Heft 45
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(Fortsetzung.)
»Elefantenrüssel?« fragte Schwarz ungläubig. »Ich habe geglaubt, der müsse ziemlich zähe sein.«
»O nein. Er ist so zart wie Renntierzunge. Aberst das Rüsselstück thut's nicht allein, sondern es muß in dem richtigen Fett gebraten werden, welches dazu g'hört. Das ist nämlich das Fett im Zellgeweb' der Nieren, a Fett, sag' ich Ihnen, was mit gar nix zu vergleichen ist. Ich wollt', es käm' gleich jetzt so aan Elefant g'laufen, damit ich Ihnen zeigen könnt', was ich leider nit zu beschreiben mag!«
»Sie Gourmand!« lächelte Schwarz. »Ich glaube wirklich, Sie wünschen wegen dieses kleinen Rüsselstückes eine ganze Elefantenherde herbei. Ein nicht ungefährliches Verlangen!«
»Fürchten's sich etwa?«
»Nein. Aber denken Sie an die Verwirrung, welche diese Tiere hier anrichten würden!«
»Wann's ruhig kämen, hätt's gar nix zu sagen; aber freilich wenn's g'reizt werden, dann könnt's uns schlimm dergehen. Wissen's
Pfotenhauer verdrehte die Augen und schnalzte mit der Zunge, um den großen Wohlgeschmack des betreffenden Gerichtes möglichst anzudeuten. Dabei nickte seine Nase höchst energisch von oben nach unten, als ob sie die Absicht habe, seine Behauptung auf das Kräftigste zu bejahen.
vielleicht, was man so einen 'Herumläufer' nennt?«
»Ja. So nennt man alte, männliche Elefanten, welche wegen ihrer Bösartigkeit von den Herden nicht gelitten werden und infolgedessen allein umherirren müssen. Das sind höchst gefährliche Tiere. Wehe demjenigen, der einem solchen unvorbereitet oder auf offenem Plane begegnet!«
»Ja, wann so a Herumtreiber käm', der könnt uns all unsre Tiere hier zu schanden machen; er thät sie wohl alle nach'nander aufspießen. Am allerschlimmsten ist's, wann so a Kerl sich auf der Flucht vor denen, die ihn ausg'stoßen haben, befindet. Da reißt er alles nieder; da ist er vor Wut geradezu von Sinnen, und dann thut selbst der kühnste Schütz' klug, wann er ihm schnell aus dem Wege geht und sich lieber gar nit von ihm derblicken läßt.«
»Haben Sie die Erfahrung vielleicht selbst gemacht?«
»Ja freilich, droben am Bahr Dschur. Da saß ich mit zwei Niam-niam zusammen und balgte die g'schossenen Vögel ab. Plötzlich wackelt die Erde unter uns, und es gab aan Gedröhn, als ob aan Erdbeben - - - horch! Was ist das? Hören's nix?«
Schwarz lauschte und antwortete dann:
»Das klingt wie ein ferner kleiner Wasserfall. Aber hier gibt es doch keinen!«
»Nein. Das ist 'was ganz andres. Vielleicht hab' ich gar den Teufel an die Wand g'malt, und nun kommt er herbei. Wann's nur noch Zeit ist, die Herd' in Sicherheit zu bringen!«
Er war aufgesprungen, legte die Hände wie ein Sprachrohr an den Mund und rief denjenigen Leuten, welche die Aufsicht über die Rinder zu führen hatten, mit weithin schallender Stimme zu:
»Harisihn, ruh el bakar: b'id b'id ruh; el ifjal, el ifjal Wächter, fort mit den Rindern, weit, weit fort; die Elefanten, die Elefanten!«
Dieser Ruf wurde im ganzen Lager vernommen. Wer saß, der sprang auf und griff zu den Waffen. Die Wächter eilten zu ihren Tieren und trieben sie mit den Lanzen unter lautem Geschrei hinaus in die Ebene, nach der Richtung, welche Pfotenhauer ihnen andeutete, indem er mit beiden Armen winkte, so daß dieselben wie die Flügel einer Windmühle auf und nieder gingen.
