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CHRISTOPH F. LORENZ

Das Gewissen des Musterwirts

Karl Mays »Dorfgeschichte« "Das Geldmännle"



Für Dieter Sudhoff

I.  H i n t e r g r u n d  u n d  E n t s t e h u n g

Anfang Mai 1903 erschien ein Band mit dem bemerkenswerten Titel "Erzgebirgische Dorfgeschichten. Karl May's Erstlingswerke. Autorisierte Ausgabe, Band I" in einem bis dato unbekannten »Belletristischen Verlag, Dresden-Niedersedlitz«. Titel und Verlagsname stellen beide in gewisser Weise taktische Schachzüge des Autors bzw. Verlegers dar: Karl Mays "Erstlingswerke" waren die veröffentlichten Dorfgeschichten nicht unbedingt, wenn sie auch zum Teil zu seinen frühesten erhaltenen Texten gehören (außerdem hatte der Autor kurz vor Erscheinen des Bandes noch zwei neugeschriebene Erzählungen »daruntergemischt«), und auch der hochtönende »Belletristische Verlag« war nur eine mehr oder minder geschickte Verkleidung für die wohlbekannte Verlagsbuchhandlung H. G. Münchmeyer in Dresden-Niedersedlitz, die sich seit 1899 im Besitz des Leipziger Verlegers Adalbert Fischer befand. Daß May Fischer im Jahre 1903 einige seiner frühesten Erzählungen in Verlag gab, hatte seine Gründe: im Jahre 1901 begann Adalbert Fischer gegen den erklärten Willen Karl Mays und unter beträchtlichem Reklameaufwand damit, die »Münchmeyer-Romane« Mays neu herauszugeben.(1) Auf die "Liebe des Ulanen" folgten sofort die "Deutschen Helden", 1902 dann das "Waldröschen" und der "Weg zum Glück" sowie zwei Bände "Humoresken und Erzählungen". May hatte allen Grund, sich durch diese groß als »von Karl May verfaßt« angekündigten Neuausgaben seiner »Jugendsünden« beunruhigt zu fühlen, denn schon hatte die katholische Presse, angeführt von dem Chefredakteur der "Kölnischen Volkszeitung", Hermann Cardauns, dem wiederum der Feuilletonredakteur der "Frankfurter Zeitung", Fedor Mamroth, eifrig sekundierte, das Feuer auf May eröffnet, das dann bis zu seinem Lebensende nicht aufhören sollte ... Mit vollem Recht mußte May vermuten, daß die überaus dekuvrierenden Münchmeyereien seinem guten Ruf als Schriftsteller auf die Dauer Schaden zufügen würden. So klagte er also gegen Fischer als unberechtigten Nachdrucker und bekam auch zunächst Recht: 1902 wurde Fischer durch einstweilige Verfügung untersagt, die »Münchmeyer-Romane« weiter zu veröffentlichen. Doch die bereits begonnenen bzw. fertiggedruckten


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Reihen durfte Fischer weiterhin verkaufen bzw. komplettieren, so daß für May alles beim Alten blieb und er sich außerdem seit dem 24.9.1902 auch noch damit befassen mußte, der alten Pauline Münchmeyer nachzuweisen, sie habe ihn um große Honorarsummen betrogen und die »Münchmeyer-Romane« unberechtigt immer weiterdrucken lassen.(2) Dieser Mammutprozeß beschäftigte May bekanntlich bis an sein Lebensende und das um so nachhaltiger, als er auf der anderen Seite immer behaupten mußte, die »unsittlichen« Romane seien in dieser Form gar nicht von ihm verfaßt worden ...

   Aber May führte nicht nur einen Zweifrontenkrieg gegen Adalbert Fischer und Pauline Münchmeyer in diesen Jahren 1902/1903(3): daneben hatte er sich noch mit zahlreichen Pressefeinden à la Cardauns auseinanderzusetzen, der inzwischen in ausgedehnten Vortragstourneen durch halb Deutschland den »Fall May« unter der Rubrik »Literarische Curiosa« verarbeitete.(4) Und nicht nur nebenher geschah auch privat Bedeutendes: seine erste Ehe mit Emma geb. Pollmer war, das zeigte sich immer deutlicher, gescheitert: nach einer fast vier Wochen währenden Odyssee über Berlin-Hamburg-Leipzig und schließlich München ging es nach Bozen und von dort hinauf zur Mendel, wo am 28. August 1902 die Scheidungsgründe ausgetauscht wurden.(5) Am 30. August verließ May dann die Tiroler Berge, und mit ihm ging Klara Plöhn, bald Klara May ... Und dazwischen, fast beiläufig und doch hauptsächlich, entstand ein Buch: der 3. Band des "Silberlöwen", vollendet im Juli 1902, kündigte das an, was der 4. Band, dessen Niederschrift Ende 1902 begonnen und am 10.9.1903 abgeschlossen, wahr machen sollte: Karl Mays »sehr späte Entwicklung zur Literatur«(6), wie Wollschläger es formuliert. Aber immerhin: die letzten beiden Bände des "Silberlöwen" sind bedeutend, so bedeutend, daß Wollschläger sie mit Recht als das »exemplarische Werk«(7) des späten May bezeichnet. Angesichts der privaten Irrungen und Wirrungen und der entschlossenen Kehrtwendung von der »Jugendschriftstellerei« zum eigentlichen Werk mußte May Kompromisse schließen. Wohl kaum einer mag aber aus unserer späteren Sicht heraus so unverständlich erscheinen wie der, mit dem May im Frühjahr 1903 die gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Fischer vorläufig beendete (ein in Mays Sinne befriedigender Vergleich konnte erst 1907 mit Fischers Erben abgeschlossen werden): in den am 11.2.1903 niedergelegten Ehrenerklärungen wurde Fischer von May zugestanden, er habe sich »bei Ankauf der Firma H. G. Münchmeyer (...) in dem Glauben befunden (...), alle Rechte an meinen bei dieser Firma erschienenen Werken miterworben zu haben«, wohingegen die Erklärung Fischers »Dafern in den bei H. G. Münchmeyer erschienenen Schriften des Herrn Karl May etwas Unsittliches enthalten sein sollte, dies meiner Überzeugung nach nicht aus der Feder des Verfassers stammt, sondern von dritter Seite früher


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hineingetragen worden ist«(8) noch weitaus nichtssagender anmutet ... Bartsch nennt den Vergleich »töricht und verhängnisvoll«(9), denn nunmehr durfte Fischer unbehelligt weiterdrucken und brauchte nicht einmal Änderungen vorzunehmen; die diesbezügliche Vertragsklausel im Vergleich von 1903 jedenfalls verpflichtete zu nichts!

   Darüber hinaus scheint May Fischer gegenüber noch weitere Zusagen gemacht zu haben, die erst recht unbegreiflich wirken, wenn man ihren Hintergrund nicht kennt. So gab er Fischer den Band "Erzgebirgische Dorfgeschichten" in Verlag, der dann im Mai 1903 auch wirklich erschien; May hatte für das Ganze noch rasch eine Vorrede gefertigt, deren wahren Sinn Fischer wohl nicht ermessen konnte; jedenfalls bedankte er sich in seinem Schreiben vom 9. Mai 1903 an May »allerherzlichst« für das »reizende, feinsinnige Vorwort« und bat May, die beigelegte »Korrektur nebst Titelblatt und Inhaltsverzeichnis« »bis Montag früh« zurückzusenden.(10) Darüber hinaus dankte er May aber auch »für alles Neue, was Sie mir gütigst in Aussicht gestellt haben«, und hier wird man schon bedenklich: welches Neue? In einem Brief vom 15. Januar 1904 an May wurde Fischer dann weitaus konkreter: So fragte er wegen zweier Bände »à la Fehsenfeld« an, die May neu für ihn schreiben wolle, beklagte sich über den schlechten Umsatz der "Dorfgeschichten", bat May aber auf der anderen Seite auch noch um den zweiten Band der "Dorfgeschichten"!(11) Schließlich und endlich schlug er May vor, selber den "Verlorenen Sohn" auf »3 Bände à la Fehsenfeld« zusammenzukürzen, was einen bissigen Randkommentar Mays zur Folge hatte: Nennt dies eine Riesenarbeit und wollte doch, daß ich alle 5 Romane einfach umarbeite!(12) Aus dieser interessanten Korrespondenz läßt sich mit einiger Sicherheit entnehmen, daß der Vergleich von 1903 für den geschäftstüchtigen Fischer nur ein Mittel zum Zweck war, um May immer mehr abzutrotzen: zwei neue Bände, womöglich eine Umarbeitung der gesamten »Münchmeyer-Romane« (als autorisierte Ausgabe), neue Dorfgeschichten ..., und es ist bei Karl Mays Charakter durchaus nicht undenkbar, daß er Fischer alles dies und noch mehr zugesagt hatte, um ihn loszuwerden, ohne im geringsten an die Erfüllung seiner Versprechungen zu denken. Man muß die ganze Motivation berücksichtigen, die May dazu trieb, durch einen Vergleich mit Fischer ins Reine zu kommen: gerade hatte er seine Verbindung mit Klara durch die Ehe legalisiert (sogar am 31.3. vor den Augen der Kirche(13)), aber er wird schon geahnt haben, daß von seiten Emmas noch einiges auf ihn zukam. Dazu traten dann noch die Schwierigkeiten mit Pauline Münchmeyer und die Fehde mit »Cardauns und Genossen« - bei alledem muß man sich nicht wundern, daß May den Rückzug antrat, als Fischer, der ihm vorher wohl recht unverhohlen mit Bekanntgabe seiner Vorstrafen gedroht hatte(14), nun die Hand zum Bunde anbot. Zudem konnte er bei seiner immer ein wenig zu optimistischen Einschätzung


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der Sachlage davon ausgehen, daß er mit dem Vergleich den Gegner Fischer ein für allemal losgeworden sei, was sich als eine nachhaltige Täuschung herausstellen sollte. So ist Mays Irrtum bezüglich des Vergleichs mit Fischer zwar bedauerlich, aber auch durchaus verständlich zu nennen.

   Hinzu kam aber noch ein nicht zu unterschätzender Faktor: in einer Art »Privatrache« im Verborgenen hatte May bei dem Band "Erzgebirgische Dorfgeschichten" neben vier alten Geschichten Fischer auch noch zwei »Kuckuckseier« ins Nest gelegt, die geradezu als Musterbeispiele für eine raffinierte Verschlüsselungstechnik gelten können: "Sonnenscheinchen" und "Das Geldmännle". Beide Erzählungen wurden unmittelbar vor Erscheinen des Bandes im Mai 1903 niedergeschrieben bzw. lagen im Manuskript schon vor, bevor der Vergleich vom 11.2.1903 rechtskräftig wurde.(15) Als May am 4.5.1903 seine Klage gegen Fischer zurückzog, war auch die im »Mai 1903« datierte Vorrede bereits abgeschlossen. Am 9.5. übersandte Fischer May die Korrekturen zu den "Erzgebirgischen Dorfgeschichten", und wenig später konnte der Band ausgeliefert werden; ein großer Verkaufserfolg wurde er nicht, was Fischer später auf die unglückliche Bezeichnung »Erstlingswerke« zurückführte. Aber die wahren Gründe dafür lagen viel tiefer: vielleicht hat es die May-Leser verwirrt, nun anstelle exotischer Geschichten erzgebirgische Erzählungen vorgesetzt zu bekommen. Als May Fischer die "Erzgebirgischen Dorfgeschichten" lieferte, war das freilich durchaus auch als »Danaergeschenk« gedacht. In der kleinen, scheinbar harmlosen Geschichte vom "Geldmännle" lag nämlich ein Kern verborgen, der nur demjenigen erklärlich sein konnte, der den »Schlüssel« dazu besaß.(16) Adalbert Fischer hätte ihn haben können, denn er selbst war der Drahtzieher der Geschehnisse, die im "Geldmännle" unter der Maske des Märchens verborgen liegen. Die Richtigkeit dieser These soll im folgenden untermauert werden.


II.  » K o m m ,  l i e b e r  L e s e r ,  k o m m ! «

Komm, lieber Leser, komm! Ich führe Dich hinauf in das Gebirge. Du kannst im Geiste mit mir gehen. Der Weg ist mir seit langer Zeit bekannt. Ich baute ihn vor nun fast dreissig Jahren, und Viele, Viele kamen, die meine Berge kennen lernen wollten, doch leider nur, um sich zu unterhalten! Dass es auch Höhen giebt, in denen man nach geistgem Erze schürft, das sahen sie bei offnen Augen nicht, und darum ist es unentdeckt geblieben. Ich führte sie dann einen anderen Weg, der von der flachen Wüste aufwärts stieg, durch fremdes Land und fremde Völker führte und oben enden wird bei Marah Durimeh. Auf diesem Weg begann man, zu begreifen. (...) Wer das ihm Nahe nicht verstehen will, den


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muss man klüglich in die Ferne leiten, wenn auch auf die Gefahr, dabei verkannt zu werden!(17) In diesem hymnisch-feierlichen Ton ist das ganze Vorwort zu den "Erzgebirgischen Dorfgeschichten" von 1903 gehalten, und die Aussagen Mays haben durchaus programmatischen Charakter für das ganze Spätwerk. Die Aufwärtsbewegung zu den »Bergen, von denen mir die Hilfe kommt«, wie es im Psalm 121 (Vulgata 120) heißt (May selbst nimmt im "Silberlöwen III" ausdrücklich Bezug auf diese Verse)(18), ist ein, ja das entscheidende Grundmuster des Spätwerks, und dieser Gedanke liegt auch dem "Märchen von Sitara" zugrunde: Empor ins Reich der Edelmenschen aus dem engen, finsteren Ardistan! In dieses Reich will May seine Leser führen, und wenn er schreibt, der Weg ist mir seit langer Zeit bekannt, so mag sich das ganz äußerlich darauf beziehen, daß er in seiner Jugend im Erzgebirge den Weg ins Gebirge mehr als einmal gegangen sein wird, auch wenn es sich im heimatlichen Sachsen nicht gerade um riesenhafte Erhebungen handelt ... Im übertragenen Sinne spielt May aber auf den geistigen Weg an, den er seit der großen Orientreise selbst beschreiten wollte. Der Gedanke, daß auch die frühen Erzählungen als Schritte auf dem Weg zur Symbolik gedeutet werden könnten, kehrt in Mays späten Schriften immer wieder, und vermutlich hat er sich selbst auch ein wenig an der Idee berauscht, man werde in seinen Büchern so etwas wie den Gang der Menschheitsseele von der »Wüste« hinauf nach Dschinnistan entdecken können. In diesem Sinne ist es nur natürlich, wenn sich May im Vorwort zu den "Dorfgeschichten" beklagt, man habe ihn mißverstanden: daß er nur unterhalten wolle, konnte er freilich jetzt, angesichts der drängenden Pressefehden mit Cardauns und Genossen, auch nicht zugeben! Wenn May in seinen frühen Erzählungen die heimatliche Umgebung als Schauplatz wählte, so geschah dies deshalb, weil er sich dort und im Metier der "Dorfgeschichte" überhaupt auszukennen glaubte. Die spätere Deutung, er habe die Wahrheit, nachdem sie in dem schlichten Gewand der Dorfgeschichte nicht verstanden worden sei, in Form exotischer Erzählungen niederlegen wollen, läßt sich jedenfalls mit den Fakten nicht vereinbaren, die klar belegen, daß May in seiner frühen Schriftstellerzeit exotische Geschichten  n e b e n  Dorfgeschichten und Humoresken schrieb - eben um vielseitig zu sein!

