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ÄUSSERE GRÜNDE DES ERFOLGES


Passive und aktive Reklame


Besonders May-Gegner haben immer wieder versucht, den Erfolg des Schriftstellers auf äußere Anregungen und Leseanstöße, auf Reklamerummel zurückzuführen.

   So schreibt Ferdinand Avenarius im "Kunstwart"1: "All das vertreibt er (May) mit einer in ihrer Art großartigen Reklame, bei der er nicht nur unter anderem Namen sein eigener Apologet ist, bei der er sogar, ein neuer Trick, seinen eigenen Konkurrenten spielt, um ihn dann scheinbar zu besiegen."

   An anderer Stelle2 beschäftigt sich Avenarius ausführlich mit der Frage: "Wie's gemacht wird. Von Maylichem":


   "Rich. Wehnes Verlag, der eine 'kosmopolitische Zeitschrift' ‚Manitu' vorbereitet, genannt zu Ehren des ‚großen Geistes' der Indianer, erläßt Preisausschreiben unter anderm um folgendes: Eine 'Deutsche Literaturgeschichte bis 5000 Zeilen, von den ersten Anfängen bis zur Gegenwart (Karl May ist dabei zu nennen) 1911', ferner 'Für die drei besten Abhandlungen, Kritiken, Biographien usw. über Karl May, seine Werke, seine Familie, seine Reisen usw.', und zwar, denn man kann alles brauchen, von Freunden, Parteilosen und Gegnern 'Unbeschränktes Verlagsrecht' (also auch das der Änderungen) 'für alle, auch nicht honorierten Einsendungen Bedingung'. Weiter: 'Für den besten Titel' für die Literaturgeschichte und die Abhandlungen über May. 'Karl Mays Name soll dabei nicht in Anwendung kommen.' . . . Und zum Schluß das Schönste: 'Für die besten Briefe, die an Karl May gerichtet sein müssen, geschrieben von Erwachsenen jeden Standes, Studenten,



1"Kunstwart" XXV, 1. Maiheft 1912, S. 193.
2"Kunstwart" XXIV, 1. Januarheft 1911, S. 55.



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Schülern, Kindern usw. Für alle unbeschränktes Verlagsrecht3.'"

   Vielleicht war Avenarius im unklaren darüber, daß er selbst mit seinen Angriffen auf May Propaganda für diesen Schriftsteller trieb. Schlechte Kritiken erwecken immer Neugier und Widerspruchslust des Publikums4. Das ist der Erfolg der passiven Reklame, die von dritter Seite unbewußt, oft sogar mit der gegenteiligen Absicht geleistet wird, und die also indirekt nur um so sicherer wirkt.

   Die Angriffe gegen May wurden auf drei Ebenen geführt, indem man ihn als Jugendverderber, Verbrecher und Pornographen der Münchmeyer-Romane anprangerte. Sie begannen ziemlich harmlos am 31.5.1899 mit einer Notiz im "Bayrischen Kurier", daß Karl May in einigen bayerischen Schülerbibliotheken nicht mehr ausgegeben werde5. Bald schwoll die Fehde zu einem von Freunden und Gegnern oft unsachlich gerührten Streit an, der nach einer gewissen Zurückhaltung auch den Schriftsteller selbst auf den Plan rief.

   Schließlich wurden jahrelang Monsterprozesse mit zahlreichen Nebenprozessen geführt, von chancenwittern-



3Wenn dem Avenarius hinzufügt: "Ben Akiba müßte vor den May-Leuten doch wohl gestehen: nein, so was ist noch nicht dagewesen", so scheint er mit der einschlägigen Geschichte nicht ganz vertraut zu sein. Schließlich ließ auch Cervantes eine kleine Broschüre erscheinen, die sich als Kritik des Don Quichote ausgab und andeutete, daß darin allerlei gefährliche Satiren auf hochgestellte Persönlichkeiten zu finden seien. Und der Verfasser des "Tristam Shandy" diktierte seiner Geliebten Propagandabriefe in die Feder, die auf Laurence Sterne aufmerksam machen sollten.
4So schreibt ein Leser: ". . . Besonders wurde ich durch die X-Zeitschrift (auf May) aufmerksam, die die Jugend vor 'diesem Menschen' warnte . . ." Zit. nach Horst Kliemann, "Der Weg zum Buch", KMJb 1928. S. 146.
5Vgl. Patsch, "Karl Friedrich May". In der Broschüre "Karl-May-Ausstellung des Museums für Völkerkunde in Wien", 1949, S. 22.



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den [chancenwitternden] Journalisten mit heftigem Blätterrauschen begleitet, das den Namen May in tausendfachem Echo in aller Ohren trug. Der Streit um May, "eines der unerquicklichsten Kapitel deutscher Geistesgeschichte6", hatte vom propagandistischen Standpunkt aus auch sein Gutes, insofern er dem Grundsatz der Reklametechnik entsprach: "Sorge, daß man von dir spricht!" Karl May wurde zum verruchten, zumindest zum zwielichtigen Autor, mit einem Wort: Er wurde für gewisse Leser erst interessant.

