobachtete Kometen und kleine Planeten und entdeckte 99 kleine Planeten von 1887 bis 1904. Interessant ist, daß auch nach Auguste Charlois, dem Entdecker, ein kleiner Planet benannt wurde: (1510) Charlois.

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In Böningen statt im Wilden Westen

Die Zeitung ‚Berner Oberländer‘ (www.espace.ch) brachte am 1.7.03 diesen Bericht über einen Vortrag, den Prof. Dr. Wilhelm Brauneder in Böningen am Brienzersee im Hotel Oberländerhof am 28.6.03 hielt. Die Schweizer Karl-May-Freunde feierten das 110-Jahre-Jubiläum; Anfang Juli 1893 weilte der sächsische Abenteuerschriftsteller Karl May mit seinem Verleger Ernst Fehsenfeld für eine Woche in Böningen im damaligen Hotel Bellerive. Damals erschien ‚Winnetou I‘, und Mays Weltruhm begann, ein reicher Mann war er geworden.

Böningen stand am Beginn der Reisefreudigkeit, es folgten Österreich, Oberitalien, die Schweiz; er war in Lugano und auf der Rigi und dann in Südtirol auf dem Mendelpass, wo es zur Trennung von Emma kam. ‚May auf Reisen‘ formulierte Brauneder sein Referat sachlicher als die Zeitung und wies in Böningen auf Grund einer umfassenden May-For­schung nach, dass May seine ‚Reiseromane‘ oder ‚Reise­erzählungen‘ mit dem Finger auf der Landkarte vollzogen hat. <Ist nun May ein Genie oder ein Schwindler? Vermutlich ist er ein ‚genialer Schwindler‘‘. Und gemäß Experten Wilhelm Brauneder ist er eben auch ein Dichter, da die Fantasie die Basis jeder Dichtkunst ist. Oder wie es eine Literatin ausdrückte: ‚May hat Fantasie und Wirklichkeit anmutig verschmolzen. ‘ > Elmar Elbs schreibt in seinem regelmäßigen Rundbrief: <Auch heute ist Böningen ein malerischer Ort am Westende des Brienzersees, mit dem Bus oder Schiff von Interlaken in kurzer Zeit erreichbar. Wunderschöne, geschnitzte Fassaden, meist mit Sprüchen versehen, zieren die Holzhäuser. Der Blumenschmuck verschönert diese überdies. Das Dorf ist eine Oase der Ruhe. Leider gibt es aber in der öffentlichen Dorfbibliothek für die wenigen Karl-May-Bücher kaum mehr Interessenten. Wer Lust und Internet hat, informiert sich auf der Webseite von www.boeningen.ch >

dSch

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Punkte für Bahnhöfe

Die Freie Presse in Hohenstein-Ernstthal schreibt am 22.5.03: <Etliche Bahnhöfe bleiben auf der Strecke. Bahn AG will mit Kommunen in Dialog über Bahnhöfe treten - Broschüre bewertet Empfangsgebäude - Viele Minuspunkte im Chemnitzer Land... Über die Zukunft des Bahnhofes Hohenstein-Ernstthal, der in einem jämmerlichen Zustand dahindämmert, hatte OB Erich Homilius bereits im Sommer 2002 sinniert. Damals verwies er auf Überlegungen von privaten Investoren, den Bahnhof touristisch zu nützen. Am Zustand des dominanten Bauwerks hat sich seither nichts geändert. Dabei hatte Homilius noch die historische Bedeutung des Bahnhofs mit der Tatsache untermalt, dass Karl May etliche seiner Reisen hier begonnen hat... Dass die Deutsche Bahn AG ganz genau weiß, wie es auf ihren Bahnhöfen in der „sächsischen Provinz“ aussieht, beweist eine detaillierte Bewertung des derzeitigen Zustandes nach acht Kriterien.> Nämlich nach Kundeninformation, Erscheinungsbild, Reisebedarf und anderen Merkmalen werden Punkte verteilt, Hohenstein-Ernstthal bekommt sechs rote, einen grauen und einen gelben Punkt, schneidet also besonders schlecht ab. Rot heißt: Hoher Handlungsbedarf. Der Kommentar der Freien Presse: <Ganz falsch liegt die Deutsche Bahn nicht: Der Bahnhof ist eine Visitenkarte für den Ort, in dem er steht. Aber gleichzeitig ist er natürlich auch eine Visitenkarte für die Bahn selbst... Die Ortschefs werden sich bedanken, dass sie nun auch noch für die Bahnhöfe Mittel locker machen sollen. Dabei hat so mancher Bürgermeister womöglich seit Jahren keinen Zug mehr von innen gesehen, den Bahnhof in seinem Ort fast vergessen.>

Darf man noch fragen, wann sie zum letzten Male einen Band von Karl May gelesen haben?

dSch

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Schweizer-Karl-May-Freunde -

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Veranstaltungsbericht

 

Mays Reisen

Referat von Prof. Dr. Wilhelm Brauneder, Wien, in Bönigen am Brienzersee

(Im lieben Andenken an Walther Ilmer)

 

Die erste Reise Karl Mays 1893 in die Schweiz vor exakt 110 Jahren war der Aufhänger für diese Veranstaltung. Dieser wunderschönen Tourismusregion im Berner Oberland entsprechend waren bei strahlendem Wetter 22 KM-Freundinnen und KM-Freunde aus allen Himmelsrichtungen angereist. Aus dem benachbarten Grenzgebiet und sogar aus Leipzig und Dresden kamen sie per Zug wie weiland unser Dichter. Brauneder nahm aber nicht die reale Reise mit Fehsenfeld zum Inhalt, sondern führte die Zuhörer zu den fiktiven Reiseschauplätzen des Reiseschriftstellers Karl May. Dessen oftmalige Aussage: „ ich habe dies alles selbst erlebt“ belegte er mit vielen Textpassagen aus des Dichters Werk. Nun sei aber die Folgerung von Mays Reisen aus der Identität seiner Erzählungen mit echten Reisebeschreibungen gar nicht zwingend. Logisch sei vielmehr die Folgerung, dass Mays Erzählungen deshalb echten Reisebeschreibungen entsprechen, weil er diese benutzt hat. So zitierte er Hobble Frank aus dem „Sohn des Bärenjägers“, er werde eine Bärengeschichte „im Stile von Gerschtecker erzählen. Faszinierend waren des Referenten Aussagen über die Handlungsorte in  „Schatz im Silbersee“, „Weihnacht“ oder das Zitat Mays aus der „Sklavenkarawanne“ wo dieser den Old-Shatterhand–Schüler  Schwarz sagen lässt, man lerne durch „Bücher und Bilder“ die „Völker besser kennen als diejenigen, welche zu ihnen gehören!“

Zusammenfassend meinte der Vortragende: „Der Reiz von Mays Reiseerzählungen  liegt also gerade darin begründet, dass er nicht gereist ist – und dafür müssen wir (ihm) dankbar sein“.

Alles in allem, die Zuhörerschaft kam voll auf die angestellten Erwartungen, wenn auch nicht jene der realen Reisen. Damit schuf  Professor Dr. Wilhelm Brauneder die wichtige Brücke zur Literatur die meines Erachtens manchmal ob all dem Forschungsdrang über die Person des Autors etwas untergeht.

Diese Veranstaltung in Bönigen war von bestem Wetter begleitet und so war auch der Rundgang durch dieses schönste Dörfer des Berner Oberlandes ein beschauliches Erlebnis.  Beim gemeinsamen Mittagessen im Gasthof Bären unterhielt man sich in Hochdeutsch und weniger in alemannisch, obwohl auch die neue CH-KMF-Publikation ein Gesprächsthema war.

 

(Die Veranstaltung wurde auch in der Tageszeitung  Der Berner Oberländer“ tags darauf wohlwollend  besprochen)

Mehr zu lesen auf der Website der CH-KMF

www.karlmayfreunde.ch

 

 

Nächste Veranstaltung  23. Nov. 2003

Im Wigwam von „Old Shatterhand“

Bei CH-KMF Willi Olbrich, Wil, SG, zu Gast.