   Man hat Mays Ideen der Aufwärtsbewegung zu geistigen Zielen gern im Sinne der »Hochland«-Ideologie des 19. Jahrhunderts, wie sie Hans Schwerte an den Werken Ludwig Ganghofers aufzeigte(19), gedeutet.(20) Diese Einordnung trifft aber nicht ganz das Richtige: die von May postulierte Aufwärtsbewegung zu den Bergen, wo man nach geistgem Erze(21) schürft, ist nicht etwa gleichzusetzen mit der trivialen Anschauungsweise der Alpenromane, daß nur oben auf den Bergen das Gute wohne, während die Städter allesamt verderbt seien (Spuren einer solchen »Hochland«-Ideologie lassen sich freilich im "Weg zum Glück"


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und in Mays frühen Dorfgeschichten trotzdem ausmachen). May weiß genau, daß er sich in seiner erzgebirgischen Heimat und in seiner Jugend im niedrigsten, tiefsten Ardistan befunden hatte, und die ständige Sehnsucht nach den ragenden Bergen(22) im Alterswerk bezieht sehr wohl seine eigene Person mit ein: der Weg von dem sumpfigen Tiefland ins geistige Hochland soll nicht von den Lesern allein gegangen werden, er ist auch die Richtung, die Mays ganzes Leben und Schaffen zu nehmen hatte. Insofern gewinnt auch die gesamte Anlage des Bandes "Erzgebirgische Dorfgeschichten" programmatischen Charakter: der Weg von den frühen, zum Teil noch bei Münchmeyer erschienenen Dorfgeschichten zu den späten »Gleichnissen« "Sonnenscheinchen" und "Das Geldmännle" ist gleichfalls einem Gang vom Ardistan der »Volksliteratur« zum Dschinnistan der »großen Literatur« zu vergleichen (wenngleich mit solchen Begriffen vorsichtig umgegangen werden sollte). Was May am Ende seiner Vorrede sagt, ist ganz wörtlich auf die beiden neugeschriebenen Dorfgeschichten zu beziehen: Heut kehr ich nun ins Vaterland zurück, um jenen alten Weg aufs Neue zu betreten(23) - richtig, aber mit anderen Aussagen und Inhalten. Er ist nicht weit und nicht unbequem(24) - weil May die »alten«, beliebten Erzählformen der spannenden Dorfgeschichte, mit Elementen der Kriminalgeschichte vermischt, wählt. Wir nehmen uns ein »Sonnenscheinchen« mit, so einen Seelenstrahl, der uns zu leuchten hat, bis wir an unser kleines »Häusle« kommen - »Bergle« und »Häusle« sind deutliche Chiffren für die geistigen Bereiche, in die sich May jetzt zurückzuziehen gedenkt. Im »Bergle« giebt es Silber, wohl auch ein wenig Gold - gemeint sind geistige Schätze, wie auch aus dem Folgenden zu erkennen ist: Das wird bewacht vom Geist des Neubertbauers - also vom »guten« Seelenteil des Musterwirts, dem »Astralmenschen«. Wer diesen Geist, den doppelten, begreift, der darf den Schatz und dann auch selbst sich heben! - nur wer den »Doppelsinn« der Geschichten, und hier ist besonders das "Geldmännle" gemeint, begreift, gelangt zur Erkenntnis und Selbsterkenntnis (denn May setzt, großzügig und unbescheiden, aber vielleicht gar nicht so falsch seinen »Leidens«- und Erkenntnisweg dem gleich, den die Menschheit zu gehen hat).

   So stellt sich Mays Vorwort zu den "Dorfgeschichten" dar als ein Wegweiser zu dem, was May hier »hineingeheimnißt« hat, als deutlicher Hinweis für den, der zu hören und zu verstehen bereit ist. Daß Fischer über den beschaulichen Charakter des »reizenden, feinsinnigen« Vorworts erfreut war, mag May eher amüsiert haben, denn dieser Text ist ja wohl weit mehr noch »doppelsinnig« und »anspielungsreich« als »feinsinnig« zu nennen. Immerhin läßt sich das "Geldmännle" auch als verschlüsselte Abrechnung mit Mays Gegnern, allen voran Adalbert Fischer und die Firma Münchmeyer, lesen (wie auch als allgemein-menschheitliches Gleichnis). Im folgenden soll einmal versucht wer-


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den [werden], dem Geist, dem doppelten, des "Geldmännle", auf die Spur zu kommen.


III.  B i o g r a p h i s c h e  » S p i e g e l u n g e n «

1. Der Musterwirt und sein Schwiegersohn

Im Mittelpunkt der Geschichte "Das Geldmännle" stehen der alte Musterwirt und sein Schwiegersohn und Nachfolger Frommhold Uhlig, genannt »Herr Frömmelt«, sowie ihre Gegenspieler, das »Herzle« mit ihrer Mutter (und in der Vergangenheit auch mit ihrem Vater, dem Musteranton) und der Ziege »Karlinchen«. Beide Parteien haben Helfer: der Musterwirt Frommhold Uhlig in seiner Tochter Rosalia, das »Herzle« in dem jungen Lehrer Hermann Bernstein. Die Geschichte setzt ein mit dem 24. Geburtstag des Herzle (und der Rosalia), wenn man einmal von dem kleinen »mythologischen« Vorspann absieht, mit dem wir uns noch gesondert befassen müssen. Danach erzählt May in einer Rückblende die Ereignisse, die zwanzig Jahre vorher zum Tod des Musteranton, des alten Musterwirts und seiner Tochter, der Frau des jetzigen Musterwirts, führten. Die seltsame Bezeichnung »Musterwirt« erklärt May so: Kurz und gut, der Musterwirt war bisher bei diesem Namen genannt worden, weil er neben seiner Schankwirtschaft auch die Musterschlägerei betrieb; von nun an aber wollte er der Volkswirtschaft die Muster liefern, nach denen der arme Mann sich in sein Schicksal zu fügen hat!(25) Der Autor weist also selbst auf den Doppelsinn der Bezeichnung »Musterwirt« hin: auf der einen Seite ist damit der Unternehmer gemeint, der die Webmuster für die einheimische Webindustrie liefert, auf der anderen Seite weist der Name auf die hohe Meinung hin, die der Musterwirt von sich und seinem Lebenswandel hat. Er will in allem Vorbild sein: ein vorbildlicher Unternehmer (d. h. einer, der alle Konkurrenten kaputtmacht) und ein vorbildlicher Christ, der - wie sein Schwiegersohn und Nachfolger - »Sonntags zweimal in die Kirche« geht.(26) Der alte Musterwirt, dessen körperliche Kleinheit auffallend betont wird (dazu wird im nächsten Kapitel noch Stellung genommen werden), baut zusammen mit seinem Schwiegersohn, dem Kupferstecher Frommhold Uhlig ein großes "Etablissement zum Musterwirt" auf, um die Bevölkerung zu unterjochen und die Konkurrenz kuputtzumachen. Neben der Schankwirtschaft, in der die Leute mit selbsthergestelltem Schnaps betrunken gemacht werden, gibt es noch einen Verkaufsladen (mit einer aus der Stadt verschriebenen Bedienung(27)) und ein Verleihgeschäft, das in kürzester Zeit die meisten Bürger der Umgebung zu Schuldnern des Musterwirts macht und sie zwingt, bei keinem anderen zu kaufen.(28) Daneben ist noch die Muster-


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schlägerei [Musterschlägerei] zu erwähnen, mit der die Musterwirte viel Geld machen, denn der »Musteranton«, der geschickteste Musterzeichner der ganzen Umgebung, arbeitet mit seiner Frau, der »Klöppelmeisterin« Marie, für sie.

   Halten wir einen Augenblick inne und betrachten diese Beschreibung, so fallen sofort die großen Ähnlichkeiten zwischen dem Geschäft des Musterwirts und der Kolportagebuchhandlung H. G. Münchmeyer auf. Münchmeyer, der ehemalige Zimmergesell (der spätere Schwiegersohn des Musterwirts, Frommhold Uhlig, tritt als reisender Handwerksbursche, Kupferstecher und Graveur(29) zum erstenmal im "Geldmännle" in Erscheinung) wollte seinen Konkurrenten, den ehemaligen Redakteur seiner Zeitung "Der Beobachter an der Elbe", Otto Freitag, totmachen. Zu diesem Zweck wurde der junge Karl May (der Musteranton) bei ihm als Redakteur angestellt: »Sie geben diese Sachen bei mir in Druck und machen diesen Freytag (sic!) und sein neues Blatt damit tot!«(30) Der Musterwirt und sein Schwiegersohn »bauen«, das Etablissement vergrößert sich: H. G. Münchmeyers Kolportagebuchhandlung hatte zu ihren Glanzzeiten Geschäftspartner in Wien (Rubinstein) und Filialen in New York (Alwin Eichler). Der Musterwirt spielt mit dem Musteranton gern eine Partie Dame, nun will er ihn dadurch ködern, daß er ihm den Vorschlag zu einem letzten Damespiel macht: gewinnt der Musterwirt, so muß Anton drei Jahre umsonst für ihn arbeiten, gewinnt Anton, so bekommt er das »Bergle« vom Musterwirt. Der Musterwirt aber will Anton betrügen: »Er (der Musteranton, Anm. d. Verf.) ahnt gar nicht, daß er die eigentliche Seele meines Geschäftes ist. Er erfindet unerschöpflich neue Muster. In diesen drei Jahren kann er mir für ein ganzes Menschenleben vorarbeiten. Dann aber ist er kaputt, und ich werfe ihn hinaus.«(31) Auch Karl May war die »Seele« des Münchmeyerschen Verlagsgeschäfts: Ich darf wohl sagen, daß ich in jener Zeit fleißig gewesen bin und mir ehrliche Mühe gegeben habe, die Münchmeyersche Kolportage in einen anständigen Verlag zu verwandeln. Münchmeyer befreundete sich so mit mir, daß wir wie Brüder verkehrten.(32) Auch der weitere Gang der Dinge im "Geldmännle" entspricht durchaus der Entwicklung in den Beziehungen zwischen H. G. Münchmeyer und Karl May: der Versuch des alten Musterwirts, den Musteranton im entscheidenden Damespiel zu schlagen, indem er ihn betrunken machen will, mißlingt. Mit Hilfe der Klöppelmeisterin Marie (sowohl Marie als auch das Herzle sind als Symbole für die wachsame, liebevolle Seele des Menschen zu verstehen) durchschaut Anton die List des Musterwirts und gewinnt das Bergle. Karl May verläßt Münchmeyer, um sich durch Arbeit für anständige Verleger wie Pustet einen Namen als Schriftsteller zu machen. Der Musteranton findet durch Sprengarbeiten im Bergle Silber (33); Karl May entdeckt, daß sein Schreiben, bisher recht unnütz im Dienste der Kolportage angewandt,


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eine wahre Silberader oder Goldmine darstellt, und das nicht nur im übertragenen Sinne. Das bisher unfruchtbare Bergle wird genutzt, um als erfolgreiche Reiseschriftstellerei herrlich zu glucken(34): Die Trennung von der Kolportage tat mir nicht im geringsten wehe. Ich war wieder frei (...)(35), bekannte Karl May in "Mein Leben und Streben". Der Musteranton ist nicht ganz frei, denn er muß immer noch Muster für den Musterwirt liefern: auch Karl May kehrte zu »Madame Kolportage« zurück, indem er die fünf »Münchmeyerromane« schrieb. Der Musterwirt will bei der Tochter des Musteranton Pate stehen, aber dieser läßt es nicht zu: » Wenn du Pate stehen willst, so tue es bei deinem Enkel, der dir noch näher liegt, als mein Herzle.«(36) Hier erinnert man sich daran, daß May angeblich Münchmeyers Schwägerin Minna Ey heiraten sollte (auf Betreiben von Heinrich Gotthold persönlich), was im »wirklichen Leben« die Trennung des Redakteurs May von seinem Arbeitgeber bedeutete. In der Erzählung ist es ein wenig anders: selbst der gute, alte »Herr Pfarrer« (eine Spiegelung aller gütigen Geistlichen, die May in seinem Leben kennengelernt hat, vom alten Ernstthaler Pastor bis zum Katecheten Kochta) verkehrt mit dem Musterwirt im Guten, denn er stand sich mit allen Leuten gut.(37) Warum das so sein muß, läßt sich auf der Ebene der »biographischen Spiegelungen« nicht klären, das wird im nächsten Kapitel erörtert werden.

   Haben wir bislang gesehen, daß die Geschichte vom alten Musterwirt und vom Musteranton eine »Spiegelung« der Erlebnisse Mays im Hause Münchmeyers ist, so erhebt sich an dieser Stelle die Frage, ob man denn den alten Musterwirt mit H. G. Münchmeyer und seinen Nachfolger, Herrn Frömmelt, mit Adalbert Fischer identifizieren könne. Das ist sicher so eindeutig nicht zu klären; man muß dabei ja auch berücksichtigen, daß die Ereignisse des "Geldmännle" nicht nur auf der biographischen Ebene, sondern auch im Sinne einer etwas allgemeiner gehaltenen Symbolik bedeutsam werden. So ist die Wirtschaft der beiden Musterwirte ganz sicher eine biographische Spiegelung der »Münchmeyerei«, doch aufgrund der Schilderungen läßt sich nur schwer eindeutig der alte Musterwirt mit Münchmeyer und der Schwiegersohn mit Fischer identifizieren. Fischer war ja auch nicht Münchmeyers Schwiegersohn, und May hat das wohl nur erfunden, um die »Musterwirte« als einen eng miteinander verbundenen Clan des Bösen zu charakterisieren. Daß nach Fischers Tod 1907 ausgerechnet Fischers Schwiegersohn Arthur Schubert die Firma Münchmeyer übernehmen und den zweiten Vergleich vom 8.10.1907 unterzeichnen sollte, mit dem die Fischer-Abteilung der Münchmeyer-Prozesse für May endgültig erledigt war(38), konnte May freilich nicht ahnen, als er das "Geldmännle" schrieb.

