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Die Erde und ihre Entstehung.

Werfen wir Abends bei einem sternenhellen Himmel einen Blick in den Weltenraum mit seinen Milliarden von Sternen, wie unermeßlich erscheint er uns da! Wie viel unermeßlicher noch, wenn wir bedenken, daß wir selbst auf einem solchen Sterne leben, daß aber unsere Erde zu winzig ist, um von den meisten jener Himmelskörper, die wir über uns erblicken, gesehen zu werden. Und doch haben trotz Alledem die meisten Menschen keine Ahnung von der Größe dieser Himmelskörper, von der Unendlichkeit des Alls. — Was wissen wir von ihm? Viel, wenn wir bedenken, was den Astronomen mit Hülfe der Mathematik möglich geworden ist; die Entfernungen der Himmelskörper, ihre Bewegung, ihre Größe und ihre Schwere kennen zu lernen, und das Viele ist doch eigentlich so gering, daß es im Vergleich zu dem, was wir nicht wissen, Nichts zu nennen ist. Was aber wissen die meisten Menschen von der Erde, auf der sie wohnen? — Die Erscheinungen, welche die Natur in den verschiedenen Jahreszeiten darbietet, so weit die Heimath reicht, kennt Jedermann, Vielgereiste kennen sie auch weit darüber hinaus, und Schiffsleute, die in alle Welttheile gelangen, kennen sie wohl überall auf der Erde. Wer aber kennt die Erde selbst, d. h. ihre Entstehung und Entwickelung bis dahin, daß jene Erscheinungen auf ihr möglich wurden? Verhältnißmäßig nur Wenige. Die Meisten begnügen sich noch immer mit der Schöpfungsgeschichte Moses. Es erscheint ihnen zwar unbegreiflich, wie die Welt — und nicht die Erde nur — in 6 Tagen habe geschaffen werden können, allein dafür ist der liebe Gott allmächtig, meinen sie. — Es liegt auf der Hand, daß, wie man sein eigenes Haus inwendig und auswendig, womöglich bis auf den letzten Stein kennen will, auch Mancher Verlangen darnach trägt, zu erfahren, wie es denn unter dem Keller, unter dem Fundamente des Hauses aussieht, um sich gern, wenn die Welt nun einmal doch nicht in 6 Tagen geschaffen ist, eines Bessern unterrichten zu lassen. — Wenn wir nun mit einem Versuch beginnen, unseren Lesern eine möglichst klare Vorstellung von dem Entstehen und der Entwickelung der Erde zu verschaffen, so verkennen wir die große Schwierigkeit eines solchen Unternehmens nicht, die für uns um so größer ist, als wir nur auf einen engen Raum angewiesen sind. Es versteht sich von selbst, daß wir uns streng an die Ergebnisse der Wissenschaft halten werden, und darum eben so wenig, wie wir auf die Dichtung Moses Rücksicht nehmen, auch den Geistern und Gnomen, welche die menschliche Fantasie bei der Erklärung unbegreiflicher Erscheinungen in der Natur so gern zu Hülfe rief, und denen eine Menge Gedichte und Bilder gewidmet wurden, irgend welche Beachtung schenken.

Folgen wir der Wissenschaft, der von vielen Dichtern und Künstlern als trocken gehaßten, auf ihren geheimen Wegen, auf denen sie in eine Schöpfung gelangt, die viele Millionen Jahre hinter uns liegt, so erscheinen der Schöpfer -

Schöpfer wie das Geschaffene uns in einer Größe, zu der schwerlich die verwegenste Fantasie hinaufreichen möchte. — Man kann und wird nun fragen: Woher kennt die Wissenschaft diese Wege? Darauf antworten wir: Aus dem Archiv, das in der Erde selbst ruht und ihre Geschichte enthält. Die Gesteinlager, über der ganzen Erde in gleichmäßiger Reihenfolge verbreitet, von dem jüngsten, in seinere Entstehung der Gegenwart am nächsten stehenden, bis da hinab, wo die uranfänglichen Massen beginnen, sind das Archiv, jede einzelne Gesteinschicht ist ein Riesenbuch, in dem durch darin ruhende versteinerte Thiere und Pflanzen, oder darin aufgefundene Abdrücke solcher mit Riesenschrift die Geschichte ihrer Zeit geschrieben steht.

Die Gestalt und die Existenz der Welt ist durch bestimmte Kräfte bedingt. Eine derselben, die Attraction oder Anziehung, ist diejenige Kraft, von deren relativer Größe die Form der Körper abhängt, d. h. ob sie fest, flüssig oder luftförmig erscheinen. Sie ist jedem Körper eigen.

Die Weltkörper oder die Sterne, zu denen auch die Sonne und der Mond zählen, zerfallen in 4 Klassen: Fixsterne, Planeten, Monde und Kometen. Der letzten thun wir, als in das Bereich unserer diesmaligen Besprechung nicht gehörend, heute weiter keine Erwähnung. Von den Fixsternen trennen sich die Planeten, wie wir weiter unten sehen werden, und von den Planeten die Monde.

