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Der „Samiel“.

Eine Erzählung aus dem Erzgebirge von Karl May.

(Nachdruck verboten.)

1.

Initial DDer Blößenförster befand sich in einer fürchterlichen Aufregung. Gestern Abend mit der Büchse ausgegangen, war er erst jetzt am Spätnachmittage ohne dieselbe nach Hause gekommen, hatte das bereitstehende Mahl nicht angerührt und ging mit raschen, energischen Schritten, zornig gestikulierend und in kräftigen Ausdrücken seinem Grimme, Luft machend, im Zimmer auf und ab.

„Nein, so etwas ist wahrhaftig unerhört, ist noch nimmer dagewesen, ist eigentlich reinweg unmöglich! Hier ist ja kein Mensch, kein Wild und keine Fliege mehr sicher; Alles putzt er weg, der verwünschte Wilderer, der ‚Samiel‘, wie sie ihn überall nennen, und ich kann mir die Füße ablaufen, mich Tag und Nacht auf die Lauer legen, — ich erwische ihn doch nicht, ja, ich bekomme ihn gar nicht einmal zu sehen!“

Die beiden Frauen, welche in der Fensternische saßen, beobachteten ein sorgfältiges Schweigen; sie wußten, daß jeder Versuch, ihn zu beruhigen, seinen Aerger nur steigern werde.

„Und was das Schlimmste ist,“ fuhr der Zornige fort, „ganz allein mein Revier wird von ihm heimgesucht; die Nachbarn verschont er ganz und gar, sie stehen an der Grenze, stecken die Hände in die Hosen und lachen mich aus über die Vorwürfe, welche ich fast Tag für Tag zu hören bekomme. Erst gestern war der Oberförster hier und meinte endlich, wenn das nicht anders werde, so müsse ein Mann her, der sich besser auf die Forstpolizei verstehe als ich. Ist das nicht gleich zum Närrischwerden? Schießt mir dieser Kerl noch so einen der seltenen Zwölfender weg, wie heute Nacht, so fahre ich aus der Haut!“

Er zog das blauleinene Sacktuch aus der Tasche und wischte sich die glühende Stirne.

„Da höre ich heut Nacht, während ich draußen umherspürte, einen Schuß; ich stürme so schnell durch die Büsche, daß mir die Aeste das Gesicht wund schlagen, und sehe auf der freien Stelle am Waldwasser den schönsten Zwölfer liegen. Der Mond scheint hell vom Himmel, damit ich ja Alles deutlich sehen und mich gehörig ärgern soll, aber den, der geschossen hat, den erblicke ich nicht. Plötzlich erhalte ich einen Schlag über den Kopf, daß mir die Sinne vergehen, und als ich wieder aufwache, bin ich an den Baum gebunden, der Zwölfer liegt noch an seinem Platze, aber meine Büchse ist fort. So eine Schande! Ich hätte mich selbst ohrfeigen können, wenn die Hände dazu frei gewesen wären. Rufen durfte ich nicht, sonst war ich ja blamirt für alle Zeit und Ewigkeit, und so blieb ich den ganzen Tag am Baume, bis es mir vorhin endlich gelang, mich loszureißen. Und als ich nachher in die Tasche greife, steckt ein Zettel darin mit der Quittung für die Büchse und der Bemerkung, daß mein Nachfolger sie zum Angebinde erhalten solle, sobald ich von der Stelle gejagt worden sei. Das muß man erleben, ohne vor Wuth gleich zu zerplatzen! Ich habe stets meine Pflicht gethan, jetzt thue ich fast noch mehr, fast über die Gebühr, und doch muß ich von der Stelle, wenn ich den Samiel nicht erwische, der mir den Wildstand freventlich zu Grunde richtet und wie ein Geist niemals zu treffen und zu greifen ist!“

Er riß ein altes, sichtlich wenig in Gebrauch gewesenes Gewehr von der Wand und stieß es mit dem Kolben auf den Boden, daß die Diele krachte.

„Meine Büchse ist fort; nun nehme ich diese hier. Sie stammt vom vorigen Förster, dem Vater der Wiesenbäuerin, der auch aus dem Dienst gemußt hat, aber wegen Unterschlagung und derartiger Dinge. Die Bäuerin hat gar oft daraus geschossen, als sie noch ledig war, und sie aus Impertinenz hier hängen lassen, ‚damit ich möcht’ das Schießen lernen‘, wie sie sagte. Jetzt werde ich laden, und die Kugel, die ich hineinthue, die trifft entweder den ‚Samiel‘ oder ich jage sie mir selbst durch den Kopf. Dann ist die Schande zu Ende und der Aerger auch!“

Er warf das Gewehr über die Schulter und schickte sich an, wieder fortzugehen.

„Du willst doch nicht etwa schon wieder in den Wald hinaus!“ suchte ihn die ältere der Frauen mit sanfter Mahnung zurückzuhalten. „Du bist ja soeben erst herein!“

„Freilich will ich wieder gehen! Es läßt mir weder Ruhe noch Rast, bis ich ihn fest habe und in das Gefängniß liefern kann. Habe ich nur erst das kleinste Zeichen, nur die geringste Spur von ihm, so wird er mein, und wenn er zehnmal kugelfest ist und tausendmal blauschießt, wie die Leute erzählen! Aber das ist es ja: man bekommt ihn nimmer vor das Auge und auch nichts von ihm jemals in die Hände. Alleweile nun gehe ich; lebt wohl!“

„Aber so iß doch erst, oder thu’ Dir wenigstens

etwas in die Tasche. Du hast seit gestern nichts genossen; wer soll das aushalten bei den Strapazen im tiefen Forst!“

„Nein, laßt mich gehn! Ich werde weder essen noch trinken, bis ich ihn habe, das will ich gleich hoch und theuer verschwören und geloben. Ob mich der Hunger umbringt oder die Angst und Bangigkeit um meine Stelle, das kommt am Ende doch nur auf Eins heraus!“

Er ging. Mutter und Tochter blickten ihm besorgt nach, bis er über die Blöße, auf welcher das Forsthaus lag, gegangen und sodann im Schatten der Bäume verschwunden war.

Ihr jetzt so unruhiges und schwer gewordenes Leben war früher ein durchaus glückliches gewesen und die Bewohner der Försterei lebten still und mit aller Welt in Frieden. Nur die Wiesenbäurin hatte es nie verschmerzen können, daß ihr Vater einst gezwungen gewesen war, dem jetzigen Förster Raum zu geben, und aus diesem Grunde jede Gelegenheit ergriffen, dem Letzteren ihre feindselige Gesinnung an den Tag zu legen. Aber außer diesem einen Falle besaßen die braven Bewohner des Blößenhauses trotz der schwierigen Lage, in welche ein gewissenhafter Forstbeamter sich den von ihrer Armuth auf die Holzlese angewiesenen Bewohnern des Gebirges gegenüber so oft versetzt sieht, das allgemeine Wohlwollen der ganzen Umwohnerschaft. Auch in ihrem häuslichen Kreise hatten stets Liebe und Eintracht gewaltet, wenn auch der verstohlene Wunsch eines jugendlichen Herzens es zuweilen wagte, sich leise gegen den Willen des strengen Vaters aufzulehnen. Aber das hatte seit länger als nun Jahresfrist eine Aenderung erlitten.