Das starke Geräusch, welches er gehört hatte, war nämlich von links her gekommen, aus dem Walde, welcher jenseits der Spitze des Maijeh lag. Es war jetzt nicht mehr zu vernehmen, da die Hirten schrieen und die Soldaten einander Mut zubrüllten. Aber die Lunge Pfotenhauers war kräftiger als die aller andern.
»Raha, hudu, ja nas, willa nihma maijit - Ruhe, Stille, ihr Leute, sonst sind wir verloren!« donnerte er über die weite Fläche dahin, und sein Befehl fand augenblicklichen Gehorsam, wenn auch nicht infolge guter Disciplin, es war vielmehr die Angst, welche die Sudanesen zum Schweigen brachte.
Und nun war das Geräusch wieder zu hören, und zwar mit verdoppelter Stärke. Es glich einem Erdbeben; der Boden schien zu zittern.
»Aiwa, ifjal, ja Allah - ja, das sind Elefanten, o Gott!« rief der »Vater der Hälfte«.
»Kull kati - eine ganze Herde!« stimmte Hasab Murat bei. »Was thun wir? Bringen wir uns in Sicherheit?«
Er wollte davonlaufen; aber der »Vater der elf Haare«, welcher mit dem »Vater des Gelächters« herbeigekommen war, ergriff ihn beim Arme, hielt ihn zurück und sagte:
»Hast du keine Angst vor der Sklavenjagd, so brauchst du dich auch jetzt nicht zu fürchten. Ein Elefant ist ein Engel gegen einen Sklavenjäger.«
Und zu Schwarz gewendet, fuhr er in deutscher Sprache fort:
»Herr Doktor, jetzt werd' Sie gesehent, daß ich nicht hatt gefürchte Elefant, großmächtigen. Ich werd' gebte ihm Kugel aus Gewehr, meinigem, grad in die Nase, gerüsselförmigte!«
Schwarz hatte keine Zeit, auf diese Versicherung zu achten. In solchen Verhältnissen drängen sich die Augenblicke zusammen. Seit Pfotenhauer das Geräusch vernommen hatte, waren bis jetzt noch keine zwei Minuten vergangen, und nun dröhnte die Erde, wie wenn die schwache Mauer eines Häuschens von einem vorüberrollenden schweren Lastwagen zittert. Jetzt durchfuhr ein Ton die Luft, so stark, so schneidend, als ob er aus hundert Trompeten zugleich erschalle; dann kam der Goliat der vierfüßigen Tiere um die Ecke des Gebüsches gerannt, den Rüssel hoch erhoben und das kleine lächerliche Schwänzchen wie einen abwehrenden Stachel geradeaus gestreckt.
Es fehlte ihm der eine Stoßzahn; der vorhandene war von außerordentlicher Größe und deutete das hohe Alter des Tieres an, welches im Widerrist sicher eine Höhe von vier Meter besaß; die Länge betrug wohl einen ganzen Meter mehr.
Der Elefant bot mit dem erhobenen Rüssel, den klatschenden Riesenohren und der durchdringenden Trompetenstimme eine so gewaltige Erscheinung, daß ein unwiderstehliches Entsetzen die Sudanesen packte. Sie warfen ihre Waffen weg und rannten davon, um sich hinter den Büschen und Bäumen zu verbergen, und ließen dabei ein Angstgeheul hören, welches den Elefanten aufmerksam machte.
Durch irgend etwas, das man noch nicht sehen konnte, in Wut versetzt, war er bis jetzt wie blind gewesen; jetzt aber blieb er stehen, um den vor ihm liegenden Platz zu beäugen. Er sah die fliehenden Menschen und das kleine Häuflein der Stehengebliebenen, welche den Mut besaßen, ihm Widerstand leisten zu wollen; er schlug mit dem Rüssel ein Rad, hob ihn dann zum Schlage hoch empor und stürzte sich auf die wenigen Männer los.
Diese letzteren waren die Europäer, der »Sohn der Treue« und der wackere »Vater des Gelächters«. Die andern alle, auch der »Vater der Hälfte« und Hasab Murat, waren verschwunden. Die gefangenen und gebundenen Leute des Feldwebels lagen mit diesem ganz bewegungslos, um ja die Aufmerksamkeit des Tieres nicht auf sich zu lenken.
