Neuntes Kapitel

Im Lager der Flüchtlinge ging es still zu. Puck schlief nach den übermäßigen Anstrengungen der letzten Tage, und der Trapper saß in seiner Nähe, nachdenklich vor sich hinblickend und dann und wann einen liebevollen Blick auf den mißgestalteten Pflegesohn richtend.
    Bill Stone hatte sich unweit niedergestreckt und schnitzte sorglos mit seinem Messer an einem Stück Holz herum. Walker und Paul überwachten auf gelegentlichen Rundgängen die Prairie.
    Der nachdenkliche Trapper rief Bill Stone an: "Geh, mein Junge, und hole mir einmal den Sam Walker her, wir müssen eine Art Kriegsrat halten und überlegen, wie wir uns aus der Schlinge ziehen, und Sam ist ein erfahrener Prairiemann."
    "Well, Sir, sollt ihn gleich hier haben." Er ging und kehrte bald mit dem Büffeljäger zurück.
    "Setzt euch, Walker; wir müssen den Fall besprechen."
    Walker setzte sich; auch Bill nahm Platz.
    "Müssen beratschlagen, was zu thun ist, sind in einer nicht ungefährlichen Klemme. Was mein ihr, Sam Walker?"
    "Nach dem, was ich von euch, Grizzly, und dem jungen Kaw gehört habe, denke ich, ist das beste, wir brechen, so bald es dunkel ist, nach Süden auf."
    "Gut, ist eure Meinung, Sir. Haben im Süden den Verdigris. Wenn wir den mit seinen Felshöhlen erreichen, sind wir einstweilen sicher, ist für Pferde nur viel weiter oben zu überschreiten. Könnten in der Nacht, da nicht immer die Sterne sichtbar werden, nur auf gut Glück die Richtung nach Süden einhalten, weiß nur so viel, daß wir im Süden den Verdigris vor uns haben und im Westen den Arkansas. Nun, sagt der Kaw, und ich glaube nicht, daß der Bursche lügt, daß die Krieger seines Volkes von Süden kommen, könnten ihnen leicht in den Rachen laufen."
    "Stimmt, Grizzly, könnte so kommen."
    "Will euch sagen, wie die Sache stehen wird. Die Sioux sind die unvergleich mächtigste Nation im Nordwesten; stellen leicht sieben- bis achttausend Reiter ins Feld. Glaube nicht, daß die Regierung immer glimpflich mit den Leuten verfahren ist; na, gleichviel aus welcher Ursache, sie brechen wieder einmal den Frieden und stürmen auf den oberen Missouri los. Sie haben, wie ich erfuhr, mit den Kiowas und Kaws am Pigfelsen ein Bündnis geschlossen, obgleich dies höchstens den Zweck haben kann, sich vor einem Flankenangriff der Cheyennes zu schützen, denn diese halten zu uns. Daß die Kiowas auf ein Bündnis eingegangen sind, welches ihnen nur wenig Vorteil bringen kann, ist schwer begreiflich, und ich glaube nicht, daß der frühere Häuptling dieses Stammes, der bedächtige Mangana, sich dazu entschlossen hätte. Doch der jetzt an der Spitze stehende, Krähenfeder, hat sicher die Gelegenheit ergriffen, um den verhaßten Cheyennes einen Schlag beizubringen und - sein Mütchen an mir zu kühlen, von dem er vor einigen Jahren so blutige Hiebe bekommen hat. Der Mann wird jetzt, wo ich ihm unter solchen Umständen entwischt bin, außer sich vor Wut sein, und Sioux Sioux sein lassen, nur um mich in seine Gewalt zu bekommen. Ich bin überzeugt, er stößt zu diesem Zwecke mit seiner ganzen Macht nach Süden. Nun haben wir noch die Cheyennes. Was diese vorhaben, weiß ich nicht, daß sie sich wehren werden, ist unfraglich, und wenn sie ihre Krieger zusammenhaben, dürften sie leicht tausend Krieger und mehr ins Feld stellen können. Der Kaw sagte, sie ständen im Osten, was auch wahrscheinlich ist, da sie da über den Verdigris wechseln können. Das wäre so unsre Lage, wobei nicht ausgeschlossen ist, daß jeden Augenblick eine Bande Kiowas oder Kaws auf uns einbrechen kann."
    Sam Walker wiegte nachdenklich das Haupt: "Ist ne schlimme Sache, sind da in einen Indianerkrieg geraten, ohne eine Ahnung der Gefahr."
    "War gerade so mit mir, Sir", sagte Bill Stone; "bin ein friedlicher Mann und ging ruhig meinem Gewerbe nach, war gut Freund mit all den roten Gentlemen, bin auch in den Krieg gekommen, weiß nicht wie."
    "Durch euer gutes Herz, Stone", sagte der Trapper und reichte ihm die Hand. "Durch euer dankbares, tapferes Herz -"
    "Bin nun einmal drin, ist ein Fakt. Habe mein ganzes Eigentum eingebüßt, wird mir freilich ersetzt, ist auch ein Fakt. Bin ein friedlicher Mann, aber erstens bin ich dankbar für empfangene Wohlthaten, und wenn mir eine Rothaut ans Leben will, wehre ich mich, ist so meine Meinung."
