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ANTJE STREIT

Der ›französische‹ und der ›deutsche‹ Chinese
Eine vergleichende Untersuchung zu den Chinaromanen Jules Vernes und Karl Mays



Nach Chinesien, nach Chinesien
Möcht ich, wo ich nie gewesien
Wo die Seelen stillestehn.
Wo die Menschen wahrhaft wimmeln,
Frauen ihren Fuß verstümmeln,
Und der Tusch am schwärzesten
Dahin, Alter, laß mich ziehn!1



Geheimnisvolles China, faszinierendes China, kleine Menschen mit spitzen Hüten, die vor Pagoden in Bambushainen lustwandeln - wer kennt sie nicht, die unzähligen Facetten des Chinabildes, wie sie sich bis heute in manchen Reiseführern, in der Werbung oder in Kinderbüchern finden lassen? Immer wieder stellt sich dabei die Gretchenfrage nach dem Realitätsgehalt in der Darstellung der asiatischen Fremde. Saids vieldiskutierte These, daß der Orient im Prinzip ein Konstrukt des Westens ist, läßt sich in diesem Zusammenhang ohne Probleme auch auf das Chinabild der damaligen und heutigen Zeit übertragen.2 Die komplexe Struktur der ›östlichen‹ Fremde wird dabei mittels bereits kulturhistorisch vorgefertigter Bilder eingegrenzt, vom Eigenen abgegrenzt, kategorisiert und be- bzw. verurteilt. Oft reduziert sich die Darstellung einer Nation dann auf die Zuschreibung ›Feindbild‹ oder ›Wunschbild‹. Die Karl-May-Forschung hat sich gerade in den letzten Jahren verstärkt auch den Chinaromanen und ihren Entstehungsgeschichten zugewandt. Der Schwerpunkt liegt insbesondere in der kritischen Beurteilung von Mays Menschendarstellung. Besonders ist dabei zu begrüßen, daß die Diskussion, ob die in den Werken aufgegriffenen nationalen (nicht nur chinesischen) Stereotypen nun als rassistisch oder als harmlos einzuordnen sind, etwas in den Hintergrund getreten ist. Diese Thematik möchte meine Analyse nicht noch einmal aufgreifen. Auch der Einbezug der Quellen von May und Verne wird nur am Rande behandelt werden.3

   Statt dessen setzt sich meine Analyse zur Aufgabe, auf den kolonialistisch4 geprägten Zeitgeist des 19. Jahrhunderts Bezug zu nehmen, um dann im Vergleich von Karl Mays und Jules Vernes Romanen Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Darstellung der Chinesen herauszuarbeiten. We-


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nigstens in Ansätzen soll dabei der Frage nachgegangen werden, wie zwei Autoren derselben Zeit mit ähnlicher Produktionsweise dieselbe Fremde darstellen und zeitgenössische nationale Einstellungen in ihren Romanen produktiv umsetzen. Dabei erschien es mir sinnvoller, aus der Fülle von Einzelfacetten diejenigen herauszukristallisieren, die den Charakter der Romane in erheblichem Ausmaß beeinflussen. Kriterium war dabei nicht die Frage, ob die einzelnen Stereotypen auch bei dem jeweils anderen Autor vorkommen (dies wird als gegeben vorausgesetzt), sondern welche Funktion sie in den jeweiligen Romanen erfüllen. Berücksichtigt werden darüber hinaus nur die in China spielenden Romane.



Zwei Autoren - viele Gemeinsamkeiten


Obwohl beide Autoren, May (1842-1912) wie auch Verne (1828-1905), zu den populärsten und meistgelesenen Schriftstellern im Bereich der Abenteuerliteratur zu zählen sind, finden sich bislang wenig vergleichende Untersuchungen zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden in Werk und Leben. Einzig Volker Klotz verweist im Zusammenhang mit den in den Romanen von May verwendeten Textillustrationen auf den Vorbildcharakter der Zeichnungen in Vernes Büchern.5 Darüber hinaus zieht Wilfried F. Feuser in seiner Untersuchung hinsichtlich des ›Negerbildes‹ einen Vergleich zwischen Verne und May, wobei er zu dem etwas vereinfachenden Schluß kommt, daß May der vorurteilsfreiere von beiden gewesen sei.6

   Bedauerlicherweise fehlen in der Forschung bislang Dokumente, die belegen, ob und in welchem Umfang die beiden populären Autoren sich gegenseitig beeinflußten. Dies läge zumindest theoretisch im Bereich des Möglichen, da sowohl Mays als auch Vernes Romane bereits sehr früh in den jeweiligen Ländern als Übersetzungen vorlagen. Eine briefliche Anfrage bei Herrn Grunert, dem Kustos des Karl-May-Museums, Radebeul, ergab zwar, daß die deutsche Ausgabe ›Die Leiden eines Chinesen in China‹7 Bestandteil der Bibliothek Karl Mays ist;8 es ist aber weder der Zeitpunkt des Erwerbs bekannt, noch deuten Anstreichungen im Buch auf eine Beschäftigung Mays mit dem Werk hin. Somit wäre eine Beeinflussung von Mays ›Der blau-rote Methusalem‹9 durch Verne rein theoretisch möglich; es ist jedoch wahrscheinlicher, daß sich Ähnlichkeiten in der Darstellung Chinas und der Chinesen vielmehr aus dem damaligen Zeitgeist und der gesamteuropäischen Tradition ergeben haben.

   Die größte Gemeinsamkeit beider Autoren liegt in erster Linie in ihrem Bildungsanspruch an die meist jugendlichen Leser begründet. Sie bemühten sich in ihren Werken, neben der bloßen Unterhaltung auch landeskundliche Kenntnisse zu vermitteln. Darüber hinaus griffen sie auf wissenschaftliche Werke und Lexika zurück, um dadurch eine größere Authentizität zu vermitteln. Verne, der im Gegensatz zu May nie den Eindruck erwecken


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wollte, seine Erzählungen tatsächlich selbst erlebt zu haben, erweiterte seinen Bildungsauftrag neben geographischen und völkerkundlichen Informationen um naturwissenschaftliche Kenntnisse. Ihm ging es um »toutes les connaissances géographiques, géologiques, astronomiques, physiques amassées par la science moderne«.10 Beide Schriftsteller teilen zusätzlich das Schicksal, daß ihre Romane viele Male überarbeitet und dadurch teilweise bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt wurden. Beispielsweise wurde erst Jahre nach dem Tod von Verne bekannt, daß sein Sohn Michel Verne einen Teil der posthum erschienenen Bücher verfaßt hatte. Everett Bleiler kritisiert in diesem Zusammenhang zu Recht auch das Verhalten der Familie Vernes: »About his [Verne's] personality it's difficult to say much, since his personal papers were destroyed and his family long tried to squeeze his memory into a mold of provincial respectability.«11

   Allerdings muß hervorgehoben werden, daß sich die Forschungslage dank der Bemühungen der ›Société Jules Verne‹ und deren Publikationsorgan ›Bulletin de la Société Jules Verne‹ - eine der Karl-May-Gesellschaft und ihrem Jahrbuch durchaus vergleichbare Institution - wesentlich verbessert hat. Nichtsdestoweniger finden sich gerade hinsichtlich der bisher wenig beachteten Chinaromane noch erhebliche Defizite.12 Sie stellen allerdings auch nur einen kleinen Bruchteil des umfangreichen Werkes von insgesamt ca. 130 Romanen dar. Da - wie bereits angesprochen - das Chinabild beider Autoren in hohem Maße vom damaligen Zeitgeist geprägt ist, erscheint es mir sinnvoll, in groben Zügen den Entstehungsrahmen der Chinabücher zu skizzieren.



Die Chinaromane Karl Mays und Jules Vernes


Im 19. Jahrhundert erreichte das Interesse an China und seinen Bewohnern in der wechselhaften Geschichte der europäisch-chinesischen Kulturbeziehungen einen negativen Höhepunkt. Sah man in der Frühphase der west-östlichen Kulturkontakte - angeregt durch Berichte jesuitischer Missionare im 16. Jahrhundert - die chinesische Kultur als vorbildhaftes Beispiel einer toleranten, gebildeten Hochkultur,13 so erfolgte mit der Ausweitung der wirtschaftlichen Einflußsphären im Zuge des Kolonialismus eine komplette Änderung in der Beurteilung des chinesischen Reiches. Diese Phase begann 1783 mit einer gewaltsamen Ausdehnung des englischen Opiumhandels entgegen dem Widerstand der regierenden Qing-Dynastie. Die politische Schwäche der chinesischen Regierung ausnutzend, bemühten sich zunächst die Engländer, später dann auch andere europäische Nationen, Handel und Christianisierung in Asien endgültig zu etablieren. Das westliche Sendungsbewußtsein und das damit verknüpfte Überlegenheitsgefühl wurden dabei kaum in Frage gestellt. Die zeitgenössischen Quellen sowohl in Deutschland als auch in Frankreich zeigen China als rückständigen Staat,


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den der Westen durch seine Segnungen, wie christliche Religion, Waren und Kenntnisse, ›beglückt‹.14 Da sich die Nation dem westlichen Imperialismus widersetzte, entstand das Schlagwort von der angeblichen Rückständigkeit Chinas. Es läßt sich für diese Zeit bis nach Osteuropa nachweisen und zeigt damit einen europaweiten Verbreitungsgrad. Beispielsweise bezeichnete der Adel in Rußland das eigene ›zurückgebliebene‹ Hinterland als ›Chinownik-Bürokratie‹.15 Verhältnismäßig spät, d. h. zu einem Zeitpunkt, als England und Frankreich längst diplomatische Vertretungen in Peking hatten, entschloß sich die preußische Regierung 1860 zu einer Expedition nach Ostasien, die 1861 im ›Vertrag von Tianjin‹ ihren Abschluß fand. Preußen erhielt damit die Vormachtstellung, »zu der die zivilisierten Völker des Westens durch ihre Macht und überlegene Bildung«16 als berechtigt erschienen. Der endgültige Ausbau der französischen Handelsinteressen in China erfolgte erst 1885. Die Machtverteilung gegen Ende des 19. Jahrhunderts stellt sich somit so dar, daß die Gebiete nördlich des Amur von Rußland, Nieder- und Oberburma von Großbritannien, Nieder-Cochin-China und Kambodscha (Indochina) von Frankreich, Macao von Portugal und Qingdao von Deutschland kontrolliert wurden. Durch gezielte Propaganda wurde in der Bevölkerung die Angst vor der sogenannten ›gelben Gefahr‹ (la peste jaune) geschürt. Die ›Kreuzzugsstimmung‹ gegen das angeblich unzivilisierte China sowie die Überheblichkeit der Europäer erreichten aufgrund der Ermordung des deutschen Botschafters Ketteler am 20. Juli 1900 und mit der anschließenden Niederschlagung des daraus resultierenden Boxeraufstandes ihren Höhepunkt. Vor dem Hintergrund des schwelenden Kolonialismus sind die Romane von Verne und May zu beurteilen.

