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Zum Gedächtniß König Alberts.

Von Karl May. (Eingesandt.)

— 1849. —

Horch! Klingt das nicht wie ferner Schwerterklang?

Die Marsch bebt unter dampfenden Schwadronen.

Es jagt der Tod den weiten Plan entlang

Und erntet unter brüllenden Kanonen.

Im Norden ist ein deutsches Volk erwacht

Und läßt der Freiheit heil’ge Flamme steigen,

Um dem Bedrücker im Gewühl der Schlacht

Den deutschen Muth, die deutsche Kraft zu zeigen.

Nun gilts ein Ringen um den höchsten Preis,

Ein heißes Wogen und ein heißes Wagen;

Nun schwitzt gar manch ein Herz purpurnen Schweiß

Und schlägt nur, um zum letzten Mal zu schlagen.

Doch, mitten unter Leichen blüht der Sieg.

Nicht darf der Lorbeer Thränen uns erpressen.

Wer feindlich Bollwerk sterbend noch erstieg,

Der lebt und wär’ er tausendmal vergessen.

Denn die Geschichte schreibt mit goldnem Stift

Und mißt Triumphe nicht nach kurzen Jahren.

Drum glänzt es fort in heller Flammenschrift:

„Der Löwe Sachsens ists mit seinen Schaaren!“

— 1866 —

Horch! Klingt das nicht wie ferner Donnerschall?

Das Schicksal sprüht aus blitzendem Gewitter.

Der Hagel wirft vernichtendes Metall,

Und tief im Blute stehn die tapfern Schnitter.

Da, wo im Süden hoch die Heimath ragt,

Beginnt das Reich, auf morschem Grund zu wanken,

Und weil die Faust es ist, die eisern fragt,

Hat auch die Antwort eiserne Gedanken.

Es fällt der Schlag mit nie geahnter Wucht;

Zertrümmert und in Scherben liegt das Alte.

Nur Einer steht, der mitten in der Flucht

Wohl ahnt, wie es sich wieder neu gestalte.

Die Fahne weht. Den Degen in der Hand,

Schaut stolz er nieder auf die braven Seinen.

In seinem Herzen liegt ihr Vaterland;

Er ist ein Deutscher, will es nicht blos scheinen.

Da klingt ein Horn. Die andern fallen ein,

Und ringsum schmettern jubelnde Fanfaren.

Wer ist der Held? Wer mögen sie wohl sein?

Der Löwe Sachsens ist’s mit seinen Schaaren!

— 1870. —

Horch! Klingt das nicht wie ferner Trommelschlag?

Es geht der Feind zurück auf allen Seiten.

In Pulverdampf hüllt sich der heiße Tag,

Um, wie ein Sieger sterbend, zu verscheiden,

Dort gegen Abend, wo der Franke haust,

Ist mancher deutsche Mann aufs Feld gesunken

Und hat, von der Kartätschen Sturm umbraust,

Aus schwarzem Schlunde ew’gen Schlaf getrunken.

Müd’ flackern rings die Feuer der Biwacht;

Da ziehn mit festem abgemessnem Schritte

Kühntrotzige Gestalten durch die Nacht,

Den sieggewohnten Führer in der Mitte.

„Wer sind die Recken, die mit Eisenarm

Die fränkischen Kohorten niederschlugen

Und in der Feinde dichtgedrängten Schwarm

Mit starker Faust die Fahne Deutschlands trugen?“

Dem Frager naht ein bärtiger Sergeant,

Des Tages Spur in den zerzausten Haaren:

„Die Leute, Herr, sind uns gar wohl bekannt;

Der Löwe Sachsens ist’s mit seinen Schaaren!

— 1902. —

Horch! Klingt das nicht wie ferner Glockenklang?

Von Thurm zu Thurm schwingt sich die ernste Kunde:

„Es rief mich der, den Keiner noch bezwang;

Ich segne Dich, mein Volk, in letzter Stunde!“

Dort, gegen Morgen, wo der Strahl erwacht,

Den täglich uns der lichte Himmel sendet,

Da hat im Kampfe mit der Todesnacht

Ein deutscher Held den schwersten Sieg vollendet.

Den Säbel nicht, die Palme in der Hand,

Ist er uns abermals vorangegangen,

Um dort im heiß erkämpften Vaterland

Von Gott, wie hier, die Krone zu empfangen.

Doch, stieg sein Geist empor im Abendroth,

So kehrt er mit der Morgenröthe wieder.

Und sieht die Heimath er vom Feind bedroht,

Kommt er in heil’ger Rüstung zu uns nieder.

Er zieht mit seinen Mannen uns voran,

Daß er noch lebe, uns zu offenbaren,

Und durch den Kampf führt er zum Sieg uns dann

Als Deutschlands Heldengeist mit seinen Schaaren.