Jahrgg. 16, Nummer 30, Seite 470
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Lopez Jordan

(El Sendador, Theil I.)

Reiseroman von Karl May.
27. Fortsetzung

Wir jagten zurück und stiegen ab, als wir den betreffenden Punkt erreichten. Der Boden war lehmig und das Gras ganz kurz abgefressen. Darum gab das Gras keinen Anhalt, aber in dem Lehm selbst hatten sich, obgleich er nicht feucht, sondern hart war, die Hufspuren eingedrückt. Ich erklärte dem Estanziero die betreffenden Zeichen. Er blickte mich groß an, gab aber schließlich kleinlaut zu, daß wir die Spuren dreier Pferde vor uns hatten.

»So sind es also zwei, die jetzt auf den Kerl warten?« fragte er.

»Ja; anders ist es nicht. Folgen wir dieser Fährte!«

Wir stiegen wieder auf und ritten weiter, bis wir bemerkten, daß die Spur keine gerade Linie mehr bildete, sondern von jetzt an nur den Bodenvertiefungen folgte. Ich stieg ab, nahm mein Gewehr schußbereit und schlang mir den Zügel um den Arm.

»Wollen wir denn gehen?« fragte Monteso erstaunt.

»Wenn wir zu Pferde kommen, so erblicken sie uns eher als wir sie und sind also vorbereitet. Das können wir vermeiden.«

Ich nahm das Fernrohr wieder zur Hand und brauchte nicht lange zu suchen. Ganz zufällig bekam ich gleich in den ersten Augenblicken eine Gestalt vor das Glas, welche auf der Höhe einer der Bodenwellen saß, uns den Rücken zukehrte und in der Richtung nach der Estanzia ausschaute. Nachdem auch der Estanziero durch das Rohr gesehen hatte, sagte er:

»Das ist jedenfalls einer von den beiden. Ein Glück, daß der nicht nach rückwärts sieht, sonst hätte er trotz der Entfernung die Pferde erkannt. Was tun wir?«


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»Wir steigen wieder in den Sattel, um ihm schneller näher zu kommen, halten uns aber in den Vertiefungen. Nun wir wissen, wo die beiden sich befinden, können wir uns ihnen zu Pferde nähern.«

Die tiefer liegenden Wellentäler schlangen sich in mehr oder weniger engen Windungen um die Bodenerhebungen. Sie waren feucht und mit Sträuchern bestanden. Darum fanden wir die Spuren hier auf das deutlichste charakterisiert.

Als wir nahe genug gekommen waren, stiegen wir ab. Ich kroch die Böschung empor, um nach der Gestalt zu sehen. Sie war verschwunden; aber das war mir nur lieb. Ich hatte mir die Stelle, an welcher sie gesessen hatte, ganz genau gemerkt. Es waren nur noch zwei Talwindungen von uns zurückzulegen, um zu den Gesuchten zu gelangen. Da wir die Pferde hier zurücklassen mußten, banden wir sie ans Gesträuch, nahmen ihnen aber die Lassos von den Hälsen, um sie später als Fesseln zu benutzen. Nun gingen wir vorwärts, erst eine Windung nach links und dann eine nach rechts. Diese letztere brachte uns an Ort und Stelle. Die Terrainsenkung war hier weiter und tiefer als anderwärts. Auf ihrem Grunde hatte sich stehendes Wasser gesammelt, welches von einem ziemlich hohen und dichten Mimosengebüsch eingefaßt wurde. Jenseits des Wassers knabberten zwei Pferde an den jungen Zweigen. Diesseits, zu unserer linken Hand, hörten wir sprechen. Sehen konnten wir die Personen aber nicht.

»Dort sind sie!« flüsterte mir der Estanziero zu. »Auf! Werfen wir uns auf sie!«

»Nein. Wir schleichen uns an, was ganz leicht ist, da die Mimosen unten am Boden genug freien Raum zum Kriechen lassen. Folgen Sie mir; machen Sie es wie ich, und vermeiden Sie jedes Geräusch! Die Gewehre lassen wir hier liegen, sie würden uns nur hindern. Wir müssen suchen, ganz nahe hinter sie zu kommen, ich an den einen, Sie an den andern. Wir fassen sie dann um die Hälse und drücken ihnen die Gurgel zusammen. Greifen Sie aber nicht eher zu, als bis Sie sehen, daß ich es tue!«

