Als ich vor einem Vierteljahrhundert meine Untersuchung der Erfolgsgründe Karl Mays abschloß, tat ich dies mit den Worten: "Möge die Arbeit willkommen sein als Beitrag zur reicheren Ausgestaltung der Leserpsychologie. Vielleicht vermag sie auch anzuregen zur wünschenswerten Untersuchung anderer Bestseller."
Inzwischen sind diese Wünsche in einem damals kaum vermutbaren Ausmaß in Erfüllung gegangen. Wie in der folgenden Einleitung genauer darzustellen sein wird, haben Leserpsychologie und Bestsellerforschung, und besonders die Karl-May-Forschung, eine aspektreich verästelte Ausgestaltung erfahren. Dies war für die vorliegende Neuauflage zu berücksichtigen. Sie wurde durch Streichung bzw. Ersetzung überholter Passagen, Neuformulierung verbesserungsbedürftiger Abschnitte, Mitteilung und - soweit im Rahmen dieser Arbeit sinnvoll - Diskussion neuer Fakten, Hypothesen und Behauptungen auf den derzeitigen Stand gebracht.
Unverändert blieb das Grundkonzept der Arbeit, ausgehend von der Frage, wieweit und inwiefern Gegebenheiten und Begleitumstände des Textes mit den Bedürfnisstrukturen der Leser korrelieren, und hinführend zu der Antwort, daß sich der Erfolg Karl Mays nicht auf eine simple Formel reduzieren läßt, sondern daß dieser Erfolg als die Resultante vieler und verschiedener Vektoren auf den Ebenen der Autormotivation und -phantasie, der Produktions- und Distributionszwänge und -möglich-
keiten [-möglichkeiten], der benützten literarischen Formen und Vorlagen, schließlich der geschichtlich bedingten schichtspezifischen und individualpsychischen Leserwünsche und -bedürfnisse aufzufassen ist. In dieser Hinsicht könnte die Neuauflage des Werkes einen Wink bedeuten für jeden, der vermeint, das Geheimnis des Erfolgs enthüllt zu haben, obwohl doch schon der Widerspruch zu anderen Reduktionisten der Erfolgsgründe zu denken geben sollte.
Die Neuauflage meiner Dissertation weckt in mir Erinnerung und Dank an meine Ratgeber, von denen ich stellvertretend wenigstens den Menschen nenne, ohne dessen wohlbestelltes, weitgeöffnetes Karl-May-Archiv und ohne dessen kenntnisreiche Begeisterung dieses Werk gar nicht hätte zustande kommen können: Dipl.-Ing. Ludwig Patsch, dem zu früh Verstorbenen, ein herzliches Dankeschön! Dr. Viktor Böhm
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