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HEINZ STOLTE

Abschiede - ein Thema mit Variationen*

»Ich bin nämlich ein großer Freund vom
Abschiednehmen und von rührenden Scenen
überhaupt.«

Karl May: Der letzte Ritt, S. 256



1

»Hätt' ich mir nicht die Flamme vorbehalten, ich hätte nichts Aparts für mich«(1), so hört man in Goethes »Faust« den armen geplagten Teufel Mephisto lamentieren, da angesichts der überquellenden Schöpfungsfülle der »Geist, der stets verneint«, sich geradezu um sein ganzes wesenseigenes Image gebracht sieht. Wenigstens e t w a s »Aparts für sich« zu haben, das ist freilich nicht nur für einen armen Teufel, sondern für jegliche Art Existenz in dieser Welt eine unabweisbare Ehrensache. Man will doch, wenn man schon als Art und Gattung zu existieren genötigt ist in diesem wimmelnden Weltall, auf das e i n e Aparte verweisen können, das einen vor aller anderen Art Existenz hervorhebt und auszeichnet.

Da will es mir nun scheinen, als ob es uns, den M e n s c h e n, seit einiger Zeit besonders schlimm ergangen ist in dieser Beziehung. Haben wir überhaupt noch was Aparts, auf das wir stolz sein könnten? Mit der Vernunft, auf die unsere Gattung einmal so stolz gewesen ist, ist es ja wohl nichts Rechtes geworden, wie uns alle Weisen und Narren versichern und selbst der hämische Mephisto schon wußte. Das mochte noch angehn -, aber nun erst, nachdem die Verhaltensforschung über uns hereingebrochen ist, stehen wir endgültig beschämt und wie gerupft vor aller Augen. Konrad Lorenz und alle seinesgleichen, sie haben kein mühsames Experiment gescheut; um uns vor Augen zu führen, daß fast alles, was wir für herrliche Errungenschaften des Humanen gehalten

* Vortrag gehalten auf der 5. Tagung der Karl-May-Gesellschaft in Hannover am 27. Oktober 1979.


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haben, sich mutatis mutandis bei den übrigen Vertretern der Fauna schon vorgebildet findet, bei unseren Vettern, den Affen, nicht minder als bei den Hunden, Graugänsen oder Ratten. Das ganze schöne Gefüge unserer »Sitten und Gebräuche« nichts anderes als eine kleine Variante dessen, was schon im Tierleben als instinkthaft programmiertes R i t u a l das soziale Verhalten dieser Lebewesen steuert!

Ritual in allen Lebenslagen: ob es sich nun um freundliches oder feindliches Begegnen handelt, um Liebeswerben oder Nestgründung, um Futterstreit oder Triumphgeschrei, um kritische Distanz oder Herdentrieb, um Rangordnung oder Hackordnung, um Brutpflege oder Mutterschaft, um Kriegsgetümmel oder Friedensschlüsse, überall, wohin man auch blickt, sie haben es, unsere Tierverwandten, alles schon in rituelle Formen gebracht, Formen, in denen man - horribile dictu - unsere menschlichen Rituale, das, was man so »Gesittung« genannt hat, in genauer Entsprechung wiedererkennt. Nein, die Graugänse des Konrad Lorenz(2) haben unseren Menschenstolz, als hätten wir »was Aparts« wie Humanität und Bildung, zutiefst gebeugt. Wir müssen begreifen, daß es jetzt an die Ehre geht.

Da wird denn die Entdeckung, über die ich berichten will, dem einen oder anderen zu herzstärkender Tröstung gereichen: wir sind nicht ganz so nackt und bloß, wie es im ersten Schreck wohl geschienen hat. Wir haben d o c h was Apartes für uns ganz allein!

Ich verdanke die Entdeckung dem Zufall, oder besser gesagt, unseres Nachbars Hund. Der hat seine Rituale in jeder Lebenslage, wie ja jeder andere Hund auch. Und was mich faszinierte an ihm, war besonders sein Ritual der B e g r ü ß u n g. Und da muß man sagen: so ein Hund ist sogar ein Virtuose im Begrüßen. In dieser Beziehung ist das, was er da aufführt, nicht etwa nur so eine andeutende Geste, in der man ganz von ferne eine Vorform menschlichen Verhaltens erahnen könnte, nein, er ist darin jedem möglichen Menschenritual des Begrüßens weitaus überlegen. Er ist g a n z Wiedersehensfreude, er zerspringt vor Wonne, hüpft und jubelt, schwanzwedelnd und zungeschwenkend: kein Mensch könnte ihm das gleichtun. Natürlich gilt die Freude des Wiedersehens und das ganze Hüpf- und Jubelritual nur zur Hälfte der


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Person des Begrüßten, zur anderen Hälfte dem alsbald zu erwartenden Wurststück, auf das er Anspruch erhebt. Das würde mich nicht stören, aber nach vollbrachter Abfütterung, wenn es ans Abschiednehmen geht und ich sage freundlich: »Auf Wiedersehen, mein Lieber«, was geschieht? Nichts, er dreht ab und läuft einfach davon. Da fällt es denn auch einem sehr laienhaften Verhaltensforscher wie Schuppen von den Augen: D a s ist es! Das A b s c h i e d n e h m e n, das kennt er nicht. Und sehe ich es recht? Das kennen sie alle nicht: die Hunde, die Graugänse, die Affen und die Ratten, alle jene Eideshelfer, die Konrad Lorenz gegen uns aufgerufen hat. Abschiednehmen ist nicht ihre Sache, darin sind sie nicht auf ein Ritual programmiert. Aber w i r, wir Menschen, wir sind es! Das ist u n s e r Ritual, das haben wir als »was Aparts für uns« wie der Mephisto die Flamme. Und unser gebeugter Humanstolz kann sich wieder aufrichten. Menschen sind eben doch nicht wie die anderen Tiere. Wir wissen wieder, was den Menschen zum Menschen macht. Die Fähigkeit, ja das unabweisbare, zwanghafte, triebartige, im Instinkt programmierte Bedürfnis, einen Ritus des Verabschiedens abzuziehen, wann immer die Situation dafür gegeben scheint, das ist offenbar das wahrhaft Menschliche am Menschen.

Und ich gestehe: wird man erst aufmerksam auf diesen doch höchst verwunderlichen Sachverhalt, so sieht man die Welt, die Menschenwelt, mit ganz anderen Augen an. Das ist ja, als seien all die Millionen mit gar nichts so ausdauernd und intensiv beschäftigt wie mit dem Abschiednehmen voneinander. Das ist ein Verbeugen, Händeschütteln, Umarmen, Küssen, Weinen und Winken ohne Ende, millionen- und abermillionenfach absolviert jeden Tag, soweit die bewohnte Erde reicht. Und gibt es einen schlimmeren Verstoß gegen Humanität und Bildung, als wenn einer, der mit uns zu tun hatte, abrupt und ohne Abschied davongeht? Das ist ja kein Mensch mehr! Damit kündigt man jede Freundschaft, das ist ein feindseliger Akt, eine wortlose Kriegserklärung. Und sei es, er hätte es nur vergessen, sich wie sich's gehört zu verabschieden -, als ungebildeter Rüpel gilt er uns dennoch. Und anderseits: Wie zwei voneinander Abschied nehmen, daran kann man oft aufs genaueste ablesen, wie sie zueinander stehen. Da gibt es die tausend Nuancen, die feinen Differenzierungen. und die


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ganze Skala symbolischer Gesten kann aufgeboten werden: im Detail kann der Teufel sitzen, aber auch ein Engel der Verheißung.

2

Daß sich im Ritus des Abschiednehmens das spezifisch Humane menschlichen Sozialverhaltens gewissermaßen wie an einem Kultur-Barometer ablesen läßt, diese Tatsache ist denn auch denen, die sich die künstlerische Darstellung und Deutung unserer Existenz zur Aufgabe gemacht haben, den Dichtern und Schriftstellern, nicht entgangen. Wenn es der Sinn und Zweck poetischer Werke ist, uns durch Vorgänge, Handlungen, Begebenheiten s y m b o l h a f t deren existenzielle B e d e u t u n g erfahren zu lassen, dann ist freilich das Abschiednehmen eines der dankbarsten poetischen Motive überhaupt. Denn nicht erst in der Dichtung, sondern in unserer ganz alltäglich-unpoetischen Wirklichkeit bereits erweist sich das Abschiednehmen als eine reine S y m b o l h a n d l u n g . Anders als unsere praktischen Verrichtungen, mit denen wir unsere Tage ausfüllen, ist diese reine Formerfüllung eine Gebärde, die ganz allein dem A u s d r u c k dient: Ausdruck innerer Qualitäten, unserer Gesinnungen und Gefühle dem gegenüber, dem unsere Verabschiedung gilt. Man könnte sagen: ein Stück Poesie mitten in unserem Alltag. Das gilt auch, und vielleicht um so stichhaltiger, wenn die äußere Form dieser Symbolhandlung, die dem Partner stets S y m p a t h i e signalisiert, eine freundliche Gesinnung nicht so sehr indiziert, als vielmehr v o r t ä u s c h t . Daß auch zu solch fiktivem Tun eine Art Zwang empfunden und befolgt wird, pflegen wir mit dem Begriff der H ö f l i c h k e i t zu umschreiben. Nicht nur für das Verabschieden, auch für andere Formalgebärden unseres Sozialverhaltens als eine Art Tugendpflicht gefordert, ist Höflichkeit ja, wie Schopenhauer sagt, eine »offenkundig falsche Münze«, mit der zu sparen Unverstand und mit der freigiebig zu sein Verstand beweise. »Alle Nationen«, schreibt er in seinen »Aphorismen zur Lebensweisheit«(3) speziell zum Thema der Verabschiedungsformeln im Briefverkehr, »schließen den Brief mit votre très-humble serviteur, - your most obedient servant, - suo devotissimo servo: bloß die Deutschen halten mit dem "Diener"


