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HEINZ STOLTE


Ein Literaturpädagoge · Untersuchungen zur didaktischen Struktur in Karl Mays Jugendbuch ›Die Sklavenkarawane‹, 4. Teil




8.  D a s  E x e m p l a r i s c h e


Wer immer sich der Kunst des Lehrens befleißigt, wird nicht umhin können, dem didaktischen Prinzip des »Exemplarischen« gemäß zu verfahren. Wenngleich es eine eigentliche wissenschaftliche Theorie des »exemplarischen Lehrens und Lernens« erst seit verhältnismäßig neuester Zeit gibt,81 so handelt es sich dabei doch nicht um einen speziellen Modernismus im Sinne einer nur vorübergehend aktuellen Zeiterscheinung, sondern was hier gemeint ist, betrifft die Effizienz des Lehrens und Lernens überhaupt und zu allen Zeiten. Lehren und Lernen werden nur dann produktiv sein, das heißt: ein Stück geistigen Reifens befördern, ein Stück »Bildung« aufbauen, wenn sie auf exemplarische Weise verfahren.

   Hierbei verstehen wir unter dem Prinzip des Exemplarischen dreierlei.

   Das  e r s t e  ist der Grundsatz der heilsamen Beschränkung. Nicht das kann beispielsweise im Schulunterricht das kurrikulare Ziel sein, in den Fächern eine ungeheuere Fülle von Wissensstoff in die Schüler hineinzupferchen, denn ganz gewiß sträuben sich die Gehirne gegen Überfüllung einfach schon dadurch, daß sie - bildlich gesprochen - unten soviel ins Vergessen hinausdrängen, wie man oben hineintrichtert. Und weniger wäre dann mehr gewesen, nämlich mehr an besonnener Einsicht, reflektierter Erkenntnis. Auf  A u s w a h l  also kommt es entschieden an. Nicht Verstörung und Verwirrung durch allzu Vieles, sondern Klarheit und Evidenz am Einzelnen. Das Einzelne steht für das viele Ähnliche; an ihm soll erkannt werden, was für alle Phänomene gleicher Art und Gattung das  T y p i s c h e  ist. Exemplarisch verfahren heißt also, daß das eine Beispiel stellvertretend für viele steht.

   Das  z w e i t e  ist der Grundsatz der Anschaulichkeit. Damit ist die - ja doch fast selbstverständliche - Technik des Demonstrierens gemeint,


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bei der ein als allgemein geltend aufgestellter Lehrsatz, d.h. ein  A b s t r a k t u m ,  am  k o n k r e t e n  Einzelfall exemplifiziert wird. So enthalten etwa unsere Schulsprachbücher keine Regel ohne das zugehörige Beispiel. Und umgekehrt wird didaktisch bei der Erschließung neuer Sachverhalte im Unterricht nach dem Prinzip des Exemplarischen insofern zu verfahren sein, daß die Unterweisung vom konkreten Beispiel, vom anschaulich gegebenen Modellfall zur allgemeingültigen und abstrakt formulierbaren Erkenntnis, dem angestrebten Lernziel, fortzuschreiten hat. Im physikalischen Experiment kommt dies vielleicht am sinnfälligsten zum Ausdruck.

   Das  d r i t t e  ist der Grundsatz der Mustergültigkeit. Wir nennen »exemplarisch« eine Sache, einen Sachverhalt oder einen Vorgang, wenn wir meinen, daß darin das  W e s e n t l i c h e  - sei es der ideelle Gehalt, sei es die formale Struktur - auf eine schlechthin vorbildliche Weise in Erscheinung tritt. Das Beispielhafte in diesem Sinne ist also das  I d e a l t y p i s c h e, oder anders gesagt, das uns vorliegende Modell könnte, wenn man so wollte, als  P r o t o t y p  gelten, nach dessen Vorbild alle ähnlichen anderen Fälle sich richten, an dem sie aber auch als an einer gültigen Norm gemessen und beurteilt werden könnten.

   Wenn demnach das Prinzip des Exemplarischen, soweit es als ein unabdingbarer Grundsatz der  D i d a k t i k  anzunehmen ist, in solchem dreifachen Sinn als Aussparung, Veranschaulichung und Normsetzung verstanden werden muß, so wird sich zwangsläufig daraus folgern lassen, daß das Exemplarische eine bedeutsame Rolle spielt, sobald wir - wie es hier geschieht - nach der »didaktischen« Struktur eines für die Jugend bestimmten literarischen Werkes fragen. Der Autor in seiner Rolle als »Literaturpädagoge« ist ja eben Didaktiker und Dichter in einem. Die Erzählung ist ihm Mittel der Pädagogik, und umgekehrt: pädagogisch-didaktische Prinzipien müssen die Erzählung strukturieren. Je mehr also dem Jugendbuchautor ein bildend-erzieherischer Effekt vorschwebt, um so entschiedener wird er bestrebt sein müssen,  e x e m p l a r i s c h  zu verfahren, das heißt: anschaulich vorstellbare Modellfälle herauszustellen, an denen das, auf das es ihm im besonderen ankommen mag, auch besonders eindringlich in Erscheinung tritt.

   Nun ist evident, daß es sich (wie im physikalischen Modell, dem »Experiment«, um Naturgesetze) in literaturpädagogischem Bereich, hier speziell in dem der Epik, der Erzählung, allemal um ethische Einsichten handelt. Denn stets geht es, in welcher Variante auch immer, bei einer Erzählung um das Verhalten und das Handeln von Menschen, denen die Situationen, in die sie sich gestellt finden,


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E n t s c h e i d u n g e n  abverlangen. Wo Entscheidungen getroffen werden müssen, ist Ethisches im Spiele. Wo Menschen sich darüber klar werden müssen, wie sie im Einzelfall - so oder so - aktiv werden sollen, zur Tat zu schreiten haben, treten mehr oder weniger Konfliktsituationen ein. Sie entstehen dadurch, daß die Motive zum Handeln bei jeder Entscheidungsfrage von zwei grundsätzlich differierenden Aspekten her bestimmt werden. Der eine ist die Forderung nach  E f f e k t i v i t ä t  einer Handlung, nach ihrer praktischen Zweckmäßigkeit; der andere ist das Bedürfnis, im Einklang mit gewissen regulativen Normen und Wertvorstellungen zu handeln, die Forderung nach ethischer  I n t e g r i t ä t  der zu treffenden Entscheidung. Es gibt kein menschliches Handeln, das nicht in irgendeiner Weise in der Konfliktspannung zwischen diesen beiden, zwischen Effektivität und Integrität, ausgetragen werden müßte, und der Grad, in dem einem handelnden Individuum solche Spannung spürbar und darüber hinaus als Problem reflektierbar ist, macht den Grad seiner menschlichen Reife aus. Unnötig, zu sagen, daß hierin ohne Zweifel dem Jugendbuchautor ein besonderes Feld seines Wirkens zugewiesen ist.

   Was nun den Jugendschriftsteller Karl May betrifft, so leuchtet wohl ohne weiteres ein, daß ganz vorzugsweise die von ihm gewählte Gattung, die Abenteuergeschichte, reichlich Anlaß zu solcher Art von Konfliktspannungen geben wird. Denn im »Abenteuer« geht es immer auch um Tatentscheidungen, um Mutproben der »Helden« nicht nur, sondern um Handlungen, die gewaltsames Einwirken auf Menschen und Situationen einschließen. Hierbei ist immer die ethische Relevanz solcher Handlungen bedenkenswert. Der im Abenteuer integrierte »Aktionalismus«, der diese epische Gattung überhaupt kennzeichnet, wird vom pädagogisch-didaktischen Standpunkt aus danach zu beurteilen sein, ob es dem Autor gelingt, die erwähnte Konfliktspannung zwischen praktischer Effektivität und ethischer Integrität seinen jungen Lesern eindringlich genug anschaubar zu machen. Hier liegen - wir sagen damit nichts Neues - die Gefahren der Gattung, hier liegen aber auch ihre bildend-erzieherischen Chancen.

   Zugleich gibt dieses Moment den Wertmaßstab ab, der, soweit man vom Inhalt eines solchen Buches her urteilen darf, die Grenze zwischen verantwortlicher Jugendliteratur und - wir sagen es ganz eindeutig - Schundliteratur zieht. Eben weil jede eindrucksvoll erzählte, in sich geschlossene Episode, die wir »Abenteuer« nennen, didaktisch gesehen zugleich als exemplarisch, als Modellfall wirken muß und daher auf den jungen Leser normbildende Faszination ausübt, ist es in der Tat nicht gleichgültig, ob die darin vollbrachten


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»Taten« als Ergebnis rohen und brutalen Draufgängertums erscheinen oder unter dem stets skrupulösen Konflikt ethischer Besinnung stehen.

   Es gehört zweifellos zu den charakteristischen Eigenheiten des Jugendschriftstellers Karl May, daß er bei aller wildwüchsigen Phantastik seiner Geschichten eben dieser Problematik seiner Sache eine oftmals geradezu pedantische Aufmerksamkeit gewidmet, ja, daß er, wie im Falle der ›Sklavenkarawane‹, das Prinzip exemplarischen Demonstrierens mit besonderer Betonung darauf angewendet hat. Als Beispiel möge hier die höchst aufschlußreiche Episode von Lobo und Tolo, den beiden Negersklaven, dienen.

