"Dort ist der Platz für die Sänger und für die Orgel", sagte er.

"Eine Orgel ist da?" frage ich erstaunt.

"Ja", antwortete er.

"In diesem Lande? In Ardistan?"

"Warum nicht? Meinst Du, daß es nur bei Euch Orgeln gebe? Ich hörte, die Orgeln seien überhaupt hier bei uns im Morgenlande erfunden. Erst gab es nur eine sehr, sehr kleine und uralte. Dann aber, jetzt grad vor hundert Jahren, als die Berge brannten wie heute, schenkte der damalige Abd el Fadl, Fürst von Halihm den hiesigen Christen eine neue. Man sagt, sie sei in Anglistan gemacht und über Indien hierhergekommen. Wodurch der damalige 'Mir von Ardistan gezwungen worden ist, dies zu erlauben, das habe ich nicht erfahren können, selbst von meinem Vater nicht. Es waren fremde Menschen, die sie brachten und hier zusammensetzten. Dann gingen sie wieder fort."

"Wie sonderbar!" sagte ich. "Und wie schade, daß man sie nicht sieht! Es ist so dunkel!"

"Du möchtest sie gerne sehen?" sagte er.

"Ja; sehr gerne!"

"So warte! Man hat heut nur einen Teil der Lampen und Lichter angebrannt; warum, das weiß ich nicht. Dort ist die Zündschnur für den anderen Teil. Es soll gleich heller werden!"

Er ging nach einer der erwähnten Öffnungen in der Hülle des Hochaltars und griff hinein. Es dauerte einige Zeit, ehe er fand, was er suchte. Inzwischen richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf den alten, ehrwürdigen, begeisterten Redner, der jetzt grad nach meiner Seite gerichtet sprach, so daß ich seine Worte deutlich hörte:

"Es wird die Zeit des Friedens kommen, denn sie muß kommen, weil alles sich erfüllt, was uns verheißen ist. >Friede auf Erden!< erklang es auf dem Feld von Bethlehem, als der Stern am Himmel stand und der Erlöser uns geboren wurde. >Friede auf Erden!< wird es wieder klingen, wenn auch bei uns der Stern erscheint, der Stern der Sage, hier, in diesem Hause, auf den wir alle - - - "

Er hielt mitten in seiner Rede inne und schaute nach oben. Die Augen aller seiner Zuhörer folgten derselben Richtung.

(Seite 193A) In demselben Augenblicke war der 'Mir schnell wieder zu mir getreten, um zu fragen!

"Siehst Du sie nun, die Orgel? Wie hell das ist! Fast scheint es, als ob - - - "

Da sprach auch er nicht weiter und richtete seinen Blick nach oben.

"Der Stern! Der Stern von Bethlehem!" rief der Redner jubelnd. "Er ist da! Er ist da! Wer hat ihn angesteckt?"

"Den Stern habe ich angebrannt, den Stern, nicht die Lampen und Lichter!" schrie der 'Mir erschrocken. "Wir sind ja auf der falschen Seite! Es war nicht die richtige Schnur! Ich muß ihn wieder verlöschen, verlöschen, ver - - - "

Er eilte nach der Öffnung zurück und griff hinein, doch vergeblich. Es war wohl möglich gewesen, die Flammen zu entzünden, doch wieder auslöschen konnte man sie nicht. Man mußte sie brennen lassen, bis sie aus Mangel an Nahrung von selbst verschwanden. Er war jetzt nicht nur erschrocken, sondern außer sich. Infolge der Bewegung seines Armes nach dem Innern der Öffnung hatte sich vorn sein Gewand geöffnet und der Bart erschien. Er bemerkte das gar nicht. Um besser sehen zu können, schob er sich, anstatt sich zu verhüllen, den Zipfel des Turbantuches aus dem Gesicht. Der Geistliche erkannte ihn und rief:

"Der 'Mir von Ardistan hat es getan! Der 'Mir mit seiner eigenen Hand! Die Prophezeiung beginnt, sich zu erfüllen!"

Da ergriff der 'Mir meine und Halefs Hand, versuchte, sich zwischen uns zu verbergen und herrschte uns zu:

"Fort, fort! Schnell, schnell! Sonst gibt es einen Aufruhr sondergleichen! Fort, nur fort!"

Wir eilten, so schnell wir konnten, von dannen, aber jedermann schaute uns nach oder kam gar hinterdrein, und erst zehn, dann zwanzig, fünfzig, hundert und noch mehr Stimmen riefen:

(Seite 193B) "Der Stern ist da! Vom 'Mir selbst angezündet! Vom 'Mir, vom 'Mir! Vom Feinde der Christen! Genau, wie es verheißen ist! Vom 'Mir selbst, vom 'Mir selbst!"

Ein Blick zeigte mir, daß hinter uns alles in Aufruhr war. Dann hörten wir keine Rufe und Worte mehr, sondern nur noch ein erregtes Summen, wie von einem zornig gewordenen Bienenvolke, bis wir auch dieses nicht mehr vernahmen. Kein Mensch begegnete uns unterwegs auf den Treppen und Gängen. Wir erreichten unsere Wohnung völlig ungesehen.

"Das ist gut, sehr gut!" sagte der 'Mir in großer Aufregung. "Man kann mir nichts beweisen! Ich leugne natürlich alles ab; ich bin es nicht gewesen! Und Ihr, Ihr werdet mir bezeugen, daß ich es nicht gewesen sein kann, weil - - - "

"Wir werden Dir bezeugen, daß Du es gewesen bist!" schnitt ich ihm seine Rede ab. "Du hast von uns gefordert, die Wahrheit zu sagen!"

"Ja, zu mir! Aber nicht zu diesem niedrigen, verächtlichen Christenvolke!"

"Ich bin sie jedermann schuldig, Gott, mir und allen Menschen. Vor allen Dingen bin ich sie denen schuldig, die Du als ein niedriges, verächtliches Christenvolk bezeichnest. Auch ich bin Christ, das weißt Du ja!"

Da war es, als ob er sich plötzlich in einen anderen Menschen verwandele. Er richtete sich hoch auf. Seine Stirne wurde schmal; seine Augen verkleinerten sich; seine Brauen berührten einander. Der Despot trat hervor.

"Was Ihr zu sagen habt, ist nicht Eure, sondern meine Sache; ich bin der Herrscher!" donnerte er mich an. "Dieser Hadschi Halef hat zwar gesagt, daß ihm sein Pferd viel höher stehe als ich - - - Ihr hört, daß ich alles erfahre - - -, aber das ändert nichts an dem Gehorsam, den Ihr mir schuldet. (Seite 194A) Wenn man Euch fragt, werdet Ihr sagen, daß ich nicht der Mann gewesen bin, der mit Euch in der Kirche gewesen ist und so unbedacht war, sich an der Zündschnur zu vergreifen! Ich befehle es!"

"Es zu befehlen, bleibt Dir unbenommen," antwortete ich ruhig. "Wir aber sind weder Untertanen von Dir, noch stehen wir in Deinen Diensten. Und selbst wenn dies wäre, so würde es uns um keines Kaisers oder Königs willen einfallen, etwas zu sagen, was eine Lüge ist!"

"Ihr müßt, Ihr müßt!" herrschte er mir zu. "Ihr befindet Euch in meiner Gewalt. Es bedarf nur eines Winkes von mir, so seid Ihr verloren!"