   Wesentliches Element der Geschäfte, die die beiden Musterwirte betreiben, ist der Betrug; der alte Musterwirt versucht, neue Taler als alte


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(vom Jahre 1846(39)) auszugeben. Mit Hilfe des Herrn Frömmelt produziert er falsche Geldscheine und Talerstücke (angeblich vom Jahre 1850).(40) Auch im Hause Münchmeyer will May allerlei Unregelmäßigkeiten bemerkt haben: Pauline Münchmeyer soll sich häufig heimlich an der Kasse vergriffen(41) haben, und gleich bei Aufnahme seiner Redaktionstätigkeit will May einem Schwindel auf die Spur gekommen sein: Natürlich ließ ich mir nun vor allen Dingen das Blatt vorlegen, dessen neuer Redakteur zu sein, ich die Ehre hatte. Als ich es sah und seinen Inhalt überflog, erschrak ich. (...) Und nicht nur das, sondern ich bemerkte auch sehr bald, dass mit diesem Blatte in einer Weise manipuliert und den Lesern Sand in die Augen gestreut wurde, die ich nicht anders als mit dem Worte »Schwindel« bezeichnen konnte. Dieses Blatt hiess nämlich nur für hier bei uns »Der Beobachter an der Elbe«. Für Wien, Köln, Frankfurt usw. wurde es »Der Beobachter an der Donau, am Rhein, an der Mulde, an der Tauber« usw. genannt. Münchmeyer rühmte sich, diesen »Geschäftstrik« selbst erfunden zu haben und durch ihn sehr gute Geschäfte zu machen, weil zudem meist der betreffende Kolporteur als Verleger angegeben (...) wurde.(41) Dementsprechend knüpft auch Herr Frömmelt Verbindungen mit dem Auslande an, sogar mit Amerika(42), um sein Geschäft auszuweiten (man denke an Münchmeyers New Yorker Filialverleger Alwin Eichler!). Nun läßt sich unschwer erkennen, daß die Geschäftspraktiken des Verlags Münchmeyer, über die sich May so sehr entrüstete, durchaus nicht unüblich sind und waren. Das Geschäftsgebaren der Firma »Musterwirt und Co.« (Münchmeyer und Co.) entspricht ja im Grunde dem, was die großen Konzerne im 19. Jahrhundert und heute laufend taten und tun: Zusammenschluß verschiedener Geschäftszweige zur Schwächung der Konkurrenz, Errichtung von Filialen an allen Orten, Absprachen mit anderen Unternehmern etc. Besondere Aufmerksamkeit aber verdient noch die Falschmünzerei der beiden Musterwirte; der Anton muß ihnen die Muster liefern, die dann von ihnen gedruckt werden: Von jedem neuen Webmuster, welches Anton erfand, wurden Platten angefertigt, damit es in der erforderlichen Auflage gedruckt werden könne. Dazu hatte es früher einen besonderen Arbeiter gegeben; der war aber entlassen worden. Herr Frömmelt machte das in eigener Person und ging dabei außerordentlich geheimnisvoll zu Werke.(43) Verständlich, denn der Musteranton (May) sollte ja nicht erfahren, daß in der Druckerei Falschgeld hergestellt werde.

   Die Geschichte liest sich im autobiographischen Klartext also so: May (Musteranton) liefert echte Geschichten (Muster), mit denen die Münchmeyers schmutzige Geschäfte (Fälschung, May behauptete ja vehement, seine Originalmanuskripte seien sittenrein gewesen) betrieben. Um May die Kontrolle zu erschweren, bekam er keine Korrekturen zu lesen: der Musteranton darf die Stube, in der die Druckma-


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schine [Druckmaschine] steht, nicht betreten. In diesem Zusammenhang ist es wenig ergiebig, darauf hinzuweisen, daß sich in Mays Nachlaß ganze Serien von unaufgeschnitteten Korrekturbögen der »Münchmeyer-Romane« fanden, die deutlich belegen, daß May wohl die Korrekturen erhalten, sie aber nicht gelesen hatte.(44) Mays subjektive Überzeugung, Münchmeyer habe seine Romane gefälscht und aus vollständig sittenreinen Originalarbeiten(45) - unsittliche Kolportage gemacht, ist in das "Geldmännle" eingegangen, und zwar bis in intime Details: dem Anton ist der Eintritt in die Stube verboten, in der die Druckmaschine steht. Im "Schundverlag" von 1905 findet sich eine fast identische Stelle, wenn May als Beispiel für die undurchsichtige Buchhaltung und Geschäftsführung der Münchmeyers folgendes anführt: Ob die Druckmaschinen dem »Heinrich« oder dem »Wilhelm« gehörten, konnte ich nie erfahren(46) Besonders interessant ist der Tod des Musteranton: Anton geht trotz des Verbots in die Druckstube und entdeckt die Beweise für die betrügerischen Machenschaften der Musterwirte. Dabei wird er von Herrn Frömmelt überrascht und eingesperrt; er muß in giftigen Dünsten qualvoll ersticken. Durch einen unglücklichen Zufall gelangt jedoch auch der alte Musterwirt in die Stube und kommt ebenso um wie die Frau des Frömmelt. So wird der neue Musterwirt also zum Mörder an Anton, seiner Frau und seinem Schwiegervater. Die Deutung dieser Szene auf biographischer Ebene fällt nicht ganz leicht: daß der Anton von Herrn Frömmelt getötet wird, läßt sich als Reflex der von May häufig angeführten angeblichen Drohung Adalbert Fischers erklären, man wolle ihn »moralisch totmachen«(47) (durch Veröffentlichung seiner Vorstrafen). Auch die giftigen Dünste lassen sich in der Streitschrift "Ein Schundverlag" wörtlich nachweisen als Metapher für den Geist der Lüge und des Diebstahls, der angeblich im Hause Münchmeyer herrschte: Die giftige Säure hatte auch mich schon ergriffen!(48) lautet Mays Kommentar, wenn er davon berichtet, wie er den angeblichen Diebstählen Pauline Münchmeyers auf die Spur kam. Die Episode, in der der alte Musterwirt versucht, neue Taler als alte (von 1846) auszugeben, ist ebenfalls auf die Praktiken des Hauses Münchmeyer zu beziehen: Münchmeyer (und Fischer) gaben schmutzige Kolportage (neue Talerstücke) als echte Karl Mays (Taler von 1846 bzw. 1850) aus (May ist 1842 geboren!). Allerdings reicht die Gleichung Musterwirte = H. G. Münchmeyer und Adalbert Fischer nicht ganz aus, um auf der biographischen Ebene diese wichtigen Figuren zu deuten.

2. Der Neubertbauer

Der Neubertbauer ist einer der wenigen ernsthaften Gegenspieler des Musterwirts Frömmelt; seine Tochter hat den Mut, die Wahrheit über die Musterwirtsfamilie zu sagen, nämlich daß sie »das Blut der armen


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Weber saugen«(49) Dafür rächt sich der Musterwirt fürchterlich: er verleitet den Neubertbauern zum Spiel und sorgt dafür, daß er bei ihm hohe Schulden macht. Danach tritt er als Geldmännle an ihn heran und bietet ihm Falschgeld zur Bezahlung seiner Schulden, um ihn später als Falschmünzer anzuzeigen und ins Gefängnis zu bringen. Auch in dieser Geschichte ist ein Stück Autobiographie verborgen. Der Neubertbauer stellt einen gewissen Aspekt der Persönlichkeit Mays dar, den schuldig gewordenen Menschen. In dieser Situation tritt der Versucher (H. G. Münchmeyer) an ihn heran und bietet ihm Geld (für schmutzige Kolportage). May nimmt an und gerät dadurch in den Abgrund »Er führte mich zu Prozessen, die ich verlieren mußte; er aber gewann sie als der verborgene Hintermann«(50), sagt der Neubertbauer über seinen Versucher. Spricht hier May in weiser Voraussicht über die kommenden unheilvollen Prozesse und über den für ihn nicht gerade glücklichen Vergleich von 1903? Es ist immerhin möglich, daß der Geschichtenerzähler May mehr Einsicht in eigene Fehler besaß als der May des Alltags. Jedenfalls ist nicht auszuschließen, daß May in den Musterwirten auch eine Art Projektion der gesamten »May-Feinde« geschaffen hat, die sich in dieser Zeit zu erkennen gaben, denn eine derartige Häufung von Verbrechen, wie sie die Musterwirte auf sich laden, läßt nur darauf schließen, daß May hier das Böse in seiner konzentriertesten Form darstellen wollte (und das waren für ihn um 1902 nun einmal seine Feinde). Der Selbstmord des Neubertbauern, der zugleich seine Rache an den Musterwirten darstellt, könnte so als Symbol gedeutet werden für Mays »Umkehr«, für den Entschluß, den alten, schuldig gewordenen May zugunsten des Geistsuchers May zu begraben (wobei Mays Rache an den Feinden darin liegt, daß er ihnen in Gleichnissen wie dem "Geldmännle" den Spiegel vorhält, so wie der Musterwirt sich selbst erkennt in seiner Sündenhaftigkeit, wenn der Geist des Neubertbauern in ihn gefahren ist(51)). Jedenfalls läßt sich der Neubertbauer als ein Stück der Persönlichkeit Mays deuten. Auch in zwei weiteren Figuren sind Maysche Autobiographica verborgen: im Lehrer Hermann Bernstein und im Musteranton.

3. Der Musteranton und der Lehrer

Über die Gestalt des Musterantons wurde im vorigen Teil bereits einiges Wesentliche gesagt: May stellt hier sich selbst als Musterzeichner, d. h. als Schriftsteller, der Entwürfe und Planskizzen liefert, vor. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang das »Damespiel«, bei dem der Musteranton dem Musterwirt das Bergle abgewinnt. Diese Partie hat kein direktes autobiographisches Gegenstück, sondern läßt sich nur im übertragenen Sinn deuten und verstehen. Der Musterwirt will Anton dadurch überwinden, daß er ihn zunächst mit Wein betrun-


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ken [betrunken] zu machen versucht. Als das mißlingt, wendet er die Kraft der Suggestion an: aber Anton läßt sich nicht irre machen, denn jedesmal, wenn der Musterwirt ihn fest anblickt, begegnet er den Augen von Antons Geliebter Marie.(52) Marie verkörpert hier keine bestimmte Gestalt aus dem Leben Karl Mays, sondern stellt seine »guten« Seeleneigenschaften dar, wie überhaupt die Seele in Mays Spätwerk stets als Frauengestalt personifiziert wird.(53) Seine Widerstandskraft den Mächten des Bösen (der Kolportage) gegenüber gibt Anton die Möglichkeit, sich auf dem Bergle selbständig zu machen und sich ein Häusle zu bauen, aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe: »Ich nehme keinen Baumeister, keine Maurer und auch keine Zimmerleute. Ich mache alles selber. Das bringe ich schon zusammen. Für meine Musterarbeit brauche ich drei Stunden am Tage. Die übrige Zeit bau ich. Das Holz zu den Balken leiht mir der Förster.«(54) Man könnte in dieser schlichten Beschreibung so etwas wie eine Anspielung auf die Zeit erblicken, in der May sich als Reiseschriftsteller von der Kolportage freizuschreiben suchte, aus eigener Kraft aus dem Abgrund fortkommen wollte: drei Stunden täglich braucht er für das Muster (die Disposition und die Anlage der Erzählungen), die restliche Zeit wird für das Bauen (Schreiben) verwendet. Notwendige Materialien »leihen« fachkundige Schriftsteller wie Layard u. a. (der Förster in Mays Bildersprache). Man mag diese Interpretation überzeichnet nennen, doch ganz gewiß steht das Bergle in der ganzen Erzählung für den »autokratisch« verwalteten geistigen Bereich, den May sich selbst erworben hatte durch Fleiß und Ausdauer: Ich sitz' auf meinem kleinen »Bergle« still(55), heißt es in Mays Widmungsgedicht, das er einem Verehrer in sein Exemplar der "Dorfgeschichten" schrieb, und es ist ja hochinteressant (wie May sagen würde), daß ausgerechnet dieses Bergle, auf dem später das Herzle und seine Mutter wohnen, ursprünglich im Besitz des Musterwirts war. Der freilich wollte dort seine Betrügereien mit den auf »alt« hergerichteten neuen Talerstücken in aller Stille durchführen, während der Musteranton durch seine fleißigen Sprengungen unter gewaltigem Getöse ganz unverhofft Silber entdeckt. Wenn man will, so kann man diese Beschreibung als eine Art »Ehrenrettung« der Kolportageromane Mays deuten: der fleißige Musteranton entdeckt, daß die vermeintliche »Schundliteratur« sich als eine wahre Silberader für den talentierten Schreiber, eine Schule des Erzählens entpuppt. So wird May es wenige Monate später auch im letzten Kapitel des "Silberlöwen IV" schildern: das häßliche Pferd Kiss-y-Darr (»Schundroman«) entpuppt sich zusehends als ein durch viele Mißhandlungen und schlechte Erziehung (sprich: Bearbeitung) verdorbenes »edles Blut«. Überhaupt kehren manche Motive des "Geldmännle" im letzten Kapitel des "Silberlöwen" wieder.

   Haben wir den Musteranton also in vielen Zügen als ein Porträt des jungen Karl May erkannt, der sich aus dem Abgrund der Kolportage


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hochgearbeitet, und im Neubertbauern ein Bild der schuldig gewordenen Persönlichkeit Carl Friedrich May, so tritt uns im Lehrer Hermann Bernstein eine weitere Gestalt entgegen, die deutlich autobiographische Züge trägt. Interessant und auffallend ist schon der Name des Lehrers: Rudolf Bernstein, der liebe Rudi, der wahre Freund(56), Mays Anwalt, den Hans Wollschläger als den Regisseur »des ganzen Satyrspiels« bezeichnet, »der seinen Klienten von Klage zu Klage hetzt«, mag Pate gestanden haben zu dem Namen, den May seinem Ideal-Selbstbild gibt. Hermann Bernstein verkörpert alles das, was May gern sein wollte und wonach er strebte: zunächst ist er Lehrer, und zwar ein aufrichtiger und ehrlicher Lehrer, der die Wahrheit sagt und schreibt, auch wenn sie den Mächtigen (den Musterwirten) unbequem sein muß. Seine Bücher "Die Notlage der Handweberei im Erzgebirge" und "Die Arbeiterarmut und das unlautere Kapital" enthüllen die wahren Verhältnisse im Dorf und prangern die Herrschenden, d. h. die Musterwirte, schonungslos an. Ähnliches plante May später mit seinem zweibändigen Privatdruck "Ein Schundverlag und seine Helfershelfer", in dem die Machenschaften der Firma Münchmeyer enthüllt werden. Zum zweiten ist Hermann Bernstein wegen seines Fleißes bereits beim Ministerium »besonders angemerkt«(57) worden, und wie sehr hat sich Karl May nicht nach öffentlichem Ruhm und nach Anerkennung gesehnt (die am 9.12.1902 erfolgte Verleihung des Dr. h. c. durch eine obskure »Universitas Germana-Americana in Chicago« ist ganz in diesem Sinne zu verstehen(58))! Schließlich und endlich aber ist auch Hermann Bernstein ein »Kind des Hungers und der Not«(58a), wie Karl May sich gerne sah; als Sohn armer Weber kann er das Lehrerseminar nur besuchen, weil ihn ein unbekannter Gönner nach dem Tod seiner Eltern finanziell unterstützt. Bei May war es anders: hier mußten sich die Eltern das erhungern, wovon der Sohn dann das Seminar besuchen konnte, und der Kirchenpatron, ein Graf von Hinterglauchau, gab lediglich einen winzigen Zuschuß von jährlich 15 Talern.(59) In vieler Hinsicht hat Karl May in der Geschichte Hermann Bernsteins also so etwas wie die eigene »Wunschbiographie« geschrieben, und nicht der geringste Punkt darin ist der, daß sich der Lehrer Bernstein erfolgreich gegen die Annäherungsversuche der Musterwirtstochter Rosalia (= Emma Pollmer) wehren konnte, was May bekanntlich nicht gelang ...