Zu einer Zeit, wo es noch keine Sterne, wie wir sie heute erblicken, gab, — und es kann nach dem Gesagten nur von Fixsternen die Rede sein, - wo sie noch unendlich mehr als in Gasform vertheilt den Weltraum erfüllten, war es die Attraction, welche ihre Atome zusammenzog, und so schieden sich diese Weltkörper allmählich als ungeheure Gaskugeln von einander. Auf diese Weise trat auch die Sonne selbstständig auf, die nichts weiter als ein Fixstern ist, wie, mit Ausnahme der wenigen Planeten der Sonne, sämmtliche Sterne. Jeder Fixstern geräth bei fortgesetzter Verdichtung, wahrscheinlich auch durch die Attraction, in eine Bewegung um seine Axe, d. h. um sich selbst, wodurch, nebenzu bemerkt, auch seine abgeplattete Kugelform bedingt ist. Es trennen sich nun von ihm oder können sich trennen in Folge dessen nach und nach die äußersten noch immer luftförmigen Schichten des Sterns als Ringe, die nun ein selbstständiges Ganzes bilden und durch eigene fortgesetzte Bewegung bald eine Kugelgestalt annehmen, und bei denen, eben so wie bei den Fixsternen durch Attraction eine Verdichtung eintritt, und wobei eine ähnliche Absonderung von Ringen stattfinden kann, wie bei jenen. So entstanden aus der Sonne ihre verschiedenen Planeten, wie Venus, Mars, Jupiter, Merkur etc., und auch unsere Erde, die ein Planet der Sonne ist, und aus der Erde ihr Trabant, unser Mond.

Die Erde hatte sich als gasförmiger Ring von der Sonne getrennt, und trat, nachdem sie noch den Mond ausgeschieden hatte, nach und nach aus der Gaskugel in eine

Dunstkugel zusammen. Es ist ein Naturgesetz: Je näher die Theile eines Körpers an einander kommen, um so größer wird ihre Anziehungskraft, und ein zweites Naturgesetz ist: daß jeder Körper bei seiner Verdichtung sich erwärmt. Mit der weiter fortschreitenden Annäherung der Theilchen der Erde, die immer noch Luftgestalt hatte, wuchs also auch die Anziehungskraft ihrer Theilchen, und als ihre Verdichtung weiter vorgeschritten war, stellte sich eine allmähliche Erwärmung ein, die sich zu einer Hitze steigerte, wodurch die Theilchen in glühenden Fluß geriethen und zu einem Klumpen zusammenschmolzen.

Diese Entstehungsart ist allerdings nicht zu beweisen, sie ist immer nicht mehr als eine wahrscheinliche, allein es stimmen in ihr nicht nur die Ansichten ausgezeichneter Gelehrten zusammen, noch fortwährend werden mit Hülfe ungeheurer Ferngläser am Himmel ähnliche Erscheinungen wahrgenommen und die Beschaffenheit der Erde selbst läßt keinen Zweifel an der Einwirkung einer Schmelzhitze zu.

Durch die Luft sowohl, wie durch den ihn umgebenden Dunstkreis mußte nun ein allmähliches Abkühlen jenes glühenden Klumpens, unserer Erde, erfolgen. Wie viel Zeit darüber hingegangen ist, bevor die Temperatur derselben so niedrig wurde, um das Leben von Pflanzen und Thieren auf ihr möglich zu machen, wer weiß das! Alexander v. Humboldt fand in Südamerika den im Jahre 1759 aus einer reichen Ebene bis zu einer Höhe von 1550 Fuß aufgestiegenen Vulcan Jorullo noch 44 Jahre nachher so wenig abgekühlt, daß man in den Ritzen an der glühenden Lava noch eine Cigarre anzünden konnte.1) Danach zu schließen bedurfte die Erde zur Abkühlung vieler Millionen Jahre, um ein Leben auf sich zuzulassen. Nach einer Berechnung von Bischoff in Bonn waren dazu 353 Millionen Jahre nöthig.2)

Nach den Gesetzen der Schwere bilden die Metalle den Kern der Erde. Möglich also, daß ihr Innerstes, der Kern aus Platina und Gold — bekanntlich die schwersten Metalle — besteht, auf dem die minder schweren lagern, die wiederum den im Gewicht jetzt folgenden Mineralien, die sich je nach ihrer Schwere noch flüssig um den flüssigen Kern gruppirten, als Unterlage dienen.

Ein anderes Naturgesetz ist, daß jeder sich abkühlende Körper sich zusammenzieht, und so zog sich beim Erkalten auch die den übrigen noch glühenden Theil umschließende Erdrinde zusammen. Dadurch mußten natürlich Risse entstehen, aus denen ein Theil des zusammengepreßten flüssigen Kerns hervorquoll. Auf diese Weise entstanden die Berge. In demselben Grade nun, wie die Erde sich mehr und mehr abkühlte, und die Erdrinde dicker wurde, waren solche Ausbrüche öfter und heftiger und weil die Kruste allmählig eine große Widerstandskraft erlangte, nahmen sie bestimmte Wege und wurden mehr örtlich. So entstanden die feuerspeienden Berge. — Es leuchtet ein, daß mit den Bergen sich gleichzeitig Vertiefungen bildeten, in denen sich der bei weiterer Abkühlung in Strömen zufließende Regen zum Meere

1) Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander von Humboldt (1769—1859) be­stieg den am 29. September 1759 ausgebrochenen Jorullo am 19. September 1803 und schrieb in seinem Werk „Kosmos“, Band 4 (Stuttgart 1858), Seite 341f: „Im Jahr 1780 konnte man noch Cigarren anzünden, wenn man sie, an einen Stab befestigt, 2 bis 3 Zoll tief eingrub“.
2) Karl Gustav Bischof (1792—1870), Chemiker, „Wärmelehre des Innern unseres Erdkörpers“ (Leipzig, 1837). Bischof berechnet für die Abkühlung der Erde von 288 °C auf -57 °C (der vermeintlichen Temperatur des Weltraums) eine Zeit von 353 Millionen Jahren.

ansammelte. Hin und wieder traten blasenförmige Erhebungen zu Tage, die aus dem Wasser hervorkamen und die Inseln bildeten.