"Du irrst," lächelte ich. "Wir stehen in Gottes Hand, nicht aber in der Deinen. Und was den Wink betrifft, von dem Du sprichst, so brauche ich nur meine Hand zu rühren, um zu erreichen, daß unsere Hunde Dich sofort in Stücke reißen. Schau sie an, und nimm Dich in acht! Sie dulden nicht, daß man in diesem Tone zu uns redet!"

Obgleich er sie vorhin gefüttert hatte, zeigten ihm jetzt alle vier Hunde ihre drohenden Zähne. Hu und Hi hatten sich grad vor ihn hingestellt und richteten ihre Aufmerksamkeit ausschließlich nur auf ihn. Sie waren bereit, sich sofort auf ihn zu werfen. Aacht und Uucht aber, meine beiden, waren intelligenter und auch mit feineren Sinnen begabt. Sie drohten ihm zwar auch, doch waren ihre Augen mehr nach der Tür als auf ihn gerichtet, als ob da draußen jemand stehe und uns belausche. Der 'Mir bemerkte das ebenso gut wie ich. Er trat schnell hinaus und fragte den Gang hinauf und hinab, ob jemand hier sei. Niemand antwortete. Er fragte zum zweiten und zum dritten Male, doch ebenso ohne Erfolg. Da kam er wieder herein und sagte:

"Das kommt mir verdächtig vor! Wären Eure Hunde mein, so schickte ich sie jetzt hinaus, um - - -"

Ich war ganz seiner Meinung. Ich wartete gar nicht, bis er ausgesprochen hatte, sondern ich gab den betreffenden Wink, worauf Aacht und Uucht sofort aus dem Zimmer verschwanden. Im nächsten Augenblicke hörten wir ein Geschrei. Das war Uucht. Sie war verwundet worden. Gleich darauf hörten wir ihr zorniges Knurren, in welches Aacht einstimmte. Knochen krachten; mehrere Menschen riefen um Hilfe. Hu und Hi stürzten auch hinaus. Es gab noch einige Schreie und wiederholtes Knacken und Splittern von Knochen; dann war es still. Wir eilten mit dem Licht hinaus. In einiger Entfernung von unserer Wohnung, und zwar nach der Seite, wohin der 'Mir sich zu entfernen hatte, lagen vier Menschen, und bei jedem stand einer der Hunde. Uucht blutete. Sie hatte einen Stich in den Hals bekommen, doch war er nicht gefährlich. Von den vier Personen lebte keine mehr. Ihre zerbissenen Gurgeln hingen heraus und ihre Vorderarme, mit denen sie sich gewehrt hatten, waren vollständig zermalmt.

"Kennst Du sie?" fragte ich den 'Mir, indem ich den Schein des Lichtes auf ihre Gesichter fallen ließ.

Er schaute nieder und antwortete erstaunt:

"Der Leutnant von der heutigen Wache mit drei Soldaten! Was wollte er hier, wo er nichts zu suchen hat? Warum antwortete er nicht, als ich fragte? Auf wen war es abgesehen? Auf mich oder auf Euch? Ihr seht, sie waren scharf bewaffnet!"

Ich mußte sofort an den >Panther< denken, den zweiten Prinzen der Tschoban, sagte aber nichts, sondern erkundigte mich:

"Die drei Soldaten sind gleichgültig. Aber kennst Du die Familie des Leutnants?"

"Ja."

"Wer und was ist sein Vater?"

"Er ist tot. Auch er war Offizier; aber ich ließ ihn wegen Ungehorsam erschießen."

"Und das hinderte nicht, daß der Sohn wieder Offizier wurde?"

"Vielleicht bei Euch, aber nicht in Ardistan. Ich werde sofort selbst nach der Wache gehen und diese Sache untersuchen."

"Das würde ich nicht tun. Wo wohnt dieser Leutnant?"

"In der Nähe des Schlosses, bei seiner Mutter."

"Der Witwe dessen, den Du hast erschießen lassen?"

"Ja."

(Seite 194B) "Wer wohnt noch mit in demselben Hause?"

"Ein Bruder des Erschossenen, weiter niemand."

"So kannst Du höchstwahrscheinlich bei dieser Mutter und seinem Bruder mehr erfahren als auf der Wache. Nur darfst Du keine Zeit verstreichen lassen und mußt selbst gehen. Die Persönlichkeit hat zu wirken."

Er sah mir einige Augenblicke lang still in das Gesicht und sagte dann:

"Warum kommt mir dieser Dein Rat so selbstverständlich vor, obwohl er gegen alle Regel und Gepflogenheit streitet? Ist es nur deshalb, weil der Prinz der Tschoban mir von Dir erzählt hat? Oder ist es auch Deine Persönlichkeit, welche wirkt? Ich werde tun, was Du geraten hast. Kehrt in Eure Zimmer zurück und geht zur Ruhe! Verbindet Uucht! Ich werde Euch das Zeug dazu durch den Diener schicken."

Er liebkosete und streichelte die Hunde alle, vom ersten bis zum vierten; dann entfernten wir uns mit ihnen und ließen ihn bei den Leichen allein zurück, ohne uns um das, was er nun tat, weiter zu bekümmern. Nun hörten wir, da es keine Türen, sondern nur Vorhänge gab, von meinem Zimmer aus nach einiger Zeit die leisen, durch die Teppiche gedämpften Schritte von Leuten, welche jedenfalls beauftragt waren, sowohl die Leichen als auch die Spuren dessen, was geschehen war, zu entfernen. Dann wurde es wieder still. Nur der Diener kam noch, der uns den Verbandstoff für die verwundete Hündin brachte und sich dann wieder entfernte.

Man wird es begreiflich finden, daß der Schlaf uns floh. Wir saßen in meiner Stube beieinander und besprachen die Ereignisse dieses hochwichtigen Tages, natürlich mit leiser Stimme. Die Hunde lagen bei uns und schienen zu schlafen. Da plötzlich hob Uucht ihren Kopf, lüpfte das eine, nach der Türe gerichtete Ohr, blieb für einige Augenblicke in dieser lauschenden Haltung und hob dann die Oberlippe, so daß die Spitzen ihrer weißen, prächtigen Zähne zum Vorschein kamen. Sofort begann auch Aacht zu lauschen und seine Zähne zu zeigen.

"Es ist wieder jemand draußen!" flüsterte Halef.

Ich sagte nichts, sondern nickte nur. Dann stand ich auf und trug das brennende Licht in Halefs Stube, so daß es in der meinigen nun finster war und wir nicht von draußen gesehen werden konnten. Hierauf schlugen wir vorsichtig den Türvorhang zurück und schauten hinaus. Wir sahen eine männliche Gestalt, die ein Windlicht in der Rechten hielt und mit leisen, vorsichtigen Schritten den Gang durchmaß. Sie suchte. Das Windlicht gab nur nach der einen Seite Schein und ließ die andere dunkel. Als der Mann an die Stelle kam, wo die vier Toten gelegen hatten, blieb er stehen und bückte sich nieder. Er bemerkte die noch blutig feuchten Stellen, und wir sahen, daß er erschrak. Er befühlte den Teppich prüfend mit den Händen und untersuchte den Ort so genau wie möglich. Als er sich wieder erhoben hatte, blieb er ein Weilchen überlegend stehen. Dann gab er sich einen Ruck, als ob er zu einem Entschlusse gekommen sei und schritt weiter, in der Richtung auf uns zu. Wir traten von der Türöffnung zurück und geboten den Hunden Ruhe.