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zurück, - weil es ja doch nicht wahr sei!« Und freilich, fährt er fort, sei Höflichkeit insofern eine schwere Aufgabe, »als sie verlangt, daß wir allen Leuten die größte Achtung bezeugen, während die allermeisten keine verdienen; sodann, daß wir den lebhaftesten Anteil an ihnen simulieren, während wir froh sein müssen, keinen an ihnen zu haben.« Was die Höflichkeit simuliert, A c h t u n g und A n t e i l n a h m e, dies symbolisch auszudrücken ist ja in der Tat der Sinn unseres Rituals vom Abschiednehmen. Nebenbei ließe sich hier bemerken, daß wenige Schriftsteller in ihren Polemiken so unhöflich, ja so grobianisch verfahren sind wie gerade Schopenhauer, der jene lebenskluge Regel von der Höflichkeit aufgestellt hat. Vielleicht deshalb, weil er kein Simulant, sondern ein »Mann der Wahrheit« war, denn - so formulierte es Constantin Brunner (ein ihm darin nicht unähnlicher Denker): »Höflichen Mann der Wahrheit gibt es nicht und wird und kann es niemals geben.«(4)

Für dichterische Darstellung jeglicher Art ist der Abschied, dieses in sich schon poetische Thema mit allen seinen möglichen Variationen, ein höchst beliebtes Motiv. Da es reinem Gefühlsausdruck dient, gehört es seiner Natur nach recht eigentlich in die L y r i k, wo es sich denn auch zu wimmelnder Vielzahl eingenistet hat. Ein Buch wäre darüber zu schreiben, wollte ein findiger Philologe den ganzen Bestand aufnehmen und daran den Wandel der Zeitalter dokumentieren, vom Minnesang bis zur Moderne. Ganz zu schweigen in dieser Beziehung von den Volksliedern, in deren Reich es überall schluchzt und klagt vom vielen traurigen Abschiednehmen. Daß aber nicht nur in der Lyrik, sondern auch in dramatischen und erzählenden Werken das Abschiedsmotiv ein Hätschelkind der Autoren ist, das weiß jeder, der dergleichen gelesen hat.

Zweifelt jemand daran, daß man an der Behandlung des Themas Abschied sogar den Wandel literarischer Epochen erkennen und nachweisen könne? Dann nehme man nur Goethe als Beispiel, der sich, wie bekannt, aus dem rauhen »Sturm und Drang« zum feinen höfischen Klassizismus heraufentwickelte. Und man lese nach, wie sich Götz von Berlichingen verabschiedet: »Vor Ihro Kaiserliche Majestät hab' ich, wie immer, schuldigen Respekt. Er aber, sag's ihm, er kann mich--- «(5) und halte dann daneben, wie derselbe Autor vierzehn Jahre später und in hochklassi-


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zistischer Stilisierung seine Iphigenie sich vom König Thoas verabschieden läßt:

O geben dir die Götter deiner Taten
Und deiner Milde wohlverdienten Lohn!
Leb wohl! O wende dich zu uns und gib
Ein holdes Wort des Abschieds mir zurück!
Dann schwellt der Wind die Segel sanfter an,
Und Tränen fließen lindernder vom Auge
Des Scheidenden. Leb wohl! und reiche mir
Zum Pfand der alten Freundschaft deine Rechte.(6)

Da haben wir die Spannweite ausgemessen, deren das Thema Abschied mit seiner so produktiven Variabilität fähig ist. In Götzens Abschied, einem Anti-Abschied gewissermaßen, weil er nicht Achtung und Anteilnahme, sondern das Gegenteil davon signalisiert, rüpelt und räkelt sich ein »Kerl«, und mit ihm bezeugt sich diese kuriose Literaturepoche, in der auch ein so zarter Jüngling, wie Goethe einer war, nicht anders denn als naturburschenhaftes Rauhbein und Originalgenie zu gelten beflissen war. Dagegen aber in Iphigeniens edel gemeißelten Versen: Klassisches formt sich darin aus als Stil und Gebärde, Olympisches und Apollinisches, und die idealische Humanitätsgläubigkeit einer ganzen Epoche deutscher Geistesgeschichte tritt uns daraus entgegen.

Wie freilich Klassizismus, wenn er manieristisch wird und auf hohem Kothurne erhabener Würde daherkommt, die Grenzen des Erträglichen streift, das hat uns Schiller am gleichen Motiv so unübertrefflich vor Augen geführt, in seinem Gedicht »Hektors Abschied«:

Teures Weib, gebiete deinen Tränen!
Nach der Feldschlacht ist mein feurig Sehnen,
Diese Arme schützen Pergamus.
Kämpfend für den heiligen Herd der Götter
Fall ich und, des Vaterlandes Retter,
Steig ich nieder zu dem styg'schen Fluß.
. . .
All mein Sehnen will ich, all mein Denken
In des Lethe stillen Strom versenken,
Aber meine Liebe nicht.
Horch! der Wilde tobt schon an den Mauern.
Gürte mir das Schwert um, laß das Trauern!
Hektors Liebe stirbt im Lethe nicht.


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Nein, höher geht's nimmer. Das ist wohl nichts mehr für die gewöhnlichen Leute. Das liegt hoch über allem, was uns einfacheren Gemütern an Nachempfindung zu leisten möglich ist. Das sind die Höhen olympischer Ideale, von denen ich selbst das bezweifle, daß der echte Trojaner Hektor es unserem echten Schwaben Schiller darin auch nur annähernd hätte gleichtun können.

Aber Klassiker müssen nicht so sein. Mit innigem Anteil vielmehr und schmerzlicher Erschütterung wird man allezeit jene Verse des alten Goethe in seiner »Marienbader Elegie« lesen, in denen er dem Motiv vom Abschiednehmen seine letzte und entschiedenste Bedeutung verliehen hat. Erst das so glücksbeschwingte Abschiednehmen von der geliebten Ulrike, die

Selbst nach dem letzten Kuß mich noch ereilte
Den letztesten mir auf die Lippen drückte -,

und dann das große, resignierende Abschiednehmen von Welt, Glück, Leben überhaupt, von all dem, was ihm bisher Erfüllung seiner Existenz bedeutet hatte:

Verlaßt mich hier, getreue Weggenossen!
Laßt mich allein am Fels. in Moor und Moos!
Nur immer zu! euch ist die Welt erschlossen,
Die Erde weit, der Himmel hehr und groß;
Betrachtet, forscht, die Einzelheiten sammelt,
Naturgeheimnis werde nachgestammelt.

Mir ist das All, ich bin mir selbst verloren,
Der ich noch erst der Götter Liebling war;
Sie prüften mich, verliehen mir Pandoren.
So reich an Gütern, reicher an Gefahr;
Sie drängten mich zum gabeseligen Munde,
Sie trennen mich und richten mich zugrunde.

3

Das Thema vom Abschiednehmen ist das Thema vom Menschen. Greift man es sich aus den literarischen Zeugnissen einer Zeit, so greift man, wie Goethe sich ausdrücken würde, ins volle Menschenleben. Die Sonde, vom analysierenden Literaturwissenschaftler genau an diesen Stellen im Werk eines Autors angesetzt,


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fördert fast mit Gewißheit Material zutage, das die innere und verborgene Struktur tiefer Seelenlagen diagnostizieren läßt.

Die Methode ist anwendbar, wo immer ein literarisches Lebenswerk von weitgespanntem Umfang genügend viele solcher motivischen Figuren aufweist. Hier erprobe ich sie an unserem speziellen Beispiel K a r l  M a y.

Genauer gesagt: es ist das Biographische dieses Autors und derjenige Teil seines Werkes, den er im fiktiven Ich-Stil verfaßt hat, also seine Reiseerzählungen, was uns als ein mit- und gegeneinander abzuwägendes Untersuchungsmaterial dienen soll. Biographie und fiktive Biographie -: wir wissen schon aus mancherlei anderen exemplarischen Fällen, wie diese aus jener entsprungen ist und jene in dieser sich spiegelt.(7) Wahrheit und Dichtung - auf solche Antithese wird es auch diesmal hinauslaufen, wobei wir, einen bekannten philosophischen Lehrsatz abwandelnd(8), von dem axiomatischen Leitsatz ausgehen, daß nichts im literarischen Werk sein kann, was nicht vorher im Leben gewesen ist.

Von Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi nimmt es uns nicht wunder, daß es der Abschiede viele sind, die der reisige und reisende Held zu absolvieren hat. Reisen ist Abschiednehmen in Permanenz, von Landschaften wie von Menschen. Das lyrisch-epische Grundmotiv kann also zu vielfacher Pracht entfaltet und abgewandelt werden im exotischen Klima Mayscher Reiseromane. Aber was, so fragen wir konsequenterweise, war »vorher im Leben«, ehe es ins literarische Werk gekommen ist?