   Wie ja überhaupt die schon im Titel deutlich ausgesprochene und die gesamte Erzählung als Generalthema bestimmende Problematik - daß es sich nämlich um den orientalisch-afrikanischen Sklavenhandel und seine Bekämpfung handelt - einen Sachbereich betrifft, der ethisches Engagement, humane Parteinahme für die Leidenden und Unterdrückten, für Menschenrechte und Lebensansprüche afrikanischer Völkerschaften geradezu zwangsweise herausfordert, so hat die Geschichte von Lobo und Tolo solche Problematik, eben nach bewährtem didaktischen Prinzip des Exemplarischen, an einem konkreten Einzelfall besonders anschaulich, gewissermaßen im Konzentrat, sichtbar gemacht. Eine Problematik übrigens, das sollte man in diesem Zusammenhang nicht unbemerkt lassen, die erstaunlicherweise in den neun Jahrzehnten seit der Entstehung der ›Sklavenkarawane‹ (1889) an Aktualität, an nicht nur moralischer, sondern auch politischer Relevanz keineswegs verloren, vielmehr eigentlich immer noch zugenommen hat. Wenn es auch wohl heute nicht mehr um Sklaverei im wörtlichen Sinne geht und Berichte, nach denen selbst diese in verdeckten Formen noch weiterexistiert, wohl Ausnahmefälle betreffen, so geht es eben doch um Rechte und Freiheiten der Afrikaner und um die Liquidierung eben jenes Kolonialismus und Imperialismus, gegen den Karl May stets, und nicht am wenigsten in seiner ›Sklavenkarawane‹, Stellung bezogen hat. Und wenn solches Engagement heute geradezu modisch, unter zivilisiert-sein-wollenden Nationen nahezu selbstverständlich geworden ist, so muß man demgegenüber bedenken, daß May sein nonkonformistisches Anliegen in einer Zeit vorgetragen hat, in der namentlich britischer und französischer Kolonialismus nach Afrika griff und sich auch das eben erst gegründete Deutsche Reich anschickte, diesem glorreichen Beispiel zu folgen. Und jedenfalls galt Kolonialbesitz als eine Prestigefrage, als Bestätigung dessen, was eine »Weltmacht« bedeutete. Kolonialer Imperialismus war en vogue. Demgegenüber konnten


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aber die jugendlichen Leser des ›Guten Kameraden‹ jedenfalls schon im Jahre 1889 über dasjenige, was heute »Entwicklungshilfe« genannt wird, das Einschlägige in Karl Mays ›Sklavenkarawane‹ nachlesen, unter anderem in dem Gespräch, das Emil Schwarz mit dem arabischen Elefantenjäger führt, dem er und Pfotenhauer soeben mitgeteilt haben, daß es ihr Plan ist, den Negerstamm der Belanda im Dorfe Ombula vor einem bevorstehenden Überfall der Sklavenjäger zu warnen:


   »Warum wollt ihr den Belanda diesen Gefallen thun? Kann es euch nicht gleichgültig sein, ob sie Sklaven werden oder nicht? Seid ihr vielleicht befreundet mit ihnen?«

   »Nein«, antwortete Schwarz. »Wir waren niemals dort und kennen sie nicht. Aber nicht nur unsre Religion, sondern auch unser Herz gebietet uns, sie zu warnen.«

   »Dann seid ihr nicht diejenigen Christen, welche in andre Länder gehen, um die Völker derselben zu unterjochen, sondern wie Emin Pascha, welcher gekommen ist seine Leute glücklich zu machen. Aus welchem Grunde aber seid ihr überhaupt in diese Gegend gekommen?«82

   »Um Menschen, Tiere und Pflanzen, welche es hier gibt, kennen zu lernen.«

   Der Araber schüttelte den Kopf und antwortete: »Das kann euch doch gar keinen Nutzen bringen!«

   Schwarz wußte sehr wohl, daß es fremde ausgebildete Völker gibt, deren Angehörige es nicht begreifen können, daß ein Mensch sich den Gefahren ferner Länder aussetzen kann, nur um des Wissens willen. Dennoch antwortete er: »Du hast doch von den verschiedenen Ulum83 gehört, mit denen sich die Gelehrten beschäftigen?«

   »Ja, ich kannte einen, welcher alle Nächte durch ein Rohr die Sterne anschaute. Was hatte er davon?«

   »Er berechnete den Lauf der Sterne und bestimmte nach denselben die Zeiten, Jahre, Monde, Tage und Stunden. «

   »Das war ein guter Zweck. Aber ich habe gesehen, daß Emin Pascha Steine und Pflanzen sammeln ließ. Wozu könnte das dienen?«

   »Um die Heilkraft dieser Pflanzen zu untersuchen und dann mit Hilfe derselben die Kranken gesund zu machen. Die Steine wollte er kennen lernen, um zu erfahren, ob es wertvolle unter ihnen gibt oder gar Erze, Gold und Silber.«

   »Wenn du es so erklärst, so erkenne ich freilich, daß die Wissenschaft ihre sehr guten Zwecke hat. Gehört ihr auch zu den Gelehrten?«

   »Ja. Wir wollen bei den Niam-niam eine Station, einen Ort errichten, von welchem aus wir das Land untersuchen, um diejenigen Tiere, Pflanzen und Steine zu entdecken, deren Verkauf den Bewohnern Nutzen bringen kann. Wenn sie mit Hilfe eines solchen Handels das verdienen, was sie brauchen, so werden sie von dem verderblichen Sklavenhandel lassen.«

   »Diese eure Absicht billige ich, denn sie ist sehr gut. Ihr seid als die wahren Freunde der hiesigen Völker gekommen.«84


Wenn in diesem kleinen Lehrstück, einem jener didaktisch konzipierten Dialoge, für die der Jugendautor Karl May eine auffällige Vorliebe an den Tag legt (und damit übrigens eine uralte dialektische Demonstrationsform pflegt, die man letztlich bis auf Platons Sokratische Dialoge zurückverfolgen kann), mit so besonderer Provokation


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von den  C h r i s t e n, welche in andre Länder gehen, um die Völker derselben zu unterjochen, die Rede ist, so trifft dies genau den Punkt, an dem die ethische Konfliktspannung, von der wir gesprochen haben, exemplarisch in Erscheinung tritt. Wie ist Christentum, wie ist christliches Ethos mit seiner Forderung nach Güte, Nächstenliebe, Gewaltlosigkeit, mit seinem Gebot, auch die Feinde zu lieben -, zu vereinbaren mit der Notwendigkeit von Handlungen der Selbsterhaltung im Kampf ums Dasein, der Gewaltanwendung gegen das Böse oder gar mit militärischen Aktionen im Zuge imperialer politischer Zielsetzungen? Was das letzte betrifft, so hat der Pazifist May seine Position in obigem Text deutlich genug programmatisch abgesteckt, was aber das übrige angeht, die Frage nach der Gewaltanwendung zur Wahrung zustehender Menschenrechte, das eben ist der gehaltliche Kern der Geschichte von Lobo und Tolo.

   Der Autor hat die Episode von der Befreiung und Flucht der beiden Sklaven bedeutsam aus dem übrigen Handlungsgeflecht seiner Fabel herausgehoben, sie zunächst von allem Sonstigen isoliert, um das Modellhafte daran zur Geltung zu bringen. So wirkt sie fast balladesk, ja, man könnte von einer Ballade in Prosa sprechen. Lobo und Tolo sind zwei Angehörige des Stammes der Belanda oder Niam-niam85, die vor noch nicht langer Zeit in die Hände der Sklavenräuber gefallen sind. Nun werden sie in der Seribah, dem befestigten, halbmilitärischen Lager, das den arabischen Menschenräubern als Stützpunkt dient, unter harten Bedingungen zur Zwangsarbeit festgehalten. Wir treffen sie an, während sie auf einem am Flußufer vertäuten Schiff unter scharfer Bewachung dabei sind, Stricke aus Palmblattfasern zu drehen. Soeben haben sie erfahren, daß ein neuer Raubzug in den Süden vorbereitet wird, bei dem ihr Heimatdorf Ombula überfallen werden soll. Das ist die Situation, die eine Entscheidung verlangt:


Diese Schwarzen trugen die Guluf, drei wulstige Narben auf jeder Wange, ein sicheres Zeichen, daß sie geraubt worden waren. Ist nämlich eine Sklavenjagd glücklich ausgefallen, so empfangen die jüngeren männlichen Gefangenen diese sechs Schnitte als ewiges und unverwischbares Zeichen der Knechtschaft. Man reibt die Wunden mit Pfeffer, Salz und Asche ein, um den Heilungsprozeß zu verzögern, und die Narben möglichst aufschwellen zu lassen.

   Bekleidet waren die beiden nur mit dem Lendenschurze. Das Haar hatten sie mit Anwendung eines vertrocknenden Klebstoffes steif und cylindrisch emporfrisiert, so daß es das Aussehen eines zerknillten Chapeau-Claque ohne Krempe besaß. Sie unterhielten sich im Dialekte der Belandaneger, in welchem alle Worte, welche etwas Geistiges, Übersinnliches bezeichnen, dem Arabischen entnommen sind, wie es überhaupt bei allen sudanesischen Sprachen mehr oder weniger der Fall ist. Dabei wendeten sie die erste Person der Einzahl des Zeitwortes nicht an, sondern setzten an Stelle des »Ich« ihre Namen.


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   »Lobo ist traurig, sehr traurig!« flüsterte der eine. »Und Lobo darf doch nicht sehen lassen, daß er traurig ist.«

   »Tolo ist auch traurig, mehr traurig noch als du«, antwortete der andre ebenso leise. »Als Lobo und Tolo geraubt wurden, hat Abu el Mot Lobas ganze Familie getötet, aber Tolos Vater und Mutter entkamen; sie leben noch, und armer Tolo kann nicht zu ihnen. Darum ist er doppelt traurig.«

   Er sprach in der dritten Person, meinte aber sich selbst, da er Tolo hieß.