»Ganz wie bei den Indianern! Das kann mir gefallen, Sennor.«

Er war ganz begeistert, den Indianer zu spielen. Hätte ich es allein unternommen, so wäre ich des Gelingens sicherer gewesen; ich tat ihm aber den Willen, weil ich ein Mißlingen selbst dann nicht zu befürchten hatte, wenn er einen Fehler beging. Es wäre nur ein wenig schwieriger geworden. Ich kroch also voran, und er folgte mir. Die Mimosen teilten sich erst vielleicht eine Elle oberhalb des Bodens in Zweige; in Folge dessen kamen wir leicht und schnell vorwärts. Die Anwesenheit des Wassers gab dem Grase ein üppiges Wachstum. Es stand vor dem Gebüsch fast über eine Elle hoch, so daß man von draußen nicht hereinblicken und uns sehen konnte. Das war höchst vorteilhaft für uns.

Die Stimmen wurden vernehmlicher, je näher wir kamen. Bald hatten wir die betreffende Stelle erreicht. Wir kauerten unter dem Gezweig innerhalb der Sträucher auf dem Boden, und sie lagen draußen, ganz nahe dem Rande des Gebüsches, im hohen Grase.

»Und wenn er aber nicht wiederkommt, wenn sie ihn festhalten?« hörten wir fragen.

»Das wagen sie nicht,« lautete die Antwort.

Ich erkannte in dieser Stimme augenblicklich diejenige des Lieutenants.

»Und wenn sie es dennoch wagen?«

»So soll es ihnen schlecht bekommen. Wir legen ihnen den roten Hahn an die Estanzia und schneiden dann nach unserer Rückkehr den beiden Montesos die Kehlen durch.«

»Davon haben wir aber nichts! Übrigens habe ich einen Gedanken, welcher mich beunruhigt, der Gedanke, daß dieser Deutsche mit dem Bruder schon hier sein könnte. In diesem Falle wird unser Bote einen schweren Stand haben.«

»Sie können ihm doch auch nichts anderes sagen, als Ja oder Nein!«

»Sie können wohl etwas anderes! Sie können Ja sagen, um ihn sicher zu machen; sie können ihm das Geld geben, um uns heimlich zu folgen.«


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Der Estanziero stieß mich an. Er brannte vor Begierde, zuzugreifen; aber ich wollte noch warten. Es lag mir vor allem daran, zu erfahren, wo der Major auf seine drei Gesandten wartete. Konnte ich diesen Ort erfahren, so war das Gelingen des Unternehmens meiner Ansicht nach leidlich sicher. Gefährlich war es trotzdem; aber man wußte dann doch wenigstens, daß man die Leute gewiß treffen werde, und konnte sich die zum Suchen erforderliche Zeit ersparen.

»Das werden sie bleiben lassen,« meinte der andere. »Wir haben ja für diesen Fall den strengen Befehl, die Verfolger irre zu führen. Ich weiß ein Mittel, wie uns das gelingen kann.«

»Welches?«

»Wir trennen uns, um später wieder zusammenzutreffen. Da machen wir drei Fährten, und sie wissen nicht, welcher sie folgen sollen.«

»Schafskopf! Sie können jeder beliebigen folgen, so treffen sie uns dann doch beisammen.«

»Himmel! Daran dachte ich nicht.«

»Ja, auf deine Klugheit brauchst du dir freilich nichts einzubilden. Unser einziges Gelingen liegt, falls wir verfolgt werden, in der Schnelligkeit unserer Pferde. Wir müssen sofort aufbrechen und die ganze Nacht durch reiten. Glücklicher Weise scheint der Mond, daß es fast so hell ist, wie am Tage.«

»Das ist aber auch für sie ein Vorteil.«

»Kein großer. Sie können des Nachts trotz des Mondscheines unsere Fährte nicht sehen. Die Hauptsache ist, sobald wie möglich im Lager anzukommen. Dann unterrichten wir die Unserigen von der Verfolgung und empfangen die Kerle, wie sie es verdienen. Werden wir aber vorher erreicht, so - -«

»So hat es auch nichts zu bedeuten.«

»Wieso?«

»Weil man in Rücksicht auf die Gefangenen uns nichts tun darf.«

»Hm! Ja! Das ist richtig. Aber wir dürfen uns nicht sehen lassen. Wenn man Militär zu Hilfe ruft und uns in der Überzahl angreift, so sind wir verloren. Kein Lopez Jordan kann uns dann retten. Glücklicherweise liegt die Peninsula del cocodilo für unsere Zwecke so gut, daß wir uns - - horch!«

Wir hörten Hufschlag. Die beiden erhoben sich aus dem Grase. Nun war es zu spät, sie zu ergreifen, denn der Kavallerist war da. Wir sahen ihn draußen vor dem Gebüsch vom Pferde springen.