   In welchen Kontrapositionen sich diese Zwielichtigkeit bis heute bewegt, hat Heinz Stolte zusammengestellt: "Ein schlichter 'Volksschriftsteller' ist er dem einen, der 'letzte Großmystiker der deutschen Literatur' dem anderen; 'ein begnadeter Jugendbuchautor' sagen die einen, ein 'Jugendverderber' die anderen; 'eine Ausgeburt des Imperialismus' hören wir von links, 'ein Vorbild deutscher Gesinnung' von rechts; 'bloß ein schlechter Schriftsteller' heißt es auf der einen Seite, ein 'echter Dichter' auf der anderen; ein 'geborener Verbrecher', so vernahmen wir, und 'ein Opfer unmenschlicher Justiz' so beklagte man ihn dagegen; 'Lesefutter für die ewig Unmündigen', so tönte eine arrogante Stimme, und 'würdig unserer Hochliteratur' hatte dieselbe Stimme zuvor von demselben Autor doziert; 'ein Feind der Arbeiterklasse und deshalb zu verbieten', urteilen die einen und verboten ihn, aber ein 'Proletarier, der die Gesellschaft seiner Zeit durchbrach', meinen dagegen andere; 'ein Schmierfink der Kolportage', so ekelten sich Gebildete, 'ein Märchenerzähler wie aus Tausendundeiner Nacht', wußten ebenfalls Gebildete zu rühmen; 'ein Lehrmeister der Nazis, der SS' war er auch, und



6Forst-Battaglia, a. a. O., S. 5.



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ebenso 'ein Vorkämpfer der Weltfriedensbewegung und des Pazifismus'; er war ein 'begnadeter Lehrer unserer Tugend' und ein 'Verdummer unserer Kinder, der sie mit Sex berieselt'. War er nicht auch ein Erzähler ganz 'ohne jede Erotik'? Aber gewiß ein 'brutaler Sadist' so gut wie ein 'Verkünder des Edelmenschen'. Er war -, er ist -, ach, was ist er nicht alles, wir könnten die Liste der Urteile noch lange fortsetzen. Das alles haben wir gehört und haben es gelesen, von Kritikern, Journalisten, Politikern und Pädagogen, von Lehrern und Bibliothekaren, und der Stimmen sind Hunderte, ja Tausende, die sich zur Sache geäußert haben . . .7"

   Und sie alle verstärkten, ob gewollt oder ungewollt, die Erfolgswirkung des Schriftstellers8.

   Dieser passiven Reklame trat die von Autor und Verleger geübte aktive Reklame zur Seite. Etwa um 1896 erschienen Fotos: "Old Shatterhand", "Kara Ben Nemsi", der alte Band XIX bringt ein Bild "Old Shatterhand Dr. Karl May mit Winnetous Silberbüchse" (den Doktortitel hatte sich May selbst verliehen). Der Schriftsteller verwendet Briefpapier und Umschläge mit dem Eindruck "Villa Shatterhand" (Karl Mays Wohnung, die nach und nach mit allerlei Trophäen und Waffen ausgestattet wurde); er überreicht Visitenkarten mit dem Aufdruck "Karl May, genannt Old Shatterhand". Durch all diese Mittel sucht May in seinen Lesern den Glauben



7Aus Stoltes Einleitung in "Karl May: Der Große Traum." dtv,1974, S. 8 f.
8Zum Streit um Karl May, der bis in die Gegenwart herauf immer wieder aufflackert, siehe: Rudolf Lebius, "Die Zeugen Karl May und Klara May. Ein Beitrag zur Kriminalgeschichte unserer Zeit." Berlin-Charlottenburg, 1910. Ferner Schmid, a. a. O., und Kainz, a. a. O., S. 2 ff. Und neuerdings Hainer Plaul im Anhang zu "Karl May: Mein Leben und Streben", Hildesheim, 1975, besonders Anmerkung S. 217 ff.



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an die Echtheit seiner Reisebeschreibungen zu erwecken9.

   Schon 1896 gab es in Deutschland Karl-May-Ausstellungen10, May unternahm Propagandareisen durch Deutschland und Österreich, auf denen er zu seinen Verehrern sprach und sich von ihnen feiern ließ11.

   Auch schriftliche Reklamefeldzüge wurden gestartet. 1902 ließ der May-Verleger Friedrich Ernst Fehsenfeld, Freiburg i. Br., eine Broschüre erscheinen: "'Karl May als Erzieher' und 'Die Wahrheit über Karl May' oder 'Die Gegner Karl Mays in ihrem eigenen Lichte' von einem dankbaren Leser." Karl May selbst ist der Verfasser12. Im Anschluß an Lob und Verteidigung des Schriftstellers bringt die Schrift 178 Leserbriefe und 11 empfehlende Worte deutscher Bischöfe. Außerdem wird eine Reihe von Zeitungskritiken geboten. Als Propagandaschrift zu werten ist auch die Broschüre von Max Dittrich, "Karl