4. Rosalia, Herzle und das Karlinchen

Den männlichen Hauptpersonen stehen drei weibliche Gestalten im "Geldmännle" gegenüber: die Rosalia, Tochter des Musterwirts, das Herzle, die Tochter des Musterantons mit ihrer Mutter Marie und die Ziege Karlinchen, die wir als festen Bestandteil der Wirtschaft des Herzle ruhig mit als weibliche Gestalt aufführen dürfen. Herzle, die


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einfache, seelenvolle und ehrliche Klöpplerin, und ihr Kontrastbild, die vom städtischen Dünkel befallene, hochmütige und dämonische Rosalia (einmal wird sie versehentlich »Aurelia« genannt(60)), sind auf biographischer Ebene mit den beiden Frauen Mays zu identifizieren: Herzle, so wird Klara May auch im "Winnetou IV" gerufen, und nicht wenige Züge gemahnen im "Geldmännle" von 1903 bereits an den späteren Band "Winnetou IV", die Ausstellung zum Beispiel, die von einem Komitee vorbereitet wird, der der Musterwirt Frömmelt vorsteht und die das Leben und Arbeiten der armen Weber vorstellen soll. Frömmelt aber plant etwas ganz anders: er will der Ausstellung »ein großes Gebäude mit teurer Ausstattung, eine weithin schallende Reklame - man denke an die Reklametrompetenstöße, mit denen Adalbert Fischer die Neuausgabe der »Münchmeyer-Romane« vorbereitete(61), Anm. d. Verf. - und allerlei andere Kostspieligkeiten« geben, um so statt der Wahrheit die Lüge zu verbreiten. Ähnlich ist es mit dem Komitee in "Winnetou IV", das mit dem Winnetou-Denkmal ein falsches Winnetou-Bild propagieren will, bevor Old Shatterhand alias Karl May (im "Geldmännle" ist es der Lehrer Hermann Bernstein, ganz folgerichtig) dazwischentritt. Bei der Ausstellung soll auch Rosalia eine große Rolle spielen, als Oberste der Festjungfrauen. Bereits im "Silberlöwen IV" hat May seine Frau Emma Pollmer (damals war sie ja noch seine Frau) als »Festjungfrau« Pekala porträtiert. Hier war »Pekala, die Köstliche« noch eine Figur mit fast rührend-naiven Zügen, nun aber hat sich das Bild verschärft: Diese Null war hohl(62), heißt es in einem etwa um dieselbe Zeit entstandenen Abschnitt des "Silberlöwen IV", und auch Rosalia ist »hohl«, eine leere, aufgeblasene Hülse, die am Ende von der Ziege Karlinchen ins Wasser geworfen wird und elendiglich ertrinkt. Sie ist aber auch das »böse Gewissen« und die dämonische Triebkraft ihres Vaters, des Musterwirts, vergleichbar mit der Rolle, die am Schluß des "Silberlöwen" die Gul-i-Schiras an der Seite des Ahriman Mirza spielt: Rosalia (bei dem Namen fällt einem unwillkürlich die »Emilia« des "Waldröschen", ein weiteres Emma-Pollmer-Porträt, ein) ist diejenige, die die Postquittungen aus dem Fach des Herzle genommen hat, um Hermann Bernstein vorzuspiegeln, er habe das Geld für seine Seminarausbildung vom Musterwirt bekommen und nicht vom Herzle und ihrer Mutter, wie es der Wahrheit entspricht.(63) Sie heckt auch den teuflischen Plan aus, das Herzle als die eigentliche Falschmünzerin auszugeben.(64) Es ist möglich, daß May in Rosalia noch eine weitere Widersacherin seiner späten Jahre mit-porträtiert hat, nämlich die »Prinzipalin« Pauline Münchmeyer, die er im "Schundverlag" als eigentliche dämonische »Seele« des Münchmeyer-Geschäfts darstellte. Auf der anderen Seite finden wir aber in den anfänglich recht schwankenden und unentschiedenen Beziehungen Bernsteins zur Rosalia einerseits und zum Herzle andererseits (so war er vor der Ge-


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burtstagsgratulation [Geburtstagsgratulation] beim Herzle bei Rosalia, um zu gratulieren(65)) eine recht präzise Beschreibung der Mayschen Seelenlage in der Zeit unmittelbar vor der Scheidung von Emma. Natürlich entscheidet sich Hermann Bernstein schon bald eindeutig für das Herzle.

   Daß May mit dem Kosenamen Herzle seine zweite Frau Klara bezeichnete, ist mehrfach belegt; interessanterweise nennt Klara in ihrem Tagebuch auch May ihr Herzle.(66) Im übertragenen Sinne ist das Herzle als die gute Seele des Ganzen, als die Triebfeder der edlen Handlungen des Lehrers Hermann Bernstein zu verstehen. Äußerliche Schönheit besitzt sie nicht, sie ist bucklig; aber es kommt auf die »innere Schönheit« an. May konnte freilich nicht ahnen, daß er wenige Zeit nach der Niederschrift des "Geldmännle" einem wahren Freund begegnen sollte, der wirklich bucklig war: Sascha Schneider! Wie das Herzle lebte auch Klara Plöhn nach dem Tod ihres Gatten Richard allein mit ihrer Mutter Wilhelmine Beibler zusammen: ihr Vater war - wie der Musteranton - schon relativ früh gestorben (als Klara 15 Jahre alt war).(67) Ob Klaras Mutter freilich eine Waise war wie die Klöppelmeisterin Marie im "Geldmännle", vermag ich nicht zu sagen, es ist auch für die Interpretation der Geschichte nicht weiter wichtig. Im übrigen hielt May große Stücke auf seine spätere Schwiegermutter.(68) Zu Beginn des "Geldmännle" (von der Einleitung abgesehen) wird der 24. Geburtstag des Herzle gefeiert; Klara wurde 1888 24 Jahre alt; nach Hatzig lernte May sie um das Jahr 1892 kennen(69) (nach Maschke allerdings bereits 1890).(70) Sollte das Datum 1892 stimmen, so wäre das immerhin ein nachdenkliches Faktum: das Herzle ist zu Beginn der Geschichte 24 Jahre alt, Klara war (vielleicht) 28, als May sie kennenlernte. Die falschen Talerstücke, die der Musterwirt vertreiben will, sind vom Jahr 1846 und stehen für Mays Werke (May aber ist 1842 geboren). Operiert May mit der Additions- oder Subtraktionszahl 4 bei der Verschlüsselung von Daten im "Geldmännle"? Für alle Zweifler sei bereits hier angemerkt: dies ist eine Spekulation, mehr nicht (aber eine ganz amüsante). Zuzutrauen wären May solche »Künste« durchaus ...

   Neben dem Herzle und ihrer Mutter lebt noch die Ziege Karlinchen auf dem Bergle; sie ist gewissermaßen die »Hüterin der Schwelle«, die darauf achtet, daß das Böse sich nicht allzuoft auf das Bergle traut (und das Ende der Rosalia führt sie - als ausgleichende Gerechtigkeit - auch herbei). Ob May hier auch eine biographisch-autobiographische Verschlüsselung vorgenommen hat, bleibt zweifelhaft: immerhin steckt in Karlinchen auch ein Stück »Karl«, aber vielleicht noch mehr. Mays Schwester Karoline Selbmann (Kar(o)line) hatte eine kleine Tochter Clara (Klara - Karlinchen), die eine Zeitlang bei Karl und Emma May wohnte (1891/1892) und von dem kinderlosen Ehepaar offenbar wie eine eigene Tochter geliebt wurde. Im Zusammenhang mit der Bekanntschaft Mays mit dem Ehepaar Plöhn soll es später zu Ver-


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stimmungen [Verstimmungen] zwischen Emma und der kleinen Clara, genannt »Lottel«, gekommen sein, so daß ihre Mutter sie zurückholen mußte. Beim Abschied hat May angeblich zu Emma gesagt: »Weißt Du, Emma, wir haben ein Kindchen gehabt, die kommt nicht wieder.«(71)

   Spiegelt sich diese Episode in der Geschichte von der Ziege Karlinchen wider, die Intelligenz und menschliches Einfühlungsvermögen besitzt und von Herzle und ihrer Mutter wie ein Kind gehalten wird? Ich halte das immerhin für möglich, denn im "Geldmännle" ist Karlinchen (Klara) die Widersacherin von Rosalia (Emma). Über die Rolle der Ziege im Erzählablauf wird aber im nächsten Kapitel noch gesprochen werden müssen.

   Noch eine weitere biographische Spiegelung sei hier nachgetragen, die sicher deutlicher und eindeutiger ist als die zuletzt erwähnte: kurz vor dem Tod des Musteranton kommt ein Brüsseler Ehepaar zu Anton und seiner Frau Marie. Sie finden Gefallen an den Spitzen, die Marie klöppelt, und wollen sie als echte Brüsseler Spitzen verkaufen(72); noch mehr Gefallen aber finden sie an dem kleinen Herzle, denn ihnen ist gerade das einzige Kind gestorben. Hinter dem Brüsseler Spitzenfabrikanten verbirgt sich Mays Verleger Friedrich Ernst Fehsenfeld, der May allerdings im Vergleich zum »Musterwirt« Münchmeyer wie ein Verlagsbuchhändler 1. Klasse (»Brüsseler Spitzen«) vorgekommen sein muß, und Mays Werke denn auch prompt als »Brüsseler Spitzen« ("Carl May's Gesammelte Reiseromane") verkauft. Fehsenfeld litt bekanntlich sehr an dem Verlust seines Sohnes »Hänschen«, der freilich nicht sein einziges Kind war.(73) Die »Spiegelung« liegt wohl auf der Hand ...

   Zusammenfassend läßt sich sagen, daß May im "Geldmännle" eine verschlüsselte Darstellung seiner Beziehung zu H. G. Münchmeyer und Adalbert Fischer auf der einen Seite und seiner Eheprobleme auf der anderen geliefert hat. Es mag ihm eine besondere Genugtuung gewesen sein, Fischer mit dem "Geldmännle" gewissermaßen eine Abrechnung über dessen »Untaten« (in der Gestalt des Musterwirts Frömmelt) zu präsentieren. Wäre dies nun alles, die Geschichte "Das Geldmännle" hätte für uns sicherlich höchstens dokumentarischen Wert. Daß sie dennoch so tief auch den heutigen Leser berührt, der die zugrundeliegenden biographischen Spiegelungen vielleicht gar nicht kennt(74), hängt damit zusammen, daß May der Geschichte noch eine zweite, höhere Dimension gegeben hat, die die Geschehnisse des "Geldmännle" als durchaus überpersönliche, allgemein-menschliche und sogar menschheitliche Bilder erscheinen läßt. Dieser Dimension wollen wir uns nun zuwenden.


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IV.  B i l d e r  u n d  G l e i c h n i s s e

1. Der Musterwirt und das Gewissen

Ein Alptraum, ganz gewiß: vor einer dunklen, halbnackten männlichen Gestalt steht eine riesige weiße Figur, deren Gesichtszüge nicht deutlich zu erkennen sind, die Arme drohend (oder beschwörend?) ausgestreckt. Die dunkle Figur, die der weißen Riesengestalt direkt ins Auge sehen müßte, hat sich angstvoll zusammengekrümmt, die Hände vor die Augen haltend. So steht Sascha Schneiders Gemälde "Der Chodem oder der Astralmensch", oft auch "Das Gewissen" genannt, heute wieder vor dem Betrachter im neugestalteten Karl-May-Museum in Bamberg. Sascha Schneider hat dieses Bild mit seiner unheimlichen Schwarz-Weiß-Wirkung im Jahre 1903 für Karl Mays Empfangszimmer in der Villa Shatterhand gemalt, und nicht ohne Grund wollte Karl May seine Besucher mit diesem Gemälde direkt konfrontieren: sie sollten gleich wissen, was sie beim »Ustad« May erwarte ... Auf viele muß dieses Bild schockierend und erschreckend gewirkt haben(75), und diese Wirkung läßt sich begreifen, wenn man selbst nur eine Reproduktion des Gemäldes ansieht. Als May das "Geldmännle" schrieb, kannte er Sascha Schneider nicht persönlich, das erste Zusammentreffen mit ihm fand im Juni 1903 statt, und das Bild war auch im November 1903 noch nicht vollendet.(76) Am 10.9.1903 hatte May den "Silberlöwen IV" abgeschlossen, und im letzten Kapitel dieses Buches, dem bedeutsamen "Zusammenbruch", findet sich die Beschreibung, die Sascha Schneider wohl als Vorlage zum "Chodem" diente: Ahriman Mirza, der Fürst der Finsternis, plant die endgültige Umzingelung und Unterwerfung der Dschamikun, die für diejenigen May-Leser stehen, die sich geistig auf den Weg zum Edelmenschen führen lassen wollen. In der Teufelsstube, wo der Teufel der Sage nach die ihm zugedachten Seelen zerreißt, plant Ahriman Mirza die endgültige Machtübernahme. In diesem Augenblick tritt ihm der Ustad, das »höhere Ich«, der »höhere Geist« Karl Mays, als sein eigener Chodem entgegen, ganz genauso gekleidet wie er. Chodem ist das persische Wort für »ich selbst«. Die dortigen Metaphysiker aber bezeichnen mit diesem Worte etwas noch Anderes, ungefähr so eine Art dessen, was wir »Doppelgänger« nennen, aber in viel höherem, edlerem Sinne. Sie lehren, daß der Mensch zwar auch einen Geist besitze, den die Seele nach und nach aus den Stoffen des Körpers heraus- und emporzubilden habe, aber dieser rein menschliche Geist sei abhängig und werde geleitet von einem Geiste aus höheren Regionen, der Gott mit seinem eigenen Schicksale dafür verantwortlich sei, daß der ihm anvertraute Mensch seine Bestimmung erreiche. Dieser hohe Geist eigne sich sämtliche Aggregatzustände seines Menschen an und sei also imstande, ihm und auch Anderen persönlich zu erscheinen, und


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zwar ganz genau in derselben Gestalt und Kleidung wie der Betreffende selbst. Erscheine er Andern, so habe das nichts Schlimmes zu bedeuten; lasse er sich aber vor seinem eigenen Menschen sehen, so sei das ein sicheres Zeichen, daß er ihn für immer verlassen werde, also entweder des nahenden Wahnsinns oder des zu erwartenden Todes. Denn ein Mensch, der von seinem höhern Geiste, von seinem Chodem aufgegeben wird, muß entweder sofort sterben oder in geistiger Nacht langsam versinken.(77)

   Diesen Moment hat Sascha Schneider in seinem Gemälde "Der Chodem" festgehalten als beklemmende Vision: der halbnackte Mensch im Vordergrund verbirgt sich angstvoll vor dem Anblick seines Chodem, seines »Geist-Selbst«. In einem Punkt hat sich der Künstler Schneider freilich von Mays Beschreibung freigemacht: »Niederer« und »Höherer« Geist sind nicht gleich gekleidet, vielmehr strahlt der »Astralmensch« als weiße Lichtgestalt eine große Überlegenheit aus gegenüber dem armseligen Erdenmenschen vor ihm.