Doch noch einen gab es, welcher nicht geflohen war - Abd es Sirr, der »Sohn des Geheimnisses«. Dieser hatte sich, sobald der Elefant in Sicht kam, zu Boden geworfen und kroch, anstatt zu fliehen, ihm vielmehr rasch entgegen.
»Fliehe, um Allahs willen!« rief ihm der »Sohn der Treue« zu. »Er zerstampft dich ja. Es ist ein Hahdschil.«
Dieses letztere Wort bedeutet einen Vagabunden, einen Herumtreiber. Das Tier war also so ein ausgestoßenes, wegen seiner Wildheit und Tücke selbst von seinesgleichen gemiedenes Ungeheuer.
»Ja, ein Hahdschil,« stimmte Pfotenhauer bei. »Eure Kugeln thun ihm nichts. Trifft die meinige nicht die richtige Stelle, so gnade uns Gott!«
Die Männer standen dicht beisammen, die Gewehre gegen das Tier erhoben sich. Aber die bereits erwähnte Stelle, auf welche gezielt werden mußte, war nicht zu sehen, da der Elefant den Rüssel ge-
rade aufwärts trug. Es war, als ob er die Verletzlichkeit derselben kenne und sie durch den Rüssel schützen wolle.
Das alles geschah selbstverständlich viel schneller, als es erzählt werden kann. Das Tier war bis auf höchstens vierzig Ellen herangekommen.
»Zerstreut euch und schießt von der Seite!« rief der »Vater des Storches«, »da haben wir besseres Zielen.«
Er sprang zur Seite, und die andern folgten seinem Beispiele, den kleinen Slowaken ausgenommen, welcher niedergekniet war und den Lauf seines schweren Katil elfil auf den offenen Rachen des Tieres gerichtet hielt.
»Allah, hilf der Kugel ins Gehirn,« rief er aus, »sonst schlägt mir das Vieh den Schädel ein!«
Er drückte ab, und der Schuß hatte einen doppelten Erfolg. Der »Vater der elf Haare« erhielt nämlich von dem Gewehre einen solchen Rückschlag gegen den Kopf, daß er zu Boden stürzte.
»Lisir'rak - prosit Mahlzeit; mit mir ist's aus!« schrie er, indem er die Augen starr auf den Elefanten gerichtet hielt.
Aber dieser senkte den Rüssel nicht, um den kleinen Schützen mit demselben zu ergreifen oder zu zerschmettern. Er bewegte ihn gar nicht, ja, er bewegte sich selbst nicht mehr. Und das war der andre Erfolg des Schusses. Die große, schwere Kugel hatte ihn mitten im schnellsten Laufe zum Stehen gebracht; er hielt da, wie gelähmt und ohne einen Zollbreit seines Körpers zu bewegen, freilich nur für wenige Augenblicke; aber dies genügte zur Rettung des Slowaken.
Der treue Freund dieses letzteren, nämlich der »Vater des Gelächters«, sah die Gefahr, in welcher er schwebte, und rief ihm zu:
»Lauf davon! Ich halte ihn auf!«
Er sprang vor und gab dem Tiere eine Kugel in den untern, starken Teil des Rüssels, freilich ohne den beabsichtigten Erfolg. Er wäre mit samt dem Slowaken verloren gewesen, wenn nicht der »Sohn des Geheimnisses« während dieser kurzen Pause Zeit gefunden hätte, seine Absicht auszuführen.
Abd es Sirr hatte sich ein wenig seitwärts gehalten, und der Elefant war, ohne ihn zu sehen oder zu beachten, an ihm vorübergerannt und dann, von des Kleinen Kugel getroffen, stehen geblieben. Gerade als der »Vater des Gelächters« dann seinen Schuß abgab, sprang der »Sohn des Geheimnisses« vom Boden auf, schnellte sich an das eine hintere Bein des Tieres, holte mit seinem langen Messer aus und versetzte ihm einen Hieb, um die Flechse zu durchschneiden. Hatte er nicht die richtige Stelle getroffen, oder war sein Messer nicht scharf genug, kurz, die Absicht mißlang, und der Elefant drehte sich schnell um, um den neuen Feind zu sehen.