9Vgl. Claus Roxin: "Dr. Karl May, genannt Old Shatterhand", JbKMG 1974, S. 15 ff.
10Vgl. hierzu Heinrich Wagner, "Karl May und sein Werk. Eine kritische Studie", Passau, 1907, S. 11 f.: "Schon vor zehn Jahren gab es in Deutschland Ausstellungen von Beweisen seiner (Mays) Wanderungen in fernen Erdteilen, und erst vor kurzem wurden in München Karten und Bilder zu ganz demselben Zweck ausgestellt. Man hat auch sehr wohl gelesen und gehört von Tausenden von Karten, Briefen und Geschenken, mit denen May seine Leser bedacht hat, sobald er sich außerhalb Europas befand. Ebenso ist in den Zeitungen sehr oft von Begegnungen berichtet worden, die andere Reisende mit Karl May in der Ferne gehabt haben." (Faksimile-Ausgabe 1975).
11Vgl. z. B. Bd. 34, S. 451; Richard Kralik, "Der abenteuerliche Tag", KMJb 1919, S. 252 ff.; Clemens Freiherr von der Kettenburg, "Vor 36 Jahren", KMJb 1933, S. 435 ff.; Ernst Weber, "Karl May. Eine kritische Plauderei", in "Zur Jugendschriftenfrage. Eine Sammlung von Aufsätzen und Kritiken." Hrsg. v. d. Vereinigten deutschen Prüfungsausschüssen für Jugendschriften. Leipzig, 2. Aufl., 1906, S. 22 ff.
12Nachwort von Ekkehard Bartsch in der Faksimile-Ausgabe 1974.



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May und seine Schriften, eine literarisch-psychologische Studie für May-Freunde und May-Feinde13". Ebenso kann hier die schon zitierte Schrift Wagners angeführt werden.

   Nach Karl Mays Tod (30. März 1912) nahm der umsichtige und geschäftstüchtige May-Verehrer Schmid am 1. Juli 1913 die Leitung des neubegründeten Karl-May-Verlages in seine Hand. Mit vollem Recht konnte er schreiben, er habe "das Werk dieses vielgeschmähten, aber noch weit mehr beliebten und geliebten Erzählers dorthin gebracht, wo es jetzt steht14". Es ist sehr verständlich, wenn sich May-Gegner über diesen Mann beklagen: "Seit 7 Jahren bemüht sich ein kapitalkräftiger Verlag, dem deutschen Volke Karl May als nationalen Dichterheros aufzuschwatzen. Er hat einen Stab von mehr oder weniger bedeutenden Mitarbeitern15 herausgebracht, die alljährlich im Schweiße ihres Angesichtes neue Seiten an der sehr eindeutigen Erscheinung Karl Mays entdecken müssen16".

   Zu den "schwitzenden" Mitarbeitern17 gehören u. a. Charlotte Bühler, Ludwig Gurlitt, Dr. Adolf Droop, die im Kampfe gegen minderwertiges Schrifttum Karl May




132. Aufl., 1904, C. Weiskes Buchhandlung, Dresden. Der eigentliche Zweck dieser Schrift war, den symbolischen Bd. 30 "Und Friede auf Erden" einzuführen. Manche Abschnitte sind handgreiflich von May inspiriert. (Faksimile-Ausgabe 1975.)
14Schmid, "Von der anscheinenden Absichtlichkeit im Schicksal des Einzelnen". In der Festschrift "25 Jahre Karl-May-Verlag", Radebeul, 1938, S. 10.
15Vgl. die Zusammenstellung bedeutender Männer, die für May eintraten, im KMJb 1924, S. 7 f.
16Wilhelm Fronemann, "Karl-May-Jahrbuch 1924". In der Zeitschr. "Die schönen Künste", Nr. 1 vom 1.1.1925.
17Vgl. zum folgenden die ausführliche Darstellung bei Kainz, a. a. O., S. 79 ff.



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als Beispiel guter Volksliteratur hinstellen18. Dr. Heinrich Lhotzky erscheint Karl May vor allem als Jugendschriftsteller wertvoll19. Dr. Werner Mahrholz rühmt den großen Schwung in Karl May, sein großes Talent und den richtigen Instinkt20.1919 verlangte Gurlitt "Gerechtigkeit für Karl May21". Im gleichen Jahr schreibt Hermann Hesse: "Er (May) ist der glänzendste Vertreter eines Typs Dichtung, der zu den ganz ursprünglichen gehört, und den man etwa 'Dichtung als Wunscherfüllung' nennen könnte22." 1924 nennt Hans Neumann in seiner "Deutschen Dichtung der Gegenwart" Karl May einen Dichter23.

   Von der Weitsicht Schmids zeugt auch, daß er seinen Verlag den Herausgebern der Karl-May-Jahrbücher zur Verfügung stellte. Diese waren 1918 von Dr. Rudolf Beissel und Fritz Barthel gegründet worden. In ihnen wurden Arbeiten über Karl May und Nachlaßschriften des Schriftstellers veröffentlicht. Von 1920 an erschienen die Jahrbücher dann im Karl-May-Verlag, bis sie 1933 wegen der fortan nötigen "Gleichschaltung" eingestellt wurden24.