Pauline wußte noch ganz genau den Tag, welcher der letzte frohe und glückliche gewesen war. Der Hermann war wieder einmal im Dorfe gewesen; es hatte grad „Jungferntanz“ gegeben, wobei nicht die Bursche und Männer, sondern die Mädchen und Frauen zum Tanz aufforderten. Mit Keiner hatte er getanzt, Allen hatte er es abgeschlagen, sogar der Wiesenbäuerin, der reichen, schönen Wittfrau, die, wie man wohl wußte, früher einmal ein Liebesverhältniß mit dem schmucken Burschen gehabt hatte, und darum wagte sie es auch nicht, ihn aufzufordern. Da war er plötzlich hin zu Pauline gekommen und hatte mit so tiefem, freundlichem Auge gefragt:

„Warum bist Du doch so einsam hier, Paule? Willst Du denn nicht auch einmal den Tanz versuchen?“

„Mit wem denn? Sie haben fast Alle ihren Mann oder ihren Schatz, ich aber wohne draußen im Wald, bin gar selten hier im Ort und habe Keinen, zu dem ich mich halten kann.“

„So nimm mich als Schatz und tanze mit mir! Willst Du, Paule?“

Sie hatte nicht geantwortet. Es war die Erinnerung an vergangene Zeiten, in denen sie, das kaum erblühende Mädchen, vor der wilden und schönen Tochter des vorigen Försters hatte zurücktreten müssen, mit aller Bitterkeit in ihr aufgestiegen, aber ihren Arm — den hatte sie ihm doch gereicht. Und nun war es gewesen, als dürfe sie gar nicht zur Ruhe kommen. Bei jeder neuen Tour hatte er vor ihr gestanden und sie, ohne nach der heutigen Ordnung zu fragen, zum Reigen geführt. Auch der Wiesenbäuerin hatte das auffallen müssen. Sie war während einer Pause ganz in der Nähe gewesen und hatte gefragt:

„Der Herr Lakai hat wohl in der Fremde verlernt, wie es hier auf dem Jungferntanz Sitte und Regel ist? Das arme Ding da kann ja gar nicht mehr von ihm loskommen!“

„Weil das arme Ding dem ‚Lakai‘ viel lieber ist als die falsche Schlange, die zu nichts taugt als zum Zertreten!“ hatte er geantwortet und ihr dann den Rücken zugekehrt. Darauf waren sie mit einander fortgegangen und er hatte so lieb und gut zu ihr gesprochen und dabei den Arm um sie gehabt, grad als ob es mit dem „Schatz“ sein Ernst gewesen sei. Sie mußte noch heut an diesen schönen Heimgang denken, aber auch an das, was darauf folgte. Grad als sie die Blöße erreicht hatten, war ihr Vater von einem späten Gange aus dem Walde zurückgekommen und an der Thür mit ihnen zusammen getroffen.

„Was?!“ hatte er gerufen; „den bringst Du mir mit? Willst Du ihn wohl sofort von dannen lassen und gleich hineingehen in das Haus, Du unverständiges Kind!“

Sie hatte vor Bestürzung nichts erwiedern können und dem Befehle ohne Zögern Gehorsam geleistet. Doch im Flur war sie noch einen Augenblick lang stehen geblieben und hatte die Frage vernommen:

„Bitte, Herr Förster, wollt Ihr mir vielleicht sagen, warum Ihr mich in dieser Weise empfangt? Ich habe die Pauline in allen Ehren begleitet und darf mich darum wohl über Eure Rede wundern.“

„Ich dächte doch, hier gäb’s nichts zu verwundern! Als Dein Vater noch lebte — ich war damals erst Heger hier — da hielten wir gute Freundschaft und es galt für ausgemacht, daß ihr Beide, Du und die Pauline, ein Paar werden solltet. Sie hat Dich lieb gehabt -

gehabt und ist Dir vielleicht auch heut noch gut, Du aber hast ihr junges, treues Herz verachtet und bist einer Andern nachgelaufen, die Dir besser in die Augen stach. Aber der Försterswildfang hat Dich ausgezahlt und statt Deiner den reichen Wiesenbauer geheirathet, der dann vor Aerger über sein schlimmes Weib gestorben ist. Jetzt nun wäre die Pauline wohl gut genug? Geh fort, wir sind geschiedene Leute; Du bekommst sie nimmer!“

„Ich habe noch gar nicht gesagt, daß ich sie will, Förster. Ich brauche mir meine Frau nicht grad hier vom Dorf zu holen, denn es gibt der Mädchen schon auch anderwärts noch genug, und ich bin nicht der Mann, der um ein Weib zu betteln braucht; aber wenn ich sie möchte, so wäre die Jugendverirrung, welche Ihr mir vorwerft, mir doch vielleicht noch zu verzeihen. Ueberlegt Euch das und habt nun gute Nacht!“

So hatte der letzte glückliche Tag geendet. Am andern Morgen war Hermann wieder fort und der Vater fand den ersten Bock, den eine fremde Kugel niedergestreckt hatte, draußen im Walde liegen. Von nun an trieb der „Samiel“, dem fast in jeder Nacht irgend ein Wild zum Opfer fiel, sein unheimliches Wesen im Reviere, und das Leid zog ein in das Blößenhaus und auch in Paulinens Herz, größer und mächtiger noch als früher, wo es ein nur kleines und heimliches Plätzchen in dem verschmähten Mädchenherzen gefunden hat­te. —

„Hast Du die großmächtige Beule gesehen, die der Vater am Kopfe hat?“ frug jetzt die Mutter.

„Ja. Es muß doch ein fürchterlicher Schlag gewesen sein, den er bekommen hat. Du hättest ihm doch eine Salbe auflegen sollen!“

„Da wäre ich schön angekommen! Gar nicht erinnern durfte ich ihn daran, sonst wäre er gewiß gleich wieder in Zorn gerathen. Was ich für Angst ausgestanden habe, als er diese Nacht und auch am Morgen nicht nach Hause kam, das ist gar nicht zu beschreiben, und was soll jetzt erst daraus werden? — Wenn die Beiden zusammengerathen, er und der ‚Samiel‘, so geschieht ein Unglück, wie es bei uns noch keines gegeben hat. Wenn man nur wüßte, wer der heimliche Wilderer eigentlich ist! Man könnte dann doch vielleicht etwas thun, um das Unheil abzuwenden.“

Die Tochter blickte vor sich nieder. Ein schwerer Tropfen viel von ihrer Wimper.