Er kam. Er blieb draußen vor unserem Vorhange stehen. Der Schein seines Lichtes zeigte uns das Gewebe unserer Vorhänge. Ein Bösewicht von Profession hätte dies ganz unbedingt mit in Berechnung gezogen und die Laterne von uns abgewendet. Daß er das nicht tat, war für uns ein Beweis seiner Unerfahrenheit. Genauso, wie wir sein Licht von innen bemerkten, mußte ihm das unsere von außen auffallen, wenn auch nicht so deutlich, weil wir uns im Dunkeln befanden, er aber nicht. Er ging weiter bis zur nächsten Türe und blieb da lauschend stehen. Das war Halefs Türe. Ich flüsterte diesem zu:

"Tritt hinaus in Deine Stube! Ich bringe ihn Dir herein."

Der Hadschi folgte dieser Weisung, ich aber trat wieder an den Eingang zu meiner Stube und schob die beiden Gardinenteile ein wenig auseinander, grad nur so weit, daß ich durch die schmale Lücke hinaussehen konnte. Der Mann lehnte soeben sein Windlicht an die gegenüberliegende Wand und schlich sich hierauf zu Halefs Türvorhang, den er genauso auseinanderzog wie ich den meinigen. Er schaute durch die so entstandene Lücke zu dem Hadschi hinein. Da trat ich schnell hinaus, huschte (Seite 195A) zu ihm hin, faßte ihn am Genick und schob ihn in die Stube hinein, wo Halef ihn unter einer tiefen Verbeugung lachend mit den Worten begrüßte:

"Sei uns herzlich willkommen, Du schleichende Laterne! Setze Dich nieder, und glaube, daß Du nicht bloß uns, sondern auch diese kennenlernst!"

Er meinte damit die Hunde, die er, während er dies sagte, hereinkommen ließ. Ich aber drückte den Mann auf den Boden nieder, wo er, ohne den geringsten Widerstand zu leisten, sich setzte und augenblicklich von den Hunden eingeschlossen wurde. Er starrte uns an. Der Mund stand ihm offen, aber er sagte nichts, so sehr erschrocken war er. Ich holte sein Windlicht herein, stellte es so auf, daß der Schein grell auf ihn fiel und setzte mich ihm gegenüber. Es war, aas ob diese direkte Berührung durch das Licht ihn nicht nur wieder zu sich bringe, sondern ihn auch von jeder Verlegenheit befreie. Der Ausdruck des Verblüfftseins verschwand aus seinem Gesicht. Er lächelte, und dieses Lächeln war keineswegs ein verlegenes, sondern es prägte sich in ihm das Selbstbewußtsein eines Mannes aus, welcher weiß, daß er die Situation beherrscht, obgleich es den Anschein hat, daß er von ihr überwältigt worden sei. Er war kein gewöhnlicher Mann, das sah man ihm gleich beim ersten Blicke an. Seine Züge waren intelligent, ja, fast möchte ich sagen, durchgeistigt. Sie waren scharf, wohl infolge fleißigen Nachdenkens, und dennoch weich, mit einem deutlichen Anfluge von Schwärmerei. Dieser Mann konnte vielleicht sogar fanatisch sein; der angeborene Grundzug seines Innern aber war Wohlwollen und Gerechtigkeit.

"Ich war in schwerer Sorge," sagte er. "Sie verleitete mich, diesen nächtlichen Gang zu unternehmen, der eigentlich tief unter meiner Würde liegt. Kennt Ihr mich?"

"Nein," antwortete ich.

"Ich bin der Basch Islamin von Ardistan und wohne mit hier im Schlosse. Das heißt, ich residiere hier. Mein eigentliches Haus aber steht weit draußen vor der Stadt."

Basch heißt soviel wie Haupt, also der Oberste. Er war Mohammedaner und wohl im Besitze desselben allerhöchsten geistlichen Amtes, welches in der Türkei der Scheik ul Islam bekleidet. Ich frug ihn nicht. Er fuhr fort:

"Ich kenne Euch sehr gut, sogar viel besser, als Ihr denkt."

"Woher?" fragte Halef.

"Erlaubt, daß ich Euch das erst später sage! Bevor ich Euch derartige Mitteilungen machen kann, muß ich mich erst versichern, daß Ihr wirklich diejenigen seid, für die ich Euch halte. Vor allen Dingen bitte ich Euch, ja nicht etwa zu glauben, daß Ihr mich hier überrumpelt habt. Ich kam in der Absicht hierher, mit Euch zu sprechen und - - -"

"Hier? Heut? In dieser Nacht?" unterbrach ich ihn.

"Ja," nickte er. "In dieser Nacht! Freilich verfolgte ich auf diesem heimlichen Gange auch noch einen andern Zweck. Es sollte sich etwas ereignen, was aber nicht geschehen zu sein scheint. Es war etwas unendlich Wichtiges. Ich wartete auf die Meldung, doch vergeblich. Da ergriff mich schwere Sorge. Ich machte mich auf, um selbst nachzusehen. Da bemerkte ich Blutflecken und schlich mich hierher, um Euch nach dem, was geschehen ist, zu fragen. Denn nur Ihr allein seid es, von denen ich schon gleich jetzt die zuverlässigste Auskunft zu erhalten vermag."

"Was willst Du von uns wissen?" fragte ich in der Überzeugung, daß diese Unterredung eine unendlich wichtige für uns sei und daß ich mich der größten Vorsicht zu befleißigen habe.

Indem ich diese Frage aussprach, sah ich, daß Uucht ihren Kopf nach der Korridortüre wendete, ihn dann aber beruhigt wieder auf die Vorderpfoten legte. Und gleich darauf schielte Aacht nach der Verbindungstüre zu meiner Stube und bewegte dabei die Spitze seines Schwanzes. Der Basch Islami bemerkte hiervon nichts; er sprach unbesorgt weiter. Halef aber hatte es ebenso gut wie ich gesehen; er lächelte. Aus diesem Gebahren der beiden Hunde war zu schließen, daß irgend jemand erst am Vorhange der Korridortüre gestanden und sich dann leise in mein Zimmer geschlichen hatte. Da befand er sich noch jetzt. Es war eine den Hunden bekannte, mit ihnen befreundete Person. Das konnte ganz selbstverständlich nur der 'Mir sein. Er war aus irgendeinem Grunde zu uns zurückgekehrt, und (Seite 195B) zwar so leise, wie die nächtliche Stunde es erforderte, und hatte bemerkt, daß jemand bei uns war. Nun saß er drüben in meiner Stube und hörte jedes Wort, welches hier hüben bei uns gesprochen wurde. Das war ein Umstand, der uns beiden, nämlich Halef und mir, die Situation für den gegenwärtigen Augenblick außerordentlich erschwerte, der aber auch viele Weiterungen abschnitt, die sonst zu erwarten gewesen wären. Wir beide sahen, daß auch die zwei anderen Hunde, nämlich Hu und Hi, den 'Mir witterten; der Basch Islami aber ging ahnungslos auf meine Fragen ein:

"Was ich von Euch zu erfahren wünsche, ist eigentlich wenig und doch viel, sogar sehr viel. Ich weiß, daß der 'Mir bei Euch gewesen ist, um Eure Hunde zu füttern. Ich weiß auch schon, daß er Euch in die Kirche geführt und dort den >Stern von Bet Lahem< entzündet hat, ganz selbstverständlich aus Versehen. Er hat mit Euch die Kirche dann verlassen. Wo ist er jetzt?"

