Volker Klotz eine stupende, reich aus dem Detail schöpfende Analyse von Mays Kolportagewerk »Der verlorene Sohn« beigesteuert, in der er über das gegebene Objekt hinaus Einsichten in das Wesen der Kolportage gewinnt: May »rühre« seine Leser, indem er ihnen ermögliche, sich »ihre eigenen beklemmenden Lebensumstände«, entrückt in einen verfremdeten Spielraum, »zeitweilig vom Hals zu lesen«. Ekke Guenther hat in seinem Freiburger Vortrag, aus der eigenen Familiengeschichte schöpfend, unsere biographische Kenntnis bereichert, indem er das Verhältnis Mays zu Friedrich Ernst Fehsenfeld, dem Verleger der ersten Gesamtausgabe seiner Werke, darstellte.
Der Interpretation des Mayschen Erzählwerks widmen sich auch zwei Arbeiten, die in schon im Gang befindliche Diskussionen eingreifen: Martin Lowsky untersucht die »Problematik des Geldes in Karl Mays Reiseerzählungen« und deren Bedingtheit aus biographischen und gesellschaftlichen Umständen; Helmut Schmiedt hat im Zusammenhang mit seiner Bonner Dissertation über Karl May (vgl. Literaturbericht) einen amüsanten Beitrag zur »Dialektik der Aufklärung in Mays Kolportageroman "Deutsche Herzen - Deutsche Helden"« verfaßt. Ebenfalls zu der hierin angeschnittenen Frage einer Rezeption der Aufklärungsideen durch Karl May äußert sich Franz Cornaro in einer kritischen Auseinandersetzung mit von mir im Jahrbuch 1977 (»Auf den Spuren Nathans des Weisen«) vorgetragenen Thesen.
Nachdem die vielfachen Deutungen des Phänomens Karl May immer wieder so eigenartige Züge einer abnormen Persönlichkeit sichtbar gemacht haben, war es wohl an der Zeit, auch eine speziell psychiatrische Diagnose zu wagen; eine solche hat jetzt Kurt Langer vorgelegt: eine »psychiatrisch-tiefenpsychologische Untersuchung« über den psychischen Gesundheitszustand Karl Mays, die durch Besonnenheit und Ausgewogenheit überzeugend wirkt. In Hainer Plauls Untersuchung über May im Urteil der Publizistik seiner Zeit ist der darin geführte Nachweis bemerkenswert, wie sehr der Presseaufruhr um May, dessen Opfer der alternde Schriftsteller wurde, Teil und Folge sehr viel weitläufigerer politisch-gesellschaftlicher Auseinandersetzungen gewesen ist. Abschließend zeigen auch der fällige Literaturbericht und Erich Heinemanns Bericht über die Tätigkeit der Karl-May-Gesellschaft noch einmal den Wandel auf, der sich in der Einstellung der wissenschaftlichen Welt zur sogenannten Karl-May-Frage vollzogen hat.