»Nun?« fragte der Lieutenant.

»Wir bekommen das Geld,« lautete die Antwort. »Der Estanziero hatte nicht genug. Er ist zum Nachbar geritten, um sich das Fehlende zu borgen.«

»Mit wem sprachst du?«

»Mit dem Deutschen und dem Frater.«

»War der Estanziero nicht da?«

»Auch dieser.«

»So hattest du doch mit ihm, nicht aber mit dem Deutschen zu reden!«

»Das wollte ich auch. Ich sagte ihm anfangs, daß ich mit Monteso allein zu sprechen habe; später aber war ich froh, daß der Deutsche für denselben sprach, denn er zeigte sich außerordentlich vernünftig. Monteso hätte das Geld wahrscheinlich verweigert; der Deutsche aber hat ihm jedenfalls zugeredet; er sagte es.«

»Dem Menschen traue ich nicht weiter, als ich ihn sehe. Erzähle einmal!«

»Viele Worte kann ich nicht machen, denn ich brauche anderthalb Stunden, um den Bogen wieder zu reiten und sie irre zu führen. Ich kam nur für die wenigen Minuten, um euch Nachricht zu bringen und zu beruhigen. Also hört!«

Er erzählte wortgetreu das Geschehene. Als er geendet hatte, standen sie eine kleine Weile still bei einander. Sie überlegten. Dann fragte der Lieutenant:

»Hast du nicht gesehen, ob dir jemand nachgeritten ist?«

»Ich hielt öfters an, um scharf zurück zu blicken. Kein Mensch war zu sehen.«

»Und der Deutsche hat wirklich abhandeln wollen und deine Unterschrift verlangt?«

»Ganz so, wie ich es erzähle.«


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»Hm! So scheint er einen Hintergedanken zu verbergen.«

»Welcher sollte das sein?«

»Das weiß man eben nicht. Sei vorsichtig! Wenn du das Geld erhalten hast, reitest du keinen Bogen wieder, sondern kommst direkt hierher.«

»Da weiß man ja gleich, woran man ist!«

»Das schadet nichts. Wir müssen schnell und stracks fort und dürfen keinen Augenblick verlieren. Natürlich schreibst du nicht deinen wirklichen Namen hin, sondern einen andern, falschen.«

»Das versteht sich ganz von selbst. Nun aber muß ich wieder fort. Ich darf die Sennores nicht warten lassen.«

»Ja, reite, und halte dich tapfer. Ich fürchte mich nicht; aber es ist doch immer eine gewisse Angst, bevor man das Geld in den Händen hat. Ich traue nicht.«

»Und ich traue. Übrigens steht mein Entschluß fest, falls man die Absicht haben sollte, mich zu betrügen, dem Deutschen das Messer in den Leib zu rennen, auf das Pferd zu springen und fortzujagen. Ehe man sich vom Schreck erholt, befinde ich mich in Sicherheit. Adios!«

Er bestieg sein Pferd und ritt davon. Die beiden andern gingen mit ihm. Sie stiegen auf die Bodenwelle, sahen ihm kurze Zeit nach und kehrten dann zurück.

»Mir gefällt die Geschichte wenig,« erklärte der Lieutenant. »Wenn er sich wenigstens das vorhandene Geld hätte geben lassen, um uns einstweilen dieses zu bringen. Gab man ihm dasselbe wirklich, so konnten wir jetzt ruhig sein. So aber schweben wir noch im Zweifel.«

Der andere setzte sich in das Gras, zog eine Karte hervor und meinte:

»Es ist nun nicht zu ändern und muß abgewartet werden. Brennen wir uns eine Zigarillo an und machen ein Spiel dazu! Nicht?«

»Ja, spielen wir! Mag geschehen, was da will, hier und jetzt sind wir sicher.«

»Sie irren, Sennor! Mit Ihrer Sicherheit steht es schlecht.«

Ich hatte dem Estanziero einen Wink gegeben, fuhr, während ich die letzteren Worte sprach, zwischen den Büschen hervor, faßte mit der Linken den noch aufrecht stehenden Lieutenant bei der Gurgel und schlug ihm die rechte Faust an den Kopf. Er sank zusammen. Monteso war nicht weniger schnell. Er faßte den andern mit beiden Händen von hinten um den Hals und drückte ihm denselben zusammen. Der Mensch stöhnte und strampelte dazu mit den Beinen. Er wurde schnell entwaffnet und mit dem einen Lasso gebunden. Der Lieutenant war nur für einige Augenblicke betäubt. Er begann, sich wieder zu bewegen, und wurde mit dem anderen Lasso umschnürt. Der Ausdruck seines Gesichtes, als er die Augen öffnete, war unbeschreiblich.