Waren durch den Sauerstoff der Luft die Metalle, aus denen zum allergrößten Theil der flüssige Erdkörper bestand, an der Oberfläche oxydirt und so die Mineralien entstanden, so ging durch die fortgesetzte Einwirkung desselben, so wie durch die Kohlensäure und das Wasser der Luft, die unaufhörliche Zersetzung weiter, so daß der Boden zum Gedeihen von organischem Leben nach und nach tauglich wurde.

Die Temperatur der heutigen Erde hat zwei Ursachen, die eine die eigene innewohnende Wärme, die andere die Sonne. Von der eigenen Wärme giebt sie fortwährend an den kalten Weltenraum Etwas ab. Sie erhält nun aber gerade so viel Wärme von der Sonne, als sie eigene ausströmt, ein Verhältniß, was seit 3000 Jahren kaum um den zehnten Theil eines Grades anders geworden ist. Ist dies der Fall, so ist die Sonne jetzt die einzige Quelle der Wärme für die Erde und es muß diese auch nach ihrer Stellung der Erde zur Sonne verschieden sein, so am Aequator, dem Mittelpunkt zwischen dem Nord- und Südpol, der der Sonne am nächsten ist, am stärksten und an den beiden Polen, wo das Gegentheil stattfindet, am schwächsten auftreten — was denn in der That ja auch der Fall ist. Das war aber nicht immer so. Bei der Abkühlung der Erde, die im Anfange so heiß war, daß sie keine Wärme von der Sonne aufnahm, gab es eine Zeit, wo die Wärme, die sie von der Sonne erhielt, im Vergleich zur eigenen nicht in Betracht kommen konnte. Es versteht sich von selbst, daß darum auch keine von der Sonne, wie eben angeführt, abhängige Wärme über die Erde verbreitet sein konnte, daß vielmehr eine gleichmäßige Wärme über die ganze Erde hin lag. Dazu kam noch die damalige sehr feuchte Atmosphäre, die eben jetzt nur den Ländern am Aequator eigenthümlich ist.

Haben wir es versucht in dem Vorangegangenen, wenn auch sehr oberflächlich, weil das Nähere später an passender Stelle erörtert wird, die allmähliche Gestaltung der Erde in geognostischer Hinsicht klar zu machen, so müssen wir doch bekennen, daß wir die Entstehung des Urstoffs, woraus die Fixsterne gebildet sind, nicht nachweisen können, und eben so wenig über den ersten Anfang organischen Lebens, d. h. desjenigen der Pflanzen und Thiere wissen. Wie auf ein allmächtiges »Werde« ist es auf einmal da.

Das Studium der gegenwärtigen Gebirge, sowohl hinsichtlich ihrer Form als ihrer Masse, hat die allmähliche Gestaltung der Erde in Perioden ergeben, deren Produkte man Gebirgsformationen nennt und die in bestimmter und überall gleicher Reihenfolge auftreten. Man muß deshalb mit der größten Gewißheit annehmen, daß sie in dieser Reihenfolge nach einander gebildet wurden.

(Fortsetzung folgt.)

Die Erde und ihre Entstehung.

(Fortsetzung.)

Diese Gebirgsformationen sind zum größten Theil durch Ablagerung von Mineralien, die in dem kohlensäurereichen Wasser des Meeres aufgelöst waren, (das Meer verlor mit der Zeit einen Theil Kohlensäure an die Luft, und die in dem nun an Kohlensäure weniger reichen Wasser nicht mehr auflöslichen Mineralien fielen zu Boden) oder durch eine solche Ablagerung, verbunden mit einer Anschwemmung zertrümmerter Mineralien durch das Meer, entstanden. Mehrere dieser Formationen faßt man zu Bildungsperioden zusammen, die gewissermaßen Alterstufen der Erde genannt werden können.

Indem wir jetzt zur Besprechung der einzelnen Perioden übergehen, erinnern wir daran, daß man, um viele Erscheinungen begreiflich zu finden, sich wiederholt sagen muß: wir haben es nicht mit einzelnen Jahren, ja nicht mit tausenden, sondern mit hunderttausenden und fast immer mit millionen zu thun. — Wir führen ferner hier an, daß die bisherige Ansicht, wonach das gänzliche Verschwinden von ganzen Pflanzen- und Thiergattungen, wie wir sogleich sehen werden, entweder ungeheuren Ueberschwemmungen oder vulkanischen Verheerungen zugeschrieben wurde, nach der Ansicht jüngerer Gelehrten nicht die richtige ist. Beide Fälle sind nach diesen nur Ausnahmefälle, und der normale Weg eines solchen Aufhörens die Folge des Aussterbens sich überlebt habender Gattungen — eine Erscheinung, der man noch heutigen Tages bei Thieren und Pflanzen begegnet.