Kurzreferat: „Karl May und die Technik“

Bilder und Erinnerungen an den KMG-Kongress in Plauen.  Anmeldung erwünscht.

 

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Karl May und der Irak-Krieg

Der Krieg im Irak, das Kurden-Problem und die Rolle der Türkei in dieser Auseinandersetzung boten vielen Medien einen willkommenen Anlaß, in ihren Reportagen und Kommentaren auf unterschiedliche Art und Weise auch auf Karl May hinzuweisen. Zwei Beispiele aus einer ganzen Reihe ähnlicher - mehr oder weniger geistreichen - Aperçus sollen hier genannt werden.

Am 28. März 2003 unterhielt sich Harald Schmidt in der nach ihm benannten Show von SAT.1 mit seinem Redakteur Manuel Andrack vor dem vergrößerten Deckelbild des Buches „Bei den Trümmern von BabyIon“ (d.i. „Im Reiche des silbernen Löwen“, Band 27 der Bamberger Ausgabe). In ihrer bekannt-ironischen Manier plauderten sie über die Krise im Nahen Osten, die Probleme mit Arabern, Kurden und Türken, erwähnten und zitierten den „Orient- und Militärexperten“ Karl May - bis hin zu der von Albert Speer überlieferten Bemerkung Adolf Hitlers, „Winne­tou sei geradezu das Musterbeispiel eines Kompanieführers.“

In „Frontal 21“, der politischen Magazinsendung des ZDF, wurde dem amerikanischen Präsidenten George W. Bush am 1. April 2003 vorgehalten, daß er wohl noch nie eine Zeile von Karl May gelesen habe, sonst wüßte er gewiß besser Bescheid um die Aussöhnung von Gut und Böse.

Erwin Müller

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Dietrich Schober

Pressespiegel

Gelnhäuser Tagblatt 26.4.03:  Karl Mays Winnetou: Umsetzung des Glaubens in die Tat. Zum Jahr der Bibel: Pfarrerin Dr. Elke Seifert stellte Zusammenhänge zwischen Karl Mays Werk und dem Buch der Bücher her - Nächstenliebe Thema... Ihren ganz persönlichen Bibelzugang fand Seifert in Karl Mays Werken, die sie durch ihre Kindheit begleiteten und an deren Figuren bis heute ihr Herz hängt. Aber was nun ist christlich am Häuptling der Apachen und seinen weißen Freunden? Nach Textstellen, die diesen Umstand bezeugen, braucht Seifert nicht lange zu suchen. Sie zitiert gleich mehrere Auszüge aus Band eins, die Karl Mays Frömmigkeit und Glauben zu Tage treten lassen... Im Kern des Christentums steht für Karl May der Reichtum an die Gnade bei Gott und die Umsetzung des Glaubens in die Tat. Diese beiden Elemente tauchen immer wieder auf.

Tagesspiegel Berlin 29.4.03: Die Wüste lebt. Der Todeskult der Schiiten, Leichenkarawanen, blutige Selbstkasteiung der Gläubigen: Das Wissen um die Hintergründe der Ereignisse im Irak gehört in Deutschland zum Bildungskanon. Wer als Kind „Von Bagdad nach Stambul“ und das hochaktuelle Werk „In den Trümmern von Babylon“ gelesen hat, ist bestens informiert: Wie war das noch gleich im Orient? „Bekanntlich zerfallen die Anhänger des Islam in die beiden Abteilungen der Sunniten und Schiiten“: Karl Mays Exkurs über die Geschichte des Islam im „Turm von Babel“ hat man als Junge geflissentlich überlesen - zu wenig Action. Heute sieht man genauer hin. Und ist angenehm überrascht  von dem so genannten Volksschriftsteller. Unterhaltsamer als bräsige Traktate über den „interreligiösen Dialog“ ist Karl May allemal.

Freie Presse 3.4.03: Hannibal gibt Anregungen für die optimale Vermarktung... Überhaupt verfolgen die Museumsmitarbeiter viele Ideen, wie Hohenstein-Ernstthal in Verbindung mit dem berühmten Schriftsteller besser vermarktet werden kann... Vorbild ist für die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirates des Museums dabei beispielsweise die US-amerikanische Stadt Hannibal am Mississippi, die ganz im Zeichen von Mark Twain steht. „Dort dreht sich einfach alles um Mark Twain, das ist auch ein Anreiz für uns“, schwärmt Neubert. „Der Name Karl-May-Geburtsstadt war ein erster Schritt, aber es könnte noch viel mehr getan werden.“

Freie Presse 31.5./1.6.03: Sonderausstellung in Karl-May-Begegnungsstätte dokumentiert Methoden und Materialien der Arbeitsgruppe Stadtchronik. „Bad Hohenstein-Ernst­thal“ - fast hätte die Karl-May-Ge­burtsstadt sich mit dem edlen Namenszusatz schmücken können. Bis 1913 jedenfalls, denn bis zu diesem Tage galten die Mineralquellen an der heutigen Oberwaldschänke als über den gesamten Ort hinaus als heilsam, geeignet zu einem Kuraufenthalt. Seinerzeit nutzten Kaufleute, Firmenbosse und hohe Beamte den Aufenthalt in der Senke am Oberwald ... Diese und andere Raritäten finden sich seit dem Wochenende und noch bis zum Pfingstmontag in der Begegnungsstätte. Der Titel der Sonderausstellung beschreibt zugleich Inhalt einer fürwahr akribischen Arbeit: „20 Jahre Stadtchronik“.

Sächsische Zeitung 12.5.03: Wer mit der Waffe zum Fest kommt, macht sich strafbar. Wesentliche Änderungen sind von Waffenbesitzern im Kreis seit der kürzlichen Gesetzesänderung zu beachten. So dürfen Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen außerhalb der Wohnung und des eigenen Grundstücks nur geführt werden, wenn der Besitzer einen Kleinen Waffenschein besitzt... Darüber informierte jetzt Kreis-Ordnungsamtschef Rein­hard Bennewitz. „Allerdings muss beachtet werden, dass dieser Waffenschein nicht zum Tragen der Waffen in öffentlichen Versammlungen, Aufzügen oder bei öffentlichen Veranstaltungen berechtigt“, erläutert der Amtschef. Wer also beispielsweise zum Karl-May-Fest in Radebeul mit seiner Waffe glänzen will, verstößt gegen das Gesetz und muss mit Entzug der Waffe und strafrechtlichen Folgen rechnen, so Bennewitz.

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Der alte Winnetou

Die Rheinische Post bringt am 11.6.03 einen langen Artikel mit der Überschrift: ‚Hat der alte Winnetou ausgedient? Die (Buch-)Helden der Kids / „Harry Potter“ verführt Lesefaule zum Schmökern.‘ <Einmal an der Seite von Old Shatterhand durch die Prärie reiten und den bösen Goldräubern den Garaus machen - in den 60er Jahren der Traum eines jeden Jungen. Das versichert jedenfalls ein inzwischen 50-jähriger Unternehmer.> Es werden die Helden der Jugend von gestern und heute genannt: Robinson Cusoe und Huckleberry Finn, Odysseus und Achilles, Moby Dick und Pinocchio, das kleine Gespenst, die kleine Hexe, Pippi Langstrumpf und Fünf Freunde - und dann Harry Potter...<Überhaupt Harry Potter... So etwas ähnliches wie die Potter-Manie hat es noch nie gegeben... Fazit: Es gibt sie noch, die alten Helden, doch neue sind hinzugekommen. Und wer den Einfluss der Medien beklagt, sollte den gererationsübergreifenden Aspekt nicht vergessen. Denn als sich der Unternehmer in den 60er Jahren für Winnetou begeisterte, ritt gerade Pierre Brice als Apachenhäuptling über die Leinwand und Huck Finns Abenteuer erschienen als Comic... Und wenn die jungen Leser heute über Video, Fernsehen oder Kino den Einstieg finden und sich nach dem Genuss von „Der Schuh des Manitu“ zum Bücherregal schleichen und Papas alte Karl May-Bände herausziehen - Hauptsache sie lesen!>                                                           dSch

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Der Stralauer Fischzug

Von Manfred Raub

In Das Vermächtnis des Inka spricht Fritz  Kiesewetter von seiner Heimat Stralau  (Stralau, als Fischerdorf 1288 erstmals urkundlich erwähnt, gehört heute zum Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg). Ein Sonderstempel vom 22. 8. 1936 – auf den Olympia-Briefmarken – bestätigt seine Aussage vom „Stralauer Fischzug“.