   Die erste in China spielende Erzählung Mays, ›Der Kiang-lu‹,17 stammt aus dem Jahr 1880 und wurde 1894 in den Band ›Am Stillen Ocean‹ aufgenommen. ›Der blau-rote Methusalem‹ war Mays drittes Jugendbuch. Die Erzählung erschien erstmals 1888/89 unter dem Titel ›Kong-Kheou, das Ehrenwort‹ in Fortsetzungen in ›Der Gute Kamerad. Spemanns Illustrierte Knaben-Zeitung‹. Die Buchausgabe erfolgte 1892 unter dem Titel ›Der blau-rote Methusalem. Eine lustige Studentenfahrt nach China‹. Dieses Buch gilt bis heute als eines der meistgelesenen Bücher Karl Mays.18 Da davon ausgegangen werden kann, daß die Handlung der beiden Mayschen Erzählungen bekannt ist, beschränke ich mich auf eine Inhaltszusammenfassung von Vernes Romanen.

   ›Les Tribulations d'un Chinois en Chine‹ aus dem Jahre 1879 spielt vollständig in China. Verne verweist im Roman an verschiedenen Stellen auf M. T. Choutzés ›Péking et le nord de la Chine‹, J. Thompsons ›Voyage en chine‹ und Léon Rousset. Darüber hinaus nennt Compère noch den Roman ›Récit d'une vie fugitive‹ von Chen Fou (1877) als Vorbild.19 Der Roman handelt von dem reichen jungen Chinesen Kin-Fo, der, als er erfährt, daß er aufgrund eines Börsenkraches kein Geld mehr hat, beschließt, seinem Le-


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ben ein Ende zu setzten. Er bittet seinen Lehrer, den Philosophen Wang, einen einstigen Taiping-Rebellen,20 diesen Freundschaftsdienst, d. h. die Tötung, für ihn zu übernehmen. Um darüber hinaus einen finanziellen Anreiz zu schaffen, schließt Kin-Fo mit seinem verbliebenen Geld eine hohe Lebensversicherung bei einer amerikanischen Agentur zugunsten Wangs ab. Plötzlich wendet sich das Blatt, und es stellt sich heraus, daß Kin-Fo einer Falschmeldung aufgesessen ist. Nun möchte er um jeden Preis seinen Mordauftrag zurückziehen, aber Wang ist verschwunden. Kin-Fo macht sich kurz entschlossen mit seinem faulen Diener Soun und zwei amerikanischen Leibwächtern der Versicherungsagentur auf, um Wang wiederzufinden und ihn von den veränderten Verhältnissen zu unterrichten. Die Reise, die alle beteiligten Personen quer durch China führt, endet in Shanghai, wo alle Mißverständnisse geklärt werden können. Kin-Fo kann - endgültig von seiner bisherigen Lethargie geheilt - an der Seite seiner reizenden Braut ein neues Leben anfangen. Obwohl der Chinese Kin-Fo die eigentliche Hauptperson darstellt, steht der alles kommentierende Erzähler stark im Vordergrund. Er übernimmt im Text die Rolle des ›Lehrers‹, der Informationen über Land und Leute an die Leser weitergibt. Interessanterweise fehlt in diesem Roman ein ›böser‹ Gegenspieler, da sich der Philosoph Wang letztendlich als Freund herausstellt, der niemals die Absicht hatte, Kin-Fo zu töten.

   Der zweite in China spielende Roman von Jules Verne, ›Claudius Bombarnac‹,21 ist relativ unbekannt. Er entstand im Jahr 1892 und erschien erstmals in der Zeitschrift ›Le Soleil‹. Das Werk gilt in der Forschung etwas zu Unrecht als einer der schwächeren Romane Vernes.22 Die Geschichte handelt von einem Sensationsreporter namens Claudius Bombarnac, welcher mit einer (damals noch fiktiven) Transasienbahn innerhalb von zwei Wochen vom Kaspischen Meer bis nach Peking fährt. Die Handlung erfährt der Leser aus der Sicht des alle Geschehnisse für seine Zeitung in Frankreich notierenden Bombarnac. In diesem Zusammenhang macht sich Verne u. a. über den sensationslüsternen Zeitungsjournalismus lustig. Wesentliche Informationen über die chinesische Geschichte und Kultur stammen darüber hinaus von Major Noltitz, einem mitreisenden Russen, der sich durch seinen militärischen Rang und seine damit verbundenen Erfahrungen in den Chinakriegen als Experte ausweist. Diese Figur ist insofern bedeutend, als sämtliche Aussagen über die Beurteilung der künftigen chinesisch-europäischen Partnerschaft von ihm stammen. Damit gibt Verne indirekt ein relativ realistisches Bild der tatsächlichen damaligen Lage der chinesischen Nation, die im wesentlichen von den Militärs der europäischen Großmächte beeinflußt wurde. Gegenspieler der Helden ist der einheimische Räuber Faruskiar, der den in der Transasienbahn mitgeführten Kaiserschatz rauben will. Am Ende wird der Räuber besiegt, ein Liebespaar zusammengeführt, und der Reporter kann sich wieder auf den Heimweg nach Europa machen.


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   Es handelt sich somit bei allen vier Erzählungen um Suchreisen, bei denen sich westliche Helden im Kampf gegen Einheimische bewähren müssen.



Chinesen als Angehörige einer Hochkultur


Die Gemeinsamkeit der Werke beider Autoren liegt darin, daß sie den Chinesen im Gegensatz zu beispielsweise afrikanischen Völkern prinzipiell eine Hochkultur zugestehen. Allerdings zeigt sich die Manifestation der kulturellen Hochleistungen auf unterschiedliche Art und Weise.

   Bereits nach den ersten Seiten von Vernes Romanen weiß der Leser, daß er es nicht mit einer ›primitiven‹ Kultur zu tun hat. Dieser Aspekt äußert sich vor allem im üppigen Lebensstil, den die Chinesen angeblich pflegen. Dabei fallen insbesondere in den ›Tribulations‹ die unglaubliche Prachtentfaltung und der ins Dekadente spielende Luxus auf. Parallel zur eigentlichen Handlung nehmen diese Ausführungen einen sehr breiten Raum ein und dienen dazu, dem Leser die Exotik des von Jules Verne gewählten Schauplatzes zur Geltung zu bringen. Schon die Beschreibung des zu Beginn der Erzählung aufgeführten 150-Gänge-Menüs, welches Kin-Fo für seine Gäste auf einem Blumenboot gibt, schwelgt in verschiedenartigen bizarren Speisen und verdeutlicht damit bereits einleitend, daß diese Kultur in vieler Hinsicht der westlichen entgegengesetzt ist: »Als Einstieg und um das Spiel zu beginnen, fungierten gezuckerte Kuchen, Kaviar, gebackene Heuschrecken, gedörrte Früchte und Austern aus Ning-Po. Dann folgten (...) verlorene Enten-, Tauben- und Kiebitzeier, Schwalbennester mit Rührei, Ging-seng-Fricassée, Kiemen vom Stör auf Kompott, Walfischnerven in Zuckersauce (...).« (Tribulations, S. 10)23

   Das Neben- und Durcheinander von süß und sauer und die Aufzählung für westlichen Geschmack doch etwas ungewöhnlicher Gerichte erwecken im Betrachter Zweifel an der tatsächlichen Genußfähigkeit der Einheimischen. Ähnlich der Szene des Gastmahls des Trimalchio,24 die auf die Dekadenz von römischen Emporkömmlingen verweist, stellt dabei die reiche Oberschicht ihren Reichtum und auch ihre angebliche Entartung in Form von grotesken kulinarischen Variationen zur Schau. Dieses Schwelgen des Romans in Farben und Formen setzt sich in der weiteren Handlung in den Bereichen der Architektur, der Kleidung u. ä. fort. Die Fremdartigkeit Chinas stellt sich damit im Glanz einer untergehenden Hochkultur dar, denn die Pracht wirkt morbide, da sie übertriebene Auswüchse angenommen hat: Bezeichnenderweise sind fast alle Blumen und Pflanzen künstlich. Auch Bombarnac bemerkt mißbilligend bei der Ansicht eines Parkes, daß es dort mehr Pavillons und Giebeldächer als Bäume und Schatten gibt.25 Kontrastiert wird die als übertrieben und unnatürlich beurteilte Pracht mit der Nüchternheit des westlichen Lebensstils (vgl. u. a. die Beschreibung der


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Wohnlichkeiten von Kin-Fos ›Yamen‹, die sich über mehrere Seiten hinweg erstreckt, und die des betont einfachen Arbeitsraumes der amerikanischen Versicherungsagentur).26 Der farbenfrohe, überladene, künstliche Osten steht somit einem nüchternen, praxisorientiertem Westen gegenüber. Gleichzeitig kommt dadurch die These zum Ausdruck, daß sich die einheimische Kultur und die Menschen dort nicht weiterentwickeln, sondern darauf beschränken, nur noch einzelne Aspekte des Lebens, wie Kochkunst, Architektur oder Malerei, zu überfeinern. Selbst die Große Mauer, Sinnbild der einstigen Stärke und Macht Chinas, wird als »ein großer chinesischer Wandschirm von 400 Meilen Länge« (Tribulations, S. 185)27 charakterisiert. Damit erscheint China mit seinen Einwohnern weniger als Nation mit real existierenden Personen, sondern erinnert an ein Puppenhaus oder ein Gemälde.

