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GERHARD KLUSSMEIER

»Darum drehen wir den Strick . . .«

Die Pressefehde Karl Mays mit Pater Ansgar Pöllmann in der Radolfzeller »Freien Stimme«




Die gerichtlichen Auseinandersetzungen, in die sich Karl May in seinen letzten Lebensjahren hatte verwickeln lassen, mehr aber noch die begleitenden peinlichen und kränkenden »Enthüllungen« durch Rudolf Lebius - die dieser geradezu als »Vernichtungsfeldzug« apostrophierte(1) - fanden in der Öffentlichkeit großes Interesse und eine kaum vorstellbare publizistische Resonanz. Den bis dahin als moralisch unanfechtbar geltenden Schriftsteller Karl May, den »Erzieher seiner Leser« als ehemaligen Zuchthäusler »entlarvt« zu sehen, kam einer Sensation gleich. »Wenn sich diese Schreckenskunde in der zahlreichen Maygemeinde verbreitet, dann muß den armen Leuten zu Mute sein, als ob der Himmel auf sie herabfallen wolle«(2), wurde dazu 1910 treffend kommentiert. So spielt denn auch die Presse zweifellos die eigentlich bedeutendste Rolle in den letzten Lebensjahren Mays. Die Karl-May-Gesellschaft bemüht sich deshalb, dieses wenig beachtete Moment in der Biographie Karl Mays durch Dokumentationen(3) zu erhellen, um nicht zuletzt damit die Tragik des einer gnadenlosen Öffentlichkeitshetze ausgesetzten Menschen darzustellen.

Wie Karl May sich dort, wo er annahm, daß seine Darlegungen objektiv aufgenommen wurden, zur Wehr setzte, wurde schon an Einzelbeispielen in dieser Jahrbuchreihe aufgezeigt.(4) Nachfolgend soll die zweite Phase(5), die nunmehr verstärkte Kontroverse zwischen dem Benediktinerpater Ansgar Pöllmann (1871-1933) und Karl May dargestellt werden: die Auseinandersetzung in der Radolfzeller »Freien Stimme«.


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Am 23. Dezember 1909 zeigte die katholische, zentrumsorientierte »Freie Stimme« aus Radolfzell (gegründet 1865, um in der Hauptsache »die Rechte unserer Kirche, ihrer Einrichtungen, Vorsteher und Diener in Schutz zu nehmen und falsche Anschuldigungen zurückzuweisen«(6)) im Feuilleton ihrer Ausgabe Nr. 293 auf der ersten Seite des Blattes »Aufsehenerregende Enthüllungen über Karl May« an und leitete diesen Artikel vorsichtig distanzierend ein:

»Berlin, 22. Dez. »Der Bund«, das hier erscheinende Organ der Gelben Gewerkschaften, veröffentlicht in seiner letzten Nummer folgende sensationellen Enthüllungen, für die wir ihm die volle Verantwortung überlassen müssen. . .« Es folgt die wörtliche Wiedergabe der von Rudolf Lebius in der Wochenzeitung »Der Bund« Nr. 51 vom 19. Dezember 1909 verbreiteten Verunglimpfungen Mays (dort mit dem Titel »Hinter die Kulissen«(7)).

Die »Freie Stimme«, so objektiv und zurückhaltend sie sich einleitend darstellte, kennzeichnete, wie viele andere Zeitungen ebenfalls, durch Heraushebung und Fettdruck einzelner Passagen besonders sensationelle Angaben aus dem »Bund« (die dort optisch unauffällig in den Text eingeflochten waren) und gab ihnen dadurch redaktionelles Gewicht: »erhielt sechs Wochen Gefängnis - im Zuchthaus lernte er - wurde steckbrieflich verfolgt - wurde Räuberhauptmann« und vieles mehr. Diese präjudizierenden Hervorhebungen wurden dann - man kann nur sagen: unaufrichtig - im Schlußabsatz wieder eingeschränkt: »Wir müssen, wie gesagt, die volle Verantwortung für diese ungeheuerlichen Beschuldigungen dem genannten Blatte überlassen, können aber wegen der weiten Kreise, die sie noch ziehen werden, nicht ohne weiteres an ihnen vorbeigehen. D. Red.«

Karl May, in diesen Tagen bei der Selbstverteidigung notwendigerweise überaus aktiv, schickte der »Freien Stimme« eine Stellungnahme.(8) Es war einer von mehreren gleichlautenden Briefen Mays zur Sache. Es handelte sich um einen Brief, verfaßt schon um Weihnachten 1909, der bereits in der »Augsburger Abendzeitung« am 27. 12. 1909 und in der »Augsburger Postzeitung« am 31. 12. 1909 auf ähnliche Artikel hin abgedruckt worden war. Lediglich die einleitenden Zeilen waren dort entsprechend anders abgefaßt, und sie seien zur Vervollständigung dieser Replik hier vorangestellt:

Nr. 354 Ihrer »Abendzeitung« beschäftigt sich mit den »Räubergeschichten«, welche Herr Rudolf Lebius in seinem »Bund« von mir


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erzählt. Er ist bekanntlich Mitarbeiter der Bruhnschen »Wahrheit«(9) in Berlin und pflegt mich fast alljährlich . . .

In der »Freien Stimme« Nr. 4 vom 6. Januar 1910 lautete der vollständige Text:


G e g e n  d e n  R e i s e s c h r i f t s t e l l e r  K a r l  M a y

waren kürzlich von dem bekannten Redakteur des Organs der gelben Gewerkschaften, Lebius, im gelben Gewerkschaftsorgan »Bund« schwere Anklagen erhoben worden, die auch wir unter Hinweis auf die Verantwortung des Blattes wiedergegeben hatten. Nun geht uns folgende Erklärung des Angegriffenen zu, die wir natürlich ebenfalls umgehend unseren Lesern unterbreiten:

»Auch Ihre Zeitung beschäftigte sich mit den »Räubergeschichten«, welche Herr Rudolf Lebius in seinem »Bund « von mir erzählt. Er pflegt mich f a s t  a l l j ä h r l i c h mit einer derartigen kleinen, lieben Weihnachtsfreude zu überraschen. Ich lege keinen Wert darauf, ihn in seinen »Nachforschungen« über mich zu stören. Heuer aber hat er es in meiner Heimat und in meiner Familie damit wohl zu arg getrieben, so daß man sich entschloß, i h m  d i e  u n g l a u b l i c h s t e n  B ä r e n aufzubinden, mit denen er sich jetzt selbst charakterisiert. Ich werde in meiner S e I b s t b i o g r a p h i e, die ich schon jetzt vorzubereiten beginne, mich nicht im geringsten schonen, sondern jedes Unrecht, dessen ich mir bewußt bin, ehrlich bekennen; denn ich will, wenn ich einst scheide, keine meiner Sünden mit hinübernehmen. Was aber die hier erzählten »Räubermännereien« betrifft, so erkläre ich schon heute, daß sie d u r c h w e g  e r d i c h t e t  u n d  m i t  g r ö ß t e r  R a f f i n i e r t h e i t  b e a r b e i t e t  s i n d .

