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Storm und die bildende Kunst

Neue Ausstellung im Storm-Haus in Husum



Mit der Ausstellung »Storm und die bildende Kunst«, die vom 4. Juni 1997 an im Husumer Storm-Haus zu sehen ist, betritt die Storm-Gesellschaft Neuland. Zum erstenmal wird hier Storms Verhältnis zu bildenden Künstlern und zu Werken der bildenden Kunst dargestellt. Ausgehend von den Besuchen des jungen Studenten in der Dresdener Gemäldegalerie macht die Ausstellung deutlich, daß Storm die Werke der alten Meister - z.B. Raffaels, Claude Lorains, Ruysdaels, van Dycks und Jürgen Ovens' - gut kannte und ihnen deshalb auch in seinen Novellen eine bedeutende Rolle zuteilen konnte.

   Dem aus Danzig stammenden Maler Chodowiecki ist in der Ausstellung eine besondere Abteilung gewidmet. Storm war - wie er selbst einem Freund gesteht - »fanatisch auf die Chodowieckis«. So hat er in seinen Novellen mehrfach Chodowiecki-Liebhaber dargestellt, z.B. den »alten Musikmeister« in der Novelle »Ein stiller Musikant«.

   Mit den zeitgenössischen Malern Adolph Menzel und Paul Konewka war er persönlich bekannt. Von Konewka sind in der Ausstellung Original-Scherenschnitte, die er dem Dichter geschenkt hat, zu sehen. Storm besuchte Menzel noch 1884 in seinem Berliner Atelier, wo dieser »in heiliger Stille« (so Storm) an seinem berühmten Ölgemälde »Piazza d'Erbe« (Markt in Verona) arbeitete. In der Novelle »Eine Malerarbeit« hat Storm den von ihm verehrten Künstler in der Gestalt des Malers Brunken verewigt. Auf die beiden Hamburger Maler Otto und Hans Speckter, die Storms Werke illustriert haben, wird nur in einer Vitrine hingewiesen: ihnen war schon vor Jahren eine Sonderausstellung im Storm-Haus gewidmet.

   Das »Unheimliche« hat Storm von seinem »Neuen Gespensterbuch« (1848) bis hin zum »Schimmelreiter« (1888) magisch angezogen. So auch in der bildenden Kunst: Werke von Karl Blechen (1798-1840), vor allem die »Dämonische Landschaft«, und von dem Schweizer J.H. Füßli (1741-1825), z.B. »Der Nachtmahr«, dokumentieren das. In der Novelle »Ein Bekenntnis« läßt Storm dann auch den Erzähler sagen, daß Füßli »zuerst die Darstellung des Unheimlichen in der deutschen Kunst« gelungen sei.

   Äußerungen über Werke der Bildhauerkunst sind bei torm seltener. Die Schillerstatue von Lippelt in Hamburg aber hat er für die »schönste Portraitstudie« gehalten und sie sogar mit dem »Großen Kurfürsten« von Andreas Schlüter in


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Berlin verglichen. Bei einem Aufenthalt in Frankfurt a.M. besichtigte er das »Wahrzeichen« des vorigen Jahrhunderts, die »Ariadne auf dem Panther« von Dannecker. Vielleicht war sie ein Vorbild für die »Psyche« in seiner gleichnamigen Novelle.

   Besonders wird in der Ausstellung auf die Tatsache verwiesen, daß das Storm-Haus in gewissem Snne auch ein »Kunstmuseum« ist. Storm war ein »Bildernarr« (so an Scherer 10.10.1868); über 80 Exponate seiner Sammlung kann der Besucher an den Wänden seiner Wohnung besichtigen, u.a. englische Kupferstiche zu Shakespeares Dramen, französische Kupferstiche zu den Gemälden des Hafenmalers Vernet (1714-1789), den Stich von dem Gemälde »Der blinde Milton diktiert seinen Töchtern das verlorene Paradies« des damals bekannten ungarischen Malers Munkaczy und die weltweit verbreiteten kolorierten Schabkunstblätter zu dem Roman »Paul et Virginie« (1778), die in Storms Novelle »Drüben am Markt« eine bedeutende Rolle spielen.

   Die Ausstellung läuft bis zum Frühjahr 1998.

Karl Ernst Laage

Die nebenstehende Abbildung zeigt einen Original-Scherenschnitt von Paul Konewka »Marthe und Mephisto«, den Storm 1862 geschenkt bekam

»Marthe und Mephisto«


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