   »Warum soll Lobo nur halb traurig sein?« fragte der erstere. »Wurden seine Eltern und Geschwister ermordet, so ist er unglücklicher als du. Und - - «, er sprach so leise, daß sein Leidensgefährte es kaum verstehen konnte, »was hat ein Belanda zu thun, wenn der weiße Mann ihm die Seinen tötet?«

   Tolo blickte besorgt nach den Sklavinnen, ob diese vielleicht horchten, und antwortete dann, indem er die Augen rollte: »Rache nehmen! Er muß Abu el Mot töten.«

   »Ja, er muß, aber er darf nicht davon sprechen!«

   »Seinem Freunde Tolo aber kann er es sagen; dieser wird ihn nicht verraten, sondern ihm helfen mit dem Messer oder mit dem Pfeile, welcher in den Saft der Dinqil86 getaucht und vergiftet ist.«

   »Aber dann wird man uns zu Tode peitschen.«

   »Nein; wir fliehen.«

   »Weißt du nicht, wie schwer das ist? Die Weißen werden uns mit Hunden verfolgen, welche uns sicher finden.«

   »So macht Tolo sich selbst tot. Peitschen läßt er sich nicht, und leben mag er auch nicht, wenn er nicht bei Vater und Mutter sein kann. Der Weiße denkt nicht, daß der schwarze Mann ein Herz hat; aber er hat ein besseres als der Araber; er liebt Vater und Mutter sehr, und will bei ihnen sein oder sterben. Weißt du, wo wir leben werden, wenn wir hier bleiben? Wir sind Eigentum des Weißen, und er kann uns beim kleinsten Zorne töten. Und wenn er eine Ghasuah87 unternimmt, so müssen wir mit, und für ihn gegen unsre Brüder kämpfen. Auch da können wir getötet werden. Tolo will aber seine schwarzen Brüder nicht fangen und zu Sklaven machen!«88


Was wir das didaktische Prinzip des Exemplarischen genannt haben, mag man an der Konzeption dieser kleinen Dialogszene besonders deutlich wahrnehmen: vorab die Setzung eines  e i n z e l n e n  Falls als stellvertretend für Verhältnisse, von denen doch ganze Völkerschaften der Afrikaner betroffen sind. Nur Lobo und Tolo werden ins Blickfeld gestellt, sie beide und ihr singuläres Schicksal figurieren für alle ihresgleichen. Sodann die Veranschaulichung des Abstrakten. Das Abstraktum, um das es sich hier handelt, heißt: das Menschenrecht. Um Freiheit oder Knechtschaft geht es, aber das sind ja doch schemenhafte Dinge, und man weiß, daß sie, so schlechthin als nackte Begriffe beim Namen genannt, einer gelangweilten Menschheit nicht den geringsten Eindruck zu machen pflegen. Viel weniger Kindern! Aber was Unfreiheit, was Knechtschaft ist, dafür hat dieser Autor ein so geradezu schmerzhaft eindrucksvolles Zeichen gesetzt, daß es sich jedem seiner jugendlichen Leser einzuprägen imstande ist: Sie tragen die Guluf im Gesicht, als ewiges und unverwischbares Zeichen der



Knechtschaft, drei wulstige Narben auf jeder Wange, und die blutigen Schnitte hat man mit Pfeffer, Salz und Asche eingerieben, um den Heilungsprozeß zu verzögern. Ist das  A n s c h a u l i c h k e i t  genug? Das kann man nicht nur vor sich sehen, das kann man nachfühlen, daß Knechtschaft brennt wie Pfeffer, Salz und Asche in blutenden Wunden. Und auch dies gehört zur anschaulichen Verlebendigung, daß der Autor seine beiden Protagonisten im Sprachstil ihres Stammes (den wir im Vorbeigehen auch noch ein wenig sprachwissenschaftlich kommentiert finden) von sich selber in der dritten Person sprechen läßt, sie damit zugleich recht originell von allen anderen Personen der Erzählung abhebend. Nicht unwichtig ist gerade dies, um die alsbald folgende »Problemdebatte« auf eine kindlicher Auffassung zugängliche Form zu vereinfachen. Während nun die vorliegende Szene damit endet, daß sich beide Freunde über das, was ein Belanda zu thun hat, nämlich blutige Rache an Abu el Mot zu nehmen und in die Freiheit zu entfliehen, einig zu sein scheinen, bringt eine weitere Szene die ethische Problematik, den Konflikt der Pflichten, ins Gespräch, nachdem ihnen Abd el Mot, der stellvertretende Lagerkommandant, mit der Peitsche ihre Ohnmacht bewußt gemacht hat.


Lobo griff mit der Hand nach seinem schmerzenden Rücken, knirschte mit den Zähnen, rollte die Augen, als ob er sie herausdrehen wollte, und antwortete: »In unser Land nach Ombula. Allah, Allah. Unsre Freunde sollen Sklaven werden!«

   »Und wir müssen die Weißen führen! Werden wir es thun?«

   Lobo zögert mit der Antwort. Er schien überhaupt geistig weniger begabt zu sein als sein Unglücksgenosse. »Warum sagst du nichts?« fragte dieser. »Sollen wir die Araber führen und unsre schwarzen Brüder mit töten und gefangen nehmen?«

   »Nein«, antwortete Lobo in bestimmtem Tone. Er war nun zu einem Entschlusse gekommen. »Wir fliehen. Dann aber können wir Abu el Mot nicht töten, was wir doch thun wollten. Er ist noch nicht wieder da.«

   »So töten wir Abd el Mot an seiner Stelle. Das ist fast ebensogut. Wenn wir ihm das Leben nehmen, so muß der Zug morgen unterbleiben, und wir retten die Leute von Ombula.«

   »Werden sie es uns auch danken? Und wie töten wir ihn? Am Tage ist es ganz unmöglich, und des Nachts schläft er mitten unter den Wächtern. Man wird uns ergreifen. Ist es da nicht besser, wenn wir uns nicht in eine so große Gefahr begeben?«

   Tolo erkannte gar wohl die Wahrheit dieser Worte. Er dachte nach. Jetzt erschallte von jenseits des Waldes ein schrecklicher Lärm herüber. Menschliche Stimmen sangen, jauchzten und brüllten. Dazu ertönten die ganz unbeschreiblichen Klänge der im Sudan gebräuchlichen Instrumente.

   Das schien den nachdenkenden Neger schnell zu einem Resultate zu bringen. Er sagte: »Hörst du den Jubel? Jetzt hat Abd el Mot gesagt, daß die Ghasuah morgen beginnen soll. Nun entfalten sie die Fahne und fragen den Zauberer. «

   »Er wird dem Zug günstig sein, und sie gehorchen ihm, denn er ist ein frommer Fakir. Auch wir sollten ihm eigentlich gehorchen, obwohl wir nicht zu Allah beten wie unsre Peiniger.«



   »Nein. Tolo gehorcht nicht dem Fakir, sondern einem ganz andern. «

   »Wem? Wer ist das?«

   »Dem großen Schech, der über den Sternen wohnt und niemals stirbt, der alles sieht und jede That belohnt oder bestraft.«

   »Du hast Lobo davon erzählt, aber Lobo kann ihn nicht sehen.«

   »Er ist überall, wie die Luft, die man auch nicht erblickt.«

   »Vielleicht hat dich der Fremde belogen, der dir von ihm erzählte!«

   »Nein. Dieser weiße Fremde war ein Khassis89, ein guter Mann, der keine Lügen sagte. Er erzählte von dem großen allmächtigen Schech, welcher den Himmel und die Erde gemacht hat, und auch die Menschen. Er befahl ihnen, gut und fromm zu sein, aber sie gehorchten ihm nicht. Da sandte er seinen Sohn vom Himmel herab, der ihnen Gnade brachte und dafür von ihnen getötet wurde. Er lehrte, daß die Menschen einander lieben, und sich nur Gutes erweisen sollen. Diese Lehre brachte der Khassis zu uns. Wir gewannen ihn lieb und glaubten seinen Worten. Da aber kamen die Sklavenjäger und töteten ihn. Tolo weiß noch alle seine Worte und wird nach denselben handeln. Die Liebe gebietet ihm, seine Eltern aufzusuchen und die Helle Ombula zu retten. Das wird er thun, selbst wenn es sein Leben kosten sollte. Der Sohn des Schechs im Himmel ist auch ohne Murren gestorben. Und wer da stirbt, indem er Gutes thut, und die Gesetze des großen Schechs erfüllt, der ist nicht tot, sondern er steigt auf zum Himmel, zum Sohne des Schechs, um bei demselben zu leben und niemals zu sterben.«

   Der Neger hatte das mit wahrer Inbrunst gesprochen, im Tone vollster Überzeugung. Der andre schüttelte den Kopf und sagte: »Lobo versteht das nicht; aber du hast ihm noch niemals eine Lüge gesagt, und so will ich es glauben, und ganz dasselbe thun, was du thust. Hätte er den Khassis gesehen und gehört, so würde er wohl ganz so überzeugt sein, wie du es bist. Also wir fliehen und retten Ombula!«

   »Ja, und Abd el Mot töten wir zur Strafe für seine Thaten, und daß er morgen die Ghasuah nicht beginnen kann.«

   »Aber ist es nicht der Wille des großen Schechs, von welchem du sprichst, daß man den Menschen nur Gutes erweisen soll? Und du willst den Araber ermorden!«

   »Das ist nichts Böses«, entgegnete der Neger in einem Tone, der allerdings zu besagen schien, daß er noch nicht ganz bibelfest sei.