   Zugleich wird damit deutlich, daß es sich bei den aufgezählten Speisen, Gegenständen, der Innen- und Außenarchitektur nicht um realistische Abbildungen der chinesischen Wirklichkeit handelt, sondern daß hier ganz eindeutig eine europäische Sichtweise, eine Chinoiserie zugrunde liegt. Dieses Konstrukt wird aber gleichzeitig von den Erzählern als das ›echte‹ China ausgegeben: »Wir betreten China, das echte China, das der Wandschirme und des Porzellans.« (Bombarnac, S. 390)28

   Obwohl auch die Leser Mays mit der Beschreibung von Pagoden, dem bewunderungswürdigen chinesischen Kunsthandwerk u. ä. konfrontiert werden, steht diese Facette längst nicht so im Vordergrund wie in den Romanen Vernes. Die Darstellung der chinesischen Hochkultur liegt bei May auf der sprachlichen Ebene. Hier zeigt sich ein eklatanter Unterschied zwischen beiden Autoren. In den französischen Chinaromanen ist die Problematik der interkulturellen Verständigung wenig präsent, da sich alle Hauptfiguren in der Sprache der Europäer, das heißt auf englisch bzw. französisch, verständigen können. Das ist nicht selbstverständlich, da in anderen Büchern Vernes das Problem der Fremdsprachen durchaus präsent ist.29 Im Falle Chinas mag es darin begründet liegen, daß die französische und englische Kolonialisierung zur Entstehungszeit der Romane bereits relativ weit fortgeschritten war und somit der Verbreitungsgrad dieser beiden Fremdsprachen auch in der Realität größer gewesen sein muß als der des Deutschen.

   In Mays Werken dagegen spielt die (alleinige) fremdsprachliche Kompetenz der Hauptperson, die in der Regel als Dolmetscher fungiert, eine große Rolle. Eine direkte Kommunikation zwischen Angehörigen beider Kulturen in einer europäischen Fremdsprache ist eher die Ausnahme.

   Damit verleiht die Beherrschung der chinesischen Sprache den jeweiligen Hauptpersonen im ›Kiang-lu‹ und im ›Methusalem‹ ein Machtpotential gegenüber ihren Begleitern und den Einheimischen, die meist nur einer Sprache mächtig sind. Schon dadurch unterscheidet sich die Konzeption des Helden bei May von derjenigen des französischen Autors.


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   Die Beschreibung der Feinheiten des chinesischen Idioms bei May läßt sich sehr gut zur materiellen Prachtentfaltung in den Romanen Vernes in Bezug setzen. Voller Liebe zum Detail erstaunt der deutsche Schriftsteller die Zuhörer mit dem schier unglaublichen Formenreichtum der chinesischen Sprache und läßt den Methusalem exemplarisch über die verschiedenen Bedeutungen der Silbe se, sse, sze, tse, tze, dse und dze (Methusalem, S. 95) referieren. Obwohl der Text eine prinzipielle Bewunderung für die chinesische Sprache erkennen läßt, wird gleichzeitig deutlich, daß auch hier eine ›Überfrachtung‹ der Worte mit Bedeutungen vorliegt. So sieht Turnerstick, der Prototyp eines Durchschnittseuropäers, in ihr ein Kauderwelsch, eine Qual für die Ohren eines jeden Europäers.30

   Den Lesern dieser Werke wird vor Augen geführt, daß sie es hier mit einer Kultur zu tun haben, die - ähnlich wie der verschwenderische Luxus des im Untergang begriffenen römischen Reiches und die Verschlungenheit des spätlateinischen Sprachstils31 - zwar ohne Zweifel große Leistungen erbracht hat, sich jetzt aber damit begnügt, ohne jeglichen Fortschritt in den Leistungen der Vergangenheit zu verweilen. Die vorhandene Hochkultur wird somit in beiden Fällen indirekt abgewertet durch die kulturelle Überlegenheit Europas (wo alles angeblich praktischer ist) und betont zusätzlich die individuelle Überlegenheit der Hauptfiguren bei May.

   Die hochkomplexen Strukturen auf der materiellen (Verne) und sprachlichen (May) Ebene unterstreichen darüber hinaus die Exotik des Schauplatzes und stellen damit den Rahmen für weitere Teilaspekte des ›chinesischen Menschen‹.



Der ›instinktgesteuerte‹ Chinese


Ausgehend von einer äußeren, prunkvollen Fassade wenden sich die Romane dann den inneren Charakteristika - den sogenannten Nationalcharakteren - zu.

   Elias Canetti geht in seinem Buch ›Masse und Macht‹ davon aus, daß jede Masse eine Aura des Unheimlichen umgibt und sie damit eine latente Bedrohung ausstrahlt.32 Beeinflußt durch die zeitgenössische Propaganda findet sich in den Romanen beider Schriftsteller das Stereotyp des grausamen, seine Emotionen nicht bezähmenden Chinesen, der damit ein Feindbild ›par excellence‹ darstellte: Düster und dunkel, vom Tode gezeichnet ist das Land, emotional relativ abgestumpft die meisten seiner Bewohner - so ließe sich die Kernaussage der Romane Vernes über das chinesische Volk zusammenfassen. Die angebliche chinesische Grausamkeit, der Verfall des Landes und der zum Totenkult umgedeutete Ahnenkult der Chinesen sind für ihn Symptome einer im Untergang begriffenen Kultur. Angefangen von den Greueltaten der Taiping-Revolutionäre (»Die von den Aufständischen begangenen Greueltaten waren - so sagt man - entsetzlich gewesen.«)


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(Tribulations, S. 114)33) bis hin zur chinesischen Rechtsprechung zieht sich nach Ansicht des Erzählers ein Band der Gewalt durch die ganze Kultur. Überall treffen die Helden auf die Leichen von Hingerichteten. Mittelalterlich anmutende Gerichtsszenen34 und unbarmherzige Richter35 zeigen dem Leser hinter der Fassade der Hochkultur die ›tatsächliche‹ Rückschrittlichkeit der chinesischen Zivilisation. Eine Rettung sieht der Erzähler im Einfluß des Westens, der mit neuen Ideen dazu beitrage, die schwache Kultur wiederzubeleben. Chinesische Klosterschwestern demonstrieren beispielsweise durch die Aufnahme von ausgesetzten einheimischen Kindern den Beginn einer vom Westen initiierten Gegenbewegung zur herrschenden Praxis.36 Aufgrund dieser Darstellung wird allerdings deutlich, daß das östliche Gesellschaftssystem prinzipiell zu Veränderungen fähig ist: Die angebliche ›chinesische‹ Grausamkeit liegt für Vernes Helden im System, nicht in den Menschen begründet.

   May zollt den chinesischen Greueltaten ebenfalls große Aufmerksamkeit. Allerdings erscheinen sie bei ihm nur als logische Konsequenz einer angeborenen Bösartigkeit und damit letztendlich unabänderlich. Ein Blick auf die Beschreibung chinesischer Kinderspiele verdeutlicht dies: Der Europäer sieht im Spiele nur das Mittel zur körperlichen und geistigen Kraftentwickelung ... Anders bei den Chinesen ... Sein [des Chinesenjungen] gelbes Gesicht rötet sich höchstens dann ein wenig, wenn er ein Heimchen erblickt. Er fängt es, sucht noch eins dazu und setzt sich nieder, um die beiden Tiere gegeneinander kämpfen zu lassen. Mit Behagen sieht er, wie sie sich die Glieder abbeißen, sich gräßlich verstümmeln ... Ist es da ein Wunder, daß die Grausam- und Gefühllosigkeit des Chinesen als eine seiner hervorragendsten Eigenschaften bezeichnet werden muß? (Methusalem, S. 217f.)

   Interessanterweise wird ein Teil der chinesischen Bevölkerung bei beiden Autoren von dieser Grausamkeit ausgenommen, um dagegen als Opfer dieser Praktiken eingeführt zu werden: die chinesische Frau. Mit der Tradition des ›Füße-Einbindens‹, einem der negativsten Bilder in bezug auf das China des 19. Jahrhunderts überhaupt,37 wird sie in eine Reihe mit gefolterten und gequälten Tieren gestellt. Es ist auffallend, daß sämtliche positiven einheimischen Frauenfiguren, die allerdings sowohl bei May als auch bei Verne eher Staffage-Charakter besitzen und nicht zu den aktiv handelnden Personen gehören, keine verkrüppelte Füße besitzen. Auch Lé-ou, die Verlobte Kin-Fos, hat von Natur aus kleine Füße »(...) nicht durch diesen barbarischen Brauch der Deformation« (Tribulations, S. 60).38

   Eine Erklärung für dieses Phänomen der eingeschlechtlichen Ausprägung der Grausamkeit liegt in den für das 19. Jahrhundert noch typischen starren Geschlechterrollen. Eine Frau, gleich aus welchem Kulturkreis, galt als angeborenermaßen passiv.39 Damit konnte eine Aktivität voraussetztende Eigenschaft wie die des Sadismus - im Sinne der ›Freude am Quälen‹ - nicht auf ein angeblich statisches Wesen wie die Frau übertragen werden.