Ferner habe ich niemals irgendeiner sozialdemokratischen Zeitung Artikel gegen Lebius geliefert. Ich habe noch nie als Zeuge gegen ihn geschworen. Ich bin kein Millionär, sondern ich habe nur so grad mein Auskommen. Ich bestellte mir nie eine Büste für 40 000 Mark, sondern ich habe zwei, die zusammen 800 Mark kosten. Ich habe keine teueren Launen, sondern ich spiele, trinke und rauche nicht. Ich besitze kein kostbares Automobil für 40 000 Mk., sondern ich spaziere in meinen billigen, ledernen Stiefeln. Ich verkehre auch nicht in »hohen Gesellschaftskreisen«, sondern ich bleibe hübsch daheim, weil es mir da stets am besten gefällt. Ich habe in meinen »Erzgebirgischen Dorfgeschichten« nicht mich selbst kopiert, wohl aber haben böswillige Gegner diese Erzählung auf(10) mich persönlich übertragen. Ich bin niemals auch nur fünf Minuten lang mit einem gewissen Krügel beisammen gewesen, habe niemals eine Uniform getragen oder mich für einen Feldmesser ausgegeben. Ich habe niemals das Nervenfieber gehabt, am allerwenigsten in Mailand, und k e n n e  k e i n e n  e i n z i g e n  d e r  M i t s c h u l d i g e n  u n d  H e h l e r , die Lebius mir beizulegen beliebt. Wohl aber wird das Gericht sie nächstens kennen lernen, denn ich habe selbstverständlich sofort S t r a f a n t r a g  g e g e n  L e b i u s  u n d  G e n o s s e n  g e s t e l l t(11) und sehe dem Ergebnisse der eingeleiteten Untersuchung in aller Ruhe entgegen. «

Diese von Karl May - in verständlicher Erregung über die Wahrheit und Erfindung vermengenden Verunglimpfungen - geschriebene Stellungnahme, zudem als Entgegnung auf eine Vielzahl zum Teil unterschiedlicher Berichte und Kommentare verfaßt, zeigt wohl gerade aus diesem Grund nicht unerhebliche Schwächen, teilweise sogar grobe Fehlformulierungen: was die »Räubermännereien« betrifft, so erkläre


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ich schon heute, daß sie durchweg erdichtet und mit großer Raffiniertheit bearbeitet sind - erdichtet, oder wurde die Wahrheit lediglich raffiniert bearbeitet? Ich habe niemals das Nervenfieber gehabt, am allerwenigsten in Mailand - also war May in Mailand? Wir wissen heute, daß Mays Verteidigung, so sehr sie sich hier teilweise ins Gegenteil verkehrt, überwiegend korrekt war.(12) Und Lebius, der einige und vergleichsweise wenige Belege für seine kompromittierenden Behauptungen in der Hand hatte - der größte Teil stammte aus frei erfundenen Unterstellungen -, setzte seinen vernichtenden Rufmord fort und sandte auch der »Freien Stimme« sein neuestes Flugblatt.(13) Worauf die Zeitung am 11. Januar 1910 erneut »Zum Falle Karl May« (so die Überschrift) einen diesmal 83 Zeilen umfassenden Bericht folgen ließ: »Es war vorauszusehen, daß die von Herrn Karl May verbreitete und auch von uns in Nr. 4 veröffentlichte Gegenerklärung gegen die unglaublichen Enthüllungen des Berliner »Bund« letzteren wieder auf den Plan rufen würde. Soeben schickt er uns ein 300 Druckzeilen umfassendes Flugblatt zu, in dem er seine Behauptungen ausnahmslos aufrecht erhält und noch durch weitere Details zu erhärten sucht.« Und, wie es die kommerzielle Seite des Boulevard-Journalismus offenbar notwendig macht: »Einige Stellen seien kurz wiedergegeben.« Gewiß, im äußeren Druckbild etwas gemäßigter, die Bösartigkeiten werden nur noch durch gesperrten Druck hervorgehoben, ein wenig vorsichtiger also, denn inzwischen war man offensichtlich schon an Karl May selbst herangetreten und hatte ihn um eine weitere Stellungnahme ersucht. Vorerst folgte jedoch ein Bericht von anderer Seite: die »Metallarbeiter Zeitung«, Stuttgart, aus letztlich politischen Gründen in die Angelegenheit May/Lebius (resp. »Vorwärts«/Lebius) verwickelt(14), schrieb an die »Freie Stimme«, nahm zu verschiedenen Punkten der Lebius'schen Behauptungen Stellung, nicht unbedingt für May, doch uneingeschränkt gegen Lebius gerichtet (Nr. 13 vom 18. 1. 1910).

Was dann folgt, ist der Beginn der öffentlichen Auseinandersetzung zwischen Karl May und dem Benediktinerpater Ansgar Pöllmann.(15) Mays Zuschrift bildet den Anfang.

»Freie Stimme« Nr. 20, 26. 1. 1910:


V o n  H e r r n  K a r l  M a y

erhalten wir jetzt folgende a u s f ü h r l i c h e Erwiderung auf die auch von uns mehrfach berührten Angriffe auf seine Person.


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»Villa Shatterhand
Radebeul-Dresden, den 21. 1. 10.

Sehr geehrter Herr Redakteur!

Sie senden mir den Artikel » A u f s e h e n e r r e g e n d e  E n t h ü l l u n g e n  ü b e r  K a r l  M a y « mit der Aufforderung, mich über ihn zu äußern. Ich komme Ihrem Wunsche nach, indem ich mich erstens über den V e r f a s s e r und zweitens über den I n h a l t dieses Pamphletes ausspreche, welches unter dem ursprünglichen Titel »Hinter die Kulissen« im »gelben Bund« erschien.

Verfasser ist R u d o l f  L e b i u s , der bekannte Mitarbeiter der vielbesprochenen Bruhnschen »Wahrheit« in Berlin. Er gründete 1904 hier in Dresden ein der »Wahrheit« ähnliches Blättchen, mit dem er aber schon 1905 zu Grunde ging. Angeblich, um mir gegen meine Feinde beizustehen, kam er zu mir und verlangte 3000-6000-10000 Mark; dafür wolle er mich und meine Werke in seinem Blatte und allen anderen Zeitungen r ü h m e n und p r e   i s e n . I c h  w i e s  i h n  a b . Sofort tat er das Gegenteil: Er schrieb g e g e n  m i c h , und zwar in geradezu unqualifizierbarer, persönlicher Weise. Er hat seitdem nicht aufgehalten, mich öffentlich zu verfolgen. Nachdem er aus Dresden verschwunden war, tauchte er in Berlin wieder auf, zunächst als Mitarbeiter der Bruhnschen » Wahrheit« und sodann als Herausgeber des ihr gleichgearteten »Bund«. In beiden Blättern setzte er seine Gehässigkeiten gegen mich fort, ohne daß ich ihm die geringste Veranlassung dazu gab. Als es zur g e r i c h t l i c h e n Abrechnung zwischen ihm und mir kommen sollte, gab er schleunigst eine Broschüre gegen mich heraus, welche nach eidesstattlicher Aussage ihres angeblichen Verfassers nur den Zweck hatte, d i e  R i c h t e r  z u  b e e i n f l u s s e n . Das gelang ihm nicht. Die Broschüre wurde gerichtlich inhibiert.(16)

Jetzt stehen wir vor einer w e i t e r e n  A b r e c h n u n g , die ihm droht. Da ist er in meiner H e i m a t und in meiner F a m i l i e herumgekrochen, um Böses gegen mich zu finden. Man hat ihm ungeheuere Bären aufgebunden. Die führt er jetzt den Zeitungen vor und lanziert sie anonym an die Richter.

Was den I n h a l t des Artikels(17) betrifft, so ist es nichts neues, daß Schwindler sich meines Namens bedienen, um andere zu betrügen. K r ü g e l war ein solcher. Ich soll in Sachsen, in Preußen, in Bayern, in Baden, in Oesterreich Untaten begangen haben, v o n  d e n e n  i c h  g a r  n i c h t s  w e i ß. Noch am 18. Juni 1905 brachten Dresdener Blätter unter dem Titel »Der König der Schwindler« den Bericht über eine Sitzung des hiesigen Landgerichtes, in welcher ein gewisser Karl Daniel Albert J e r a b e k zu acht Jahren Zuchthaus, zehn Jahren Ehrverlust und 3300 Mark Geldzahlung verurteilt wurde, weil er sich für »Karl May« ausgegeben und unter diesem Namen nicht weniger als 32 abgefeimte Betrügereien begangen hatte. D i e  L e b i u s s c h e n  U n w a h r h e i t e n  g e h ö r e n  i n  d i e s e l b e  K a t e g o r i e . Ich erkläre hiermit, daß die hier erzählten »Räuberhauptmännereien« d u r c h w e g  e r d i c h t e t und mit größter R a f f i n i e r t h e i t bearbeitet sind.