„Du weinst, Paule! Du weißt, wer es ist?!“

„Nein, Mutter, ich weiß es nicht, aber der Vater denkt wer’s ist, und darüber könnt ich schier viel weinen.“

„Er denkt sich wen? Davon hat er mir noch nichts gesagt. Sprich, wen meint er?“

„Gesagt hat er auch mir noch nichts, aber ich höre es aus seinen Reden. Er glaubt nicht, daß der Hermann damals wirklich fortgegangen ist zu dem Grafen, der sein Hauptmann war und bei dem er nun Leibdiener ist, sondern er meint, daß er hier geblieben sei und ihm nun aus Nachsucht das Wild wegputze, um ihn aus der Stelle zu vertreiben. Der Hermann kennt jeden Schritt und Tritt im Walde und ist von den Soldaten her ein ebenso guter Schütz als wie der Vater. Darum soll er der ‚Samiel‘ sein.“

Sie erhob sich und verließ die Stube, um der Mutter ihre Thränen zu verbergen. Unter dem verblühten Flieder hinter dem Hause stand eine Moosbank; auf ihr saß sie lange, lange Zeit. Sollten alle die Hoffnungen, die sie still im Herzen trug, verwelken und verblühen wie die duftigen Traubendolden, deren ausgefallene Kelche rings den Boden bedeckten? Schon einmal war ein tödtlicher Hauch darüber hinweggegan­gen. —

„Sag, Paule, worein bist Du so sinnvertieft?“

Sie schrak aus ihrem Grübeln empor und blickte in dieselben Augen, die sie seit jenem Tage nicht hatte vergessen können, die ihr im Wachen und im Traume immer von Neuem erschienen waren und an die sie auch jetzt wieder gedacht hatte. Sie war zuerst erschrocken, als er sie so plötzlich anredete und gleich darauf neben ihr saß; sie konnte nicht antworten, grad wie damals im Saale; aber wie sie ihm ihre Hand dort dennoch gereicht hatte, so hob es auch jetzt ihre Arme empor, — sie schlangen sich um seinen Hals, und mit unterdrücktem Schluchzen lehnte sich das kleine Köpfchen gegen seine Brust. Er war wieder da nach so langer, schwerer Zeit, und nun wurde gewiß Alles gut, — einen anderen Gedanken hatte sie nicht mehr.

Ueberglücklich zog er sie an sich. Er hatte ja in seinem Dienste gelernt, auf das Fühlen und Denken Anderer Acht zu haben, und so erkannte er leicht, daß der unerwartete Empfang eine innere Vorbereitung gefunden haben müsse.

„Bist Du mir denn noch gut, Paule?“ flüsterte er.

Sie nickte.

„Auch noch wie früher, ehe ich zu — zu der Wiesenbäuerin gerieth?“

„Ja.“

„Und willst Du mir das verzeihen?“

„Gern, wenn Du nicht wieder zu ihr gehst!“

„Ich schau sie nimmer an!“

„Aber sie ist gar schön, fast schöner noch als früher! Und ich — ich darf mich da ja gar nicht zu ihr hin stellen.“

Er hob ihr rosiges, gutes Gesichtchen zu sich empor und erwiederte lächelnd:

„Du bist lieb und brav, und das ist tausendmal besser als schön! Darum habe ich auch immer nur an Dich gedacht, seit ich Dich zum letzten Male sah, und nun mein Herr gestorben ist und ich aus meiner Stelle frei geworden bin, habe ich herbei gemußt, um Dich zu sehen und auch zu erfahren, ob Du mich vergessen hast oder nicht. Ist Dein Vater daheim?“

„Nein; er ist im Walde.“ Sie hatte auf die kurzen Augenblicke das Leid der letzten Zeiten vergessen gehabt; jetzt kam ihr dasselbe wieder in den Sinn. „Ach, Hermann, wenn Du wüßtest, wie es bei uns steht! So traurig ist es noch nie gewesen, und wenn es so fortgeht, weine ich mich noch zu Tode!“

Sie theilte ihm Alles mit, was auf ihrem Herzen lag. Er hörte ihrem Berichte aufmerksam zu und frug, als sie geendet hatte, mit nachdenklich gedehnter Stimme:

„‚Samiel‘ — —? Wer hat ihm denn diesen Namen gegeben?“

„Ich weiß es nicht. Es kennt ihn ja Niemand, und so hat man den Namen des ‚Bösen‘ für ihn ausgesucht, der vielleicht besser paßt als ein anderer.“

„Und es hat sich wirklich niemals eine Spur von ihm entdecken lassen?“

„Nicht die geringste! Er muß den Wald fast noch besser kennen als der Vater.“

„Habt ihr nicht vielleicht auf die Gastwirthe und Wildprethändlern ein Augenmerk gehabt? Wenn er so grausam viel darniederschießt, muß er doch Hehler haben, die ihm seine Waare abnehmen!“

„Er verkauft ja seine Beute gar nicht, sondern läßt sie stets liegen, wo er sie getroffen hat. Er geht also nicht des Gewinnes wegen, sondern nur aus Passion in den Forst, das sieht man ja ganz deutlich, und dazu ist er ein Schütze, vor dem man eigentlich Respekt haben muß, denn auch beim schwersten Schusse sitzt die Kugel immer nur da, wo sie kunstgerecht aufzutreffen hat!“

Er sprang empor, seine Augen funkelten.

„Paule, jetzt weiß ich es bald, wer’s ist, und ich kann mir auch denken, warum er es thut! Es ist die Passion, die ihn hinaustreibt, die Leidenschaft, ja, aber eine ganz andere als ihr meint. Es gibt nur zwei Menschen, die das Revier so genau kennen, wie es für den ‚Samiel‘ nothwendig ist, ich und — und — und noch Jemand. Und es gibt nur Drei, die mit der Büchse so umzugehen verstehen wie er, Dein Vater, ich und — und — und wieder dieser Jemand. Er hat es thun können, blos weil ich nicht dagewesen bin, jetzt aber ist es aus mit ihm, jetzt werde ich ihn aufsuchen, und ich muß ihn finden! Habt ihr wirklich gar kein Zeichen, gar nicht irgend einen Gegenstand von ihm, eine Fußspur, einen Pfropfenrest, ein Stückchen Papier oder sonst etwas Geringes, aus dem man weiter schließen kann?“

„Nein; er ist gewaltig vorsichtig und hat nie etwas hinterlassen, denn — — aber warte, Hermann, jetzt fällt mir ein: heut in der Nacht hat er doch dem Vater ein Papier in die Tasche gesteckt, wo seine Schrift darauf zu lesen sein muß! Ich weiß zwar nicht, welche Tasche der Vater meint, aber seine Joppe hängt noch in der Stube; sie war von den Dornen zerrissen, und darum hat er die andere angezogen als er ging. Soll ich einmal nachschaun?“

„Ja, geh gleich, Paule! Aber laß die Mutter nicht erfahren, daß ich hier bin; sie hat der Sorgen schon so genug!“

Sie trat in das Haus. Nach einigen Minuten kam sie zurück und hielt ihm ein zusammengeknittertes Papier entgegen.

„Das ist Alles, was zu finden ist; ich habe selber noch nicht darauf gesehen.“

Er öffnete es mit sichtbarer Hast, strich die Falten aus und las dann die wenigen Bleistiftzeilen, denen man ansah, daß sie mit unsicherer Hand und beim Mondesscheine geschrieben worden seien. Dann legte er mit triumphirender Miene das Papier wieder zusammen und steckte es zu sich.

„Ist es das rechte, Hermann?“ frug das Mädchen. „Ja, ich sehe Dir es an!“

„Freilich ist es das richtige und ich glaube, der ‚Samiel‘ hat sich damit gefangen. O, er ist ein gar kluger und durchtriebener Bursche! Ich habe ihn mehr kennen gelernt als mir lieb gewesen ist! Aber es ist kein Kopf so schlau und fein, daß er nicht auch einmal eine Unvorsichtigkeit begeht. Das Papier, das nehme ich mit!“

Sie blickte halb freudig, halb besorgt zu ihm empor.