Da antwortete ich:

"Ich gebe zu, daß er bei uns war, daß er uns in die Kirche führte, daß er dort den Stern entzündete und daß er uns sodann wieder hierher begleitete. Wie aber soll ich wissen, wo er sich jetzt befindet? Meinst Du, daß er sich von uns bewachen lasse?"

"Nein; das meine ich nicht. Aber da draußen auf dem Gange gibt es frische Blutflecke. Kennt Ihr sie?"

"Ja."

"Was ist es für Blut?"

"Menschenblut."

"Von wem?"

"Von Soldaten."

"Wer hat es vergossen?"

"Hier unsere Hunde."

Da sprang er mit einem lauten Schrei des Entsetzens empor und rief:

"Von diesen Hunden? Von diesen riesigen, entsetzlichen Ungetümen wurde die Tat vollbracht? Warum? Warum? War der 'Mir dabei?"

"Gewiß war er dabei."

"Und er hat gewußt, daß es nur ihm galt, ihm allein?"

"Ihm allein?"

"Ja."

"Das ist nicht wahr. Es galt auch uns!"

"Du irrst! Ich bin der, der es weiß! Ich bin - - - "

Er hielt mitten im Satze inne, ließ seinen Blick über mich, über Halef und die vier Hunde gehen und fuhr dann fort:

"Ich muß aufrichtig sein; ich muß es sagen, ich muß! Und doch ist es so schwer, so unendlich schwer! Es kann mich und alle verderben. Ich werde beten, ehe ich es tue, ja beten!"

Er kniete nieder, faltete die Hände, hob den Blick empor und betete El Fatiha, die erste Sure des Koran.

Es war tief ergreifend, diesen Mann hier vor uns knien und beten zu sehen. Mein ganzes Herz stellte sich an seine Seite und nahm für ihn Partei. In meinem Inneren kämpften zwei Gestalten gegeneinander: er und der 'Mir. Wer würde siegen? Es war nicht ausgeschlossen, daß ich in diesem Kampfe mit samt meinem wackeren Halef auch mit unterging! Da erhob sich der Basch Islami aus seiner knienden Stellung, setzte sich wieder nieder, wie er vorher gesessen hatte, und fuhr fort:

"So hoffe ich denn zu Allah, daß der Weg, den ich hier gehe, nicht der falsche, sondern der richtige ist! Ich höre in mir eine Stimme, die mir sagt, ich müsse Euch vertrauen, sonst gehen wir alle an unserer ehrlichen, gerechten Sache zugrunde. Effendi, ich bitte Euch, mir zuzuschwören, von dem, was ich Euch jetzt sage, dem 'Mir nichts zu verraten!"

"Ich schwöre nie," antwortete ich. "Aber mein Wort ist stets so heilig wie ein Schwur."

"Gut! So versprecht Ihr mir, ihm nichts davon mitzuteilen?"

"Ja. Wenn Du es ihm nicht selbst sagst, wir sagen ihm nichts."

Dieses mein Versprechen scheint vielleicht hinterlistig gegeben zu sein. Man wird aber gleich hören, daß es ehrlich gemeint war. Der Basch Islami fuhr fort.

(Seite 196A) "Das, was ich Euch zu sagen habe, ist ungeheuer wichtig. Wenn Ihr es verratet, kann es mir und vielen anderen das Leben kosten. Gebt Ihr mir Euer Wort, daß es genauso sein soll, als ob ich Euch nichts gesagt habe?"

"Ja; wir geben es," antwortete ich. Ich wußte gar wohl, was ich da sagte. Ich versprach es nicht nur für mich und Halef, sondern ebenso auch für den 'Mir, der ja draußen saß und alles auch hörte. Auch der Basch Islami schien eine Ahnung von der Verantwortlichkeit zu haben, die ich übernahm, denn er sah mich mit großen, fast bewundernden Augen an und sprach:

"Du bist ein kühner Mann, Effendi! Weißt Du, was Du versprichst?"

"Ich weiß es."

"So darf ich Vertrauen zu Euch haben und Euch alles sagen. Hört also, und staunt: Der Herrscher von Ardistan wird abgesetzt!"

Er sagte jedes Wort so gewichtig, als ob er es mit Buntstift unterstreiche. Ich aber erkundigte mich im ruhigsten Tone:

"Von wem?"

"Vom Basch Islami von Ardistan, also von mir. Verstanden?"

Erst jetzt erlaubte ich mir, zu staunen.

"Von Dir? Wirklich von Dir?" fragte ich in ziemlich ungläubigem Tone.

"Ja, von mir!" versicherte er stolz.

"Bist Du der Mann dazu, so etwas Großes, Schweres und Wichtiges zu vollbringen?"

Ich sah ihn dabei prüfend an. Da schlug er sich die Hand auf die Brust und antwortete:

"Ich bin es! Ich bin der Basch Islami. Ich habe darüber zu wachen, daß es Glauben gibt im Lande, daß Allah der Erste und der Höchste ist im Leben und im Sterben. Ich habe dafür zu sorgen, daß Gerechtigkeit und Menschlichkeit herrsche allüberall, wohin die Würde meines Amtes reicht. Wie aber sieht es aus in Ardistan unter der Regierung dieses unseres Herrschers? Er glaubt weder an Gott noch an den Teufel. Er lacht über Himmel und Hölle, über Seligkeit und Verdammnis. Er betet nie. Er bedrückt das Land. Er saugt die Untertanen aus. Er bestiehlt die Witwen und Waisen. Kein Mensch ist seines Lebens sicher. Er haßt den Frieden. Wohin Du schaust, fließt Blut. Wir haben ihn gebeten; er lachte. Wir haben ihn gewarnt; er spottete. Wir haben ihm gedroht; er höhnte. Seine Härte wuchs; seine Grausamkeit stieg über alle Grenzen. Wir trugen es, denn wir hatten ihm Treue geschworen. Und wir hofften, daß Allah sich unser erbarmen und das Herz des Tyrannen endlich, endlich einmal rühren werde. Aber dieser Wunsch erfüllte sich nicht, sondern es geschah das Gegenteil. Der 'Mir fing Händel an mit dem 'Mir von Dschinnistan, dem gütigsten und weisesten Herrscher aller Völker und Reiche, die es gibt. Er erklärte ihm den Krieg. Das ist wahnsinnige Vermessenheit. Wir sehen unseren Untergang vor Augen. Wir müssen uns retten und können dies nur dadurch tun, daß wir ihn von der Stelle entfernen, an der er steht."

Der Basch Islami machte hier eine Pause. Dies benutzte ich, ihn zu fragen:

"Wer sind diese >wir<, von denen Du sprichst? Du meinst Dich nicht allein?"

"Nein. Ich vertrete nur die Mohammedaner des Landes. Doch stehen an meiner Seite auch die Obersten der anderen Religionen."

"Der Christen?"