    Puck, in dessen Nähe die Beratung stattfand, war erwacht, hatte still zugehört und richtete jetzt den Blick der schönen großen Augen auf seinen Oheim.
    "Was meinst du, Puck, was wir thun sollen?" fragte ihn der Trapper.
    "Ich will dir sagen, Oheim, wir müssen die Cheyennes aufsuchen; ich will, sobald es dunkel ist, nach Osten reiten und nach ihnen umschauen. Hoffentlich finde ich sie und bringe sie hierher."
    "Gut, Kind, das ist nicht übel, beruht unsre Hoffnung doch nur auf den Cheyennes."
    Die Aufmerksamkeit der Männer wurde durch ein Rauschen der Zweige in dem Gebüsche, wo die Pferde standen, erregt, und lauschend erhoben sich alle und griffen nach den Waffen. Das geübtere Ohr hörte Pferdehufe aufschlagen.
    "Was ist das?"
    Gleich darauf krachte vom Rande des Gehölzes, nach Osten zu, ein Schuß.
    Alle eilten nach der Gegend, von wo der Schuß gefallen war.
    Als der Trapper und seine Begleiter an den Rand des Gehölzes gelangten, fanden sie Paul, der mit einem Ausdruck des Schreckens auf den davonjagenden Indianer deutete. "Ich habe ihn gefehlt, Oheim."
    "Ist es der Gefangene?"
    "Ja. Ich war so überrascht, als ich ihn in die Prairie reiten sah, daß ich fehlschoß."
    "Ich will ihn wieder holen", sagte Puck.
    "Laß es gut sein, Kind, er hat bereits großen Vorsprung und würde dich in einen Hinterhalt locken, laß ihn laufen; wir müssen zusammen bleiben. Der Bursche war doch geschickter, als ich vermutete."
    Der Kaw hatte sich, während die Männer berieten und Paul die Prairie überwachte, mit großer Geschicklichkeit seiner Bande entledigt, sich seines Pferdes bemächtigt und war davongesprengt.
    "Trifft er auf seine Mordbande, haben wir sie heute noch hier. Die Gefahr rückt näher, Walker; jetzt wo dieser Rote in der Steppe ist, müssen wir uns zur Verteidigung anschicken. Habt ihr eine Axt mit?"
    "Ist da, Grizzly."
    "Vorwärts dann, wir müssen Bäume fällen und einen Verhau machen; werden die Roten heute noch auf dem Halse haben."
    Der Trapper nahm die Axt und brachte mit gewaltigen Hieben Baum nach Baum mit einer Geschicklichkeit zu Fall, die sie genau an die gewünschte Stelle auf dem Erdboden gelangen ließ. Ihm folgten hierin mit gleicher Fertigkeit, wenn auch nicht mit gleicher Kraft, Walker und Bill. Puck hieb mit seinem Tomahawk Äste und Zweige ab, und ehe eine Stunde vergangen, war eine respektable Verschanzung hergestellt, mit Raum genug in deren Innern, um auch die Pferde und Maultiere dort unterbringen zu können.
    "So", sagte der Trapper, als die Riesenarbeit vollendet war, "ist nicht viel, aber doch etwas."
    Alle sahen dann nach ihren Büchsen, nach ihrem Pulver und Kugelvorrat.
    Während all dieser Vorgänge hatte Paul am Saume des Gehölzes Wache gehalten. Puck gesellte sich zu ihm. Paul, welcher erkennen mußte, wie nahe seine erfahrenen Begleiter die Gefahr glaubten, war ernst. "Du dich fürchten, Junge?" fragte ihn Puck.
    "Nein, das nicht, ich fürchte mich nicht und werde meine Pflicht thun, aber ich kann nicht umhin, daran zu denken, daß die Gefahren, welche uns bedrohen, wachsen, statt sich zu vermindern."
    "Nun", meinte Puck, "ich denke, in der Höhle am Ohsonta war die Gefahr groß genug für dich."
    "Du sagst wahr, doch ich war in furchtbarer Aufregung, und dachte gar nicht an das, was uns bedrohte."
    "So recht, mußt nicht denken. Nichts geschieht ohne Gottes Willen, nicht wahr?"
    "Gewiß nicht."
    "Nun, siehst du. Ich fürchte nie für mich, nur für den alten Mann, und wenn ich bete, bete ich immer zuerst für ihn." Er richtete den Blick in die Weite und tauchte ihn in das blau sich über der Steppe ausspannende Himmelszelt. Er stand so längere Zeit in Gedanken verloren. Dann äußerte er: "Im Himmel sehen sich die wieder, die hier unten zusammengelebt haben. Paul, so glaubst du auch?"
    "Ja, so glaube ich."
    "Es ist gut, es ist gut", sagte träumerisch der Zwerg mit weicher Stimme.
    Während er noch sinnend so stand und in die Ferne blickte, traf sein Falkenauge auf einen Gegenstand, der sofort seine gespannte Aufmerksamkeit wachrief. "Sieh dort, Paul", und er deutete mit der Hand nach dem Horizont. Ohne die Antwort abzuwarten, erkletterte er einen Baum, um weiteren Ausblick zu haben. Nach kurzer Zeit rief sein Adlerschrei den Trapper herbei, dem Walker und Stone folgten.