„Ist es wahr, daß Du ihn fassen kannst?“

„Fast ganz gewiß!“

„Aber die Gefahr, welche dabei ist! Willst Du das Wagniß allein unternehmen?“

„Das ist noch unbestimmt und muß sich erst zeigen. Aber schau mich doch an, Paule! Denkst Du wirklich, daß ich mich vor Jemandem zu fürchten brauche?“ Er stellte sich vor sie hin und reckte seine kräftige Gestalt mit zuversichtlichem Lächeln empor. „Oder hast Du jemals vernommen, daß mich irgend Jemand bezwungen und geworfen hat?“

Sie schüttelte ebenfalls lächelnd den Kopf.

„O nein; Du warst ja stets bekannt als der Schnellste und auch Stärkste hier im Dorfe; aber der ‚Samiel‘ ist doch jedenfalls kein gewöhnlicher Gegner. Sag’, wer es ist, Hermann?“

„Das kann ich nicht, Paule! Bis jetzt vermuthe ich es nur; sobald ich es gewiß weiß, bist Du die Erste, die es erfährt. Jetzt nun gehe ich; aber ich glaube, Du wirst bald wieder von mir hören. Leb wohl!“

„Leb wohl, Hermann! Ich danke Dir gar sehr für den Trost, welchen Du mir gegeben hast; aber bitte, nimm Dich ja recht gut in Acht, damit Du nicht zu Schaden kommst. Sag lieber dem Vater, was Du thun willst, der wird Dir ja beistehen müssen!“

„Ich will mir es überlegen!“

Er schritt eilends über die Waldblöße und schlug dann den Weg ein, welcher von dem Forsthause nach dem Dorfe führte. Allmählig aber wurden seine Schritte langsamer, das Nachdenken minderte ihre Schnelligkeit. Auch in der Ferne schon hatte er von dem ‚Samiel‘ gehört, doch war das, was man sich erzählte, mehr ein Märchen als ein wahrheitstreuer Bericht gewesen. Was er jetzt von Pauline vernommen hatte, war dagegen nur zu sehr geeignet, sein lebhaftes Interesse zu erregen. Die Vermutungen, welche die ungewöhnliche Ortskenntniß und Schußsicherheit des Wilderers in ihm erregt hatten, waren durch die Schriftzüge vollständig bestätigt worden. Er kannte diese verzogenen, wirren Buchstabenreihen; sie waren ein deutliches Charakterbild des Schreibers. Wie oft hatte er ähnliche Zeilen in der Hand gehabt, auf’s Papier geworfen in Feld oder Wald; wie oft hatten sie ihn mit Seligkeit erfüllt, wie oft ihn in das tiefste Leid geschleudert; wie oft hatten sie seine festesten Vorsätze wankend gemacht und ihn immer wieder hinausgezogen in den Forst!

An einem der letzten Bäume lehnte eine weibliche Gestalt, welche bei seinem Nahen sich vom Stamme löste und auf ihn zutrat. Es war die schöne Wiesenbäuerin, die hier offenbar auf ihn gewartet hatte.

„Da bist Du ja endlich wieder! Hast Du meinen Brief erhalten, Hermann?“

„Erhalten habe ich ihn, ja, aber aufgemacht und gelesen nicht. Ich wollte die Annahme nicht verweigern, weil er sonst erbrochen worden wäre, und das mochte ich Dir doch nicht anthun. Lieber bringe ich ihn selber zurück. Hier hast Du ihn!“

Ihr großes, dunkles Auge flammte zornig auf; mit einer kurzen Bewegung des Kopfes warf sie die reichen rabenschwarzen Locken nach hinten und trat ihm rasch um einen Schritt näher.

„Was?! Empfangen hast Du ihn, aber gelesen nicht — den Brief von mir, von der Wiesenbäuerin nicht gelesen? Und warum denn nicht, wenn ich fragen darf? Wohl wegen der Dirne dort, mit der Du schön und zärtlich gethan hast fast eine ganze Stunde lang? Ich habe es gar wohl gesehen; ich stand am Busch und sah Dich zu ihr schleichen!“

„Das ist mir recht, denn da hast Du gleich die Antwort gesehen auf das, was hier in Deinem Briefe jedenfalls zu lesen steht. Aber nimm ihn endlich hin, sonst muß ich Dir ihn zuschicken.“

„So willst Du wirklich gar nichts von mir wissen?“

„Nichts, gar nichts, selbst nicht das Geringste von dem, was man vom Nagel herunterschabt. Ich brauche es Dir gar nicht mehr zu sagen, Du hast es schon hundertmal gehört.“

„So gib her!“ rief sie mit dem Fuße stampfend. Und das Papier ihm aus der Hand nehmend und in Stücke reißend fuhr sie fort: „Aber dabei merke: so wie ich hier mein Schriftwerk zernichte, so zerreiße ich auch meine Liebe zu Dir, und ebenso werde ich Dich und die Paule vernichten, wenn ich euch wieder so zu sehen bekomme wie vorhin!“

„Thue es, wenn Du’s vermagst!“ antwortete er kalt.

Sie hatte sich umgedreht und ging. Schon einige Schritte von ihm entfernt, blieb sie wie unter einem Entschlusse stehen, wandte sich dann wieder zurück und trat rasch auf ihn zu. Seine beiden Hände erfassend, schaute sie ihm mit glühenden Blicken in das ruhige Auge:

„Hermann, laß mich nicht so von Dir gehen, es ist Dein Unglück und auch das meinige! Du kennst mich; Du weißt, daß meine Liebe nicht ist wie Anderer Liebe und daß ich den Wiesenbauer nur aus Eigennutz genommen habe. Du hattest nichts und ich noch weniger; der Vater war aus dem Amt gejagt und die reiche Heirath half uns aus der Noth. Ich will Dir es zuschwören, daß ich mit dem Bauer ärger noch gelebt habe als wie im Zuchthause. Ich konnte nicht von Dir lassen, ich habe es gefühlt in meiner Ehe und Dich deshalb aufgesucht so oft es nur möglich war. Wenn Du mich von Dir stößest, so gehe ich zu Grunde, aber ich nicht allein, das sage ich Dir; Du mußt auch mit!“

Die Versicherung ihrer Liebe war keine Lüge, man sah es dem verführerisch schönen Weibe an. Hundert Andere hätten in ihrer Entschlossenheit gewankt, er aber entzog ihr seine Hände.

„Thue was Du willst! Ich muß Dich verachten

und mich schämen, daß Du einst mein Schatz gewesen bist. Dein Leben ist nichts gewesen als ein Aufruhr gegen das, was anderen Frauen heilig und werth ist, und von diesem Sinne kannst Du nimmer lassen. Vor Deiner Rache habe ich keine Bangigkeit, und darum sage ich Dir ganz offen, daß ich die Pauline heirathen werde. Ich habe mir so viel gespart, daß ich den Haushalt beginnen kann, und ich denke, auf dem ‚Lakai‘ seinem Eigenthum wird wohl Glück und Segen ruhen, da er es nicht durch Untreue und Wortbrüchigkeit erworben hat.“

„Hermann, ich bitte Dich tausendmal, sag’, daß dies nicht Dein Ernst ist!“ Sie ergriff seine Hände abermals.