   »Lobo glaubt es dir. Aber selbst wenn es uns gelingt, ihm das Leben zu nehmen, wie kommen wir fort? Einen Kahn können wir nicht bekommen, so müssen wir also gehen, und dann werden die Hunde uns schnell eingeholt haben!«

   »Du darfst nicht so zaghaft sein«, entgegnete der andre, »denn der große Schech im Himmel wird uns beschützen. Man wird hier erst am Morgen den Tod Abd el Mots und unsre Flucht bemerken. Dann sind wir schon so weit entfernt, daß uns niemand einholen kann. Wir nehmen uns hier so viel Kisrah wie möglich, damit wir unterwegs nicht zu hungern brauchen.«

   »Hat dein großer Schech das Stehlen nicht auch verboten ?«

   »Ja. Also werden wir es nicht thun. Aber wir finden überall Wurzeln, Früchte und Wasser, um den Hunger und auch den Durst stillen zu können.«

   Lobo schien doch ein Bedenken zu haben. Er blickte nachdenkend vor sich nieder und sagte dann: »Aber wie können wir vom Schiffe fort, wenn Abd el Mot uns einen Wächter sendet?«

»Wir warten, bis er schläft.«

   »Er wird nicht schlafen, sondern den Befehl erhalten haben, kein Auge von uns zu lassen. «

   »Nun, so töten wir auch ihn. «

   »Das ist doch nichts Gutes, sondern etwas Böses!«



   »Der Wächter ist auch bös, denn er wird ein Weißer, ein Araber sein. Ihm geschieht ganz recht, wenn er sterben muß; er gehört wohl gar zu den Leuten, welche uns gefangen genommen haben.«

   »Du hast mir einmal erzählt, daß es der Wille des Schechs im Himmel sei, auch den Feinden Gutes zu thun; du aber willst ihnen nur Böses zufügen.«

   »Daran sind sie selbst schuld«, sagte Tolo und half sich über das Bedenken mit Kopfschütteln hinweg. »Schweig jetzt und arbeite, der Wächter kommt.«

   Der Kahn nahte wieder. In demselben saß ein anderer Weißer, welcher an Bord gestiegen kam. Er schien sehr zornig darüber zu sein, daß er auf das Schiff kommandiert worden und nun von der Festlichkeit ausgeschlossen war, welche einer jeden Ghasuah vorherzugehen pflegt. Er warf den Sklaven drohende Worte zu und setzte sich in ihre Nähe, die Peitsche in der Hand. Sie arbeiteten mit angestrengtem Fleiße weiter. Miteinander zu sprechen durften sie nicht wagen; desto fleißiger aber dachten sie an ihr Vorhaben. Tolo war fest entschlossen, Abd el Mot und den Wächter zu ermorden. Das, was er von den Lehren des Missionars behalten hatte, kam nicht in Konflikt mit seinen heidnischen Anschauungen. Er wußte beides ganz gut in Einklang zu bringen. Lobo war weniger spitzfindig als er. Wie die meisten langsam denkenden und schwer begreifenden Menschen, konnte er nicht leicht eine neue Ansicht fassen, welche seiner bisherigen entgegengesetzt war. Hatte er den Gedanken aber einmal gefaßt, so hielt er ihn fest und bewegte ihn fleißig im Herzen, soviel dies seinem Verständnisse möglich war. Es wollte ihm nicht recht begreiflich erscheinen, daß man zwei Menschen ermorden und dabei doch den Willen des guten »Schechs im Himmel« befolgen könne.90


Das ist, wie man wird zugeben müssen, eine höchst bemerkenswerte Szene. Bemerkenswert deshalb, weil der Autor es gewagt hat - wie es in einem Buch für Kinder gewiß nicht allzu häufig anzutreffen ist -, ein so heikles weltanschauliches und ethisches Konfliktsthema in einer so vereinfachten, eben modellartig-exemplarischen Zuspitzung zur Diskussion zu stellen, daß die Schwere der hier zur Entscheidung stehenden Fragen auch einem jungen Leser des ›Guten Kameraden‹ begreifbar werden und ihn zum Nachdenken veranlassen kann. Simplifiziert auf das Weltbild und die Vorstellungsweise zweier naiver Naturkinder (und eben deshalb auch Kindern verständlich), geht es im Dialog zwischen Tolo und Lobo eben doch um echte und ernsthafte Kollision der Pflichten: hier das Gebot des guten Schechs im Himmel, den Menschen nur Gutes zu tun und selbst seine Feinde zu lieben -, dort die Pflicht, das Heimatdorf Ombula und seine Bewohner vor dem Verderben durch die Sklavenjäger zu bewahren. Eine echte Kollision, denn hält man sich strikt an das eine, wird man jeweils das andere verfehlen müssen. Wie soll man sich da entscheiden?

   Es betrifft übrigens ein Charakteristikum der erzählerischen Technik, daß der Autor sein Problem nicht in der Weise dialogisiert hat, daß er lediglich abstrakte Antithesen auf zwei Sprechfiguren verteilt hat, sondern daß Lobo und Tolo im Zuge ihres Gesprächs sich deutlich als Individuen verlebendigen und durch Verhalten und Denkweise



gegeneinander abheben. Tolo zeigt sich als der führende Kopf, der geistig Wendigere; er ist fähig, die ihm verkündete neue Lehre des Khassis sogleich aufzunehmen, ja, gewissermaßen einen Katechismus seines Glaubens, so wie er ihn verstanden hat, mit bemerkenswerter Präzision wiederzugeben. Er vermag sich leidenschaftlich, mit Inbrunst dafür zu engagieren. Seine Entschlüsse sind schnell gefaßt, und wie er für das Gute, das der große Schech fordert, begeistert ist, ebenso entschieden und schnell ist er bereit, in der Bedrohung Ombulas sein Leben zu wagen, aber auch das dazu Nötige, zwei Menschen zu töten, weiß er sich sogleich als eine gute Tat auszulegen. Indessen verfehlt der Erzähler nicht, darauf hinzuweisen, daß der geistig gewandte Tolo eben doch auch der oberflächlicher Denkende von beiden ist. Die Bedeutung der hier aufgerissenen Antinomie hat er keineswegs in der ganzen Tiefe des Konflikts begriffen, denn - wie es heißt - das, was er von den Lehren des Missionars behalten hatte, kam nicht in Konflikt mit seinen heidnischen Anschauungen.

   Demgegenüber ist sein Freund Lobo geistig weniger begabt, er ist schwerfälliger im Auffassen von Situationen und Gedanken. Er ist sich dessen aber auch bewußt, bewundert den anderen und fügt sich dessen Entscheidung, wenn auch wohl nicht, weil er sie ganz versteht, aber aus der Überzeugung, daß jener noch niemals eine Lüge gesagt hat und er ihm deshalb Vertrauen schenken darf. Aber nicht Tolo, den Begabteren, sondern Lobo, den langsam denkenden und schwer begreifenden Menschen, läßt der Autor (und das ist ein besonders interessantes Detail dieser Episode) auf den eigentlichen Kern des Widerspruchs stoßen und die ethische Problematik in ihrem ganzen Umfang erfassen: Es wollte ihm nicht recht begreiflich erscheinen, daß man zwei Menschen ermorden und dabei doch den Willen des guten »Schechs im Himmel« befolgen könne.

   Daß die Erörterung dieses Themas hiermit zunächst einmal abbricht, daß uns nicht eine Lösung des Konflikts fertig angeboten wird, das bezeugt den Pädagogen und Didaktiker. Die Frage bleibt offen und damit dem eigenen Nachdenken des jungen Lesers überantwortet, der auf diese Weise mit der in ihm erregten Spannung auf den Fortgang des Abenteuers zugleich zur Erwägung ethischer Problematik motiviert sein soll.

   Die Frage bleibt offen, weil sie ja eben pauschal und rein theoretisch, in ideeller Abstraktion, gar nicht gelöst werden kann. Die Antwort kann nur nach den Umständen differenziert und im konkreten Fall gefunden werden. Und das geschieht im weiteren Verlauf der Episode, zunächst was den Wächter betrifft, der beseitigt oder



überwunden werden muß, wenn die Flucht gelingen soll. Daß die früher von Tolo geäußerte Meinung, die Ermordung des Wächters sei schon deshalb gerechtfertigt und eine gute Tat, weil dieser »ein Weißer, ein Araber« sei, nicht eine akzeptable Antwort sein kann, ergibt alsbald der Handlungsverlauf selbst. Es ist Lobo, dessen zuletzt geäußerte Skepsis ihn befähigt, eine angemessenere Lösung zu finden:


Zuweilen erhob sich der Aufseher, um einige Minuten hin und her zu gehen. Dabei brummte er grimmig in den Bart darüber, daß er weder mitsingen noch mittrinken durfte... Als der Wächter wieder einmal seinen Spaziergang unternahm, flüsterte Lobo seinem Kameraden zu: »Dieser Weiße ist zornig; er hat die Peitsche stets in der Hand, schlägt uns aber nicht. Lobo möchte ihn darum nicht gern töten.«

   »Dann können wir nicht entkommen!«

   »Wollen wir ihm nicht die Kehle zuhalten, daß er nicht schreien kann? Dabei binden wir ihn und stecken ihm den Mund zu.«

   »Das hat auch Tolo lieber, als ihn zu töten . . .«

   »Wann beginnen wir?«

   »Nach einer Weile; dann werden alle Weißen eingeschlafen sein.«

   »Aber der Kahn ist nicht da. Er wird des Abends in die Seribah geschafft.«

   »So schwimmen wir.«

   »Hat Tolo vergessen, daß sich viele Krokodile im Wasser befinden ? Darum wird die Seribah ja Omm et Timsah genannt.«

   »Tolo läßt sich lieber von den Krokodilen fressen, als daß er die Weißen nach Ombula führt.«

   »Lobo auch. Der gute Schech im Himmel wird uns beschirmen, da wir soeben dem Wächter das Leben geschenkt haben.«

   »So glaubst du jetzt an diesen großen Schech?«

   »Lobo hat während des ganzen Abends über denselben nachgedacht. Wenn der Khassis kein Lügner war, so ist es wahr, was er gesagt hat, denn er ist klüger gewesen, als wir es sind. Und für den schwarzen Mann ist es sehr gut, einen solchen Schech im Himmel zu haben, denn alle weißen Schechs auf der Erde sind seine Feinde. . . «91