    "Kommen Sie, Puck?"
    "Genau kann ich noch nicht erkennen, was dort vorgeht, mir scheinen Verfolgte und Verfolger durch die Prairie zu jagen."
    "Gebt mir einmal euer Glas, Stone", sagte der Alte und stieg mit diesem in die Äste des nächsten Baumes.
    Lange richtete er sein Glas in die Prairie hinaus, dann sagte er: "Es sind Weiße, die dort von einer Schar Wilder gejagt werden."
    "Welche Richtung halten sie, Grizzly?"
    "Sie kommen hierher", entgegnete er sehr ernst.
    Er kam vom Baume herab, und jetzt konnten auch die andern unten bereits gewahren, daß Reiter in wilder Flucht durch die Steppe setzten. Bald erschienen sie für einen Augenblick auf dem Rücken einer Erdwelle, um dann wieder zu verschwinden. Die folgende Bodenanschwellung zeigte sie dem Blick dann in geringerer Entfernung. Bald erkannten die geübten Augen der Männer, daß fünf Reiter von einer großen Schar Indianer verfolgt wurden, und daß die Flüchtigen auf das Gehölz zujagten.
    "Bei Gott", sagte leise der Trapper, "sie bringen uns den Feind hierher."
    Immer näher kamen die Gejagten, die augenscheinlich Rettung unter den Bäumen suchten, welche den Trapper und seine Gefährten bargen.
    Bald erkannte auch das unbewaffnete Auge, daß die Verfolgten Weiße waren.
    Kaum mehr als tausend Schritte entfernt, nahmen sie zum Erstaunen der erregten Zuschauer eine Änderung in der Richtung vor, welche sie an dem Gehölz vorbeiführen mußte, statt in dessen Schatten.
    Ein Blick nach rechts klärte die Männer über die Ursache dieser Bewegung auf, denn auch von der Seite stürmte, wie sie jetzt erst gewahrten, eine Schar Wilder auf eilenden Rossen heran und drohte den Verfolgten den Weg abzuschneiden. An ihr Entrinnen war unter diesen Umständen nicht zu denken.
    "Gleich schießen, Oheim", sagte Puck.
    "Nein, Junge, nein", entgegnete der Trapper traurig, "es darf nicht sein, wir können die nicht retten, und sind selbst mit ihnen verloren."
    Paul, welcher sich einen Augenblick des Glases des Büchsenmachers bedient hatte, schrie laut auf: "Gott, Gott, Oheim - dort reitet mein alter Brown, der Freund meines Vaters, er sucht mich. Rette, Oheim, rette."
    In fast ebenso großer Erregung, wie der Knabe, schrie der Trapper: "Feuert auf die Hunde!"
    Vier Schüsse krachten, vier Sättel in der Schar der von der Seite kommenden Indianer wurden leer.
    "Hierher!" schrieen der Trapper und Paul mit aller Kraft den Verfolgten zu, welche fast am Gehölz vorbei waren. Die Indianer stutzten und hielten an bei diesem überraschenden Feuer. Auch die Flüchtlinge zügelten ihre Pferde und lenkten sie dann um, nach dem Holze zu. Als die Indianer eine Bewegung machten, zu folgen, schossen Puck und der Alte den zweiten Lauf ihrer Doppelbüchsen ab, und wiederum stürzten zwei der Roten vom Pferde.
    Da wandten die Indianer um und jagten zurück, um aus der Schußweite zu kommen. Auch der Haufe, welcher zuerst erblickt war, hielt angesichts des verderblichen Feuers in gemessener Entfernung an.
    Die Verfolgten aber sprengten heran und waren bald dicht vor den Büschen, aus welchen die rettenden Schüsse fielen.
    "Das war Rettung in der Not", sagte der erste, ein Cowboy, und sprang vom Pferde.
    Paul aber stürzte hervor, auf den Mann mit dem weißen Haar, der sich vor Erschöpfung kaum noch auf dem Pferde halten konnte, zu: "Brown! Brown! Lieber, alter Brown!"
    "O, Jesus Christ!" sagte der Greis und wurde bleich, "- o - o - das Kind, das Kind!"
    Aber schon war Paul an seiner Seite und half ihm aus dem Sattel und umarmte und liebkoste ihn: "Brown, lieber, alter Brown!"
    Der alte Mann konnte nicht sprechen, so sehr war er erschüttert von diesem unerwarteten Wiedersehen; er faltete die Hände, und seine Lippen bewegten sich. Dann aber nahm er Paul in die Arme: "Kind, Kind - Gott sei Dank, du lebst - lebst, o, Kind, Kind!"
    Alle sahen trotz des furchtbaren Ernstes der Lage nicht ohne Bewegung diesem Wiedersehen zu, aber am tiefsten war der Trapper erregt.
    Walker unterbrach die augenblickliche Stille mit den Worten: "Herein, Gentlemen, und die Büchsen fertig, sie werden gleich herankommen, die Roten."