Ich bin nicht »Genosse«, bin nie Sozialdemokrat gewesen und werde es auch nie sein. Ich habe nie »katholisiert« und nie »evangelisiert«; ich bin »Christ«, weiter nichts. Ich habe keinem sozialdemokratischen Blatte Material geliefert. Daß der Vorwärts mich als Zeugen angegeben hat, dafür kann ich nicht; es geschah ganz ohne mein Zutun. Zeugen ist Bürgerpflicht. Trotzdem habe ich es bis heute glücklich umgangen, gegen Lebius als Zeuge aufzutreten.

Ich habe nie meinem Vater eine Uhr und eine Meerschaumpfeife geschenkt. Ich habe nie von E i n b r ü c h e n gelebt. Ich bin nie in einem Uhrenladen in Niederwinkelgewesen. Ich bin mit K r ü g e l niemals auch nur fünf Minuten lang beisammen gewesen, weiß von keiner Räuberbande etwas und hatte nie mit einem Hehler zu tun. Ich hatte nie einen Schlupfwinkel im Walde, unternahm niemals einen räuberischen Ueberfall, habe mich niemals an einer Marktfrau vergriffen, habe nie einen Uhrenladen in Waldenburg ausge-


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raubt, auch niemals für 520 Taler Goldwaren erbeutet. Zum Wildern habe ich nie auch nur einen Finger gerührt und nie eine Schlinge gelegt.

Ich habe niemals mit einem Wegwärter V o g e l in Langenberg, einer Witwe S c h r a m m in Kaufungen und einem Eduard G ä p n e r in St. Egydien zu tun gehabt und mit diesen oder anderen Leuten verschwiegene Weingelage gehalten. Ich habe nie ein gestohlenes Kleidungsstück gekannt, nie gestohlene Uniformen getragen, bin nie mit diesem Krügel entflohen und habe ihn nie aus der Gefangenschaft befreit oder vor der Arretur bewahrt. Ich habe nie mit Verbrechen(18) geprahlt, nie etwas auf Wirtstische geschrieben und mich nie als R ä u b e r h a u p t m a n n unterzeichnet. Ich habe mich nie als F e l d m e s s e r verkleidet und nie behauptet, daß ich eine Bahn abzustecken habe, mir nie als solcher Geld erschwindelt. Einen Bauer L e o n h a r d t in Harmsdorf, dem ich in dieser Weise 800 Taler abgeschwindelt haben soll, kenne ich bis heute noch nicht. Ich habe nie mit Krügel in Amtsdieneruniform Betrügereien verübt und mit ihm 1000 Taler verdient. I c h  b i n  n i e mit Krügel im Süden gewesen, habe nie das Nervenfieber, am allerwenigsten in M a i l a n d , gehabt und also auch niemals in »Fieberphantasien« meine Heldentaten ausgeplaudert. Ich habe Krügel niemals unterstützt, ihm niemals auch nur einen Pfennig gegeben, am allerwenigsten aber »jeweils 500 Mark«. Ich war niemals Kolportageschriftsteller, und für den » D e u t s c h e n  H a u s s c h a t z « habe ich deshalb geschrieben, weil dieses Blatt mich am anständigsten honoriert.

Ich bin nie auf Schloß W a l d e n b u r g eingeladen gewesen und nie im »fürstlichen Wagen von der Bahn abgeholt worden«. Ich bin nicht M i l l i o n ä r , sondern ich habe nur grad so mein Auskommen. Ich bestellte mir nie eine Büste für 40 000 Mark, sondern ich habe zwei, die zusammen 800 Mark kosten. Ich habe keine teuren Launen, sondern ich spiele, trinke und rauche nicht. Ich besitze kein kostbares A u t o m o b i l für 40 000 Mark, sondern ich spaziere in meinen billigen Lederstiefeln. Ich verkehre nicht in hohen und »ersten« Gesellschaftskreisen, sondern ich bleibe habsch daheim, weil es mir da stets am besten gefällt. Ich bin nicht im Jahre 1900 »zum ersten Male aus D e u t s c h l a n d herausgekommen« und weiß von keiner amerikanischen » F l e b b e « etwas, die 50 Mark gekostet hat. Ich bin nie von der S o z i a I d e m o k r a t i e »hochgefeiert«, sondern ganz im Gegenteil von ihr stets stark angegriffen worden. Ich habe im Literaturkalender von 1908 nichts gefälscht, und ob ich Protestant oder Katholik bin, das weiß nur ich allein.

Schließlich erkläre ich noch, daß ich ganz selbstverständlich sofort S t r a f a n t r a g gegen Lebius und Genossen gestellt habe und den Ergebnissen der gerichtlichen Untersuchung ruhig entgegensehe.

Mit hochachtungsvollem Gruß

Herr Redakteur

Ihr ergebenster

Karl May. «

Wir müssen natürlich auch Herrn Karl May die Verantwortung für seine Erwiderung überlassen, so wie wir auch dem Bund die Verantwortung für seine Darlegungen überlassen haben.

Die Ungeheuerlichkeiten, die der Öffentlichkeit nun über Karl May vorgelegt wurden, deren Presse-Echo nicht nur die May-Leser, sondern wohl mehr noch den Schriftsteller selbst zutiefst erschütterte, sind aus dieser Darlegung deutlich erkennbar. Als es um mehr als literarische Auseinandersetzungen, als es um die persönliche Integrität geht,


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wird die Argumentation Mays deutlich hilflos, versagt sein Talent als treffsicherer Polemiker.(19) Und nun nimmt ein Mann zur Angelegenheit Stellung, dessen Kritiken (um 1901(20)) sich bislang auf literarischem Gebiet bewegt hatten: Pater Ansgar Pöllmann.

»Freie Stimme« Nr. 23, 29. 1. 1910:

Z u r  E r k l ä r u n g  d e s  H e r r n  K a r l  M a y

schreibt man uns:

»Der Unterzeichnete beginnt soeben unter dem Titel

» E i n  A b e n t e u r e r  u n d  s e i n  W e r k «

in der Schmidtschen Revue »Ueber den Wassern« eine Serie von Aufsätzen gegen Karl May, deren Inhalt durch den Untertitel »Untersuchungen und Feststellungen« genügend gekennzeichnet wird. Wenn ich hier trotzdem zu der »Erkärung« Mays in Nr. 20 (26. Jan. 1910) der F r e i e n  S t i m m e schon Stellungnehme, so geschieht es deshalb, weil in ihr einige Dinge vorkommen, die sofort festgenagelt werden m ü s s e n .

Mays Erklärung läuft im allgemeinen auf den von einem Zeitungsbureau versandten Text gegen die Enthüllungen des Dr. Lebins im »Bund« hinaus. Ich stelle hier ausdrücklich fest, daß diese Enthüllungen n i c h t  a u s  l i t e r a r i s c h e m  I n t e r e s s e geschehen sind, sondern nur die U n g l a u b h a f t i g k e i t des Zeugen May in einem Prozesse des Dr. Lebius mit der sozialistischen Metallarbeiterzeitung (Stuttgart) dartun sollten.

An der Entgegnung Mays fällt jedem unbefangenen Leser auf, d a ß  s i e  P u n k t  f ü r  P u n k t  n e g i e r t . Aber alle diese ungezählten »ich bin nicht -«, »ich habe nie-« s t r e u e n  n u r  S a n d  i n  d i e  A u g e n . Denn vieles ist, was Karl May nicht negiert, und vieles, was er negiert, i s t  n i c h t  b e h a u p t e t  w o r d e n .(21) Alle jene Anschuldigungen des Dr. Lebius, die vor das Schwurgericht gehören, übergehe ich hier, sondern beschäftige mich allein mit den Mayschen Behauptungen, die n u r in der Freien Stimme sich finden, und mit einigen von May nicht negierten Dingen. Es ist sehr interessant, was Karl May hier unten am Bodensee glaubt leugnen zu dürfen, wo er einmal im frischen Zuge ist.