„Wenn Sie gestatten, ja. Sie sprachen vorher von Jüterbogk. Sollten Sie ein Deutscher sein?“

„Der bin ich allerdings, wie auch mein Name Morgenstern beweist. Wäre ich ein Römer, so würde ich lateinisch Jubar heißen.“

„Das freut mich ungeheuer, Señor. Darf ich deutsch mit Ihnen reden?“

„Deutsch? Sind Sie denn ein Deutscher?“

„Na, und war for einer! Ick bin in Stralau bei Berlin jeboren, also een näherer Landsmann von SieSie, Herr Doktor. Denn dat Sie ooch Doktor sind, dat habe ick vorhin jehört.“

„Ein Stralauer! Wer hätte das gedacht! Ich habe Sie für einen Argentinier gehalten. Wie kommen Sie denn über die See herüber?“

„Als jeborene Wasserjungfer, wat man so ‚ne Libelle nennt. Sie wissen doch, von wejen dem Stralauer Fischzug und dem Rummelsburger See. Da ist man dat Wasser jewöhnt und jeht dem Wasser nach. So bin ick nach Hamburg jekommen und dann weiter ins Südamerika.“ (Union S.13-14).

Am 23. Februar 1574 verfügte Kurfürst Johann Georg, daß auf allen märkischen Flüssen und Seen von Gründonnerstag bis zum Bartholomäustag nicht mit großen Garnzügen gefischt werden durfte. So wurde der 24. August (Bartholomäustag) zum Tag des Anfischens und des Feierns.

Dies ist der Ursprung des beliebten Volksfestes „Stralauer Fischzug“. Seit 1780 ist auch die Teilnahme von Berliner Bürgern am Stralauer Fischzug urkundlich belegt. Am 23. Juli 1873 wurde das Fest vom Stralauer Ortsvorstand wegen des „orgiastischen Treibens auf dem Friedhofe“ verboten.

Fritz Kiesewetter und der Stempel des Deutschen Reiches beweisen, daß die Festivität trotz des örtlichen Einspruches in den nachfolgenden Jahren wieder aufgenommen wurde.

   

Quelle:

Förderverein Stralauer Dorfkirche e.V.

Evangelische Kirchengemeinde Boxhagen-Stralau

Hessische Landesbibliothek Wiesbaden.

1)  Zum ersten Mal wurde durch ein Verbot der Fischerei mit dem „Großgarn“, d. h.  mit dem Spannen von Netzen zwischen  zwei Booten, eine Schonzeit für Laich und Fischbrut eingeführt. (Stralauer Fischzug in: www.luise-berlin.de/Strassen;  www.garten-der-kuenste.de/Pages/Stralauer Fischzug.)

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Autorin weint

Am Samstag 21.6.03 begann der Verkauf von ‚Harry Potter‘ Band 5. Ein bisschen fühlt man sich an Karl May erinnert, wo seinerzeit und später gleich nach der Wende die Bücher in enormer Stückzahl Käufer fanden. Eine Meldung im ‚Hamburger Abendblatt‘ vom 19.6.03 berichtet, dass die Autorin Joanne K. Rowling beim ‚Mord‘ an einer ihrer Romanfiguren in Tränen ausgebrochen sei. In einem BBC-Interview sagte sie, dass sie nach dem Schreiben der Szene unter Tränen in die Küche zu ihrem Mann gelaufen sei und gerufen habe: ‚Ich habe gerade diese Person getötet. ‘ Parallelen zu Karl May werden wach: In dem Buch ‚Karl May, das Strafrecht und die Literatur‘ (Klöpfer&Meyer Verlag) schreibt Claus Roxin auf Seite 19: <Die momentane Identifizierung seiner Gestalten ging so weit, dass May nicht nur seine bürgerliche Erscheinung mit den Ich-Schöpfungen seiner Phantasie (Hadschi Halef Omar und Old Shatterhand) vertauschte, sondern auch mit seinen übrigen Figuren wie mit Lebenden sprach und lachte; es ist überliefert, dass er beim Erzählen in der Erinnerung an den Tod Winnetous tränenüberströmt und schluchzend innehalten musste.> Und Franz Kandolf schreibt im Buch ‚Karl Mays Orientzyklus (Igel Verlag Wissenschaft) im Kapitel ‚Von Hassan el Kebir bis Hadschi Halef Omar‘ auf Seite 167: <Sicher hat keiner seiner Leser eine größere Freude und ein innigeres Vergnügen über den kleinen Hadschi empfunden als der Dichter selbst, wenn er einsam an seinem Schreibtisch saß und mit seinem Halef weinte und scherzte, lachte und schimpfte.> Könnte es anders sein bei Autoren, die die Seele der Leser berühren?                                               DSch

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Filmmuseum in Frankfurt

In Frankfurt gibt es (bis 31.8.03) eine Ausstellung im Filmmuseum am Schaumainkai 41, deren Titel „Winnetou und sein roter Bruder“ schon darauf hinweist, dass Old Shatterhand diesesmal nicht gemeint sein kann, vielmehr sind die Winnetou-Darsteller in anderen Filmen z.B. der DDR im Vordergrund, also etwa Gojko Mitic, der eine ähnliche Berühmtheit in seinem Revier erlangte wie Pierre Brice bei uns im Westen. Wir haben in N-KMG 136 darüber berichtet. Im INTERNET unter www.deutsches-filmmuseum.de weitere Infos. In der Presse erschienen einige lange und mit farbigen Bildern versehene Groß-Artikel, die das Interesse der Leser wecken. Dürfen wir in der KMG von Karl-May-Filmen berichten? Auch wenn es immer wieder festzustellen gilt, dass der originale Karl May doch etwas zu kurz kommt, ist die Bedeutung von verfilmter May-Literatur nicht zu unterschätzen. Es scheint, als hätten sich viele Journalisten mit Feuereifer auf die Berichterstattung gestürzt, sicher kamen auch eigene Jugenderlebnis wieder hoch. Auffallend ist, dass neben einigen kleineren Hinweisen vor allem lange Artikel erschienen, jeweils mit Szenenfotos aus Brice- und Mitic-Filmen angereichert. Alle schildern fast liebevoll den Werdegang von West-Winnetou und Ost-Indianer-Figur.