    Dies rief allen die Nähe der Gefahr zurück. Nathan Wild, der Cowboy, die drei Arkansasmänner aus Garfield, Brown, seinen Liebling im Arm, traten unter die Büsche und zogen die Pferde nach. Der Trapper, welcher seiner Erregung Meister geworden war, sagte: "Hinüber, Puck, auf die andre Seite, daß sie uns nicht überraschen; ich bleibe hier." Puck ging. "Bindet ihre Pferde an, Walker", fuhr der Alte fort, und der Büffeljäger that es. Die beiden Indianertrupps hatten sich während dessen in einen starken Haufen zusammengezogen, hielten ruhig in einiger Entfernung, und berieten wohl, wie sie angreifen sollten.
    Der Cowboy, Nathan Wild, ging auf den Trapper zu und sagte: "Denke, kennt mich, Grizzly?"
    "Gut genug, Nathan, freue mich, euch zu sehen."
    "War hohe Zeit, daß ihr eure Büchse knallen ließt, wären jetzt bereits skalpiert. Sagt, was geht vor in der Steppe?"
    "Indianerkrieg, Mann; sind die Roten am Werke. Waren die höllischen Sioux, welche die Stämme hier aufgehetzt haben."
    "Gut, daß ich meine Herden nach Osten geschickt, würden den Herren willkommen sein." Nach einer Weile fuhr er fort: "Habt den jungen Osborne gefunden?"
    "Ist so, fand das junge Blut in der Steppe."
    "Hm."
    "Und wie kommt ihr, Nathan, mit dem alten Brown hierher?"
    "Suchten den Jungen, der Brown wollte ihn tot oder lebendig haben. Hatte mein Boy Paul reiten sehen mit zwei Banditen. Ist ein Wunder, Grizzly, daß wir ihn hier gefunden, sage euch, ist ein Wunder."
    Der Trapper nickte ernsthaft: "Weiß seine Stunde zu wählen, der oben."
    "Wollten schon umkehren, hatten die Banditen gejagt, na, Brown wird euch alles erzählen, als diese Bande Kaws uns in den Weg kam und uns nach Norden trieb, hierher zu dem Jungen. Sage, ist ein Wunder."
    Der alte Hüne war sehr nachdenklich und sah vor sich hin.
    "Habe da drei brave Arkansasmänner bei mir, schlossen sich uns in Garfield an, können froh sein, daß wir deren Büchsen haben, denke, wird ein hartes Stück Arbeit geben."
    Wieder nickte der Trapper.
    "Habe gesehen, habt ein Verhau gemacht, ist gut."
    Während dies am Rande des Gehölzes vorging, hatte Paul dem alten Freunde in fliegender Eile seine Abenteuer erzählt, Brown dagegen ihm mitgeteilt, wie es ihm keine Ruhe gelassen, ihn tot oder lebendig aufzufinden.
    "Und mein Oheim James, Brown?"
    Der alte Mann wollte nicht Gift in den Becher der Freude gießen, das jugendliche Gemüt Pauls nicht ohne dringende Not verbittern, und entgegnete nur: "Er ist zurückgekommen und wohl."
    "Nun, Gott sei Dank, ich fürchtete, ihm sei ein Unheil widerfahren. Aber was, was, Brown, konnte die Veranlassung sein, daß diese entsetzlichen Menschen mich in die Wüste führten und dem Tode preisgaben?"
    "Wird alles sich aufklären, Kind, wenn wir erst wieder zu Hause sind." In der Freude dieses so unverhofften Wiedersehens hatte er der sie bedrohenden Gefahr vergessen, jetzt stand sie wieder vor seiner Seele, und mit einem tiefen Seufzer setzte er hinzu: "Wenn wir die Heimat überhaupt wiedersehen?"
    Doch zuversichtlich sagte Paul: "Du hast die größten Krieger der Steppe um dich, Brown, sei unbesorgt."
    "Ich muß nun deinem Retter die Hand drücken, Paul, führe mich zu ihm. Der Jüngling geleitete ihn durch die Büsche zu dem Trapper.
    Als er vor ihm stand, sagte Brown: "Habt unser Kind gerettet, Sir, möchte euch die Hand schütteln."
    Der Alte reichte sie ihm auch, schaute aber dabei in die Steppe hinaus: "Habe nicht viel gethan, Sir, war nur das Werkzeug seiner Rettung."
    Brown hörte kaum, was er sagte, er sah mit auffallender Überraschung in sein Gesicht, der Trapper fuhr aber in etwas rauhem Tone fort: "Werden gleich kommen, die Kaws, ist Zeit, nach den Büchsen zu sehen", und trat in die Büsche zurück.
    Brown sah ihm nach und fragte Paul leise: "Wie heißt der Mann?"
    "Man nennt ihn den Grauen Bären, hier in der Prairie; seinen wirklichen Namen weiß ich nicht."
    "Sonderbar", murmelte Brown, "sonderbar."
    Der Trapper aber rief alle Männer zusammen. Es waren, ihn einbegriffen, zehn Mann zum Kampfe bereit.
    "Könnt ihr eine Büchse abfeuern, Sir?" fragte der Trapper Brown.
    "Denke, Sir, wird noch gehen", entgegnete dieser mit auffälliger Aufmerksamkeit in des Trappers Gesicht schauend.