Die erste Periode, die Uebergangsperiode, ist die, wo außer den Spitzen der Urgebirge, welche als Inseln erschienen, die ganze Erde noch mit Wasser bedeckt war. Ausbrüche von Flammen aus dem Innern der Erde, Wolkenbrüche auf den dicken Wolken, die den Himmel verdunkelten, gehörten zu den Alltäglichkeiten, und eine ungeheure Menge von Kohlensäure erfüllte die Luft. Selbstverständlich konnten in einer solchen Atmosphäre Thiere, die zum Einathmen des Sauerstoffs der Luft bedürfen, nicht existiren, wohl aber Pflanzen, denen die Kohlensäure das ist, was Sauerstoff den Thieren und Menschen. Lebten, und zwar nur im Wasser, Thiere der niedrigsten Art, an die nur einzelne unserer Infusions- Thierchen (gallertartige, durchsichtige, den unbewaffneten Augen nicht erkennbare Thierchen) erinnern, so standen die Pflanzen im Anfange dieser Periode kaum auf einer höheren Stufe. Es waren Algen und Fucusarten, die ebenfalls im Meere ihr Leben fristeten. Ihre Ueberreste finden sich versteinert in den ersten Gesteinsschichten, im Kalksandstein, in Kalkgebilden und ebenso auch in der sogenannten Grauwacke, einem Mineral.

Wo sie in großer Menge sich verkohlt finden, da bilden jene Fucusarten Graphit, das Material zu unsern Bleistiften. — Schon im Laufe dieser Periode hob sich durch die gewaltige Kraft der durch das Erdfeuer entstandenen Gase das Land aus dem Meere hervor, jedoch immer nur vereinzelt,

hier und da ein Stück Insel, und es konnten, da die Zeit außerdem noch sehr regenreich war, nur Sumpfpflanzen entstehen, unter denen vorzugsweise riesige Schachtelhalme zu nennen sind. Zugleich erschienen Polypen, Strahlthiere, Schnecken, niedere Krebse und niedere Fische. In der letzten Zeit der Periode entstanden Flechten und Moose, die an den nackten Felsen Nahrung genug fanden. Durch die Verwesung dieser und der aus dem Meere an das Land geworfenen Algen und Fucusarten bildete sich nun eine Humusdecke (unser gewöhnliches Garten- und Ackerland), es konnten nun Landpflanzen gedeihen, von denen Farrenkräuter, Zapfenbäume, Sigillarien vorzugsweise zu nennen sind, und jetzt treten, wenn auch höchst selten eidechsenartige Thiere auf. Versteinerte Ueberreste aus dieser Periode finden sich im Kohlenkalk.

Die zweite Periode, die Steinkohlenperiode, zeigt, bei einem fortdauernden Steigen des Landes über den Ocean, uns doch ebenso nur einzelne Inseln, die aus dem Meere hervorragten. Die gegenwärtigen Steinkohlenlager weisen meistens die Lage dieser Inseln nach. Sie waren über die ganze Erde verbreitet, doch befanden sich die meisten zwischen dem nördlichen Polarkreise und dem Wendekreise des Krebses, wie die Kohlenlager Englands, Belgiens, Deutschlands, Frankreichs, Spaniens, Rußlands und Sibiriens nachweisen. Die größten lagen in Amerika, wo das Kohlenlager des Alleghangebirges einen Flächenraum von 3000 Meilen, und ein zweites, zwischen dem Missouri und Ohio, einen Flächenraum von 2650 Meilen umfaßten. Die einförmigen Inseln waren fast ganz von Sümpfen bedeckt, und nur hier und da je nach der Höhe über dem Meere in üppiges Land umgewandelt. Da erfreute sich schon überall die niedere Pflanzenwelt, Algen und Moose, eines üppigen Lebens, und Torfmoose und Schachtelhalme bedeckten schon ungeheure Flächen. Die Urwälder bestanden aus baumartigen Farren, Zapfenbäumen, Araucarien. Kalamiten, Stigmarien, Sigillarien etc. So dicht die Wälder waren, so wunderbar ihre außerordentlichen Bäume, so war doch die Zahl der Gattungen ihrer Pflanzen gering. Wenn Europa allein jetzt 11,000 Pflanzenarten zeigt, so gehörten der Steinkohlenperiode etwa 800 an. Trostlos war der Eindruck, den diese Einförmigkeit machte, um so mehr, als die tiefste Stille herrschte. Selten und geisterhaft krochen nur einzelne lichtscheue Amphibien dahin, darunter aber schon der Archegosaurus, von der Größe unserer Crocodille. Kein Vogel sang, kein Käfer summte. — Das Uebereinstimmende in der Steinkohlenflora auf der ganzen Erde zeigt, daß zu jener Zeit die innere Wärme der Erde, wie früher bemerkt, vorzugsweise die Quelle der zum Wachsthum nöthigen Wärme gewesen ist. Sobald nun diese Erdwärme nachließ, und das Land sich immer mehr erhob, so mußte auch das Klima dem eines Festlandes immer näher kommen, und die Inselflora daran zu Grunde

gehen. Es ist aber eine Gewißheit, daß dies nicht überall die Ursache von dem Ende der Steinkohlenperiode gewesen ist, und gerade hier sprechen mannichfache Beweise dafür, daß eine Fluthenerhebung, durch vulkanische Kräfte herbeigeführt, das Ende der Periode veranlaßt habe. — Die Thierwelt ist, mit Ausnahme der eidechsenartigen Ungeheuer von den Thieren, wie sie die vorige Periode gegen Ende aufzuweisen hatte, nicht wesentlich verschieden. Die Ueberreste dieser Periode finden sich versteinert, aber auch Abdrücke aus ihr in den Steinkohlenlagern. — Ueber die Bildung der Steinkohlen bemerken wir noch, daß sie unter Wasser vor sich geht, und zwar findet eine Zersetzung ihrer Urbestandtheile, Sauerstoff, Wasserstoff und Kohlenstoff statt. Die beiden Ersten nämlich bilden Wasser und der Kohlenstoff scheidet sich als Kohle aus. Sie kann aber auch durch unterirdisches Verbrennen vor sich gehen, wobei Steinöl, Asphalt etc. als Nebenproduckte an die Oberfläche der Erde kommen.