Wir wollen hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Zeitungsmeldungen wagen, vorneweg der Artikel in ‚Karl May&Co. ‘ vom Juni 2003, der über ‚Ein Stück deutsch-deutsche Geschichte‘ schreibt. Wir zitieren: <Aus dem sorgfältig gewählten Titel geht bereits hervor, dass es sich nicht um eine reine Ausstellung über die Karl-May-Verfilmungen handeln kann. Vielmehr geht es um einen Vergleich zwischen den westdeutschen Karl-May-Filmen der 60-er Jahre und den fast zeitgleich entstandenen DEFA-India­nerfilmen im damals sozialistischen Teil Deutschlands... Die mit viel Liebe zum Detail gestaltete Ausstellung gibt einen guten Einblick in das Phänomen der deutschen Karl-May- und Indianerfilme. Man sollte seine Erwartungen aber nicht zu hoch schrauben, denn der Platz für Sonderausstellungen ist im Deutschen Filmmuseum nicht allzu groß bemessen, auch wenn jeder Winkel geschickt ausgenutzt wurde. Außerdem werden echte Fans und Sammler in der Ausstellung nicht unbedingt etwas Neues entdecken, aber das kann auch niemand ernsthaft erwarten... Eine lange Anreise lohnt die Ausstellung hingegen sicher nicht, denn man kann sie gut und gerne in 30 Minuten ausführlich betrachten.>

Der ‚Dreieich Spiegel‘ in seinen Ausgaben  Neu-Isenburg, Langen, Mühlheim, Rödermark, Heusenstamm, Dietzenbach - also alle in der Umgebung von Frankfurt/Main, schreibt am 15.5.03: <Rote Socken reiten westwärts... Während sich Winnetou [in jenen elf Spielfilmen mit Pierre Brice] als Hauptakteur einer allgemein verständlichen Sprache befleißigen darf, verstehen sich seine Kollegen von den Komantschen, Sioux und Schoschonen allenfalls auf gebrochenes Deutsch, das zumeist mit großem Pathos vorgetragen wird: „Ich Rothaut, du Bleichgesicht.“ Ganz anders ging es in den DDR-Western zur Sache, die offiziell unter der politisch korrekten Titulierung „Abenteuerfilme im Milieu der Indianer“ firmierten. In den zwischen 1966 und 1985 entstandenen Produktionen aus der „Ostzone“ sprechen die Eingeborenen fließend Hochdeutsch, wenn auch gelegentlich mit sächsischem Einschlag: „Nu jo, ich bin ne rode Sogge.“ … Die Ausstellung möchte einen „at­mosphärischen Rundgang“ erschließen, dessen Inszenierung den Filmen nachempfunden ist. Und das gelingt: In acht Abschnitten erfahren die Besucher Details über die Entstehungsgeschichte der Streifen, die Produktionsbedingungen, die beteiligten Schauspieler und nicht zuletzt über die Wirkung der Filme.>

Die Rhein-Zeitung (Koblenz, Ahrweiler, Diez, Andernach, Betzdorf, Kreuznach) am 17.5.03 sieht das so: <Wildwest in Mainhattan... Die Schauplätze - ein einziges, wunderschön anzusehendes, wildro­mantisches Klischee. Bleichgesicht kämpft gegen Rothaut um Land. Attraktive Motive fanden Ost wie West, DEFA wie bundesdeutsche Produktionsfirmen im damals noch tiefroten Jugoslawien...  „Drü­ben“ wurde häufiger das einfache Alltagsleben in Szene gesetzt; weniger Fantasie, weniger Action um der Action willen, mehr Authentizität... Filmemacher kehrten den märchenhaften Mythos westlicher Western um. Hier wurde also nicht - wie in unseren Filmen - die so genannte Zivilisation durch amerikanische Helden-Pioniere gegen fortschrittsfeindliche Indianer verbreitet, hier wurde gesagt, was Sache war: Weiße Siedler kamen, klauten, mordeten... Wild-West in Frankfurt City. Am Schaumainkai geht eine perfekt inszenierte Show zu Ende... Doch Winnetou, das steht fest, er wird niemals in den ewigen Jagdgründen verschwinden.>

Fuldaer Zeitung, Schlitzer Bote, Hünfelder Zeitung, Kinzigtal-Nachrichten (alle Fulda und Umgebung) am 3.5.03: <„Ich fühlte, dass er ein guter Mensch sei...“ Die Idealisierung auf der einen Seite und das Bemühen um Korrektheit auf der anderen: Der BRD-Indianer Winnetou und sein roter DDR-Bruder... Natürlich gab es viele Unterschiede. Die Bundesrepublik legte merklich Wert darauf, den Traum vom edlen Wilden, vom geradlinigen Indianer bestmöglich zu verkaufen. Und wer kam dem näher als Karl Mays Held?... Den Kollegen aus dem Osten hingegen ging es eher um historische Genauigkeit oder das, was sie darunter verstanden... Das Bemühen um die geschichtliche Korrektheit der DEFA-Produktionen beschränkte sich allerdings nicht allein darauf, dass Gojko Mitic historisch verbürgte Personen spielte. Die Kleidung sah realistischer aus, die Bleichgesichter waren vielmehr Landräuber als friedliche Siedler, und der ganz normale Alltag der Indianer erhielt viel breiteren Raum.>

Die Saarbrücker Zeitung mit Ausgabe auch in St. Ingbert, Völklingen-Köllertal, Neunkirchen, Zweibrücken am 27.3.03: <Eine gesamtdeutsche Illusion. Deutsch-deutsche Prärie im Zeichen Hollywoods... Nicht nur im Westen hingen Millionen in den 60er und 70er Jahren an den Lippen eines Indianer-Häuptlings. Auch der real existierende Sozialismus hatte sein rotes Pendant. Nun sind beide museumsreif... Karl Mays „Winnetou“ war ein Idealbild, ein utopischer Gegenentwurf zum eigenen Leben, in dem die Sehnsucht nach einer freien, nicht hierarchisch geordneten Gesellschaft genauso zum Ausdruck kommt wie christliche Erlöser-Mythen... All das ist im Frankfurter Filmmuseum zu entdecken. Anhand vieler Filmsequenzen, originaler Kostüme, Szenenfotos, Entwurfskizzen, Drehbücher, Kinotransparente, Zeitungsausschnitte und Requisiten ist zu sehen, wie aus Schauspielern „echte“ Indianer wurden. Sogar das Lederkostüm Winnetous, seine Silberbüchse und ein veritabler Saloon sind zu bestaunen.>

Saarbrücker Zeitung am 10.4.03: <Mach Dir mal ein Bild... Es ist eine Filmausstellung, die kaum Hintergrund-Infor­ma­tionen bietet. Der Besucher wird allein gelassen mit einer Flut von Szenebildern, immerhin thematisch geordnet nach Szenen im Saloon, im Indianerdorf, beim Angriff, im Alltag... Es ist wirklich eine Ausstellung für Nostalgiker, die ihre Jugenderinnerungen von damals ohne theoretischen Krimskrams auffrischen wollen.>

Das Badisches Tagblatt am 3.5.03 schreibt: <Winnetou und seine roten DDR-Blutsbrüder. Filmmuseum dokumentiert „Abenteuer aus dem Indianer-Milieu“> Die Tageszeitung Frankfurt/Berlin am 8.4.03: <Die roten Völker dieses Kontinents... Den Epilog der Ausstellung bildet eines der schönsten Filmbilder der ganzen Generation: Winnetou und sein Blutsbruder Lex Barker alias Old Shatterhand reiten gemeinsam in den Sonnenuntergang. Doch auch dieses Bild ist nicht neu: Schon ein durch den Indianerfotografen Joseph K. Dixon veröffentlichtes Buch trug den Titel „The Vanishing Race“. Das bekannteste Bild in Dixons Buch zeigt einen Indianer im Federschmuck, der in den Sonnenuntergang reitet - kurz davor, in die ewigen Jagdgründe einzugehen: Die Fotografie kündet mit wohligem Schauer vom bittersüßen Ende einer ganzen Kultur - als Gesetz der Evolution, die „Tragik einer sich im Todeskampf noch einmal aufbäumenden Rasse“, wie es in einem Voice-Over-Kommentar des „Schatz im Silbersee“ heißt. So erfüllt der Indianerfilm noch im späten 20. Jahrhundert, was die Indianerfotografie zur Zeit der Landnahme tat: Die Illusion eines ursprünglichen Bildes festzuhalten - als die Politik der physischen Vernichtung, der Vertreibung und Zwangsassimilation schon lange Fakten geschaffen hatte.>