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   Was unterscheidet demnach eine chinesische Frau von einer französischen oder deutschen? Zunächst ist hervorzuheben, daß sie nicht als Belohnung für den westlichen Helden dienen kann.40 Abgesehen von der etwas problematischen Thematik der ›Rassenmischung‹ im Kolonialismus, böte die ›normale‹ einheimische Frau schon aufgrund ihrer mißgestalteten Füße kein angemessenes Objekt der Begierde für westliche Helden - ganz im Gegensatz zur Südsee- oder Afrikaliteratur derselben Zeit. Die Darstellung der chinesischen Weiblichkeit gegenüber westlichen Frauengestalten in den Werken Mays und Vernes hat vor allem die Aufgabe, den Kontrast zwischen dem abendländischen Ritterlichkeitsideal und einer angeblich mitleidlosen Einstellung der chinesischen Männer zum ›schwachen Geschlecht‹ zu betonen. Im Unterschied zum einheimischen Mann begegnen die westlichen Helden in den Romanen den chinesischen Damen mit Mitleid und Galanterie.

   Die Grausamkeit als mangelnde Affektkontrolle und fehlende emotionale Reife wird sprachlich im deutschen wie im französischen Text durch eine sehr starke Animalisierung der Chinesen unterstützt. Auf diese Weise degradiert man sie, und es wird ein Feindbild aufgebaut. Um es mit den Worten Canettis auszudrücken: »Wer über Menschen herrschen will, sucht sie zu erniedrigen, ihren Widerstand und ihre Rechte ihnen abzulisten, bis sie ohnmächtig vor ihm sind wie die Tiere.«41

   Man mag an dieser Stelle anmerken, daß es zeitgenössische (pseudo)wissenschaftliche Werke gab, die ein wesentlich rassistischeres China- und Chinesenbild vertraten.42 Trotzdem zeigen sich bei Verne wie auch bei May unbestreitbar Tendenzen einer sozialdarwinistischen Auffassung.43 Der chinesische Zopf wird in diesem Zusammenhang mit einem Hundeschwänzchen verglichen44 und mutiert zum Ratten-45 oder Schafschwanz.46 Analog zu dieser Animalisierung erfolgt eine in der wissenschaftlichen Forschung bisher wenig beachtete Androgynisierung der chinesischen Protagonisten, die ebenfalls der Abwertung des Volkes dient. Hier spielt ebenfalls der ›chinesische Zopf‹ eine herausragende Rolle.

   Avrane sieht in diesem ›Anhängsel‹ ein Phallussymbol. Dementsprechend wertet er die Panik des Dieners Soun, immer wenn ihm sein Herr zur Strafe für ein Vergehen ein Stück vom Zopf abschneidet, als Kastrationsangst.47 Dieser Einschätzung stimme ich mit Blick auf die zeitgenössische Geschlechterforschung nicht zu. Da der Zopf, langes Haar, eine kleinere Gestalt und nicht so ausgeprägte Körperkräfte im Europa jener Zeit typisch weibliche Kennzeichen darstellten,48 sehe ich vielmehr darin ein Indiz für eine unterstellte Verweiblichung der Chinesen. Accessoires wie weite, an Kleider erinnernde Gewänder und die Benutzung von Sonnenschirmen und Fächern unterstreichen diesen Eindruck. Auch bei May zeigt sich in der Beschreibung der grausamen Flußpiraten eine Androgynisierung: Sie alle [die Flußpiraten] gaben sich übrigens die Mühe, eine ... abschreckende Miene zustande zu bringen ... die Männer machten vielmehr infolge ihrer antedi-


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luvianischen Bewaffnung, ihrer langen Zöpfe, ihrer schiefen Augen, ihrer Stumpfnäschen und ihrer schlafrockähnlichen Bekleidung einen grade entgegengesetzten Eindruck (Kiang-lu, S. 175f.).

   Die positiven chinesischen Protagonisten dagegen übernehmen in den Romanen den Part, der in der Abenteuerliteratur oft den Frauen zukommt, das heißt, sie werden von den Helden gerettet. Der junge Chinese, den der Ich-Erzähler in der Erzählung ›Der Kiang-lu‹ aus einer Felsenschlucht birgt, ist so schwach, daß er getragen werden muß und am Ende in Ohnmacht fällt - ein Verhalten, das bei einem westlichen Protagonisten eher die Ausnahme bildet. Ein Beispiel für ›verminderte Männlichkeit‹ sind auch die dünnen, lang herabhängenden Schnurrbärte (Kiang-lu, S. 245). Im Gegensatz zu dem mit einem stattlichen Bart ausgestatteten Methusalem und dem Ich-Erzähler des ›Kiang-lu‹ besitzen alle chinesischen Beteiligten - abgesehen vom ›würdevollen‹ Bettlerkönig49 - keinen oder kaum ausgeprägten Bartwuchs. Dieses äußere männliche Geschlechtsmerkmal wird darüber hinaus in den Romanen stets im Zusammenhang mit der Körperkraft erwähnt, woraus folgt, daß nicht der Zopf, sondern der Bart als klassisches Symbol für Männlichkeit zu sehen ist. Die Androgynität der chinesischen Protagonisten verstärkt im Gegenzug die Maskulinität der westlichen Hauptfiguren. Zusätzlich bietet der Text eine Fülle an Phallussymbolen:50 Der männliche westliche Held trägt ein Gewehr oder, wie der Methusalem, eine lange Pfeife. Der Stift, den der Reporter Bombarnac stets mit sich führt, ist ebenfalls ein männliches Attribut, insbesondere in einer Zeit, wo Frauen von Tätigkeiten wie Jagen, Rauchen und Schreiben (im Sinne eines offiziellen Berufes) weitgehend ausgeschlossen waren. Vergreifen sich die chinesischen Männer dagegen an diesen Statussymbolen, mutieren sie zum Gegenstand der Komik: [Der Chinese] hielt ... ein Gewehr in der Hand, dessen Lauf wie ein Korkzieher gewunden war. (Methusalem, S. 415) Unfähig, die aus heutiger Sicht zweifelhaften Errungenschaften der westlichen Moderne zu nutzen, gleichzeitig durch ihr Äußeres wie den Zopf auf die Stufe einer vermeintlich minderwertigen Frauenrolle degradiert, zeigt sich die ›Inferiorität‹ darüber hinaus an der abergläubischen Einstellung.



Der ›abergläubische‹ Chinese


In dieser Facette des Menschenbildes findet sich der Kernpunkt der ›westlichen‹ Kritik beider Autoren an der chinesischen Kultur. Es wird die Frage beantwortet, worin der wichtigste Grund für den prognostizierten Untergang des chinesischen Reiches liegt. Hier liegen auch wesentliche Unterschiede der Darstellung in den verschiedenen Werken begründet.

   Laut dem Erzähler der ›Tribulations‹ sind abergläubische Praktiken ein fester Bestandteil des alltäglichen Lebens.51 Diese der chinesischen Kultur


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unterstellte Praxis wird als Unlogik abqualifiziert und mit der ›westlichen‹ Rationalität konfrontiert. So opfert der Kapitän des Schiffes, mit dem sich Kin-Fo und seine Begleiter in den Norden Chinas begeben, lieber einen Hahn zu Ehren der Meeresgötter, als abendländische naturwissenschaftliche Errungenschaften, wie ein Barometer, zu nutzen: »(...) wenn der Kapitän Yin mit den Beobachtungen des Engländers Paddington und des Amerikaners Maury vertraut gewesen wäre, dann hätte er versucht, seine Richtung zu ändern und nach Nordost zu steuern, weil er dann hoffen konnte, weniger gefährliche Gewässer zu erreichen (...). Aber der Kapitän Yin machte niemals Gebrauch vom Barometer, er kannte die Gesetzmäßigkeiten der Wirbelstürme nicht. Hatte er im übrigen nicht einen Hahn geopfert (...)?« (Tribulations, S. 141)52

   Der Erzähler kritisiert durch seine ironische Darstellung des Geschehens die ablehnende Haltung der Chinesen gegenüber westlichen Verbesserungen als rückständig und provoziert damit beim Leser den Eindruck, daß ein im Aberglauben verhaftetes Volk sich nicht weiterentwickeln kann. Das Schiff des Kapitän Yin, der es nur mittels seines Instinktes53 steuert, steht dabei als Metapher für das chinesische Reich selbst. Die Nation manövriert sich - so die implizierte These des Erzählers -, auf überkommenen Traditionen beharrend, in den mehr oder weniger sicheren Untergang. Bezeichnenderweise wird auch Kapitän Yin ein Opfer seines zu großen Vertrauens in den Aberglauben, da er die Gefahr, von Piraten überfallen zu werden, nicht ernst nimmt und deshalb für seine Bordkanone keine Munition mitgeführt hat. Kin-Fo und Soun können sich nur dank der von den zwei Amerikanern vorsorglich mitgenommenen ›westlichen‹ Erfindung der schwimmenden Latexanzüge retten.54 Der Kapitän und seine Mannschaft werden im Schlaf (auch dies ist ein Zeichen von mangelnder Vorsicht) ermordet. Hilfe für das sorglos dahintreibende (Staats-)Schiff kann also nur der Westen in Form von wissenschaftlichen Kenntnissen bieten. Die Feinde der Regierung dagegen kommen bezeichnenderweise aus dem Inneren, in diesem Fall aus dem Schiffsrumpf. Daß sie von den Amerikanern Craig und Fry und nicht von den chinesischen Protagonisten entdeckt werden, ist wiederum ein Hinweis auf die größere Wachsamkeit des Westens. Auch in ›Bombarnac‹ vereitelt der Rumäne Kinko den Mordanschlag des Räubers Faruskiar auf den Zug und seine Passagiere, während das einheimische Zugpersonal zu diesem Zeitpunkt in tiefem Schlaf liegt.