1.

N i c h t leugnet May die unschöne und häßliche Art und Weise, in welcher er sich 1903 von seinem rechtmäßigen Weibe Emma, geb. Pollmer, nach dreiundzwanzigjähriger Ehe hat scheiden lassen, um die Witwe Klara Plöhn heimzuführen.(22)

2.

»Ich habe nie katholisiert und nie evangelisiert

Daß May evangelisiert habe, ist noch von niemandem je behauptet worden. Wenn er sagt, er habe nie k a t h o l i s i e r t , so ist das eine bodenlose Unverfrorenheit, denn

1) Karl May hat sich in K e i t e r s »Katholischem Literaturkalender« als K a t h o l i k e n bezeichnet.

2) K ü r s c h n e r s »Literaturkalender« führte fast zwei Jahrzehnte lang vor seinem Namen das + und später das »K«, ein Zeichen, das den K a t h o l i z i s m u s des betr. Autors kundgeben soll und nur auf direkteste, eigene Angabe dem Namen beigefügt wird(23);

3) ich besitze einen P r i v a t b r i e f von Karl May, worin er sich auf Grund einer ganz speziellen Anfrage einem geistlichen katholischen Literaturkritiker gegenüber als K a t h o l i k e n bezeichnet;

4) so sehr hat May »katholisiert«, daß selbst eine seiner e i g e n e  S c h w e s t e r n ihren Bruder für konvertiert hielt(24);


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5) May hat in seinen Romanen s o l a n g e sich k a t h o l i s c h gebärdet, bis ihm um 1900 die Maske vom Gesicht herunter gerissen wurde. Dann erst erfand er, gezwungen sein Glaubensbekenntnis öffentlich vorzulegen, jene in seinem Munde fade Ausrede vom Glauben an eine »allgemeine« Kirche;

6) heute behauptet May, er sei weder Katholik noch Protestant, er sei Christ. Ja, May ist ein Christ, wenn ein überzeugter Spiritist Christ sein kann.

3.

»Ich war niemals Kolportageschriftsteller.«

Früher hat May uns das Märchen weis gemacht, M ü n c h m e y e r hätte in seinen zirka 25 Kolportagebänden obszöne Stellen hineingetragen und eben aus der Form des Kolportageromans - dem Erscheinen in einzelnen Heften - suchte er zu erklären, warum er mehr als zehn Jahre lang den von fremder Hand zugetragenen Schmutz nicht merkte. Heute, wo seine eigenen Angaben nach dieser Beziehung in Broschüren, Zeitungsaufsätzen und Flugblättern massenhaft vorliegen, heute, wo seine Schmutzware laut gerichtlichen Vergleichs, noch dazu unter vollem Namen, verkauft wird(25), heute hat dieser Mann die Stirne, zu sagen: »Ich war niemals Kolportageschriftsteller.«

4.

»Ich verkehre nicht in hohen und ersten Gesellschaftskreisen.«

Es ist uns an sich vollständig gleichgültig, wo May verkehrt; wenn er aber eine solche -Behauptung aufstellt, so behaupte ich dagegen: M a y  s a g t  h i e r  a u s  w i d e r  b e s s e r e s  W i s s e n . Denn May muß wissen, in welchen adeligen Häusern er sich zu Gaste laden ließ, und er muß wissen, durch welche Kreise er einst sein »Babel und Bibel« am Wiener Hofburgtheater unterzubringen suchte. Köstliche Selbstironie stellt das schöne Sätzchen dar: »Ich bleibe hübsch daheim, weil es mir da am besten gefällt.« Jawohl, Herr May, von Ihren Stubenreisen und Plagiaten werde ich noch allerlei erzählen, auch von Ihrer Kenntnis fremder Sprachen, vom Chinesischen bis zum Englischen. Ich kenne z. B. einen Fall ganz genau, wo May in offener Gesellschaft durch einen englisch redenden Amerikaner schwer blamiert worden ist.

»Und weiß von keiner amerikanischen Flebbe etwas.«

Aber May wird wohl so gut wie wir, wissen, daß er lange Zeit w i d e r r e c h t l i c h den D o k t o r t i t e l geführt hat, bis die sächsische Regierung diesem groben Unfug ein jähes Ende bereitet hat. Gegen Prof. Schumann (Dresden) hat May s. Zt. erklärt, eine a u s w ä r t i g e  U n i v e r s i t ä t habe ihm den Doctor honoris causa verliehen. May hat aber diese auswärtige Universität niemals nennen können.

Dies sind nur einige Punkte, welche in der Tat Mays »Glaubwürdigkeit« aufs neue beleuchten. Ich werde sie demnächst in der genannten Zeitschrift etwas ausführlicher behandeln und noch allerlei dazu.

P. Ansgar Pöllmann O.S.B. (Beuron).«

Und folgend zeigt sich Karl May wieder als treffsicherer Polemiker. Auf diese doch schon recht merkwürdigen Auslassungen eines Geistlichen läßt er eine streckenweise leicht ironische Replik folgen. Worauf dann Pöllmann endgültig den Boden der Sachlichkeit verläßt und den Angegriffenen mit einer Flut übelster Bezeichnungen belegt. Die Ver-


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wendung eines derartigen Vokabulars ist ein beredtes Zeugnis für diePraktiken der historischen May-Hetze - schon das rechtfertigt eine Wiedergabe. Die eine sachliche Argumentation ersetzenden Injurien lassen zudem auch eine gewisse »Betroffenheit« Pöllmanns erkennen. Wobei uns schon das entgegentritt, was Heinz Stolte das »Lebius-Phänomen« nennt, diese »eigenartige Erscheinung«, die bei May-Kritikern »merkwürdig übersteigerte Emotionen zu Tage fördert, gehässige Aggressionen und inquisitorische Gelüste, die auch vor Lügen, Fälschungen und Verleumdungen nicht zurückschrecken«.(26)

»Freie Stimme« Nr. 29, 6. 2. 1910:

Z u m  K a m p f e  u m  K a r l  M a y

Radolfzell, 4. Febr.

Wir geben zunächst folgender neuen Erklärung Karl Mays Raum:

»Zur Erklärung des Herrn P. Pöllmann in Nr. 23 Ihres Blattes habe ich folgendes zu sagen:

Daß Herr Ansgar Pöllmann eine »Serie von Aufsätzen« gegen mich schreiben will, kann mich nur freuen, denn es wird dadurch endlich einmal Klarheit und Wahrheit geschaffen; nur hätte er um seiner selbst willen einen weniger giftigen Titel wählen sollen. Ich hoffe, daß die Redaktion, welche seine Angriffe aufnimmt, auch meinen Antworten Platz gewährt und ich nicht, um nur auch zu Worte zu kommen, zu Flugblättern greifen muß, die mir dann übelgenommen werden.(27)

Herr Pöllmann s t e l l t  f e s t , daß die Enthüllungen des Lebius nicht aus literarischem Interesse geschehen sind. Aus welchen Gründen Lebius handelt, kann jedenfalls nur e r  a 1 l e i n feststellen. Pöllmann scheint also in so inniger Beziehung zu Lebius zu stehen, daß er es wagen darf, sich mit ihm zu identifizieren. Das stelle nun ich hierfest, denn es ist von allergrößter Wichtigkeit für das, was nun von seiner und von meiner Seite kommen wird. Lebias und Pöllmann Hand in Hand gegen mich! Lebius, der sich öffentlich rühmt, a u s  d e r  c h r i s t l i c h e n  K i r c h e  a u s g e t r e t e n  z u  s e i n , und der hochwürdige Herausgeber der » G o t t e s m i n n e «(28) Lebius, der im Jahre 1904 große Summen Geldes von mir verlangte, 3000 Mark, 6000 Mark, 10000 Mark, um mich und meine Bücher dafür in allen Zeitungen zu loben und zu preisen, und, als er nichts bekam, nie aufgehört hat, auf mich loszuschlagen(29), und der Beuroner Benediktinerpater Ansgar Pöllmann. Rudolf Lebius, der wegen seiner Artikel gegen mich aus einem Wust von Beleidigungsklagen nicht mehr heraussehen kann, und Ansgar Pöllmann als sein Gesinnungsgenosse und Nachfolger in Beleidigungsartikeln und Beleidigungsklagen! Hält man so etwas auf der Erzabtei St. Martin in Beuron für möglich? Dies die einzige Frage für jetzt; später frage ich mehr! Für heute berühre ich nur die von ihm aufgestellten fünf Punkte:

1.