Folgen wir den autobiographischen Erzählungen des Autors selbst(9), so ist wohl das früheste Erlebnis dieser Art, das er der Mitteilung würdigt, die Geschichte von der Flucht des Knaben aus dem elterlichen Hause, nachdem die Mutter einen vergeblichen Bittgang getan hat, um Geld für den Seminarbesuch des Jungen aufzutreiben, und der Vater in theatralischer Szene deklamiert hat, er würde sich von nun an » die Hände blutig arbeiten « müssen für die Zukunft seines Sohnes; mit welcher Versicherung er davonging, um - so darf man vermuten im Wirtshaus seine Rodomontaden fortzusetzen. Als er fort war, so heißt es dann, saßen wir andern noch lange Zeit traurig beisammen. Dann gingen wir schlafen. Ich schlief aber nicht, sondern ich wachte. Ich sann auf Hilfe. Ich rang nach einem Entschlusse. Das Buch, in dem ich gelesen hatte,


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führte den Titel »Die Räuberhöhle an der Sierra Morena oder der Engel aller Bedrängten«. Als Vater nach Hause gekommen und dann eingeschlafen war, stieg ich aus dem Bett, schlich mich aus der Kammer und zog mich an. Dann schrieb ich einen Zettel. »Ihr sollt euch nicht die Hände blutig arbeiten, ich geh nach Spanien, ich hole Hilfe!« Diesen Zettel legte ich auf den Tisch, steckte ein Stückchen trockenes Brot in die Tasche, dazu einige Groschen von meinem Kegelgeld, stieg die Treppe hinab, öffnete die Tür, atmete da noch einmal tief und schluchzend auf, aber leise, leise, damit ja niemand es höre, und ging dann gedämpften Schrittes den Marktplatz hinab und die Niedergasse hinaus, den Lungwitzer Weg, der über Lichtenstein nach Zwickau führte, nach Spanien zu, nach Spanien, dem Lande der edlen Räuber, der Helfer aus der Not. (10)

So sehr die kleine Episode, man bemerkt es, nach Märchenart stilisiert worden sein mag, der Kern der Sache ist sicherlich die nackte Wirklichkeit und Wahrheit dieses Kinderlebens. Wie symptomatisch das Geschehnis für diesen Menschen insofern ist, als sich im Knaben, der auszieht, den edlen Räuber zu finden, bereits der Autor ankündigt, der einst sein mythisches »Ich« auf die Suche nach dem »Edelmenschen« durch die Welt schicken wird, das habe ich schon vor langer Zeit an anderer Stelle einmal ausgeführt.(11) Hier fällt uns aber noch anderes auf, worin sich ein solches Abschiednehmen von manchem sonst unterscheidet: daß es nämlich F l u c h t ist und den Sinn einer K a t a s t r o p h e annimmt. Denn nicht fallen sich hier liebevoll Menschen in die Arme, ehe sie auseinandergehen, sondern ein armes Kummerkind stiehlt sich heimlich davon aus Verhältnissen, in denen es nicht allein materielle Not zu erleiden hatte, sondern auch Herzensqual: begreifen zu müssen und immer wieder vor Augen gestellt zu bekommen, welche Last, welche schwere Bürde seine Existenz für Vater und Mutter doch ist. » Und wenn ich mir die Hände blutig arbeiten soll! « Das ist eindrucksvoll genug für ein bedrücktes Kindergemüt, um sich darin schmerzhaft einzubohren. »Hände blutig arbeiten« -, da begreift man, wie überflüssig man eigentlich ist und daß es für diese alle wohl das Beste sein wird, wenn man Abschied nimmt.

Und es scheint, daß sich auch weiterhin im Jugendleben Karl Mays Abschiednehmen als ein Weggestoßenwerden dargestellt hat.


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Man nimmt nicht, man bekommt den Abschied -, so war es bald anläßlich jener leidigen Geschichte mit den veruntreuten Weihnachtskerzen im Seminar zu Waldenburg.(12) Da nannte ihn denn der Direktor, der ihm den Abschied gab, einen »infernalischen Charakter« und er war aus dem Seminar entlassen und konnte gehen, wohin es ihn beliebte. (13) Und in dem ministerialen Ukas, diesen Abschied betreffend, liest man: »Das Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts hat auf den Bericht des Gesammt-Consistoriums zu Glauchau vom 2. des Monats (d. h. Januar 1860) beschlossen, den Zögling der zweiten Classe des Schullehrerseminars zu Waldenburg, Karl Friedrich May aus Ernstthal bei Hohenstein, wegen sittlicher Unwürdigkeit für seinen Beruf auf Grund von § 51 der Seminarordnung vom Jahre 1857 aus dem Seminar auszuweisen.«(14)

Abschied als Katastrophe, als Schande, als Ausstoßung -, das war die rauhe und böse Wirklichkeit, in der dieser junge Mensch zu leben und mit der er sich zurechtzufinden hatte. Und doch war die Erfahrung mit dem Abschied, den man nicht nimmt, sondern bekommt, wie sie ihm die Behörde nicht nur einmal bereitete, bei weitem das Schlimmste nicht. Das Schlimmste kam Jahre später, als schon die erste große Strafhaft hinter ihm lag und zu Ernstthal um den entlassenen Sträfling die bösen Gerüchte hechelten. Wir lesen es in der Selbstbiographie(15), und es ist wichtig, uns für unseren Zusammenhang diese Stelle als die wohl erschütterndste der ganzen Bekenntnisschrift hier ausführlich in ihrem vollen Wortlaut vor Augen zu führen:

Der Morgen graute. Ich ging den Leichenweg hinab, über den Markt hinüber und öffnete leise die Tür unsers Hauses, stieg ebenso leise die Treppe hinauf nach der Wohnstube und setzte mich dort an den Tisch. Das tat ich ohne Absicht, ohne Willen, wie eine Puppe, die man am Faden zieht. Nach einiger Zeit öffnete sich die Schlafkammertür. Mutter trat heraus. Sie pflegte sehr zeitig aufzustehen, ihres Berufes wegen. Als sie mich sa, erschrak sie. Sie zog die Kammertür schnell hinter sich zu und sagte aufgeregt, aber leise:

»Um Gotteswillen! Du? Hat jemand dich kommen sehen?«

»Nein«, antwortete ich.

»Wie siehst du aus! Schnell wieder fort, fort, fort! Nach Amerika hinüber! Daß man dich nicht erwischt! Wenn man dich wieder einsperrt, das überlebe ich nicht!«

»Fort? Warum?« fragte ich.

»Was hast du getan; was hast du getan! Dieses Feuer, dieses Feuer!«

»Was ist es mit dem Feuer?«


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»Man hat dich gesehen! Im Steinbruch -- im Walde -- auf dem Felde -- und gestern auch bei dem Haus, bevor es niederbrannte!«

Das war ja entsetzlich, geradezu entsetzlich!

»Mut--ter! Mut--ter!« stotterte ich. »Glaubst du etwa, daß ---«

»Ja, ich glaube es; ich muß es glauben, und Vater auch«, unterbrach sie mich. »Alle Leute sagen es!«

Sie stieß das hastig hervor. Sie weinte nicht, und sie jammerte nicht; sie war so stark im Tragen innerer Lasten. Sie fuhr in demselben Atem fort:

»Um Gottes willen, laß dich nicht erwischen, vor allen Dingen nicht bei uns im Hause! Geh, geh! Ehe die Leute aufstehen und dich sehen! Ich darf nicht sagen, daß du hier warst; ich darf nicht wissen, wo du bist; ich darf dich nicht länger sehen! Geh also, geh! Wenn es verjährt ist, kommst du wieder!«

Sie huschte wieder in die Kammer hinaus, ohne mich berührt zu haben und ohne auf ein ferneres Wort von mir zu warten. Ich war allein und griff mir mit beiden Händen nach dem Kopfe. Ich fühlte da ganz deutlich die dicke Lehm- und Häckselschicht. Dieser Mensch, der da stand, war doch nicht etwa ich? An den die eigene Mutter nicht mehr glaubte? Wer war der Kerl, der in seiner schmutzigen, verknitterten Kleidung aussah, wie ein Vagabund? Hinaus mit ihm, hinaus! Fort, fort!

Die Textstelle, die ich hier zitiert habe, enthält ja nun in der Tat unser Leitmotiv vom Abschiednehmen in einer Version, wie sie ätzender, vernichtender kaum gedacht werden kann. Gerade ihrer hochdramatischen Darstellung in Mays Konfession wegen hat ja vor einiger Zeit Hans Wollschläger in einer interessanten psychoanalytischen Hypothese den Realitätsgehalt dieser Szene überhaupt bezweifelt(16) und sie als Verfremdung eines frühkindlichen Traumas gedeutet. Das ist höchst verwunderlich, da er doch gerade im gleichen Aufsatz den von May erfahrenen Liebesverlust seitens seiner Mutter nachzuweisen versucht hat und darauf seine ganze Charakterdeutung Mays gründet. Und da frage ich mich nun: gibt es denn ein schlagenderes Beweisstück für Wollschlägers Hypothese als d i e s e Szene? Und wenn, nach der Meinung psychoanalytischer Diagnose, jener Liebesentzug in frühkindlicher Zeit bereits stattgefunden haben mag - was ich für durchaus wahrscheinlich halte -, so kann man doch aber eine solche Tatsache nicht als Argument dafür beibringen, daß deshalb die von May angeführte schrecklich-dramatische Abschiedsszene nicht der erlebten Wirklichkeit entsprochen haben sollte. Im Gegenteil natürlich: genau diese biographische Episode enthüllt uns die Wahrheit über ein Mutter-Kind-Verhältnis, das der Autor sonst auf so rührende Weise zu kaschieren, zu idealisieren versucht hat.

Nun hat sich Wollschläger daran gestoßen, daß der Autobio-


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graph gerade an dieser Stelle seinen Bericht in einen dramatisierten szenischen Dialog umschlagen läßt, was ihm den Verdacht nahelegt, wörtlich so könnte es ohnehin nicht gewesen sein. Richtig, niemand ist in der Lage, eine Begebenheit wie diese über vier Jahrzehnte hinweg so genau im Gedächtnis zu behalten. daß er Wort für Wort, was gesprochen worden ist, mit der Genauigkeit einer Tonbandaufzeichnung zu rekapitulieren vermag. Natürlich nicht, und insofern ist hier poetische Lizenz im Spiele. Aber das hebt den Realitätskern der Szene nicht auf, jenes Hinausgestoßenwerden, dieses » Nicht bei uns im Hause «, dieses » Fort, fort, fort! « - das sind allerdings die Gesprächsfetzen, Worte wie Dolche, die auch nach vier Jahrzehnten ihre bleibenden Spuren, ihre Narben im Menschen deutlich genug aufweisen. Das bleibt stechend und brennend im Gedächtnis, über alle Zeiten hinweg.