"Nein, diese nicht. Die Christen sind wie die Hunde, die dem, der sie martert, die Hand noch lecken. Sie behaupten, Gott habe den 'Mir eingesetzt; darum bleiben sie ihm treu! Aber wir Mohammedaner zählen nach Millionen, die Buddhisten ebenso und die Lamaisten noch viel mehr, die Andersgläubigen gar nicht mitgerechnet. Wir sind gegen den 'Mir zusammengetreten, um ihn abzusetzen und einen anderen Herrscher zu wählen. Die Ereignisse sind uns günstig. Seine besten Truppen hat er nach Norden gegen den 'Mir von Dschinnistan gesandt, und von Süden kommen die Scharen der Ussul und Tschoban herangezogen, um die Hauptstadt zu berennen. Das Heer der (Seite 196B) Dschunub, auf welches er rechnete, wurde von Euch vernichtet und zerstreut. Und nun kommt Ihr beide selbst nach Ard, ohne Euch vor ihm zu fürchten. Das erschien uns der geeignete Augenblick, den längst beschlossenen Schritt zu tun. Wir erfuhren, daß der 'Mir hierher zu Euch gegangen sei. Wir befahlen der Wache, die zu uns hält, ihn hier gefangen zu nehmen - - -"

"Ah! Bei uns!" unterbrach ich ihn.

"Ja, bei Euch!"

"Er sollte getötet werden?"

"Einstweilen nur verschwinden."

"Und wir? Was sollte mit uns beiden geschehen?"

"Das hatte sich noch zu finden!"

"Nein, nicht zu finden, sondern es war beschlossene Sache! Der 'Mir sollte bei uns überfallen und getötet werden. Uns wollte man als seine Mörder bezeichnen. Dann wehe uns beiden ehrlichen, unschuldigen Menschen! Gott aber verhütete diese Tat. Als die Mörder kamen, fanden sie diese Stuben nur von den Hunden besetzt. Wir waren mit dem 'Mir in der Kirche. Der Gottesdienst der Christen hat ihm also das Leben und den Thron gerettet. Euer Plan war überhaupt nicht wohlüberlegt. Ihr hattet nicht mit den Hunden gerechnet. Und wenn Eure ganze Wache nochmals käme, ich ließe die Kerle alle zerreißen, vom ersten bis zum letzten! Es sind aber nur vier gekommen, nicht um uns zu überfallen, sondern um auszukundschaften, wie es stehe. Sie haben es mit dem Leben bezahlt! Und was wird mit Dir?"

Er sah mir mit einer geradezu verblüffenden Offenheit und Ehrlichkeit in das Gesicht und antwortete:

"Nichts wird mit mir! Ich glaube an Dich! Du wirst dem 'Mir nichts sagen!"

"Allerdings nicht! Ist auch nicht nötig, denn er weiß es schon!"

"Er weiß es?" fuhr er erschrocken auf. "Von wem?"

"Von Dir. Er hat es gehört. Er sitzt da draußen in der Nebenstube!"

Kaum hatte ich das gesagt, so wurde die Gardine geöffnet, und der 'Mir trat ein. Sein Gesicht war nicht nur bleich, sondern todenbleich. Seine Augen flimmerten, seine Lippen zitterten; seine Hände bebten.

"Woher weißt Du, daß ich hier bin?" fragte er mich, wobei seine Stimme vor Aufregung ganz rauh und heiser klang.

"Die Hunde verrieten Dein Kommen," antwortete ich. "Sofort als Du leise kamst, noch ehe Du in das Zimmer tratest, sagte mir das leise Wedeln ihrer Schwänze. daß derjenige nahe, der sie gefüttert hat."

"Und trotzdem gabst Du ein Versprechen, welches Du unfähig bist, zu halten?"

"Wieso? Ich pflege nichts zu versprechen, was ich nicht halten kann. Ich habe versprochen, Dir nichts zu sagen!"

"Scherze nicht auch noch! Das war Dein erstes Versprechen. Du gabst aber noch ein anderes; das lautete: Was dieser Hund, dieser Empörer, dieser Verräter und Mörder hier sage, das solle so sein, als ob er nichts gesagt habe! Dabei wußtest Du, daß ich hier bin und alles höre. Hast Du da nur Dich verpflichtet?"

"Nein, sondern auch Dich!"

"Also auch ich soll mich so verhalten, als ob ich gar nichts wisse?"

"Ja!"

"Soll man etwa diesen Schuft und Schurken laufen lassen?"

"Ja!"

Wir waren, als der 'Mir herein kam, aufgestanden. Der Basch Islami wußte vor Schreck und Angst weder aus noch ein. Er versteckte sich hinter mir. Ich aber sah dem Herrscher ruhig in die höchst gefährlich flackernden Augen.

"Bist Du wahnsinnig?" fragte er, indem seine Stimme den Klang verlor und sich zum drohenden Zischen zusammendrückte.

"Nein," antwortete ich. "Was Dir wie Wahnsinn erscheint, ist bessere und schärfere Berechnung, als Du denkst! Ich bitte Dich, mir zu vertrauen und mein Wort auf Dich zu nehmen und es so zu halten, wie auch ich es halte!"

"Und wenn ich mich weigere, auf diesen Wahnsinn einzugehen?"

(Seite 197A) "So zwinge ich Dich!"

"Mich zwingen?" donnerte er, indem er sich hoch aufrichtete. "Womit?"

"Mit dieser meiner Faust oder mit diesem meinem Messer! Ich habe mein Wort für Dich gegeben, und Du hast es für mich zu halten; dann sind wir quitt. Tust Du das nicht, so verläßt nur einer von uns beiden diese Stube; der andere bleibt liegen! Was ich mit vollem Bewußtsein versprochen habe, das halte ich. Ich sterbe eher, als daß ich zum Lügner werde!"

Er wich einen Schritt zurück, zeigte die weiß glänzenden Zähne und ballte die Fäuste. Auch ich richtete mich auf. Da hob Halef warnend die Hand und bat ihn:

"Tue, was er fordert, tue es! Es ist zu Deinem Glück! Mein Sihdi weiß stets, was er sagt! Wäre er mit Dir allein, so würde er ganz anders reden; so aber kann er nicht!"

Der Basch Islami aber sank in seiner Todesangst in die Knie und begann zum zweiten Male zu beten:

"Lob und Preis sei Gott, dem Weltenherrn, dem Allerbarmer, der da herrschet am Tage des Gerichtes. Dir wollen wir dienen, und zu Dir wollen wir flehen, auf daß Du uns führest den rechten Weg, den Weg derer, die Deiner Gnade sich freuen, und nicht den Weg derer, über welche Du zürnest, und nicht den Weg der Irrenden!"

Das klang so gnadebedürftig, so hilflos, so ohnmächtig! Die Zähne des 'Mir verschwanden. Seine Fäuste öffneten sich; sein Gesicht wurde ein ganz anderes. Mir noch immer finster, aber doch nicht mehr drohend in das Gesicht sehend, rief er aus:

"Was bist Du für ein Mensch! Ich sah überhaupt noch keinen! Du bist der allererste, und darum will ich tun, was Du verlangst. Es drängt mich, an Dich zu glauben, wie dieser Dein Hadschi Halef an Dich glaubt." Er deutete auf den Basch Islami und fuhr fort:

"Ich soll ihn laufen lassen?"