Aber er sah nicht nur diesen einen, sondern mehrere, viele.
Man hatte bisher nur auf diesen einen Elefanten geachtet, nicht aber darauf, was aus dem früheren Getöse, welches doch auf eine ganze Herde schließen ließ, geworden war. Der alte Einsiedler hatte sich in die Nähe eines Truppes gewagt und war von demselben fortgejagt und verfolgt worden. Als er um die Ecke des Maijeh bog, war er seinen Verfolgern aus den Augen gekommen, und diese hatten eine kurze Zeit nach ihm gesucht. Jetzt kamen auch sie um die Ecke. Ihn sehen und mit entsetzlichem Getrompete auf ihn eindringend, war eins. Diese Feinde erschienen ihm jedenfalls fürchterlicher als die Menschen; er wendete sich schnell wieder um und rannte entsetzt weiter, ohne sich für die Verwundungen gerächt zu haben.
Die Zahl seiner vierfüßigen Gegner betrug zwölf, eine Schar, welcher er freilich nicht gewachsen war; sie gehörten jedenfalls einer Familie an, deren Oberhaupt, ein alter Bulle voranrannte; ihm folgten vier Männchen, vier Weibchen und drei Junge. In ihren Zorne über den Herumläufer nahmen sie nicht die geringste Notiz von den anwesenden Menschen und stampften mit kaum glaublicher Schnelligkeit vorüber und hinter ihm drein - freilich nicht alle von ihnen.
Der Slowak und sein Freund waren dem »Vagabunden« ausgewichen und also von seinen Füßen nicht getroffen worden. Als die Herde heranstürmte, hatte der »Vater des Storches« gerufen:
»Laßt die Männchen vorbei und zielt nur auf die Jungen! Die Weibchen sind uns dann sicher.«
Zugleich zielte er nach dem Rüssel des ersten Elefantenjünglings. Schwarz sah das und nahm den zweiten auf das Korn. Die beiden Schüsse krachten und nur wenige Sekunden später der dritte, denn Pfotenhauer hatte sofort auch dem dritten Jungen die Kugel des andern Laufs gegeben. Seine Explosionsgeschosse wirkten bei der Jugend der Tiere augenblicklich; die zwei Elefanten brachen mit zerschmetterten Stirnen zusammen. Auch Schwarz hatte genau die beabsichtigte Stelle getroffen; aber sein Schuß konnte keine so plötzlich zerstörende Wirkung hervorbringen. Der Getroffene blieb stehen, schwenkte den Rüssel wie einen Pendel hin und her, stieß ein markerschütterndes Schmerzensgeschrei aus und begann dann wie betrunken zu wanken.
»Auch der hat genug,« rief Pfotenhauer. »Jetzt schnell hinter starke Bäume. Rasch, rasch!«
Er rannte, noch während er diese Worte ausstieß, fort, dem Waldesrande zu, und die andern folgten ihm augenblicklich, nur Abd es Sirr und Ben Wafa ausgenommen, welche sich niederlegten und in dem Grase zu verstecken suchten.
»Warum fliehen?« fragte der »Vater des Gelächters«, als er nun in der Nähe Pfotenhauers hinter einem Baume stand. »Wir haben doch gesiegt!«
»Seht da nach rechts hinüber; sie kommen schon,« antwortete der Gefragte. »Ladet schnell die abgeschossenen Läufe wieder! Die Weibchen werden ihre Jungen rächen wollen.«
Er hatte recht. Die Mütter hatten das Geschrei des von Schwarz getroffenen Jungen gehört, die Verfolgung aufgegeben und waren schnell umgekehrt. Sie rannten trompetend der betreffenden Stelle zu. Dort angekommen, fand eine jede gleich ihr Kind heraus. Die Mütter der Gefallenen untersuchten ihre Jungen mit den Rüsseln. Die Mutter des tödlich getroffenen betastete die Wunde ihres Lieblings, streichelte denselben zärtlich und stellte sich eng neben ihn, Seite an Seite, um ihn zu halten und vor dem Umfallen zu bewahren. Ihre Liebkosungen und Anstrengungen waren vergeblich; das Junge neigte sich mehr und mehr zur Seite und fiel dann tot nieder. Nun ging eine Mutter zur andern, um deren Kind auch zu betrachten und zu untersuchen. Sie erkannten, daß die Jungen tot seien, erhoben die Rüssel und stießen klagende Trompetentöne aus.