   Bei Karl May wird der chinesische Aberglaube ebenfalls thematisiert. Im ›Methusalem‹ stellt er die ›Kon-pit‹-Zeremonie vor, bei der ein Geist herbeizitiert wird, der auf Befragen durch ein Medium Antworten mit einem Pinsel in Sand schreibt. May läßt die Zeremonie dadurch zur Farce werden, daß er den dicken Holländer van Aardappelenbosch die dem Geist als Opfer zugedachten Speisen heimlich verzehren läßt. Die Europäer werden kurz danach mittels Opium, das in einen Tee gemischt wurde, betäubt.


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Durch die Wachsamkeit des Knaben Richard Stein können sie sich aber retten und die Chinesen überwältigen.

   Abgesehen von der Ablehnung des Aberglaubens aus Gründen der Logik, wie es bei Verne geschieht, kontrastiert ihn der überzeugte Christ Karl May zusätzlich mit dem ›wahren‹ christlichen Glauben. Ein Hauptkritikpunkt des Erzählers im ›Methusalem‹ ist deshalb auch die religiöse Indifferenz des chinesischen Volkes: so ist auch der Chinese wenig oder gar nicht bereit, die Ansichten andrer sich anzueignen ... Mag der Missionar die herrlichen Lehren des Christentums immerhin noch so eifrig und noch so begeistert entwickeln, der Chinese hört ihm ruhig zu, ohne ihn zu unterbrechen ...; aber am Schlusse wird er freundlich sagen: »Du hast sehr recht und ich habe auch recht ...« (Methusalem, S. 220)

   Der Übergang zwischen buddhistischen, konfuzianischen und volksreligiösen Praktiken ist dabei fließend. In erster Linie beschränken sich die handelnden westlichen Personen darauf, die ›Götzenbilder‹ lächerlich zu machen. So setzt beispielsweise Turnerstick einem Hausgötzen die naß gewordene Mütze des holländischen Mitreisenden auf den Kopf, um sie zu trocknen.55 Der Sinn dieser Darstellung liegt eindeutig in der Komik begründet, die die Ernsthaftigkeit und damit auch Heiligkeit des Christentums indirekt unterstreicht. Interessanterweise wird auch hier unterschwellig die Dominanz des Westens vermittelt, insofern als eines unter den grotesken, grinsenden Standbildern das ernste, würdige Gesicht Marco Polos zeigt, der darüber hinaus auch als berühmtester und mächtigster der Götter dieses Tempels vorgestellt wird.56 Durch die Beschreibung der an Karikaturen erinnernden Statuen wird dem Leser suggeriert, daß sich die chinesische Religion selbst nicht ernst nehme. Außerdem zeige sich ihre unterstellte Fehlerhaftigkeit schon an der Tatsache, daß ein einfacher westlicher Reisender als höchster Gott eines Tempels angesehen werden kann. Dies impliziert den Rückschluß, daß die anderen angeblichen Götter sogar noch minderwertiger als ein (westlicher) Sterblicher sein müssen. Oder handelt es sich sogar um einen pervertierten europäischen Einfluß?57 Eine Stelle aus dem ›Kiang-lu‹ scheint diese Vermutung anzudeuten: Von Bedeutung aber war mir der Umstand, daß die Nase [des Buddha] ganz nach kaukasischem Schnitte geformt war, und ich mußte dabei an die weit verbreitete Anschauung denken, daß die Tienhio* [Fußnote: *»Heilige oder himmlische Lehre.«] aus dem Westen gekommen sei. (Kiang-lu, S. 152)

   Daß auch bei May das Verharren in heidnischen Überlieferungen einen wichtigen Grund für das Scheitern der chinesischen Kultur darstellt, wird erst im Blick auf das Gesamtwerk deutlich. Neben grundsätzlichen Überlegungen, daß ein aktiv praktiziertes Christentum Korruption, Grausamkeit u. ä. zunichte machen würde, verdeutlicht Mays später Chinaroman ›Und Friede auf Erden!‹58 die Utopie eines solchen Umdenkens hin zum Christentum. Ein sich dem abendländischen Glauben öffnendes China erweise


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sich dann sogar westlichen pseudochristlichen Kolonisatoren als überlegen.

   Die negative Entwicklung der damaligen Situation ist für Verne somit die logische Folge einer unlogischen Ablehnung der Naturwissenschaften, für May die eines Verharrens in heidnischen Überlieferungen. Ein unterstellter Vorbildcharakter der christlichen Religion fehlt in den Romanen Vernes völlig. Seine Helden handeln als Missionare der westlichen Wissenschaft, nicht des westlichen Glaubens.



Wie es weitergeht - Beurteilung eines west-östlichen Kulturkontaktes


Sowohl May als auch Verne beschäftigen sich in ihren Werken mit der Frage nach der Bedeutung von kulturellen und wirtschaftlichen Kontakten zwischen den Völkern. Die Zukunft des Umgangs zwischen Europa und China findet dabei eine sehr unterschiedliche Beurteilung. Mittels der Beziehung der westlichen Helden zu ihren östlichen Nebenfiguren wird der Kulturzusammenstoß thematisiert.59

   Mays Helden verraten im Umgang mit der Fremde eine ziemliche Unsicherheit, was sich u. a. in der umfangreichen Bewaffnung niederschlägt. Methusalem, der als ›intellektueller und körperlicher Herkules‹ gezeichnet wird, rüstet sich mit zwei Gewehren, einer Drehpistole und einem langen Messer aus. Hinter der Fassade von Selbstsicherheit zeigen sich bedeutende Ängste vor der fremden Kultur.60 Im Gegensatz dazu läßt sich beobachten, daß die Helden der Romane Vernes im Punkt Bewaffnung mit wesentlich weniger Aufwand auskommen, obwohl sie nicht über die überlegenen geistigen Kräfte und Muskeln einer May-Figur verfügen. Dies läßt sich mit Blick auf die damalige politische Situation erklären. Die mangelnden Erfahrungen der Deutschen mit dem zeitgenössischen China spiegeln sich in den eigentümlich unsicheren Hauptpersonen wider: Ihre Reisen führen selten ins Landesinnere, bleiben ausschließlich in Küstennähe. Wo Vernes Helden relativ unbekümmert kreuz und quer durch das chinesische Reich fahren, weil es für Franzosen damals kein großes und neues Wagnis darstellte, wird für Mays Helden bereits ein kurzer Ausflug ins chinesische Viertel einer fest in englischer Hand stehenden Stadt wie Kanton zu einem gefährlichen Gang ins Ungewisse. Darüber hinaus wünschen Helden und Erzähler der Werke Mays gar kein deutsches Engagement, wohingegen der westliche Einfluß für die europäisch-amerikanischen Protagonisten der entsprechenden französischen Bücher bereits völlig selbstverständlich ist. Im Gegenteil: nach glücklich beendeten Abenteuern und Prüfungen sind Mays Helden froh, wieder nach Hause zurückzukehren. Nichts verrät die Bereitschaft, freiwillig noch einmal eine Reise nach China anzutreten. Kolonialismus wird somit grundsätzlich abgelehnt, allerdings weniger aufgrund eines Respekts vor dem Anderen, sondern vielmehr aus mangeln-


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dem Interesse. Völlig anders stellt sich die Situation in den Chinaromanen von Verne dar.

   Ein aggressiver Kolonialismus wird abgelehnt, hingegen wird ein friedlicher Einfluß von den Protagonisten als positiv angesehen.61 Die Tendenz zur Verwestlichung des Ostens ist darüber hinaus bereits im Gang. Dies zeigt sich u. a. am Äußeren der positiven chinesischen Protagonisten: Kin-Fo wird als »groß, gut gebaut, eher weiß als gelb« (Tribulations, S. 16)62 beschrieben. Nicht grundlos ist er auch in bezug auf die europäische Technik ein Vorreiter seines Volkes. Die in Shanghai gelegene Wohnung besitzt neben einem Telefon u. a. auch elektrische Klingeln und eine Heizung. Seine Liebesgrüße an seine Verlobte Lé-ou vermittelt er mittels eines Phonographen.63 Chinesische Gegner des westliche Fortschritts werden dementsprechend vom Erzähler als ›Barbaren‹64 abgewertet. Trotzdem bleibt gerade Kin-Fo durch seine konservative Kleidung und seine lebensverneinende Einstellung teilweise im traditionellen Denken verhaftet und ist somit ein älterer Bruder des bereits ›weiterentwickelten‹ Pan-Tchao in ›Bombarnac‹. Dieser repräsentiert den neuen Typus eines völlig in die westliche Kultur assimilierten Asiaten, der mehrere Jahre in Frankreich zugebracht hat und sich im Äußeren und hinsichtlich seiner Einstellungen dem Gastland fast völlig angepaßt hat: »Der eine ist ein junger Mann mit vornehmen Manieren, (...) angenehmer Physiognomie, trotz seiner gelben Haut und seinen Schlitzaugen. Einige wohl in Europa verbrachte Jahre haben jedenfalls sein Benehmen und sogar seine Kleidung europäisiert. Sein Schnurrbart ist gepflegt, seine Augen intelligent, seine Frisur eher französisch als chinesisch (...)« (Bombarnac, S. 225)65

   Die ›domination occidentale‹66 ist damit unverkennbar. Besonders wichtig sind in diesem Zusammenhang auch die Eisenbahnen als Symbole von Technik und Fortschritt, die durch die Erschließung neuer Transportwege zunächst das äußere Erscheinungsbild des Landes prägen, um anschließend eine innere Hinwendung der Chinesen zur Technik zu bewirken. Dieses für das 19. Jahrhundert so wichtige Symbol für Modernität soll in China eine friedliche Öffnung des Landes bewirken. Major Noltitz macht sich deshalb im Roman zum Fürsprecher des Ausbaus der Eisenbahnen und wagt die Prognose: »(...) Dies bedeutet Gleichheit und vielleicht Brüderlichkeit.« (Bombarnac, S. 295)67 Verne propagiert durch verschiedene Äußerungen dieser Figur einen auf ›wirtschaftlicher Schiene‹ laufenden Kolonialismus. Eine Anpassung der europäischen oder amerikanischen Protagonisten an die chinesische Kultur kommt dementsprechend nur begrenzt vor. Zum Beispiel tragen die Amerikaner Craig und Fry während ihrer Reise durch China aus Gründen der Tarnung chinesische Kleidung.