Die Befrachtung des aktionalen Elements seiner Erzählungen mit weltanschaulich-religiös-sittlichen Motivationen, wie sie an diesem Beispiel so auffällig in Erscheinung tritt, ist ja nun ein alle Werke dieses Autors kennzeichnender Zug, ein fast unverwechselbares Markenzeichen eines »echten« Karl May, nicht weniger als jene Detail-Genauigkeit, von der schon die Rede gewesen ist. Die ethischen Skrupel, die den Erzähler bei der Konzeption seiner Aventüren offenbar unaufhörlich geplagt haben, sooft es darum ging, Akte der Gewalt geschehen zu lassen, haben seine positiven Helden allesamt in der Wolle eingefärbt. Allen voran Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi, halten sie es entschieden mit des Matthias Claudius ›Kriegslied‹ und seiner Devise:

Menschenblut
Ist doch viel zu gut. . .



und das Thema klingt in hundertfachen Varianten durch alle Bände seiner Gesammelten Werke. So ist denn auch, glaube ich, Mays spezielle Erfindung, Old Shatterhands Schmetterhand, keineswegs eine Ausgeburt brutaler Instinkte, sondern - genau umgekehrt - vom Erzähler ausgedacht einzig zu dem Zweck, dem Helden ein Mittel zu verleihen, das ihn in den Stand setzt, Menschenblut, das viel zu gute, zu sparen.

   Menschenblut sparen also auch Lobo und Tolo, was den ersten Teil ihres Fluchtabenteuers betrifft. Es gelingt ihnen in der Tat, den Wächter, ihrem Plan gemäß, unblutig außer Gefecht zu setzen. Der zweite Teil aber fällt anders aus. Die Ermordung des Sklavenjägers Abd el Mot, die sie für gerecht halten als Strafe für seine Thaten (womit sie auch zweifellos dem Gerechtigkeitssinn der jungen Leser genau entsprechen), haben Lobo und Tolo keineswegs aufgegeben. So schleichen sie sich ins Lager zurück, um in das Zelt Abd el Mots einzudringen. Doch die Vorsehung in Gestalt des listig planenden Erzählers hat es anders mit ihnen im Sinn: auch jetzt erspart er es seinen Lieblingen, Menschenblut zu vergießen. Und das sieht so aus:


   »Bleib hier liegen!« flüsterte Lobo. »Es ist nicht schwer, zwischen ihnen hindurchzukommen. Der Araber befindet sich ganz allein in der Hütte. Auch er wird getrunken haben. Ein Stoß, und dann ist Lobo wieder bei dir.«

   Die Zuversicht, mit welcher er dies sagte, klang etwas hastig. Die That wurde ihm wohl schwerer, als er es merken lassen wollte. Das Messer in der Hand, kroch er schlangengleich zwischen zwei Schläfern hindurch. Schon hatte er den Eingang erreicht und streckte die Hand aus, um das leichte Schilfgeflecht, welches des Nachts die Thür bildete, beiseite zu schieben; da ließ sich hinter demselben ein lautes Knurren hören. Er zog die Hand zurück; aber der unerwartete Feind brach, anstatt sich zu beruhigen, in ein wütendes Gebell aus und kam, das Geflecht umreißend, aus der Hütte gestürzt. Es war einer jener großen Schillukhunde, welche die Sklavenjäger gern kaufen, um sie gegen die Neger abzurichten. Er warf sich auf Lobo. Dieser war, obgleich dem Alter nach noch kaum ein Mann, doch ein sehr kräftiger Mensch. Er wich dem Hund mit einer behenden Bewegung aus, faßte ihn mit der Linken beim Genick, riß ihn empor und stieß ihm mit der Rechten mit außerordentlicher Schnelligkeit das Messer einigemal in die Brust. Der Hund brach unter lautem Geheul zusammen.

   Von allen Seiten, allüberall antworteten die andern Hunde; die Menschen erwachten, und die vor dem Tokul liegenden weißen Schläfer waren aufgesprungen. Sie wollten sich auf Lobo werfen, dem es nun unmöglich war, sein blutiges Vorhaben auszufahren. Wohl zwanzig Arme steckten sich nach ihm aus; er war umringt und schlug und stieß um sich, um sich Luft zu machen. Dies wäre ihm wohl kaum gelungen, wenn ihm nicht Tolo geholfen hätte. Dieser sprang herbei und schlug mit seiner Nilpeitsche in der Weise auf die Bedränger seines Gefährten ein, daß sie, die so etwas nicht erwartet hatten, Raum gaben. Dies benutzend, flogen die beiden Neger in weiten Sätzen davon, um das Loch und durch dasselbe das Freie zu gewinnen.92


Auf solche listige Weise und doch nach allen Regeln der Wahrschein-



lichkeit läßt der Erzähler Lobo und Tolo davonkommen, gewissermaßen nach der Methode Sündenbock, indem der unschuldige Hund das Schicksal erleidet, das seinem schuldigen Herrn zugedacht war. Listig, ja, geradezu rabulistisch ist aber auch, was sich Lobo, dem die Bedenken wegen der Gebote jenes großen Schechs zu schaffen machen, noch vor seinem mißglückten Attentat ausgedacht hat, denn aus einem ganz bestimmten Grunde besteht er darauf, daß er, nicht Tolo, die Tat ausführen müsse. Nicht nur, weil er der Stärkere ist, sondern: »Sollte der Schech im Himmel darüber zürnen, so wird er Lob eher verzeihen als dir, denn Lobo glaubt erst seit heute an ihn, du aber schon seit längerer Zeit.«

   So erweist sich in der Technik des Erzählers Karl May das Moment der ethischen Skrupel, das er als Literaturpädagoge und Didaktiker so betont exemplarisch herausstellt, nicht nur als ein moralischer Appell an den jungen Leser, sondern zugleich als ein Mittel des Epikers, seine Themen und Motive auf eine höchst fruchtbare Weise zu variieren, ja geradezu Spannungen in der Schwebe zu halten oder neu zu erzeugen. Denn - um bei unserem Beispiel zu bleiben - hätte nicht der »große Schech« ein Einsehen gehabt und Lobos Skrupel dadurch belohnt, daß er den Mordplan mißlingen ließ, so wäre die schöne Geschichte von der Sklavenkarawane natürlich zu Ende gewesen, kein Ombula wäre überfallen und keiner unserer Helden gefangen worden. Und nach diesem Muster geht es fast überall zu in den Abenteuerketten Karl Mays: Old Shatterhands und Kara Ben Nemsis Großmut und des Helden humane Skrupel, auch dem Bösesten nicht das Leben zu nehmen, dienen zugleich immer als das, was man in der Dramaturgie ein »retardierendes Moment« zu nennen pflegt, das heißt als der Kunstgriff, der Trick, eine schon der Lösung greifbar nahe Handlung zurückzuschrauben und die Spannung erneut aufleben zu lassen. Aber man sollte den Sachverhalt nicht mißverstehen, nicht falsch interpretieren. Nicht darauf ist es hier abgesehen, den Moralisten Karl May zu »entlarven« in dem Sinne, daß er als ein anderer Tartuffe moralische Hemmungen vorspiegelt, wo es sich doch nur darum handelt, das Honorar für weitere und immer neue Fortsetzungen seiner Zeitschriftenbeiträge zu kassieren. Das auch, das ganz gewiß auch. Und er lebte ja davon! Und es ist gar nicht unmoralisch, meinen wir, vom Ertrag seiner Arbeit zu leben, auch wenn es sich um  l i t e r a r i s c h e  Arbeit handelt.93 Hier geht es vielmehr darum, dem Geheimnis der »didaktischen Struktur« der Mayschen Erzählkunst auf die Spur zu kommen, und hierfür ist allein wichtig, daß der ethische und bildend-erzieherische Gehalt - wie unsere Analyse ergeben hat - mit dem spannungser-



regenden Moment auf das vollkommenste  i d e n t i s c h  ist. Und genau dies ist die Voraussetzung dafür, daß ein Jugendbuch trotz erzieherischer Intentionen seine Leser fasziniert.

   Ein besonders hübsches Beispiel dafür, wie die Neigung des Autors, seine Abenteuermotive zu humanisieren, ihn zu höchst originellen Fabulierkünsten anzuregen vermag, bietet eine andere Episode aus dem weiteren Verlauf dieser Erzählung. Gegen Ende der Auseinandersetzung mit den Sklavenjägern kommt es zu einem größeren Gefecht auf den Gewässern des Nils, das von Schiff zu Schiff ausgetragen wird, ein kleines Trafalgar sozusagen, bei dem sich unter anderen auch Pfotenhauer, der Vogelkenner, durch Tapferkeit hervortut. Und sein Mitstreiter Schwarz lobt ihn hinterher dafür, daß er so wacker geschossen habe.