Die Sächsische Zeitung in Dresdner am 5.4.03: <Brüderlich mit Herz und Hand. So ähnlich, so verschieden: Das deutsche Filmmuseum erinnert an die Indianerfilme aus DDR und BRD... Hierin kamen sich die Indianerfilmbücher wieder sehr nahe, im Bekenntnis: Die Indianer hatten in der Geschichte des Wilden Westens „keine Chance mehr. Keine!“ So sagt es stellvertretend der einzige gute Weiße - und davon gab es fast immer nur einen - in „Die Spur des Falken“. Winnetou, Tecumseh, Osceola und Ulzana ahnten oder wussten es; ihr Volk würde untergehen. Dafür lieferten selbst die BRD-Filme trotz aller Ausblenderei keine Entschuldigung.>

Die Freie Presse in Chemnitz am 7.4.03: <Unser Winnetou oder Good bye, roter Bruder! Das Deutsche Filmmuseum dokumentiert Indianerfilme aus Ost und West und klärt den Unterschied zwischen Datschen und Schrebergärten... Die Fotowand im Deutschen Filmmuseum Frankfurt am Main zeigt eine Szene und den Original-Kopfputz aus dem Defa-Streifen „Die Söhne der großen Bärin“ (1966). Die Vorlage für diesen Film war ein Buch der Althistorikerin Liselotte Welskopf-Hen­rich. Die Romane des sächsischen Geschichtenerfinders Karl May dagegen lieferten im Westen von den 60er Jahren an den Stoff für zahlreiche Indianerfilme, in der DDR war May zu dieser Zeit noch verpönt... Da die Datschen, dort die Schrebergärten. So groß waren die Unterschiede eben nicht.>

Mitteldeutsche Zeitung Halle und Saalkreis am 10.4.03: <Rote Brüder reiten zur Freiheit... Es ist der Erfolg, der aus dem Gestern kam: Seit dem Filmstart sorgt der Streifen „Good bye Lenin!“ für Diskussionen. Diskussionen zwischen Ost und West, zwischen Jung und Alt. In einer lockeren Reihe geht die MZ der Frage nach: Ostalgie - jetzt oder nie? Erinnerungen werden wach. Wehten nicht an den Feiertagen zur schönsten Kaffeezeit das Streicherklagen der Winnetou-Melodie über die gedeckten Tische in Ost und West? … Der deutsche Osten bekam seine eigenen Indianer, die meist gerechter als die weißen Besatzer waren. Edler sowieso... Doch das wichtigste an den Defa-Indianern war am Ende doch: Sie waren Brüder. Und rot.>

Gießener Allgemeine und Wetterauer Zeitung, Bad Nauheim, am 3.5.03: <Winnetou und sein roter Bruder... Die Unterschiede wie auch die Gemeinsamkeiten veranschaulicht die Ausstellung im Deutschen Filmmuseum. Die Besucher erhalten einen Einblick in die Geschichte, Produktionsbedingungen, Stars, Dramaturgie und Wirkung der Filme, die Ausstellung selbst folgt deren Atmosphäre.>

Die Rheinpfalz, Ludwigshafen, mit Mittelhaardter Rundschau, Neustadt, und Pirmasenser Rundschau am 3.5.03: <Gemeinsam in die sinkende Sonne reiten...>

Westdeutsche Allgemeine, Essen, am 10.4.03: <Abenteuer am Lagerfeuer. Im Frankfurter Filmmuseum reiten bis 31. August „Winnetou und sein roter Bruder“ in einer Ausstellung über Indianenfilme in beiden Teilen Deutschlands vereint in den Sonnenuntergang... Im Frankfurter Filmmuseum geht man der Frage nach, was den Karl-May-Film made in BRD mit dem Indianerfilm der DDR verbindet, und was beide voneinander trennt.>

Berliner Zeitung am 16.4.03: <Winnetou sieht rot. Eine lückenhafte Ausstellung zu ost- und westdeutschen Indianerfilmen ... Insgesamt wirkt die Schau allerdings wie mit heißer Nadel genäht. Auf den erklärenden Schrifttafeln finden sich vor allem Allgemeinplätze; ein Katalog kam nicht zustande. Wer Genaueres zur Geschichte des Filmgenres und einzelner Projekte wissen will, erfährt wenig.>

General-Anzeiger Bonn am 3.5.03: <Die Söhne der großen Bärin... Gedreht wurden die west- und ostdeutschen Indianerfilme im kostengünstigen, sozialistischen Jugoslawien, da Außenaufnahmen an Originalschauplätzen zu teuer waren. So begegneten sich an den Drehorten und in den Hotels die Filmteams aus Ost und West. Weil Karl May in der DDR verpönt war, stützte man sich auf ethnographische Stoffe. „Die Söhne der großen Bärin“, 1966 als erster Indianerfilm der Defa entstanden, bemühte sich um eine historisch korrekte Darstellung der amerikanischen Ureinwohner, was sich auch in der Ausstattung und Kostümierung widerspiegelte.>

Westfälische Rundschau, Dortmund, am 29.3.03: <Als der deutsche Film den Wilden Westen entdeckte...Die Ausstellung beginnt mit einem verdienstvollen Prolog, der frühe deutsche Indianerfilme vorstellt, die schon Anfang der zwanziger Jahre in Süddeutschland produziert wurden. Es folgen die Bereiche „Landschaften“ mit spektakulären Naturbildern, „Indianer­werdung“ mit der Verwandlung dunkelhäutiger Europäer in Indianer.>

Leipziger Volkszeitung am 17.4.03: <Der ewige Indianer. Gojko Mitic schwingt sich mit 62 Jahren noch ganz locker aufs Pferd, bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg nun schon das zwölfte Jahr in Folge.> Es folgt ein langes Interview.

Frankfurter Allgemeine Zeitung am 10.4.03: <Der Silbersee lag einst bei Plitvice ... Neben zahlreichen Fotos und Dokumenten zur Entstehungsgeschichte der Filme ist das Herzstück der Ausstellung der unmittelbare Vergleich der Produktionen am Bildschirm. In mehreren Stationen werden, nach Themen wie „Saloon“, „Indianerdorf“ oder „Sterben“ geordnet, Filmszenen aus Ost und West gegeneinander geschnitten, und es ist bezeichnend, dass man nur in wenigen Fällen auf Anhieb die Herkunft der jeweiligen Szene erkennt. So dient in den Prügelszenen aus dem unvermeidlichen Saloon vor allem das Grinsen des jungen Götz George als Zeichen für eine westdeutsche Produktion, größere Unterschiede in der Dramaturgie oder in der Ausstattung lassen sich dagegen nicht erkennen.>

Thüringische Landeszeitung Weimar am 29.3.03: <Helden reiten zum Sonnenuntergang.>

Zu den interessantesten Stücken der Sonderausstellung im Erdgeschoss zählen einige gebundene Drehbücher aus dem Nachlass des Produzenten Horst Wendlandt. Daneben gibt es auch im Obergeschoss Exponate mit Karl-May-Bezug zu sehen, so einen Verweis auf Pierre Brices „Winnetou“-Rolle in der Abteilung Maske/Kostüm; besonders eindrucksvoll aber in der Abteilung Dekors/Effekte ein Modell von Karl Mays Geburtsstadt Hohenstein-Ernstthal, wie sie im 19. Jahrhundert ausgesehen haben könnte. Bei diesem Modell handelt es sich um eine Dauerleihgabe des Regisseurs Hans-Jürgen Syberberg aus dessen Karl-May-Film von 1974.