Daß ich die » u n s c h ö n e  u n d  h ä ß l i c h e « Art und Weise meiner Ehescheidung nicht leugne, ist nicht wahr. Wohl leugne ich sie! Ich bin bei dieser Scheidung so human und verständig verfahren, wie wohl kaum ein zweiter verfahren wäre.(30) Was aber hat ein Benediktinerpater von Beuron mit meiner Ehescheidung zu tun? Was gehen ihn rechtskräftig geschiedene Ehefrauen an ? Wäre er da nicht viel besser bei seiner »Gottesminne« geblieben?


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2.

Meine Versicherung, daß ich n i e m a l s  k a t h o l i s i e r t habe, soll eine »bodenlose Unverfrorenheit« von mir sein. Wenn Pöllmann sich in derartigen Ausdrücken weiterbewegt, und alles an mir als »bodenlos« bezeichnet, kann er allerdings sehr leicht ins Bodenlose geraten. Man nenne mir einen Menschen, mit dem ich jemals »katholisiert« habe. Ich bin »Christ«, kann also in jedem Literaturkalender verzeichnet sein, sei er protestantisch oder katholisch. Kann das Pater Pöllmann nicht begreifen? Wenn ich mich in einem Privatbriefe als Katholik bezeichnet habe, so besaß ich hierzu genau dasselbe Recht, welches ich jetzt in diesem Augenblicke besitze, mich der Verbindung Pater Ansgar Pöllmann-Lebius-Münchmeyer gegenüber als Protestant zu bezeichnen. Pöllmann gebe die Stellen meiner Romane genau an, wo ich mich »katholisch gebärdet« habe. Daß ich Spiritist sei, hat er sich eben von seinem Freunde Lebius, dem aus der Kirche Getretenen, weißmachen lassen.(31) Und daß ich im Jahre 1900 entlarvt worden bin, ist eine Halluzination nur einiger weniger Personen, die man ruhig reden läßt, weil sie sonst ganz passable Menschen sind.

3.

Wenn ich gesagt habe, daß ich n i e m a l s  K o l p o r t a g e s c h r i f t s t e l l e r gewesen sei, so habe ich damit ganz selbstverständlich gemeint, daß ich niemals Kolportageromane geschrieben habe. Selbst was ich einst für Münchmeyer schrieb, war etwas ganz anderes. Pöllmann lege mir meine Münchmeyerschen Originalmanuskripte vor; dann mag er über sie sprechen, sonst aber nicht!

4.

»Ich verkehre nicht in h o h e n  u n d  e r s t e n  G e s e l l s c h a f t s k r e i s e n «, ist richtig und bleibt richtig. Einmal »eingeladen« werden oder dort »verkehren« ist ein Unterschied. Wer diesen Unterschied mißbraucht, ist ein Fälscher. Und wer von mir behauptet, daß ich mich habe zu Gaste laden lassen, der ist noch schlimmer als ein Fälscher. Daß ich mein Drama »Babel und Bibel« nach Wien geschickt habe, um es prüfen zu lassen, gebe ich sehr gerne zu. Ist das etwa eine Sünde? Und geht das Pater Pöllmann etwas an? Es war doch wohl mein Drama, welches ich hinschickte, nicht etwa eins von ihm! Auch gebe ich unverhohlen zu, daß ich zu Deutschamerikanern, welche mit ihrem Englisch paradereiten wollen, zu sagen pflege: » Wir sind in Deutschland, sprechen wir also deutsch!« Ich halte eben meine Muttersprache hoch. Ist das etwa eine Blamage?

5.

Pöllmann bezeichnet meinen harmlosen » D o k t o r « als groben Unfug. Schade, daß er in der Terminologie des Strafgesetzbuches so unerfahren ist! Er würde sich da wohl auch hüten, in dieser Weise zu schreiben. Unter grobem Unfug versteht der Richter die erhebliche Störung der Ruhe und Ordnung auf öffentlichen Straßen und Plätzen. Ich habe diese Ruhe mit meinem »Doktor« noch nie gestört, wohl aber wird sie jetzt von Pater Pöllmann gestört, indem er diesen »Doktor« derart in die öffentlichen Zeitungen wirft, daß sich der Lärm, den er damit macht, allerdings zum groben Unfug gestaltet. Und zudem gibt Pater Pöllmann diese auf mich gezielte Ohrfeige nicht mir, sondern sich selbst. Nämlich er tituliert gleich in der ersten Spalte seinen Freund, Gesinnungs- und Kampfgenossen Lebius nicht nur einmal, sondern zweimal als »Dr.« Lebius. Wo liegt die Universität, die diesen Lebius jemals zum Doktor machte? Mein Diplom hat der höchsten Behörde vorgelegen und ist mir anstandslos wieder ausgehändigt worden. Wie aber kommt Lebius, der A u s g e t r e t e n e ,   d e r  e n t s c h i e d e n s t e  u n d  u n e r b i t t l i c h s t e  G e g n e r  d e r  c h r i s t l i c h e n und der k a t h o l i s c h e n  A r b e i t e r g e w e r k s c h a f t e n , dazu, sich von seinem alter ego und Gönner Pater Pöllmann als »Doktor« bezeichnen zu lassen? Ich rate dem Pater,


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das hierauf bezügliche Dokument, Brief etc. sorgfältig aufzuheben, denn er wird es nebst andern Dingen gerichtlich zu deponieren haben.

Karl May, Radebeul-Dresden. «

Darauf repliziert Pater Ansgar Pöllmann wie folgt(32):

D i e  » G e g e n e r k l ä r u n g «  d e s  H e r r n  K a r l  M a y

erkenne ich gerne als eines der wertvollsten Dokumente für die Beurteilung Old Shatterhands alias Kara ben Nemsi Effendis an. Ich übergehe das echt Maysche Gefasel bezüglich einer Gesinnungsgemeinschaft zwischen mir und Herrn Lebius-Charlottenburg, weil ja jeder ehrliche Leser aus meiner Feststellung gerade das Gegenteil von einem »Hand in Hand« entnommen hat. Diese Feststellung geschah auf Grund von massenhaft in Zeitungen vorliegenden Zeugnissen, und wenn ich nicht getrennt von Lebius marschierte, dann hätte ich noch auf manchen andern Punkt hinweisen können, z. B. auf die Behauptung Karl Mays: »Ich habe keinem sozialdemokratischen Blatte Material geliefert« (Freie Stimme Nr. 20), die eine eigenartige Beleuchtung erhält durch einen Satz aus Nr. 11 der s o z i a l i s t i s c h e n  M e t a l l a r b e i t e r z e i t u n g (13.März 1909): »Von dem bekannten Jugendschriftsteller Herrn Karl May in Dresden und dessen Anwalt, Herrn Rechtsanwalt Bahn in Berlin, wurden uns die Akten der verschiedenen Prozesse zur Verfügung gestellt.« Wenn May von einer »Verbindung Pater Ansgar Pöllmann-Lebius-Münchmeyer« zu sprechen sich erdreistet, so ist das eine jener Frechheiten, d i e  d e m  D r e s d e n e r  S c h m u t z l i t e r a t e n ,   d e m  A u t o r  v o n  » W a l d r ö s c h e n « ,   v o n  d e r  » L i e b e  d e s  U l a n e n « ,   v o m  » V e r l o r e n e n  S o h n «  u s w . d a s  R e c h t  a u f  r ü c k s i c h t s v o l l e  B e h a n d l u n g  n e h m e n .