    "Wohl. Puck, geh mit Mister Brown, Paul, Nathan Wild und einem von euch, ihr Arkansasburschen, hinüber und schaut nach Norden und Osten aus. Walker, Bill Stone und ihr zwei Jungen", er meinte die beiden andern Arkansasmänner, welche mit Brown von Garfield aufgebrochen waren, "bleibt bei mir. Schaut euch um, das Gewürm wird kriechend kommen. Sobald ihr den Adler schreien hört, lauft alle zurück ins Verhau. Schießt langsam und verschwendet kein Pulver."
    Puck, dessen groteskes Äußere in andrer Lage noch mehr Aufmerksamkeit erregt haben würde, als es trotzdem machte, sagte: "Ich möchte bei dir fechten, Oheim."
    "Nein, Junge, mußt mir den Rücken decken, bist mehr wert, als zehn Wilde. Geh."
    Gehorsam ging Puck mit den ihm beigegebenen Waffengefährten.
    "Sucht Deckung, Männer", sagte der Alte zu denen, die bei ihm waren, "und haltet die Augen offen."
    Die Arkansasmänner, Bill und Walker nahmen geschützte Stellungen ein.
    Die Indianer, welche wohl an hundert Mann stark waren, hatten sich in einen weiten Kreis auseinandergezogen, und umgaben so das ganze Gehölz. Mit einemal waren sie sämtlich verschwunden und nur die Pferde noch zu erblicken.
    Ein Teil der Rosse setzte sich jetzt in Bewegung und begann im Galopp von rechts nach links das Gehölz zu umkreisen.
    "Sie hängen auf der Seite der Rosse, die Burschen, und wollen uns mit ihrem Feuer verblüffen, während die andern im Grase heranschleichen", sagte der Trapper zu Walker. "Glauben Kinder vor sich zu haben, statt des Grauen Bären und seines Medizinmannes."
    Wohl zwanzig Pferde, deren Reiter nicht zu erblicken waren, jagten hintereinander am Gehölz vorbei. Plötzlich entluden sich, ohne daß die Tiere ihre Gangart mäßigten, Büchsen, welche vor der Brust der Rosse abgefeuert wurden, und einige Kugeln sausten in die Bäume, zu unsicher gezielt, um gefährlich werden zu können.
    "Wollen ihnen doch ein wenig den Spaß verderben, Walker, können ja rasch genug wieder laden, nehmt ihr den Schimmel dort, ich nehme den Fuchs dahinter. Haltet auf den Hals."
    Sie hoben die Büchsen, zwei Schüsse krachten, und die durch den Hals getroffenen Pferde stiegen hoch an, um dann in die Knie zu sinken und sich umzulegen.
    Von den Reitern war auch hierbei fast nichts zu gewahren. Diese sichern Treffer veranlaßten die Indianer, aus der Nähe solch gefährlicher Büchsen hinwegzugaloppieren.
    "Gebt acht!" rief der Trapper seinen Begleitern zu, "werden gleich kommen."
    "Wollen schon aufpassen, alter Grizzly", sagte Bill Stone.
    Der Alte ließ dann einen weithin hallenden Pfiff ertönen, der Puck zur Vorsicht gemahnen sollte; die Antwort sagte ihm, daß er gehört und verstanden worden sei.
    Die Indianer begannen von neuem, Reiter, welche sich, an der Seite des Pferdes hängend, vor Schüssen deckten, kreisen zu lassen, und wiederum begannen diese zu schießen.
    "Schaut auf die Prairie, Leute!" mahnte der Trapper. Sein immer noch scharfes Auge erhaschte eine Bewegung im hohen Grase, er riß die schwere Büchse an die Wange, schoß, und mit gellendem Schrei sprang ein Indianer empor, um dann auf das Gesicht niederzustürzen.
    Walker schoß mit gleichem Erfolge.
    Auch auf Pucks Seite knallten die Büchsen.
    Mit gellendem Heho sprangen jetzt gleichzeitig an zwanzig bemalte Krieger aus dem Grase auf, Bill Stone, die Arkansasmänner, wackere Burschen, schossen und trafen.
    Aber auch die Indianer schossen, wenn auch in Aufregung und Eile zu hoch zielend, und stürzten dann vor. Ein Schuß des Trappers brachte den Vordersten zu Fall. Doch unaufhaltsam drangen die Kaws heran, und die Männer hatten keine geladenen Gewehre mehr.
    Der Trapper legte die Hand an den Mund und ließ den hellen Schrei des Adlers hören.
    "Zurück, alle ins Verhau."
    Sie gingen zurück, der Alte war der letzte.
    Die Männer hatten ihre Messer gezogen und gingen, langsam sich durch die Büsche windend und die Bäume als Deckung benutzend, zurück.
    Hastig drängten die Indianer, die zum Glück hier im dichten Buschwerk ihre Büchsen nicht brauchen konnten, nach.
    Wiederum ein Adlerschrei des Trappers, der von Puck beantwortet wurde.