   Sascha Schneider ahnte wohl, daß Mays »Chodem«-Gedanke an sich zu widersprüchlich sei, um ohne Abstriche oder Akzentuierungen in ein Bild umgesetzt werden zu können, und hat ihm den Hell-Dunkel (Licht-Schatten-)Kontrast zur Verdeutlichung hinzugefügt. In seiner ideologiekritischen Studie zu »Gnostizismus und Licht-Symbolik in Deutschland um 1900« mit dem Titel "Empor ins Licht" hat Klaus Jeziorkowski mit Recht die Verwandtschaft des »Lichtsieg«-Gedankens, der in den Werken Sascha Schneiders wie in Mays Spätwerk immer wiederkehrt, mit zentralen Strömungen der Jugendstilkunst insgesamt aufgezeigt.(78) Kann man Jeziorkowskis Darlegungen auch in ihrer letzten Konsequenz, die zu der »Rampe von Auschwitz« führt, nur kopfschüttelnd folgen, so ist doch seine Behauptung, das Thema "Empor ins Licht" sei richtungsweisend für gewisse mystizistische Strömungen in der Kunst der Jahrhundertwende, sicher nicht gänzlich falsch. Wenn Sascha Schneider den Chodem als strahlenden Lichtmenschen und den »Erdengeist« als ein schreckhaft zusammengekrümmtes Etwas im Dunkel zeigt, so hat er Mays Chodem-Theorie aber doch stark vereinfacht. Sie ist nämlich, zumindest in der Form, wie May sie im "Silberlöwen" vorstellt, durchaus widersprüchlich und rätselhaft. Schon Hansotto Hatzig stellte die berechtigte Frage, was geschehe, wenn einer »an seinem "Ich selbst" zerbricht«.(79) In letzter Konsequenz muß er zur gespaltenen Persönlichkeit, zum Schizophrenen werden, wie ja auch Ahriman Mirza an der Begegnung mit dem »Chodem« zerbricht. Das Erlebnis der »Ich-Spaltung«, des Zerfallens einer scheinbar starken Persönlichkeit in mehrere »Hälften«, taucht in Mays Alterswerk in beklemmender Häufigkeit auf(80), so daß die Frage berechtigt erscheint, ob May in seinem berühmt-rätselhaften »Zusammenbruch« auf Padang nicht vielleicht Ähnliches erlebt habe, nämlich die Erkenntnis, daß es mehrere Mays in seinem Innern gebe, den »alten«, einen Hochstapler


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und Schwindler, getrieben von einer merkwürdigen »quälenden Beeinflussung«, und einen anderen, der sich neuen, »mütterlichen«, liebevollen Gefilden zuwenden wolle ...(81) Ganz auszuschließen ist das nicht, und so wäre denn auch die Frage zu beantworten, die Hansotto Hatzig stellte: bei der Begegnung mit seinem »höheren Ich« braucht der Mensch nicht unbedingt in den Wahnsinn oder in den Tod zu gehen. Es stirbt zwar dann etwas in ihm, aber ist das nicht der alte, »niedere« Seelenteil, während das Göttliche, der »Astralmensch«, überlebt (so ist auch wohl Mays fester Unsterblichkeitsglauben zu verstehen)? Im "Silberlöwen" freilich gibt es für den Ahriman Mirza nur den Zusammenbruch, das Ende; aber wer sagt denn auf der anderen Seite, daß der Glaube des Ahriman Mirza an die Sage vom Chodem ein bloßer Aberglaube sei? Spielt der Ustad nicht nur den »Chodem« des Ahriman, ist er es nicht vielleicht auch? Der Text des "Silberlöwen" belegt, daß May sich selber nicht sicher war. Im großen Nachtgespräch des ersten Kapitels im "Silberlöwen IV" heißt es: Ich mußte an Ahriman Mirza denken, den Teuflischen! Schaute etwa dieser Verführer mich jetzt aus den funkelnden Augen des Ustad an! (sic! Das ist keine Frage, sondern eine Feststellung, Anm. d. Verf.) So höllisch erwartungsvoll! (. . .) Ich begriff den Ustad. Die ganze Hölle, gegen welche er einst vergeblich gekämpft hatte, schaute mich jetzt mit diesem seinem Blicke an.(82) Das ist deutlich: Ahriman Mirza und Ustad, Ahriman und Ormuszd sind zwei Seiten derselben Medaille. Der »Ustad« ist reiner, göttlicher Geist, Ahriman der niedere »Erden«-Geist der Lüge und Falschheit. Um Ustad zu werden, »reiner Geist«, mußte Karl May erst den Weg durch die Hölle gehen, von Ardistan nach Dschinnistan, denselben Weg, den er seine Leser führen wollte (und 1902/03 war er selbst noch lange nicht am Ende dieses Weges). So bedeutet der Augenblick, in dem der Ahriman seinem »Chodem« begegnet, ja auch den Moment der »Selbsterkenntnis«: der Ahriman geht unter, was bleibt, ist nur noch der Ustad, reiner Geist, Astralmensch, für May der Zielpunkt der Menschheitsentwicklung: »Sei fortan nur Geist, und --- such' dir deine Seele!«(83)

   Was hier so ausführlich dargestellt wurde, hat May schon vor der Vollendung des "Silberlöwen IV" in Erzählbilder gehüllt, nämlich im "Geldmännle". Der Musterwirt erscheint hier als »Fürst der Finsternis«; die Summe seiner Untaten von Lüge, Verleumdung, Ausbeutung, Betrug, Raub (der Quittungen) über Mord und Anstiftung zum Selbstmord (Neubertbauer!) erscheint geradezu ins Gigantische verzerrt, und das soll sie auch. Nebenher bleiben bei seinen Verbrechen auch noch sein Schwiegervater und Vorgänger (von kleiner Gestalt, denn noch sind die Verbrechen der Musterwirte nicht zu der gigantischen Riesengestalt aufgebläht), seine Frau (die Seele des Musterwirts) und seine Tochter Rosalia (sein böses Gewissen) auf der Strek-


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ke [Strecke]. Dennoch wird der Musterwirt am Ende »entsühnt«, und das ist ganz wörtlich zu verstehen: er sühnt mit dem Tod und wird befreit.

   Rekapitulieren wir kurz den Verlauf der Handlung, was das Verhältnis Musterwirt Frömmelt - Neubertbauer angeht: der Neubertbauer wird von dem Vertreter des Bösen, dem Musterwirt, zum Leichtsinn verführt, er gerät in die Schuld des Musterwirts (wird schuldig). In die Enge getrieben, nimmt er sich das Leben. Nun hat der Musterwirt auch dieses Menschenleben noch auf seinem »Schuldkonto«. Was jetzt folgt, ist die Entsühnung des Musterwirts durch die Begegnung mit seinem »höheren Ich«, dem Chodem (und der Musterwirt, das wird klar, ist nicht nur Vertreter des Bösen schlechthin, sondern auch ein typischer Repräsentant der beim Gang durch den »Erdenabgrund« schuldig gewordenen Menschheit). May inszeniert das Folgende mit ganz großer Geste, als wolle er das Exemplarische des Geschehens betonen: das Begräbnis des Neubertbauern wird zum Fanal für den Musterwirt. Durch einen unglücklichen Zufall bricht der Sarg des Neubertbauern auseinander (ein deutlicher Hinweis auf die folgende Ich-Spaltung des Musterwirts). Der Musterwirt fällt durch einen weiteren »unglücklichen Fehltritt« in den Sarg und ist nun mit seinem Alter ego, an dem er selbst schuldig wurde durch Lüge, Betrug und Verrat, untrennbar vereint. Er steht »am Tode«: Er sah sich im oberen Teile des Sarges schief aufgerichtet lehnen. In dem anderen Teile stand der Neubertbauer, der ihm mit offenen, fürchterlich verglasten Augen grad in das Gesicht starrte. Die Erde schoß in einzelnen, größeren und kleineren Klumpen auf sie beide herab. Das sah genau so aus, als ob der Bauer sich bewege, und auf ihn zukomme.(84) Das ist also der Augenblick der Wahrheit: die Begegnung mit dem Chodem. Der Schrecken wirkt derart stark auf den Musterwirt, daß er in seinem Bemühen, von dem Neubertbauern loszukommen, eine Querstange auf den Kopf bekommt (May übertreibt hier seine Bilder ganz offensichtlich, von eigenen Vernichtungsphantasien - am ganzen Leibe zerschmettert, lebendig begraben! - überwältigt). Wenn der Musterwirt wieder erwacht (in der Kirche, vor dem Altarbild, das er selbst gestiftet hat, und das in lügenhafter Verzerrung seine eigene Auferstehung als Apotheose zeigt), ist er nicht mehr »er selbst«, sein höherer Geist, sein Chodem, redet als »Geist des Neubertbauern« aus ihm und spricht sein eigenes Urteil: »Bist du das, frommer Musterwirt? So schön, so rein steigst du aus deinen Sünden? Die Menschen konntest du mit dem Bilde betrügen, mich aber nicht, und auch nicht Gott, den Herrn! Schau her, und sieh dir eine andere Auferstehung an, keine gemalte, sondern eine echte! Hier, wo ich bin, da steht soeben der Neubertbauer, den du gemordet hast durch seine eigene Hand, von seinem Tode auf. (...) Die Toten stehen auf und rächen sich. Drum gehe ich fort von hier und suche nach einem Messer! Und sobald ich es gefunden habe, triffst du dich ganz genau so, wie ich mich - - - mit dei-


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ner [deiner] eigenen Hand! (. . . ) Es geht jetzt Geist gegen Geist.«(85) Das Ende des Musterwirts ist denn auch genauso, wie es sein »Chodem« voraussagt: vom Geist des Neubertbauern getrieben, wird der Musterwirt das Messer, mit dem sich der Neubertbauer erstochen hat, dort wieder ausgraben, wo er selbst es versteckte, um die Prophezeiung nicht wahrwerden zu lassen.(86) Die Ich-Spaltung ist eingetreten: von nun an gibt es nicht mehr den einen Musterwirt, sondern einen Musterwirt, der vom Geist des Neubertbauern getrieben wird, das Gute zu tun und die Wahrheit zu enthüllen, und einen anderen Musterwirt, der die Sühne (und Entsühnung) im oben geschilderten Sinne zu verhindern sucht. Am Ende richtet sich der Musterwirt selbst (auf Befehl des »Chodems«) mit dem Messer, das der Neubertbauer für seinen Selbstmord nahm. Man könnte versucht sein, hierin einen »Rückfall« Mays in seine »Marienkalenderphase« zu erblicken, wo nach alttestamentarischer Manier (Auge um Auge, Zahn um Zahn) die Schurken auf dieselbe Weise zu Tode kamen, mit der sie andere umbrachten, oder Flüche sich am Fluchenden wörtlich bewahrheiteten. Aber das Ende des Musterwirts ist noch etwas Anderes: in Mays "Babel und Bibel" ist von der »Geisterschmiede« die Rede, in der die Menschen durch unbeschreibliche Qualen geläutert werden müssen, damit sie nach Dschinnistan gelangen können. Läuterungsfunktion hat auch die Phase, in der der Musterwirt unter dem Zwang seines »höheren Ichs«, des Geist des Neubertbauern, handeln muß: »Der Neubertbauer war fast noch der einzige, mit dem --- der Neubert --- der Staatsanwalt! --- da ist er --- da, da, da! Er schaut mich an! Er mahlt --- er reibt --- er beutelt!«(87) Das ist die Qual, die zur Entsühnung führt; das Ende, der Tod mit dem Messer in der Brust, ist das entsühnende Fegefeuer, die eigentliche »Katharsis«. Später, im "Abdahn Effendi" wird die Explosion, mit der der tote Körper des Effendi zusammen mit seinen Freunden zerstört wird, die Funktion der »Geisterschmiede«, der reinigenden Qual übernehmen.(88) Interessant ist im "Geldmännle" wie auch im übrigen Alterswerk die auffallende Bedeutung, die den Augen (als Sitz der Seele) zugeschrieben wird. Der alte Musterwirt kann den prüfenden Augen der Marie (der Wahrheit) nicht widerstehen und verliert das entscheidende Damespiel gegen den Musteranton, der »außer sich geratene« Musterwirt kann die Augen des Neubertbauern, seines Chodem (Geisteraugen natürlich) nicht ertragen (man denke an Sascha Schneiders "Chodem", kurz nach dem "Geldmännle" entstanden, wo die vorne stehende Menschengestalt auch dem »Astralmenschen« nicht in die Augen blicken kann), andererseits aber schaut er, wenn der »Chodem« aus ihm spricht, die Tochter des Neubertbauern, Anna (eine Reminiszenz Mays an seine erste Liebe, Anna Preßler?) mit den Augen der Liebe an: Er schlug sie (die Augen, Anm. d. Verf.) auf und sah sie mit einer Liebe an, die sie fast in Verwirrung bringen wollte.(89)


