Der Gute Kamerad
3.Jahrgang, No. 49, Seite 769
Reprint Seite 274


oder

Kong-Kheou, das Ehrenwort.

Von K. May.

Verfasser von "Der Sohn des Bärenjägers", Geist der Llano estakata".

(Fortsetzung.)

Richard war still. Er pflegte sich überhaupt am liebsten schweigend zu verhalten. Jetzt nahte der Augenblick, an welchem er den Oheim sehen sollte. Das ergriff ihn auf das tiefste. Seine Augen waren feucht, und es that ihm herzlich leid, daß er sich nicht in die Arme des Verwandten werfen konnte. Man hatte die Nahenden gesehen. Die Arbeiter oben vor dem Hause riefen laut und jubelnd, daß der T'eu komme. Viele kamen ihm entgegen, um die ersten zu sein, welche ihn begrüßten. Die andern bildeten eine Gasse, durch welche die Ankömmlinge zu dem Manne ritten, welcher an einem Tische gestanden hatte, der von Münzen ganz bedeckt war. Er kam ihnen entgegen und begrüßte den T'eu auf chinesische Weise, so wie es unter Gleichstehenden geschieht.

Stein war lang und hager, über sechzig Jahre alt. Zwar trug er keinen Zopf, aber sein langes Haar hing unter dem Hute hervor. Es war silberweiß. Sein scharf geschnittenes Gesicht zeigte tiefe Falten, die Spuren langer körperlicher und auch geistiger Anstrengung. Man sah es diesem Gesichte an, daß der Mann einen festen, selbständigen Charakter habe, und doch lag eine freundliche Milde, welche dem Beschauer wohl that, über dasselbe ausgebreitet.

Der T'eu und dessen Leute waren für ihn gewöhnliche Erscheinungen. Als sein Auge aber auf die andern fiel, zog er erstaunt die Brauen empor und rief:

»Nguot! Y-jin - was sehe ich? Das sind ja Fremde!«

»Ja, Europäer!« antwortete van Berken.

»Ihre Kleidung läßt das vermuten.«

»Und ich halte es für meine Pflicht, sie Ihnen vorzustellen, denn ich bin derjenige, welcher die Herren zuerst kennen lernte und ihnen sein Leben zu verdanken hat,« fiel Liang-ssi ein. »Sie werden das nachher ausführlich erfahren. Jetzt vor allen Dingen ihre Namen. Dieser Herr, dem es beliebt hat, die Kleidung eines chinesischen Mandarinen anzulegen, ist der Seekapitän Heimdall Turnerstick aus London, auf dessen Schiff die andern Herren eine Reise um die Welt machen. Sie sind Studenten der Universität zu - zu - zu - - - «

Seine geographischen Kenntnisse ließen ihn hier im Stiche.

»Zu Oxford,« kam ihm der Methusalem zu Hilfe.

»Ja, zu Oxford; ich hatte das schwere Wort schon wieder vergessen. Es sind die Herren - - -«

Und nun nannte er Namen, wie sie ihm gerade einfielen und von denen er wußte, daß es englische seien.

Diese Vorstellung war natürlich in chinesischer Sprache erfolgt. Der T'eu erklärte, daß diese Fremdlinge ihm große Dienste erwiesen hätten, weshalb er ihnen seine ganz besondere Freundschaft schenke. Stein erfuhr von ihm, daß die Engländer gekommen seien, seine berühmten Werke in Augenschein zu nehmen, und sich freuen würden, in ihrer Heimat konstatieren zu können, daß sich in China auch eine in vorzüglicher Weise ausgebeutete Petroleumquelle befinde.

Er bewillkommnete sie auf das herzlichste, und zwar in englischer Sprache, und lud sie ein, seine Gäste zu sein und bei ihm zu verweilen, so lange es ihnen gefalle.

Als sie nun abstiegen, bemächtigten sich die Arbeiter schnell der Pferde, um dieselben nach den Stallungen zu führen; die Gäste wurden von dem Wirte selbst nach dem Empfangssaale geleitet. Dieser, das größte im Parterre gelegene Zimmer, war ganz in chinesischer Weise eingerichtet und enthielt so viele Tische und Stühle, daß zu vermuten war, der Onkel Daniel sehe oft zahlreiche Gäste bei sich.