   Statt dessen findet eine langsame, aber unaufhaltsame Verwestlichung Chinas statt, wobei die Erzähler die Utopie einer friedlichen Koexistenz von China und dem Abendland vertreten. Somit wird in den Romanen Ver-


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nes der Kolonialismus als Kulturbeziehung zum gegenseitigen Nutzen beider Völker interpretiert.

   Im Gegensatz zu Jules Vernes Romanen spielt die Verwestlichung des Ostens in Mays Werken keine große Rolle. Der Betrachtungsschwerpunkt liegt dagegen auf der Ablehnung einer möglichen Veröstlichung der Europäer - ein Gedanke, der Vernes Erzählern und Protagonisten prinzipiell fernzuliegen scheint. Die sich als Chinesen verkleidenden Nebenfiguren des ›Methusalem‹, Willem van Aardappelenbosch und Turnerstick, geraten wegen ihrer für einen Europäer unangemessenen Gewänder mehrmals in Schwierigkeiten und sind die Witzfiguren des Romans. Die Deutschen dagegen bleiben ›ihrer Kultur treu‹ und verzichten nicht auf ihre Studentenuniform, da der Methusalem keine Lust hat, seine deutsche Abstammung zu verleugnen (Methusalem, S. 29). Sind die Helden trotzdem einmal gezwungen, aus Gründen der List ein chinesisches Gewand anzulegen, so wird diese Verkleidung durchweg von den Protagonisten als grotesk empfunden: » ... Ihr kommt mir vor wie eine Marionette, wie ein Kasperl oder Harlekin, den man chinesisch angezogen hat.« »Ganz dasselbe ist auch bei Euch der Fall ...« (Kiang-lu, S. 267)

   Festzuhalten bleibt, daß die Hauptfiguren Mays ausnahmslos in ihre Heimat zurückkehren, ohne daß in irgendeiner Weise ein größerer Kulturaustausch stattgefunden hätte. Darin spiegelt sich die tatsächliche politische Situation wider, da das deutsche Interesse an Kolonien zum Zeitpunkt des Erscheinens der Werke tatsächlich noch nicht sehr ausgeprägt war. Dies unterscheidet diese Figuren grundlegend von den Helden Vernes, die - wie Claudius Bombarnac - Informationen über den Osten, die sie vorher nicht hatten, mit nach Hause nehmen. Allerdings muß bei dem Vergleich Mays mit Verne auf einen wichtigen Punkt hingewiesen werden: Anders als dem französischen Autor gelang dem deutschen Schriftsteller innerhalb seines Werkes, beeinflußt von den außenpolitischen Ereignissen des Boxeraufstandes, eine Abwendung von seiner bisherigen negativen Beurteilung der chinesischen Kultur. Positive und wesentlich differenzierter angelegte Charaktere bestimmen Mays Roman ›Und Friede auf Erden!‹. Darin wird der gewaltsame europäische Kolonialismus zugunsten einer friedlichen Völkerverständigung auf der Basis von Gleichberechtigung verurteilt. Verne aber blieb bis zum Ende seines Lebens bei der Befürwortung einer westlichen Dominanz gegenüber dem Osten.



Zusammenfassung


Die Analyse setzte sich zur Aufgabe, wesentliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede im China- und Chinesenbild von Jules Verne und Karl May aufzuzeigen und zu interpretieren. Dabei wurde von der Grundüberlegung ausgegangen, daß sich beide auf bereits vorhandene, von der Propaganda


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des Kolonialismus beeinflußte nationale Stereotype bezogen, diese jedoch individuell umsetzen.

   Dies zeigt sich am deutlichsten in der Darstellung der chinesischen Menschen, die bei beiden grausam, tierhaft und verweiblicht erscheinen. Allerdings zeigen sich hier bereits unterschiedliche Auslegungen dieser unterstellten Nationalcharakteristika. Für Mays Helden sind diese negativen Eigenschaften dem chinesischen Volk angeboren und damit unabänderlich. Die wenigen positiven chinesischen Personen, z. B. der Bettlerkönig, werden als Ausnahmeerscheinungen eingeführt. Auch der Aberglaube, der für May der Hauptgrund für die moralische Verkommenheit der Chinesen ist, stellt sich als unausrottbar dar.

   Vernes Romane dagegen verraten ein wesentlich flexibleres Menschenbild. Für seine Helden gibt es keine endgültigen negativen Charakteristika: Die chinesische Kultur ist durch den Einfluß des Westens noch zu retten. Damit gekoppelt ist allerdings eine starke Befürwortung des europäischen, insbesondere des französischen Kolonialismus. Die Verwestlichung Chinas und seiner Bewohner ist in den Romanen bereits im Gange. Von einer solchen Tendenz ist in den Werken von May nichts zu spüren. Die Atmosphäre ist dominiert von einer Angst vor der fremden Kultur und einem möglichen schlechten Einfluß auf die eigene Identität. Dies zeigt sich u. a. an der starken Bewaffnung der Protagonisten.

   Diese verschiedenen Auffassungen liegen meiner Meinung auch im unterschiedlichen nationalen Hintergrund der beiden Schriftsteller begründet. Frankreich verfolgte seit Jahren eine aktive Kolonialpolitik in Asien, wohingegen das Deutsche Reich erst wesentlich später in China Fuß faßte.

   Einigkeit herrscht darüber hinaus in allen vier Werken in der Einschätzung von China als (ehemaliger) Hochkultur. Diese ins Dekadente pervertierten kulturellen Glanzleistungen manifestieren sich bei Verne in der materiellen Kultur (Speisegewohnheiten, Malerei, Gartenbau u. ä.), bei May - wie gezeigt - in der chinesischen Sprache, aber auch in der Darstellung von Aspekten des chinesischen Sozialwesens (Prüfungswesen der Beamten,68 Gerichtsbarkeit,69 Bettlerwesen70). Einig sind sich die Erzähler jedoch hinsichtlich der Abwertung dieses exotischen Ambientes als morbide und übertrieben.

   Somit zeigt sich abschließend, daß beide Autoren, obwohl sie denselben geschichtlichen Hintergrund hatten, durchaus zu unterschiedlichen Interpretationen der chinesischen Kultur kamen. Tatsache bleibt, daß May wie auch Verne durch ihre bis heu-


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te ungebrochene große Popularität immer noch dazu beitragen, das von ihnen tradierte Chinabild weiterzuführen. Sehr viele Facetten aus dem 19. Jahrhundert haben bis in die heutige Zeit überdauert. Ein Blick in Kinderbücher zeigt die Langlebigkeit des Klischees von einem ›chinoisen Chinamann‹, der mit langem Zopf eine aus Pagoden und kleinen Gärten bestehende Landschaft bevölkert.71 Reiseprospekte werben mit asiatischer Exotik, und in den Medien lassen sich bis heute Ansätze von der Angst vor der ›gelben Gefahr‹ finden.72 Eine kritische Auseinandersetzung mit nationalen Stereotypen ist damals wie heute unumgänglich.



1 Ludwig Eichrodt: Wanderlust. Zitiert nach: Fernöstliche Brückenschläge. Zu deutsch-chinesischen Literaturbeziehungen im 20. Jahrhundert. Hrsg. von Adrian Hsia/Sigrid Hofert. Bern 1992, S. 24f.

2 Vgl. Edward Said: Orientalism. New York 1979, S. 11.

3 Zu den wichtigsten Arbeiten, die sich mit den Quellen Karl Mays auseinandersetzen, gehören: Rudi Schweikert: Der ›Kiang-lu‹ und der ›Pierer‹. ›Chinoiserien‹ aus dem Lexikon. Zu Karl Mays Quellenbenutzung. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft (Jb-KMG) 1997. Husum 1997, S. 102-16, und Walter Schinzel-Lang: Karl Mays chinesische Vokabelliste - ein Kommentar. In: Jb-KMG 1997. Husum 1997, S. 72-101. Mehr imagologisch orientiert sind: Erwin Koppen: Karl May und China. In: Jb-KMG 1986. Husum 1986, S. 69-88; Bernhard Kosciuszko: Illusion oder Information? China im Werk Karl Mays. In: Jb-KMG 1988. Husum 1988, S. 322-40, und Jb-KMG 1989. Husum 1989, S. 146-77; Walter Schinzel-Lang: Fundierte Kenntnisse oder phantasievolle Ahnungslosigkeit? Die Verwendung der chinesischen Sprache durch Karl May. In: Jb-KMG 1991. Husum 1991, S. 287-323; Weigui Fang: Das Chinabild in der deutschen Literatur 1871-1933. Ein Beitrag zur komparatistischen Imagologie. Frankfurt a. M. 1992; Werner Kittstein: Ein Buch ist so gut wie sein Anfang. ›Kong-Kheou, das Ehrenwort‹ alias ›Der blau-rote Methusalem‹. In: Jb-KMG 1994. Husum 1994, S. 212-46.