„Grad so habe ich auch gesagt damals, als Du mir den Abschied gabst! ‚Es kann nicht Dein Ernst sein, Lisbeth — ich bitte Dich tausendmal!‘ Und was gabst Du mir zur Antwort? Du lachtest und sprachst: ‚Bitte’ so viel Du willst; ich mag Dich nicht mehr sehen!‘ Schau, es kommt für jede Schuld die Strafe, und der liebe Gott ist der gerechteste unter allen Richtern. Er nimmt den Lohn aus der That heraus und vergilt grad immer nur mit dem, womit man fehlt und sündigt. Dasselbe Wort, mit dem Du mich damals fast getödtet hast, mußt Du jetzt von mir vernehmen, und dieselben Qualen, die ich sodann erduldet habe, die wirst nun auch Du erleiden. Ich will Dir wünschen, daß Du sie so überwindest, wie ich sie überstanden habe!“

„Nein, ich erdulde sie nicht und ich überwinde sie nicht!“ rief sie voll Leidenschaft, indem sie die Arme stürmisch um ihn schlang. „Du bist mein Leben und mein Seligkeit; meine erste und einzige Liebe hat nur Dir gegolten, Dir allein; ich will Dich haben, ich muß Dich haben, und wenn das nicht sein soll, so gilt mir Alles gleich, ob ich todt bin oder lebendig, ob Du stirbst oder lebst! Hermann, Du weißt, wie bitter die Armuth ist; laß von der Pauline und Du sollst Wiesenbauer werden. Ich will Dir gehorchen; jedes Wort, was ich spreche und Alles, was ich thue, soll Dir beweisen, daß ich nichts sein will, als nur Deine Magd, die glücklich ist, wenn Du mit ihr zufrieden bist und sie einmal freundlich anschaust. Willst Du?“

Es gelang ihm nur mit Anwendung von Gewalt, sich aus ihrer Umarmung zu befreien.

„Laß los; mich verlangt gar nimmer, Wiesenbauer zu werden. Was Du mir heute versprichst, das hast Du mir früher schon oft versprochen, aber Du kannst es gar nicht halten. Es treibt Dich zum Bösen, auch wenn Du grad das Gute willst, und das Feuer, welches in Dir brennt, kennt weder Ziel noch Schranke; es wird Dich selbst vernichten!“

„Ist das Dein fester Wille und Vorsatz, Hermann? Ueberlege es wohl vorher!“

„Mein fester! Du dauerst mich, aber ich kann nicht anders.“

„So fahre hin. Du elender Wicht! Fahr hin und geh zu Grunde mit Deiner sauberen Liebsten!“

Sie stieß ihm die Faust vor die Brust, daß er zurücktaumelte, und verschwand dann zwischen den Bäumen. Er stand eine Weile auf demselben Platze und sprach vor sich hin:

„Was wäre das für ein Weib, wenn sie so sein könnte, wie sie zur guten Stunde oft sein will! Wie oft bin ich fast wahnwitzig über sie geworden; nun aber ist es mit ihrer Macht vorbei und die Pflicht gebietet mir, der Schlange das verderbliche Gift zu nehmen, so schwer es mir auch wird!“

2.

Der Mond schien heute so hell wie gestern. Der Förster hatte sich ermüdet in die duftende Haide gestreckt und unterwarf in Gedanken die Bewohner der vor ihm liegenden Häuserreihe des Dorfes einer sorgfältigen Musterung. Der ‚Samiel‘ konnte unmöglich in einem fremden Orte zu Hause sein. Und doch wollte alles Sinnen und Grübeln zu keinem Resultate führen; es gab eben unter den Nachbarn keinen einzigen, auf den ein begründeter Verdacht geleitet werden konnte.

„Es bleibt dabei,“ meinte er endlich, sich erhebend, „ich kann forschen und vergleichen so viel ich will: der Hermann ist’s! Er hat weder Vater noch Mutter mehr oder sonst ein Anverwandtes, braucht nur für sich zu schaffen und kann also thun und lassen was er will. Bei ihm ist es gleich, ob er irgendwo dient oder sich im Forst herumtreibt, und den kennt er ja fast besser noch als ich. Er und die Lisbeth sind Tag für Tag und oft bis in die tiefe Nacht hinein darin herumgestrichen, als sie noch Kinder waren, und später ist es wohl auch nicht viel anders gewesen. Schießen kann er auch wie Einer, und wenn ich die Rache für meine Abweisung hinzufüge, so bin ich mit mir einig. Aber ich werde ihn ganz sicher noch bekommen, vielleicht gar noch heute! Gestern ist er diesseit vom Dorfe gewesen, heute wird er also wohl nach jenseit hinüber gehen, und ich kann ganz gut vermuthen, bei welchem Wechsel er dort sich niederlegt. Am besten ist’s, ich komme eher als er, darum muß ich fort von hier!“

Er schritt auf das Dorf zu, um es quer zu durchschneiden. Sein Weg führte ihn hart an dem Wirthshause vorüber, vor welchem innerhalb der Umzäunung an einigen zusammengerückten Tischen die gewohnten abendlichen Stammgäste Platz genommen hatten. Auch er saß zuweilen ein Stündchen in ihrer Reihe und würde sich wohl auch jetzt für eine kurze Zeit zu ihnen gesellt haben, wenn ihn nicht sein heutiger Vorsatz daran verhindert hätte. Schon stand er im Begriffe, unbemerkt vorüber zu gehen, als er ein Wort vernahm, welches ihn zum Stehenbleiben veranlaßte.

„Und nun kommt das Funkelnagelneueste, was heute in der Nacht passirt ist. Habt ihr es schon vernommen?“

Es war die Wiesenbäuerin, welche sprach. Sie saß häufig dort mitten unter den Männern und trank ihr Glas Bier. So hatte sie es gehalten, seitdem sie Bäuerin war, und es fiel auch nicht besonders auf, da man dergleichen Ungewöhnlichkeiten bei ihr längst gewohnt war.

„Der ‚Samiel‘ hat wieder einen Zwölfer geschossen,“ fuhr sie fort, „und dabei den Förster an den Baum gebunden. Ich vernahm es von dem Beihüter, der das Thier hat holen müssen.“

Die Neuigkeit wurde unter allgemeiner Theilnahme für den Förster aufgenommen. Man bedauerte ihn auf das Lebhafteste und wünschte ihm Glück bei dem Bestreben, den räthselhaften Wilderer endlich festzunehmen.