   Weiterhin ermöglichte Schmid Forst-Battaglia eine gründliche Materialsammlung für das schon zitierte Buch über Karl May25. Ebenso förderte der May-Verleger entscheidend die Dissertation Dr. Heinz Stoltes



18"Hochwacht", Berlin-Lichterfelde, 1918, Hefte 4/5 u. 6/7.
19"Der Mensch und sein Buch". Ludwigshafen, 1918, S. 143.
20"Karl May". In "Literarisches Echo" v. 1.11.1918.
21Im KMV, Radebeul, 1919.
22"Phantastische Bücher". In der "Vossischen Volkszeitung" Nr. 458 v. 9.9.1919.
23S. 147.
24Eine genaue Aufschlüsselung der Jahrbuchbeiträge nach Sachgebieten findet sich bei Stolte, a. a. O., S. 158 ff.
25Forst-Battaglia hat seine May-Biographie mit der Ausgabe des KMV 1966 auf den neuesten Stand gebracht.



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"Der Volksschriftsteller Karl May". Die Arbeit erschien 1936 im Karl-May-Verlag, Radebeul, als Buch26.

   Schmid war auch all denen ein freundlicher Helfer, die sich außerhalb der Wissenschaft mit Plänen um Karl May trugen. Aus seiner reichen Sachkenntnis heraus beriet er, entwarf, verwarf, billigte, lehnte ab, bog zurecht, was schief schien, wehrte ab, was übers Ziel schoß, betreute, was guten Ansatz zeigte. Karl May stand im Mittelpunkt von Lichtbildvorträgen und Bildbandstreifen27, von Bühne28, Film29 und Rundfunk30, seine Figuren erstanden in Zinn, in Quartett- und Würfelspiel, in Serienbildern und Malbüchern31. Vorträge und Ausstellungen belehrten über Karl May32, auf der Freilichtbühne Rathen, aber auch anderswo, wurden Karl-May-Spiele aufgeführt33. An des Schriftstellers Geburtshaus wurde eine Gedenktafel enthüllt, manche Straße erhielt seinen



26In einer Auflage von 5000 Stück zum Ladenpreis von RM 1,60.
27Vgl. Kainz, a. a. O., S. 99 f.
28Vgl. Kainz, a. a. O., S. 71 ff.
29Vgl. Kainz, a. a. O" S. 118 ff.
30Vgl. Kainz, a. a. O., S. 116 f.
31Dabei wird oft nicht FÜR, sondern MIT May Reklame getrieben. Ausführliche Darstellung bei Kainz, a. a. O., S. 121 f. Aufschlußreich ist in dieser Hinsicht eine Stelle des Jugendbuches "Winnetou jun. fliegt nach Berlin" von Alfred Weidenmann, Curt E. Schwab, Stuttgart, 1952. Hier heißt es auf S. 94: "Der Name eines großen Kriegers muß aber seinen Feinden bekannt sein, damit sie ihn fürchten. Ein solcher Name ist Winnetou! Dieser Name ist überall bekannt und eingeführt wie der beste Markenartikel!" Und fünf Zeilen weiter: "Für den Namen Winnetou ist eine heillose Reklame gemacht worden, wie man sieht. Sollen wir als klug denkende Krieger uns diesen Vorteil nicht zunutze machen? Ich sage ja!" Weidenmann sagte ebenfalls ja, siehe Buchtitel! - Auch der Held des Buches "Der Häuptling und seine Freunde" von Karl Bruckner (Verlag Waldheim-Eberle, Wien, 1952) heißt Winnetou. Der Verlag Vettermann u. Co. brachte innerhalb der "Rifland"-Serie ein Heft "Winnetou und die Huanakuna" heraus (Wien, 1950).
32Vgl. Kainz, a. a. O., S. 99 ff.
33Vgl. Kainz, a. a. O., S. 71 ff.



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Namen34. May-Freunde schlossen sich in Klubs und Vereinen zusammen35.

   Auch der Kultstätten sei gedacht, die unter Mitwirkung Schmids in Radebeul erstanden. Es gehörte seither zu den Wunschträumen der jugendlichen May-Verehrer, einmal gen "Maykka" zu pilgern, Mays "Villa Shatterhand" zu bewundern, das Karl-May-Museum36 in der Villa "Bärenfett" zu besuchen und dann auf dem Friedhof zu Radebeul zu verharren vor der Gruft Kara Ben Nemsi - Old Shatterhands, des geliebten Schriftstellers. Zweimal, 1928 und 1937, kamen Indianer nach Radebeul, um hier dem toten Freund der roten Rasse zu huldigen37. Einer Idee Schmids entsprang auch die Errichtung des Karl-May-Haines mit dem Gedenkstein gegenüber der "Villa Shatterhand", der den Besucher