Segeberger Zeitung 7.6.03: <Friedensbote im Wilden Westen.>... Edel war dieser Mensch, hilfreich und gut. Er wird nicht über Michael Herbig und seinen „Schuh des Manitu“ die Nase gerümpft haben. Wenn über Herbigs Witzchen niemand mehr lacht, ist er immer noch da: Karl Mays Vision des friedfertigen Musterindianers...                                                                                                                                                                                               dSch

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Gefunden 2

Warum wird kein bisher unbekannter Original-Karl-May gefunden! (Dieser Gedanke begleitete mich beim Verfassen der Glosse im Heft  KMG-N 136 S. 22). Wo es doch so viele seltene Funde gibt; der Focus 25/2003 am 15.6.03 berichtet z.B. von einem Sensationsfund unter der Bodenplatte im Dom von Siena, Bauarbeiter entdeckten exzellent erhaltene Fresken von Schülern des Duccio di Boninsegna aus dem 13. Jahrhundert. Ach, kaum war das vorige Heft im Entwurf fertig, kam die Meldung: Unbekannte Karl-May-Erzählung von einem Hobby-Historiker auf dem Dresdner Trödelmarkt entdeckt! Die Novelle mit dem Titel „Friede auf Erden“ habe er in der Wochenzeitschrift „Der Beobachter an der Elbe“ (Jahrgang 1874) gefunden. BILD am 10.4.03 textete: ‚Er fand der Ur-Karl May... May-Forscher auf der ganzen Welt jubeln... Es geht um einen geheimnisvollen Mord zur Weihnachtszeit... Das Karl-May-Museum Radebeul, wo alle seine Manuskripte und Schriften gesammelt werden, ist fasziniert‘.

Die Dresdner Neueste Nachrichten am 12.4.03 melden nüchterner: ‚Museum prüft vermeintliche Ur-Erzählung von Karl May. ‘ Die Südthüringische Zeitung am 16.4.03 ist schon skeptischer und sagt offen: ‚Aufgetauchte Novelle nicht von Karl May. ‘ Seither habe ich nichts mehr gehört. Es wäre auch zu schön gewesen.

dSch 

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Freundeskreise

 

Treffen der Berlin-Brandenburger May-Freunde

Dr. Christian Heermann, Vorsitzender des Freundeskreises Karl May Leipzig e. V., stellt seine May-Biografie „Winnetous Blutsbruder“ vor.

Termin: Sonntag, 26. Oktober 2003, 13 Uhr, Gaststätte „Budde-Eck“, 13507 Berlin-Tegel, Budde- Ecke Schlieperstraße, (warm essen möglich, Kuchen etc.), nahe S-Bahnhof Tegel, U-Bahn Alt-Tegel, kostenloses Parkhaus Tegel-Center.

Auskunft: Dr. Michael Zaremba, Gabelweihstraße 4a, 13505 Berlin-Rei­nickendorf, Tel./Fax 030/431 29 70, Email: michael.zaremba@t-online.de

 

Karl-May-Freunde in/um München

Der nächste Treff für ständige und neue Gesprächsteilnehmer ist am 13.Okt.2003

um/ab 18:00 in dem Gasthof ‚Alt-Münchner Gesellenhaus‘ in der Kolpingstr./

Nähe Stachus. Gäste sind herzlich willkommen.

 

Süd-West- Treffen

Die Karl-May-Freunde aus dem Rhein-Neckar-Gebiet laden wieder zu einer Begegnung ein, die am

Samstag, den 25.10.2003 ab 17 Uhr

im Lokal: Mamma Rosa, Dreikönigstr.8

58723 Schwetzingen, Telefon: 06202-4335

stattfinden wird. Gäste und Interessenten sind herzlich willkommen.

Auskünfte durch:

Herbert Kiefer

Panoramaweg 1

76189 Karlsruhe

Tel.: 0721/502085

 

Treffen der Karl-May-Freunde aus dem Großraum Stuttgart

Den Teilnehmern an unserer Zusammenkunft am 15.6.03 wurde wieder einmal verdeutlicht, wie angebracht es ist, beim überschwänglichen Verteilen von Bestnoten etwas mehr Zurückhaltung zu üben; man beraubt sich sonst selbst einer Steigerungsmöglichkeit.

Gewöhnt, bei uns Außerordentliches zu hören, setzte diesmal unser Gast Michael Rudloff von unseren Schweizer Karl-May-Freunden noch eines drauf mit seinem durch Hellraumfolien garnierten Vortrag „Von Afrikaans bis Volapük“ und fesselte damit seine Zuhörer nicht weniger als der MAYster seine Leser. Ein Vortrag der Extraklasse! Nochmals vielen Dank, lieber Michael Rudloff, wir waren alle begeistert, und niemand hat sein Kommen bereut, auch die eigens aus Wörth in Rheinland-Pfalz angereiste junge Karl-May-Freundin nicht. Offenbar werden die KMG-Nachrichten andernorts sorgfältiger gelesen als in der heimischen Region!!!

Verwiesen sei noch mal auf unseren nächsten Termin am 14. 9. 2003 (s. KMG-N 135, S. 56.) Es wird uns, soviel sei verraten, unser Freund Elmar Elbs in die „Faszinierende Karl-May-Bilderwelt“ entführen. Wir freuen uns darauf.

Auskünfte erteilt gern Hartmut Hendel, Tel.: 0711/840 11 26.

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Fundstelle:

Bei Dietmar Grieser: Im Dämmerlicht, (To­desfälle berühmter Europäer), Verlag Knaur, steht im Kapitel über Wilhelm Reichs:

Der erste dieser Hauslehrer - Wilhelm ist gerade sechs geworden - ist ein Jusstudent, der dem Anforderungsprofil seines Brotgebers fast perfekt entspricht: Er ist auch in der deutschen Literatur sattelfest, läßt seinen Zögling Karl May und Peter Rosegger lesen, führt ihn in die Gedankenwelt von Schiller und Kleist ein, begründet dessen besondere Vorliebe für die Zaubergestalten von Wilhelm Hauff. Daß er mit Wilhelm auch Ausflüge in die Natur unternimmt, ihn in der Kunst des Schmetterlingfangens und -sammelns un­terweist und mit ihm Gymnastik treibt, macht Lehrer und Schüler beinah zu Freunden. Und gar die Lektionen in den klassischen alten Sprachen! Allein der Wohlklang des Wortes »Latein« versetzt den wißbegierigen Halbwüchsigen in helles Entzücken.

Eingesandt: Jürgen Speh, Kleve

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Aus vergilbten Blättern

Winnetou auf der Bühne und in der Villa Bärenfett

Den Abschluß unserer Zitate aus historischen Zeitungsartikeln sollen zwei Betrachtungen zum Phänomen Karl May bilden, die auf den ersten Blick so gar nicht zu den Daten ihres Erscheinens passen wollen: Im ersten Jahr des Krieges galten nun schon „die Zeiten des Sonnenauf- und –untergangs“ als „verbindlich für den Beginn und den Schluß der Verdunkelung.“ Wie unromantisch – da konnte man mit einem Rückblick auf die Leseabenteuer der Jugendzeit doch versuchen, die jungen Leser nicht nur für die Heldentaten Old Shatterhands sondern auch für die realen Heldentaten, die der Krieg von ihnen forderte, zu begeistern. In den zwölf Jahren des Nationalsozialismus prägten leider nicht wenige Texte dieser Art das Karl May-Bild.


Karl Mays »Winnetou« auf der Bühne von Wilhelm Hüsener in der Chemnitzer Tageszeitung vom 14. März 1940 nimmt eine Bühnenaufführung von Winnetou nur zum Anlaß, die Mayschen Romanfiguren zum nationalsozialistischen Heldenideal umzudeuten.