Aber nicht in dieser seiner Kampfesweise, die allgemein bekannt ist, sehe ich das »Wertvolle« der Gegenerklärung Mays, sondern in der Tatsache, daß sämtliche fünf von mir vorgebrachten Punkte ihre volle Bestätigung gefunden haben. Ich wiederhole:

1.

Karl May hat sich von seinem rechtmäßigen Weibe nach 23jähriger Ehe scheiden lassen, um eine andere heimzuführen. Weshalb sich die literarische Kritik um diese Angelegenheit kümmert? Nun, weil der subjektivistische May selbst es ist, der mit seinen Aufschneidereien die Angelegenheiten seines Hauses vor das Forum der Oeffentlichkeit gezerrt hat(33) und der seine Gattin in jenen bekannten öffentlichen Schaustellungen seiner Person in großen Städten vorgeführt und nun durch seine Ehescheidung nachträglich in um so - größere Schande gestürzt hat; weil er selbst sich in seinen Werken als ein Ausbund himmlischer Tugendhaftigkeit anpreist, und weil selbst katholische Kritiker (z. B. Heinrich Wagner) in Unkenntnis der Sachlage der zweiten Frau Mays allerlei Dithyramben gewidmet haben. Uebrigens: bei uns zu Lande findet man eine solche Ehescheidung keineswegs »human«, sondern allezeit »häßlich und unschön«.

Darin hat May recht, daß ich wohl besser bei meiner »Gottesminne« geblieben wäre, aber es muß sein: u n s  j a m m e r t  d e s  d e u t s c h e n  V o l k e s ,   d a s  d i e s e r  l i t e r a r i s c h e  F r e i b e u t e r  v e r d i r b t ,   u n d  d a r u m  d r e h e n  w i r  d e n  S t r i c k ,   u m  d i e s e n  H ä n d l e r  a u s  d e m  T e m p e l  d e r  d e u t s c h e n  K u n s t  h i n a u s z u p e i t s c h e n .(34)

2.

May gibt zu, was er früher so lange geleugnet hat, daß er sich als Katholiken in dem Literaturkalender hat aufführen lassen. Wenn er meint: »Ich bin Christ, kann also in jedem Literaturkalender verzeichnet ein, sei er protestantisch oder katholisch«, so genügt


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uns dieses Bekenntnis vollkommen. Also: »Ganz wie's trifft!«? Nein, noch schlimmer: denn Kürschner ist ein protestantischer Herausgeber und bei ihm hat sich May als Katholiken bezeichnet.

Den lächerlichen Satz: »Man nenne mir einen Menschen, den ich jemals »katholisiert« habe«, f ü h r e  i c h  h i e r  n i c h t  n u r  d e r  u n f r e i w i l l i g e n  K o m i k  w e g e n ,   d i e  d a r i n  s t e c k t ,   a n ,   s o n d e r n  w e i l  e r  d a s  M a y s c h e  u n r e d l i c h e  K a m p f e s v e r f a h r e n  u n g e m e i n  d e u t l i c h  z u r  A n s c h a u u n g  b r i n g t .(35) Vor einen unleugbaren Beweis gestellt, daß er in der Tat »katholisiert« habe, macht Herr May ein dummes Gesicht und wendet das Wort »katholisieren« gegen jeden vernünftigen Sprachgebrauch an. In unserem Falle ist aber dieses dumme Gesicht noch verblüffender, weil ja May in seinen Schriften wie in seinem bürgerlichen Leben (besonders aber in seinen sogenannten »Reiseerlebnissen« im Regensburger »Marien-Kalender«) mit seinen, in den Rahmen katholischer Terminologie eingepackten »Bekehrungen« bis auf den heutigen Tag schwer renommiert hat.

Wie May jene »wenigen (!) Personen«, die an seine Entlarvung glauben, »ruhig reden läßt«, zeigen seine pöbelhaften Tiraden gegen Dr. Cardauns, Professor Dr. Schumann, Fräulein Schilling und andere.(36)

3.

Der Hinweis auf seine Originalmanuskripte, die May in jenem famosen Vergleich mit der Firma Münchmeyer auf die Seite zu schaffen wußte, zieht nicht mehr; denn gerade seit jenem Vergleich ist die ganze unappetitliche Kloake der Mayschen Kolportageschmutzware aufs neue geöffnet worden. A l l e  d i e s e  e t w a  2 5  d i c k l e i b i g e n  B ä n d e  l a u f e n  u n g e n i e r t  u n t e r  M a y s  v o l l e m  N a m e n .(37)

4.

Wir wollen einmal annehmen, daß »einmal eingeladen werden« noch nicht so viel ist wie »verkehren«. Aber zweimal eingeladen werden und dreimal? Und dieser Einladung Folge leisten? Und sich dieses »Verkehrs« in Briefen und mündlichen Aeußerungen rühmen? Und eine lange Korrespondenz führen? Aber wie gesagt: Herr May mag ruhig verkehren, mit wem er will; ich beneide keinen um seinen Umgang. Daß er »Babel und Bibel« am Wiener Hofburgtheater unterbringen wollte, war natürlich nicht der springende Punkt meiner Behauptung, sondern daß er dies von ihm als »Drama« bezeichnete Machwerk durch die adeligen Kreise der österreichischen Hauptstadt anzubringen suchte. Man sieht, wie May repliziert: entweder kann er nicht beim Thema bleiben, oder er will nicht; jenes deutet auf Mangel an Geistesschärfe und Logik, dies auf literarische Unehrlichkeit. Herr May mag wählen.

Die Geschichte mit dem englisch redenden Amerikaner verhält sich leider anders, als Herr May zu deuteln beliebt: e s  w a r  e i n e  s c h w e r e  B l a m a g e . Davon später etwas mehr (38)

5.

Ob Herr Lebius den Doktortitel führt oder nicht, das ist hier gleichgültig. Uns genügt das Zugeständnis Mays, daß s e i n  » D o k t o r «  h a r m l o s war, daß e r  s e i n  » D i p l o m «  d e r  » h ö c h s t e n B e h ö r d e «  h a t  v o r l e g e n  m ü s s e n  u n d - d a ß  e r  s e i t  d e m  d e n  D o k t o r t i t e l  n i c h t  m e h r f ü h r t . Wie ich sehe, führt Lebinu im »Kürschner«, sehr zum vorteilhaften Unterschiede von May, den Doktortitel nicht; es wird sich also um ein Versehen der Zeitungen handeln. Aber da, wo's ihm am wenigsten gefährlich scheint, droht Herr May mit dem Gericht: Dokumente, in denen sich Lebius als »Doktor« bezeichnet, besitze ich nicht, wohl aber eine Reihe von Dokumenten, die ich mit


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Vergnügen »gerichtlich« »deponiere«. Herr May mag nur durch eine Beleidigungsklage gegen mich das ihm beliebende Amtsgericht bezeichnen.