In der dritten Periode, der permischen, beginnt die niedere Pflanzenwelt (Algen, Moose, Flechten, Farren,) mehr und mehr zu verschwinden. Bei dem fortschreitenden Ansteigen des Landes tritt das Mineral Porphyr zu Tage, und bildet zertrümmert und gewaschen die beiden Gebirgschichten: das Rothliegende und den permischen Sandstein. Aber auch die Ablagerung des Kupferschiefergebirges begann, kalkige, mergelige und sandige Schichten setzten sich ab. Die zahlreichen Fischabdrücke darin und das Vorkommen von erdharzigen Substanzen im sogenannten Stinkkalk und Mergelschiefer zeigen uns die Ablagerung im Meere nach. Diese ganze Gebirgsbildung trat besonders an den Inseln des heutigen Rußlands auf, in Deutschland vorzugsweise an den Inseln Thüringens, des Harzes, des Kyffhäusers etc. Die Pflanzen dieser Zeit sind von denen der vorigen Periode nicht eben verschieden, sondern eigentlich eine Fortsetzung derer, und wir finden darum die früheren Arten wieder. Die Zeit ist aber, im Vergleich zu dem Reichthum der Steinkohlenperiode arm, was von Manchem als ein Beweis angesehen ist, daß diese Periode das letzte Aufflackern der Steinkohlenperiode gewesen sei. Ebenso kommen in ihr keine neuen Thiere zur Erscheinung. Versteinerte Ueberbleibsel und Abdrücke aus dieser Zeit trifft man, wie in der vorigen Periode, in den Steinkohlenlagern an.

Die vierte Periode, die Triasperiode, ist in so fern von ganz besonderer Wichtigkeit, als wir in ihr zuerst dem Festlande begegnen. Das Land war bis jetzt immer nur inselartig aufgetreten, und es konnte also von hohen und zusammenhängenden Gebirgsketten keine Rede sein. War das feuchte, gleichförmige Inselklima die Ursache von der unendlichen Länge der Steinkohlenperiode, so mußte mit dem Erscheinen des Festlandes mit seiner mannigfaltigen Erdoberfläche, das auf Wolken, Winde, Wärme und Luft den wesentlichsten Einfluß hat, auch eine größere Mannigfaltigkeit der Thiere und Pflanzen entstehen. Nach der Bildung des Rothliegenden und des Kupferschiefergebirges der vorigen Periode, beginnt diese mit der Ablagerung dreier neuer Gebirgsarten im Urmeere: des bunten Sandsteines, -

Sandsteines, des Muschelkalkes und des Keupers, nach welcher Dreiheit die Periode ihren Namen erhalten hat. Durch den ersten wurden z. B. die Inseln des südwestlichen Theiles von Deutschland, die Vogesen, der Schwarzwald, Hundsrück und Odenwald zu einem festen Lande vereinigt. Andere erlitten, wenn auch nicht in dem Maße, eine ähnliche Erhebung durch den bunten Sandstein, der hier und da 1000 Fuß mächtig auftrat, und bedeutende Gebirgsrücken über dem Meere hervorzauberte. Es fanden sich nun auch die ersten wirklichen Bäume ein. Zu einigen wenigen Ueberbleibseln kamen Nadelbäume und Zapfenpalmen. Noch größere Fortschritte, da die reiche amphibische Zeit in ihr beginnt, machte das Thierreich. Gewaltige eidechsenartige Ungeheuer, der Mastodonsaurus und Chirosaurus durchschlichen dieselbe Küste, die heute die Gebirgsrücken des Harzes und des Thüringerwaldes etc. ausmachen und eine Art riesiger Meereidechsen, mit Schwanenhals und Flossenfüßen, durchfurchte das Meer, und eine Menge langschwänziger Krebse, Muscheln, Austern, Ammoniten und Fische, worunter schon haarige Knorpelfische, die Hybedonten waren zu finden waren. Es sei hier auch angeführt, daß man im bunten Sandstein Fußspuren aus dieser Periode gefunden hat, die denen von Vögeln gleichen und nach der Weite des Schrittes und dem Umfang der Spur, wenn sie wirklich Vögeln angehören, auf eine Größe, weit bedeutender als die des Straußes, schließen lassen. Wir bezweifeln das Dasein eines Vogels mit rothem warmen Blut und Federn wie die unsrigen, die ohne Ausnahme erst drei Perioden später sich zeigen. Versteinerungen an Muschelkalk und Abdrücke im bunten Sandstein sind die Zeugen jener Zeit.