Nein, am realen Kern der Begebenheit zweifle ich nicht im geringsten, auch wenn ein Brandfall zu einem bestimmten Datum nicht mehr aktenkundig ist und der genaue Weg durch die Stadt zur Wohnung anders verläuft, als der Autobiograph es angegeben hat. Allzu w a h r, wahr im Sinne der Existenzverlorenheit und Verzweiflung, denen dieser arme junge Mensch ausgeliefert war in der Zeit seines Infernos, ist alles das, was unser Abschiedsmotiv an dieser Stelle auch sonst offenbart. Da haben wir doch - und wir fassen es hier zum ersten Male - die Vernichtung, die Auslöschung, den Verlust seiner Identität, was - wie man weiß - ein so entscheidend wichtiges Ferment beim Ausgärungs- und Produktionsprozeß seiner späteren Schriftstellerei geworden ist. Verlust der Identität -, kann man das präziser, eindeutiger ausdrücken als mit den Worten, die uns hier so grell ins Auge fallen: Dieser Mensch, der da stand, war doch nicht etwa ich? und Wer war der Kerl, der in seiner schmutzigen, verknitterten Kleidung aussah wie ein Vagabund? Ja, wer war er? Wir bemerken, was es heißt, verabschiedet zu werden nach Art dieser Szene. Es heißt: abgelehnt und verneint zu werden als der Mensch, der man nun einmal ist. Daß aber, wer von anderen verloren gegeben ist, am Ende auch sich selbst verliert -, hier ist es uns, wie ich meine, auf exemplarische Weise deutlich gemacht. Und was, so müssen wir wohl fragen, kann und wird ein Mensch, dem solches zustieß, aus seinem weiteren Leben noch machen? Wird er nicht verzweifelt


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und rastlos umgetrieben werden, das verlorene »Ich« auf die eine oder die andere Art wiederzufinden oder ganz neu zu gewinnen? Da geht er nun hinaus ins Ungewisse und Horizontlose, der Mann ohne Identität, ein anderer Peter Schlemihl, der seinen Schatten verloren hat und auf den die Leute mit Fingern zeigen werden bis an das Ende seiner Tage.

Es gibt noch ein schriftliches Abschiedsdokument, wenige Zeit später abgefaßt, jenen Brief an seine Eltern vom 20. April 1869, in welchem er mitteilte, daß er im Begriff sei, mit zwei Amerikanern als Hauslehrer in die Neue Welt auszuwandern. Ihr werdet wohl mit meinem Schritte einverstanden sein, so liest man da, der mir richtige Aussicht auf etwas mehr Glück bietet, als ich bisher gehabt habe. Überdies kann es gar nichts schaden, wenn ich auf einige Zeit Sachsen verlasse, in welchem meine Vergangenheit mir immerhin einigermaßen bedrohlich werden kann. ( ) Ich reise ab, man wird meine Vergangenheit vergessen und verzeihen, und als ein  n e u e r  M e n s c h  mit einer besseren Zukunft komme ich wieder. (17)

Es wurde ja nichts mit dieser Reise nach Amerika, sogar zu diesem Abschied fehlte ihm schon die rechte Identität, nämlich der Reisepaß, der ihn dazu ermächtigt hätte. Aber jener neue Mensch dort drüben in Amerika, der er nicht wirklich hatte werden können, als Chimäre, als Traum- und Wunschbild wird er in ihm lebendig bleiben und Gestalt annehmen in jenem anderen Ich, wie es dann im ersten Bande des »Winnetou« als Old Shatterhand literarische Realität gewonnen hat. Und noch im Abschiedsdokument bei seiner Entlassung aus dem Zuchthaus mehr als vier Jahre später steht es aktenkundig vermerkt: »Will nach Amerika auswandern«.(18)

Wie aber mögen sie gewesen sein, die vielen, vielen Abschiede, die der flüchtige, polizeilich gesuchte Mensch in jener Zeit seiner kriminellen Odyssee hat nehmen müssen? Man kann es sich denken, dieses Abschiednehmen mit all seinen möglichen Variationen: vom heimlichen Davonschleichen bis zur überstürzten, panischen Flucht.

Doch dann kam ein Tag, der ihm einen Abschied besonderer Art bescherte. Das war der 2. Mai des Jahres 1874, der Tag, an dem sich das Tor des Zuchthauses Waldheim öffnete, um den Ex-Züchtling Karl May in die Freiheit zu entlassen. War der,


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der da hinaustrat in den stürmischen Frühlingstag, bereits der neue Mensch, der er hatte werden wollen? War es, als er nun Abschied nahm, zugleich der Abschluß einer ganzen verfinsterten Epoche seines Lebens?

Ein Zufall hat uns die Abschiedsszene, wie sie sich am geöffneten Zuchthaustor abspielte, etwas genauer überliefert.(19) Es war der Aufseher Karl Wilhelm Müller, der an jenem Tage das Amt des Schließers versah und der, weil er auch aus Hohenstein-Ernstthal stammte und Karl May schon aus seiner Kindheit kannte, die kleine Episode im Gedächtnis behalten und darüber berichtet hat. Nach Aktenauszügen von Erich Wulffen verlief dieser Abschied wie folgt:

»Um dem Landsmann nicht weh zu tun, machte Müller keine Andeutung, daß sie beide aus Ernstthal stammten, glaubte aber, May habe ihn erkannt. Wohlwollende Schließer pflegen aus solchem Anlaß möglichst freundlich zum Entlassenen zu sein. Deshalb suchte er dem Jugendgefährten durch kleinere Scherze die Rückkehr ins bürgerliche Leben zu erleichtern, indem er gutmütig sagte: »Na, ich bin neugierig, wann wir dich hier wiedersehen!« Da wurde May ganz ernst legte dem Aufseher die Hand auf die Schulter, sah ihm tief ins Auge und antwortete langsam, jedes Wort betonend: Herr Schließer, mich sehen Sie hier niemals wieder! «

Ein Anti-Abschied, wir bemerken das wohl, war auch dieser. Verspricht man sich doch unter Menschen seit jeher ein »Auf Wiedersehen«, wenn man meint, daß es g u t gehen wird mit dem weiteren Leben! Aber hier dieses »Auf Nimmerwiedersehen« als Ausdruck und Symbol einer Hoffnung, einer positiven Erwartung für die Zukunft: an solcher Umkehrung demonstriert sich so deutlich wie kaum an einem anderen Detail seiner Biographie, wie sehr alles verkehrt gelaufen war in seinem Dasein, diese ganze Pervertierung eines Menschenlebens in ein Inferno, das aufzuheben, zu überwinden von diesem Punkte an, diesem Anti-Abschied von Waldheim, die geballte Energie des verlorenen Sohnes nun aufgeboten werden wird.


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Aufhebung eines Infernos, Selbstbefreiung aus dem Bannfluch eines fehlgelaufenen Schicksals -: es ist das schlechthin Exemplarische, Modellhafte des Falles Karl May, daß sich an seiner Persönlichkeit und an seinem Werk, als seien sie durchsichtig, ablesen läßt, welche vitale Funktion, welche befreiende, reinigende, rettende Kraft dem literarischen Schaffen, sagen wir ruhig: der D i c h t u n g innewohnt. Er war, dieser Karl May, zweiunddreißig Jahre alt, als er von Waldheim jenen Abschied nahm, und das war, wie man weiß, schon fast auf der Mitte seines Erdendaseins. Der Abschied von Waldheim teilt sein Leben in zwei Hälften, einer Symmetrieachse gleich, über die hinweg alles, was davor sein Schicksal gewesen war, sich in die andere Hälfte überträgt, aber nun, um bei diesem anschaulichen Bild zu bleiben, gewissermaßen seitenverkehrt. Ein verfehltes Leben lag hinter ihm, und was er nun begann, was er als Schriftsteller, als Erzähler begann, war - alles in allem genommen - nichts anderes als die große Aufhebung und Umkehrung des gelebten Lebens in die Traumwelt einer fiktiven Biographie. Drei Jahrzehnte lang wird jetzt das Traum-Ich durch die Welt ziehen, kraft der Magie epischer Beschwörungen, und unzählige Male wird in diesem anderen Leben wieder Abschied sein; aber Abschiede sind es dann, aus denen ein ausgedörrtes Herz bis zum Überfluß immer wieder Liebe schlürfen wird.

Als wir zurückkehrten, waren bereits Alle vor dem Eingange des Hauses versammelt. Bei ihnen stand ein Mann, in dem ich schon von Weitem den Vater meiner Patientin erkannte.

»Herr, ich höre, daß Du abreisest«, begann er, mir einige Schritte entgegentretend. »Darum bin ich gekommen, um Abschied von Dir zu nehmen. Meine Tochter wird bald ganz gesund sein. Sie, mein Weib und ich, wir werden zu Allah beten, daß er Dich beschütze. Und damit Du auch an uns denken mögest, habe ich ein kleines Jadikar (Andenken) mitgebracht, welches anzunehmen ich Dich innigst bitte!«

»Wenn es ein Ufak-Defek (Kleinigkeit) ist, werde ich es nehmen, sonst aber nicht.«

»Es ist so klein und arm, daß ich mich scheue, es Dir selbst zu geben. Erlaube, daß ich es Deinem Diener einhändige!« ( )

Jetzt kam das Schlimmste: der Abschied von Selim Agha und besonders von der »Myrte«. Der Agha ging von Pferd zu Pferd und nestelte an Riemen und Schnallen herum, welche ganz in Ordnung waren. Dabei rollte er die Augen so fürchterlich, wie ich es selbst bei ihm noch niemals gesehen hatte. Die Spitzen seines Schnurrbartes


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gingen auf und nieder wie Wagebalken, und hier und da fuhr er sich mit der Hand nach dem Halse, als ob es ihn dort würge. Endlich reichte er Halef die Hand zum Abschied. Er fing von unten an.