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   Wir haben den Tod des Musterwirts und die ihm vorausgehende Begegnung mit dem »Chodem« als einen Prozeß der Läuterung und Entsühnung bezeichnet, und so hat May ihn auch zweifellos verstanden. Die Frage Hatzigs, wie sich die Begegnung eines Menschen mit sich selber auswirke, läßt sich aufgrund der Schilderungen im "Geldmännle" recht eindeutig beantworten: nach außen wirkt der vom Geist des Neubertbauern »besessene« Musterwirt freilich wie ein Wahnsinniger. In Wirklichkeit aber sind nur die Momente, in denen der Neubertbauer aus ihm spricht, die Augenblicke, in denen er »er selber« ist. Die Ausstellung, die er plante, sollte dazu dienen, die Wahrheit zu verschleiern; das ganze Leben des Musterwirts vor dem Zusammentreffen mit seinem »Chodem« war eine einzige Lüge. Jetzt aber enthüllt der höhere Geist in ihm die Wahrheit, Stück für Stück; er führt das Herzle in seine Stube, wo das Falschgeld liegt, das seine Identität mit dem Geldmännle beweist. Er gibt ihr auf diese Weise auch Gelegenheit, die Postquittungen zu entdecken, die Rosalia unterschlagen hatte. Jetzt kann die Wahrheit an den Tag kommen: der Lehrer Hermann Bernstein, der auf dem geistigen Weg schon weit fortgeschritten ist, hat es nur so weit gebracht, weil er im Herzle die Seele gefunden hatte, die ihn auf den Pfad der Liebe wies. Auf diesen Pfad führt der Geist des Neubertbauern auch den scheinbar verwirrten Musterwirt, wenn er z. B. Anna auf die Stirn küßt oder Karlinchen, die Ziege, liebkost. So wird der Körper des Musterwirts denn meist regiert vom guten Geist des Chodem, und in diesen Augenblicken ist er normal, während sein früherer Zustand als Ausbeuter und Verbrecher »verwirrt« genannt werden muß: »Was ihr superklugen Menschen euch doch für konfuse Bilder macht! Ihr laßt ganze Bücher von der Macht des Geistes über den Körper handeln. Wenn euch aber einmal ein Geist beweist, daß er sogar fremde Menschenkörper genau so wie seinen einstigen zu beherrschen vermag, so nennt ihr ihn --- verrückt! Was wißt ihr von dem Geist und der Seele!«(90) So hat der Musterwirt im Zusammenbruch seine wahre Identität gefunden und sich selbst erkannt (der Chodem ist also das wahre Ich des Menschen, frei von allem äußeren Schein). Nachdem er seine »Beichte« abgelegt hat und in einer letzten, wahrhaftigen Ausstellung alle Geheimnisse seines Verbrecherdaseins enthüllte, kann er entsühnt aus dem Leben gehen: »So habt ihr mich erlöst! --- Ich wollte morgen vor den Herrgott treten und ihn fragen, wer schuld an allen meinen schlimmen Taten ist. Ich dachte mir, ich sei es nicht! Wie ich von dem Geiste meines Feindes gezwungen worden bin, aus meinen Sünden genau so herauszusteigen, wie es in der Kirche auf meinem Altarbild zu sehen ist, so hat es vorher in mir aber einen falschen Freund gegeben, dem zu Gefallen ich alles Böse tat, was er von mir verlangte. (...) Es ist der --- Mensch! Der Mensch in meinem Körper!«(91) Hier wird klar, warum May im Vorwort zu den "Dorfgeschichten" schreiben konnte: Wer


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diesen Geist, den doppelten, begreift, der darf den Schatz und dann auch selbst sich heben! Im Zusammenhang mit den Lehren, die man aus dem "Geldmännle" zu ziehen hat, bedeutet das: Erkenne dich selbst! Es gibt in dir zwei Geister, einen guten, der vom Himmel kommt, und einen bösen, der dich zur Erde hinabzieht. Nur wenn du den guten entdeckst, wenn dir der Chodem gegenübertritt, darfst du den Schatz der geistigen Erkenntnis heben. Dann weißt du, daß der Chodem »du selbst« bist; nicht der äußere Schein ist wichtig, die »Ausstellung«, die du selbst dir auf Erden schaffst, sondern dein »innerer Schatz«, dein wahres Selbst! Karl May konnte dies schreiben, denn im Zusammenbruch auf Padang war ihm sein Chodem gegenübergetreten und hatte ihm gezeigt, daß er den »alten Karl May« in sich fortan zu begraben hatte. So ist die Entsühnung des Musterwirts zugleich auch der Freispruch für den Menschen Karl May, und befreit von den Lasten der Vergangenheit kann nun der Fürst der Finsternis, Ahriman Mirza, zusammenbrechen. Wie heißt es doch im vorletzten Kapitel des "Silberlöwen IV", nachdem Kara Ben Nemsi das Geistroß Syrr bestiegen hat: Wie aber stand es da mit mir, dem Abgeschwächten, dem Rekonvaleszenten? Was Schwachheit, und was Rekonvoleszent? Lächerlich! Ich war gesund, ganz plötzlich gesund, und aber wie gesund!(92) Nach dem ängstlichen Stammeln der Fragmente, die um die Zeit der Ehekrise entstehen(93), gewinnt Karl May mit den beiden Schlußbänden des "Silberlöwen"-Zyklus und nicht zuletzt mit dem "Geldmännle" die geistige Gesundheit zurück, und so darf auch der schon recht »vergeistigte« Hermann Bernstein nach der Beichte des Musterwirts von sich sagen: »Ich fühle, das Alte bricht in mir zusammen, um neu, vollständig neu zu werden.«(94)

   Man hat das Bild "Der Chodem" von Sascha Schneider auch "Das Gewissen" genannt, und in der Tat ist der Chodem (der Geist des Neubertbauern in unserer Geschichte) ja das »gute Gewissen« des Menschen, das ihm von Gott gegeben ist. Nachdem er diesen Chodem gefunden hat, braucht der Musterwirt sein böses Gewissen nicht mehr, und folgerichtig wird Rosalia, eben jenes böse Gewissen, das noch im letzten Augenblick die Schuld der unschuldigen Seele (dem Herzle) zuschieben will, in demselben Bach ertränkt, in den der Musteranton (das noch nicht ganz gereinigte Ich) geworfen wurde. Nachdem die Schuld gesühnt ist, hat der Musterwirt also kein Gewissen mehr. Er »kann nicht einmal seiner Tochter beichten!«(95) Als »höherer Geist«, als Neubertbauer, darf er es wagen, seiner »Tochter im Geiste«, Anna, zu beichten und darf dann entsühnt in den Tod gehen.(96) So ist das "Geldmännle" auch die Geschichte von dem wiedergefundenen »reinen Gewissen«. Die Beichte des Musterwirts nimmt dabei im "Geldmännle" denselben Stellenwert ein wie im späteren "Abdahn Effendi" die Worte »Erlöse uns von Abdahn Effendi und allen seinen Freunden!«, die der Effendi vor seinem Ende selber ausspricht, um dann wirklich erlöst zu sein.(97)


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   Eine nahezu »archetypische« Beschreibung von Ich-Spaltung, Zusammenbruch und »Läuterung« eines Menschen hat May in der Gestalt des Missionars Waller in "Et in terra pax" geliefert. Wallers »Fieberträume« können als exakte Umsetzung der psychischen Wandlung Mays auf der Orientreise gedeutet werden; insofern muß man die entsprechenden Passagen aus "Et in terra pax" ebenfalls als indirekte »Vorarbeiten« zu den besprochenen Schilderungen im "Geldmännle" ansehen.

2. Falschmünzerei

In Karl Mays drittem »Münchmeyer-Roman«, "Der verlorene Sohn", gibt es eine Episode, wo der Jude Salomon Levi, Trödler und Pfandleiher, zusammen mit dem »Rentier« Wunderlich den mittellosen und um den Verlust seines Augenlichts bangenden Graveur Herold dazu überredet, ihm Platten für die Fabrikation falscher Guldenscheine anzufertigen.(98) Auch im "Geldmännle", rund zwanzig Jahre später entstanden, geht es um Falschgeldfabrikation. Der alte Musterwirt, klein an Statur, aber um so durchtriebener, nimmt den Kupferstecher und Graveur Frommhold Uhlig als Kompagnon, Schwiegersohn und späteren Nachfolger ins Haus. Mit ihm zusammen fabriziert er falsche Talerstücke und Hunderttaler- bzw. Hundertguldenscheine. Darum kann der alte Musterwirt auch weder Papiergeld noch neue Talerstücke leiden, denn er muß ja hinter allem eine Fälschung vermuten (übrigens erinnert das auch an H. G. Münchmeyers Abneigung gegen schriftliche Kontrakte!(99)). Es liegt auf der Hand, daß May hier die »Falschmünzerei« im übertragenen Sinne verstanden wissen will; die Musterwirte bekämpfen den Geist und unterdrücken die Seele mit Lug und Trug (falschem Geld). Ihre Despotie, die sich auf unlauteren Machenschaften aufbaut und das Licht des Tages scheut, ist vergleichbar mit der des Leibesmenschen Abdahn Effendi in der späteren Erzählung. Abdahn Effendi ist - wie die beiden Musterwirte - Gastwirt, zugleich aber wichtigster Mann des ganzen Dorfes, der alles kontrolliert und ausschließlich dem Genußleben zugetan ist. Wie die Musterwirte verdankt er auch seine herausragende Stellung unlauteren Machenschaften (Schmuggel als Raubbau und Betrug an den Seelen(100)). Die Macht der Musterwirte gründet sich einzig auf materiellen Gütern, im Reich des Geistes sind sie dem Musteranton (Edelmensch) und seiner Familie unterlegen. Darum suchen sie auch ihn immer fester an sich zu binden (im entscheidenden Damespiel geht es um Freiheit oder Sklaverei des Musteranton). Mit einigem Recht könnte man also die Musterwirte als Personifikationen des »Leibes« und der niederen Triebe bezeichnen. In diesem Zusammenhang ist die Stelle aufschlußreich, wo vom Alkoholkonsum des Schwiegersohns Frömmelt die Rede ist: Dieser saß schon beim


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vierten oder fünften Schnapse, doch ohne daß man die Wirkung des Alkohols an ihm verspürte. Er schien das Gift gewöhnt zu sein.(101) Abdahn Effendi trinkt Wein wie Wasser(102) und liebt den Pöntsch. Hier, im "Geldmännle" wie in der späteren orientalischen Erzählung, ist deutlich von der Despotie des Leibes über Seele und Geist die Rede. Steht bei "Abdahn Effendi" das Bild des Schmuggels für den »unerlaubten« Grenzverkehr zwischen Leib und Seele in dem Sinne, daß die Seele unter die Knechtschaft des Leibes gerät, so ist im "Geldmännle" die Falschmünzerei der Musterwirte Symbol für den Versuch des Leibes, die Wahrheit zu korrumpieren und Geist und Seele zu unterdrücken.

   Dieter Sudhoff schreibt über Abdahn Effendi: »So pervertiert er Seele und Geist/Wissenschaft und verstellt ihnen den Weg zu Gott.«(103) Ähnliches geschieht auch im "Geldmännle", wenn der betrügerische Kupferstecher sich etwa schon in seinem Vornamen als »fromm« und »hold« ausgibt, ohne es zu sein (der Volksmund, wie die Sonne, bringt die Wahrheit an den Tag: im sächsischen Dialekt wird er zum Herrn Frömmelt, denn er ist ja nur ein »Frömmler«). Er geht eifrig zur Kirche und maßt sich an, dem Pastor Vorschriften zu machen, wen er begraben dürfe und wen nicht(104), aber interessant bleibt hier doch (und anders als in Abdahn Effendi), daß der Pastor darauf nicht eingeht. Immerhin ist es dem Musterwirt aber bereits gelungen, durch das gestiftete Altarbild, das seine eigene Auferstehung (die Verherrlichung des Leibes) zeigt, die Kirche zu korrumpieren und die religiöse Wahrheit zu »fälschen«. Es erhebt sich die Frage, was denn die Gestalt des Pastors im Kontext der Erzählung zu bedeuten habe und warum er den Machenschaften der Musterwirte nicht energisch entgegentritt. Die Antwort darauf fällt nicht schwer: der Pfarrer, der beispielsweise den Dorfbewohnern auch die »innere Wahrheit« über die Schöpfung ihrer kleinen Welt anhand seiner liebenswürdigen »Privatmythologie« zu erzählen weiß, steht in der Erzählung - cum grano salis - für Gott. Daher muß er auch zu dem Bösen in Gestalt des despotischen Leibes ein »gutes Verhältnis« haben, denn das Böse gehört nun einmal zur Welt dazu (vgl. den "Prolog im Himmel" zu "Faust I"). So greift er auch nicht selbst ein, denn er weiß, daß sich die Dinge so entwickeln, wie sie es nach göttlichem Plan sollen. Der Astralmensch (das göttliche Wesensteil des Menschen) übernimmt als »Staatsanwalt« Rache und Vergeltung, den Rest besorgen der Geist (Hermann Bernstein, im »Ministerium« = Himmel bereits besonders angemerkt) und die Seele (das Herzle). Der Minister »Exzellenz« braucht so am Ende gar nicht mehr zu helfen; die »Hilfe von oben« ist bereits vorher erfolgt, denn das ganze Geschehen entwickelt sich gewissermaßen unter Gottes Aufsicht. Als deus ex machina wie der Minister in Beethovens "Fidelio" spendet die »Exzellenz« am Ende lediglich ihren Segen zu dem Guten, das schon geschehen ist.


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   Das Geldmännle gibt der ganzen Erzählung den Namen; auch hier, im Bild des »Geldmännle«, das sich als Helfer der Armen aufspielt, aber in Wirklichkeit nur in immer größere Abhängigkeit vom Materiellen führt, hat May ein Bild von der »Despotie« des Leibes gegeben. Das Geldmännle ist erst kleiner Statur (der alte Musterwirt), später aber »groß und stark« (der Schwiegersohn)(105), denn das Verbrechen und das Böse wird größer, je mehr Raum man ihm gibt. Ich weiß nicht, ob May den zweiteiligen Schauerroman "Das Petermännchen" von Christian Heinrich Spieß (1791/92) gekannt hat, aber er erinnert ein wenig an Mays Geschichte vom "Geldmännle". Ein böser Geist, das Petermännchen, läßt sich hier von Ritter Rudolph von Westerburg dessen Seele verschreiben und verführt ihn zu schrecklichen Untaten, Mord und Blutschande. Am Ende ist das Petermännchen, ursprünglich ein Zwerg, zur Riesengröße gewachsen, und der Ritter wird von Dämonen in der Luft zerrissen. Dem Ganzen mußte Spieß natürlich eine moralisierende Erklärung geben: »Ich wollte Ihnen nämlich anschauend zeigen: Wie jede menschliche Leidenschaft, wenn sie gewartet und gepflegt wird, zur Riesengröße empor wächst, wie sie stuffenweise zur furchtbaren Höhe aufsteigt (...) und wie leicht ein einziger Fehler zur unnennbaren Menge von Lastern führen kann!«(106) So ähnlich, wenn auch ohne moralinsauren Zeigefinger, den noch der protestantische »Aufklärer« Spieß benötigte, mag May es auch verstanden haben, daß sein "Geldmännle" nach bescheidenem, kleinen Anfang so beträchtlich in die Höhe wächst. Gegenüber einem solch mächtigen Despoten des Lasters nahm sich freilich der eifrig auf den Weg zum Geistmenschen strebende May wie ein wirkliches Strohmännle(107) aus, das nach Belieben aus dem Spiel ausgeschlossen werden kann ...