Die fünfte Periode, die Juraperiode, führte fort, was die vorige begonnen, besonders in den Zapfenpalmen, den Vorläufern der wirklichen Palmen, die sich immer herrlicher entfalteten, schlanke Säulen, die oben den gefiederten Wedel trugen, während die Farren mehr und mehr verschwanden. Hier ein Baum aus der ausgestorbenen Cykadeengattung mit stolzen, breiten und gefiederten Blättern von der Wurzel auf, daneben ein Baum aus der Gattung der Zapfenkolben mit ähnlichem Laube wie der vorige und zapfenförmigen Früchten im Gipfel, dort wieder die sich auf majestätischen Säulen erhebenden Wipfel der Pandangs, da auf hohen stelzenartigen Wurzeln die Bandanus-Arten und zwischendurch die Menge der Zapfenpalmen und Nadelbäume.

Das bildete den Wald. Am Ufer sonnen sich neue crocodillartige Amphibien von ungeheurer Größe, der Ichthyosaurus, in Gesellschaft von Schildkröten und Eidechsen. Aehnlich wie in der vorigen Periode schießen die Pleriosauren, die Seedrachen, die riesigen eidechsenartigen Geschöpfe mit ihrem furchtbaren Schwanenhals auf dem Meere dahin. Aber auch in der Luft erblicken wir zum ersten Male geflügelte Geschöpfe. Es sind jedoch keine Vögel, sondern Eidechsen mit Flügeln, ähnlich denen unserer Fledermäuse, Pterodactylen. Das ist eine Landschaft der damaligen Zeit.

(Schluß folgt)

Die Erde und ihre Entstehung.

(Schluß.)

Das Meer belebte sich mit neuen Fischgattungen, mit Belemniten, verschiedenen Krebsen, Ammoniten, Seesternen, und Seeigeln, und eine große Art der Korallenthiere auf dem Meeresgrunde trug schon durch Bildung von Koralleninseln und Korallenriffen zur Erhöhung des Bodens im Meere bei. Es kommen sowohl Ueberreste dieser und der beiden nun folgenden Perioden versteinert vor, als sich auch Abdrücke aus ihnen finden.

Die sechste Periode, die Kreideperiode, brachte, was auch die vorige nicht gekonnt hatte, durch ihre Ablagerung von Kreide und Quadersandstein, das Festland fast in dem gegenwärtigen Umfange zu Tage. Der Quadersandstein war Schlamm verwitterter Gebirge, die Kreide hingegen entstand zum größten Theil aus dem Kreidemeer. Wenn in der Juraperiode winzige Polypen mächtige Korallenriffe aus der Meerestiefe aufbauten, so arbeiteten jetzt eben so winzige Meeresthiere an dem Bau unserer Erdrinde. Und so unglaublich es immer klingen mag, so verdanken doch die ungeheueren Kreidefelsen Englands, Rügens etc. jenen Meeresthierchen ihr Dasein. Kleine, dem unbewaffneten Auge kaum sichtbare Schalthiere sind es, von denen zu einem Pfunde Kreide 10 Millionen beitragen müssen. Durch die, jede Vorstellung weit hinter sich lassende Leichtigkeit in der Fortpflanzung erfüllten diese Thierchen, die man Schneckenkorallen nennt, das Meer. Starben sie, so senkten sie sich auf den Boden nieder, und häuften sich so an. Mit der Mächtigkeit ihrer Schichten wuchs ihre Schwere, mit der Schwere der Druck auf die zarten Schalen der unteren Schichten, die nun in Pulver zerfielen. In der Pflanzenwelt erschienen jetzt die ersten wirklichen Palmen, jedoch schwerlich jene majestätischen schlanken Gestalten, wie die Gegenwart sie aufzuweisen hat. Außer den Farren, die in neuen Arten in dieser Periode wieder auftauchen, Zapfenpalmen, Nadelhölzern und Palmen, welche die Ufer des Kreidemeeres umgaben, erschienen aber auch die Erstlinge der Laubbäume, die uns an unsere Weiden-, Ahorn- und Nußbäume erinnern, neben ihnen das erste Kraut, Credneria, an Gestalt dem heutigen Rhabarber und den großblättrigen Amperarten ähnlich. Die Thierwelt hatte die mannigfachsten Weichthiere, Belemniten, Scaphiten und Hamiten, langschwänzige Krebse, neue und zahllose Fische, Schildkröten, zum ersten Male mit Panzer versehen, krokodillartige Eidechsen, die Bewohner der Küste, die in der Gestalt an unser Chamäleon erinnern.

Die siebente Periode, die tertiäre Periode, gab der Erde ihre gegenwärtige Gestalt. Hatten schon früher unterirdische Feuer die fortwährenden Hebungen der Erdoberfläche veranlaßt, so erreichte doch erst jetzt die vulkanische Thätigkeit ihre größte Ausdehnung. Schaarenweis entstanden Vulkane, begleitet von einer Erhebung der Erdoberfläche, wodurch die Berge in’s Leben gerufen wurden. Für Europa begann dieser Schöpfungsact im Westen mit den Pyrenäen, dann folgten -