»Lebe wohl, Hadschi Halef Omar! Allah sei bei Dir immerdar!«

Er hörte gar nicht auf das, was ihm der kleine Hadschi antwortete, sondern sprang zu dem Pferde Mohammed's, um eine Fliege todt zu schlagen, welche am Halse des Rosses saß. Dann fuhr er mit einem energischen Rucke herum und hielt dem Haddedihn die Hand entgegen.

»Allah sei mit Dir und allen den Deinen! Kehre wieder bei uns ein, wenn Dich Dein Weg nach Amadijah führt!«

Da bemerkte er plötzlich, daß der Sattelgurt des Engländers um den zwanzigsten Theil eines Zolles zu weit nach hinten lag. Er eilte dort hin, kroch unter das Pferd und schob und zerrte, als habe er eine schwere Last zu bewältigen. Endlich war er fertig und streckte nun dem Reiter die Rechte hin:

»Sihdi, Dein Weg sei ---«

»Well!« unterbrach ihn der Master. »Hier!«

Ein Trinkgeld fiel in die Hand des Agha, und es war, wie ich Lindsay kannte, gewiß sehr reichlich. Diese Güte machte den gerührten Anführer der Arnauten noch verwirrter. Er begann also von Neuem:

»Sihdi, Dein Weg sei wie der Weg ---«

»Well« nickte Lindsay, und eine zweite Auflage des Bakschisch gelangte zur Ausgabe. Der Geber hielt die zum Abschiede hingestreckte Hand für eine Forderung.

»Sihdi«, begann der Agha mit erhöhter Stimme, »Dein Weg sei wie der Weg der Gerechten, und ---«

»Well!« ertönte es zum dritten Male.

Aber der Agha zog nun seine Hand plötzlich zurück und nahm die Gelegenheit, daß ich eben zu Pferde steigen wollte, wahr, um mir den Steigbügel zu halten. Jetzt zog es über sein Gesicht, wie Sonnenblick und Wolkenschatten über ein wogendes Feld, dann öffnete er den Mund, aber da stürzte ihm plötzlich die so lange zurückgehaltene Fluth aus den Augen. Das Wort, welches er sagen wollte, wurde zu einem unverständlichen Laute. Er reichte mir die Hand; ich nahm und drückte sie, selbst tief gerührt, und dann zog er sich sehr eilig in den Flur zurück.

Das hatte Mersinah abgewartet. Sie trat hervor, wie die Sonne aus der Morgenröthe. Sie wollte eben bei Halef beginnen, da drängte ich mein Pferd heran und sagte:

»Halef, reite mit den Andern einstweilen in das Thal hinab. Ich muß noch einmal zum Mutesselim und werde schnell nachkommen.« Dann wandte ich mich zu Mersinah: »Hier, nimm meine Hand! Ich danke Dir für Alles. Lebe wohl, stirb nie und denke an mich, so oft Du die liebliche Speise Deiner Gefangenen kochst!«

»Lebe wohl, Emir! Du bist der großmüthigste - -«

Mehr hörte ich nicht. Ich ritt schnell, gefolgt von meinem Hunde, nach dem Palaste des Commandanten, ließ das Pferd vor dem Thore stehen und trat ein. Der Hund folgte mir, ich wollte das so. Im Vorzimmer waren einige Personen, die ich bereits dort gesehen hatte. Sie fuhren erschrocken empor, als sie den Hund erblickten. Das hatte noch Niemand gewagt.

»Wo ist der Mutesselim?« frug ich.

»Im Selamlük«, antwortete Einer.

»Ist er allein?«

»Der Aufseher des Palastes ist bei ihm.«

Ich ließ mich gar nicht anmelden, sondern trat ein. Der Hund war an meiner Seite. Der Aufseher des Palastes machte eine Geberde des Entsetzens, und der Mutesselim erhob sich augenblicklich.


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»Effendi, was thust Du?« rief er.

»Ich komme, um Abschied von Dir zu nehmen.«

»Mit einem Hunde!«

»Er ist besser als mancher Mensch. Du sagtest mir, daß ich nicht wiederkommen solle, und ich komme mit dem Hunde. Das ist die Antwort eines Emir aus Germanistan. Sallam! «(20)

Ah, d a s - nicht wahr? - ist ein A b s c h i e d! Man muß sich den Text, wenn ich so sagen darf, auf der Zunge zergehen lassen. Was für eine Herrlichkeit hat er sich hier zubereitet; welche Wonne muß er empfunden haben, als er sich dieses hinschrieb -, er, der in den drei ersten Jahrzehnten seines Daseins Abschiednehmen so ganz anders erfahren hatte: als der Verleugnete und Verfemte, der cum infamia Fortgejagte, der von Verwünschungen und Steckbriefen Verfolgte und aus Strafanstalten Freigelassene. Hier aber ballen sich nun die Wunschträume zusammen. Da ist der »Arzt«, der erfolgreiche, dem man beim Abschied mit Geschenken dankt für die Wiederherstellung seiner »Patientin«. Da ist, hoch zu Roß mit seinem Gefolge, in wahrhaft kaiserlicher Pose, der überlegene Mann und »Diplomat«, der soeben ein hochdramatisches Wagnis zur Befreiung eines politischen Gefangenen und Entlarvung korrupter Tyrannen glücklich abgeschlossen hat.(21) Vor allem aber ist es das, wonach sein Herz zeit seines Lebens doch am heftigsten gesucht und gegiert hat, ist es Freundschaft, Sympathie, ist es Liebe, was dieser Abschied über das Traum-lch ausgießt. Und da wächst ihm denn jener Selim Agha, eher eine seiner skurrilen Clowns-Figuren zu Beginn dieser Amadijah-Episode, plötzlich zur Kernfigur der Abschiedszeremonie empor. Mit virtuoser Erzählkunst hat er die Szene ausgestaltet, wie dieser Selim Agha sich schamhaft auf Umwegen hineinlistet ins Wesentliche, sich losreißen zu müssen von ihm, dem über alles Geliebten und Verehrten, wobei dann alle Worte versagen, und die »lange zurückgehaltene Flut« ihm »aus den Augen stürzt«, ehe er sich »sehr eilig« zurückzieht.

Jawohl, so muß es sein, das ist einem das Leben schuldig geblieben, und das holt man nun nach und schlürft es in vollen Zügen, in jenem wilden Kurdistan der Phantasie, durch das die Reise ins Innere führt.

Und das ist nur die eine Art der Überkompensationen, an denen er sich auf diese Weise ergötzt. Die andere, wie sie im letzten Teil des hier zitierten Textes sichtbar wird, ist das, was man als


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die Rache des Deklassierten bezeichnen kann. Etwas wesentlich Härteres, Bedenklicheres kommt hier zum Vorschein, ein Aggressionsschub, wie er aus aufgestauten Ressentiments seiner Vergangenheit hervorbricht: Was der demütig-zerknirschte Seminarist oder Schullehrer erleiden mußte, verabschiedet zu werden unter Entehrung, mit Schimpf und Schande, das dreht er nun um in sein Gegenteil. Mit H u n d e n sollte man sie jagen, diese arroganten Ehrenmänner. Mit einem Hunde sucht er ihn heim, den Kommandanten von Amadijah - und es könnte und sollte wohl eigentlich der Seminardirektor von Waldenburg sein -, mit einem Hunde, zum Zeichen tiefster Verachtung, er, der stolze »Emir aus Germanistan«.

Emir aus Germanistan? Weiß man, was ein »Emir« ist in islamischen Landen? Ein regierender Fürst, wie noch heute in den »Emiraten« Arabiens. Ein »Fürst aus Deutschland« also ist es, der sich hier verabschiedet, und unversehens, so bemerken wir, ist denn da unserem Kara Ben Nemsi noch schnell ein Stückchen Hochstapelei entwischt, neben dem - wenn man es ernsthaft nähme - die im Sächsischen einst verübten Spitzbübereien geradezu verblassen. Man sieht: nicht nur der Autor, auch sein Traum-Ich ist anfällig für Delikte dieser Art, er kann und kann es nicht lassen!

Wie sehr solche dunkleren Züge in der Natur dieses Autors auch gerade bei dem Motiv des Abschieds zum Vorschein kommen, vermutlich weil es sich überhaupt um Episoden handelt, in denen sich Emotionen entladen, Gefühle und Triebspannungen artikulieren, dafür stehe hier noch ein Beispiel aus den »Schluchten des Balkan«(22):

Ich übergehe den Abschied, welcher noch einige wunderliche Scenen bot. Der Färber drückte mir die Rechte, und seine Tochter reichte mir die Linke. Die gute Tschileka weinte sogar einige Thränen schmerzlicher Rührung. Als ich schon zu Pferde saß, kam auch der Gehilfe herbei und streckte mir die Hand entgegen. Sollte ich sie ihm zum Abschiede drücken, oder wollte er ein Bakschisch? Meine Peitsche pflegte fester am Sattel zu hängen, als diejenige des tapferen Hadschi Halef Omar; jetzt aber hatte ich sie blitzschnell in der Hand und zog dem Halunken ein paar solche Hiebe über den Rücken, daß er sich mit einem raschen Sprung hinter seine dicke Herrin retirirte.

»O jazik! Bu biberlemer - O wehe! Das pfeffert!« rief er aus, mit der Hand nach der Kehrseite greifend .