Vielleicht wartet er aber noch ein paar Tage mit der Klage und läßt noch mehr zusammenkommen: denn ich werde ihn in der Zeitschrift des Paters Expeditus Schmidt O. Fr. M. als einen » l i t e r a r i s c h e n  D i e b « brandmarken.(39)

Damit ist für mich dieser Zwischenfall erledigt. Auf eventuelle spätere Erklärungen Mays finde ich unter Hindeutung auf eine alte Spruchweisheit die Antwort in folgender erbaulicher Historie:

In der E l b e r f e l d e r  Z e i t u n g vom 14. Januar 1902 berichtet ein Herr Fritz Jorde folgendes: »Es ist noch gar nicht lange her, d a  e r z ä h l t e  m i r  K a r l  M a y eine rührende Episode aus der Geschichte des literarischen Freibeutertums.« Und dieses bestehe in Vertragswidrigkeiten des Verlages der Kölnischen Volkszeitung. » S o  e r z ä h l t e  m i r  K a r l  M a y .  E r  s t e h t  m i r  f r e u n d l i c h  n a h e und ist ein Ehrenmann.« Ein Prozeß(40) belehrte Herrn Jorde eines Bessern, und am 27. Februar schon war in der gleichen Elberfelder Zeitung zu lesen wie folgt: »In Nr. 14 der Elberfelder Zeitung vom 14. Januar d. J. erhob ich in einem »Eingesandt« gegen die Kölnische Volkszeitung den Vorwurf der literarischen Freibeuterei und eines unfairen Geschäftsgebarens, und z w a r  a u f  G r u n d  v o n  M i t t e i l u n g e n ,   d i e  i c h  f ü r  g l a u b w ü r d i g  g e h a l t e n  h a b e .

Ich bedauere, d a s  O p f e r  e i n e r  T ä u s c h u n g   e w o r d e n  z u  s e i n und imVertrauen auf die Richtigkeit des mir Mitgeteilten dieses veröffentlicht und weitere Schlußfolgerungen daraus gezogen zu haben . . . F r i t z  J o r d e . «

Professor Dr. Schumann macht im Dresdner Anzeiger dazu die Bemerkung: » W e r  H e r r n  J o r d e  g e t ä u s c h t  h a t ,   d a s  u n t e r l i e g t  n a c h  d i e s e n  D o k u m e n t e n  k e i n e m  Z w e i f e l . «

P. Ansgar Pöllmann, O. S. B.«

Die diversen Widersprüche, Verdrehungen und gröblichen Beleidigungen zeigen deutlich, daß Pöllmann sich hier in eine Polemik einließ, in der er nur sehr wenige tatsächlich wichtige (wie immer man dazu stehen mag) und somit treffende Argumente gegen Karl May zur Hand hatte. Mit Recht fragte May daher bei der späteren Fortsetzung des Streites in anderen Blättern: Was will Pater Pöllmann denn eigentlich von mir?(41)

Damit endete die öffentliche Auseinandersetzung zwischen Karl May und Ansgar Pöllmann in der Radolfzeller »Freien Stimme«. Pater Pöllmanns Injurien blieben unwidersprochen den Lesern im Gedächtnis. Am 14. April 1910, als ein Bericht »Karl May« das erste Urteil im Charlottenburger Prozeß May/Lebius (den Freispruch von Lebius) wiedergab, und am 17. April 1910 unter »Neuestes von Karl May« erfuhren die Leser dann endgültig: »Was an dieser Stelle schon vor 4 Monaten niedergeschrieben und veröffentlicht worden war, entspricht also den Tatsachen, leider, werden manche Leser sagen. Also ein wirklicher Räuberhauptmann und Bandit . . .« Und genau das blieb Karl May für sie dann bis in alle Zeiten. Berichte zur Revisionsverhandlung und zur Verurteilung des Lebius brachte die »Freie Stimme«


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nicht.(42) 10 Zeilen - sinnigerweise zwischen dem Bericht »Raubmord« und »Die Revision des Mörders Hagen verworfen« - verkündeten am 2. 4. 1912 in der »Freien Stimme«: »Karl May ist gestorben«. Eine Rehabilitierung fand also nicht statt, »um die Rechte unserer Kirche, ihrer Einrichtungen, Vorsteher und Diener in Schutz zu nehmen«? Einer der Gegner, Pater Pöllmann, war ein Diener der Kirche.

Verantwortliche Redakteure, das sei noch hinzugefügt, waren bei der »Freien Stimme« vom 15. Juli 1909 bis 1. April 1910 M. Haw, ab 2. April 1910 vertretungsweise der Herausgeber selbst, Albien Moriell, ab 4. April 1910 Julius Trunk.(43)


1 Das Flugblatt zum »Bund« Nr. 10 vom 6. 3. 1910 trug den Titel »Zum Ende des Vernichtungsfeldzuges«, womit Lebius unzweifelhaft, vielleicht aber auch unbewußt, seinen Kampf gegen May meinte, denn die umgekehrte Lesart läßt sich allenfalls aus dem Textzusammenhang konstruieren: ein Kampf des »Vorwärts« (mit May) gegen Lebins.

2 »Hannoverscher Courier« Nr. 28604 vom 14. 4. 1910. Sämtliche Textvorlagen dieses Beitrags entstammen der »Sammlung zeitgenössischer Pressemeldungen zu Karl May«, die gemeinsam vom Archiv der Karl-May-Gesellschaft, von Gerhard Klußmeier, Rosengarten, und Hainer Plaul, Berlin, zusammengetragen wird.

3 Mit der Materialsammlung »Die Akte Karl May«. Die Karl-May-Akte der Politischen Polizei im Staatsarchiv Hamburg, hrsg. von Gerhard Kloßmeier. KMG-Presse Ubstadt 1979, wurde eine erste umfangreiche Grundlage dafür geschaffen.

4 Karl May: An den Dresdner Anzeiger (1904), in Jb-KMG 1972/73, S. 123-143; Karl May: May gegen Mamroth. Antwort an die »Frankfurter Zeitung«, in Jb-KMG 1974, S.131-152

5 Pöllmanus Angriffe gegen May begannen 1901 in den »Historisch-Politischen Blättern für das katholische Deutschland«, München; dann folgten die Leserbriefe Pöllmanns in der »Freien Stimme«, Radolfzell (1910) und als dritte Phase die Serie seiner »Untersuchungen und Feststellungen«: »Ein Abenteurer und sein Werk« (ebenfalls 1910) in der Zeitschrift »Über denWassern«, Münster. Siehe hierzu die bibliographische Dokumentation von Hansotto Hatzig: Streitlichter zu Kontroverse May-Pöllmann, Jb-KMG 1976, S.273-286.

6 Jos. Zimmermann: 75 Jahre »Freie Stimme« Radolfzell (1865-1941), aus »Hegau« Nr 14, Singen 1962, S.339, dort zitiert nach dem ersten Probeblatt der Zeitung vom 24. Juni 1865.

7 Der Text ist wiederabgedruckt in »Die Akte Karl May« (siehe Anmerkung 3), dort unter dem Titel »Karl May als Räuberhauptmann« aus dem »Hamburger Fremdenblatt« vom 22. 12.1909.

8 May erhielt Kenntnis von Zeitungsberichten über ihn durch ein Abonnement auf Zeitungsausschnitte beim »Berliner literarischen Bureau«, so vermutlich auch von den Berichten in der »Freien Stimme«.

9 Gemeint ist »Die Wahrheit«, hrsg. von Wilhelm Bruhn (1869-1951).

10 Im Drucktext steht » auch«, offensichtlich ein Druckfehler.

11 Am 10. Januar 1910 wurde von Karl May, vertreten durch Rechtsanwalt Rudolf Netcke, auf Grund des Artikels im »Bund« vom 19. 12. 1909 vor dem Königlichen Amtsgericht in Dresden »Strafantrag wegen Beleidigung gegen 1) Frau M. Lebius, Verlegerin des »Bund«, Charlottenburg, 2) Rudolf Lebius, geistiger Leiter des »Bund«, daselbst, 3) Dr. Nathansohn, verantwortlicher Redakteur des »Bund«, Charlottenburg« gestellt. Ein Verfahren, das am 31. Mai 1912 eingestellt wurde, »da der Privatkläger May am 30. März 1912 gestorben ist« (Staatsarchiv Dresden).


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12 Über die tatsächlichen Vorgänge vgl. Plaul, Hainer: Alte Spuren. Über Karl Mays Aufenthalt zwischen Mitte Dezember 1864 und Anfang Juni 1865, in Jb-KMG 1972/73 sowie Hoffmann, Klaus: Karl May als »Räuberhauptmann« oder Die Verfolgung rund um die sächsische Erde. Karl Mays Straftaten und sein Aufenthalt 1868-1870, ebd.