Er bat sie, sich einstweilen niederzulassen, bis er seine Befehle erteilt habe, und entfernte sich dann. Der T'eu und Liang-ssi gingen mit ihm, ohne daß er sie dazu aufgefordert hatte. Es war jedenfalls ihre Absicht, ihm zu erklären, daß seine jetzigen Gäste alle Rücksicht und Aufmerksamkeit verdienten.

»Dat also ist der Onkel Daniel,« sagte der Gottfried. »Wie jefällt er dich?«

Richard, an den diese Frage gerichtet war, antwortete nicht. Er wäre nicht im stande gewesen, ein Wort zu sagen, so groß war seine innere Bewegung.

»Dumme Frage!« zürnte der Methusalem.

»Ja, ich bin jetzt Herr Jones aus Oxford. Wo soll da die Jescheitheit herkommen! Einen jeistreicheren Namen konnte Liang-ssi nicht für mich finden. Uebrijens jefällt es mich hier ausnehmend jut. Nur scheint der Onkel ein sehr unvorsichtiger Mann zu sein. Er hat dat viele Jeld draußen liejen lassen, und die Chinesigen stehen dabei um den Tisch herum!«

»Es wird keiner das Geringste davon nehmen,« antwortete van Berken, welcher bei ihnen geblieben war. »Sie haben den Herrn so lieb, daß sie einen, der ihn nur um einen Li bestehlen wollte, sofort ausstoßen würden. Es ist eben jeder Mensch gut, wenn er richtig behandelt wird.«

In kurzem kehrte der Oheim mit dem T'eu und Liang-ssi zurück. Er sagte den Deutschen in doppelt höflichem Tone, daß er erfahren habe, was Liang-ssi ihnen verdanke, und wiederholte seine Bitte, möglichst lange bei ihm zu bleiben und sich ganz als zu seiner Familie gehörig zu denken.

»Eigentliche Familie habe ich nicht,« fügte er hinzu. »Meine Arbeiter bilden meine Familie, und willkommene Gäste, wie Sie sind, betrachte ich, so lange sie sich bei mir befinden, als Anverwandte von mir. Betrachten Sie sich also als Mitherren meines Hauses und verschweigen Sie keinen Wunsch, welchen ich Ihnen erfüllen kann. Jetzt werde ich Ihnen die Zimmer anweisen, welche Sie bewohnen sollen.«

Er führte sie eine Treppe höher. Dort brachte er sie zunächst in seine eigene Wohnung, welche ganz auf europäische Weise eingerichtet war. Sie bestand aus Wohn-, Schlaf- und Arbeitsstube, und es gewährte ihm augenscheinlich großes Vergnügen, als der Methusalem erklärte, daß man sich hier wie daheim im Vaterlande fühlen könne.

»Ich habe noch ein solches Zimmer,« sagte er, »für Europäer bestimmt. Es kommt zuzeiten vor, daß ich aus Kanton oder Hongkong den Besuch eines solchen erhalte, oder daß ein Mandarin, welcher sich vorübergehend bei mir befindet, das Verlangen hegt, einmal auf europäische Weise zu wohnen. Solche Herren erhalten die betreffende Stube, welche nun Sie bewohnen werden, Herr Williams.«

So war nämlich der Student von Liang-ssi genannt worden. Er erhielt ein allerliebstes Gaststübchen, in welchem sich allerdings auch ein Mandarin wohl fühlen konnte. Neben ihm kam Richard mit dem Gottfried und neben diesen Turnerstick mit dem Mijnheer zu wohnen.

Der Methusalem sprach sehr gut englisch und hatte es auch Richard daheim gelehrt. Beide konnten als Engländer gelten. Anders war es mit dem Gottfried, der zwar ein Hundert Worte leidlich radebrechte, aber doch keins hören lassen durfte, weil der Onkel es sonst sofort bemerkt hätte, daß er unmöglich ein Herr Jones aus Oxford sein könne.

Nun entschuldigte sich der Hausherr, daß er sich für einige Zeit entfernen müsse, da er sich mit den Arbeitern zu beschäftigen habe. Er werde ihnen aber Herrn van Berken senden, der ihnen Gesellschaft leisten möge.

