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Christi Blut und Gerechtigkeit.


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»Chodeh t'avezschkeht; aaleik sallam, u rahhmeth Allah - Gott bewahre dich; der Friede und die Barmherzigkeit des Herrn sei mit dir!«

Scheich Melef, zu dem ich diese Abschiedsworte sprach, reichte mir die Hand von seinem Schimmel herüber. Der dünne Bart zuckte um seine schmalen Lippen, und die Haut seiner Augenwinkel legte sich in die kleinen Fältchen, die mir so wenig gefallen hatten.

»Az kolahme tah; bu kalmehta ta siuh taksihr nakehm; atina ta, Ansziallah, theira - Ich bin dein Diener; ich spare nichts, um dir zu dienen; gebe Gott, daß dein Besuch ein glücklicher sei!« antwortete er.

Dabei drückte er mir sehr freundschaftlich die Hand, und ein Seitenblick sagte seiner Begleitung, daß auch sie sich jetzt zu verabschieden hätte.

»Chodeh scogoletah rast init - Gott stehe dir in deinem Vorhaben bei. Chodeh ezsch tah razschibiht - Gott sei zufrieden mit dir. Chodeh da-uleta ta mazen bekeht - Gott vermehre deinen Reichtum. Sallam aaleïk, jahrimen ahziz -Friede sei mit dir, mein teurer Freund!«

Diese und ähnliche andere Rufe erklangen um mich her, während sich gegen zwanzig Hände bemühten, meine Rechte zu drücken. Es war ein verdorbenes Kurmangdschi, und so zweifelhaft wie ihr Dialekt war mir auch ihr Charakter während meines viertägigen Aufenthaltes bei ihnen vorgekommen. Ich fühlte mich froh, ihnen mit heiler Haut entgehen zu dürfen, und kürzte daher den Abschied so viel wie möglich ab. Ich reichte die Hand im


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Kreise herum; mein arabischer Diener Halef that dasselbe, und dann ritten wir davon, begleitet von einem Reiter, welcher uns auf dem besten Wege über den großen Zab hinüber zu den oberen Zibar-Kurden bringen sollte.

Dieser Mann war seltsam gekleidet. An seinem roten Kuhlik (* Mütze aus Filz von Ziegenhaaren.) waren lange Lederstreifen befestigt, die ihm wie die Beine einer riesigen Spinne über das Gesicht und den Nacken herabhingen. Die weite Hose war schwarz und gelb gestreift. Zwei um die nackten Füße gebundene Lederstücke bildeten die Schuhe. Ein grün und weiß gewürfeltes Kleidungsstück, halb Weste und halb Rock bedeckte seinen Oberkörper, und aus den Achsellöchern dieses Gewandes ragten zwei braune, haarige Arme hervor, die einem Gorilla anzugehören schienen. Der Mann hatte ein offenes Gesicht und ehrliche Augen, mit denen er mich von Zeit zu Zeit eingehend zu mustern schien.

»Sihdi,« fragte mein Diener, nachdem wir wohl eine halbe Stunde lang schweigsam dahingeritten waren, »was heißt Spitzbube auf Kurdisch?«

»Herambaz.«

»Gut; so ist jeder dieser Kurden ein Herambaz.«

»Sprich leise.«

»Warum, Sihdi? Damit dieser Kurde mich nicht hört? Selbst wenn er arabisch reden könnte, würde er doch meinen Dialekt nicht verstehen, denn ich spreche jetzt mit Absicht die Sprache des Mogreb, und diese ist hier fremd, und alle Kurden sind Räuber. Allah il Allah, Gott ist allwissend; er weiß, daß von diesem Scheich der Schirwani nichts Gutes kommen kann. Hast du seine schiefe Nase und seine spitzen Augen gesehen? Seine Seele ist die Seele eines Fuchses.«


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»Ich weiß es, Halef. Wir haben nichts mehr mit ihm zu schaffen.«

»Hamdulillah, Preis sei Gott, daß wir fort sind von ihm! Aber hast du bemerkt, daß vor unserem Aufbruche zwei Reiter das Dorf verließen?«

»Nein. Macht dir dieser Umstand angst?«

»Angst, Sihdi? Weißt du, wer ich bin? Ich bin Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawud al Gossarah; ich habe dir Jahre lang treu und tapfer gedient, war mit dir in der Sahara, in Masr (* Arabischer Name für Aegypten.), im Belad al Arab, in Mossul und bei den Teufelsanbetern und bin in keiner Gefahr von deiner Seite gewichen. Hast du jemals gesehen, daß ich Angst gehabt habe?«

»Nein. Mein wackerer Halef hat sich niemals gefürchtet.«

Er wirbelte seinen Schnurrbart, der links aus wenigen und rechts aus etlichen Haaren bestand, sehr selbstgefällig in die Luft hinaus, schob den Turban aus der Stirn, richtete seine kleine, schmächtige Gestalt möglichst hoch im Sattel auf und lockerte seine messingbeschlagnen Pistolen. Nach dieser sehr imponierenden Einleitung meinte er:

»Du sagst die Wahrheit, Effendi. Du bist der weiseste Mann und der größte Krieger des Abendlandes; du hast eine starke Büchse, um den Löwen, den schwarzen Panther und den Bären zu töten; du hast ferner eine Flinte, aus der du viele Kugeln schießen kannst, ohne zu laden; du hast auch zwei kleine Pistolen, die sechsmal losgehen in einer Minute. Ich aber bin dein Freund und Beschützer Hadschi Halef Omar, und unter meiner Obhut bist du sicher gewesen wie unter dem Schirme Allahs und des


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Propheten. Ich werde auch heute über dich wachen, daß der Feind kein Haar deines Hauptes zu krümmen vermag.«

»Das erwarte ich,« antwortete ich sehr ernst, obgleich ich ein kleines Lächeln kaum zurückzuhalten vermochte.

Mein kleiner Halef schnitt nämlich gern ein bißchen auf, aber ich wußte dennoch, daß ich mich in jeder Beziehung auf ihn verlassen konnte. Er öffnete bereits wieder den Mund, um die Verherrlichung seiner Person fortzusetzen, als er von unserem Begleiter unterbrochen wurde.

Wir hatten nämlich das Schirwan-Dorf bereits beim ersten Tagesgrauen verlassen und waren von dem Scheich desselben eine Strecke weit begleitet worden. Nun hatte sich der Osten allmählich mehr gelichtet, und eben jetzt schoß der erste Strahl der aufsteigenden Sonne an uns vorüber, um die Fluten des Zab mit brillierenden Lichtern zu überschütten. Da sprang unser Führer vom Pferde, kniete mit gen Morgen gerichtetem Angesichte nieder und rief mit ausgebreiteten Armen:

»la Schems, ia Schems, ia Schems - o Sonne, o Sonne, o Sonne!«

Er blieb knieen, bis die feurige Kugel sich vollständig über dem Horizont erhoben hatte; dann stieg er wieder auf. Ich war überrascht gewesen und wandte mich jetzt fragend an ihn:

»Du bist ein Dscheside (* Teufelsanbeter, gewöhnlich Jezide geschrieben.)?«

»So nennt man uns, o Herr,« antwortete er, und nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Nun möchtest du dich mir wohl nicht länger anvertrauen?«

»Wie kommst du zu dieser Frage?«

»Hast du nie gehört, wie schlimm die Leute von uns sprechen?«


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»Ich habe es oft gehört, aber ich vertraue mich dir dennoch an. Ich habe unter den Dschesidi mehr gute Menschen gefunden, als unter den Kindern Mohammeds, und viele ihrer Scheichs und Kawals sind meine Freunde geworden.«

Er blickte überrascht auf.