   »Ja, g'schossen hab' ich brav. Aber wissen S' auch, wen und wohin?«

   »Nein. «

   »So will ich's Ihnen sagen. Ich hab' halt immer nur nach der Frisur g'zielt, a bißchen höher als der Kopf. Ich hab' g'meint, daß man keinen Menschen ganz derschießen soll, wann man mit der Frisur auch einen guten Erfolg haben kann. Und wie!« lachte der Graue. »Sie hätten's nur sehen sollen! Aber Sie haben so mit dera Kanone zu thun g'habt, daß Sie das gar nit beobachten konnten. Aber haben S' denn die hohen und großen Schöpfe der Nuehr gar noch nit g'sehen? Wissen S' nit, woraus sie g'fertigt werden?«

   »Nein. Ich hatte keine Zeit, in der Gegend der Nuehr so eingehende Studien zu machen. Ich bin schnell hindurchgefahren.«

   »Nun, sie lassen das Haar lang wachsen, streichen es in die Höh' und schmieren einen Teig aus Asch' und Kuh-Urin hinein, was gegen gewisse Tierchen helfen soll, von denen die Negerköpfe stets sehr zahlreich bevölkert sind. Dadurch wird aus dera Frisur eine hohe, kompakte und harte Masse, welche so fest auf dem Schädel sitzt, daß sie zu demselben zu g'hören scheint. Wann nun eine Kugel hindurchg'schossen wird, so gibt das dem Nuehr einen Schlag, der ihn zu Boden wirft. Er kann da gar wohl meinen, daß ihm die Kugel durch den Kopf 'gangen ist. Wenigstens ist keiner von allen, die ich mit meinen Kugeln niederpelzt hab', wieder aufg'standen. Vielleicht ist ihnen die Frisur ebenso teuer wie der Schädel selbst; darum lassen s' sich lieber gar nit wieder sehen, um sich diesen schönen Schmuck nit verschimpfieren zu lassen.«94


Die kuriose Erläuterung seiner Schießkünste, wie Pfotenhauer sie hier gibt, veranlaßt nun Schwarz, seinerseits eine Art moralischer Rechnung seiner Heldentaten aufzumachen. Seine Kasuistik ist einigermaßen kompliziert:


   »Das ist freilich lustig. Übrigens stimme ich Ihnen vollständig bei, wenn Sie sagen, daß man einen Menschen nur in der höchsten Not töten soll. Es hat mir leid gethan, die Kanone brauchen zu müssen; aber es galt, Abu el Mot zu zeigen, daß mit uns nicht zu spaßen ist. Hätte ich das nicht gethan, so wäre der Kampf von viel längerer Dauer gewesen und hätte auf unsrer Seite bedeutende Opfer gefordert. Lieber sollen drei Sklavenjäger fallen als einer von unsren Soldaten. Freilich, hätte ich ahnen können, daß



Abu el Mot eine Gelegenheit zur Flucht finden werde, so hätte ich dem Gefechte sofort dadurch ein Ende gemacht, daß wir ihn und seine fünf Homr gleich beim Beginn niedergeschossen hätten. Die Nuehr wären dadurch so erschreckt worden, daß sie vielleicht sogleich zu dem Entschluß gekommen wären, sich uns zu ergeben.«95


Die Kalkulation, die hier aufgemacht wird, ist sicherlich etwas merkwürdig, aber nicht, ob sie ohne Rest aufgeht, ist das Entscheidende, sondern daß sie überhaupt bewußt gemacht wird. Daß überhaupt die ethische Verantwortlichkeit zum Problem erhoben wird, das macht den didaktischen Wert dieser und ähnlicher Episoden aus. Und daß sich auch hier der erzähltechnische Mechanismus wieder vorzüglich bewährt, indem die humane Irritation des Helden zur Quelle neuer Verwicklungen, Abenteuer und Spannungen wird, das gehört, wie man schon weiß, mit ins Bild. Denn hätte er, Schwarz, den Abu el Mot gleich beim Beginn niedergeschossen, so hätte er nicht nur dem Gefechte sofort dadurch ein Ende gemacht, sondern auch der ganzen Geschichte.

   Wenn, wie wir vorausgeschickt haben, das Exemplarische vor allem auch darin zu suchen ist, daß ein uns veranschaulichtes Modell Maßstäbe setzen soll, nach denen man sich richten kann als nach gültigen Normen, so erfüllen diese und ähnliche Episoden, wie sie hier analysiert wurden, ein solches didaktisches Postulat vollkommen. Indessen weiß der Didaktiker auch dies, daß kein  B e i s p i e l  seinen Sinn klarer und eindeutiger enthüllt als dasjenige, das mit einem  G e g e n b e i s p i e l  konfrontiert wird. Und so stehen denn auch den exemplarischen Modellen, die Positives demonstrieren, entschieden negative gegenüber. So hat die Lobo-Tolo-Episode den didaktischen Sinn, zu zeigen, wie die  R e l i g i o n  als versittlichende Kraft das Verhalten und Handeln der Menschen mitbestimmt. Das Gegenbeispiel dazu hat der Autor mitten in diese gleiche Episode hineingestellt:


So unmenschlich der Zweck einer Ghasuah ist, so wird doch niemals eine solche unternommen, ohne daß man vorher um den Schutz und Segen Gottes bittet, ganz ähnlich wie man früher in den Kirchen mancher Küstenorte mit lauten Gebeten um einen »gesegneten Strand« bat. Der Fakir, der das Amt des Geistlichen und zugleich des Rechnungsführers verwaltete, stellte sich neben dem Fahnenträger vor der Front auf, erhob die beiden Arme und rief mit lauter Stimme: »Hauehn aaleina ia rabb, salam aaleina be barakkak - hilf uns, o Herr, begnadige uns mit deinem Segen!«

   Diese Worte wurden von dem ganzen Corps unisono wiederholt. Der Fakir fuhr fort: »Hafitsina ia mobarek ia daaim - segne uns, o Gesegneter, o Unsterblicher!«

   Auch dies wurde von allen Anwesenden einstimmig nachgesprochen. Der erste Ausruf war an Gott und der zweite an den Propheten Mohammed gerichtet. Dann folgten die vor dem Gebete jeder Sure vorgeschriebenen Worte: »Be issm lillahi er rahmaan er rahiim - im Namen des allbarmherzigen Gottes!«

   Hierauf wurde die erste Sure des Korans, die heilige Fathha gebetet, worauf die



hundertsechsunddreißigste Sure folgte, welche von Mohammed den Namen »Herz des Korans« erhielt und seitdem von jedem Moslem so genannt wird. Man betet sie im Angesichte jeder Gefahr, und man liest sie den Sterbenden, wenn sie in den letzten Zügen liegen, vor. Sie ist ziemlich lang; ihr Schluß lautet: »Der Ungläubige bestreitet die Auferstehung; erstellt Bilder an Gottes Stelle und vergißt, daß er einen Schöpfer hat. Er spricht: ›Wer soll den Gebeinen wieder Leben geben, wenn sie dünner Staub geworden sind?‹ Wir aber antworten: ›Der wird sie wieder beleben, der sie auch zum erstenmal in das Dasein gerufen.‹ Sollte der, welcher Himmel und Erde geschaffen, nicht die Kraft besitzen, Tote wieder lebendig zu machen? Sicherlich, denn es ist ja der allweise Schöpfer. Sein Befehl ist, so er etwas will, daß er spricht: ›Es werde!‹ und es ist. Darum Lob und Preis ihm, in dessen Hand die Herrschaft aller Dinge ist. Zu ihm kehret ihr einst zurück!«

   Es dauerte sehr lange, ehe diese Sure vorgesprochen und nachgebetet worden war. Als die letzten Worte verklungen waren, hatte sich der Osten gelichtet und die ersten Strahlen der Sonne zuckten empor. Nun durfte man nicht eher fort, als bis el Fagr, das für die Zeit des Sonnenaufgangs vorgeschriebene Morgengebet, gesprochen worden war. Dann erhoben sich die Knieenden, um abzuziehen.96


Daß man zu einer blutigen Unternehmung, einem finsteren Mord- und Raubzug aufbricht, gleichwohl aber mit allem Pomp und Pathos religiöser Weihe gesegnet wird, dieser blasphemische Tatbestand ist ja eindeutig genug. Hier fällt kein ethischer Skrupel aus dem »ideologischen Überbau« des Religiösen, verhindernd oder korrigierend, in die bösartigen Pläne der Sklavenjäger. Und daß Mörder »so fromm« sein können, diese Paradoxie dürfte zum Nachdenken anregen, vielleicht um so eher, als der Erzähler selbst mit seinem Kommentar recht zurückhält. Auch dies ein Appell an seine jungen Leser, sich ihre eigenen Gedanken über den Fall zu machen. Und daß es sich hier um die Kernproblematik des ganzen Buches handelt, das geht im übrigen schon daraus hervor, daß dieses gleiche Thema bereits am Beginn, auf der ersten Seite - ouvertürenartig - aufklingt: »Hai es sala« - rief der fromme Schech el dschemali, der Anführer der Karawane - »auf zum Gebete! El Asr ist da, die Zeit der Kniebeugung, drei Stunden nach Mittag!«97

   Und der »fromme« Schech ist derselbe, der sich wenige Seiten später als mordgieriger Räuber entpuppt. Daß das religiöse Moment bei den einen, bei Lobo und Tolo, den Brüdern Schwarz und Pfotenhauer, als ein  e t h i s c h e s  Postulat in ihr Tun und Lassen hineinwirkt, ihre Haltung humanisiert, bei den anderen aber, den Sklavenhändlern, als ein eher  m a g i s c h e r  Zauberritus gilt, der ihnen den Erfolg auch der unmenschlichsten Unternehmungen garantieren muß, das eben macht den Unterschied der beiden Parteien oder vielmehr der beiden Geisteshaltungen aus, die Karl May hier einander konfrontiert hat. Wenn man das die Konfrontation von  G u t  und  B ö s e



nennen will, so ist das natürlich ganz korrekt, indessen bemerkt man aber wohl auch, wie der Autor sich (hier wie überall in seinen Büchern) keineswegs mit grober, holzschnittartiger Schwarz-Weiß-Technik, mit klotzigen Schablonen begnügt, sondern sehr viel differenzierter verfährt, als man es ihm für gewöhnlich nachsagt. Und dabei sind geistesgeschichtliche Beziehungen und Bildungseinflüsse von weither im Spiele, denn erneut bezeugt sich hier der auf Karl May so zutiefst nachwirkende Einfluß Lessings, dessen polemisches Lehrstück ›Nathan der Weise‹ ganz offensichtlich zu den wichtigsten Bildungserlebnissen des jungen Seminaristen gehört hat. Das orientalische Milieu, die Idee der religiösen Toleranz und die Grundthesen der Nathanschen »Ringparabel« über Echtheit und Wert der Religionen - das alles ist völlig sinngetreu namentlich in die orientalisch-afrikanischen Reisegeschichten Karl Mays integriert worden.