Kurze Zeit später wurden ihnen Erfrischungen gebracht, und dann kam der Belgier, um ihnen zu melden, daß er ihnen zur Bedienung und als Führer kommandiert sei, falls sie Lust hätten, das Etablissement in Augenschein zu nehmen.

»Ja, ik wil het olie zien; ik ga met - ja, ich will das Oel sehen, ich gehe mit,« sagte der Dicke.

Die andern stimmten bei. Nach dem langen Sitzen im Sattel war ein Spaziergang ganz angenehm, und so begannen sie denn ihren Rundgang durch die weit ausgedehnten Einrichtungen des Etablissements.

Keiner von ihnen hatte bisher gesehen, in welcher Weise das Petroleum gewonnen und zubereitet wird. Van Berken führte sie überall hin und erklärte ihnen alles. Es war genau, als ob sie sich an einem großen Petroleumorte Amerikas befänden, und sie vermochten sehr bald, sich ein Bild von der Bedeutung zu machen, welche Onkel Daniel für diese Gegend und auch die ganze Provinz hatte.

Am befriedigtsten zeigte sich der Mijnheer. Er war ganz entzückt über das großartige Werk. Er lauschte mit größter Aufmerksamkeit, als van Berken herrechnete, was dasselbe dem Besitzer einbringe. Er betrachtete alles mit doppelter Aufmerksamkeit, sprach mit sich allein, scheinbar das kunterbunteste Zeug, war von manchen Stellen gar nicht wegzubringen und erklärte endlich in entschlossenem Tone:

»Ho-tsing-ting is goed, is zeer goed. Ik word het olie koopen - Ho-tsing-ting ist gut, ist sehr gut. Ich werde das Oel kaufen!«

»Das ist doch Ihr Ernst nicht!« meinte der Ingenieur.

»Niet? Zegt gij eenmal, uw broeder spreekt ook nederlandsch?«

»Ja.«

»En hij komt in waarheid naar Ho-tsing-ting?«

»Gewiß. Er wird schon in nächster Woche in Kanton eintreffen, wo ich ihn abholen werde.«

»Zoo blijf ik hier en koop al het olie. Ik heb vervolgens twee menschen hier, met welken ik nederlandsch spreken kan - so bleibe ich hier und kaufe das ganze Oel. Ich habe nachher zwei Menschen hier, mit welchen ich niederländisch reden kann.«

»So würden Sie uns als Ingenieure behalten?«

»Ja, op mijne eer, dewijl ik niets weet van den olie - ja, auf meine Ehre, weil ich von dem Oele nichts verstehe.«

»Nun, Sie könnten sich auch ganz auf uns verlassen.«

Er sagte das, indem er aus Höflichkeit auf den Gedanken des Dicken einging, glaubte aber nicht, daß es demselben wirklich ernst damit sei. Dann führte er sie in seine Privatwohnung, welche aus dem Parterre eines netten Häuschens bestand, dessen hübsches Obergeschoß auch schon für seinen Bruder eingerichtet war.

Es waren einige Stunden vergangen, ehe sie wieder nach dem Hauptgebäude zurückkehrten. Der Abend dämmerte bereits stark, und durch die Fenster, welche hier aus Glas bestanden, strahlte das Licht der Lampen. Vor dem Hause war es still und ruhig, aber unten in den Arbeiterwohnungen und vor denselben schien ein reges Leben zu herrschen. Das hatte seinen guten Grund und auch einen ebenso guten Zweck.

Liang-ssi hatte einigen der Werkmeister erzählt, daß er den fremden Mandarinen sein Leben zu verdanken habe. Er war eine sehr beliebte Persönlichkeit. Darum hatten diese Werkmeister die Kunde schnell weiter verbreitet, und nun war die ganze, große Arbeiterkolonie mit gewissen Vorbereitungen beschäftigt, welche darauf hinzielten, den Fremdlingen zu zeigen, daß man sie ehre.