»Chodieh (* Herr, Gebieter.), du kennst die Obersten und Prediger der Dschesidi?«

»Ja. Ich war zum großen Feste in Baadri und Gast des Scheich Adi.«

»Verzeihe, Herr; zum großen Feste wird kein Mohammedaner zugelassen.«

»Ich bin kein Mohammedaner, sondern ein Christ. Aber dieser mein Diener Hadschi Halef ist ein Merd el Islam und wurde dennoch zugelassen.«

Ich sah die ungläubige Miene des Dschesiden und zog meinen Melek Ta-us (* Wörtlich: König Pfauhahn.) hervor, den ich unter dem Gewande an einer Schnur um den Hals hängen hatte. Kaum erblickte er die kleine Figur, so rief er unter den Zeichen des größten Erstaunens:

»Der Melek Ta-us, den nur die besten Vertrauten des Mir Scheich Chan erhalten! Herr, wenn du wirklich ein Christ und kein Dscheside bist, so ist dein Name Kara Ben Nemsi!«

»So hat man mich in diesem Lande genannt.«

»Du bist also der Fremdling, der mit den unsrigen gegen die Soldaten des Mutessarif von Mossul gekämpft hat?«

»Ja. Beim Abschiede gab mir der Mir Scheich Chan diesen Melek Ta-us als Erkennungszeichen, wenn ich der Dienste eines Dschesiden bedarf.«


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»Chodieh, ein jeder Dscheside wird bereit sein, sein Leben für dich zu lassen, wenn er dieses kostbare Zeichen erblickt. Befiehl, was ich für dich thun soll; ich thue alles!«

»Ich wünsche von dir nur, daß du mich sicher zu den Zibar-Kurden bringst.«

»Dies wird geschehen, Herr. Hier ist der Fluß, und dort liegt ein Kelek (* Floß aus aufgeblasenen Ziegenhäuten.) am Ufer, welches uns über das Wasser tragen wird.«

»Wem gehört das Floß?«

»Der Nezanum (* Dorfaelteste.) hat es gebaut, doch jeder Bewohner kann es benutzen.«

»Kein anderer?«

»Keiner.«

»So sind es also Dorfbewohner gewesen, welche bereits vor uns hier übergefahren sind.«

»Heut?«

»Ja. Siehe hier die frischen Spuren von zwei Pferden. Hier rechts hat das Kelek gelegen, und da sind die Reiter abgestiegen. Die feuchten Halme haben sich fast wieder aufgerichtet; sie wurden vor vielleicht einer Stunde niedergetreten. Was haben die zwei da drüben zu schaffen? Der Fluß bildet hier die Grenze; sie können also nur zu den Zibar-Kurden sein. Warum sind sie da nicht mit uns geritten?«

»Herr, es werden Männer eines andern Dorfes sein, oder Angehörige eines andern Stammes, welche das Floß nur zufällig fanden und benutzten.«

»Nein; es sind zwei Männer eures Dorfes. Mein Diener hat sie gesehen, als sie fortritten.«

Er blickte nachdenklich vor sich hin und legte dabei


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unwillkürlich die Hand an den Griff des Messers, welches seine einzige Waffe bildete.

»Herr,« meinte er dann mit einem sehr aufrichtigen Aufschlage seiner Augen, »ich weiß nichts davon. Vertraust du mir wirklich?«

»Ja, vollständig.«

»Es ist möglich, daß du dich in Gefahr befindest, denn der Scheich liebt die Untreue mehr als die Treue. Ihr tragt bei Euch kostbare Waffen und auch andere Dinge, welche hier nie zu sehen und zu kaufen sind. So lange ihr seine Gäste waret, durfte er euch nichts nehmen; jetzt aber kann er thun, was ihm beliebt.«

»Und was wird dies sein?«

»Er wird den Scheich der Zibar benachrichtigt haben, euch die Gastfreundschaft zu versagen, und beide werden sich in das teilen, was ihr bei euch führt.«

»In diesem Falle ist dein Scheich nicht in das Dorf zurückgekehrt, sondern er wird uns heimlich folgen.«

»Ich glaube es. Was wirst du thun?«

»Ich werde mich überzeugen, ob wir richtig vermuten, und, wenn dies der Fall ist, dich zurücksenden.«

»Chodieh, das wirst du nicht thun!«

»Ich werde es dennoch thun. Der Scheich ist dein Herr; du darfst nichts unternehmen, was gegen seinen Willen ist.«

»Er soll mein Herr nicht länger sein. Ich hasse diese Kurden. Ich wollte sie schon längst verlassen und nach dem Westen gehen, aber sie hätten mich nicht fortgelassen.«

»Und die deinen?«

»Herr, ich habe weder Vater und Mutter, noch Weib und Kind; ich besitze nichts außer dem, was du hier bei mir siehest; das Pferd gehört dem Scheich. Ich will nach


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Baadri zum Mir Scheich Chan. Nimm mich mit dir, Chodieh, und ich werde es dir danken, so lange ich lebe!«

»Ich weiß, daß du beinahe als ein Sklave des Scheich betrachtet wirst und dich sehr unglücklich fühlen mußt; aber ich kann über deinen Wunsch erst später entscheiden. Kannst du schwimmen?«

»Ja, Herr. Soll ich das Kelek herüberholen?«

»Nein. Ihr schwimmt jetzt an das andre Ufer und versteckt euch drüben hinter das Tschinar- und wilde Biehgestrüpp (* Ahorn- und Weidengestrüpp.). Unterdessen reite ich zurück, um zu sehen, ob der Scheich uns folgt. Vorwärts!«

Die beiden lenkten ihre Pferde in das Wasser, und ich kehrte um. Im Trabe erreichte ich die nächste Höhe, von welcher wir gekommen waren, und von hier aus erkannte ich allerdings Melef mit seinen sämtlichen Schirwan-Kurden, welche soeben oberhalb meines Standorts in eine Schlucht einlenkten. Sie hatten einen Bogen geschlagen, um uns verborgen zu bleiben. Wenn auch ich von ihnen unbemerkt bleiben wollte, durfte ich keine Zeit verlieren. Ich ritt im Galoppe wieder dem Flusse zu und nahm, als mein Hengst in das Wasser ging, die Waffen hoch empor, um sie vor der Nässe zu schützen.

»Chodieh,« rief mir der Dscheside entgegen, »verfolgen sie uns?«

»Ja.«

»So sind wir verloren!«

»Inwiefern?«

»Blicke hier empor!«

Er deutete nach dem Höhenzuge, welcher auf dieser Seite des Zab das Flußthal begrenzte. Ich erkannte einen Trupp von vielleicht dreißig Reitern, die von dort herab uns entgegenkamen.