»Tuz daha, arzussundscha - wünschest Du auch Salz?« fragte ich.

Sofort war der Hadschi hinter ihm, nahm die Peitsche vom Gürtel und fragte:

»Soll ich salzen? Er hat es verdient!«

»Boghul-dim - ich bin verduftet« rief der Bedrohte und verschwand eiligst hinter der Ecke des Hauses.

Nun brachen wir auf.


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Da haben wir es, das berüchtigte Peitschen-Thema, das unter anderen auch Arno Schmidt sich nicht hat entgehen lassen und das man, als ein Symptom von Sadismus, schon öfter gegen Karl May angeführt hat. Es ist nicht zu leugnen, hier bezeugt sich eine solche sadistische Komponente im Charakter dieses Autors deutlich genug. Natürlich weiß der Leser, daß der hier Betroffene im Lauf der Erzählung seine Tracht Prügel, wie Halef aussagt, reichlich »verdient« hat, doch es bleibt gleichwohl dabei, daß in einem solchen Motiv Aggressionen und Destruktionen freigesetzt werden, die aus dem Abgründigen in Karl May, aus dem Gefährlichen und Gefährdeten seines Wesens stammen. Aber es ist auch ganz unsinnig, das soll einmal sehr eindeutig hier ausgesprochen werden, daraus ein Argument gegen diesen Autor herzuleiten, als sei er um solcher enthüllten Eigenheiten willen ein besonderer Bösewicht unter den Dichtern. Man braucht nur an die das Unheimliche streifenden Phänomene dieser Art bei Kleist oder Hebbel zu denken, um zu begreifen, daß es sich bei Karl May um nichts als Manifestationen jenes Destruktionstriebes handelt, von dem Sigmund Freud uns versichert hat, er sei die völlig normale und unumgänglich am Dasein mitwirkende Grundkraft aller Lebewesen auf dieser Welt. Nichts weiter.

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Im ferneren Zusammenhang unserer speziellen Untersuchung wird nun der Umstand interessant, daß sich an der variierenden Darstellung des Abschiedsmotivs im Werk des Erzählers die innere Wandlung bemerkbar macht, die mit dem Autor im Laufe seines Älter- und Reiferwerdens vor sich gegangen ist: die Wendung von vordergründig spannender Abenteuerlichkeit zu einer symbolisch in überhöhte Sinnzusammenhänge ideeller Weltdeutung hinausgreifenden Surrealistik. Das Abschiedsmotiv schwängert sich mit Pathos und Mythos. Auffallend ist in dieser Beziehung (doch nicht überraschend für den May-Kenner), daß sich hierbei zuerst der Name Marah Durimeh als der einer Zentralfigur in der Phantasiewelt des Autors anmeldet. Im Kurdistan-Roman erscheint das Motiv eines Abschieds von Marah Durimeh gleich zweimal. Das


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erste Mal beim Fortgang aus Amadijah, wobei zwar schon Geheimnisvolles ins Spiel kommt, das Ganze aber eher noch als beiläufig dargestellt wird:

»Ja, sie wird leben«, sagte die Alte. »Du bist das Werkzeug Gottes und der heiligen Jungfrau gewesen, mir ein Leben zu erhalten, welches mir theurer ist, als Alles auf Erden. Reichthümer darf ich Dir nicht bieten, denn Du bist ein großer Emir, der da Alles hat, was er braucht; aber sage mir, wie ich Dir danken soll, Effendi!«

»Danke Gott anstatt mir, dann kommt Dein Dank an die rechte Stelle; denn er ist es gewesen, der Dein Enkelkind gerettet hat!«

»Ich werde es thun und auch für Dich beten, Herr, und das Gebet eines Weibes, welches bereits nicht mehr der Erde angehört, wird Gott erhören. ( ) Vielleicht sehen wir einander niemals wieder; darum nimm den Segen einer alten Frau, die Dir nichts weiter geben darf, aber auch nichts Besseres geben kann! Aber ein Geheimniß will ich Dir verrathen, denn es kann Dir vielleicht von Nutzen sein. Über den Osten von hier brechen böse Tage herein, und es ist möglich, daß Du einen dieser Tage erlebst. Kommst du in Noth und Gefahr an einer Stelle, welche zwischen Aschiehtah und Gunduktha ( ) liegt, und es kann Dir niemand helfen, so sage dem Ersten, der Dir begegnet, daß Dich der Ruh 'i kulyan (Geist der Höhle) beschützen wird. ( ) Der Ruh 'i kulyan ist ein Wesen, das Niemand kennt. Es ist bald hier, bald dort, überall wo ein Bittender ist, der es verdient, daß seine Bitte erfüllt werde.« (23)

Eine geheimnisvolle Mitteilung sei dies gewesen, so sagt unser Ich-Erzähler mit Recht, und er habe sie für so abenteuerlich gehalten, daß er zunächst nicht den mindesten Wert auf sie gelegt habe. Indessen: die Wendung ins Geheimnisvolle, die sich hier bezeugt, sie ist - wie man weiß - durchaus mehr als nur ein beiläufiges Motiv im Geschlinge der Abenteuer. Sie ist der epische Keim, aus dem sich dem Erzähler eine seiner zentralen Visionen, ein ganzer Mythos entfalten wird. Marah Durimeh - der Name fällt hier an dieser Stelle, beim Abschiednehmen, zum ersten Male, um am Ende, in »Ardistan und Dschinnistan«, ins Symbolistisch-Magische spiritualisiert zu werden. Freilich erweist sich der Geist der Höhle noch vorerst nicht als Himmelswesen aus Sitara, sondern als eine ganz reale Camouflage der alten Frau, ein bißchen Mummenschanz zu höheren Zwecken. Doch geht es dabei schon alsbald um Vollstreckung göttlicher Gebote, um Verwirklichung des Friedens auf dieser Welt, wie denn auch sehr auffällig an dieser Stelle Kara Ben Nemsi von Marah Durimeh zum »Werkzeug Gottes und der heiligen Jungfrau« ernannt wird.

Und ein zweites Mal nimmt er Abschied von ihr, und nunmehr, nachdem viele schreckliche Wirrnisse überstanden sind und ein klei-


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nes Stück der Welt wieder einmal für Frieden, Humanität und Toleranz gewonnen ist, hören wir jene in höchstem Pathos stilisierte Rede, mit der Kara Ben Nemsi sein heroisches Programm verkündet(24):

»Gott theilt die Gaben nach seiner Weisheit aus. Dem Einen gibt er die erobernde Rede, und dem Andern befiehlt er, zu wirken, bevor die Zeit kommt, da er nicht mehr wirken kann. Mir ist die Gabe der Rede versagt, aber ich muß wuchern mit dem Pfunde, welches Gott mir verliehen hat. Darum läßt es mich in der Heimat nimmer ruhen; ich muß immer wieder hinaus, um zu lehren und zu predigen, nicht durch das Wort, sondern dadurch, daß ich jedem Bruder, bei dem ich einkehre, nützlich bin. Ich war in Ländern und bei Völkern, deren Namen Du nicht kennst; ich bin eingekehrt bei weiß, gelb, braun und schwarz gefärbten Menschen; ich war der Gast von Christen, Juden, Moslemin und Heiden; bei ihnen Allen habe ich Liebe und Barmherzigkeit gesäet. Ich ging wieder fort und war reich belohnt, wenn es hinter mir erklang: "Dieser Fremdling kannte keine Furcht; er konnte und wußte mehr als wir und war doch unser Bruder; er ehrte unsern Gott und liebte uns; wir werden ihn nie vergessen, denn er war ein guter Mensch, ein wackerer Gefährte; er war - - ein Christ!" Auf diese Weise verkündige ich meinen Glauben. Und sollte ich auch nur einen einzigen Menschen finden, der diesen Glauben achten und vielleicht gar dann lieben lernt, so ist mein Tagewerk nicht umsonst gethan, und ich will irgendwo auf dieser Erde mich von meiner Wanderung gern zur Ruhe legen.«

Es entstand eine lange, lange Pause. Wir Beide blickten wortlos zur Erde nieder; dann ergriff sie langsam mit beiden Händen meine Rechte.

»Herr«, sagte sie, »ich liebe Dich!«

Dabei sahen mich die alten Augen so mütterlich innig an, daß ich's nie vergessen werde!

»Mein Sohn«, sagte sie, »wenn Du dieses Thal verlassen hast, so wird mein Auge Dich nie wiedersehen, aber Marah Durimeh wird für Dich beten und Dich segnen, bis dieses Auge geschlossen ist . . .«

Sie bemerken, meine Damen und Herren: diese Abschiedsszene enthält, mit einer ganz feierlichen Betonung, eine sehr umfassende programmatische Erklärung jenes erträumten Ichs, das geschaffen ist, um das wirkliche dieses Autors ins Exemplarische aufzuheben. Und was für ein Programm? Nicht zum ersten Male ist hier darauf hinzuweisen, daß es vollkommen identisch ist mit den Maximen, wie sie Lessings Nathan der Weise in seinem Gleichnis von den drei Ringen ausgesprochen hat: » . . . lehren und predigen, nicht durch das Wort, sondern dadurch, daß ich jedem Bruder, bei dem ich einkehre, n ü t z l i c h bin« , dahinter steckt eben nichts anderes als das alte Lessingsche Gebot:

Es eifre jeder seiner unbestochnen
Von Vorurteilen freien Liebe nach!
Es strebe von euch jeder um die Wette,


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Die Kraft des Steins in seinem Ring an Tag
Zu legen! Komme dieser Kraft mit Sanftmut,
Mit herzlicher Verträglichkeit, mit W o h l t u n,
Mit innigster Ergebenheit in Gott
Zu Hilf!