»Der Deutsche!« stieß er hervor.

»Ja, der Deutsche, Sennor!« nickte ich ihm zu. »Es ist mir sehr schmeichelhaft, daß Sie sich meines Gesichtes noch erinnern.«

»Sie sind ein Teufel!«

»O nein, Sennor! Ich bin vielmehr ein wahrer Engel an Geduld. Ich liege bereits seit über einer halben Stunde hinter Ihnen in den Büschen und höre, wie Sie auf mich schimpfen, und dennoch habe ich Ihnen den Mund nicht verschlossen. Ich verzeihe es Ihnen sogar, daß sie so unhöflich gewesen sind, uns einen Untergebenen zu senden, anstatt selbst zu kommen. Da ich aber weiß, was sich schickt, bin ich gekommen, Sie einzuladen, uns nach der Estanzia del Yerbatero zu begleiten.«

»Ich verlange, daß Sie mich freilassen,« brüllte er mich an.

»Gedulden Sie sich noch. Über Ihre. Freiheit sprechen wir später, wahrscheinlich schon nach einigen Wochen.«

»Spotten Sie nicht! Es handelt sich um das Leben des Yerbatero und seines Neffen.«

»Allerdings und nebenbei auch noch um zehntausend Bolivianos. Ich komme ja, um Sie über diese Punkte aufzuklären. Sie werden nämlich nichts bekommen, weder das Geld, noch das Leben der beiden Gefangenen.«

»Das wird sich finden! Vor allen Dingen verlange ich, als Offizier behandelt zu werden! Ich bin Offizier der Banda Oriental und diene unter Latorre!«

»Vorhin, als Sie nicht wußten, daß Sie Ohrenzeugen hatten, haben Sie sich zu Lopez Jordan bekannt. Sie sind


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nicht Offizier, sondern Strauchdieb und werden als solcher behandelt werden.«

»Dann sterben die Gefangenen!«

»Ich werde mir das Vergnügen machen, Ihnen zu beweisen, daß wir Sie behalten und unsere Freunde dennoch glücklich wiedersehen.«

»Sie wissen nicht, wo sie sich befinden,« brüllte er mich höhnisch an.

»Ich hoffe zuversichtlich, sie auf der Peninsula del cocodilo zu treffen. Wir werden schleunigst nach dort aufbrechen.«

»Teufel!« stieß er hervor.

»Sie haben vorhin selbst gesagt, daß Sie dort erwartet werden, und daß dieser Ort sehr geeignet für Ihre Zwecke sei. Es mag sein, daß der Major auf dieser Krokodilshalbinsel sich sehr leicht zu verteidigen vermag, noch wahrscheinlicher aber ist es, daß er durch unsern Angriff von der Halbinsel hinunter ins Wasser getrieben und dort von den Krokodilen gefressen wird.«

»Vorher wird er die Gefangenen diesen Tieren als Fraß vorwerfen!«

»Wir werden das zu verhüten suchen. Und damit wir die dazu nötige Zeit gewinnen, wollen wir jetzt aufbrechen. Erlauben Sie mir, Ihnen beim Aufsteigen behilflich zu sein!«

»Ich bleibe liegen!«

»Pah! Meine Höflichkeit bringt Sie sehr schnell in die Höhe. Lassen Sie sich folgendes sagen: Wir binden Ihnen die Hände auf dem Rücken und die Füße unter dem Bauche des Pferdes hinweg zusammen. Sie lassen sich das ohne Gegenwehr gefallen, sonst erzwingen wir uns den verweigerten Gehorsam.«

»Wie wollen Sie das tun?«

»Sehr einfach: durch Ohrfeigen. Leute Ihres Schlages dürfen nicht zarter behandelt werden.«

»Wagen Sie es nicht, sich an mir zu vergreifen!«

»Mensch, drohe nicht noch!« donnerte ich ihn nun an. »Du bist ein Schuft und wirst als solcher angefaßt. Ihr habt mich morden wollen. Ihr habt Menschen gestohlen, um Lösegeld zu erpressen! Sag noch ein Wort, so werfe ich dich hier in das Wasser! Ich kann es verantworten, wenn ich es tue. Und nun auf mit dir! Und keinen Widerstand, sonst soll dich der Teufel reiten!«