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»Sind es Zibar-Kurden?«

»Ja, Herr.«

»Ich denke, die beiden Schirwani können das Lager des nächsten Zibar-Scheichs noch gar nicht erreicht haben!«

»Sie müssen zufällig auf diesen Emdscherg (* Kriegertruppe.) gestoßen sein. Man hat uns bereits gesehen. Was befiehlst du, Herr?«

»Kennst du einen sicheren Weg über die Tura Ghara-Berge nach der Feste Ara oder den Quellen des Akra-Flusses?«

»Ja. Was willst du dort?«

»Ich werde dort von Freunden erwartet. Wir müssen uns hier nach rechts wenden, und dann, glaube ich, können wir entkommen.«

»Wir können ihnen nicht entgehen, Herr, denn das Thal ist dort von Felsen verschlossen, welche bis an das Wasser reichen. Kein Pferd kann sie erklimmen.«

»Gut, so reiten wir ihnen entgegen.«

»Und dann?«

»Was dann zu thun ist, wird sich finden. Auf alle Fälle wirst du dich friedlich verhalten. Du bist zwar unser Führer, aber nicht ein Feind von ihnen. Dir wird nichts geschehen.«

»Herr, seit ich weiß, daß du den Melek Ta-us hast, bin ich ihr Hemscher (* Freund, Genosse.) nicht mehr. Ich werde mit dir kämpfen, wenn es nötig ist.«

»Das verbiete ich dir! Du bist, wie ich sehe, ein wackerer Mann, aber dein Messer kann uns nichts nützen.«

»So gieb mir eine Waffe von dir!«

»Du weißt nicht, wie diese Waffen zu gebrauchen sind.«

»So thue, was du willst; ich aber schwöre dir beim


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Heiligtum von Adi, daß ich nicht von deiner Seite weichen werde!«

Der brave Dscheside war trotz meiner vorher ausgesprochenen Worte und trotz seines einfachen Messers ein nicht zu unterschätzender Verbündeter. Er hatte Mut und mußte, nach seinen muskulösen Gorillaarmen zu urteilen, wahre Bärenkräfte besitzen. Wir drei hatten dreißig Kurden vor und zwanzig hinter uns; die Situation war also eine keineswegs angenehme für uns, aber unsere Waffen waren ihnen weit überlegen, und überdies war es noch gar nicht erwiesen, ob und daß ihre Gesinnung gegen uns eine feindselige sei. Ich hatte mich oft in noch schlimmeren Lagen befunden und mich doch immer glücklich herausgearbeitet.

Wir ritten also auf die Höhe zu, den Zibar-Kurden gerade entgegen. Als sie dies bemerkten, hielten sie an und bildeten einen Halbkreis, in dessen Mitte sich der Anführer befand. Er trug nach kurdischem Gebrauche einen riesigen Turban von fast vier Fuß Durchmesser, ein enges, türkisches Gewand, welches von einem ledernen, mit Silberplatten verzierten Gürtel zusammengehalten wurde, und darüber ein Antari (* Weiter Kaftan.) von rot- und schwarzgestreiftem Muster. Im Gürtel hatte er ein Messer und eine alte Pistole stecken, und quer über dem Sattelknopfe hielt er eine lange persische Flinte, die mir nicht den geringsten Respekt einzuflößen vermochte. Seine Begleiter waren ähnlich bekleidet und trugen meist Luntenflinten oder sehr lange Bambuslanzen. Die Pferde waren mager und abgetrieben und die Reiter machten auf mich mehr den Eindruck einer Bettler-, als einer kurdischen Kriegerschar.

Ein rascher Blick nach rückwärts überzeugte mich,


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daß auch die Schirwani bereits das jenseitige Ufer des Flusses erreicht hatten.

»Sind die beiden Boten deines Scheich bei den Zibari?« fragte ich den Teufelsanbeter.

»Nein, Herr. Sie haben sich wohl zurückgehalten, um sich nicht zu verraten.«

Jetzt hatten wir uns dem Halbkreise bis auf zwölf Pferdelängen genähert, und ich hielt an.

»Sabah 'l kher - guten Morgen!« grüßte ich den Anführer.

»Chodeh t'avezschkeht - Gott bewahre dich!« antwortete er sehr zweideutig. »Wer bist du?«

»Wer ich bin, das hast du bereits von den zwei Männern gehört, welche dir Scheich Melef gesandt hat; wer aber bist du?«

Er schien ein wenig verlegen zu werden, faßte sich aber schnell und antwortete:

»Wer hat hier das Recht, zu sagen, >tu ki-e - wer bist du?< -du oder ich?«

»Nur ich allein, denn du kennst wohl mich, nicht aber ich dich!«

Ich sprach diese Worte mit fester Stimme und spielte dabei mit meinem Henrystutzen. Ich hatte den Schirwan-Kurden bewiesen, daß dieses Repetiergewehr eine sehr gefährliche Waffe sei, und war überzeugt, daß die Boten des Scheich die Zibar ganz besonders auf unsere Schießgewehre aufmerksam gemacht und sie vor denselben gewarnt hatten. Das kleine Experiment machte wirklich den gewünschten Eindruck, denn der Mann antwortete:

»Ich bin der Malko-e gund (* Anführer.) des Lagers, welches dort hinter den Bergen liegt und werde Scheri Schir (* Held, Löwe.) genannt.«


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»So hast du einen schönen, herrlichen Namen, denn ein Held ist gastfrei und der Löwe stark und ohne Falsch. Scheich Melef wird dich benachrichtigt haben, daß ich als Gast in dein Jilack (* Sommerwohnung.) einzutreten wünsche. Ich werde dir alles bezahlen, was ich brauche, und morgen in Frieden weiterreiten.«

»Du irrst. Scheich Melef läßt mir sagen, daß du ein Giaur bist, der die Wohnung eines wahren Gläubigen verunreinigt. Du wirst unser Lager sehen, aber nur als Gefangener.«

»So erlaube mir, vorher mit dem Scheich zu sprechen!«

Ich sah nämlich, daß die Schirwan-Kurden in das Wasser gegangen waren, und beschloß, diesen Umstand schleunig zu benutzen, um den Zibari zu zeigen, wie gefährlich unsere Waffen seien. Im Nu hatte ich mein Pferd herumgeworfen und jagte nach dem Flusse zurück. Halef folgte mir, hinter ihm der Dscheside und dann die Zibari. Scheich Melef war der vorderste im Wasser.

»Zurück, Gamssi (* Verräter.),« rief ich ihm zu, »sonst wirst du Wasser schlucken!«

Er hörte nicht auf diese Worte. Ich legte den Stutzen an.