Und immer ist es für Kara Ben Nemsi das Abschiednehmen, nämlich das, was hinter ihm erklingt, woran er Erfolg oder Mißerfolg seiner Mission bewerten will: Er war ein guter Mensch, ein wackerer Gefährte, er war ein Christ - solche Nachrede ersehnte er sich, nach solchen Beteuerungen der Sympathie lechzte er -, lechzte nicht nur Kara Ben Nemsi, sondern heftiger noch sein Urheber selbst, der originale Karl May in seiner irdischen Misere. Erinnert man sich nicht sogleich an jenen schlimmen Abschied, den ihm einst seine Mutter bereitet hatte, von der es hieß, daß sie wegeilte, ohne mich berührt zu haben und ohne auf ein ferneres Wort von mir zu warten, wenn man jetzt, an dieser Stelle, davon liest, daß Marah Durimeh ihn mit alten Augen so m ü t t e r l i c h innig anblickt, ihn ihren S o h n nennt, mit beiden Händen seine Rechte ergreift und ihm das gleichsam erlösende Zauberwort sagt: »Ich liebe dich«.

Wir blicken, meine Damen und Herren, an einer Stelle des Textes wie dieser tief hinein in die Gründe einer menschlichen Seele und zugleich in die schöpferischen Mechanismen dessen, was wir dichterische Phantasie nennen. Der Mann, der aus dem Inferno kam, jetzt schafft er sich seine eigene Welt, seine Gegenwelt. Und man versteht es wohl auch, daß, je finsterer, kümmerlicher, gedrückter es zugegangen war in den ardistanischen Niederungen seines Schicksals, es nunmehr umso unaufhaltsamer ins Licht, in die Höhe, ins Erhabene hinaufstrebt mit diesem seinem Traum-Ich. Ein Bekenntnis wie dieses schon zeigt es, daß Karl May die Ich-Gestalt bereits im Rahmen seiner Abenteuerreihen als mehr aufgefaßt wissen wollte, denn nur als Helden und Haudegen, vielmehr schon hier im Pathos einer Art Weltmission so etwas wie jene mythische »Menschheitsfrage« erscheint, als die er sie später, ins Symbolische verfremdet, aufgefaßt wissen wollte.

Man könnte nun, wie Sie nicht zweifeln werden, unsere Reihe der Beispiele weiter vermehren, denn - wie gesagt - der Abschiede gibt es viele bei so ausschweifenden Reisegeschichten, doch bei aller Variabilität des Motivs bestätigt sich nur immer aufs neue, was uns


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schon die hier exemplarisch herausgegriffenen Episoden als Befund geliefert haben. Nur auf eine besondere Art des Abschiednehmens will ich hier, zum Abschluß unserer Betrachtungen, noch näher gehen.

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Abschied, dieses - wie wir erklärt haben - dem M e n s c h e n so spezifisch eigene Ritual, hat nun in all seinen Variationen immer auch etwas mit dem T o d e zu tun. Genauer gesagt: mit dem menschlichen W i s s e n um den Tod und seine bedrohlichen Möglichkeiten. Das »media vita in morte sumus« ist immer im Spiele, sooft wir einander abschiednehmend ein »Auf Wiedersehen« wünschen. Wir wünschen damit, uns und den anderen, daß zwischen jetzt und jenem erhofften Wiedersehen nicht eintreten möge, was uns, die Sterblichen, hinwegrafft, wie es ja doch irgendwann einmal unser unausweichliches Schicksal sein wird. Ein Atavismus aus urtümlicher A n g s t ist es, was eigentlich immer mitschwingt, mitzittert, wenn vertraute Menschen voneinander Abschied nehmen, Abschied zelebrieren. Und in vorgeschichtlichen Zeitläufen wird das, was heute als Sprachfloskel uns leicht vom Munde geht, magische Formel eines Segenzaubers gewesen sein, der den Tod zu bannen suchte. Angst - aber auch Hoffnung, Zuversicht, Lebensglaube liegen im Abschiedsspruch, wie er uns alltäglich geläufig ist.

Wie aber, wenn es den Abschied auf Nimmerwiedersehen zu nehmen gilt? Den letzten, äußersten, den Abschied vom Leben überhaupt?

Rilke schrieb es einst an seinen Freund Heinrich Vogeler, als er sich ohne Abschied von ihm getrennt hatte: »Ich fürchtete diesen Abschied... Man nimmt nicht gern Abschied, wenn man nicht weiß, wohin man geht... das ist ja der Grund, weshalb S t e r b e n d e so schwer Abschied nehmen.«(25)

Sterbende nehmen so schwer Abschied. In der Erzählwelt Karl Mays gibt es der Sterbeszenen viele, und manche von ihnen sind Abschiedsrituale, die ins Sakrale tendieren. Die Kenner dieser Erzählwelt werden da vor allem an Winnetous Hinscheiden denken,


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und wie der Autor das ganze Register dessen, was an funebrem Pomp im Wilden Westen nur immer als möglich denkbar ist, zusammengebracht hat, um auch diesem schwersten aller Abschiede Erhabenes und Erhebendes abzugewinnen, fromme Gesänge eingeschlossen.

Böse Zungen haben da von »Kitsch« gesprochen im Zusammenhang mit dieser Episode, die so manches Knabenherz erschüttert hat. Nun ja, das Ave Maria hat es in sich, was dies betrifft:

Es will das Licht des Tages scheiden;
Nun bricht des Todes Nacht herein.
Die Seele will die Schwingen breiten,
Es muß, es muß gestorben sein.

Das ist vielleicht zuviel des Opernhaften, des Wagnerhaft-Weihevollen für manchen Leser, und doch erfreut sich dieser Text einer nun schon fast hundert Jahre dauernden Berühmtheit als ein sozusagen »klassisches« Stück Volks- und Jugendliteratur. Und so ist auch des sterbenden Winnetou eigentliches Abschiedswort aufgenommen worden, dieses »Schar-lih, ich glaube an den Heiland. Winnetou ist ein Christ. Lebe wohl.« (26)

Bei allem funebrem Pomp allerdings, mit dem der Autor den Abschied vom sterbenden Winnetou stilisiert hat -: ich meine, dieses ist nicht die eindrucksvollste Szene solcher Art in seinem Erzählwerk. Das Äußerste, was das Abschiedsmotiv wohl fassen konnte von jenem gleichsam im leeren Raum schwebenden Liebesverlangen, das findet sich gar nicht beim Sterben einer der Menschenfiguren seiner kompensativen Phantasie, sondern gilt einem Tier: es ist der Abschied vom sterbenden Rih. Erinnert man sich? Im Anhang zum »Schut« ist es der tragische Höhepunkt, auf den hin die ganze Episode strukturiert ist. Da hat ein Schuß das edle Tier niedergestreckt, und für tot bereits wird es von seinem Herrn in fassungslosem Schmerz betrauert.

Ich ging seitwärts, setzte mich nieder und legte das Gesicht in beide Hände. Halefs Knabe weinte laut; sein Vater setzte sich zu mir und legte den Arm um mich; Omar entfernte sich einige Schritte, um die Strecke, welche wir durch schritten hatten, übersehen zu können...

Eben wollte ich von meinem Platz aufstehen und sagen, daß wir zu Rih zurückkehren müßten, dessen Leiche ich den Kurden auf keinen Fall überlassen wollte, da schrie Omar laut auf:


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»Maschallah, schuf, schuf, Effendi, bjidschi, bjidschi - Wunder Gottes, sieh, sieh, Effendi, er kommt, er kommt!«

»Wer, wer?« fragte ich.

»Dein Rih!«

Rih? War er nicht tot? War die Wunde nicht lebensgefährlich? Hatte ich mich getäuscht? Mit zwei, drei Sprüngen stand ich bei Omar, wo ich nach rückwärts blicken konnte. Ja, er kam, der Rappe, in langsamem Trabe, wankend und strauchelnd; die Liebe zu mir hatte ihn noch einmal auf- und mir nachgetrieben. Es war ein Anblick zum Herzbrechen. Wir sprangen ihm entgegen; aus seiner Brust floß ein fingerstarker Blutstrahl. Ich war der erste bei ihm und schlang ihm beide Arme um den Hals. Er schnaubte mich freudig an und leckte mir die Wange und den Hals; dann brach er langsam erst hinten und dann vorn zusammen. Nach einer vergeblichen Anstrengung, sich wieder aufzuraffen, hob er den schönen, kleinen Kopf, sah mit brechenden Augen zu mir auf und wieherte leise, leise und ersterbend, wie ich noch nie ein Pferd habe wiehern hören. Ich warf mich neben ihn nieder und bettete seinen Kopf an meine Brust, während Halef das rinnende Blut zu stillen suchte. Wir alle weinten, weinten so, als ob ein lieber, lieber Mensch im Sterben liege. Des Rappen Maul lag in meiner Hand; er leckte sie fort und fort, immer leiser und langsamer, bis er die Zunge nicht mehr bewegen konnte; dann noch ein letztes, sich verhauchendes Schnauben, ein krampfhaftes Zucken --- Rih war tot! (27)

Ich will mich der genaueren Interpretation dieser Textstelle enthalten, aber spürbar ist es für jeden Lesenden, welch ein außerordentliches Maß an emotionaler Anteilnahme, an selbstsuggestiver Identifikation der Erzähler in diese Episode eingebracht hat, ein unübertreffliches Beweisstück dafür, wie restlos er imstande war, zu erleben, ja, zu s e i n, was er sich imaginierte. Und auch des Hintergründig-Unheimlichen seines Wesens wird man gewahr werden daran, wie hier Eros Thanatos waltet, wie Tod und Liebe verwirrend ineinander spielen.