4 Immer wieder wird in der Forschung darüber diskutiert, wann der Beginn des Kolonialismus festzulegen ist. Die meisten Lexika setzen ihn ins 15. Jahrhundert und den Höhepunkt der europäischen Expansionen in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Vgl. u. a. Meyers Großes Universallexikon in 24 Bänden. Band 12. Mannheim 1990, S. 70.

5 Vgl. Volker Klotz: Erzählte und bebilderte Abenteuer. Bündnisse zwischen Illustration und Text in mehrerlei Karl-May-Ausgaben. In: Jb-KMG 1993. Husum 1993, S. 99. Über grundsätzliche Ähnlichkeiten der Abenteuererzählungen, speziell auch der von May und Verne, berichtet Volker Klotz: Abenteuer-Romane. Sue, Dumas, Ferry, Retcliffe, May, Verne. München/Wien 1979.

6 Vgl. Wilfried F. Feuser: Rassische Stereotypen im Roman, betrachtet am Falle Karl Mays. In: Die Entwicklung des Romans (= Proceedings of the IXth Congress of the International Comparative Literature Association). Hrsg. von Zoran Konstantinovic u. a. Innsbruck 1982, S. 474.

7 Jules Verne: Les Tribulations d'un Chinois en Chine. Paris 1979 (Reprint der Erstausgabe von 1879)

8 Jules Verne: Leiden eines Chinesen in China. Collection Verne. Band 32. Wien-Pest-Leipzig o. J. (Kleinoktav-Hartleben-Ausgabe)

9 Karl May: Der blau-rote Methusalem. Stuttgart 1892; künftig im Text zitiert als ›Methusalem‹.

10 François Raymond/Daniel Compère: Le développement des études sur Jules Verne. Archiv des lettres modernes. Nr. 161. Paris 1976, S. 6; Übersetzung: ›alle geographischen, geologischen, astronomischen, physikalischen Kenntnisse der modernen Wissenschaft‹

11 Vgl. Everett Bleiler: Jules Verne. In: Science fiction writers. Critical Studies of Major Authors from the Early Nineteenth Century to the Present Day. Hrsg. von Everett Bleiler. New York 1982, S. 574: »Es ist schwer, viel über seine [Vernes] Persönlichkeit zu sagen, da seine persönlichen Unterlagen zerstört wurden und die Fami-


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lie lange Zeit versuchte, die Erinnerung an ihn in eine Schablone von provinzieller Ehrbarkeit zu pressen.«

12 Zu den wichtigsten Publikationen, die sich mit Vernes Chinaromanen auseinandersetzen, gehören: François Raymond: Un cache-cache littéraire. Les Tribulations d'un Chinois en Chine. In: Lettres modernes. Jules Verne 7. Voir du feu. Contribution à l'étude du regard. Hrsg. von Patrick Avrane. Paris 1994, S. 39-50; Simone Vierne: Jules Verne. Mythe et modernité. Paris 1989; Daniel Compère: Le jeu du chinois. Bulletin de la Société Jules Verne (BSJV). Paris 1979, S. 133-37; Alain Buisine: Voglio morire. In: Jean Bessière: Modernités de Jules Verne. Paris 1988, S. 157-81; Jean-Paul Faivre: A propos des Tribulation d'un Chinois en Chine et de la chronologie vernienne. In: BSJV 1968, S. 15f.; Henri Zukowski: Boîtes. In: Jules Verne 5. Emergences du fantastique. Hrsg. von François Raymond. Paris 1987, S. 101-16. Der Schwerpunkt der Forschung liegt vor allem im Bereich der Science-fiction-Literatur und den in den Romanen thematisierten fantastischen Maschinen, wie U-Boote, Raketen usw.

13 Prominente glühende Verehrer der chinesischen Nation waren beispielsweise Kant, Wolff und Voltaire. Ein sehr guter Überblick über die Thematik des Chinabildes in der deutschen Philosophie findet sich in: Deutsche Denker über China. Hrsg. von Adrian Hsia. Frankfurt a. M. 1985.

14 Die Aussagen Karl Gützlaffs, des ersten protestantischen Missionars in China, stehen symptomatisch für eine europaweite Einstellung: »Welch ein Recht haben aber die Europäer (...) wider den Willen der Chinesen in ihr Land einzudringen (...)? Darauf läßt sich mit vollem Recht erwidern, daß Verbreitung von nützlichen Kenntnissen und Wissenschaften, und vor allem die Ausbreitung des Christentums (...) eine so heilige Angelegenheit ist, daß keine Regierung befugt sein kann, sie von dem ihr unterlegenen Volke abzuhalten. Ja sogar der Wille des Volkes selbst, das etwa in seiner Verblendung jene Segnungen für Uebel halten möchte, darf den Menschenfreund nicht abschrecken von dem Versuch, sie ihm dennoch zu geben.« (Emil Wendt/Theodor Vockerode: Karl Gützlaffs Reisen in China. In: Jahrbuch für junge Freunde der Länder- und Völkerkunde. Leipzig 1843, S. 200f.)

15 Vgl. Rüdiger Machetzki: Das Chinabild der Deutschen. In: Deutsch-chinesische Beziehungen. Ein Handbuch. Hamburg 1982, S. 8.

16 Anton Berg: Die Preußische Expedition nach Ostasien nach amtlichen Quellen. Band 1. Berlin 1864, S. XI

17 Karl May: Der Kiang-lu. In: Gesammelte Reiseromane Bd. XI: Am Stillen Ocean. Freiburg 1894, S. 67-318; künftig im Text zitiert als ›Kiang-lu‹.

18 Vgl. Erwin Koppen: Werkartikel ›Der blau-rote Methusalem‹. In: Karl-May-Handbuch. Hrsg. von Gert Ueding in Zusammenarbeit mit Reinhard Tschapke, Stuttgart 1987, S. 331-37.

19 Vgl. Compère, wie Anm. 12, S. 136f., und Faivre, wie Anm. 12, S. 16. Verne selbst zitiert in seinem Roman Choutzé (Verne: Tribulations, wie Anm. 7, S. 110) und Thompson (ebd., S. 40). Darüber hinaus nennt Compère noch den Roman ›Récit d'une vie fugitive‹ von Chen Fou (1877) als Vorbild für die ›Tribulations‹. Vgl. Compère, wie Anm. 12, S. 136f.

20 Der Taiping-Aufstand aus dem Jahr 1850 richtete sich gegen die herrschende Qing-Dynastie. Er konnte erst 1864 mit Hilfe der englischen und französischen Truppen niedergeschlagen werden.

21 Jules Verne: Claudius Bombarnac. In: L'invasion de la mer. Paris 1979 (Reprint der Erstausgabe von 1892), S. 189-436; künftig im Text zitiert als ›Bombarnac‹.

22 Vgl. Vierne, wie Anm. 12, S. 56.

23 Die Seitenangaben im Text beziehen sich hier wie auch beim ›Bombarnac‹-Roman stets auf die französische Originalausgabe; die deutsche Übersetzung stammt je-


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weils von der Autorin: »Au début et comme entrée de jeu, figuraient des gâteaux sucrés, du caviar, des sauterelles frites, des fruits secs et des huîtres de Ning-Po. Puis se succédèrent (...) des œufs pochés de cane, de pigeon et de vanneau, des nids d'hirondelle aux œufs brouillés, des fricassées de ›ging-seng‹, des ouïes d'esturgeon en compote, des nerfs de baleine sauce au sucre (...).«

24 Vgl. Petronius: Satiricon. Lateinisch und deutsch herausgegeben von Carl Hoffmann. Tübingen 1948, S. 58ff.

25 Originaltext: »Il y a là plus de pavillons et toits retroussés que d'arbres et d'ombrages.« Diese Kritik deckt sich mit der Abwertung der europäischen Mode der Chinoiserie gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Viele Schriftsteller machten sich über die Unnatürlichkeit und Künstlichkeit der im ›chinoisen‹ Stil angelegten Fürstengärten lustig, z. B. Jean-Jacques Rousseau: Julie ou la nouvelle Héloïse. Paris o. J., S. 408; Johann Wolfgang von Goethe: Triumph der Empfindsamkeit. In: Ders.: Werke. Band 17. Weimar 1894, S. 37f. Allerdings bezog sich dort die Kritik auf einen westlichen Stil.

26 Vgl. Verne: Tribulations, wie Anm. 7, S. 46.

27 Originaltext: »un grand paravent chinois, long de quatre cents lieues (...)«.

28 Originaltext: »Nous entrons en Chine, la véritable Chine, celle des paravents et des porcelaines (...)«

29 Vgl. u. a. ›Les Enfants du Capitaine Grant‹. Paris 1867, in dem der mitreisende französische Wissenschaftler versehentlich Portugiesisch anstelle von Spanisch lernt und sich darüber wundert, daß die einheimischen Südamerikaner ihn nicht verstehen können.