»Nun kommt die Rache,« sagte Pfotenhauer. »Sie werden uns wahrscheinlich aufsuchen.«
»Mir ist es ganz so, als ob wir Strafe verdient hätten,« antwortete Schwarz. »Sehen Sie den Schmerz dieser Mütter! Es ist ergreifend, und wer ein Herz hat, dem muß es wirklich leid um sie thun.«
»Ja, da kommt halt das deutsche G'müt
zum Vorschein. Der Mensch ist das schlimmste Raubtier, was es geben kann. Aberst schaun's! Haben's g'sehen?«
Er deutete nach der Elefantengruppe.
»Ja. Die eine Mutter ist hinten niedergesunken und trompetet noch kläglicher.«
»Und jetzt bricht die andre auch zusammen. Ah, ich weiß, was es ist. Wissen Sie's auch?«
»Sollte der 'Sohn des Geheimnisses' etwa - - -?«
»Ja, der ist's, und Ben Wafa mit ihm. Das sind mutige Jungens. Sie haben sich an die Tiere g'schlichen und ihre Messern in G'brauch genommen. Jetzund müssen wir hinaus, sonst kommen's noch gar in G'fahr. Auch dürfen wir die armen Tiere nit allzu lang leiden lassen.«
Die beiden Jünglinge hatten sich so gut im Grase versteckt gehabt, daß sie von den zurückkehrenden weiblichen Elefanten nicht gesehen worden waren. Sie schlichen, als diese bei den Jungen angekommen waren, sich von hinten an sie heran, was mit keiner großen Gefahr für sie verbunden war, da die Aufmerksamkeit der Mütter sich ausschließlich auf ihre Jungen richtete. Ungefähr bis auf zehn Schritte herangekommen, zog Ben Wafa seine Kulbedah, ein stark gekrümmtes, sichelförmiges und schweres Messer, welches eine sehr gefährliche Waffe ist und sowohl zum Schlagen als auch zum Werfen in Anwendung kommt, sprang auf den ersten Elefanten ein und zerhieb ihm mit zwei schnellen Hieben die Flechsen der Hinterfüße. Dann schlich er sich an das dritte Tier und brachte demselben seine lähmenden Streiche gerade dann bei, als das zweite unter denen seines Freundes auch zusammenbrach.
Die vor Schmerz und Wut brüllenden Elefanten drehten sich zwar nach ihren Peinigern um, versuchten auch, rutschend zum Angriffe gegen sie vorzugehen, konnten sie aber nicht erreichen.
Es war ein Anblick wirklich zum Erbarmen. Glücklicherweise kamen jetzt die Weißen herbei und machten den Leiden der Tiere durch einige wohl gezielte Kugeln ein Ende.
»So, jetzt fühlen's nix mehr,« sagte Pfotenhauer, indem er sein abgeschossenes Gewehr wieder lud. »Ist das a Jagd und aan Erfolg! Sechs Elefanten in kaum fünfzehn Minuten!«
»Eigentlich ein ganz unnützes Morden!« bemerkte Schwarz.