Zwei Jahrzehnte, nachdem der Schriftsteller Karl May jenen Abschied von seinem Phantasie-Geschöpf Rih gestaltet hatte, kam für ihn selber in seiner Villa zu Radebeul die Stunde des letzten Abschiednehmens. Die Seele »breitete die Schwingen« und »es mußte gestorben sein«. Als sein letztes Wort ist uns ein sehr merkwürdiges überliefert. Es lautete: »Sieg! Großer Sieg!«

Wie soll man es verstehen, wie es deuten?

Liegt da ein verwirrter Greis im letzten Paroxysmus des Fiebers und phantasiert noch einmal Visionen von exotischen Abenteuern zusammen? Ist er, als der Unverbesserliche, wieder einmal entrückt in den wilden Westen oder sein wildes Kurdistan? Balgt er sich mit den Aladschy? Den feindlichen Komantschen ? Läßt er den Bärentöter »sprechen«? Nichts von alledem, meine verehrten Zu-


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hörer, der Mann, der dieses Wort aussprach, dieses »Sieg! Großer Sieg!« , er war keineswegs verwirrten Geistes, war nicht von Wahnvorstellungen heimgesucht. Er tat diese Äußerung vom »großen Sieg«, der nun errungen sei, in voller Klarheit seines Verstandes, und es war eine eher nüchterne Feststellung - wenn ich es richtig sehe -, denn er gebrauchte da nur eine Metapher, die ihm selber seit jeher ganz geläufig war. Wir sind in der Lage, sein eigenes Abschiedswort zu kommentieren durch das, was er einst selber zu einer der Sterbeszenen seines Erzählwerkes geschrieben hat. Es handelt sich um die Episode bei dem Siedler Bürgli im Roman »Am Rio de la Plata«, in der erzählt wird, wie der sterbende »Oheim« das Geheimnis des Sendadors enthüllt, um dann in Frieden für immer einzuschlafen. Hierauf bezugnehmend, läßt der Autor den Bruder Jaguar die lakonische Formel aussprechen: »Leben heißt kämpfen; sterben heißt siegen« .(28)

Sterben heißt siegen! So und nicht anders ist es gemeint, dieses allerletzte Abschiedswort vom großen Sieg. Es spricht eben einfach, in aller Gelassenheit aus, daß dies jetzt die Stunde des Sterbens ist, eines Sterbens, das wie alles Sterben die letzte, große, entscheidende Überwindung, der letzte »Sieg« über alle Wirren, Qualen, Sorgen und Ängste des Lebens ist.

»Leben heißt kämpfen, sterben heißt siegen« , dieses Wort, meine Damen und Herren, und wie es vom sterbenden Autor noch einmal abschiednehmend aufgenommen worden ist, es ist ja ganz dazu angetan, das eine oder andere an Gedanken und Vorstellungen in uns anzuregen, auch jenseits dessen, was man im engeren Sinne religiös oder konfessionell dazu sagen könnte. Wie sehr Sterben ein Siegen sein kann, das begriff ich vor Jahren beim Anschauen eines Stierkampfes in Spanien. Wie da ein Ungeheures an Erregung, Geschrei, Leidenschaft, ein Jagd- und Blutrausch um die Rundungen des Amphitheaters brandete, das gehetzte Tier in der Arena, von dutzenden Spießen ins Fleisch gestochen, von grellbunten Tüchern genarrt, in äußerster Aufbäumung seines Lebenswillens, hin- und herrast gegen seine Peiniger, dann aber, mit dem letzten Degenstich, erstarrend stehen bleibt und langsam, ganz langsam niedersinkt -, niedersinkt in die ungeheure Stille, den endgültigen Frieden des Nicht-mehr-dabei-seins, da war dann das ganze brodelnde, wutvolle Leben ringsum ins Nichts geglitten, in Be-


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deutungslosigkeit und Lächerlichkeit versunken vor der Erhabenheit des alles überwindenden Todes.

An diesen Vorgang mußte ich denken, als ich kürzlich im großen Karl-May-Bildband ein faksimiliertes Dokument fand, das scheinbar nichts weiter enthält als eine trockene Mitteilung zu den Akten des Königlichen Amtsgerichts in Hohenstein-Ernstthal. Der Rechtsanwalt Haubold hat es am 2. April 1912 ausgefertigt, und es lautet: »In Privatklagsachen Lebius gegen May zeige ich an, daß Beschuldigter May am 30. März 1912 verstorben ist.«(29)

Verstorben ist er! Einfach nicht mehr da! Und wie war er doch gehetzt worden in seinem Leben! Zehn Jahre und länger waren noch zuletzt die Rufmörder hinter ihm her, und der Hydra seiner Prozesse wußte er sich kaum noch zu erwehren. Und bis zuletzt, bis in den Tod hinein, hatte sich dieser Todfeind Lebius in ihn verbissen. Und nun? Verstorben! Überwunden ist für ihn alles, was nun zurückbleibt: nichtig, lächerlich und bedeutungslos. Sterben heißt siegen - nichts anderes kann gemeint sein mit jenem Wort vom »großen Sieg«. Es war der größte: der letzte, endgültige und unwiderrufliche.



1 Goethe: Faust I. Erste Szene »Studierzimmer«

2 Hierzu vor allem Konrad Lorenz: Das sogenannte Böse. Zur Naturgeschichte der Aggression. Wien 1963

3 Arthur Schopenhauer: Zürcher Ausgabe VIII, 504

4 Constantin Brunner: Die Lehre von den Geistigen und vom Volk. 3. Aufl. Stuttgart 1962, 525

5 Goethe: Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. 3. Akt, Szene Jaxthausen

6 Goethe: Iphigenie auf Tauris. 5. Akt, Schluß des 6. Auftritts

7 Hierzu vgl. man Wolf-Dieter Bach: Fluchtlandschaften, Jb-KMG 1971, 39; Hans Wollschläger: Die sogenannte Spaltung des menschlichen Innern. Jb-KMG 1972/73, 11-92; Ders: Der Besitzer von vielen Beuteln, Jb-KMG 1974, 153-171; Heinz Stolte: Die Reise ins lnnere, Jb-KMG 1975, 11-33; Ders: Die Affäre Stollberg, Jb-KMG 1976, 171-190; Ders.: Mein Name sei Wadenbach, Jb-KMG 1978, 37-59

8 Gemeint ist das von Locke aufgestellte Grundaxiom des Sensualismus: Nihil est in intellectu, quod non prius fuerit in sensu= Nichts ist im Verstande, was nicht vorher in den Sinnen gewesen ist.

9 Karl May: Mein Leben und Streben. Reprint der Ausgabe Freiburg o. J. (1910). Vorwort, Anmerkungen, Nachwort Sach-, Personen- und geographisches Namenregister von Hainer Plaul. Hildesheim New York 1975.

10 Ebd. 79

11 Heinz Stolte: Der Volksschriftsteller Karl May. Beitrag zur literarischen Volkskunde. Radebeul 1936; Reprint: Bamberg 1979, 35f.

12 Ausführlich darüber und in Auswertung der noch vorhandenen Akten berichtet


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Klaus Hoffmann: Der Lichtwochner am Seminar Waldenburg. Eine Dokumentation über Karl Mays erstes Delikt, Jb-KMG 1976, 92-104.

13 So berichtet Karl May in »Mein Leben und Streben«, a. a. O.102. Übrigens muß Mays Bericht, er sei durch Konferenzbeschluß und durch den Direktor selbst kurz v o r Weihnachten als entlassen weggeschickt worden, durchaus nicht, wie einige Interpreten annehmen, dem Aktenbefund widersprechen. Der Direktor kann sehr wohl die erst später (28. Jan.) a m t l i c h ausgesprochene Verweisung von der Anstalt durch eine solche s o f o r t i g e Suspendierung unmittelbar nach der Entdeckung des Delikts vorweggenommen haben. Dergleichen geschieht ja doch auch sonst ziemlich häufig.

14 Zitiert nach Klaus Hoffmann a. a. O. 98

15 Mein Leben und Streben, 165-167

16 Hans Wollschläger: »Die sogenannte Spaltung des menschlichen Innern, ein Bild der Menschheitsspaltung überhaupt«, Jb-KMG 1972/73, l l-94, besonders S. 21 ff.

17 Abgedruckt in: Klaus Hoffmann: Karl May als »Räuberhauptmann«, Jb-KMG 1972/73, 221 f.

18 Jb-KMG 1978, 151

19 Hainer Plaul: Resozialisierung durch progressiven Strafvollzug, Jb-KMG 1978, 154

20 Karl May:Giölgeda padishanün. Reiseabenteuer in Kurdistan. Reprint der Karl-May-Gesellschaft und der Buchhandlung Pustet. Regensburg 1978, mit einer Einführung von Claus Roxin, 252f.

21 Vgl. Die Affäre Stollberg, Jb-KMG 1976, 171 ff., besonders S. 178 ff.

22 Karl May: Die Todeskaravane; In Damaskus und Baalbeck; Stambul; Der letzte Ritt. Reprint der KMG und der Buchhandlung Pustet. Regensburg (1978), 246

23 Wie Anm. 20, S. 244

24 Ebd. 324

25 Rilke an Vogeler aus Paris am 17. September 1902

26 Die Konzeption dieser Episode geht auf das Jahr 1883 zurück. Erstveröffentlichung in: Feierstunden im häuslichen Kreise, 9. Jg., Köln 1883; Reprint in: Karl May: Winnetous Tod, hsg. v. Roland Schmid, Bamberg 1976.

27 VI, 637ff. (Pawlak-Ausgabe Bd. 17, 427f.)

28 XII, 289 (Pawlak-Ausg. Bd. 34, 188; Bamberger Ausg. Bd. 12, 233)

29 Der große Karl-May-Bildband. Dokumente und Bilder hsg. v. Gerhard Klußmeier und Hainer Plaul. Hildesheim New York 1978, 274


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