„Ja, ein guter Kerl mag er sein,“ meinte die Erzählerin, „das will ich euch gar nicht bestreiten, aber an der Klugheit mangelt es ihm gewaltig. Er hat den ‚Samiel‘ bei der Treffschau überrascht, ihn mit dem Kolben niedergeschlagen und ihm sodann die Arme verschnürt. Der aber ist bald wieder bei Besinnung gewesen, und während nun der Förster ausweidet, zerreißt er die Schnur und macht sich über ihn her, so daß er ihn wirklich an den Baum festbringt. Ist das nicht eine Schande für euern Blößenjäger?“

„Nein,“ antwortete eine Stimme, bei deren Klange der Förster überrascht aufhorchte, „eine Schande für ihn ist es nicht, wohl aber eine Lüge von Dir, Wiesenbäuerin! Er hat den Schuß von fern gehört und ist herbeigeeilt; während er nun vorsichtig durch die Büsche schaut und Niemanden bei dem Zwölfer erblickt, erhält er von hinten den heimtückischen Schlag, der ihn betäubt, und als er später aufwacht, ist er angebunden. So ist es gewesen, und so unehrlich und hinterlistig wie der Schlag war, ist auch Deine Lüge!“

„Menge Dich nicht ein, Lakai, sonst muß man denken, Du bist der ‚Samiel‘, weil Du Alles so sehr genau zu erzählen vermagst! Es ist so wie ich sagte, und wer es nicht glauben will, der kann es ja bleiben lassen. Dein Schwiegervater ist nun einmal nicht der Mann, der dem ‚Samiel‘ gewachsen wäre. Ich kenne den Förster besser als ihr alle mit einander, er war ja der Heger bei meinem Vater, und als er den um das Brod brachte und selber Förster wurde, besaß er nicht einmal ein gescheidtes Gewehr, weshalb ich ihm aus Gnade und Barmherzigkeit meine Büchse zurückgelassen habe, damit er könnt’ das Schießen lernen. Er kann es heute noch nicht!“

„Kannst Du es vielleicht besser, Wiesenliese?“ klang es da über den Zaun herüber.

„Besser als Du doch immer! Ich ging noch in die Schule, da schoß ich die Eichel vom Baume herab, Du aber hast kaum den Stamm getroffen. Komm herein und bring Deine Hollunderflinte mit, wenn Du Dich mit mir messen willst!“

„Da bin ich schon!“ gab er, herzutretend, zur Antwort. Es trieb ihn theils der Zorn, theils auch die unerwartete Anwesenheit Hermanns herbei; er wurde durch den Umstand, daß dieser den nächtlichen Vorgang so genau zu erzählen wußte, in seiner bereits ausgesprochenen Vermuthung bestärkt und dachte, hier vielleicht irgend einen Anhaltspunkt zu finden. „Doch mit dem Messen ist es heute nichts. Die Büchse ist zwar geladen, aber die Kugel, welche darinnen steckt, bekommt nur der ‚Samiel‘!“

„Das ist nur eine Ausrede; Du kannst ja wieder laden!“

„Nein, ich habe es geschworen und sie bleibt also drinn für ihn. Ich stehe Dir schon noch ein andermal zu Diensten, und da wird es sich ja finden, wer den Stamm und wer die Eichel trifft, Du oder der, von dem Du erst gelernt hast, das Gewehr richtig anzufassen. — Und Du,“ wandte er sich an Hermann, „woher weißt Du denn so perfekt, wie es heute Nacht zwischen mir und dem ‚Samiel‘ gegangen ist?“

„Ich habe es gehört.“

„Von wem?“

„Das werde ich Euch vielleicht später einmal sagen.“

„So ist kein gutes Gewissen dabei. Hast Du gerechte Sache, so sage es gleich!“

„Wenn Ihr in dieser Weise kommt, so muß ich schon reden! Die Pauline hat es mir erzählt.“

„Die Pauline? So hast Du mit ihr gesprochen! Wo bist Du bei ihr gewesen?“

„Am Forsthause heute gegen Abend.“

„Das laß mir fernerhin nur bleiben! Du kennst

einmal meinen Willen — das Mädchen ist nicht für Dich, und wenn Du zehnmal den Leuten weiß machst, daß Du ein herrschaftlicher Leibdiener bist, Du bekommst sie nicht!“

„Und doch bekomme ich sie!“ entgegnete Hermann, zornig darüber, daß der Sprecher diese Angelegenheit so öffentlich und vor den Ohren der Wiesenbäuerin zur Verhandlung brachte.

„Nicht um die Welt, sage ich!“

„Das mag sein, denn die Welt vermag ja Keiner zu bieten, und ich erst recht nicht.“

„Auch sonst um keinen Preis!“

„Um keinen?“

„Um keinen; er kann so hoch sein wie er will!“

„Oho! Auch um den ‚Samiel‘ nicht?“

Der Förster trat erstaunt zurück. Wollte der junge Mann ihn etwa verhöhnen, oder war die so sorgsam gehegte Vermuthung doch vielleicht ein falsche?

„Um den ‚Samiel‘?! Wie kommst Du auf diesen?“ fragte der Förster.

„Weil er der einzige Preis ist, den Ihr gelten laßt. Oder nicht?“

„Ja, den ‚Samiel‘, den laß ich als Preis gelten, um den kannst Du sie bekommen!“

„Gut!“ rief Hermann triumphirend, „so werde ich Euer Schwiegersohn, denn ich weiß, Ihr werdet Wort halten, und hier sind ja auch der Zeugen mehr als genug. Wann wollt Ihr ihn haben?“

Die Verwunderung des Forstbeamten steigerte sich bis zum höchsten Grade und auch die Anderen saßen

mit geöffnetem Munde dabei und konnten sich das selbstbewußte Auftreten Hermanns unmöglich erklären. Seine Frage klang ganz so, als handle es sich nur um die Lieferung irgend eines alltäglichen und ganz gewöhnlichen Gegenstandes.

„Ich habe heute gelobt, weder zu essen noch zu trinken bis er in meiner Hand ist. Und die Kugel hier in der Büchse soll entweder ihn treffen oder mich. Mach also schnell!“

„So sollt Ihr ihn heute noch bekommen!“

„Heute noch?“ frug der Förster, und „heute noch?“ klang es auch außer einem einzigen Munde von Aller Lippen.

„Ja, heute noch! Ich kenne ihn ganz genau, ihn und seinen Schlupfwinkel; ich weiß sogar, wo er sich grad jetzt in diesem Augenblick befindet.“

„Wo denn? Sage es schnell!“ wurde er stürmisch aufgefordert.

„Da bist Du es wohl selber, wie ich schon vorhin gesagt habe?“ frug die Wiesenbäuerin höhnisch, aber sie war bei seinem Worte zusammengezuckt und bleich geworden.

„Soll ich Dir ihn zeigen?“

„Ich sehne mich nicht nach Deiner Komödie. Das Zeigen hilft Dir nichts, ich glaube ja doch nicht daran. Ein Wildschütz muß mit der Waffe in der Hand und auf der That ergriffen werden!“

„Auch das kannst Du haben! Kommt mit mir, Förster, ich gebe Euch mein Wort, schon in der nächsten Stunde steht er vor Eurer ‚Hollunderflinte‘, und

dann könnt Ihr ihm zeigen, was Ihr gelernt habt. Er muß hin­aus, es geht nicht anders!“

„So gehe ich mit! Aber ich glaube Dir erst dann, wenn ich ihn gebunden und gefesselt in meiner Stube liegen sehe. Hast Du ein Gewehr?“

„Ich brauche keins. Der Lakai faßt den ‚Samiel‘ blos mit der Hand! Und wenn Ihr ihn lieber in Eurer Stube als draußen im Walde schnüren wollt, so werde ich auch dieses möglich machen. Ich stimme Euch gern bei; es ist bequemer!“

Er leerte sein Glas und schritt davon; der Förster folgte ihm. Die Uebrigen sahen sich mit zweifelhaften Mienen an und schüttelten die Köpfe. Der Wirth nahm zuerst das Wort:

„Es wäre doch wirklich ganz absonderlich,“ meinte er, „wenn der Hermann die Wahrheit gesagt hätte und sein Versprechen hielte! Ein Lügner und Windbeutel ist er nicht, das wissen wir Alle, und ein muthiger Streich ist ihm auch wohl eher zuzutrauen, als gar manchem Anderen. Ich denke, Ihr bleibt hier, bis die Frist vorbei ist, die er sich selbst gesetzt hat — vielleicht erfahren wir dann, was es draußen gegeben hat!“

Der Vorschlag wurde, eine einzige Stimme abgerechnet, von Allen angenommen.