"Ja," antwortete ich. "Genau so, als ob Du gar nichts wüßtest, gar nichts erfahren hättest."

"Nicht bei ihm aussuchen lassen?"

"Nein."

"Ihn nicht absetzen lassen, nicht bestrafen?"

"Nein. Du weißt ja nichts!"

(Seite 197B) Da lachte er laut auf. Es klang halb grimmig und halb belustigt. Dann ergriff er das Blendlicht, gab es dem Basch Islami in die Hand und befahl ihm:

"Mach Dich hinaus, Schurke, augenblicklich hinaus! Und vergiß nie, daß es kein Moslem, sondern ein Christ war, der Dich rettete!"

Der oberste Mohammedaner von Ardistan gehorchte sofort. Ich ging zur Türe und schaute ihm nach, bis sein Licht im äußersten Korridor verschwand. Als ich mich dann nach dem 'Mir umdrehte, stand er erwartungsvoll in der Mitte des Zimmers und sprach:

"So! Ich habe das Unmögliche getan! Und nun rechtfertige Dich! Ich erwarte den sofortigen Beweis von Dir, daß ich richtig gehandelt habe!"

"Du wirst ihn bekommen und keine Minute darauf zu warten haben!" antwortete Halef in zuversichtlichem Tone.

Ich aber fragte den 'Mir:

"Glaubst Du an das, was der Basch Islami sagte? Nämlich, daß sich außer den Christen alle Untertanen verbunden haben, Dich abzusetzen?"

"Ich glaube es," antwortete er. "Ich glaube nicht nur an seine Behauptungen, sondern noch viel mehr an die Darstellung, die Du von der Sache gabst. Ich sollte nicht nur verschwinden, also etwa gefangen genommen, sondern ich sollte hier ermordet werden. Und Euch wollte man als die Mörder bezeichnen. Dann war man beide los, nämlich mich und Euch. Ich mußte den Basch Islami arretieren. Es mußte bei ihm und bei allen seinen Mitschuldigen ausgesucht werden, um hinter alles zu kommen. Ich mußte sie hinrichten lassen. Ich habe -"

"Du irrst!" unterbrach ich ihn. "Das alles wäre falsch gewesen!"

"Warum?"

"Weil der Basch Islami recht hat. Du bist ja wirklich der Tyrann, als den er Dich beschrieb! Es ist alles wahr, was er behauptete! Er hat keineswegs zu viel gesagt, sondern zu wenig! Es ist, als ob Du Deine Untertanen absichtlich triebst, sich gegen Dich aufzulehnen. Daß Du nicht schon längst vom Throne gestoßen oder gar ermordet worden bist, kommt mir wie ein Wunder vor, an dem - - -"

"Schweig!" unterbrach er mich. "Glaubst Du, weil ich (Seite 198A) nachsichtig gegen Dich gewesen bin, werde ich mir nun alles gefallen lassen? Ich zermalme Dich!"

Er streckte beide Arme aus, als ob er mich ergreifen wolle.

"Versuche es!" antwortete ich. "Der Zermalmte bist dann Du! Das Doppelheer des Dschirbani steht an Deinen Grenzen. Wenn er diese Grenzen überschreitet und mit den Verschwörern gemeinsame Sache macht, bist Du verloren. Sie werden ihn mit Jubel empfangen. Ich aber denke gar nicht daran, Dir nur Dinge zu sagen, die Dich beleidigen müssen. Du bist ein Tyrann; ja, das ist richtig. Aber Du bist noch mehr wert als das: Du bist ein großangelegter Mensch. Du brauchst nur zu wollen, so verwandelt sich der Peiniger in den Wohltäter. Laß den Basch Islami laufen, und forsche nicht nach seinen Mitschuldigen und ihren Absichten! Es wird doch alles anders, als sie denken. Bis jetzt sind sie im Recht. Lehre sie empfinden, daß sie Unrecht haben und daß Du edel bist; dann bricht ihr Widerstand ganz in sich selbst zusammen. Daß Du den Basch Islami nicht festnahmst, war der erste, große Schritt in die neue Zukunft hinüber, die Du Deinem Volke bietest. Er wird Dir größeren Segen bringen, als Du denkst. Deine Aufgabe ist nicht, die Völker gegeneinander in Haß und Tod zu treiben, sondern ein Fürst der Liebe und des Friedens zu sein. Habe ich Dich heute zur Umkehr und zum Guten verführt, so bin ich auch bereit, die daraus entspringenden Folgen zum Guten zu lenken. Sollte die Empörung, die wir heut entdeckten, wirklich ausbrechen, so wird der Dschirbani Dir seine Scharen sofort zur Verfügung stellen, sie wie mit einem einzigen Schlage zu unterdrücken!"

Der 'Mir hatte die gegen mich erhobenen Arme schon längst wieder sinken lassen und mich mit Spannung angehört. Jetzt stieß er schnell und energisch die Frage hervor:

"Ist das wahr? Er, der gegen mich zieht, will mir in diesem Falle helfen?"

"Es ist wahr. Ich hafte dafür!"

"Und was verlangt er für die Hilfe?"

"Nichts."

"Gar nichts?" fragte er erstaunt.

"Gar nichts! Er kommt als Dein Freund, hilft Dir, die Revolution niederschlagen und kehrt dann zu derselben Stelle zurück, an der er sich jetzt befindet, um wieder Dein Gegner zu sein."

"Und das ist wahr? Wirklich wahr?"

"So wahr, wie ich es sage! Er verlangt keinen Lohn; er tut es umsonst, aus Interesse für Dich, den er achtet! Höchstens hätte ich eine Bitte, also nicht er, sondern ich, die ich Dir vorlegen möchte, bevor Du Dich entschließest. Nicht eine Bitte für mich, sondern für Dich, zu Deinem eigenen Heile."

"Sage sie!"

"Es ist heut der fünfzehnte Kanun el Auwal. Auf den fünfundzwanzigsten dieses Monates fällt das größte und wichtigste Fest der Christen, welches Ihr hierzulande Id el Milad, nennt. Erlaube, daß sie es in ihrer Weise feiern, und zwar da unten in der Kirche, in der großen Mittelkuppel, wo wir waren! Tue es nicht nur um ihret-, sondern ebenso auch um Deinetwillen! Du hast gehört, daß sie die einzigen sind, die treu und ehrlich zu Dir halten, obwohl man überall weiß, daß Du sie hassest und verfolgst. Lehre sie, Dich achten und Dich lieben. Dann besitzest Du in ihnen einen unwiderstehlichen Keil, die Feindschaft aller anderen zu zersprengen. Es ist so wenig, um was ich Dich für sie bitte: die Erlaubnis, die Geburt des Erlösers zu feiern, den ja auch die Mohammedaner verehren. Es ist also nicht etwa ein Vorzug, den Du den Christen damit erweisest; sie aber werden Dir mit einem Male dafür zu Helfern werden, auf die Du Dich verlassen kannst in jeder Not und auch in der jetzigen Gefahr!"