folgten die Karpathen in Ungarn, die Apenninen in Italien, und die Alpen der Schweiz und Tyrols. In Deutschland ist es nur das Riesengebirge, was sich ebenbürtig an jene Riesen anschließt. Diese neuen Gebirgssysteme wurden begreiflich durch die Mannigfaltigkeit der Erdrinde die Veranlassung neuer organischer Schöpfungen; aber was bei weitem wichtiger ist, sie wiesen den Flüssen und dem Meere nach und nach ihre Betten an. Auch im Pflanzenleben mußten diese ungeheuren Veränderungen der Erdoberfläche von den größten Folgen sein. Die Stämme der Bäume wurden knorrig und ästig und erhielten die sogenannten Jahresringe, die Blätter wurden breiter und selbstständig, erhielten Rippen und netzförmige Verzweigung, und wie die Sonne am blauen Himmel ihr klares Antlitz zeigte, da kamen auch die Blumen, von denen wir die Schmetterlingsblumen als die ersten begrüßen. Die Pflanzenwelt dieser Periode ist die Wiege der unsrigen. Neben den Nadelhölzern, die sich ganz allein von der Zeit ihrer Entstehung, der vierten Periode, durch alle Perioden erhalten haben und immer prächtiger zur Erscheinung kamen, standen Palmen, aber auch schon Eichen, Buchen, Pappeln, Kastanien, Wallnußbäume, Birken, Linden, Weiden, Eschen und Hainbuchen, Platanen, und eben so wohl Lilien- und Tulpenbäume und jene stolzen Araucarien, die uns an der Urwald des heutigen Brasiliens erinnern. Ein liebliches Unterholz aus Lorbeer, Myrthen, Cappernsträuchern, Acacien, Cassien, Goldregen, Perrückengesträuch u. s. w. schmückte die Wälder, und Heidelbeergewächse, Rhododendron-Arten, Haidekräuter vertraten den Strauch. Von den Blumen jener Zeit nennen wir als hervorragend die Rose und ihre Namensschwester die Wasserrose. Ebenso waren auch Gräser verhanden. Das Charakteristische in der Thierwelt ist das Auftreten der Säugethiere, der Vögel und Insekten. Die riesigen Eidechsen waren verschwunden. Das Thier und die Pflanzen hoben ihre Häupter frei zum Himmel. Wie fast sämmtliche Pflanzentypen der Gegenwart in jener Zeit vertreten waren, so fand man auch neben dem edlen Pferde das Rhinoceros, den Hirsch, eine Art Elephant, das ungeheuere Mastodon, den Löwen, den Leoparden, die Hyäne; das Meer hatte seine Wallfische und Delphine. Nach der Steinkohlenperiode ist diese, die den Grund zur Braunkohle legte, die einzige, die hinsichtlich des Reichthums an Producten und ihrer Zeitdauer ihr gleichkommt.

Die achte Periode, die Diluvialperiode, ist die, wo sich das Klima zu dem gegenwärtigen umänderte, und wodurch die Möglichkeit für die nachfolgende, für die Gegenwart gegeben war. Es ist nicht zu leugnen, daß mit der tertiären Periode das Morgenroth der heutigen Schöpfung anbrach, und dennoch war sie keine bleibende, und hierzu trug vielleicht allein die Umänderung des Klimas bei, was in der ersten Hälfte der tertiären Periode noch ein fast heißes gewesen sein muß. Die Umänderung des Klimas war ohne

Zweifel die Folge der veränderten Erdoberfläche, und nicht, was die Uebergänge der früheren Perioden verursachten, die weitere Abkühlung der Erde. Betrachtet man die Braunkohle und schließt daraus auf die damalige Gestalt der Erde, so überzeugt man sich bald, daß viel geschehen sein mußte, um das Meer in sein gegenwärtiges Bett zurückzudrängen. Nach Leopold von Buch’s Untersuchung3) entstanden die Braunkohlen dadurch, daß Bäche und Ströme Bäume in die Tiefen mit hinab führten, wo sie von neuen Erdschichten begraben worden [wurden]. Diese Bäume waren, wie die Braunkohlenlager nachweisen, z. B. in ganz Deutschland eine Anzahl derjenigen, die heute nur in tropischen Ländern fortkommen [vorkommen]. Ihnen wurde durch die mächtige und zerstörende Auflösung der Basaltgebirge der Untergang bereitet. — Jetzt erst gab es ein geordnetes Klima, ein kaltes, gemäßigtes, warmes und heißes. Das Erste hatte die Bildung von Gletschern zur Folge, die um so bedeutender wurden, als das Meer auch damals noch weiter verbreitet war und zur Bildung dieser sehr wesentlich beitrug. So kam es, daß die Gletscher bis an das Meer herabstiegen, dort schmolzen, und die mit sich führenden Erdschichten, nicht selten mit gewaltigen Granitblöcken, fallen ließen. Daher rühren auch die vielen Granitblöcke in der norddeutschen Ebene. Die Pflanzen der Diluvialperiode waren von denen der Gegenwart kaum verschieden. Diejenigen der heißen Zone, eben so wie die Thiere dieser, erlagen dem kalten Klima. Die Ungeheuer dieser Zeit, wir nennen nur das Mammuth, das Mastodon, beide zum Geschlecht der Elephanten gehörend, und einen Riesenhirsch, aber starben schwerlich in Folge des Klimawechsels, sondern die Gattungen hatten sich ohne Zweifel überlebt und starben aus. Die Ueberreste von Thieren dieser Periode werden als noch erhaltene Knochen aufgefunden, die Ueberreste der Pflanzen sind theils zu Braunkohle, theils zu Torf geworden.