So etwas kann in China unmöglich ohne Feuerwerk geschehen. Der Chinese ist ein geborener Pyrotechniker. Alles, alles muß er befeuerwerken, und die Regierung legt ihm dabei nicht das geringste Hindernis in den Weg. Während es in andern Staaten aus wohlbegründeter Ursache der obrigkeitlichen Genehmigung bedarf, ein Feuerwerk abzubrennen, sieht man in China täglich alt und jung sich damit belustigen, ohne daß jemand etwas dagegen hat. Man tritt aus seiner Hausthür und wird von brennenden Fröschen umhüpft. Man biegt um eine Ecke, und eine funkensprühende Schlange züngelt einem entgegen. Man erblickt zur Zeit des Neumonds ganz erstaunt den Vollmond am Himmel und bemerkt erst nach einigen Minuten, daß es ein künstlicher, täuschend nachgemachter ist. Bevor die Straßenthore zugesperrt werden, sieht man überall Feuerwerkskörper hüpfen, springen, schießen, fliegen und schwirren, und das in ganz engen Gassen, deren Häuser aus dem ausgedorrtesten Holzwerke bestehen. Wollte die Regierung ein Verbot dagegen erlassen, so wäre mit fast mathematischer Gewißheit eine allgemeine Empörung zu erwarten.

Es verstand sich ganz von selbst, daß auch die Arbeiter von Ho-tsing-ting solche Feuerwerker waren. Sie rüsteten sich, nach eingebrochener Dunkelheit zu Ehren der fremden Gäste ihre Künste sehen zu lassen.

Der Methusalem hatte sich noch nicht lange in seinem Zimmer befunden, so erschien der Onkel in eigener Person, um ihn zur Tafel zu holen. Seine Kameraden wurden ebenso benachrichtigt und folgten nach dem großen, auch im Erdgeschoß liegenden Speisesaale. Die Wände desselben waren ganz chinesisch; aber die beiden langen Tafeln, welche in der Mitte standen, hatten die doppelte Höhe chinesischer Tische und waren ganz auf europäische Art und Weise gedeckt. Es gab Messer, Gabeln und Löffel, aber keine Speisestäbchen. Zwischen dem feinen chinesischen Porzellangeschirr standen gold- und silberhalsige Weinflaschen, bei deren Anblick der Dicke den Gottfried am Arme zupfte, indem er ihm zuraunte:

»Ziet gij deze fleschen? Dat is wijn - sehen Sie diese Flaschen? Das ist Wein!«

»Und ob! Ich glaube, dat es sojar Schamplanscher ist. Na, ich werde mir da nicht werfen lassen!«

»Ik ook niet, waarachtig niet - ich auch nicht, wahrhaftig nicht!«

An der einen Seite stand ein Pianino. Van Berken erklärte dem Methusalem, daß er es von Onkel Daniel als Weihnachtsgeschenk erhalten habe, doch unter der Bedingung, daß es hier stehen müsse. Der Onkel war großer Musikfreund, konnte aber nicht spielen. Es bereitete ihm die größte Freude, wenn der Ingenieur die Saiten erklingen ließ.

Der T'eu war mit seinen Leuten schon da. Sie saßen bereits an der Tafel, an welcher der Methusalem den Ehrenplatz bekam.

Die Gerichte waren meist auf europäische Weise zubereitet. In dieser Beziehung befragt, erklärte der Onkel, daß er sich einen französischen Koch aus Hongkong habe kommen lassen.

Die Erzeugnisse dieses Künstlers erhielten von keinem so feurigen Beifall wie von dem Mijnheer. Bei jedem neuen Gange wurde sein rotes Gesicht um einen Ton dunkler. Er fand nicht Worte genug, all die bekannten und unbekannten Gerichte nach Gebühr zu loben, und als gar der erste Champagnerpfropfen gegen die Decke flog, da hätte er am liebsten alle Welt vor Seligkeit umarmen mögen. Da er nicht als Engländer, sondern als Holländer vorgestellt worden war, so konnte er sich getrost seiner Muttersprache bedienen, was zur Folge hatte, daß der Onkel ihm zuweilen einige Worte in deutscher Sprache zuwarf.