Menschenblut wollte ich nicht vergießen, aber meine erste Kugel traf sein Pferd in oder neben das Auge. Es verschwand und er mit ihm. Zwei-, drei-, sechsmal schoß ich, und zwar mit demselben Erfolge. Die sattellosen Reiter schwammen erschrocken nach dem gegenüberliegenden Ufer zurück und die anderen besannen sich nicht lange, ihnen zu folgen. Das war in Zeit von kaum einer Minute geschehen, während welcher auch Halef sein Doppelgewehr aufgenommen hatte, um mir den Rücken gegen die Zibari zu decken. Diese hielten sich jedoch in vorsichtiger


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Entfernung. Ich wandte mich jetzt wieder zu ihnen und an ihren Anführer:

»Sechs Pferde, ohne zu laden. Hast du es gesehen? Ich konnte alle erschießen, wenn ich gewollt hätte, die Pferde und auch die Männer. Ich brauche nur mein Tüfenk (* Flinte.) zu erheben, um jeden von euch von seinem Hasp (* Pferd.) zu werfen. Merkt euch das! Eure Waffen fürchten wir nicht, denn wer uns zuerst bedroht, der stirbt auch zuerst. Aber ich bin nicht als Duschmehn (* Feind.) zu euch gekommen, und darum habt ihr nichts von uns zu befürchten. Ich wollte von eurem Brote essen und von eurem Wasser trinken; da ihr aber den Hungernden und Dürstenden dieses Merhameht (* Barmherzigkeit.), welches der Prophet allen Gläubigen geboten hat, verweigert, so sollen die Hufe unserer Pferde sich von euch wenden. Allah bessere euch und eure Kinder!«

Ich war bedacht gewesen, während dieser Worte meinen Stutzen wieder vollschüssig zu machen, ein Vorgang, dessen Bedeutung sie gar nicht kannten. Jetzt drehte ich mein Pferd nach rechts herum; schnell aber verlegten sie mir den Weg, und der Anführer meinte:

»Chodieh, du bist ein großer Held; du wirst mit uns kommen!«

»Nein. Ein Gefangener der Zibari werde ich nicht sein.«

»Wir werden euch nicht fortlassen!«

»Glaubst du, daß wir uns vor Kehleschan (* Räubern.) fürchten? Unsere Pferde werden uns über euch hinwegtragen. Sieh meinen Hengst an, und du wirst es glauben!«


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Ich hatte die bewundernden Blicke bemerkt, welche er kaum von dem Tiere wenden konnte. Es war eigentlich gefährlich, diese notorischen Pferdediebe noch extra auf dasselbe aufmerksam zu machen.

»Hast du den Rappen selbst gezogen?« fragte er.

»Nein. Es ist ein Geschenk.« »Herr, ein solches Pferd verschenkt kein Mensch!« »Glaube, was dir beliebt!«

Won wem hast du es?«

»Von Mohammed Emin, dem Scheich der Haddedihn, vom Stamme der Schammar.«

Er fuhr im Sattel empor.

»Heißt der Hengst Rih (* Arabisch: Wind.)?« fragte er.

»Ja.«

»Herr, so bist du der Fremdling, der die Wüstenschlacht im Thale Deradsch mitgemacht hat und dafür das beste Pferd jenseits des Flusses zum Geschenk erhielt?«

»Ja.«

»Und dieser Mann ist der Chismikar (* Diener.), den du bei dir hattest?«

»Er ist es.«

»So erlaube, daß ich mit meinen Leuten spreche!« »Thue es!«

Jetzt begann eine ebenso leise wie eifrige Unterredung zwischen den Kurden. ich konnte keine Silbe verstehen, beobachtete aber die Mienen scharf. Der Anführer schien seine unfreundliche Gesinnung gegen uns geändert zu haben; er sprach seinen Männern eifrig zu und mochte sie endlich zu seiner Ansicht bekehrt haben, denn er wandte sich an mich:

»Chodieh, wir haben viel davon gehört, daß die


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Haddedihn drei Stämme ihrer Feinde in das Thal Deradsch gelockt und darin gefangen genommen haben. Niemand wollte es glauben; du aber sollst zu uns kommen und es uns erzählen.«

»Dürfen wir als eure Freunde mit euch gehen?«

»Als unsere Freunde. Ser sere men at - ihr seid mir willkommen!«

»Und diese Schirwan-Kurden da drüben, die mich verraten wollten?«

»Wir haben keine Gemeinschaft mit ihnen.«

»Wo sind ihre beiden Boten?«

»Sie sind weiter unten über den Tschai (* Fluß.) zurückgegangen.«

»Sie haben nicht klug gehandelt. Hätten sie sich des Floßes wieder bedient, so wäre es uns unbekannt geblieben, daß sie zu euch gegangen waren. Reicht uns zum Zeichen der Freundschaft eure Hände, dann wollen wir mit euch reiten.«

Die Hände wurden im Kreise herumgereicht; den Dschesiden aber übersah man dabei.

»Herr,« meinte der Anführer, »dieser Mann kehrt doch wieder zu den Schirwani zurück?«

»Er ist mir zur Begleitung gegeben und wird bei mir bleiben, so lange es ihm gefällt.«

»Aber er ist kein Gläubiger. Er betet den Scheitan an und wird in der Hölle braten!«

»Be Chodera dschen'et u dschehen eine tschebuhn - Paradies und Hölle sind durch Gott geworden; er allein kann bestimmen, wer in die Seligkeit oder in die Verdammnis geht. Dieser Mann ist jetzt mein Gefährte, und bin ich euer Freund, so ist auch er es. Reicht ihm die Hände, wenn ihr nicht wollt, daß ich von euch bleibe!«


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Ich verlangte viel, sehr viel von ihnen; ich that es, um dem braven Dschesiden zu beweisen, daß ich ihm freundlich gesinnt sei, und sie gehorchten meiner Forderung, wenn auch mit finsteren Mienen. Dann setzten wir uns in Bewegung. Der Anführer ritt an meiner Seite voran, dann folgten Hadschi Halef Omar mit dem Dschesiden, und hierauf kamen die Kurden, die einen ordnungslosen Schwarm bildeten. Natürlich hatte ich während des ganzen Rittes die Hand am Revolver, und auch Halef hielt sein Pferd in stets schrägem Gange, um ein wachsames Auge rückwärts auf die Zibari haben zu können.

Einen gebahnten Weg gab es natürlich nicht. Wir ritten über Steingeröll dem westlichen Höhenkamme zu. Auf demselben angekommen, hielt ich mein Pferd unwillkürlich an, um die mir hier gebotene Rundschau zu genießen. Im Osten und Südosten erhoben sich die Berge von Sidaka und Sar Hasan, zwischen denen Rowandiz liegt, im Süden das Ghara Surgh. Im Norden ragten die Höhen von Baz und Tkhoma, im Westen das Tura Ghara und der Dschebel Hair empor. Dort lag auch Akra, nach dem ich wollte. War vor mir wohl einem europäischen Auge dieser Rundblick ermöglicht gewesen? Ich glaubte es nicht, sollte mich aber sehr bald von dem Gegenteile überzeugen.

Wir ritten über eine kleine Hochebene hin und lenkten dann thalabwärts ein. Bisher hatten wir nur niedriges Gesträuch getroffen, bald aber wuchsen die einzelnen Büsche zu hohen Baumscharen empor. Da gab es wilde Hezschir, Eruk- und Jadschazbäume (* Feigen-, Pflaumen- und Pomeranzenbäume.), Guiz, Tschinar- und Tu-Bäume (* Nuß-, Ahorn- und Maulbeerbäume.), um die sich fruchtbare Tri- oder Kundu-


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reben [Kundureben] (* Wein- und Melonenreben.) rankten, Dari zeitun-, Dari beru- und Dari benk-Bäume (* Oliven-, Eichen- und Terpentinbäume.), wirr durch-, unter- und nebeneinander. Und nun öffnete sich auch eine Art von Weg, der so breit war, daß zwei Pferde nebeneinander gehen konnten. Später führte derselbe über saftige Matten und zwischen sumpfigen Flächen hindurch, bis er an einem breiten, rauschenden Bache wieder emporstieg.