„So ist es recht; so machte ich es auch, wenn ich der Wirth hier wäre!“ lachte die Wiesenbäuerin. „Ich ließ die Gäste gar nimmer fort; das bringt Zechgeld und auch Vergnügen, denn wenn wir wegen dem Märchen, welches euch der Lakai aufgebunden hat, bis zum Morgen sitzen bleiben, so gibt es in der Frühe ein Gelächter -

Gelächter im Dorfe, von dem der Kirchthurm wackelt. Ich bin nicht so dumm wie ihr, und werde schlafen geh’n. Gute Nacht!“

„Gute Nacht, Wiesenbäuerin,“ antwortete der Wirth; „Ihr wollt dem Hermann nicht zutrauen, daß er sein Versprechen einlöst, wir aber denken besser von ihm, und es muß sich ja bald zeigen, wer Recht behält!“

Sie lachte nur höhnisch und schritt hierauf rasch von dan­nen. —

Vielleicht eine halbe Stunde darauf, während die Gäste noch immer im Wirthshause saßen, sich die Zeit durch allerhand Erzählungen kürzend, kam ein Mann von einem nahegelegenen großen Gehöfte, horchte vorsichtig in die Nacht hinaus und eilte dann mit hastigen Schritten querfeldein der Höhe zu, von welcher der Rand des Forstes dunkel herniederblickte. Den hellen Mondschein vermeidend, suchte er so viel wie möglich den Schatten der zerstreut umherstehenden Büsche zu benutzen; mußte er aber nothgedrungen einmal eine der lichteren Flächen durchlaufen, so war Gestalt und Kleidung deutlich zu erkennen. Von mittlerer, untersetzter Statur, zeigte er einen vollen, kräftigen Gliederbau; ein dichter, schwarzer Bart verdeckte die untere Hälfte des Gesichtes, doch ließ die Gewandtheit, mit welcher er das schwierige Terrain überwand, auf ein noch jugendliches Alter schließen. Er trug eine kurze, bequeme Joppe, hatte die Hosen in die niedrigen Stiefelschäfte gesteckt und den Hut so tief über die Stirn hereingezogen, daß die breite, heruntergeschlagene Krempe noch zu einem andern Schutze als dem gegen die unschädlichen Strahlen des Mondes bestimmt zu sein schien.

Als die steile Strecke überwunden war, blieb er athemholend stehen.

„Er hat Recht,“ murmelte er vor sich hin, „ich muß hin­aus; ich habe ja meine Gewänder draußen im Loche und die Gewehre und noch vieles Andere, was mich verrathen muß. Heut ist der schlimmste Tag in meinem Leben; aber mir gilt nun auch Alles gleich: ich schieß’ sie Beide nieder! Oder denkt der Hermann etwa, ich habe kein Gewehr außer dem in meinem Verstecke? Wart’, gleich werde ich eins holen und dann wehe ihnen!“

Ohne auf die dichten Zweige zu achten, drang er in das Dunkel des Waldes ein und hielt nach kurzem Laufe vor einem Baume, dessen Stamm von dichtem Unterholz umgeben war.

„Der ist hohl, dies weiß nur ich, und drin steckt dem Förster seine Doppelbüchse, die ich ihm gestern abgenommen habe. Sie ist geladen; das gibt für Jeden einen Schuß. Nun aber wieder fort!“

Die sichere Schnelligkeit, mit welcher er sich fortbewegte, war bewundernswerth; er schien trotz des Dunkels jeden Baum, jeden einzelnen Strauch zu kennen. Es dauerte eine lange Zeit, ehe seine Schritte langsamer und vorsichtiger wurden. Er bewegte sich jetzt in dem Bette eines ausgetrockneten Baches, dessen Quell wohl schon seit langer Zeit versiegt war; je weiter er kam, desto größer wurde seine Vorsicht, und fast zitternd erhob er die Hand, um endlich einen Steinhaufen, welcher den Weg versperrte, zu betasten.

„Der Faden ist noch da, den ich darübergespannt habe; sie sind noch nicht dagewesen!“ jubelte er innerlich. -

innerlich. „Rasch hinein und schnell Alles verbrannt, was mir gefährlich ist!“

Mit der bisher beachteten Vorsicht war es vorbei. Rechts und links flogen die Steine zur Seite und es wurde eine Oeffnung frei, in welche er hineinkroch. Bald leuchtete ein greller Lichtschein auf und die angezündete Talgkerze erhellte einen Raum, dessen hintere Wand eine zweite Oeffnung zeigte. Der Mann ließ entsetzt das Licht fallen.

„Es ist leer. Sie sind von der anderen Seite hereingekommen und haben Alles mitgenommen! Das konnte ich mir gleich zuvor denken; der Hermann hat ja selbst das Loch gebaut unter der alten eingestürzten Brücke und weiß grad so gut Bescheid wie ich. Nun bin ich verloren, denn nun haben sie die Beweise! Doch nein, noch ist es Zeit, noch ist Rettung möglich! Sie sind ganz sicher mit den Sachen nach dem Forsthause. Ich springe nach; ich muß Alles wieder haben, was hier gewesen ist. Ich entreiße es Ihnen, und sollte ich dabei etwas thun vor dem sich Andere grauen!“

Er verließ das Versteck, nahm das zurückgelassene Gewehr wieder auf und eilte nun den Weg zurück, den er gekommen war. In kurzer Zeit lag jetzt das Dorf vor ihm; er ließ es seitwärts liegen und bog nach dem Blößenhause ein. Bei der Stelle angekommen, wo heute Hermann auf die Wiesenbäuerin gestoßen war, verweilte er einen kurzen Augenblick und stieß drohend das Gewehr auf den Boden.

„Ja, mir gilt es gleich, ob ich schießen muß oder nicht; es ist nicht schade um ihn. Ich thue es, wenn’s nöthig ist!“

Am Rande der Blöße legte er sich nieder und kroch vollständig geräuschlos bis an die hintere Seite des Hauses, welche im Schatten lag. Hier blieb er einige Augenblicke ruhig und bewegungslos.