3. Das Bergle, die Ziege und das Damespiel

Als das Bergle noch in den Händen des Musterwirts, d. h. der niederen Leidenschaften, war, konnte man seinen Wert nicht erkennen: damals sah es ganz wild und unkultiviert aus. Erst der Musteranton, der Edelmensch, sieht, daß das kleine Bergle in Wahrheit etwas sehr Kostbares ist; schon der Bach, der durch das Dorf läuft, hat das erkannt und ist einmal rund um das ganze Bergle geflossen, um es von allen Seiten genau zu betrachten.(108) So wird das Bergle zu einer »Insel der Seligen«, nachdem der Musterwirt es abtreten mußte; von nun an bildet das »Brückle«, über das man hinüber muß, um auf das Bergle zu gelangen, eine feste Grenze zwischen Gut und Böse. Wer die Grenze überschreiten will, muß gut sein, sonst wird er von der Ziege Karlinchen nicht hinübergelassen.(109) In den Augenblicken, wo der Musterwirt nach seinem Zusammenbruch im Auftrag seines »Chodem«, seines höheren Ich, spricht und handelt, darf er auf das Bergle und liebkost sogar das Kar-


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linchen [Karlinchen].(110) Rosalia aber, die dem Herzle die eigene Schuld und die ihres Vaters in die Schuhe schieben wollte, ertrinkt in dem Wasser, das Gut von Böse scheidet. In dem Bergle stellt May den Bereich des Guten dar, eine kleine, paradiesische Welt, die keine Despotie kennt und wo nur das produziert wird, was für den Eigengebrauch wichtig ist (bzw. die Natur schenkt es freiwillig).(110) Dieser Bereich der geistigen Freiheit (»Berg«!) ist auch dem Leibesmenschen wohl bekannt, aber er kann ihn mit seinen Machtmitteln nicht erhalten. Erst der Edelmensch entdeckt die verborgenen Schätze des Geistes (Musteranton entdeckt Silber) und weiß sie zu heben und zu pflegen (Garten des Musteranton). Der Geist sucht sich seine Seele (Musteranton-Marie, Hermann Bernstein-Herzle) und lebt mit ihr still auf dem kleinen Bergle. Solange der Edelmensch auf seinem »Berg« sitzt, kann ihm der Leib mit den Begierden nichts anhaben; erst wenn er heruntersteigt ins niedere Ardistan, verfällt er den »giftigen Dämpfen« der Lüge und des Hasses. Die Schwelle zwischen Gut und Böse, zwischen Leib und »wahrem Geist« wird bewacht von einer Schwellenhüterin, dem Karlinchen, das über weibliche Seeleneigenschaften verfügt (nach dem Kuß des Musterwirts weiß sie nicht mehr, wer sie ist, die Anna oder das Karlinchen), aber gegebenenfalls auch ihre Hörner zu gebrauchen versteht. Man hat die Ziege als Symbol der »allgemeinen Gerechtigkeit«(111) verstehen wollen, und in der Tat symbolisiert die Ziege in orientalischen Märchen gern die Gerechtigkeit (in einer hübschen Randepisode von Jules Vernes "Kéraban le têtu" wird ein kurdischer Richter vorgestellt, der seine seltsamen Urteile mit Hilfe einer Ziege zu fällen vorgibt).(112) Man könnte allerdings mit demselben Recht das Karlinchen auch als ein Instrument der  W a h r h e i t  bezeichnen, die jedes Unrecht doch an den Tag bringt. Die Aufgabe der Schwellenhüterin ist es, die Grenze zwischen höherem und niederen Sein, zwischen Gut und Böse zu bewachen und darauf zu achten, daß niemand unberechtigt und ohne gehörige Vorbereitung auf das Bergle des Geistes (und sei es noch so klein) steigt. Wenn aber die Mächte des Bösen mit ihren »giftigen Dämpfen« auch die Bewohner des Bergle zu sich herabziehen wollen, dann ist es sogar einem Karlinchen erlaubt, sich als Gespenst selbständig zu machen, die bösen Pläne der Rosalia im Garten des Musterwirts zu belauschen und sie an deren Ausführung zu hindern. Daß Rosalia in demselben Wasser ertrinkt, in das der Musterwirt die Leiche des Anton warf, um einen Selbstmord vorzutäuschen, ist freilich wieder »Sühne« im »Auge um Auge«-Stil, gleichzeitig aber auch eine gerechte Wiedergutmachung für die verletzte Wahrheit (als deren Exekutorin sich wieder das Karlinchen betätigt).

   Diese Überlegungen reichen nun ersichtlich nicht aus, um verständlich zu machen, warum May ausgerechnet im "Geldmännle" ein Tier zum Protagonisten macht, zumal die Erzählung doch ansonsten mehr


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die Züge des doppelbödigen Märchens als die der Fabel trägt und May in keiner anderen seiner großen Schöpfungen einem Tier eine ähnliche Rolle zudiktiert. Es gibt freilich die frühe Humoreske "Die verwünschte Ziege", in der die Vertauschung einer Ziege mit einem Ziegenbock eine wesentliche Rolle spielt. Da es hier im Grunde genommen nur um einen harmlosen Scherz geht, mag es erstaunen, daß die Hauptfigur Hampel die Erscheinung des Ziegenbocks als dämonisch und unheilvoll empfindet, wie ja auch das Karlinchen des Nachts als Gespenst »umgeht«. Nun pflegte man besonders im 19. Jahrhundert von den »niederen« Trieben des Menschen als »animalischen« Trieben zu sprechen, um damit zu zeigen, daß sie mit den entsprechenden tierischen Trieben auf eine Stufe zu stellen seien. In den Bereich der so als »animalisch« verstandenen Triebe gehört auch der ganze Komplex der geheimen Wünsche und Begierden, die vielfach einzig nachts im Traum »freigesetzt« werden. Folgt man diesem vielleicht ein wenig seltsamen Gedankengang, so könnte man das Karlinchen als Personifizierung der »geheimen Wünsche« der Edelmenschen Herzle und ihrer Mutter sehen. Als Edelmenschen treten sie den Gewaltmenschen Musterwirt und Tochter nicht offen durch Gegengewalt entgegen, aber ihre Wünsche und Hoffnungen machen sich in Gestalt des Karlinchen in der Nacht frei (im Traum) und führen zur Vernichtung des Bösen. Man beachte in diesem Zusammenhang die seltsamen Hinweise darauf, daß das Karlinchen Herzles Mutter »hypnotisiert«; das läßt sich im Licht des eben Gesagten so deuten, daß der Schlaf den »bewußten Willen« des Herzle und der Mutter ausschaltet, so daß sich das Unbewußte (die Ziege) lösen kann. Jedenfalls ist die Figur des Karlinchen ein zentraler Punkt in der ganzen Erzählung.

   Im "Geldmännle" kann also nichts als bedeutungslos angesehen werden, so auch nicht das Damespiel, durch das der Anton dem Musterwirt das Bergle abgewinnt. In Mays Spätwerk ist häufiger vom Schach die Rede; Schetana und Fakira, die Protagonistinnen in Mays fragmentarischen Dramen- und Gedichtentwürfen, erscheinen als Figuren eines Schachspiels (und daß dieses Schachspiel um die Seele Karl Mays geführt wird, steht außer Frage.(113)) Abu Kital, der Gewaltmensch, will Marah Durimeh und Ben Tesalah, den Sohn des Friedens, durch eine große Schachpartie besiegen und muß erkennen, daß er bereits geistig mattgesetzt wurde. Der Dschirbani erzählt in "Ardistan und Dschinnistan II" Kara Ben Nemsi von seinem Vater (später werden wir erfahren, daß dieser Vater der Mir von Dschinnistan, also Gott, ist): »Er behauptete stets, das Schach sei eine Lüge und als Bild des Krieges gänzlich zu verwerfen. Im Schach sei man gezwungen, Soldaten, Bauern, Läufer, Türme und noch viel Höheres zu opfern, um den Sieg zu gewinnen. Am Schluß des Spieles aber seien beide Felder verwüstet, nicht nur das des Besiegten, sondern auch das des angeblichen Siegers. Die Kriegfüh-


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rung [Kriegführung] von Gewaltmenschen gleiche noch heut diesem alten Spiele, welches plötzlich stehen geblieben und nicht weiterentwickelt worden sei. Der Edelmensch aber, den wir alle erwarten, werde jeden Krieg, zu dem die Gewalt ihn zwingt, derart führen, daß ihm der Sieg kein einziges Opfer kostet.«(114) Das Schachspiel steht also für alle Versuche des Menschen, durch List und Gewalt Siege zu erringen; auch der Geistmensch muß gelegentlich noch solche Spiele spielen, doch er gewinnt sie auf »höherem«, geistigen Wege. Ein solches Spiel spielt nun der Musteranton mit dem Musterwirt; der Wirt will ihn betrügen, will ein Spiel nach Art der Gewaltmenschen durch strategische Tricks und Weinrausch gewinnen. Doch mit Hilfe der Seele (Marie) wird der Zwang gebrochen. Das Damespiel fällt zu Gunsten des Musteranton aus, der daraufhin feierlich das Damebrett zerbricht und gelobt, nie mehr zu spielen. Von nun an will er, der seine letzte Dame (seine unsterbliche Seele) gewonnen hat, Spiele nach der Art der Edelmenschen spielen, Spiele, die im Frieden enden, nicht im Krieg. So steht denn auch am Ende des "Geldmännle", nach der siegreichen Schlacht um den unsterblichen Geist des Musterwirt und nach seiner Entsühnung, das Idyll, die vollendete Harmonie: der Minister (als Gesandter Gottes) sitzt auf dem Berge des Geistes und trinkt mit der Seele (dem Herzle und seiner Mutter) Kaffee. Freilich täuschte sich May da, was sein eigenes Leben anging, ganz gewaltig: er sollte noch viele Schach- und Damespiele um Leben und Tod auszufechten haben ...


V.  D a s  " G e l d m ä n n l e "  a l s D o r f g e s c h i c h t e

Es ist durchaus möglich, das "Geldmännle" auch ohne Berücksichtigung der biographischen und der »sinnbildlichen« Ebene als reine Dorfgeschichte zu lesen. Zum Kern des Ganzen gelangt man so freilich nicht, aber wenigstens zu ein paar nützlichen Erkenntnissen: schon in seiner kurzen Charakterisierung des "Geldmännle" hat Jürgen Hein den interessanten Hinweis gegeben, daß im "Geldmännle" die bäuerliche Thematik zugunsten einer sozialkritischen Betrachtung des Weberelends zurücktritt.(115) »Eigentliche Dorfgeschichtenthematik ist nicht gestaltet«(116), meint Hein, womit er sicherlich Recht hat. Freilich weist das "Geldmännle" auch die in Mays "Erzgebirgischen Dorfgeschichten" recht auffällige und typische Verknüpfung von Dorfgeschichtenmotiven und Kriminalmotiven auf, die allerdings dadurch relativiert wird, daß alle Motive der Geschichte mehrdeutig sind. Immerhin läßt sich das "Geldmännle" auch als sozialkritische Erzählung lesen, und dies in noch weitaus stärkerem Maße als die "Sklaven der Arbeit": die Wirtschaft der Musterwirte erscheint als ein verzerrtes, aber nicht falsches Abbild kapitalistischer Geschäftspraktiken, die auf Ausbeu-


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tung [Ausbeutung] der Armen, Einschüchterung der Konkurrenz, Ausweitung des eigenen Geschäfts durch Aufkauf von anderen »Unternehmen« und der Überführung der überschaubaren Struktur der Einzelbetriebe in eine grundsätzlich undurchsichtige Verknüpfung verschiedener Wirtschaftszweige in einem einzigen Superunternehmen beruhen. Demgegenüber stellt die Wirtschaft des Musteranton ein »Muster« bäuerlich-autarken Lebens und Wirtschaftens dar: alles in Eigenarbeit, aus eigenen »Produktionsquellen« (dem Garten) und vorwiegend zum eigenen Verbrauch bestimmt (wobei die Musterarbeit für den Musterwirt ja das entscheidende Bindeglied herstellt, das den Musteranton immer noch in gewisser Abhängigkeit vom Musterwirt hält). Am Ende erscheint das unerträglich verzerrte Prinzip des »freien Wettbewerbs« wieder relativiert und »gesundet« durch die Zerschlagung des auf betrügerischen Manipulationen gegründeten Etablissements der Musterwirte. Die im Gefolge des Großkapitalismus auftauchenden Bankiers (»Wir sind Ritter des sogenannten Glückes und nennen uns Bankiers«(117)) entpuppen sich als international gesuchte Gauner, die schleunigst das Weite suchen müssen.(118) Gegenüber den anderen "Dorfgeschichten" wirkt das "Geldmännle" allein schon von der recht schonungslosen Darstellung der Weberausbeutung her als ungewöhnlich kühn; das mag aber auch damit zusammenhängen, daß May sich hier seinen Ärger über die »Münchmeyer-Wirtschaft« recht drastisch von der Seele schrieb und auf diese Weise sogar in den sozialen Aspekten der Geschichte der Wahrheit und den historischen Fakten ziemlich nahekam.