34Vgl. Otto Eicke, "Fremde Frachten, Flaschenposten und Treibholz", in der Festschrift "25 Jahre Karl-May-Verlag", S. 41.
35Vgl. Kainz, a. a. O., S. 128 ff.
36"Karl-May-Museum", fünf Aufsätze im KMJb 1931. Vgl. auch Kainz, a. a. O., S. 130 ff.
37Ausführliche Berichte über die Indianerhuldigung 1928 bringt das KMJb 1929.
Noch am 18.2.1942 berichtet das "Brünner Tagblatt" von dieser Huldigung: "Nach verschiedenen Ansprachen schritten unter dumpfen Trommelschlägen die Indianer langsam-feierlich, ein Klagelied singend, an die Gruft heran und legten zwei große Kränze auf den Sarkophag. Auf der Schleife des einen Kranzes war zu lesen: 'Der Häuptling der Sioux-Indianer grüßt seinen toten weißen Bruder.' Das Band des zweiten Kranzes trug die Worte: 'Dem Lieblingsschriftsteller der deutschen Jugend.' Nun ergriff Susetschka tanka, das heißt, die Große Schlange, das Wort und sagte in der Sprache seines Stammes: 'Du großer, toter Freund! Von allen weißen Brüdern, die sich mit der Seele des Roten Mannes beschäftigt haben, steht uns keiner so nahe wie du, dessen Lebenswerk eine einzige Verherrlichung der Tugenden des Roten Mannes ist. Du hast unserem sterbenden Volk im Herzen der Jugend ein bleibendes Mal errichtet. In jeder Hütte sollte dein Bild hängen, denn nie hat der Rote Mann einen besseren Freund gehabt als dich.'"



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zu besinnlichem Verweilen einlädt. Auch Hohenstein-Ernstthal setzte seinem berühmten Sohn einen Stein.

   Daß all diese Ereignisse und Einrichtungen um May sich im Prisma der Presse tausendfach brachen, ist jedem Kundigen bekannt. Während der Materialsammlung für vorliegende Arbeit wurden allein aus dem Besitz Patsch etwa 8000 Pressestimmen über Karl May gesichtet. Karl May wurde zum Begriff im Spiegel der Presse, wie Kainz an zahlreichen, eindrucksvollen Beispielen nachweist38. Die Werke und Figuren Karl Mays sind so sehr mit den Begriffen "Orient" und "Indianer" verknüpft, daß "beim leisesten Anklingen eines dieser Themen unweigerlich Karl May beschworen wird39.

   Abschließend läßt sich sagen, daß Schmid jede Gelegenheit ergriff, um Karl May zu ehren und seine Sache zu fördern. All die Bemühungen des Verlegers wurden, ob direkt, ob indirekt, zur Werbung für den Schriftsteller.

   Auch die Werbung im engeren Sinne wurde von Schmid keineswegs vernachlässigt40. Das wichtigste Werbemittel stellte der alljährlich in sehr großer Auflage erschienene und reichbebilderte Verlagsprospekt dar, der den Geschäftsfreunden im Rahmen der Aufträge kostenlos überlassen wurde. Äußerst begehrt war das Lesezeichen auf Kunstdruckkarton mit dem bunten Karl-May-Kopf und rückseitigen Titelverzeichnis der Werke, von dem seit 1925 mehr als eine Million in die Hände des Publikums kam. Als besonderer Blickfang wurde ein Indianer-Plakat hergestellt, das vor allem die Jugend immer wieder an die Karl-May-Auslage fesselte. Auch die



38Vgl. Kainz, a. a. O., S. 135 ff.
39Kainz, a. a. O., S. 135.
40Vgl. Rudolf Voigt, "Werbung um Karl May". In der Festschrift "25 Jahre Karl-May-Verlag", S. 38; ferner Kainz, a. a. O., S. 126 f.



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naturgetreu bemalten Winnetou-Büsten verfehlten nie ihre werbende Wirkung. Es wurden auch Anzeigen in Buchhändlerverzeichnisse, Kalender, Zeitschriften usw. aufgegeben. Auf der Leipziger Messe wurden alljährlich neue Geschäftsverbindungen angeknüpft, alte ausgebaut und vertieft. Vertreter des Karl-May-Verlages bereisten ganz Deutschland und die Nachbarstaaten.

   Diese Maßnahmen verfolgten das Ziel, die Sortimenter aufzuklären und an das kaufende Publikum heranzukommen. Daneben ist die Aufmachung der Karl-May-Bände selbst von werbender Kraft.



Aufmachung der Bände


Ursprünglich erschienen die Werke fortsetzungsweise in verschiedenen Zeitschriften41. Es ist klar, daß diese zerhackte Form des Erscheinens spannungsfördernd wirkte. Friedrich Ernst Fehsenfeld brachte die Bände anfangs, wie damals üblich, auch in Lieferungen zu 40 Pfennig heraus, je 10 Lieferungen bildeten einen Band. Da sich der erwartete Erfolg nicht einstellte, schlug Fehsenfeld seinem Autor vor, den Preis der Lieferung auf 30 Pfennig herabzusetzen. May antwortete darauf:

   "Teuerster Freund, vielliebster Bruder, hochverehrtester Rad- und Meisterfahrer42, ja es ist schauderhaft, das mit den 30 Pfennigen pro Heft! Ich fühle lebhaft mit Ihnen, aber Sie haben recht; wir machen viel mehr Abonnenten; die Menge bringt es ein, und vielleicht können Sie etwas, wenn auch nur wenig, am Papier sparen43."

   Der Erfolg gab Fehsenfeld recht. Er selbst schreibt



41Vgl. Kainz. a. a. O., S. 59 ff.
42Fehsenfeld gehörte zu den Pionieren der Radfahrkunst.
43Brief v. 12.3.1892, abgedruckt bei Konrad Guenther, "Karl May und sein Verleger", gedr. Manuskript, S. 12.