Die bevorstehende Aufführung des Schauspiels Winnetou, das nach Karl Mays Reiseerzählungen von Ludwig Körner geschrieben wurde, soll uns Veranlassung sein, ... uns an der Romantik Karl Mays zu erfreuen. Zum Glück ist es heute in Deutschland und besonders in Sachsen nicht mehr so, daß gewisse Zeitgenossen die Nase rümpfen, wenn sie hören, daß man sich – auch noch in vorgerückteren Jahren – an den Werken des populärsten deutschen Jugendschriftstellers erfreut. ... Bei Karl May gilt der Feigling nichts. Die Tugenden, die heute die deutsche Jugend gelehrt werden, machen auch in den Werken Karl Mays erst den richtigen Mann aus: Tapferkeit, Entschlußkraft, Mut, Pflichtbewußtsein, Edelsinn, Bereitschaft zu selbstloser Hilfe, Heimatgefühl, Stärke des Blutes, Vertrauen auf die eigene Kraft und schließlich auch Treue und Gehorsam zu dem selbstgewählten Führer. ... Einer der bekanntesten Männer dieser Art aber ist Winnetou, der große Häuptling der Apatschen. Seine Gestalt steht jedem deutschen Jungen und überhaupt jedem Volksgenossen, ... so greifbar vor Augen, als wäre er ein Recke unserer alten deutschen Heldensagen. Denn Karl May hat ihn mit denselben Eigenschaften ausgestattet, die die stolzen Helden deutscher Vergangenheit so vorbildlich für jeden deutschen Jungen werden ließen. ... Es ist durchaus zu begreifen, daß sich der legendären und doch so volkstümlichen Gestalt Winnetous auch unsere Bühnen bemächtigt haben. Denn wieviel Stoff für ein wirkungsvolles Drama bieten doch allein die drei Winnetou Bände ...! Daß Karl May ein echter Sohn seiner sächsischen Heimat war, zeigen besonders die letzten Bände seines umfangreichen Schaffens. ... Den Schauplatz des Bandes 64 hat er nach dem Erzgebirge verlegt. So unheimlich der Titel Das Buschgespenst ist, so unheimlich ist auch die ganze Handlung. ... Bei aller Bewegtheit der Handlung findet aber Karl May doch immer wieder Gelegenheit, das Los der armen Weber zu schildern und das Mitgefühl für sie bei seinen Lesern zu erwecken. ... (Gekürzt. sis)

Villa Bärenfett von Hans Heinz Stuckenschmidt (1901-1988), dem Musikkritiker und späteren Professor für Musikwissenschaft in Der Neue Tag/ Prag vom 12. Oktober 1940. Mit einem Anflug von Skepsis und Selbstironie angesichts drohender – und erfolgter - Zwangsrekrutierung des Autors erscheint der Artikel wie ein romantisches Abtauchen in den „Bann der Gestalten, die meine Knabenträume bevölkert haben.“

Allzu vertraut leuchtet die Patina auf Dresdens Barockdächern. Hofkirche und Opernhaus haben mir nichts Neues zu bieten; das schöne Geviert des Zwingers, auf dem die Ornamente schäumen, wie kleine Wellen eines chinesischen Ozeans, habe ich von Ost und West und von Nord nach Süd durchmessen. Rubens’ Herakles und die schönste Dresdnerin (sie stammt eigentlich aus Urbino), Raphaels Sixtina, sind zur Zeit nicht zu sprechen. ... Da springt mich eine Intuition an: Dresden-Radebeul – Old Shatterhand. ... Schon die Straßenbahnfahrt ist nicht ohne Abenteuer. ... Endlich, tief in der Gartenvorstadt Radebeul, halten wir an der Ecke Schildenstraße. Alle meine Gedanken sind im Banne der Gestalten, die meine Knabenträume bevölkert haben. ... Da bin ich schon; zwei Schilder am Gattertor des weißen Hauses fordern zum Klingeln auf, „May“ steht auf einem, „Museum“ auf dem anderen. Ich entscheide mich für den anderen, und alsbald erscheint ein Knabe, öffnet die Tür und bedeutet mich, in den Garten zu kommen. ... schon erspähe ich ein Blockhaus ... Am Eingang prangt ein Name – wie könnte er anders lauten – „Villa Bärenfett“. Klopfenden Herzens trete ich ein. ... Sieh dich um, Fremdling, und bewundere. ... Da liegen zierliche Mokassins, daneben Frauengewänder, auf die mit Stachelschweinborsten Perlen gestickt sind. Hier hängt der Skalp eines Soldaten des siebenten Kavallerieregiments der USA, ... Auch die Häute von Bisons und Hirschen sind sehenswert; ... Soweit ist alles wie in einem ethnographischen Museum; nur die Unterschriften zeigen manchmal die blühende Sprache des Abenteuerromans. ... Anderes freilich gehört mehr in die Kategorie des Kunstgewerbes: da steht die Hau-Kola-Bronze, ein Geschenk des Herrn Hans Stosch-Sarrasani. ... Der Kunstkenner feiert hier Wiedersehen mit dem Maler Elk Eber, einem der Prominenten aus dem Münchner Haus der Deutschen Kunst. Von ihm stammen mehrere Gemälde im Karl-May-Museum, darunter die riesige Darstellung der Custerschlacht, bei der heldenmütige Indianer sich gegen amerikanische Truppen verteidigten.

All das ist nun keineswegs, wie man wohl glauben möchte, von Karl May gesammelt worden. Wir lernen den Herrn dieser Schätze gleich an der Haustür kennen; es ist Patty Frank, ein geborener Wiener, der ... lebenslang im Banne Karl Mays gestanden hat. ... Tragisch an solcher Heldenverehrung ist, daß Frank dem Helden nie begegnet ist; ... Als Frank nach Radebeul kam, lebte nur Frau Klara May, die auch heute noch den Nachlaß verwaltet. Doch auch Erinnerungen an Karl May selbst birgt die Villa Bärenfett. ... Wir finden seine Zeugnisse aus dem Plauener Lehrerseminar und freuen uns, daß er bei der Musikprüfung mit Auszeichnung für Theorie, Singen und Geigenspiel, mit dem Prädikat gut für Orgel und Klavier abgeschnitten hat. Auch ein Notenblatt von seiner Hand ist unter Glas zu sehen, neben den vielen Zeugnissen schriftstellerischen Fleißes. ... Auf der Tür zum Notausgang ist ein Plakat angebracht, das einen Wiener Vortrag Karl Mays über das Thema „Empor ins Reich der Edelmenschen“ ankündigt. Öffnet man diese Tür, so erschreckt einen die erhobene Pranke eines gewaltigen, zum Glück ausgestopften braunen Bären. Soll damit angedeutet werden, der Weg zum Edelmenschentum ist von Unholden bedroht? Karl Mays Tod anno 1912 hat Hunderttausende von Lesern seiner (in fünfzig Sprachen übersetzten) Bücher gerührt. Das Bild des Grabmals gehört zu den merkwürdigsten Eindrücken der Sammlung: überlebensgroße Engel aus weißem Marmor zieren es, eine zarte Seele bewillkommend und ins Jenseits geleitend Bevor man das Museum verläßt, öffnet die weiße Squaw mit feierlicher Miene einen Glasschrank und spricht: „Hier sind Karl Mays Gewehre, der Henrystutzen mit einem Magazin von 17 Schuß, die Silberbüchse und der Bärentöter.“ Mit fragender Andacht betrachte ich die Waffen Old Shatterhands und Kara ben Nemsis. Ob er sie wachend oder träumend benutzt hat? ... Die 15 trägt mich aus der Peripherie zurück und ich habe Etwas dazugelernt. Wenn die Welt sich in ein System von Rationalismen aufzulösen droht, wenn alles klar, logisch und gesichert erscheint, dann schafft sich menschliche Phantasie ein Ventil. Sie flieht in romantische Bezirke, in halb unterbewußte Traumreiche, in imaginäre Landschaften und Regionen, wo die Tugend dicht neben der Bosheit lebt. Der Positivismus des 19. und 20. jahrhundert hat eine Reihe solcher Reaktionen hervorgerufen; eine der reizvollsten davon ist die Reise- und Abenteuerwelt Karl Mays. ... (Gekürzt. sis)

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Wolfgang Sämmer

Aus dem Zeitungsarchiv der Karl-May-Gesellschaft

In den vergangenen Wochen wurde in der KMG-Mailingliste auch über „May und Verne“ diskutiert. Das Zeitungsarchiv der KMG ist in der Lage, zu gerade diesem Thema eine zeitgenössische Stimme beizusteuern. In der Nr. 7 des „Litteraturblattes für katholische Erzieher“ (Verlag Ludwig Auer, Donauwörth) aus dem Jahr 1896 erschien nämlich dieser Beitrag:

Ueber Karl May und Jules Verne.