   Man soll auch dies beachten, wie bei aller engagierten Christlichkeit des Autors eine Episode wie die hier betrachtete keineswegs Christentum und Islam gegeneinander ausspielt, als sei das eine eo ipso als Dogma und Ritus bereits dem anderen überlegen oder gar als das Echte und Rechte dem Falschen und Verderblichen vorzuziehen. Nein, Lessings Toleranzidee bewährt sich bis in die feinsten Verästelungen der Geschichte. Nicht umsonst ist May, wie in der von uns zitierten Textstelle, mit der wörtlichen Wiedergabe der gebeteten Sure, so auch in vielen anderen Erzählungen, immer wieder bemüht, seinen Lesern genauere Informationen über den Islam zu vermitteln und zum Verständnis seiner geistigen Welt beizutragen. Kein konfessioneller Eiferer also ist hier am Werke, sondern einer, der es mit dem weisen Nathan hält:


Es eifre jeder seiner unbestochnen
Von Vorurteilen freien Liebe nach!
Es strebe von euch jeder um die Wette,
Die Kraft des Steins in seinem Ring an Tag
Zu legen! komme dieser Kraft mit Sanftmut,
Mit herzlicher Verträglichkeit, mit Wohltun,
Mit innigster Ergebenheit in Gott
Zu Hilf'!98


Er will auch nicht mißverstanden werden. Das ist der Grund, weshalb wir neben dem blasphemischen Mißbrauch islamischer Kultformen hier sogleich die Bemerkung eingeschaltet finden, das sei ganz ähnlich wie man früher in den Kirchen mancher Küstenorte mit lauten Gebeten um einen »gesegneten Strand« bat.99 Und von den Christen, die in fremde Länder gehen, um die Völker zu unterjochen und



auszubeuten, haben wir schon das Diesbezügliche vernommen. Nicht die Dogmen und Riten also machen den Wert oder Unwert einer Religion aus, und nicht nach seinem religiösen Bekenntnis kann man den Menschen beurteilen, sondern einzig nach der Art seines Handelns.

   Das allein ist der Sinn jener Technik der Motiv-Doppelung, daß eine Episode, die man als exemplarisch im positiven Sinne verstanden hat, sich ebenso exemplarisch in negativem Sinne wiederholt. Wenn Lobo und Tolo bei der Überwindung ihres Wächters dessen Leben schonen und damit dem Willen des großen Schechs gehorsam sind, so widerfährt dem gleichen Wächter an der gleichen Stelle alsbald das genaue Gegenteil:


Beim Noqer angekommen, stieg der Kommandant an Bord und ließ sich den Hund heraufheben; die Ruderer durften das Schiff nicht betreten, um die Fährte nicht zu verwischen.

   Der gut dressierte Hund blieb bei seinem Herrn stehen, der das Verdeck überschaute, was ihm der helle Sternenschimmer erlaubte. Es war kein Mensch zu sehen. Abd el Mot rief den Namen des Wächters, empfing aber keine Antwort. Er rief die beiden Neger, doch mit demselben Mißerfolge. Der Hund bewegte die Ohren, richtete den Kopf zu seinem Herrn empor und stieß die Luft leise pfeifend durch die Nase.

   »Du weißt etwas, du hast etwas gehört? Führe mich!« forderte Abd el Mot das Tier auf, indem er die Leinen lockerte.

   Das Tier zog ihn an derselben unter das Verdeck bis zu der Stelle, wo der Wächter lag. Der Araber beugte sich zu demselben nieder, um ihn zu betasten, zog ihm den Knebel aus dem Munde, ohne ihm aber die Stricke zu lösen, und fragte mit vor Zorn bebender Stimme: »Wer hat dich überwältigt und hierher gebracht?«

   »Die Neger. Amahn, amahn!«100

   . . . Er kannte die Strenge seines Vorgesetzten; seine Stimme zitterte vor Angst. Abd el Mot antwortete nicht und fragte auch nicht weiter. Er nahm den gefesselten Mann auf seine Schulter und trug ihn hinauf auf das Deck.

   »Um Allahs und des Propheten willen, verzeihe mir!« schrie der Wächter, welcher aus dem Verhalten des Kommandanten schloß, was dieser beabsichtigte.

   »Allah und der Prophet mögen dir gnädig sein; ich habe nichts dagegen,« antwortete dieser; »aber mich darfst du nicht um Verzeihung bitten. Wer meinen Befehlen nicht gehorcht und seinen Dienst vernachlässigt, den kann ich nicht brauchen. Hast du die Sklaven über Bord gelassen, so sollst du zur Strafe denselben Weg nehmen!«

   . . . Er warf ihn über Bord und blieb dann mit vorgebeugtem Körper stehen, um zu sehen, wie der Mann im Wasser verschwand. Nach wenigen Augenblicken tauchte derselbe für kurze Zeit wieder auf und brüllte, indem er das in den Mund gedrungene Wasser von sich sprudelte: »Allah jilanak kullu abadli - Gott verdamme dich in alle Ewigkeit!«

   »Ma' assalahme ia kelb -gehab dich wohl, du Hund!« lachte der Araber ihm höhnisch nach.

   Er sah zwei Furchen, welche sich blitzschnell der Stelle näherten, an welcher der Unglückliche wieder am Versinken war; sie wurden von zwei Krokodilen gezogen, die durch das Geräusch, welches der fallende Körper im Wasser hervorgebracht hatte,



aufmerksam geworden waren. Sie schnappten zu gleicher Zeit nach ihm - ein entsetzlicher Schrei und die gierigen Ungeheuer verschwanden mit seinem zerrissenen Körper in die Tiefe.

   Das noch größere Ungeheuer droben auf dem Deck aber murmelte befriedigt: »Wer meinen Befehl nicht befolgt, muß sterben . . . «101


Kolportage? Vielleicht -, und gewiß in der Art, in der hier das inhumane Gegenspiel und Schreckbild ins Superlativische stilisiert ist. Ein Bösewicht, wie er im Buch steht, aber eben deshalb doch auch kindlicher Auffassungskraft unmittelbar einleuchtend wie eine Figur aus dem ›Struwwelpeter‹. Auch in dieser Schreckensszene bemerkt man, wie das religiöse Moment ins Spiel kommt, die Beschwörung bei Allah und seinem Propheten, und eben, daß sie wirkungslos bleibt, die Untat nicht verhindern kann, kennzeichnet den Sklavenjäger - wie auch seine Genossen, von denen allen es heißt: ...sie besaßen weder Gefühl noch Gewissen oder Religion, denn was sie von der letzteren hatten, das bestand nur in der Befolgung äußerer Formen, deren Bedeutung sie kaum kannten.102

   Zu erwägen wäre, ob Textstellen wie die oben zitierte, in denen Entsetzliches dargestellt wird und Brutalität sich austobt, in dieser Form in einem Buch für Kinder und Jugendliche enthalten sein sollten. In der Tat ist der Vorwurf, er provoziere mit seinen Geschichten Brutalität und Sadismus, gegen May immer wieder erhoben worden. Dazu aber ist zu sagen, daß dies nur dann als Kritik berechtigt wäre, wenn dieser Autor das Gewaltverbrechen in der Weise behandelte, wie heutigentags mitten in einer demokratischen Gesellschaft politische Schundschriftsteller zur Gewalt gegen Sachen und Personen zu animieren vermögen; oder wenn er der Sache so gegenüberstünde, wie man es ja beim Marquis de Sade nachlesen kann. In demjenigen Kontext aber, in dem Szenen dieser Art beim Erzähler Karl May stehen, nämlich als Kontrastmotive zu dem, was die positiv-exemplarischen Handlungsmodelle dem Leser zeigen und einprägen, darf erwartet werden, daß solche Episoden auch als das wirken, als was sie gedacht sind: als Schreckbilder, schockierend und abstoßend genug, um den Leser mit seinen bewußten oder unbewußten Parteinahmen in die wünschenswerte Richtung zu lenken.

   Mehr als das: die Kontrastszenen dürften gar nicht fehlen, denn ohne sie wäre das Weltbild, das doch eine jede umfangreichere Erzählung dieser Art dem Leser darbietet, verfälscht, verstümmelt, auf eine »heile Welt« reduziert und also unwahr. Das gilt auch für denjenigen Erzählungskomplex, in dem der Autor das, was man den »negativen Strang« seines Handlungsgeflechts nennen könnte, in eine



Szene von infernalischer Wucht und Ausdruckskraft auslaufen läßt Es ist der Überfall der Sklavenjäger auf das nächtlich schlafende Dorf Ombula:


. . . ein leiser Klang von Stahl und Stein - ein springender Funke - eine glimmende Flintenlunte und dann ein kleines Flämmchen, welches rasch anwuchs, sich zerteilte und dann in zehn, zwanzig Zickzackschlangen an der ausgedorrten Hecke empor lief. Wenige Sekunden später stand an dieser Stelle die Einfriedigung bereits mehrere Meter breit in Flammen, welche so schnell weiterliefen, als ob der Zaun aus geöltem Papier bestanden hätte.

   Zur Rechten und zur Linken, fern und nahe, zuckten gleiche Flammen auf. Nach Verlauf von zwei Minuten stand die Umzäunung des ganzen Dorfes in hellen, haushoch emporschlagenden und keine Lücke lassenden Flammen. Von jenseits erschallten angstvolle Rufe, von Schüssen beantwortet . . .