»Warum?«
»Weil wir diese Massen von Fleisch gar nicht brauchen können. Und Stoßzähne haben weder die Weibchen noch die Jungen.«
»Ich bin halt andrer Meinung. Es kann sogar kommen, daß wir das Fleisch sehr gut gebrauchen können. Wir wissen ja nit, ob wir auf unsrem Zuge für alle ausreichend Essen finden.«
»Pa! Ich schätze jedes Weibchen zu achttausend und jedes Junge zu zweitausend Pfund; ein ausgewachsener Bulle kann zwölftausend und sogar noch mehr wiegen. Das sind dreißigtausend Pfund Fleisch. Wie wollen wir dieses Quantum in höchstens zwei Tagen verzehren? Länger hält es sich ja nicht.«
»Da kennen's halt unsre Sudanesen schlecht. Sie sollen mal schauen, wie die nit etwa essen, sondern fressen werden. Übrigens besteht doch nit der ganze Elefant aus Fleisch. Es sind Abfall und Knochen auch dabei, und was für Knochen. Und wann's sich um die Menschlichkeit handelt, so ist's besser, es sterben einige Elefanten mehr, als daß Hunderte von Menschen, wenn auch nur kurze Zeit, Hunger leiden. Übrigens werden diese hier wohl nit die einzigen sein, welche dran glauben mußten. Laden's nur Ihr G'wehr immer wieder! Wir sind noch lang nit fertig.«
»Sie meinen, daß noch andre Elefanten kommen?«
»Andre nit, sondern diejenigen, welche bereits dag'wesen sind. Wann die Bullen bemerken, daß ihre Madamen fehlen, so lassen sie den 'Vagabunden' laufen und kehren um, sie zu suchen. Elefanten wissen der Fährte der Ihrigen ebenso gut zu folgen wie die Menschen.«
»Aber töten werden wir wohl keinen mehr?«
»Nein. Schad' freilich um die schönen Zähne der Männchen. Diejenigen des Bullen, welcher voranlief, konnten gegen hundertzwanzig Pfund wiegen pro Stück. Na, schauen's sich mal um! Nun die Arbeit g'macht ist, wagen sich unsre Sudanesen wieder hervor.«
Die Leute kamen vorsichtig aus den Büschen getreten, und als sie sahen, daß keine Gefahr mehr vorhanden sei, riefen sie das den weiter zurück Befindlichen zu, und bald waren alle um die erlegten Elefanten versammelt. Sogar die Nuehrs hatten sich ohne Ausnahme eingestellt, ein Beweis, daß sie keine Absicht hatten, Abu el Mot oder seine Sklavenjäger aufzusuchen.
Nun wurden Gruppen mit Obmännern, welche man besser als Verschneider bezeichnen konnte, um die Tiere zu zerlegen, bestimmt. Es herrschte in Erwartung der mehr als reichlichen Fleischportionen eine ungeheure Lustigkeit unter diesen Menschen, die aber leider nicht von langer Dauer war, denn kaum war mit der Arbeit begonnen worden, so hörte man von Westen her, wohin die Wächter die Rinder getrieben hatten, ein vielstimmiges Geschrei, in welches sich die Stimmen brüllender Ochsen und Kühe mischte.
»Was mag das sein?« fragte Schwarz. »Ob die Herde scheu geworden ist?«
»Möglich. Wollen abwarten, ob sich was sehen läßt,« antwortete Pfotenhauer.
Er brauchte nicht lange zu warten. Da er sich inmitten der vielen Menschen befand, verhüllten sie ihm die Aussicht nach der betreffenden Richtung, doch nur für kurze Zeit, denn plötzlich flogen sie alle unter lautem Geschrei nach rechts und links auseinander und davon.
»El Hahschil, el Hahschil,« so klang es voller Angst von allen Lippen und in der Zeit von wenigen Sekunden war kein einziger Sudanese mehr zu sehen; sie alle hatten wieder Schutz hinter den Büschen gesucht, die schon vorhin von ihnen als Zuflucht benutzt worden waren.
Nun hatten die wenigen Standhaften einen freien Blick nach West. Von dorther kam ein Stier gerannt, brüllend vor Angst und aus allen Kräften laufend. Hinter ihm drein lief der alte Elefantenbulle, welcher vorhin von der Herde gehetzt worden war. Es war keine Täuschung möglich, da man ihn an dem Fehlen des abgebrochenen Stoßzahnes erkannte.
»Alle Teuxel, das schaut g'fährlich aus!« rief Pfotenhauer. »Es kommt alles darauf an, wohin der Stier sich wendet.«
»Er ist verloren,« meinte Schwarz. »Der Elefant läuft doppelt schnell.«