Winnetous Erben und die Bearbeitung von Texten

von Rolf Kamradek

Erfreulicherweise hat Herr Klaus Eggers zu meiner Rezension über Winnetous Erben Stellung genommen. So kommt Leben in die KMG-Webseite.

Als Literaturwissenschaftler wünscht Herr Eggers natürlich, dass allen Stellungsnahmen zu Karl May die Historisch-kritische Ausgabe zugrunde liegt. Verständlich, wenn man sein Beispiel der Textverfälschungen in der von ihm angeführten Frühstücksszene in Winnetous Erben sieht.

Aber die grünen Bände sind nun mal da, werden gelesen und wer sie besitzt, wird sich auch ihrer bedienen, wie auch der vielen populären Bücher, die durch Bearbeitungen ihr Jahrhundert überlebt haben: Robinson, Lederstrumpf, Sigismund Rüstig, Die drei Musketiere, Die Schatzinsel, Steubens Tecumseh, Huckleberry Finn, Simplicissimus usw. usw. Auch auf unserer besagten Website wird ein Winnetou für Kinder angeboten und sogar in Herrn Biermanns Leitartikel „In eigener Sache“, in Nr. 205 der letzten Mitteilungen der KMG, wird erwogen die „N-Frage“ in Karl Mays Bänden zu überdenken, ein sehr problematischer Eingriff, da gerade May die Bezeichnung „Neger“ ausdrücklich gegen den negativen „Nigger“ abgrenzt. (Old Surehand I, Bamberger Ausgabe 1949, S. 199/200)

Schlimm sind Bearbeitungen natürlich dann, wenn Inhalt und Aussage des Autors verfälscht werden.

Ich glaube aber, dass auch in der Bamberger Ausgabe von „Winnetous Erben“, der von Karl May geforderte Aufstieg der Indianer zum Edelmenschen nur durch Zusammenschluss aller Völker und Rassen deutlich erkennbar wird. Er wird symbolisiert durch die Beteiligung des Bleichgesichtes Old Shatterhand. Dies kommt auch in meiner Rezension zum Ausdruck.

Im Gegensatz hierzu streben die feindlichen Sioux diesen Aufschwung unter Ausschluss der Weißen und deren Freunde, der Apatschen, an, ganz im Sinne des von Karl May kritisierten und von Herrn Eggers zitierten namhaften Universitätsprofessors, der die Entwicklung rein völkerschaftlicher Individualitäten fordert.

Nach oben scrollen