Die Antwort blieb, als ich gesprochen hatte, aus. Halef lächelte. Der 'Mir aber trat, wie schon früher, an das offene Fenster und schaute lange, lange in die Nacht hinaus. Er kämpfte einen stillen, aber schweren Kampf, den Kampf mit sich selbst, den Kampf mit seiner eigenen, niedrigen Anima, der es noch nicht gelungen war, sich zur Seele zu erheben. Es vergingen (Seite 198B) mehrere Minuten. Als er sich dann zu uns umdrehte, lag etwas wie ein Glanz auf seinem bleichen Gesichte. Er lächelte, und seine Stimme klang in fast herzlicher Güte:

"Sihdi, was seid Ihr doch für Menschen, Ihr zwei! Ich erkläre mich für überwunden, und ich tue das gern, denn ich weiß, daß ich dadurch zum Sieger werde. Was ich zu tun habe, ist beschlossen; ich mache aber keine Worte. Seid Ihr bereit, mir den Schlaf dieser Nacht zu opfern?"

"Sehr gern!" antwortete Halef schnell.

"Ich werde sofort satteln lassen, Eure beiden Pferde und auch eines für mich. Wir reiten. Wohin, das erfahrt Ihr unterwegs. Ich verlasse Euch jetzt, komme aber in kurzer Zeit wieder. Darf ich einen Eurer Hunde oder zwei mit mir nehmen? Zu meinem Schutz, falls auf den finsteren Gängen da draußen noch Vorsicht geboten ist!"

Halef befahl Hu und Hi, mit ihm zu gehen. Sie gehorchten. Als der 'Mir sich mit ihnen entfernt hatte, richtete der kleine Hadschi sich so hoch auf, wie er konnte, und sprach:

"Effendi, was sind wir doch für unvergleichlich tüchtige Kerle! Wir sind erst einige Stunden da, und doch schon so ein Sieg! Ich gratuliere!"

"Mach Dich nicht lächerlich!" widersprach ich ihm. "Was hast Du denn für große Dinge getan? Und wer ist es, der mir versprochen hat, nicht mehr zu prahlen? Ja, es gibt einen, den wir bewundern müssen. Das bist aber nicht Du, und das bin nicht ich, sondern das ist der 'Mir, der einen Sieg über sich selbst errungen hat, gegen den alle Deine sogenannten Siege einfach weiter nichts als Niederlagen sind. Du magst mir noch soviel versprechen, so fällst Du Deiner Ruhmredigkeit doch immer wieder zum Opfer; er aber hat in einer einzigen Stunde mehr besiegt und mehr überwunden, als Du während Deines ganzen Lebens überwunden hast und noch überwinden wirst!"

Wie gewöhnlich, wenn er sich blamiert fühlte, griff er auch hier zum Scherz, indem er mich mit den Worten des 'Mir abwies:

"Schweig! Glaubst Du, weil ich nachsichtig gegen Dich gewesen bin, werde ich mir nun alles gefallen lassen? Ich zermalme Dich!"

Das klang so possierlich, daß ich so schwach war, zu lachen. Da fuhr er fort:

"Allah sei Dank! Er lacht! Dadurch hat er sich gerettet, denn nun bin ich nicht mehr gezwungen, ihn zu zerschmettern! Effendi, sag: Wohin denkst Du, daß wir reiten?"

In dieser Weise pflegte er über jede Niederlage, die er erlitt, hinwegzugehen, und das Schlimmste dabei war, daß man ihm nicht zürnen konnte. Wohin der nächtliche Ritt gehen sollte, wußte und ahnte ich ebensowenig wie er, daß es aber ein sehr wichtiger sei, das konnte man sich wohl denken. Es blieb uns nichts anderes übrig, als das, was kommen wollte, nun ruhig abzuwarten. Und es kam. Es war kaum mehr als eine halbe Stunde vergangen, als der 'Mir mit den beiden Hunden zu uns zurückkehrte. Er war so einfach gekleidet wie vorher und hatte einen Mantel mit Kapuze, wie ihn gewöhnliche Leute zu tragen pflegen, übergeworfen. Wer ihn nicht kannte, vermutete gewiß nicht, was für ein hochstehender Herr er war. Er führte uns in den Hof hinunter, in dem wir bei unserem Kommen abgestiegen waren. Dort standen unsere gesattelten Pferde. Wir untersuchten das Riemenzeug, und als wir alles in Ordnung fanden, stiegen wir auf und ritten mit dem 'Mir, gefolgt von unseren vier Hunden, zum Tore hinaus, welches hinter uns wieder geschlossen wurde.

(Seite 199A) Es war eine finstere Neumondnacht. Der Himmel stand zwar voller Sterne, doch war ihr Licht nicht imstande, die Atmosphäre der großen Stadt zu durchdringen. Das Kirchenschloß stieg empor wie ein dunkles Rätsel, um dessen Ecken und Kanten wir biegen mußten, bis wir die von dem 'Mir beabsichtigte Richtung erreichten. Da stand zur Seite eines engen Gäßchens ein kleines Haus, auf welches der 'Mir deutete, indem er sagte:

"Hier wohnte der nun tote Leutnant mit seiner Mutter und ihrem Bruder. Ich ließ sie einsperren, werde sie aber noch heut wieder entlassen. Es darf ihnen doch unmöglich schlimmer ergehen als dem Basch Islami, dem Haupttäter, der mir entkommen durfte. Der Bruder leugnete alles; er behauptete, nichts zu wissen. Seine Schwester aber gestand in ihrer Erregung um den Sohn. daß ich heut nicht etwa nur gefangen genommen, sondern erstochen werden sollte. Der neue 'Mir habe es befohlen."

"Der neue 'Mir?" fragte ich. "Den gibt es also schon?"

"Sie sagte es."

"Hat sie seinen Namen genannt?"

"Ja. Aber sie ist wahnsinnig. Daß ich ihren Mann habe hinrichten lassen, hat sie um den Verstand gebracht. Sie konspiriert seitdem gegen mich. Sie wagte in ihrer wahnsinnigen Rachsucht sogar das Leben ihres Sohnes. Und dann, als sie hörte, daß er tot sei, versuchte sie, sich dadurch an mir zu rächen, daß sie den einzigen Menschen, den ich bisher liebte, als den neuen 'Mir bezeichnete und also als den Bösewicht, der befohlen habe, mich heut zu töten. Sie ist verrückt!"

"Darf ich erfahren, wer dieser Mann ist?"

"Mein Schützling und Schüler, der >Panther<, der zweite Prinz der Tschoban! Ist das nicht Wahnsinn?"

"Wohl kaum!" antwortete ich. "Die Mohammedaner stehen an der Spitze der Empörung, und er ist leidenschaftlicher Anhänger des Islam."

"Das hindert aber nicht, daß er mich aufrichtig liebt und mir treu und dankbar ist! Ich erkläre es für eine Verrücktheit, grad ihn, diesen Prachtmenschen, einer solchen Tat für fähig zu halten. Ich würde gar nicht anstehen, sogar auch Dich für unheilbar irrsinnig zu erklären, falls Du mir mit derartigen Verdächtigungen kämst!"

"So schweige ich!"

"Wie? Hattest Du etwa die Absicht - - -" dehnte er.

"Ja," gestand ich ein.

"So rate ich Dir, lieber still zu sein! Du könntest damit leicht alles verderben, was Du gewonnen hast!"

(Seite 199B) Das klang so kurz, so abgerissen, ja drohend, daß ich schwieg und mir vornahm, den Gegenstand nicht wieder zu berühren, außer wenn er selbst mich dazu veranlassen würde.