Bis hieher hatten wir uns alle sehr schweigsam verhalten, ein jeder nur mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Die meinigen waren auf die Gefahr gerichtet, in welcher wir uns bei jedem Schritte befanden. Mit drei Schüssen oder drei guten Speerwürfen konnten die hinter uns reitenden Kurden uns töten; aber sie mußten es meiner Haltung ansehen, daß dann wenigstens auch ihr neben mir reitender Anführer verloren sei. Dieser that, als bemerke er den Revolver gar nicht, den ich längst ganz aus dem Gürtel genommen hatte, und fragte mich nun nach langer Stille:

»Dein vollständiger Name ist Emir Kara Ben Nemsi?«

»Ja. Wer hat ihn dir genannt?«

»Die beiden Schirwani. Du bist der Fremdling vom Thale Deradsch. Er soll Löwen geschossen haben, ganz allein und mitten in finstrer Nacht?«

»Ja, mit der Büchse, welche du hier auf meinem Rücken siehst.«

»Warum führst du zwei Gewehre bei dir?«

»Das große hier ist für sehr große Tiere und sehr weite Entfernungen; das kleinere hier am Sattel nehme ich, wenn der Feind zahlreich und nahe ist. Ich brauche es nicht zu laden.«

»Solche Waffen giebt es bei uns nicht. Dein Volk


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muß ein sehr kluges sein. Man sagte mir, du seist ein Nessarah (* Christ.), und dennoch trägst du ein Hamaïl (* Kuran in einem Futteral.), am Halse, wie es nur die Pilger tragen, welche in Mekka gewesen sind?«

»Ich verehre Allah und war in den heiligen Städten. Allah il Allah - Gott ist Gott, ob man ihn Allah oder Chodeh nenne. Ist es nicht so?«

»Es ist so. Kennst du auch den Propheten?«

»Ich kenne ihn. Es ist Mohammed, welches >der Gepriesene< heißt. Sein Vater war Abdallah Ibn Abd al Muthallib aus der Familie Haschem des Stammes Koreïsch.«

»Du bist ein guter Moslem, obgleich du aus dem Lande der Nemtsche (* Deutschen.) kommst, welches ich gar nicht kenne. Du sollst bei mir sitzen und mir erzählen von fernen Ländern und von allem, was du erfahren hast. Siehst du die Nester dort rechts hoch oben am Berge?«

»Ich sehe sie.«

»Das sind unsere Jilacks, in denen wir wohnen, wenn die Hitze des Sommers naht.«

»Du bist der Nezanum, der Scheich deines Dorfes. Hast du die Macht, einen Fremdling gegen die Deinen zu schützen?«

»Ich habe sie,« antwortete er stolz, doch schien mir der Ton seiner Stimme ein wenig unsicher zu sein.

Zugleich gab er seinem Pferde den Schenkel, so daß es rascher ausgriff, als bisher. Es schien mir, als ob er ähnlichen Fragen ausweichen wolle.

Um vom Zab bis hierher zu gelangen, hatten wir beinahe die Zeit von zwei Stunden gebraucht. Nach zehn


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Minuten sah ich einen Verhau von starken Stämmen, der sich quer über den Weg rechts und links in den Wald hineinzog - wir hatten das Dorf erreicht. Auf einen lauten Ruf des Anführers öffneten sich die schmalen Verhaue, durch welche wir einzeln einreiten konnten, und nun erblickte ich eine Halblichtung, welche sich bis beinahe zur Spitze des Berges emporzog. Auf ihr standen regellos die Hütten des Dorfes, welche eigentlich besser Blockhäuser zu nennen waren. Die bedeutendste von ihnen glich einer kleinen, aus Baumstämmen errichteten Festung. Auf sie ritten wir zu.

Es war ein eigentümliches Gefühl, welches mich dabei beschlich. So wie mir, mußte es einer Maus in der Falle zu Mute sein. Am liebsten wäre ich gleich wieder umgekehrt. Wie ich später hörte, war das Dorf von ungefähr dreihundert Seelen bewohnt, und alle, Männer, Frauen und Kinder, kamen jetzt herbeigeeilt, um den seltenen Fang, den die Ihrigen gemacht hatten, in Augenschein zu nehmen.

»Das ist mein Hani (* Haus.),« meinte der Nezanum, indem er vom Pferde stieg. »Tretet mit mir ein!«

»Sage mir zuvor, daß ich dein Mivan (* Gast.) bin!«

»Habe ich dich nicht bereits meinen Freund genannt?«

»Ist bei den Kurden von Zibar Gast und Freund dasselbe?«

Er runzelte die Brauen.

»Ich bin dein Freund, das ist genug. Tritt ein!«

Ich erkannte, daß ich mich allerdings in einer Falle befand; aber was thun? Wir waren von zahlreichen Menschen umgeben, und selbst wenn wir uns mit unseren


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Waffen Raum verschafft hätten, so war das Verhau so hoch, daß es höchstens meinem Hengst gelungen wäre, darüber hinwegzusetzen; Halef und der Dscheside hätten zurückbleiben müssen. Und wenn wir einen Kurden töteten, so hätten wir selbst im Falle eines glücklichen Entkommens die ganze Meute hinter uns behalten. Mit der Blutrache ist zwischen diesen wilden Bergen nicht zu scherzen. Gewalt war also nicht am Platze, aber Furcht zu zeigen, wäre ein ebenso großer Fehler gewesen.

»Wohl dir, wenn sich dein Wort bewährt,« antwortete ich. »Schreite voran!«

Ich stieg ab und nahm mein Pferd beim Zügel. Meine beiden Begleiter thaten dasselbe.

»Die Pferde bleiben im Freien,« meinte Scheri Schir. »Es ist im Hause kein Platz für sie.«

Ohne die Pferde wären wir hilflos gewesen. Ehe ich meinen Rappen verließ, hätte ich ein Dutzend Kurden niedergeschossen.

»Die Pferde bleiben bei uns,« antwortete ich. »Vorwärts!«

Ich schob ihn zur Seite und trat in das Haus, mein Tier hinter mir herziehend. Halef und der Dscheside folgten mir. Das Erdgeschoß des Gebäudes glich so ziemlich einer deutschen Scheune mit Tenne und Pansen. Es war in zwei gleich große Abteilungen geschieden, von denen die zur rechten Hand als Versammlungs- und Beratungsort, die zur Linken aber als Wohnraum zu dienen schien. Kleine, rechteckige Löcher vertraten die Fenster. Eine Art von Hof konnte es nicht geben, da ich weiter keine Thüre bemerkte. Die beiden Abteilungen waren durch ein dünnes Flechtwerk voneinander getrennt. Im Hintergrunde führte eine Art von Leiter nach dem niedrigen Dachraume. Kein Zweifel, dieser Jilack war eine


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echte, rechte Mausefalle. Herein waren wir; das übrige mußte abgewartet werden.