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darüber: "Den Band für 3 Mark geheftet, für 4 Mark gebunden zu verkaufen, war das Richtige gewesen. Bald kamen die Bestellungen, daß es eine wahre Freude war44."

   Mit der Aufmachung der Bände hatte Fehsenfeld ebenfalls das Richtige getroffen. Auch May erkannte die Bedeutung des Formats45. Der jugendliche Leser liebt, was das Format angeht, den "Ziegel", der im Fehsenfeld-Verlag rund 600 Seiten enthielt. Er verbürgt dem Leser zunächst äußerlich die Möglichkeit genügender Versenkung und Geborgenheit. Nun, die bekannten "grünen Bände" sind dick genug, dabei doch handlich: Schul- und Rocktaschenformat. Sie reichen zurück bis ins Jahr 1892 und geben Karl May das Gewicht altbewährter Qualität. Es ist eindrucksvoll, wenn 65 "Karl May" nebeneinanderstehen und dem Beschauer ihre unaufdringlichen, schwarz-grün-goldenen Rücken zeigen.

   Die einzelnen Bände sprechen den Beschauer an durch ihre Deckelbilder. Sie sind in Mehrfarbendruck ausgeführt, großflächig und in kräftigen Strichen gezeichnet, erwecken den Eindruck von Linol- oder Holzschnitten. "Sie lenken die Phantasie des Betrachters zwar in eine bestimmte, vom Verfasser gewünschte Richtung, lassen aber der Einbildungskraft in dieser weitherzigen Begrenzung freien Spielraum46. Darge-


44Zit. nach Guenther, a. a. O., S. 13.
45Als er hörte, daß Fehsenfeld eine Bücherreihe "Die Welt der Fahrten und Abenteuer" herausgeben wollte, schrieb er, die fremden Verfasser sollten nicht in dem ihm selbst zugesprochenen Gewand herauskommen: "Ich will nicht, daß die Erfolge meiner Feder einem anderen zugute kommen", und zum Schluß des Briefes noch einmal: "Also heraus mit den 'Fahrten und Abenteuern'! Ich sage Glück auf den Weg, mein Feldherr! Aber geben Sie den Bänden nicht die Ausstattung meiner Werke!" Brief v. 17.8.1896, zit. nach Guenther, a. a. O., S. 15.
46Kainz, a. a. O., S. 146.



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stellt [dargestellt] werden eine Szene, ein Landschaftsausschnitt oder eine markante Gestalt des betreffenden Bandes.

   Neben dem Bild stellt der Titel einen wichtigen Kauf- und Leseanreiz dar. Dies sei an einigen Fällen deutlich gemacht. Der Band "Der Derwisch" eröffnet eine Reihe von drei Erzählungen. Er wird jedoch weniger verlangt als seine Fortsetzung "Im Tal des Todes" und "Zobeljäger und Kosak". "Derwisch" ist eben bei uns ein wenig bekannter Begriff, der als Titel von den anschaulicheren geschlagen wird. Der Band "Weihnacht" wird das Jahr über verhältnismäßig selten verlangt, aber um Weihnachten herum besteht starke Nachfrage. Andererseits werden die "Satan-und-Ischariot"-Bände selten auf den weihnachtlichen Gabentisch gelegt, sonst nicht ungern gekauft47. "Winnetous Erben48" erreichte unter den weniger begehrten symbolischen Werken die größte Auflageziffer. Daß der Verleger auch der Bedeutung des Titels gerecht wurde, läßt sich am Band 52 nachweisen. Dieser Band erhielt bei der Neubearbeitung im Jahre 1924 die Überschrift "Vom Rhein zur Mapimi". Beim Abverkauf schnitt dieser unter den übrigen Bänden der "Waldröschen"-Serie am schlechtesten ab. Eine Reise vom Rhein zur Mapimi kann eben heute, wo die modernen Verkehrsmittel zur Verfügung stehen, keinerlei Spannung erwecken. Außerdem argwöhnt der Käufer, daß der Schauplatz der Handlung wenigstens zum Teil in Deutschland liege. Da machte Schmid aus dem Band "Vom Rhein zur Mapimi", "Die Pyramide des Sonnen-



47Vgl. Studienrat Fritz Prüfer, "Was erzählen uns die Auflagen der Karl-May-Bände?" In der Festschrift "25 Jahre Karl-May-Verlag", S. 27.
48Der ursprüngliche Titel "Winnetou IV" wurde von Schmid in "Winnetous Erben" abgeändert, weil dieser Band inhaltlich und in seiner symbolischen Art denn doch in zu weitem Abstand von Karl Mays berühmtestem Werk steht.