Wir kamen aus dem engen Häusergewirr in einen Teil der Stadt, in dem die Gassen breiter waren. Da hielt er vor einem größeren Hause an, an dessen wohlverschlossenem Tore ein Läutebrett hing. Diese Bretter vertreten die Stelle unserer Klingeln. Sie sind sehr dünn und mit einem hölzernen Hammer versehen, mit dem man schlägt. Jedermann kennt den Ton seines Brettes und weiß also, sobald er erklingt, daß man zu ihm will. Der 'Mir gebot uns, abzusteigen und unsere Pferde in einiger Entfernung anzubinden. Wir taten dies. Dann traten wir an das Tor. Da läutete er, ohne daß er uns sagte, wer da wohne. Es war schon gegen Morgen. Alles schlief. Er mußte wiederholt läuten, ehe jemand kam und von innen nach unserem Begehr fragte.

"Dies ist das Haus, in dem der Basch Nasrani von Scharkistan zu Gaste wohnt?" erkundigte sich der 'Mir.

"Ja," antwortete der dienstbare Geist, der hinter dem Tore stand.

"Ist er daheim?"

"Er schläft. Er ist erst vor ganz kurzem aus der Kirche gekommen. Gönne ihm die Ruhe!"

"Ich muß mit ihm sprechen!"

"Warum? Ist es so wichtig, daß ich ihn wecken muß? Wer bist Du? Vielleicht ein reicher, vornehmer Mann? Denn sonst würdest Du es nicht wagen, den Obersten der Christen von Scharkistan um seine Ruhe zu bringen!"

"Ich bin ein armer Mann, ein Bettler; ich kann nichts bezahlen. Aber ich habe gesündigt und muß meine Seele retten. Ich will beichten. Sag ihm das, weiter nichts!"

"So warte!"

Der Diener entfernte sich. Der 'Mir erklärte uns:

"Jetzt wißt Ihr, zu wem ich will. Zu dem Oberpriester von Scharkistan, der in der Kirche sprach und mich erkannte, als der Stern zu brennen begann. Ich prüfe ihn. Und indem ich ihn prüfe, prüfe ich die ganze Christenheit und die Lehre von der christlichen Liebe. Darauf, ob er sich im Schlafe stören läßt, soll es ankommen, ob ich Deinen Wunsch erfülle und den Christen erlaube, das >Fest der Geburt< in ihrer Weise zu feiern. Warten wir!"

Man kann sich denken, wie gespannt ich auf das Resultat dieser Prüfung war! Wir hörten nach kurzer Zeit wieder Schritte, die sich näherten, und eine andere Stimme fragte von innen:

(Seite 200A) "Bist Du noch da?"

"Ja," antwortete der 'Mir, indem er dicht an das Tor trat, um zunächst nur sich allein sehen zu lassen.

"Ich öffne gleich!"

"Ist er zu sprechen?"

"Natürlich, ja! Ich bin nicht der Diener, sondern der Priester selbst. Er weckte mich."

"Und da standest Du sofort auf?"

"Sofort!" erklärte der Basch Nasrani, indem er halb aus dem sich jetzt öffnenden Tore trat. "Du befindest Dich in Seelennot. Das ist die höchste Not, die es gibt. Du willst beichten. Beichten heißt, mit dem Erlöser sprechen. Was wäre das für ein Heiland, für ein Erlöser, der weiter schlafen könnte, wenn er Seelen retten soll!"

"Aber ich bin arm; ich bin ein Bettler!"

"Vor Gott sind wir alle Bettler! Vielleicht bettele ich mehr als Du! Vor Gott kann ein Bettler reicher sein als ein Millionär. Bist Du reich an Reue, so ist er reich an Gnade. In dieser Deiner Reue bist Du reicher als ein Fürst, der nichts bereut. Ich heiße Dich willkommen. Tritt ein!"

"Es sei!"

Mit diesen Worten folgte der 'Mir der Aufforderung des Oberpriesters. Wir beiden andern kamen hinterher. Als der Basch Nasrani uns sah, fragte er:

"Du bist nicht allein?"

"Nein. Da sind noch zwei. Zwar keine so großen Sünder wie ich, dafür aber die größten Bettler, die es gibt. Sie betteln sogar für Dich! Nun komm!"

Der oberste Pfarrer von Scharkistan verriegelte das Tor und führte uns nach dem Hause. Es mochte ihm nicht ganz unbedenklich erscheinen, daß es jetzt plötzlich drei anstatt nur eines Besuchers gab. Er hatte seine Lampe hinter der Türe des Hauses stehen. Dort angekommen, nahm er sie auf und leuchtete uns in eine Stube, welche der Empfangsraum zu sein schien. Da bat er, uns niederzusetzen.

"Nein, setzen werden wir uns nicht," antwortete der 'Mir. "Wir haben keine Zeit dazu."

Erst jetzt fiel das Licht der Lampe auf unsere Gesichter. Der Priester erschrak. Er erkannte uns sofort.

"Der 'Mir, der 'Mir!" rief er erschrocken aus, indem er die Lampe schnell wegsetzte, sonst hätte er sie fallen lassen. "Und seine Begleiter aus der Kirche?"

"Ja, ich bin es, und sie sind es auch!" antwortete er. "Ich wollte erst leugnen, in der Kirche gewesen zu sein. Das ist die Sünde, die ich Dir zu beichten habe. Ich hoffe, daß Du sie mir vergibst. Und hier ist Kara Ben Nemsi Effendi, ein christlicher Wanderer aus Dschermanistan. Er hat mir gesagt, daß in zehn Tagen das große Fest der Geburt des Heilandes sei. Er wünscht dieses Fest mit den Christen meiner Länder zu feiern. Er hat mich gebeten, Euch den großen Kuppelbau der Kathedrale dazu zur Verfügung zu stellen. Ich habe beschlossen, diesen Wunsch zu erfüllen. Ich liebte die Christen nicht. Darum gab es nur in Scharkistan einen Oberpriester, einen Basch Nasrani; der bist Du. Du wohntest nur zuweilen als Gast, grad so wie heut, in diesem meinem Lande und in dieser meiner Stadt. Heut habe ich Dich und mit Dir Euer Christentum geprüft. Ich ernenne Dich zum Basch Nasrani von Ardistan und Gharbistan, so daß Du nun der Oberpriester aller Länder bist, die ich unmittelbar regiere. Ich ersuche Dich, heute nachmittag genau zur dritten Stunde in das Schloß zu kommen, um Dich bei diesem Effendi hier zu bedanken und die Vorbereitungen zum Feste zu besprechen. Er ist leicht zu finden. Seine Zimmer liegen unmittelbar neben den meinen. Schlaf wohl!"

Sobald er das gesagt hatte, ergriff er die Lampe und schritt schnell hinaus. Wir folgten ihm ebenso rasch, ohne uns nach dem Basch Nasrani umzusehen. Wir eilten mit der Lampe nach dem Tore, setzten sie dort nieder, schoben den Riegel zurück und traten auf die Straße. Erst als wir unsere Pferde bestiegen, hatte der brave geistliche Herr seine Überraschung überwunden und kam uns nachgerannt. Indem wir davonritten, hörten wir zwar seine Stimme, konnten aber nicht verstehen, was er sagte. Etwas Unangenehmes war es jedenfalls nicht!


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