   Ein starker Luftzug, von den Flammen aufgeweckt, begann zu wehen, und die Stimme des Feuers ging wie das Brausen einer fernen Brandung durch die grell erleuchtete Nacht. Hierein mischten sich einzelne Schreie, welche den Lippen derer entsprangen, die durch die Schüsse aus dem Schlafe geweckt wurden. Die Bewohner des Dorfes waren erwacht. Sie sprangen aus ihren Tokuls und erkannten mit Entsetzen, daß die Umzäunung brannte. Noch war ihnen die ganze Größe ihres Unglücks verborgen.

   Sie weckten die Schlafenden, um im Vereine mit ihnen das Feuer von ihren Hütten abzuwehren. Aber die umherfliegenden Funken fielen auf die aus dürrem Schilfe bestehenden Dächer und steckten diese trotz aller Bemühungen der Bewohner in Brand. Bald standen sämtliche Tokuls in Flammen. Die Neger konnten es in der Glut nicht aushalten. Aber wohin? Durch die brennende Umzäunung konnten sie nicht ins Freie; Auswege gab es nur durch die Thore. Diese pflegten des Tages offen zu stehen und des Nachts mit Schilfmatten verhängt und durch Krieger bewacht zu werden. Diese letzteren waren von den Sklavenjägern aber überrascht und ermordet worden. Die Matten hatten sich schnell in Asche verwandelt . . . Diesen Stellen eilten die Unglücklichen zu.

   Aber die Sklavenjäger hatten das vorberechnet und sich in ausreichender Anzahl dort postiert. Jeder erwachsene Belanda, welcher vor einem der Thore erschien, wurde sofort erschossen; dasselbe Schicksal erlitten die alten Frauen. Die jüngeren Personen riß oder schlug man nieder und band sie mit Stricken . . .

   Männer kamen gesprungen, mit Kindern auf den Armen, die sie retten wollten. Sie stürzten, von den Kugeln getroffen, nieder, und dann riß man die Kinder aus ihren Armen. Hier kam eine alte Frau durch das Thor gerannt, laut aufjubelnd, daß sie dem Feuer entgangen war; in demselben Augenblicke wurde sie mit dem Kolben niedergeschmettert. Ein junges Weib flüchtete sich, zwei Knaben nach sich ziehend, durch das Thor. Die Kinder wurden ihr sofort entrissen; sie selbst warf man sofort nieder, um sie an Händen und Füßen zu binden . . .

   Es geschahen ähnliche und noch viel schlimmere Thaten, so daß sich die Feder sträubt, sie zu beschreiben. Aus den einzelnen Schreien, welche man zuerst gehört hatte, war ein allgemeines Geheul und Gebrüll geworden. Die Neger hatten erkannt, daß sie es nicht mit einem zufällig ausgebrochenen Feuer, sondern mit einer Ghasuah zu thun hatten, welcher sie nicht entrinnen konnten. Die Männer wußten, daß sie dem unerbittlichen Tode verfallen seien. Viele von ihnen rotteten sich zusammen, um kämpfend zu sterben. Da sie aber keine Zeit gefunden hatten, ihre Waffen dem Feuer zu entreißen, so waren sie nur auf ihre Fäuste angewiesen und wurden schnell niedergemetzelt. Andre hatten ein Messer gefunden und benützten dasselbe, sich selbst den Tod zu



geben, indem sie sich damit erstachen. Einige sprangen freiwillig in die lodernden Flammen und rissen ihre Frauen oder Kinder mit hinein, um sie vor der Sklaverei zu retten.103


Das ist der Triumph der Hölle, und man bemerkt, daß der Autor seinen jungen Lesern nichts von dem Gräßlichen erspart hat, vielmehr mit der ihm eigenen Detailbesessenheit das Crescendo des Schreckens ausbrechen läßt, vom kleinen, leise spnngenden Funken bis zum furchtbaren, totalen Gemetzel. Er erspart ihnen nichts. Er hält sie nicht für zu unmündig, dem Terror ins nackte Antlitz zu blicken: So geht es zu in dieser unserer Welt. Oder wollte man ihm vorwerfen, er habe hier - wie zweifellos mehr als einmal in seinen Geschichten - wieder irreale Traumgesichte, Schreckensvisionen einer traumatisierten Seele, bloße Hirngespinste zu Papier gebracht? Nein, hier ganz gewiß nicht. Denn von Berichten über das, was er hier ausgemalt hat bis ins Detail, war die Welt zu der Zeit, als er die ›Sklavenkarawane‹ schrieb, ohnehin unterrichtet; und wenn wir auch seine genaue Quelle vorerst nicht kennen, so darf man doch sicher sein, daß Mays Darstellung des Sklavenjäger-Unwesens sich auf eine solche berufen kann. Gerade dies war der ganz reale Kern seiner Erzählung. Es war aktuell zu jener Zeit. Und heute? Wer wollte, nachdem wir Auschwitz und Buchenwald haben zur Kenntnis nehmen müssen (von allen anderen Greueln unserer Welt zu schweigen), noch ernsthaft behaupten, daß ein Schreckbild wie dieses heute nicht mehr aktuell wäre?



Zitiert wird nach der unbearbeiteten Ausgabe: Karl May, Die Sklavenkarawane (zit. = Skl.), 1. Aufl., Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart - Berlin - Leipzig o.J. (1893). In Klammern hinzugefügte Seitenzahlen beziehen sich auf die Bamberger Leseausgabe (Gesammelte Werke Bd. 41).


81Vgl. Das exemplarische Prinzip, Beiträge zur Didaktik der Gegenwart, hsg. v. B. Gerner = Wege d. Forschg. XXX, Wiss. Buchges., Darmstadt 1970
82Emin Pascha, eine damals, als May seine ›Sklavenkarawane‹ schrieb, überaus populäre Gestalt, gilt hier gewissermaßen als Prototyp des »Entwicklungshelfers«. Sein deutscher bürgerlicher Name war Eduard Schnitzer. Er entstammte einer jüdischen Familie in Oppeln (geb.28.3.1840). Als Forscher bereiste er Afrika, trat aber 1876 in türkisch-ägyptischen Staatsdienst und wurde 1878 Gouverneur der Äquatorialprovinz. Als solcher machte er sich um die geographische Erforschung des östlichen Sudans verdient, des Schauplatzes der ›Sklavenkarawane‹. Auf diese Tätigkeit beziehen sich die Bemerkungen des Elefantenjägers. Emin Pascha wurde durch den Aufstand des Mahdi 1883 von Ägypten abgeschnitten und war längere Zeit verschollen. Zu seiner Befreiung machte Stanley seine berühmte Expedition an den Albertsee, wo er im April 1888 mit Emin Pascha zusammentraf. Freilich kann dieser, entgegen der guten Meinung Karl Mays, wohl kaum als ein echtes Gegenbeispiel zum Kolonialimperialismus gelten, denn ein Jahr nach dem Erscheinen der ›Sklavenkarawane‹, im Jahre 1890, trat er in politische Dienste des



Deutschen Reiches und unterwarf im östlichen Zentralafrika weite Gebiete als deutschen Kolonialbesitz. Auf einer Reise ins Innere Afrikas wurde er am 23.10.1892 ermordet.
83Plural von Ilm = Wissenschaft (Anm. K. Mays)
84Skl. 180 f. (225 f.)
85Wir erfahren an anderer Stelle, daß die hier gemeinten Südsudanesen sich selber Belanda nennen, von anderen Stämmen aber zu ihrem Ärger Niam-niam genannt werden, was soviel heißt wie »Menschenfresser«.
86Euphorbia venenifica (Anm. K. Mays)
87Zug, um Sklaven zu rauben (Anm. K. Mays)
88Skl. 103 f. (129-131)
89Missionar (Anm. K. Mays)
90Skl. 108-111 (135-139)
91Skl. 115 f. (145 f.)
92Skl. 118 f. (148 f.)
93»Allerdings gab es einen weiteren Grund, Bücher zu schreiben: der Autor lebte davon«, so heißt es beispielsweise von Karl May (und nur von  i h m) in dem Schulbuch »Kritisches Lesen 3« (Diesterweg), einem didaktisch sonst gelungenen Lesewerk für das 7. Schuljahr, in das die Herausgeber dankenswerterweise auch einen Text aus Karl Mays Selbstbiographie aufgenommen haben. Aber hier schwebt wohl so etwas vor wie die olympische Unterscheidung von guten Amateuren und bösen Profis.
94Skl. 333 (395 f.)
95Skl. 333 f. (396 f.)
96Skl. 127 (159 f.)
97Skl. 1 (5). Der Bearbeiter (Bamberger Ausgabe) hat »Zeit der Kniebeugung« geändert in »Zeit der Kniebeuge«, aber damit ist er im Unrecht. »Kniebeuge« ist eine gymnastische Übung, »Kniebeugung« aber genau das, was Karl May ausdrücken wollte: das Niederknien zur Anbetung Gottes. »Zeit des Niederkniens« also wäre richtig gewesen, wenn man schon das Wort auf -ung nicht gelten lassen wollte.
98Lessing, Nathan der Weise, 3. Aufzug, 7. Auftritt.
99An diesem Satz hat der Bearbeiter (Bamberger Ausgabe) offenbar Anstoß genommen. Er änderte ihn in: ». . . ganz ähnlich, wie man früher in manchen Küstenorten mit lauten Worten um einen gesegneten Strand bat.« Bei allem Verständnis für die redaktionelle Vorsicht, keine kirchliche Zimperlichkeit zu verletzen: die Verstümmelung hat dem Satz gerade den Akzent geraubt, den ihm der Autor gegeben hatte. Er ist in dieser Form überhaupt sinnlos.
100Gnade, Gnade (Anm. K. Mays)
101Skl. 121 ff. (152-154)
102Skl. 139 (174)
103Skl. 240 f. (293-296)




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