Die neunte Periode, die Periode der Gegenwart, ist vorläufig die letzte. Wir sagen vorläufig, denn wer kann wissen, ob der Schöpfer die Erde und ihre Geschöpfe nicht einer noch größeren Vollkommenheit zuführen will! — Welche Zeit und welchen Aufwand an den ungeheuersten Kräften bedurfte die Erde, um die Gestalt zu gewinnen, in der wir sie heute erblicken! Wir haben in jeder Periode ein gewaltiges Ringen nach einem fernen Ziele gesehen, und doch müssen wir alle vorhergehenden Perioden, als das volle Resultat der Schöpfungskraft der damaligen Natur, in ihrer Art für eben so vollkommen gelten lassen, wie die gegenwärtige. Sie waren z. B. eben so vollkommen, als die heutigen Pflanzenschöpfungen der Polargegenden in Bezug auf ihr eisiges Klima. Wir haben verfolgt, wie sich die physikalischen Bedingungen zu diesem großen Ziele immer harmonischer gliederten. Wir bemerkten, daß die Reihenfolge der Geschöpfe mit der Entwickelung der Erde Hand in Hand ging. Wir fanden bei den Pflanzen sowohl wie bei den Thieren, daß die Gattungen derselben, in den ersten Perioden von geringer Zahl, mit der Zeit zu einer ungeheueren Menge

3) Leopold von Buch (1774—1853), „Über die Lagerung der Braunkohlen in Europa“ (Monatsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wis­sen­schaf­ten zu Berlin, 1851, S. 683ff.).

heran wuchsen. — Um den Menschen so werden zu lassen, wie er heute ist, war es nöthig, daß die Erde so wurde, wie wir sie heute erblicken. Nach Carl Ritter’s Ansicht4) ist es ohne alle Zweifel, daß der Eindruck der Natur eben so auf das Gemüth und den Geist der Menschen, wie auf seine körperliche Entwickelung überall und zu jeder Zeit den allergrößten Einfluß ausüben. Der nomadisirende Araber in der Wüste, mit der in die Weite schweifenden Fantasie, verdankt ohne Frage seine Gedanken- und Märchenwelt, mit denen er die unermeßlichen Räume seiner Erde, wie seines ewig klaren Himmels zu beleben weiß, der Natur seiner Heimath, worin sein feuriger Geist und Leib sich Alles erst erjagen muß. Der Hindu, in sich gekehrt und mit der üppigsten Natur gewissermaßen verwachsen, hat seine phantastisch-religiösen Anschauungen dem ungeheuren Reichthum der wunderbaren und kolossalen Pflanzen und Thiere, deren Heimath er theilt, zuzuschreiben. Ueberall blicken Götter aus Ranken, Blumen und Bäumen hervor, überall wandern Menschenseelen in Thieren. Umgeben von eben so reizenden als schrecklichen Gestalten, über die er, erdrückt von der großen Natur, sich geistig nicht erheben kann, wird er der Natur unterthänig, die ihre Gewalt in den Bergen und Strömen, in den Thieren und Pflanzen so entschieden ausspricht, und er ist der Unterjochung preißgegeben. Diese Gepräge werden eben so mannigfach sein, als die landschaftliche Natur der Erde in wesentlich verschiedenem Charakter auftritt, und auf Thal-, Berg-, Land- und Wasserleben, Ansiedelung und Nomadenleben, Krieg und Frieden, Einzelleben und geselliges, Sitten und Rohheit etc. einwirkt. — Durch die Pflanzenwelt war das Leben der Menschen vorbereitet, theils, indem sie ihm seine Heimath herrichtete, theils, daß sie, als Vermittlerin zwischen der starren Erde und der Thierwelt, sein Leben überhaupt möglich machte. Es war eine der größten Thaten des Schöpfers, als er die Pflanze schuf. Sie allein versteht es, der Erde eine lebendige Zelle abzuringen, d. h. aus den Bestandtheilen der Erde zu erzeugen. Sie ist die ursprüngliche Ernährerin alles Thierlebens, denn die Thiere, die ihre Nahrung nicht aus der Pflanzenwelt nehmen, erhalten sie von Thieren, bei denen dies der Fall ist. — Und so nun konnte er kommen, für den Alles vorbereitet war, damit er Besitz nähme von der ganzen Erde. Und er kam: der Mensch! Sein aufrechter Gang, sein freier Blick zum Himmel verkündeten seine Herrschermacht. — Wenn man ihn aber darum das Ebenbild Gottes nennt, wenn Dichter und Künstler sich darin gefallen, den Schöpfer, den nie alternden, als einen alten Mann — und das Alter führt immer die Schwäche mit sich — darzustellen, so ist das zum Mindesten sehr seltsam. — Wie viel vollkommnere Geschöpfe, als der Mensch, vermag der Schöpfer ins Leben zu rufen! Und sie werden einst, nach Millionen Jahren, wenn sich die Menschheit überlebt hat, wenn sie ausgestorben ist, auf der Erde wandeln, bis sie wieder noch vollkommneren Wesen Platz machen müssen. Und wie weit wird auch der Letzte noch von dem Ebenbilde Gottes entfernt sein!

4) Carl Ritter (1779–1859), „Einige Bemerkungen über den methodischen Unterricht in der Geographie“ [1806]: „So lange nicht geleugnet werden kann, daß Localität den entschiedensten Einfluß auf alle drei Reiche der Natur hat, auf Gewinn der Naturproducte, Verarbeitung und Verbreitung derselben, ebenso auf den Körperbau und die gemüthliche Anlage des Menschen, auf ihre mögliche oder wirkliche Vereinigung als Völker, Staat, auf Beschleunigung oder Verzögerung ihrer physischen, intellectuellen und moralischen Cultur hat, solange wird der Geographie durchaus kein beschränkteres Feld angewiesen werden können.“