VI.  E i n  M ä r c h e n

Wir haben versucht, das "Geldmännle" als biographische »Schlüsselerzählung«, als religiös-philosophisches Gleichnis und als Dorfgeschichte zu lesen und dabei das Einfachste und Augenfälligste vielleicht vernachlässigt: das "Geldmännle" fängt an als Märchen und ist auch durchgehend als Märchen zu lesen und zu verstehen (unbeschadet der anderen Aspekte, die wir im Vorigen aufgezeigt haben). Im Märchen verbirgt sich nach May die Wahrheit im schlichten Gewand, und wo sie anklopft, ist sie jetzt willkommen.(119) Schauen wir uns also in diesem Sinne einmal das einleitende Märchen von Pluto und Vulkan an; es ist zweifellos ein schönes, aber auch ein ironisches(120) und von lauter »anachronistischem« Vokabular durchsetztes »Schöpfungsgeschichtchen«. Pluto und Vulkan, der Gott der Unterwelt, der nach griechischer Anschauung die Fruchtbarkeit der Felder und ihr Wachsen und Gedeihen förderte(121), und der göttliche Schmied, der nicht nur als Feuergott, sondern auch als der Künstler unter den Göttern galt(122), machen sich ans Werk, um die Erdoberfläche, die ihnen genauso wie ihre Heimat im


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heißen Erdinnern viel zu heiß vorkommt, durch mit Eis und Schnee bedeckte Bergesgipfel »aufzulockern«. Wie bei allen künstlerischen Schöpfungen wird zunächst einmal ein »Modell«, ein »Probeberg« errichtet, der auch über alle Maßen gut gelingt. Als die Götter danach aufs Ganze gehen wollen, passiert ein Mißgeschick: sie können ihre Gase nicht zusammenhalten und die beabsichtigten Berge wachsen nicht in die Höhe, sondern in die Breite. »Anstatt einen einzigen, himmelhohen Berg zu bekommen, haben wir es nur zu einem niedrigen, aber langen Gebirge gebracht, welches von Hof bis Bodenbach reicht (...).«(123) Überdies macht sich nun noch das Probebergle, selbständig und befördert die beiden ungeschickten, göttlichen »Künstler« auf die Erdoberfläche, und zwar so heftig, daß Vulkan dadurch zum »Hinker« wird. Zwar gibt es dafür eine schöne mythologische Geschichte, die sich die Götter rasch ausdenken, um ihr Mißgeschick zu bemänteln, und auch die geplanten Gletscher werden später noch, weiter im Süden, fabriziert (die Alpen), doch das mißglückte plutonisch-vulkanische Werk(124) bleibt natürlich sichtbar: als Erzgebirge, in dem nur arme Weber, Strumpfwirker und Spitzenklöpplerinnen wohnen. Und das »Modell« der beiden Götter wird zum kleinen »Bergle«, auf dem wir später den Musteranton antreffen ... Wir wollen in dieses kleine, liebenswürdige Geschichtchen nicht viel mehr hineingeheimnissen, als sinnvoll und notwendig ist; dennoch ist es nicht nur ein Scherzgeschichtchen, ein leicht ironisch »verbogener« Schöpfungsmythos. Was May hier erzählt, gilt auch für den Schreiber von Geschichten: er will etwas Großes schaffen und macht sich erst einmal ein Modell, einen Entwurf, so ein ganz kleines Probebergle. Dann aber kann er seine Phantasie nicht recht zusammenhalten, aus dem schlichten Märchen wird eine Erzählung, die in die Breite geht statt in die Höhe, oder gar ein »unsittlicher« Kolportageschmöker ... Ganz so wird May das sicher nicht gemeint haben, auch diese Leseart ist nicht frei von Ironie; aber immerhin: Pluto und besonders Vulkan sind Künstler, sie wollen etwas schaffen. Also machen sie ein Muster (wie der Musteranton), aber das Ergebnis wird anders, als sie es gemeint haben. Nun muß die Lüge herhalten (die Falschmünzerei), um das »Produkt« anderen schmackhaft machen zu können und um selbst nicht blamiert zu sein. Die Grundstruktur der "Geldmännle"-Handlung läßt sich also selbst im »harmlosen« Märchenanfang bereits wiedererkennen. Oder noch anders angedeutet: im Erzgebirge ist die Schöpfung ein wenig mißglückt (gilt das nicht für die ganze Erde?). Die Menschen sind meist arm (im Geist), die Reichen werden immer reicher, die Armen ärmer. Wenn man da nicht so ein kleines »Probebergle« findet, von dem aus man still in Liebe sitzen kann, verfällt man fürchterlich leicht dem Haß (des Musterwirts). Bleibt man aber ein »Geschöpf der Liebe«(125), so läßt sich auch die Schöpfung (trotz mancher Unvollkommenheit, die aber die


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Menschen selbst hineingebracht haben) trotzdem noch als »Gottes Paradies« begreifen. Damit soll nicht gesagt werden, daß May die göttliche Schöpfung kritisieren wollte (obwohl er sich vielleicht manchmal gefragt hat, warum er ausgerechnet im tiefsten Ardistan als Sohn blutarmer Webersleute zur Welt kommen mußte); nein, aber er wußte um die Unvollkommenheit der Welt und darum, daß man sie mit ein bißchen Liebe und Humor schöner machen kann (auch mit einer Geschichte wie der von Pluto und Vulkan oder, höher noch, mit der daran anschließenden Erzählung vom Geldmännle).

   Wichtig ist insbesondere die Funktion dieser »mythologischen« Einleitung im Gesamtgefüge der Erzählung. Das Märchen von Pluto und Vulkan ist eine Art »Privatmythologie«, also ein Versuch, die Schöpfung der Welt und besonders des Erzgebirges, das ja die »Welt« der "Erzgebirgischen Dorfgeschichten" darstellt, auf humoristisch-eigenwillige Weise zu erklären (wobei May zahlreiche witzige Anspielungen, u. a. auf die Sozialstruktur des Erzgebirges, hineinverwoben hat, etwa die von den auf der zweiten Textseite erwähnten Halbgöttern vom Uranus und vom Neptun, die bei Vulkan als Tagelöhner arbeiten, »für monatlich zwölf Taler fünfundzwanzig Silbergroschen, ohne Kaffee und Weihnachtsgeschenk«(126) - wer dächte hier nicht etwa an Münchmeyers feine Gratifikationen für seinen Schriftsteller May?). Das "Geldmännle" insgesamt ist als Versuch zu lesen, den Weg des Menschen vom Gewaltmenschen (Musterwirt) zum Edelmenschen (Musteranton, Rudolf Bernstein) anhand von poetischen Bildern zu erläutern. Das Bestreben der göttlichen Künstler Pluto und Vulkan geht dahin, Berge zu machen - das Bestreben des Künstlers Karl May geht dahin, dem Leser ein Ziel zu zeigen, einen »Berg«, an dem man sich orientieren kann. Insofern nimmt das einleitende Märchen Methode, Absicht und Stil der Erzählung in leichter, fast scherzhafter Form vorweg - eine Technik, die May in seinen späteren Alterserzählungen nicht mehr so überzeugend anwenden konnte, ausgenommen in "Ardistan und Dschinnistan" mit seinem schönen "Prolog im Himmel".

   Das "Geldmännle" kann mit Recht als eine schwierige Geschichte gelten, in die May viel »hineingepackt« hat: Humor, Liebe, Symbolik, Haß, Biographisches, Philosophie, Theologie, usw. In manchen Punkten fordert sie zum Vergleich mit anderen Spätwerken Mays, wie besonders dem "Silberlöwen III und IV" oder "Abdahn Effendi", heraus; ihre Sonderstellung im Mayschen Spätwerk aber verdankt sie der Tatsache, daß sie trotzdem einen einheitlichen Eindruck macht und fast ganz ohne Sprünge und Widersprüche auskommt. Es ist May hier nämlich gelungen, den Märchenton des Anfangs ganz durchzuhalten und auch das Komplizierteste einfach und behutsam zu erzählen. Wie das Märchen von Pluto und Vulkan bereits einige Grundelemente der Erzählhandlung des "Geldmännle" enthält, so kann man das Ganze ver-


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stehen [verstehen] als ein großes Märchen, das seinem Schöpfer vielleicht ein bißchen zu sehr »in die Breite« gegangen ist ... Und dennoch: selten hat May die Wahrheit, wie er sie sah, so ungezwungen und selbstverständlich in ein Erzählgewand gehüllt wie hier. Darin scheint mir der besondere Rang des "Geldmännle" im Mayschen Spätwerk zu liegen.



1 Hans Wollschläger: Karl May. Zürich 21976, S. 110

2 Ebd. S. 114

3 vgl. dazu auch das Vorwort von Ekkehard Bartsch zu: Karl May: Erzgebirgische Dorfgeschichten. Nachdruck der Ausgabe Dresden-Niedersedlitz o. J., Hildesheim 1977, S. VIff.

4 Wollschläger S. 114

5 Ebd. S. 122

6 Ebd. S. 67

7 Ebd. S. 117

8 Ebd. S. 125

9 Erzgebirgische Dorfgeschichten (künftig: ED). S. IX

10 Brief Adalbert Fischers an Karl May vom 9.5.1903 (Archiv KMV Bamberg, zitiert mit freundlicher Genehmigung des KMV)

11 Brief Fischers an May vom 15.1.1904 (Archiv KMV)

12 Ebd.

13 Wollschläger S. 124

14 Klaus Hoffmann: Nachwort zum Faksimiledruck des "Waldröschen", Hildesheim 1971, S. 2640

15 ED S. X

16 Wollschläger S. 126

17 ED, Vorwort Mays, S. 1

18 Karl May: Silberlöwe III. Freiburg (Fehsenfeld) o. J., 11.-15. Tsd., S. 558

19 Hans Schwerte: Ganghofers Gesundung. Ein Versuch über sendungsbewußte Trivialliteratur. Frankfurt a. M. 1968, S. 154-208

20 vgl. dazu u. a. Volker Krischel: Karl Mays »Schattenroman«. Sonderheft der KMG Nr. 37 (1982), S. 29-31

21 ED, Vorwort Mays, S. 2

22 vgl. dazu C. F. Lorenz: »Als lyrischen Dichter müssen wir uns Herrn May verbitten«? In: Jb-KMG 1982, S. 134f.

23 ED, Vorwort Mays, S. 1

24 Ebd., wie alle folgenden Zitate

25 ED S. 508

26 Ebd. S. 470

27 Ebd. S. 509

28 Ebd. S. 509

29 Ebd. S. 484f.

30 Karl May: Mein Leben und Streben. Olms-Reprint. Hrsg. von Hainer Plaul. Hildesheim 1975, S. 182

31 ED S. 484

32 May: Mein Leben und Streben. S. 185

33 ED S. 505

34 Wollschläger S. 81

35 May: Mein Leben und Streben. S. 186

36 ED S. 512

37 ED S. 510

38 Wollschläger S. 146f.

39 ED S. 501

40 ED S. 518

41 Karl May: Ein Schundverlag. Bamberg 1982 (Prozeßschriften Band 2), S. 282


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42 ED S. 507

43 ED S. 513

44 Hoffmann: "Waldröschen"-Nachwort. S. 2677

45 Wollschläger S. 112

46 May: Schundverlag. S. 287

47 May: Ein Schundverlag und seine Helfershelfer (1909), S. 99

48 May: Schundverlag. S. 291

49 ED S. 469

50 ED S. 474

51 ED S. 546

52 ED S. 490

53 vgl. dazu Krischel S. 5ff. und Hansotto Hatzig: Karl May und Sascha Schneider. Bamberg 1967, S. 45

54 ED S. 494

55 ED S. XX

56 Wollschläger S. 113

57 ED S. 463

58 Wollschläger S. 124f.

58a ED S. 534. Vgl. "Mein Leben und Streben" S. 8: ... ein Lieblingskind der Not, der Sorge, des Kummers.

59 Ebd. S. 24

60 ED S. 597

61 Wollschläger S. 110

62 Karl May: Silberlöwe IV. Freiburg o. J., 6.-10. Tsd., S. 202

63 ED S. 561

64 ED S. 579

65 ED S. 460

66 vgl. das Klara-May-Tagebuch im Archiv des KMV

67 Fritz Maschke: Bausteine zur Klara-May-Biographie. In: Karl-May-Jahrbuch 1978. Bamberg/Braunschweig 1978, S. 256

68 May: Mein Leben und Streben. S. 244

69 Hatzig: Karl May und Sascha Schneider. S. 236

70 Fritz Maschke: Karl May und Emma Pollmer. Bamberg 1973, S. 39f.

71 Ebd. S. 52

72 ED S. 516

73 vgl. Ekke W. Guenther: Karl May und sein Verleger Friedrich Ernst Fehsenfeld. In: Jb-KMG 1978, S. 163

74 vgl. dazu den Aufsatz von Otto Titus Elkan im KMJB 1926, S. 186-197

75 Hatzig S. 39

76 Hatzig S. 54

77 Silberlöwe IV S. 537f.

78 Klaus Jeziorkowski: Empor ins Licht. Gnostizismus und Licht-Symbolik in Deutschland um 1900. In: The Turn of the Century. German Literature and Art, 1890-1915, Hrsg. von Gerald Chapple und Hans H. Schulte. Bonn 1981, S. 171-196, dazu kritisch: Helmut Schmiedt in: Jb-KMG 1983, S. 252-256

79 Hatzig S. 39

80 vgl. dazu Ernst Altendorff: Die Spaltung des Ich. In: KMJB 1926, S. 140-185

81 vgl. Hans Wollschläger: »Die sogenannte Spaltung ...«. In: Jb-KMG 1972/73, S. 55f.

82 Silberlöwe IV S. 69

83 Ebd. S. 163

84 ED S. 541f.

85 Ebd. S. 546

86 Ebd. S. 606f. und 620

87 Ebd. S. 580

88 Dieter Sudhoff: Karl Mays "Abdahn Effendi". In: Jb-KMG 1983, S. 219f.

89 ED S. 559


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90 Ebd. S. 597f.

91 Ebd. S. 635.

92 Silberlöwe IV S. 472

93 vgl. dazu Christoph F. Lorenz: Dialog und Rollengedicht. In: M-KMG 51 (1982)S. 23ff.

94 ED S. 612

95 Ebd. S. 597

96 Ebd. S. 611f.

97 vgl. dazu Sudhoff: Abdahn Effendi. In: Jb-KMG 1983, S. 237f.

98 Karl May: Der verlorene Sohn. Olms-Reprint. Hildesheim 1972, S. 1573ff.

99 May: Schundverlag. S. 333

100 Sudhoff a.a.O. S. 228

101 ED S. 485

102 Sudhoff a.a.O. S. 225

103 Ebd. S. 227

104 ED S. 525f.

105 Ebd. S. 472

106 nach Hainer Plaul: Illustrierte Geschichte der Trivialliteratur. Edition Leipzig 1983,S. 182

107 Karl May: Frau Pollmer, eine psychologische Studie. Bamberg 1982 (Prozeßschriften Band 1), S. 859 (Manuskript) und 21 (Transkription)

108 ED S. 454

109 ED S. 635

110 ED S. 622

111 Otto Titus Elkan a.a.O. in: KMJB 1926, S. 196

112 Jules Verne: Kéraban le têtu (1883). Paris 1967 (Librairie Hachette), S. 352-362

113 vgl. C. F. Lorenz: Dialog und Rollengedicht. In: M-KMG 51 (1982), S. 24

114 Karl May: Ardistan und Dschinnistan II. Freiburg o. J., 1.-10. Tsd., S. 422

115 Jürgen Hein: Die "Erzgebirgischen Dorfgeschichten". In: Jb-KMG 1976, S. 62

116 Ebd. S. 62

117 ED S. 618

118 Ebd. S. 645

119 May: Mein Leben und Streben. S. 140

120 ED S. 510

121 Dr. Vollmer's Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 31874, S. 383

122 Ebd. S. 445f.

123 ED S. 449

124 Ebd. S. 447

125 Ebd. S. 648

126 Ebd. S. 442

Am Schluß möchte der Verfasser allen danken, die ihn bei der Abfassung des vorliegenden Textes unterstützten, insbesondere seinem Freund Thomas Janhsen, Kleve, und dem Karl-May-Verlag in Bamberg.


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