„Nun gilt es, zehnfach Achtung geben! Der Hermann will mich in der Stube fangen und kann mir darum wohl gar hier eine Falle bereitet haben. Wir wollen sehen, wer der Schlaueste von uns Beiden ist!“

Niemand hatte ihn bemerkt. Er erhob sich an einem der Fenster und legte das Auge an eine Ladenspalte, durch welche ein schmaler Lichtstreifen schimmerte. Hiebei bemerkte er, daß der Laden nicht geschlossen, sondern nur angelehnt war.

„Das sind mir die Rechten; nehmen es mit dem ‚Samiel‘ auf und vergessen, die Fenster zu schließen! Ja, da sitzen sie, der Hermann und der Förster, und meine Sachen liegen daneben auf der Erde. Die Unvorsichtigen haben gar ihren Rücken gegen das Fenster gekehrt, so daß sie mich überhaupt nicht bemerken können. Jetzt gilt es! — — Soll ich schie­ßen — —? Ja, ich schieße — ich muß ja, wenn ich nicht in das Zuchthaus will!“

Er nahm langsam und noch zögernd das Gewehr empor.

„Jetzt stehe ich zwischen Tod und Leben, zwischen Himmel und Hölle! Ist mir’s wirklich gleich, was ich thue? Erst wollte ich nur den Förster von der Stelle treiben, des Vaters halber und auch von wegen dem Hermann und der Pauline. Kann ich dafür, daß es weiter geht? Was sagte er denn heut? Ich hätte den Teufel in der Seele, der mich zum Bösen treibt? Nein, Lakai, nicht den Teufel, sondern Dich habe ich in der Seele, Du bist an Allem Schuld, Du allein treibst mich immer tiefer in das Böse hinein und hast es auch jetzt nicht anders gewollt! Fahre hin, Du und der Alte dort — — ich schieß!“

Er zog den Laden so weit als nöthig herüber und, ohne in seiner Aufregung die im Zimmer Sitzenden nochmals genauer anzusehen, legte er schnell an. Im selben Augenblicke krachte auch ein Schuß durch die lautlose Nacht, noch einer — — — ein schallendes Gelächter ertönte hinter ihm.

„Seit wann schießt der gewaltige ‚Samiel‘ denn auf Puppen statt auf Zwölfer? Diese Art von Wild treffe ich mit meiner Hollunderflinte wohl auch!“

Der Schütze stand da, das Gewehr noch im Anschlage, und starrte mit weit aufgerissenem Auge den Förster an. Ein Zweiter trat hinzu und zog ihm den tief hereingedrückten Hut vom Kopfe. Hermann war es.

„Der ‚Samiel‘ trägt ja Locken grad wie die Wiesenbäuerin! Nimm den Bart weg, Lisbeth!“

Ein Schrei, so furchtbar und entsetzlich, als stoße ihn ein wildes Thier in der größten Todesnoth aus, entrang sich der Brust des entlarvten Weibes; dann ließ sie die Büchse fallen und brach lautlos zusammen.

„Die hat genug!“ meinte der Förster. „Greif zu, Hermann, damit wir sie in die Stube bringen!“

Beide trugen die Unselige hinein, dann rief der Förster die beiden Frauen herbei, welche eingeweiht gewesen waren und in einem der oberen Räume mit ängstlicher Spannung auf das Ergebniß der Kriegslist gewartet hatten.

„Kommt her, wir haben sie! Der Hermann hat sein Wort gehalten und den Preis gezahlt. Geh hin zu ihm, Pauline, und danke ihm, daß er uns befreit hat von dem Feinde, der unser Unglück wollte!“

Trotz des ernsten Augenblickes strahlte ein wonniges Lächeln auf dem Angesichte des Mädchens, als es zum Geliebten trat und ihm nun vor den Augen der Eltern die Hand bot.

„Der Dank bleibt mir gewiß,“ meinte Hermann. „Nimm Dich jetzt mit der Mutter der Bäuerin an, damit ihr das Bewußtsein wiederkommt!“

Noch waren die beiden Frauen mit der Ohnmächtigen beschäftigt, die schon Zeichen des zurückkehrenden Lebens von sich gab, als draußen an die Thür klopfte und auf die Frage des Försters sich die Stimme des Wirthes vernehmen ließ.

„Wie ist es gegangen, Blößenförster? Wir haben die Schüsse gehört und uns gleich aufgemacht, um nachzuschauen, wie es steht.“

„Kommt herein, wenn Ihr es sehen wollt!“

Er ging hinaus, um zu öffnen. Es fehlte keiner der Gäste, und unbeschreiblich war ihre Verwunderung, als sie vernahmen und sahen, wer der gefürchtete Wilddieb gewesen war. Alles drängte sich herbei, um die Bäuerin in Augenschein zu nehmen, und bei der außerordentlichen Bewegung, welche rings im Kreise herrschte, bemerkte Keiner, daß die Gefangene zuweilen einen verstohlenen Blick unter den gesenkten Wimpern hervorwarf, um ihre Umgebung zu durchmustern.

Die Besinnung war ihr vollständig zurückgekehrt, sie erkannte, daß Rettung unmöglich sei und keine Macht der Erde ihr mehr helfen könne. Dort an der Wand hing die „Hollunderflinte“, die sie einst dem Förster zurückgelassen hatte. Sie war geladen; die Kugel sollte ihn oder den ‚Samiel‘ treffen, wie er geschworen hatte. Noch lange lag sie unter finstern Gedanken regungslos

und ließ die Schmähungen der Umstehenden über sich ergehen. Plötzlich aber tönte ein allgemeiner Schrei durch das Zimmer. Sie war emporgesprungen, hatte die im Wege Stehenden, die einen solchen Angriff nicht erwarteten, bei Seite gestoßen, das Gewehr herabgerissen und war durch die noch offen stehenden Thüren davongesprungen.

„Ihr nach, ihr nach!“ rief der Förster, indem er zugleich das Beispiel gab und ohne Verzug in die mondeshelle Nacht eilte.

Die Andern folgten. Sie kamen eben noch rechtzeitig, um die Fliehende am Rande der Blöße verschwinden zu sehen. Sie hatte den Weg nach dem Dorfe eingeschlagen. Wollte sie nach Hause? Die Antwort sollte den Verfolgenden bald werden. Ein Schuß krachte, Hermann hatte den Förster überholt; als er an die Stelle kam, wo er in der Abenddämmerung mit ihr gerungen hatte, stieß sein eilender Fuß an einen im Wege liegenden Körper. Er hielt den Schritt zurück und bückte sich ahnungsvoll zur Erde. Sie war es!

Bald standen die Uebrigen bei ihm. Der Förster untersuchte die Todte; die Kugel war ihr grad in das Herz gedrungen.

„Der ‚Samiel‘ hat ausgespielt,“ meinte er, nicht weniger ergriffen als die Andern. „Gott sei der armen Seele gnädig! Laßt uns ein Vaterunser beten!“

Die Männer entblößten ihre Häupter und falteten die Hände. Auch Hermann folgte der Aufforderung des alten rauhen Mannes. Er fühlte sich im tiefsten Herzen gepackt von dem Schicksale, welches die einst von ihm Geliebte ereilt hatte. „Fahr hin und geh’ zu Grunde!“ hatte sie ihm vorhin in besinnungslosem Grimme zugerufen — das Schicksal hatte es anders gewendet und dieser Fluch war der Abschluß ihres eigenen Lebens geworden.