Die erste Person, welche ich im Innern des Gebäudes erblickte, war ein junges Kurdenweib. Sie trug eine türkische Hose, welche über den feinen Knöcheln zugefältelt war und ein kleines, in Pantoffeln steckendes Füßchen sehen ließ. Eine blaue, gestickte Miederweste umschloß die Taille, und darüber fiel ein vorn offener Kaftan bis über die Knie herab. Das rabenschwarze Haar war in schwere Flechten geordnet, in denen Gold- und Silbermünzen glänzten. Die Frau war schön, sehr schön, am allerschönsten aber war das große himmelblaue Auge, welches sie halb neugierig und halb besorgt auf mich richtete. Auf dem Arme trug sie ein kleines, allerliebstes Mädchen, welches dieselben blauen Augen wie die Mutter hatte. Hinter ihr erhob sich ein junger Kurde vom Boden. Die Aehnlichkeit sagte mir, daß er ein Sohn von Scheri Schir sein müsse. Er war der Mann des jungen, schönen Weibes.

»Ni, vro'l ker - guten Tag!« grüßte ich.

Beide nickten schweigend als Antwort.

»Sallam aaleikum!« grüßte Halef arabisch. Das Kurdische war ihm nicht geläufig.

»Aaleikum sallam!« antwortete schnell die Frau.

Halef machte ein freudig überraschtes Gesicht.

»Wie? Du sprichst die Sprache des Kuran und der wahren Gläubigen?« fragte er.

»Ja,« antwortete sie.

»Hamdulillah, Preis sei Gott, denn nun brauche ich nicht stumm zu sein, wie die Pforte el Dschehennem!«

»Wer bist du?« erkundigte sie sich.

»Wisse, du Rose dieses Thales, du Stern dieses Jilack, daß ich bin Hadschi Halef Omar Ben Hadschi


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Abul Abbas Ibn Hadschi Dawud al Gossarah, der Begleiter und Beschützer dieses großen Helden, der hier vor dir steht. Wir haben viele Thaten verrichtet und große Abenteuer überwunden; dann sind --- «

»Führt eure Pferde nach hinten!« unterbrach ihn die scharfe Stimme des Hausherrn, welcher hinter uns eingetreten war.

Zugleich fing ich einen Wink auf, mit welchem er die Seinen bedeutete, uns nicht mit übermäßiger Freundlichkeit zu überschütten. Daher sagte ich ihm in ebenso scharfem Tone:

»Scheri Schir, du wirst dafür sorgen, daß diese drei Tiere Wasser und Futter erhalten. Aber merke dir, mein Diener wird jeden Kurden niederschießen, der es wagt, eines von ihnen anzurühren. Ich selbst werde als Gast deine Wohnung betreten, um mich auszuruhen.«

Nach einigen kurzen Weisungen an Halef trat ich links in den Wohnraum. Auf dem festgestampften Erdboden lagen längs der Wände dicke Stroh- und Binsenmatten, und in der Mitte der Hauptwand zeigte sich eine Erhöhung, welche mit einem Teppich belegt war. Das war jedenfalls der Ehrensitz, und ich zögerte keinen Augenblick, ihn einzunehmen. Meine beiden Gewehre dicht neben mich legend, ließ ich mich in jene Stellung nieder, welche der Orientale Rahat otturmak, Ruhen der Glieder, nennt.

»Erlaube, daß ich dir deine Waffen aufbewahre!« sagte der Hausherr, der mir mit seinem Sohne und dessen Frau gefolgt war.

»Ein Se'idvar (* Jäger, Schütze) trennt sich nie von seinen Waffen,« antwortete ich ihm, »ganz so, wie ein Suar (* Reiter.) nie von seinem Pferde. Wer mein Tier oder eine meiner Waffen


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anzutasten wagt, der ist des Todes, und daran trägst nur du die Schuld.«

»Warum?«

»Du hast nicht die Pflicht eines Freundes erfüllt, mich in deinem Hani willkommen zu heißen. Du zwingst mich, dich und deine Zibari als Leute zu betrachten, die mir verdächtig sind.«

»Ich bin dein Freund, denn ich werde dir nur zu solchen Dingen raten, welche geeignet sind, dein Leben zu erhalten.«

»Ah, jetzt wirst du deutlich! Ich sage dir, daß Emir Hadschi Kara Ben Nemsi deines Rates nicht bedarf. Mein Leben steht in Gottes Hand; er hat mir diese Waffen gegeben, es zu verteidigen. Hier stehen Krüge mit Wasser, und da liegt Brot genug auf viele Tage. Soll ich dir eine Kugel geben und dann dein Haus als Festung benutzen, von welcher aus es mir leicht sein wird, deine Zibari der Reihe nach zur Dschehenna zu senden?«

»Auch wir haben Waffen!«

»Sus ol - sei still; sie taugen nichts! Die meinigen aber fehlen nie, und ehe du nur den Finger bewegtest, würdest du zu deinen Vätern versammelt sein. Wer ist dieser junge Krieger?«

»Mein Sohn.«

»Und dieses Weib?«

»Es ist seine Frau.«

»So siehe zu, daß du nicht auch sie in das Verderben führst! Ich bin kein Kur 'o (* Knabe.), der mit sich scherzen läßt.«

»Herr, ich kann nichts thun, ohne vorher meine Männer gefragt zu haben. Selbst ein Scheich darf ohne die Einwilligung seiner Krieger nichts unternehmen.«

»So hast du mir da unten im Thale die Unwahr-


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heit [Unwahrheit] gesagt. Höre, was ich beschlossen habe: Dieses Haus gehört jetzt mir; nur du, dein Sohn und dessen Weib dürfen es betreten. Der Eingang liegt offen vor meinen Augen. Jeden andern, der einzutreten wagt, werde ich niederschießen. Du und sie, ihr könnt frei ein- und ausgehen; dein Sohn aber bleibt hier in diesem Raume, und bringst du mir bis zur Zeit, in der die Sonne am höchsten steht, nicht die Nachricht, daß ich dein Gast bin, so erschieße ich ihn. Siehe, ich habe die Büchse bereits in der Hand ---«

Er wollte mich unterbrechen, ich aber erhob mich rasch und winkte ihm Schweigen.

»Still! Gehe jetzt, oder bei Chodeh, dem Allwissenden, sagst du noch ein einziges Wort, so schieße ich euch beide nieder!«

Es ist sehr richtig, mein Verhalten war gewagt, aber ich habe nie zu denen gehört, welche meinen, der Reisende müsse sich demütig und nachgiebig durch die Völker schleichen. Die Pflicht gegen die Heimat und die Nationalität erfordert, daß man sich als Mann benimmt. Man muß den richtigen Scharfblick besitzen, um zu unterscheiden, ob der Mut oder die List, das Messer oder - der Geldbeutel zum Ziele führen werde. Ich hatte mich hier nicht verrechnet; der Dorfälteste starrte eine ganze Weile wortlos in die Mündung meines auf ihn gerichteten Gewehres. So etwas war ihm noch niemals vorgekommen; er fürchtete sich.

»Herr, ich gehe!« sprach er endlich, wandte sich um und verschwand.

Jetzt war ich überzeugt, daß ich das Spiel gewinnen werde. Ich richtete die Mündung meines Gewehres jetzt auf den Sohn, der unbewaffnet war, und befahl ihm:

»Setze dich in jene Ecke!«


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Er blieb mit trotzigem Angesichte stehen, und sein Auge suchte nach der Wand hinter mir, an der die Waffen hingen.