    Neben dem Trapper, der sich trotzig wie ein Löwe zurückzog, tauchte ein Indianer auf; ein blitzschnell geführter Faustschlag warf ihn nieder. Einen zweiten traf ein so furchtbarer Stoß des Büchsenlaufes vor die Brust, daß er heulend zusammenbrach. Die Büsche wimmelten von Indianern. Walker, die Arkansasmänner, Bill Stone fochten mit Messer und Büchsenkolben, todverachtend. Einer Meute Bluthunde gleich, stürzten vier Indianer zugleich auf den Trapper, Messer und Tomahawk schwingend, los. Aber der furchtbare Mann, dessen Riesenkraft der Zorn verdoppelte, faßte den ersten am Handgelenk, ein Ruck, und schlaff hing der Arm hernieder, und der Tomahawk entfiel der Hand. Die Büchse fallen lassend, faßte Grizzly den Wilden, hob ihn empor, und schleuderte ihn mit solch furchtbarer Gewalt auf die Nachdrängenden, daß alle drei sich in Schmerzenszuckungen am Boden wanden, der vierte entwich. Rasch sprang der Trapper zurück und vereinte sich mit seinen Freunden, schon erreichten sie den Eingang des Verhaus.
    "Damned your eyes!" brüllte Bill Stone, und ein Kolbenschlag seiner schweren Büchse zerschmetterte einen Schädel.
    Auch von der andern Seite krachten Schüsse, die nur von Indianern abgefeuert sein konnten, da auch gewiß Puck und seine Genossen sich verschossen hatten. Wären die Indianer weniger erpicht darauf gewesen, Gefangene zu machen, wären der Trapper und die andern verloren gewesen. Bill wälzte sich mit einem Kaw in wütendem Ringen am Boden.
    Wieder drangen auf Grizzly zwei grimmig dreinschauende Krieger ein, und diesmal wäre er überwältigt worden, denn er schien erschöpft zu sein, als gleich einem springenden Panther Puck vor seinem Oheim erschien und mit einem Ruf von furchtbarer Gewalt: "Hier der Medizinmann!" mit Bewegungen, dem Blitze gleich, zweimal sein Messer denen, welche den Trapper so nahe bedrohten, in die Brust bohrte.
    Vor dem furchtbaren Äußern des Zwerges, seinen wutfunkelnden Augen, seiner Löwenstimme, bebten die andern Indianer zurück.
    Der gewaltige Widerstand, welchen die Indianer gefunden, der Tod der Ihren, das Erscheinen des furchtbaren Medizinmannes, war zu viel für die Angreifer, und in unüberwindlichem Entsetzen stürzten sie davon.
    "Laden!" kommandierte kaltblütig der Trapper, und mit großer Schnelligkeit luden alle die Waffen, er selbst mühsam, nur allein mit der rechten Hand.
    Brown und Paul waren von Puck, ehe er dem Trapper zu Hilfe kam, in den Verhau gestoßen worden.
    "Vorwärts! Nach!" rief der Trapper, "sonst haben wir sie gleich wieder hier", und ging nach dem Rande des Gehölzes zu.
    Puck und seine Begleiter thaten das gleiche.
    Nur Bill Stone, welcher mit dem starken und gewandten Kawkrieger am Boden gerungen hatte, blieb noch zurück.
    "O nein, Bursche, so geht das nicht", schrie er den von seinen Faustschlägen schon betäubten und regungslosen Wilden an. "Du willst ehrliche Leute, welche dir nie etwas zuleide gethan haben, morden? O, warte du Strolch, du! Bin ein friedlicher Mann, aber muß es sein, wehre ich mich." Und er führte von neuem einen furchtbaren Faustschlag nach des Wilden Kopf, lud dann seine Büchse, fortwährend scheltend und dazwischen versichernd, er sei ein friedlicher Mann, und lief ebenfalls nach dem Rande des Gehölzes, von woher die Schüsse krachten.
    Doch hier, wie auf Pucks Seite, wurden nur flüchtige Wilde gesehen; die Niederlage der Kaws war vollständig, und die ihnen nachgefeuerten Schüsse sollten nur dazu dienen, zu zeigen, daß man zu neuem Kampfe bereit sei.
    Aber die eingeschüchterten Wilden, welche so große Verluste hatten, dachten nicht daran, den Kampf zu erneuern.
    Als der Trapper sich hiervon überzeugt hatte, ersuchte er einen der Arkansasmänner, die Prairie zu bewachen und ging langsam mit Walker und Stone zum Verhau zurück. Hier begegnete ihm schon Puck, der in gleicher Weise und aus gleichem Grunde die fliehenden Feinde beschossen hatte.
    Erschreckt schaute er auf seinen väterlichen Freund, von dessen linker Schulter Blut träufelte: "Der Oheim ist verwundet?"
    "Pah, ein Loch in der Schulter, Junge, macht nichts."
    "Um Gott, Oheim, laß mich dich gleich verbinden."
    "Ja, ja, eine Hand voll Blätter wird's thun."
    Wie es sich jetzt zeigte, waren fast alle, mit Ausnahme von Brown, leicht verwundet. Paul hatte einen Streifschuß bekommen, der ihm die Haut der Wange aufgerissen hatte, doch war die Wunde schon verharscht, und auch Puck war zweimal von Kugeln gestreift worden, doch hatte er schnell Mimosenblätter gekaut und als Heilmittel aufgelegt und schien durch die empfangenen Verletzungen weder in seinen Bewegungen noch in seiner Laune beeinträchtigt zu sein. Der Oheim war nicht in Gefahr, und das machte den Zwerg glücklich, an weiteres dachte er nicht.