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gottes" ["...Sonnengottes"], und die Absatzschwierigkeiten waren mit einem Schlag behoben49. Eine andere Titeländerung nahm Karl May selbst vor. Eine seiner Jugendschriften wurde in der Knabenzeitschrift "Der gute Kamerad" unter der Bezeichnung "Kong-kheou" - "Das Ehrenwort" veröffentlicht. Man merkte die moralische Absicht, und man war verstimmt. Daher gab der Schriftsteller der Erzählung, als sie in Buchform erschien, den Titel "Der blaurote Methusalem". Die Aufmerksamkeit ist jetzt auf eine Person gerichtet. Es wird Spannung erweckt und doch nichts verraten. Die Vorstellung aus dem Alten Testament taucht auf und wird wieder verworfen, weil die Merkmale "blaurot" nicht dazupassen. Die Phantasie möchte die Vorstellungen "Methusalem" und "blaurot" in anschauliche Verbindung bringen, was ihr nicht eindeutig gelingt. Um sich aus dem unbehaglichen Zustand gespannter Ungewißheit zu befreien, muß man den Band lesen. Die Absicht des Verfassers ist erreicht50.

   Der Wunsch, auch andere Werke des Schriftstellers zu lesen, wird gestärkt durch Fußnoten im Textteil, die auf ergänzende oder abrundende Schriften hinweisen. Auf dem Schutzumschlag bietet sich dem Leser das Verzeichnis der "Gesammelten Werke", wie sie der Karl-May-Verlag herausbrachte. Es gibt willkommene Gelegenheit zur Auswahl weiterer Karl-May-Lektüre. Auf dem Vor- und Nachsatzpapier der Bände der Wiener Ausgabe (Ueberreuter) finden sich Landkarten mit den eingezeichneten Reisewegen des Helden.

   Der Werbeerfolg der Verlagsreklame spiegelt sich in den Auflageziffern. In 25 Jahren, von 1913 bis 1938, wur-



49Nach Kainz, a. a. O., S. 148.
50Vgl. dazu Fritz Prüfer, "Die Jugendschrift 'Der blaurote Methusalem'", KMJb 1918, S. 98 f.



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den [wurden] vom Karl-May-Verlag 5,65 Millionen Bände verlegt. Das sind in einem Jahr durchschnittlich 226000. In den 23 Jahren vorher konnten nur 1,6 Millionen Bände abgesetzt werden. Der Karl-May-Verlag erhöhte demnach die Leistung auf 320%. Es gelang ihm, dem Schriftsteller in allen Leserkreisen, sowohl in kritischen wie in anspruchslosen, Geltung zu verschaffen und die Meinung zu erwecken, daß Karl May mehr war als nur ein Erzähler spannender Indianer- und Beduinengeschichten. Diese Leistung ist untrennbar mit dem Namen Euchar Schmid verknüpft51.



Primäre und sekundäre Leser


Man darf den Anteil der Verlagsreklame am Erfolg jedoch nicht überschätzen. Freilich ist das Publikum bis zu einem gewissen Grade lenkbar, aber erst, nachdem das betreffende Werk ohne äußeres Zutun eingeschlagen hat. "Bestsellers must be born first, then they can be made", urteilt der amerikanische Verleger Stanley Unwin52. Im selben Sinn äußerte sich Univ.-Prof. Dr. Josef Nadler53, indem er die in den inneren Eigenschaften des Werkes begründeten "lawinenartigen Nachhaltigkeitskomponenten" hervorhob. Ein einziger begeisterter Leser kann durch seine Empfehlungen viele sekundäre Leser veranlassen, zu Karl May zu greifen: Ein geschickt



51Was ihm Karl May bedeutete, schildert er in seinem Beitrag zur Festschrift "25 Jahre Karl-May-Verlag", S. 8 ff., und in seiner autobiographischen Darstellung "Mein Leben und Streben" in der Festschrift "50 Jahre Karl-May-Verlag", S. 13 ff.
52Zit. nach Sonja Marjasch, "Der amerikanische Bestseller. Sein Wesen und seine Verbreitung unter besonderer Berücksichtigung der Schweiz". A. Francke A. G., Bern, 1946, S. 46.
53Privatissimum zum Dissertationsthema am 30.3.1951.



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geworfener Schneeball holt eine ganze Lawine vom Dach. In diesem Sinne läßt sich sagen: "Die primären Leser bringen den Bestseller zur Welt, die in riesiger Oberzahl vorhandenen sekundären Leser machen ihn zum Bestseller54."

   Unter den primären Lesern sind naturgemäß die beiden May-Verleger Friedrich Ernst Fehsenfeld und Euchar Schmid von besonderer Bedeutung. Beide waren von Mays Schriften begeistert55. Wichtig waren auch die Empfehlungen von Seiten der Lehrerschaft und der Geistlichkeit56.