30 Es sei an dieser Stelle daran erinnert, daß bereits Herder die Auffassung vertrat, daß die Anatomie der chinesischen Ohren von der eines Europäers abweichen müsse, da es ihnen sonst durch die unzähligen Aussprachemöglichkeiten eines Wortes unmöglich wäre, ihre eigene Sprache zu verstehen. Vgl. Johann G. Herder: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Zitiert in: Hsia, wie Anm. 13, S. 124f.; vgl. auch May: Methusalem, wie Anm. 9, S. 93f.

31 Vgl. dazu Erich Auerbach: Mimesis. Dargestellte Wirklichkeit in der abendländischen Literatur. (Kapitel II: Fortunata). Bern 61977, S. 28-52.

32 Elias Canetti: Masse und Macht. Hamburg 1960, S. 13

33 Originaltext: »Les atrocités commises par les révoltés avaient été, dit-on, épouvantables.«

34 Vgl. Verne: Tribulations, wie Anm. 7, S. 114.

35 Vgl. Verne: Bombarnac, wie Anm. 21, S. 433.

36 Vgl. Verne: Tribulations, wie Anm. 7, S. 60.

37 Vgl. Collin Mackeras: Western Images of China. Hong Kong 1989, unpag. In der Phase der Chinabegeisterung (17./18. Jahrhundert) dagegen galt diese Tradition als wünschenswerter Garant für eheliche Treue. Vgl. Pierre Martino: L'Orient dans la littérature française au XIIe et au XVIIIe siècle. Paris 1906, S. 71.

38 Originaltext: »(...) non par suite de cette coutume de déformation barbare.«

39 Einen Überblick über das Verständnis der primären, sekundären und tertiären männlichen und weiblichen Geschlechtsmerkmale im letzten Jahrhundert bietet Hans Magnus Hirschfeld: Die Homosexualität des Mannes und des Weibes. Mit einer kommentierenden Einleitung von Erwin J. Haeberle. Nachdruck der Erstauflage von 1914. Berlin 1984.

40 In der Sekundärliteratur wird der Abenteuerroman häufig als typisch männliche Gattung bezeichnet: Anne Marie Thiesse nennt ihn ›une affaire d'hommes‹. Vgl. Anne-Marie Thiesse: Le roman populaire d'aventures, une affaire d'hommes. In: L'aventure dans la littérature populaire au XIXe siècle. Hrsg. von Roger Bellet. Lyon 1985, S. 204. Cossart führt zusätzlich eine Untersuchung an, daß in Vernes Gesamtwerk auf 1000 männliche Protagonisten nur 100 weibliche handelnde Perso-


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nen kommen. Vgl. Axel von Cossart: Jules Vernes Lebensreise. Stationen eines Pioniers. Köln 1986, S. 26.

41 Canetti, wie Anm. 32, S. 239

42 Ein prominentes Beispiel für die Langlebigkeit von Stereotypen ist das Lexikon von Georg Buschan: Die Sitten der Völker. 1. Band. China. Stuttgart 1914, in dem auf die angebliche Grausamkeit, den Kannibalismus der Einheimischen, hingewiesen wird.

43 Die Theorie des Sozialdarwinismus entstand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie nahm Darwins Prinzip des ›survival of the fittest‹ zur Grundlage und übertrug sie auf die menschlichen ›Rassen‹. Der ›Kampf ums Dasein‹ entscheide demnach über das Überleben und den Untergang eines Volkes. Der Sozialdarwinismus diente unter anderem als Rechtfertigungsideologie für bestehende gesellschaftliche Unterschiede und für die Theorie des Rassismus. Vgl. u. a. Ludwig Gumplowicz: Der Rassenkampf. Innsbruck 1883.

44 Vgl. Verne: Tribulations, wie Anm. 7, S. 147.

45 Vgl. May: Methusalem, wie Anm. 9, S. 225.

46 Vgl. Verne: Tribulations, wie Anm. 7, S. 170.

47 Vgl. Patrick Avrane: La demande. In: Ders.: Lettres Modernes, wie Anm. 12, S. 28. Zwar nicht in einem ›China‹-Roman, aber doch bei May kommt eine vergleichbare Szene vor: Old Shatterhand schneidet zwei Chinesen, die ihm und Winnetou die berühmten Gewehre gestohlen hatten, die Zöpfe ab (vgl. Karl May: Der schwarze Mustang. In: Der Gute Kamerad. 11. Jg. (1896/97, S. 114 (auf Seite 113 die entsprechende mehr als die Hälfte der Seite einnehmende Illustration)). May steigert noch: Dem verbrecherischen Comanchenhäuptling Tokvi-Kava wird der Kopf geschoren, und die abgeschnittenen Chinesenzöpfe werden an eine dafür zurückgelassene Strähne befestigt. Der Häuptling weiß, daß das die größte Schande für ihn bedeutet: »... das sind ... nur Haare der feigen Gelbhäute ... Der Krieger, welcher solche Haare trüge, würde von den Kindern und von den alten Weibern verlacht und verspottet werden!« (Ebd., S. 268)

48 Vgl. dazu auch Hirschfeld, wie Anm. 39. Zum Vergleich eignet sich sehr gut eine Illustration Kin-Fos (Verne: Tribulations, wie Anm. 7, S. 15). Dort stützt er sich, in weite Gewänder gehüllt und mit einem Fächer in der Hand, passiv an einen überdimensionalen Blumentopf. In Franz von Neugebauers wissenschaftlichem Werk über ›Hermaphroditismus beim Menschen‹ (Leipzig 1908, S. 626) findet sich im Anhang das Bild eines sogenannten Weibmannes, der im Gegensatz zur Photographie des aufrecht stehenden männlichen Durchschnittstypus sich passiv an eine Säule lehnt.

49 Vgl. May: Methusalem, wie Anm. 9, S. 476.

50 Theweleit verweist in seiner Untersuchung auf typische Männlichkeitssymbole wie den Stock oder die Reitpeitsche der deutschen faschistischen Offiziere. Vgl. Klaus Theweleit: Männerphantasien. Band 2. Männerkörper. Zur Psychoanalyse des weißen Terrors. München 1995, S. 260ff.

51 Vgl. Verne: Tribulations, wie Anm. 7, S. 13; 26.

52 Originaltext: »(...) capitaine Yin eût connu les observations de l'Anglais Paddington et de l'Américain Maury, il aurait essayé de changer sa direction et de gouverner au nord-est, dans l'espoir d'atteindre une aire moins dangereuse (...) Mais le capitaine Yin ne faisait jamais usage du baromètre, il ignorait la loi des cyclones. D'ailleurs, n'avait-il pas sacrifié un coq (...)?«

53 Vgl. Verne: Tribulations, wie Anm. 7, S. 141.

54 Ebd., S. 154ff.

55 Vgl. May: Methusalem, wie Anm. 9, S. 493.

56 Vgl. ebd., S. 310.

57 Ganz unrecht hat May mit seiner Behauptung nicht, wenn man berücksichtigt, daß


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der Buddhismus seinen Einfluß auf China von Indien aus, das von China aus gesehen im Westen liegt, begann.

58 Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXX: Und Friede auf Erden! Freiburg 1904

59 Urs Bitterli unterscheidet zwischen vier verschiedenen Formen der Kulturbegegnung: die Kulturberührung, den Kulturzusammenstoß, die Kulturbeziehung und den Kulturkontakt. Vgl. Urs Bitterli: Alte Welt - neue Welt. Formen des europäisch-überseeischen Kulturkontaktes vom 15. bis zum 18. Jahrhundert. München 1986, S. 27ff.

60 Diese unterschwellige Unsicherheit findet sich bei fast jeder Literatur des 19. Jahrhunderts. Vgl. János Riesz: ›Exotismus‹ als Kampfbegriff. Zum Streit um die richtige Kolonialliteratur in Frankreich (1870-1930). In: kultuRRevolution. zeitschrift für angewandte diskurstheorie. Hrsg. von Jürgen Link. Essen 1996, S. 76.

61 Bleiler faßte Vernes Ansichten folgendermaßen zusammen: »He hates business, war and colonialism - if they were not French‹ (Bleiler, wie Anm. 11, S. 574 ›Er haßt Geschäfte, Krieg und Kolonialismus - wenn sie nicht französisch sind‹). Dasselbe gilt für die Erzähler bei May, die englischen und französischen Kolonialismus entschieden ablehnen, die deutschen Interventionen dagegen als positiv darstellen (Vgl. May: Kiang-lu, wie Anm. 17, S. 69).

62 Originaltext: »grand, bien bâti, plutôt blanc que jaune«.

63 Vgl. Verne: Tribulations, wie Anm. 7, S. 32.

64 Vgl. Verne: Bombarnac, wie Anm. 21, S. 223.

65 Originaltext: »L'un est un jeune homme d'allure distinguée, (...) charmante physionomie, malgré son teint jaune et ses yeux bridés, quelques années passées en Europe, sans doute, ont certainement européennisé ses manières et même son costume. Sa moustache est fine, son oeil est spirituel, sa coiffure est plus française que chinoise (...)«

66 Jean Chesneaux: Jules Verne. Une lecture politique. Paris 1982, S. 60: ›Westliche Dominanz‹

67 Originaltext: »Ce sera l'égalité et peut-être la fraternité.«

68 Vgl. May: Kiang-lu, wie Anm. 17, S. 124f., 130, 136f.

69 Vgl. beispielsweise das Kapitel ›Der Götterraub‹ in ›Methusalem‹.

70 Vgl. May: Methusalem, wie Anm. 9, S. 249ff. und 310f.

71 Vgl. z. B. die Erstausgabe von Michael Ende: Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer. Stuttgart 1960.

72 Vgl. Peter Scholl-Latour: Der Wahn vom himmlischen Frieden. Chinas langes Erwachen. Berlin 1990.




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