    Paul hatte tapfer an Pucks und Browns Seite gekämpft. Alle waren beschäftigt, ihre Wunden zu verbinden. Der Graue Bär aber saß gelassen auf einem Baumstamm und rauchte.
    Brown saß auf einem Baumstamm neben Paul Osborne und verwandte kein Auge von dem Trapper. Dann und wann wechselte er wohl wenige Worte mit dem Jüngling, aber sein Blick kehrte stets zu Grizzlys athletischer Gestalt und dessen ausdrucksvollem Gesicht zurück.
    Walker und Nathan Wild setzten sich zu dem Trapper.
    "Was werden wir beginnen, Grizzly?" fragte der Westmann.
    "Schwer zu sagen: die Kaws werden uns Tag und Nacht so dicht umstellen, daß auch nicht eine Maus hinaus kann, und mehr als wahrscheinlich ist es, daß sie die Dunkelheit benützen werden, sich heranzuschleichen, und dann sind wir verloren. Wir können nicht gegen sechzig rote Teufel Leib an Leib kämpfen."
    "Wie wär's, Oheim", sagte Puck, der bescheiden hinter dem Trapper stand, "wenn wir, statt uns überfallen zu lassen, sie selbst überfielen, sobald die Nacht hereingebrochen ist?"
    Erstaunt über diesen kühnen Vorschlag, sahen Nathan und Walker den verwachsenen Mann an, der Trapper aber lachte, streichelte ihm den buschigen Kopf und sagte: "Sieht ihm ähnlich, meinem Medizinmann, birgt die Steppe kein furchtloseres Herz, als das, welches in dieser Brust schlägt, Gentlemen. Wird nicht gehen, Junge; wir sind zu wenig, wissen das die Roten. Wir schießen vielleicht einige tot, aber überwältigen uns die übrigen."
    Da nichts andres übrig blieb, beschloß man, ruhig die Nacht zu erwarten und das weitere den Umständen zu überlassen.
    Nach der gewaltigen Aufregung, welche der Verzweiflungskampf hervorgerufen, hatte sich aller ein Gefühl der Erschlaffung bemächtigt, auch schmerzten die empfangenen Wunden. Einer nach dem andern streckte sich nieder, um zu ruhen und neue Kraft zu sammeln für den unausbleiblichen Kampf.
    Der alte Trapper saß noch auf seinem Baumstamm und sah trübe vor sich hin. Daß die Wunde schmerzte, achtete er nicht, auch nicht, daß sich bereits Fieber einstellte. Aber es mochten ihm ernste Gedanken durch den Sinn gehen. Er sagte zu Puck: "Geh, mein Junge, und sieh dich ein wenig auf der Prairie um, deinen Falkenaugen traue ich am meisten."
    Puck ging davon.
    Der Trapper winkte Paul, der noch neben Brown saß, zu sich heran.
    Als er neben ihm stand, sagte er mit gedämpfter Stimme: "Höre, Kind, ich muß dir etwas sagen."
    "Ich höre."
    "Ich habe dich so lieb, als ob du meines Blutes wärest, Paul."
    "Ich weiß es, lieber Oheim."
    "Aber auch dem armen, von der Natur so stiefmütterlich behandelten Menschen, meinem Puck, dem Sohne meines Herzens, gilt meine Fürsorge."
    "Ich liebe Puck, als ob er mein Bruder wäre."
    "Recht, Junge, recht, er verdient es. Sieh mal, Paul, die Lage, in der wir uns befinden, ist nicht ungefährlich."
    "Ich weiß, Oheim, ich habe darüber nachgedacht, doch sind wir am Ohsonta und eben hier so wunderbar beschützt worden, daß ich freudige Hoffnung hege, wir werden auch kommenden Gefahren entgehen."
    "Desto besser, wenn deine Hoffnung nicht trügt. Aber wir sind alle sterblich. Sollte mir was Menschliches begegnen, nein, sieh mich nicht so betroffen an, Kind, wir können zu jeder Stunde abgerufen werden, in der Prairie, wie in den Städten - also finde ich mein Ende - jetzt oder später, so nimm dich Pucks an, er ist dann ganz allein auf der Welt."
    Paul war von den ernsten Worten des Trappers so gerührt, daß ihm die Thränen in die Augen traten.
    "In die Ansiedlungen kannst du ihn nicht bringen, er würde dort seines Äußeren wegen viel zu leiden haben, aber siedle ihn nicht zu fern von dir in der Steppe an, und versieh ihn mit allem, was er braucht, denn, ist er auch ein großer Jäger, so versteht er nichts von Handel und Wandel, kennt nicht die Welt, nicht die Menschen, ist ein hilfloses Kind."
    "Mein treuer Oheim, Puck ist mein Bruder, und solange ich etwas habe, beim heiligen Angedenken meines Vaters, teilt er es mit mir."
    "Gut, Paul, wirst's halten, weiß es."