13 Beilage zum »Bund« Nr.2 vom 9. 1.1910

14 Berichte hierzu sind enthalten in »Die Akte Karl May« (siehe Anm.3).

15 Zur Biographie Pöllmanns siehe Hainer Plaul im Anhang zu Karl May: Mein Leben und Streben; Reprint der ersten Buchausgabe (1910). Hildesheim-New York 1975, S.419, Anm.224 sowie Hansotto Hatzig, Jb-KMG 1976, S.280-282

16 Ausführlich dokumentiert bei Hainer Plaul: Die Kahl-Broschüre. Entstehung und Folgen eines Anti-May-Pamphlets, in Jb-KMG 1974, S.195-236

17 Wie Anm. 12

18 Im Drucktext steht »Versprechen«, offensichtlich ein Druckfehler.

19 Siehe im Vergleich z. B. die Polemiken von 1904 »An den Dresdner Anzeiger«, wieder abgedruckt im Jb-KMG 1972/73, S. 124-143.

20 Siehe die kommentierte Bibliographie bei Hansotto Hatzig: Streiflichter zur Kontroverse May-Pöllmann, Jb-KMG 1976, S. 273-286.

21 Pöllmann, als wohlinformierter Kenner der Veröffentlichungen von und um May, sagt hier eindeutig und wider besseres Wissen die Unwahrheit. Denn tatsächlich wurde alles, »was er (May) negiert«, im Artikel des »Bund« und somit auch in der »Freien Stimme« behauptet. Lediglich der Preis des imaginären Automobils wurde von May, wohl unbeabsichtigt, nicht richtig angegeben. Die entsprechende Passage lautete: »Er gilt als Millionär, besitzt ein kostbares Automobil und huldigt teuren Launen. So hat er von sich eine Marmorbüste machen lassen, die 40000 Mark kostete.«

22 Dieser Abschnitt ist ausgesprochene Polemik, denn weder im »Bund«-Artikel vom 19. 12. 1909 noch in der »Freien Stimme; vom 23. 12. 1909, auf die sich Mays Stellungnahme bezog, wird auf Mays Scheidung hingewiesen. Karl May hatte somit überhaupt keine Veranlassung, diese Angelegenheit zu erwähnen.

23 Vgl. zu diesem Themenkomplex Erich Heinemann im Jb-KMG 1976, S.201 f.

24 Ein authentischer Beleg für diese Behauptung konnte bislang nicht ermittelt werden.

25 siehe Anm.37

26 Stolte, Heinz: Literaturbericht, Jb-KMG 1978, S.272

27 Mays Antworten auf die Artikel Pöllmanns erschienen in der Wiener »Freistatt« wieder abgedruckt in Jb-KMG 1976, S.230-269

28 Pöllmann war zwischen 1903 und 1907 sowie von 1911 bis 1913 Herausgeber der Monatsschrift für religiöse Dichtkunst »Gottesminne«

29 Der Erpressungsversuch ist authentisch und wurde von May durch Veröffentlichung der Lebius-Briefe mehrfach dokumentiert, so auch in »Mein Leben und Streben«, S. 263-268.

30 Zur Ehescheidung Mays siehe Wollschläger, Hans: Karl May. Grundriß eines gebrochenen Lebens. Zürich 1976, S. 119-128.

31 Die dokumentarischen Fakten zum Thema Spiritismus in Mays Leben sind bislang noch nicht ausreichend interpretiert worden. Die unter dem Titel »Karl May und der Spiritismus« im »Karl-May-Jahrbuch 1978« (Bamberg-Braunschweig) veröffentlichte Darstellung ist unzureichend.

32 Der Brief Mays wurde vor Drucklegung Pöllmann zur Stellungnahme vorgelegt, so daß die Replik Pöllmanns ebenfalls am 6.2. 1910 erscheinen konnte.

33 Das ist unzutreffend, denn May hat keineswegs dazu beigetragen, daß seine Ehescheidung zum Gegenstand öffentlichen Interesses wurde.

34 Bemerkenswert ist, daß Pöllmann zwar generell eine »Gesinnungsgemeinschaft« mit Lebius abstreitet, jedoch an dieser Stelle seiner Auslassungen den Plural verwendet.

35 Die »unfreiwillige Komik« entsteht durch das zweifellos bewußt unkorrekte Zitat. May schrieb orthographisch einwandfrei - also keineswegs »gegen jeden vernünftigen Sprachgebrauch« - Man nenne mir einen Menschen, mit dem ich jemals katholisiert habe.


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36 Die von Pöllmann als »pöbelhafte Tiraden« bezeichneten Polemiken Mays sind wieder abgedruckt im Jb-KMG 1972/73, S. 123-143 Sie zeigen, daß auch hier wieder von Pöllmann boshaft die Tatsachen flsch dargestellt werden. (Mit »Fräulein Schilling« ist die Schriftstellerin Marie Silling (1845-1936) gemeint, die Mays Roman »Und Friede auf Erden« im »Dresdner Anzeiger« rezensierte.)

37 Wiederum sagt Pöllmann ganz bewußt die Unwahrheit: seit Oktober 1907 erschienen die besagten Romane nur noch anonym. Ebenso unwahr ist die Behauptung, daß May die Manuskripte der Münchmeyer-Romane »auf die Seite zu schaffen wußte«; vielmehr hat er sich jahrelang vergeblich um diese Handschriften bemüht, mit denen er seine Unschuld beweisen wollte (vgl. z. B. die an Hermann Cardauns gerichteten Flugblätter Mays, neu abgedruckt in diesem Jahrbuch).

38 Konkrete Belege zu dieser Behauptung legte Pöllmann auch später nicht vor.

39 Veröffentlicht innerhalb der Serie »Ein Abenteurer und sein Werk« in der von Pater Expeditus Schmidt (1868-1939) herausgegebenen Zeitschrift »Über den Wassern« Münster 1910, wo Pöllmann relativ geringfügige Anleihen Mays aus geographischen Werken als Plagiate brandmarkte. Siehe auch Hatzig, a. a. O. S.276

40 Eine Prozeßandrohung veranlaßte den Widerruf. Die Auseinandersetzung Mays mit der »Kölnischen Volkszeitung« und dem Verlag Bachem, Köln, worauf sich die zitierte Angelegenheit bezog, bedarf noch einer umfassenden Dokumentation.

41 »Freistatt«. Wien, 4.6. 1910, wieder abgedruckt in Jb-KMG 1976 S.259

42 Die Durchsicht der entsprechenden Jahrgänge der »Freien Stimme« unternahm freundlicherweise Dr. Franz Götz, Radolfzell, dem an dieser Stelle auch für seine Bemühungen um die Daten der Zeitung herzlich gedankt sei.

43 Ermittelt von Dr. Franz Götz, Radolfzell.


N a c h b e m e r k u n g  d e r  R e d a k t i o n :

Die große Auseinandersetzung zwischen dem Benediktinerpater Ansgar Pöllmann und Karl May fand im Frühjahr 1910 statt. Pöllmann veröffentlichte in der Zeitschrift »Über den Wassern« eine Artikelserie mit scharfen Angriffen auf Karl May. May antwortete unter der Überschrift »Auch »über den Wassern«« in der Wiener »Freistatt«. Diese Kontroverse wurde ausführlich im Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1976 dokumentiert. Nicht einbezogen werden konnte damals aus Platzgründen ihr »Vorspiel« in der Radolfzeller »Freien Stimme«, so daß Mays Bezugnahme hierauf in seinem ersten »Freistatt«-Artikel (vgl. Jb-KMG 1976, 230-236) etwas zusammenhanglos im Raum stand. Durch vorstehende Dokumentation wird diese Lücke geschlossen.


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