»Ich zähle bis drei,« fügte ich hinzu. »Eins - - zwei - - -«

Er drehte sich langsam um und ließ sich an der bezeichneten Stelle nieder. Die junge Frau stand noch vor mir. Ihr Gesicht war leichenblaß, und in ihren Augen zitterte es feucht und angstvoll.

»O Chodieh, willst du uns wirklich töten?« fragte sie leise.

»Allah yahh fedak - Gott schütze dich!« antwortete ich ihr arabisch. »Ein Krieger tötet kein Weib.«

»Aber Hamsa Mertal, meinen Mann, wirst du erschießen?«

»Ja, wenn die Versammlung der Krieger nicht beschließt, daß ich frei sein soll.«

»Kennst du die Gebräuche der Kurden, Effendi?«

»Ja.«

»Weißt du auch, daß bei ihnen der ganz sicher ist, der sich unter den Schutz der Frauen begiebt?«

»Ja.«

»Soll ich dich schützen?«

»Mich, die Meinen, meine Tiere und alles, was ich habe?«

»Ja.«

»So hole das Brot!«

Sie nahm einen der runden Brotkuchen von der Matte auf, brach aus der Mitte ein Stück heraus, aß davon und gab auch mir.

»Gieb mir deine Hand, und komm,« meinte sie hierauf; »ich will auch deinen Männern und Tieren geben!«

Jetzt war ich wenigstens für den Augenblick voll-


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ständig [vollständig] sicher. Hätte sie nur von dem Rande des Brotes genommen, so konnte ich an dieser Sicherheit noch immer zweifeln. Als wir aus dem andern Raum wieder zurückkehrten, hatte sich Hamsa Mertal aus seiner Ecke erhoben.

»Geh,« gebot ich ihm, »und sage deinem Bav (* Vater.) was du gesehen hast! Wie heißt die Blume deines Hauses?«

Bei den Kurden spricht man ungenierter von einem Weibe als bei andern mohammedanischen Völkerschaften.

»Schefaka (* Morgenröte.),« antwortete er.

»So erzähle den Kriegern, daß ich unter dem Schutze der Morgenröte stehe und meine Waffen zu den deinigen gehängt habe! Sie können euer Haus betreten.«

Ich hing meine Waffen an die Wand, griff in den Gürtel und zog eine jener Spiegelketten hervor, welche man in Paris für weniger als einen Franken kaufen kann. Ich hing sie der schönen Kurdin um den Hals.

»Nimm, O Schefaka; möge der Glanz deiner Wangen und der Strahl deiner Augen immer auf diese Perlen leuchten!«

Ihre Wangen röteten sich vor Entzücken.

»Effendi, ich danke dir! Du sollst bei mir wohnen so sicher wie im Schoße Ibrahims, des Erzvaters. Erlaube, daß ich dir Trank und Speise bringe, und dann magst du ruhen und deine Augen ohne Sorge schließen.«

Es geschah, wie sie gesagt hatte. Ich aß und trank und streckte mich dann zur Ruhe nieder. Als ich erwachte, herrschte tiefe Stille in dem Hause; draußen aber unter den Bäumen hörte ich eine laute Stimme, welche die Gläubigen aufforderte, el Asr (* Nachmittagsgebet.) zu beten. Ich hatte lange geschlafen, und niemand hatte es gewagt, meine


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Ruhe zu stören. Als ich die andere Abteilung betrat, lagen auch Halef und der Dscheside schlafend zwischen den Pferden. Ich ließ sie liegen, steckte die Revolver und das Messer zu mir und trat hinaus vor das Haus. Das Gebet war beendet, und viele Krieger saßen rauchend im Kreise. Meine beiden Wirte waren bei ihnen. Scheri Schir erhob sich und die andern mit ihm. Sie alle gaben mir die Hände, und ich mußte mich zu ihnen setzen.

»Was habt ihr über mich beschlossen?« fragte ich den Nezanum.

»Die Morgenröte leuchtet über dir,« antwortete er. »Du bist sicher, so lange du dich in unserem Dorfe befindest.«

»Ich danke dir! Ich werde auch dann noch sicher sein, wenn ich morgen das Dorf verlassen habe. Sieh das erste Blatt dort an dem Eichenzweige. Sechsmal werde ich schießen, und sechs Löcher werden in einer geraden Reihe im Blatte sein.«

Ich zog den Revolver hervor und schoß. Nach dem sechsten Schusse sprangen alle auf. Das Blatt wurde abgeschnitten und ging aus einer Hand in die andere. Das Staunen dieser Männer läßt sich nicht beschreiben. Sie konnten diese Sicherheit des Schusses ebensowenig begreifen, wie den für sie geradezu wunderbaren Umstand, daß ich zu schießen vermochte, ohne zu laden. Mein Ansehen wuchs ebenso rapid wie die Furcht, die sie vor mir empfanden. Nur nach langer Verwunderung nahmen sie ihre vorigen Plätze wieder ein. Hamsa Mertal holte mir eine Pfeife, und ich mußte nun erzählen, wie ich es ja seinem Vater am Morgen versprochen hatte. Die Unterhaltung wurde erst mit dem Mogreb (* Gebet beim Sonnenuntergang.) beendet, an dem ich mich beteiligte. Gott rechnet es dem Christen


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nicht zur Sünde, wenn dieser zwischen Mohammedanern zu ihm betet.

Nachdem die hervorragendsten der Krieger zum Abendmahle eingeladen waren, kehrten wir drei in das Haus zurück. Meine beiden Begleiter waren mit dem Füttern der Pferde beschäftigt, und Schefaka erwartete uns mit dem Kahweh (* Kaffee.). Während wir rauchten und tranken, errichtete sie aus zwei Pfählen, einer Querstange und einigen Decken eine Art spanischer Wand, hinter welcher sie mit dem Kinde verschwand. Nach einigen Augenblicken vernahm ich ein leises Flüstern und dann die helle, klare Stimme des kleinen Mädchens. Langsam und deutlich erklang es.

»Tis - ti - tut - te - täch - tig - teit - tis - tei - tuk - tun - te - ten -teit ---«

Was war das?! Hatte ich richtig gehört, oder ließ meine Phantasie mir diesen kindlichen Stammellauten eine falsche Bedeutung geben? Kurdisch war das nicht, persisch, arabisch, türkisch auch nicht. Hatte ich nicht selbst ganz ähnliche Laute gestammelt, in den Armen der alten lieben Großmama, wenn sie mich zu Bette legte, als ich noch nicht reden konnte? Ich lauschte weiter. Mir wurde ganz eigentümlich zu Mute; der Atem und der Puls wollte mir stillstehen.

»Was thut das Kind?« fragte ich leise.

»Es betet,« antwortete Hamsa Mertal, »denn es geht schlafen.«

»Was betet es?«

»Das Gebet des Vaters meines Weibes.«

»Wo ist er? Wo lebt er?«

»Er ist tot.«

»War er ein Moslem?«


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»Ich weiß es nicht. Ich habe ihn nicht gekannt.«

»Verzeihe mir! Wo nahmst du dein Weib?«

»Ich nahm sie mit, als wir bei den Abu Salman-Arabern einfielen.«

»Darf ich sie fragen?« bat ich, als in diesem Augenblicke Schefaka wieder hinter dem Schirme hervortrat.