Dieser letztere stand, als man sich endlich beim Nachtische befand, auf, trat an das Instrument, öffnete es und bat seinen Ingenieur, ein Stück vorzutragen. Dieser kam der Aufforderung gern nach. Er spielte einen leichten Tanz, das beste, was er konnte, und doch erregte er das Staunen aller anwesenden Chinesen.

Draußen vor den Fenstern, welche wegen der im Zimmer herrschenden Hitze geöffnet worden waren, versammelten sich die Feuerwerkslustigen. Sie wagten kaum zu atmen. Als aber dann der Methusalem sich unaufgefordert an das Instrument setzte und die Finger kühn über die Tasten fliegen ließ, da war die Bewunderung doppelt groß. Er war ein sehr guter Pianist und ließ hier hören, daß er etwas gelernt hatte. Als sein letzter Ton verklungen war, erbrausten draußen die Zurufe der Hörer, dann aber begann ein Krachen und Zischen, ein Schwirren und Schmettern, daß man sich die Ohren hätte zuhalten mögen. Das Feuerwerk begann.

Die Gäste traten vor das Haus. Was sie sahen, übertraf die Erwartungen, welche sie geglaubt hatten, hegen zu dürfen, da sie keine gelernten oder vielmehr studierten Feuerwerker vor sich hatten.

Die Chinesen begannen mit ganz gewöhnlichen Dingen, mit Fröschen, Kanonenschlägen, Feuerrädern und Leuchtkugeln. Dann gingen sie zu schwierigeren Sachen über. Die Kugeln bildeten Worte und Bilder. Eine große Leuchtkugel stieg empor, ihr nach eine zweite. Beide platzten. Aus der ersten schoß eine lange, feurige Schlange, aus der andern ein glühender Drache, welcher ihr in immer engeren Spirallinien folgte, bis beider Köpfe auch platzten, um hundert und aber hundert kleine Schlangen und Drachen erscheinen zu lassen. Eine kugelrunde Papierlaterne, in welcher ein Lichtchen zu brennen schien, stieg langsam empor. Hoch oben stand sie still, aus ihr stiegen ein Mond, der sie langsam umkreiste, dann Sterne, welche sich in weiteren Kreisen um sie bewegten. Sie bekam Zacken und Strahlen und entwickelte sich zur hellleuchtenden Sonne, bei deren Glanze man die feinste Druckschrift hätte lesen können.

So wie die Arbeiter vorher das Klavierspiel des Methusalem bewundert hatten, so staunte er jetzt ihre pyrotechnischen Leistungen an, welche erst nach Verlauf einer vollen Stunde endeten.

Die Zuschauer kehrten in das Zimmer zurück, wo der Onkel abermals die Pfropfen springen ließ. Degenfeld wurde ersucht, nochmals zu spielen. Er gab Richard einen Wink, und dieser setzte sich an das Instrument. Er war sehr musikalisch veranlagt und konnte sich hören lassen, da er einen ausgezeichneten Musiklehrer hatte. Während er spielte, raunte der Gottfried Turnerstick zu:

»Wo alle lieben, soll da Jottfried janz alleine hassen? Ich werde auch wat zum besten jeben.«

»Sie?« lächelte der Kapitän. »Doch nicht etwa auf Ihrer Oboe?«

»Auf wat denn sonst? Etwa auf dem Wurstkessel? Ich habe doch kein andres Instrument!«

»Na, das würde eine schöne Geschichte werden.«

»So! Sie trauen mich nichts zu?«

»Nein.«

»Haben Sie mir schon mal jehört?«

»Leider ja!«

»Ja, wenn ich nur so zum Spaße hineinjefiebt habe. Aberst heut' sollen Sie mir zum erstenmal richtig hören, und dann werde ich Ihnen den Mund zuschieben, denn Sie werden ihn vor Erstaunen ohne diese Hilfe nicht wieder zubringen. Passen Sie auf!«

Er ging heimlich fort, um sein Fagott zu holen und kehrte gerade zurück, als Richard geendet hatte. Er trat zu ihm und fragte leise:

»Wollen wir mal, Junge?«

»Ja,« nickte der Gefragte. »Aber ja nichts Dummes!«

»Nein, sondern 'Wenn die Schwalben heimwärts ziehn', weißt's schon! Fang mal an!«


(Fortsetzung folgt.)



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