    "Aber warum giebst du dich so trüben Gedanken hin? Du bist der Stärkste von uns, der Erfahrenste, und ohne dich, Oheim, sieht keiner von uns die Heimat wieder."
    "Nun, Paul, werden alle das möglichste thun, uns zu retten, und - haben der Graue Bär und sein Medizinmann schon gewaltige Dinge vollbracht. Ich denke nicht daran zu verzagen, kam mir nur so in den Sinn; weiß keiner, wann seine Stunde kommt!" Er streichelte ihm die Wange und fuhr liebreich fort: "Geh und ruhe, wird eine unruhige Nacht werden."
    Paul ging, und der Trapper saß wieder, in Sinnen verloren, allein da.
    Es war so still und friedlich zwischen den schattigen Bäumen, als ob es keinen blutdürstigen Wilden in der Welt gäbe.
    Auf den nachdenklich gestimmten Trapper trat langsam der alte Brown zu.
    "Möchte ein paar Worte mit euch reden, Sir"; seine Stimme verriet innere Bewegung als er so sprach.
    "Ist mir recht, setzt euch neben mich."
    Brown räusperte sich und schien in einiger Verlegenheit zu sein, wie er beginnen sollte. Dann sagte er: "Wißt wohl nicht, daß ich seit vielen Jahren ein Freund der Osbornes bin?"
    "Habe es von dem Jungen erfahren."
    "Hm", Brown machte eine lange Pause, "wollte euch nur fragen, Sir - seid schon lange Prairiejäger, wie -?"
    "Viele Jahre -"
    "Ist euch in der Wildnis nie ein Edward Osborne aufgestoßen?"
    Seine Augen hafteten bittend an dem ernsten Gesichte des Trappers.
    "Vermutet recht, Sir, habe den Mann gekannt", entgegnete der ruhig.
    "Und -", fragte Brown mit fast zitternder Stimme weiter, "er lebt noch?"
    Mit einer gewissen Schroffheit entgegnete der Trapper: "Tot, seit vielen Jahren tot."
    "Tot?"
    "Nicht wieder zu erwecken."
    Es verging Zeit, ehe der alte Mann wieder begann: "Wenn er noch lebte, würde er gewiß gern erfahren, wie sein Bruder John, nachdem der erste Zorn vorüber war, seiner stets mit inniger Liebe gedachte, ihn viele Jahre hindurch suchen ließ, durch die ganze Union, bis er endlich die Hoffnung aufgab, ihn auf Erden noch wieder zu sehen."
    Der Trapper hatte das Haupt abgewandt, als Brown langsam, mit bewegter Stimme so sprach, und der schräg durch die Zweige fallende Sonnenstrahl spiegelte sich in einer Thräne wieder, die über das braune Gesicht in den grauen Bart herniederrollte.
    Nach längerem Schweigen wandte er seinem Gefährten das Antlitz wieder zu. Eine seltene Milde lag darüber ausgegossen, als er mit weicher Stimme sagte: "Glaube wohl, daß es Edward Osborne Freude gemacht hätte, es zu erfahren. War wild, nicht unedel, der Edward."
    "Das beste, edelste Herz, sagte sein Bruder."
    "Kann euch sagen, Brown, hat seinen Frieden gefunden; ist mit Gott und der Welt im reinen."
    "Wohl ihm."
    Der Trapper dampfte gewaltig aus seiner kurzen Pfeife, und fragte dann, während seine Augenbrauen sich zusammenzogen: "Auf welche Weise ist James Osborne in diese grausige Angelegenheit mit dem Jungen verwickelt, dem Gott mich als Retter sandte?"
    Brown gab einen gedrängten aber klaren Bericht über alle Vorfälle, welche ihm bekannt waren.
    "Der Schurke", murmelte Grizzly, als er geendet, ingrimmig. "Und James ist in der Steppe?"
    "Wir waren hart hinter ihm und den beiden Räubern her, denn Nathan Wild ist ein gewaltiger Steppenmann, aber wir verloren ihre Spuren."
    "Gott wird ihn erreichen, Brown", sagte mit tiefer Stimme der Trapper.
    Er schüttelte dann mit warmer Herzlichkeit dem Alten die Hand: "Wart stets ein Freund der Osbornes und auch des Edwards, weiß es schon lange."
    Brown ging zurück und setzte sich zu Paul.
    "Wie wunderbar sind Gottes Wege", sagte er leise vor sich hin.
    Puck kam zurück und berichtete dem Trapper, daß sich die Zahl der Feinde durch neu eingetroffene Scharen wohl auf das Dreifache erhöht habe.
    "Ziemlich egal, Junge, ob wir mit hundert oder dreihundert fechten."
    Er erhob sich und ging zur Prairie, an ihrer Grenze das Gehölz umschreitend.
    Nach Süden zu waren starke Pferdemengen zu gewahren, die Reiter hatten die Sättel verlassen; auch in Ost und Nord zeigten sich Pferdetrupps und einzelne hin- und herjagende Reiter. Die Sonne sank tiefer, und die Schatten der Dämmerung brachen herein.
    Der Trapper verteilte hierauf die Kämpfer, und schweigend erwartete man, während die Dunkelheit langsam hereinbrach, was die Nacht bringen würde.