Von den Einsendungen, die auf unsere Anfrage betreffs dieser beiden Schriftsteller eintrafen und für welche wir hiermit unsern besten Dank aussprechen, bringen wir zunächst eine derselben vollständig zum Abdruck.

Der hochwürdige Herr Pfarrer J. Riotte von Zemmer bei Trier schreibt uns: (1)

Die verehrl. Redaktion des Litteraturblattes für katholische Erzieher hat den Wunsch ausgesprochen, aus dem Leserkreise Urteile über Karl May und Jules Verne zu erhalten. Ich erlaube mir deshalb, im folgenden meine persönliche Ansicht über beide Schriftsteller zu sagen.

Man nennt Karl May ja sehr oft den deutschen Jules Verne. Ob ganz mit Recht? Es mag verhältnismäßig wenige Deutsche geben, die beide Schriftsteller gelesen, wenigstens Jules Verne im französischen Text. (Seine Schriften sind ja in mehreren Uebersetzungen erschienen, die aber zum Teil von nur geringem Werte sind.) Wenn ich bedenke, mit welcher Begeisterung wir im College den Jules Verne lasen (ich bemerke, daß ich meine Studien zum Teil in Frankreich gemacht habe), dann bezweifle ich, ob je ein deutscher Student seinen Karl May so hoch geschätzt hat. Es war ein wahres Unglück (...), wenn aus irgend einem Grund unsere übrigens herrlich ausgestattete Schülerbibliothek einmal nicht geöffnet wurde. Damals mag es allerdings blinde Begeisterung gewesen sein, aber was will ein Schriftsteller  denn anderes erreichen?

Später habe ich sämtliche bisher erschienenen Werke von Karl May gelesen. Auch für mich war May der Hauptanziehungspunkt des Hausschatzes und ich werde wohl einer der ersten gewesen sein, welche (sic) die ganze Sammlung bei Fehsenfeld sich erstanden. Karl May hat auch mich in hohem Grade begeistert und noch heute lese ich ihn mit großem Vergnügen.

Was ich vor allen Dingen an May schätze, ist die geographische Richtigkeit seiner Zeichnungen, sowie das tiefe Eindringen in Sprache, Sitte und Leben der Völker. Im verflossenen Jahre gab ich einem Oheim, der 26 Jahre lang in Alexandrien lebt und als Großhändler ganz Aegypten kennt, einen Band von May (über Aegypten handelnd) zur Lektüre. Was hältst du davon? frug ich dann. – „Das ist herrlich, der Mensch muß dort gewesen sein!“ und dann verfolgten wir beide unsern Helden beinahe auf Schritt und Tritt auf einer vorzüglichen Handelskarte. Mit Recht rühmt man an May die lebendige Sprache, die blühende Phantasie, die nie versiegende Findigkeit, auch die tiefe Religiosität, die oft in seinen Werken hervortritt; in der That, Karl May steht turmhoch über den meisten, ja den allermeisten Jugendschriften irgend eines andern Verfassers.

Und doch finde ich manches, was ihn in meinen Augen unter Jules Verne treten läßt. Trotz aller Phantasie, trotz der großen Entfernungen, in welchen die verschiedenen Erlebnisse spielen, liegt doch in allen Romanen Mays etwas, was Eintönigkeit bei dem erzeugt, der sie eben alle liest: es sind eben lauter Reiseerlebnisse, alles spielt sich innerhalb geographischer Grenzen ab. Wie reich ist dagegen die Phantasie des Franzosen: kein Land der Erde, das er nicht schildert, kein Meer, auf dem seine Helden nicht Sturm und Wetter erleben; er führt uns auf den tiefsten Grund des Meeres, vom Nordpol zum Südpol, viel schneller und leichter als Nansen es kann; ja, den Mond selber holt er uns herunter oder besser gesagt, er führt uns hinauf; sage keiner, das ist verrückte Träumerei. Verne hat viel studiert für seine Werke; Astronomie und Elektrotechnik, Physik und Chemie, Geschichte und Geographie, alle Gebiete des Wissens hat er gründlich durchgearbeitet, denn er wollte keinen puren Unsinn schreiben. Einzelheiten hier anzuführen führt zu weit; aber ich darf versichern, daß wir als Schüler des College auf allen Gebieten des Wissens etwas von Verne gelernt haben. Er hat es verstanden, uns für sonst Fernerliegendes zu gewinnen und zu begeistern. Insofern sind die Werke Jules Vernes sicherlich viel mannigfaltiger als die Erlebnisse Karl Mays.

Dann glaube ich auch sagen zu dürfen, daß die ganze Anlage bei Verne mehr den feinen, gebildeten Ton einhält, als dies bei May der Fall ist, oder auch nur sein könnte, denn die Helden des Karl May sind alles andere eher als Salonherren; selbst Winnetou, der rote Gentleman, kann manchmal sehr barbarisch roh sein und der Name „Schmetterhand“, den Karl May in den Prairien Nord-Amerikas führt, deutet auch nicht auf die strenge Beobachtung der Etikette der feinern Gesellschaft. Ich will gewiß unserm May keinen Vorwurf machen, daß es so ist; nein, seine Helden sollen so sein, wie sie sind, oder sie sind überhaupt nicht. Aber der Franzose ist eben feiner in allen seinen Formen, eleganter in der Ausdrucksweise; das ist aber sicherlich kein Nachteil.

Sodann erlebt Karl May immer alles selber; er erfindet die besten Pläne, teilt die wuchtigsten Hiebe aus, hat das beste Pferd, das beste Reitkamel, immer ist er der Held. Bescheiden ist das gerade nicht, wenn es auch die Schilderung belebt und das Interesse weckt. Jules Verne ist nirgends selbst dabei; er erzählt nur von andern; das scheint uns nobler zu sein.

Ein Vorzug Karl Mays vor Jules Verne ist aber der Umstand, daß Karl May auch das religiöse Moment in seinen Erlebnissen mitwirken läßt. Unzweifelhaft ist es von nur günstigem, segensreichem Einfluß auf den Leser, wenn Karl May immer und immer wieder darauf hinweist, daß die Religion, und zwar die christlich-katholische, alle Lagen des Lebens beherrschen soll. Da möchte ich ganz besonders auf die Kalender-Erzählungen Mays hinweisen.

Ich mag nicht mehr Einzelheiten anführen und vergleichen; die Zeit fehlt mir dazu.

Wer von beiden ist der größere? Jeder ist in seiner Art Meister und zwar bis jetzt unübertroffener Meister. Jeder hat Schönheiten, durch die er über andere hervorragt. Freuen wir uns beider, und sorgen wir, daß unsere Jugend sich an ihnen erfreut, erbaut und bildet.

(1)    Die übrigen uns eingesandten Urteile sollen dann in nächster Nummer an anderer Stelle Berücksichtigung finden, in der auch bekannt gemacht wird, welchen von den verehrten Einsendern das Los eines der in Aussicht gestellten Bücher verschafft hat. (Das Zeitungsarchiv wird sich bemühen, auch diese Stimmen für die KMG-Nachrichten auszugraben)

Wollte Karl May überhaupt mit Verne verglichen werden? Ja und nein. So soll er dem

Schriftsteller Karl Storck im Jahre 1892 geschrieben haben, „er betrachte als

höchsten Ehrentitel den Namen des ‚katholischen Jules Verne’, als den ihn ein

Bischof bezeichnet habe“. 1899 dagegen gab er dem süddeutschen Kritiker Recht,

der geäußert hatte: „May mit Verne zu vergleichen, ist barer Unsinn; sie stehen

einander ferner als je zwei andere beliebige Autoren.“

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