»Frage sie!«

»Sage mir, Morgenröte, was dein Liebling jetzt gebetet hat!«

»Das Gebet, welches mein Vater mich lehrte,« antwortete sie errötend.

»Wie lautet es?«

»Es ist eine fremde Sprache, welche ich nicht kenne. Du wirst sie auch nicht verstehen.«

»O, sage nur das Gebet! schnell, schnell!«

Sie faltete die Hände, senkte verwirrt die Augen und rezitierte, wenn auch mit fremder Betonung und fehlerhaft, aber für einen Deutschen immerhin verständlich:

»Christi Blut und Gerechtigkeit
Ist mein Schmuck und Ehrenkleid.
Damit will ich vor Gott bestehn,
Wann ich in den Himmel werd' eingehn.

Amen!«

Ich war aufgesprungen und hatte, ebenso wie sie, die Hände gefaltet. Ich schäme mich nicht, es zu gestehen, daß mir die Thränen über die Wangen liefen und in großen Tropfen vom Barte fielen. Hier in den wilden Bergen Kurdistans, mitten in einer fanatisch-moslemischen Bevölkerung vernahm ich das erste Gebet meiner Kindheit, und zwar in meiner Muttersprache! Ich weiß nicht mehr, was ich in den nächsten Augenblicken gethan und gesprochen habe; ich weiß nur, daß selbst die beiden Kurden voller Rührung waren und daß Halef Omar und der Dscheside


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am Eingange standen und verwundert unserer Unterredung lauschten.

»Wer war dein Vater?« fragte ich endlich die Morgenröte.

»Er starb, als ich ein kleines Mädchen war und eben dieses Gebet von ihm gelernt hatte; aber der Vater meiner Mutter hat mir von ihm erzählt. Er war aus einer sehr fernen Stadt, welche Pre-nis heißt, mit andern nach Stambul gekommen, um mit ihnen die Kamantsche (* Violine.) zu spielen. Allah war ihnen nicht gnädig, und er ging mit einem Inglis nach Salem, Halep und Mossul. Der Inglis verließ ihn, und er blieb. Er wurde Dschenkdschi (* Soldat.) des Mutessarif, und als er gegen die Abu Salman kämpfen sollte, nahmen diese ihn gefangen. Er blieb bei ihnen, und die Tochter meines Großvaters wurde sein Weib. Weiter weiß ich nichts.«

»Schefaka, dein Vater war aus meinem Lande. Ich war sehr oft in der Stadt, aus welcher er kam. Du nennst sie Pre-nis, aber sie wird dort Preßnitz genannt, und viele Männer und Frauen, viele Bursche und Mädchen gehen von dort hinaus in fremde Lande, um zu singen und allerlei Instrumente zu spielen.«

»Allah akbar, Gott ist groß!« rief sie, die Hände zusammenschlagend. »Du hast die Stadt meines Vaters gesehen? Ist's möglich? Du sprichst die Sprache meines Gebetes? O, vielleicht kannst du auch meinen Talisman lesen?«

»Welchen?«

»Der Vater meiner Mutter gab mir ihn; er ist das Einzige, was mein Vater von seinem Lande und seinem Volke noch besessen hat. Es sind Linien und Punkte darauf und eine Schrift, die niemand lesen kann.«


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»Zeige mir ihn!«

Sie trat hinter die spanische Wand zurück. Jedenfalls trug sie den >Talisman< auf ihrem Herzen. Als sie wieder hervortrat, überreichte sie mir ein Notenblatt, welches vielfach zusammengeschlagen und in ein viereckiges Stück Schafleder gefaltet war. Ich öffnete es und fand - - das >Aennchen von Tharau<, in D-dur arrangiert für gemischtes Soloquartett. So viel ich suchte, es war keine Unterschrift, kein Name zu finden.

»Schefaka, diesen Talisman kann ich lesen; er ist in meiner Muttersprache geschrieben. Aber er muß nicht gesprochen, sondern gesungen werden. Soll ich ihn dir vorsingen?«

»Effendi, wenn du das wirklich thun wolltest!«

»So höre!«

Ich sang ihr alle Verse dieses Liedes vor. Ich habe nie so gern und mit solcher Hingebung gesungen als jenes einfache Lied in dem Jilack Scheri Schirs. Als ich geendet hatte, stand die ganze andere Abteilung des Hauses und auch der Platz vor demselben voller Menschen. Niemand wagte, ein Wort zu sagen. Die Macht des deutschen Liedes hatte die rauhen Seelen der Kurden ergriffen, obgleich sie den Text nicht verstanden.

»Schefaka,« fragte ich, »soll ich dir erzählen von dem schönen Lande, von dem guten Volke deines Vaters? Soll ich dir vorsingen noch viele andere Lieder, die er gesungen hat und gespielt auf der Kamantsche?«

Ihre blauen Augen leuchteten auf in einem freudig dankbaren Blicke.

»O Effendi, thue es, und ich werde für dich beten zu Allah und dem Propheten, so lange ich lebe!«

»Ja, thue es, Chodieh!« bat auch Hamsa Mertal, der Mann der schönen Enkelin des deutschen Vaterlandes.


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»Du sollst uns die Worte dieses Talisman übersetzen und unser Gast, der Gast des ganzen Stammes sein, so lange es dir gefällt.«

Dieser Mann und dieses Weib, sie hatten sich lieb. Wer hätte Schefaka, die Morgenröte, nicht lieben sollen! Auch der alte >Held Löwe< erhob sich. Meine Hand erfassend, bat er mit lauter Stimme:

»Herr, das Weib meines Sohnes nennt dich Effendi. Ja, du bist ein Effendi, ein großer Gelehrter und ein tapferer Krieger, der weder Furcht noch Kleinmut kennt; du bist würdig, unter die Sipah (* Streiter.) der Zibari aufgenommen zu werden. Du hast das Leben der Kurden geschont, trotzdem sie dich verrieten und dann in deine Hand gegeben waren. In deinem Lande müssen weise Denker, kühne Streiter, barmherzige Sieger und viel schöne, treue Frauen wohnen. Die Lieder deines Volkes sind sanft wie das lispelnde Blatt und mächtig wie der brüllende Löwe. Du sollst uns von diesem Lande und von diesem Volke erzählen. Du sollst unser Mivan, unser Gast sein, und niemand soll ein Haar deines Hauptes krümmen. Wir verlangten nach deinem Rappen und nach euren Waffen; aber sie sollen dir bleiben, und wenn du von uns gehest, so werden wir dich begleiten weit über Berg und Thal, bis du in Sicherheit bist. Sere men bei meinem Haupte, das schwöre ich dir!«

* * *

Seit jener Zeit sind Jahre vergangen, aber heute noch, wenn ich eine süße Kinderstimme lallen höre, denke ich an jenen Abend im Nebenthale des Zab. Denken auch jene Zibarkrieger, denkt jenes holde Weib zuweilen an mich? Chodeh te b'elit, ia schefaka - Morgenröte, Gott erhalte dich! - - -


Mater dolorosa


Einführung zu "Orangen und Datteln"


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