Ich riß ihn auf und stieß ihn zum Pferde. Er knirschte mit den Zähnen, wagte aber kein Wort und keine Bewegung des Widerstandes. Damit er auf das Pferd steigen könne, ließ ich ihm die Füße frei, welche ich dann festband, als er im Sattel


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saß. Monteso tat dasselbe mit dem andern, welcher kein Wort sprach und ganz starr vor Entsetzen war. Wir führten die Tiere fort, hoben vorn an dem Gesträuch unsere Flinten auf und kehrten zu unsern Pferden zurück. Nachdem wir diese bestiegen hatten, ergriffen wir die Zügel unserer Gefangenen, und fort ging es im Galoppe, der Estanzia zu. Dort hatte sich das, was geschehen war, unter den Gauchos herumgesprochen. Als diese Leute uns mit den Gefangenen kommen sahen, empfingen sie uns mit Jubelrufen. Ich war gezwungen, sie versammeln zu lassen, um ihnen zu sagen, wenn der dritte Bolamann komme, sollten sie freundlich zu ihm tun und ihn ja nicht ahnen lassen, welch ein Empfang seiner warte. Die beiden Kerle wurden in eine Nebenstube geschafft und dort auf Stühle gesetzt und so an dieselben gebunden, daß sie weder Hände noch Füße, noch den Oberkörper zu bewegen vermochten. Dann erzählte Monteso. Der Frater hörte leuchtenden Auges zu. Als der Bericht beendet war, gab er mir die Hand und sagte:

»Sennor, Sie sind der Mann, mit dem ich gern nach dem Gran Chaco gehen will. Wir werden uns verstehen und einander nicht im Stiche lassen. Aber was soll nun mit den beiden Männern geschehen?«

»Zunächst müssen die vier Pferde in den Korral geschafft werden, damit der zurückkehrende Bote sie nicht sieht. Er würde sogleich ahnen, was geschehen ist, und die Flucht ergreifen.«

»Das sollte ihm nicht gelingen!« meinte Monteso. »Herein läßt man ihn, aber nicht hinaus; dafür werde ich sorgen.«

»Haben Sie ein Gelaß, in welchem Sie die Gefangenen sicher aufbewahren können, Sennor?«

»Mehr als eins. Eine Flucht ist unmöglich. Aber wie lange soll ich sie hier behalten?«

»Das steht in Ihrem Belieben. Wollen Sie sie sofort der Behörde übergeben?«

»Soll ich das überhaupt tun?«

»Um ihrer Gefangenen willen wenigstens nicht sofort. Übergeben Sie die Kerle gleich heute der Behörde, so spricht sich die Sache schnell fort. Sie wissen ja, welche Flügel die Fama besitzt. Wir müßten gewärtig sein, der Major erführe es, ehe wir ihn erreichten. Dann würde er sich aus dem Staube machen.«

»Sie haben recht. Ich werde die Gefangenen hier einschließen, bis ich zurückkehre.«

»Das ist das beste. Dann können Sie je nach den Verhältnissen tun, was Sie für klug halten, können sie dem Strafrichter übergeben oder auch, um Scherereien zu entgehen, sie laufen lassen. Was uns aber jetzt betrifft, so müssen wir uns auf den Ritt machen, sobald wir den dritten festgenommen haben. Frater Hilario, ist Ihnen in Uruguay die Krokodilshalbinsel bekannt?«

»Nein. Ich glaubte, die beiden Ufer des Flusses genau zu kennen, habe aber diesen Namen noch nicht gehört. Krokodile gibt es in den Lagunen genug, Halbinseln auch. Wollen Sie es sich nicht von den Gefangenen sagen lassen?«

»Nein. Sie werden uns falsch berichten, und wir können ihnen die Lüge nicht beweisen, sondern müssen sie wohl oder übel hinnehmen. Wir werden indessen nicht nur die Spuren der Bolaleute, sondern in der Nähe des Flusses jedenfalls auch Personen finden, welche diese Halbinsel kennen. Ich bin überzeugt davon.«

Jetzt eben meldete der Peon den Boten. Als der letztere hereintrat, warf er einen besorgten Blick rund umher, aber er fand gar nichts verändert.

(Fortsetzung folgt.)
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