   Großväter, Väter, Onkel, andere Verwandte und Be-



54Marjasch, a. a. O., S. 47.
55Fehsenfeld schreibt über seine erste May-Lektüre: "Im Jahre 1891, als jungem Buchhändler, kam mir der 'Deutsche Hausschatz' (Verlag Pustet, damals Regensburg) in die Hände. Ich stieß auf die Erzählung 'Im Schatten des Großherrn' von Karl May. Ich begann zu lesen und kam nicht davon los. Familie, Geschäft, Essen und Trinken, alles vergaß ich! Ich wollte nur wissen, ob der Held entrinnen würde, ich zitterte für ihn und frohlockte, wenn es ihm gelang, sich vor seinen Feinden zu retten oder sie zu überlisten. Untergetaucht in die farbenreiche Phantasie des Erzählers, ritt ich mit ihm und Rih durch die Klüfte des Balkangebirges, durchquerte die Wüste mit all ihren Schrecken und ihrer Großartigkeit. DIESE Erzählungen aus ihrer Zerstückelung in den Zeitschriften herauszuholen, sie in Bücher zu fassen und so der deutschen Jugend und dem ganzen Volk zu schenken, das war ein Gedanke, der mich nicht wieder losließ." Bald darauf reiste Fehsenfeld nach Dresden, May stimmte zu: Fehsenfeld war May-Verleger. (Zit. nach Guenther, a. a. O., S. 9 f.) Siehe auch Guenther: "Karl May und sein Verleger Ernst Fehsenfeld". In: JbKMG 1978, S. 154 ff.
Ähnlich erging es Euchar Schmid. Auch er wurde, im Alter von 9 Jahren, von dem "Hausschatz"-Erzähler gefesselt. (Vgl. Schmid, "Von der anscheinenden Absichtlichkeit im Schicksal des Einzelnen", a. a. O., S. 8 f.)
56"Ganz besonders aber stieg der Absatz", schreibt Fehsenfeld, "als Erzieherkreise, namentlich aus der katholischen Geistlichkeit, Mays Werke empfahlen". Zit. n. Guenther, a. a. O., S. 13. Vgl. auch Otto Rudert, Karl May und die Schülerbüchereien, KMJb 1924, S. 259.



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kannte [Bekannte], manchmal auch Lehrer, schenken oder empfehlen der Jugend Karl May, um ihr das gleiche Vergnügen zu verschaffen, das sie einst bei ihrer eigenen Jugendlektüre hatten. Viel wichtiger noch ist die Propaganda, die die Jugendlichen untereinander treiben. Es gibt Klassen, in denen nur der May-Kenner "salonfähig" ist57. Schon 1906 klagt Heinrich Wolgast: "Augenblicklich hat der schreckliche Karl May . . . die lesewütige Jugend hypnotisiert. Was Wunder, wenn jetzt . . . neben dem echten Karl May schon zwei oder drei unechte in der Kinderliteratur existieren58."

   Der Gedanke, einen May-Band zu schenken, ging, wie die Leser-Statistik lehrt, in 28,3% der erfaßbaren Fälle vom Geber, in 71,7% vom Empfänger aus59.


Als Kaufveranlassungen werden angegeben60:


1918/2021/2526/3031/3536/40
Bekanntschaft durchLeihbücherei5,75,32,83,22,0%
Lesen anderer Bände43,745,134,622,928,0%
Durch Dritte empfohlen8,48,55,66,83,6%
Durch Anzeigen und Prospekte1,91,31,80,71,0%
Buchhändler-Auslage1,71,10,90,7-%
Film, Festspiele, Museum----1,0%
Verwendung als Geschenk38,638,754,365,764,5%



57Gurlitt berichtet von seinem Sohn, "sein bester Freund lieh ihm 'Winnetou', ein Buch, das 'man gelesen haben müßte'". ("Mein Jüngster und Karl May", KMJb 1919, S. 341).
58Heinrich Wolgast, "Vom Kinderbuch. Gesammelte Aufsätze." Leipzig, B. G. Teubner, 1906. Zit. nach Dr. Karl Wilker, "Karl May, ein Volkserzieher? Eine dringende Abwehr zum Schutze unserer Jugend gegen die Verherrlichung Mays". Hermann Beyer u. Söhne, Langensalza, 1910, S. 37.
59 und 60Horst Kliemann, "Die Käufer und Leser Karl Mays". "Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel", Nr. 275/276 v. 25.11.1941



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   Die Übersicht bestätigt, was in diesem Kapitel dargestellt wurde: daß der Anstoß von außen, aktive und passive Reklame, erheblich zur Massenwirkung Karl Mays beigetragen hat und beiträgt. Der hohe Prozentsatz des Einkaufes nach Lesen anderer May-Bände und zur Verwendung als Geschenk warnt aber auch davor, in den äußeren Gründen das einzige Geheimnis des Erfolges zu erblicken. Nie wären May-Bücher in diesem Ausmaß geschenkt worden, wenn die Geber nicht erwartet hätten, damit Freude auszulösen; nie hätten sich die Empfänger die "grünen Bände" gewünscht, wenn sie nicht überzeugt gewesen wären, bei der Lektüre auf ihre Rechnung zu kommen. Schließlich hätten die Leser nach der ersten May-Bekanntschaft kaum zu einem weiteren Band gegriffen, wenn der Genuß der Lektüre nicht ihren Bedürfnissen entsprochen hätte.

   Auch die raffinierteste Reklame hätte den einmal angelockten Leser nicht davon abgehalten, das Buch bei Nichtgefallen beiseite zu schieben und einen besseren Schriftsteller zu suchen. An den May-Bänden muß nicht nur "etwas dran sein", sie müssen es auch "in sich haben". Es muß an ihren inneren Eigenschaften liegen, daß sie solch riesige Erfolge erzielen. Der Untersuchung dieser Eigenschaften, der inneren Erfolgsgründe, sind die folgenden Kapitel gewidmet.




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