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ERWIN KOPPEN


Karl May und China*



Der lapidare Titel dieser Untersuchungen, Karl May und China, hat den Nachteil, daß er möglicherweise allzu hoch gespannte Erwartungen weckt. ›Karl May und China‹ kann vieles umfassen, könnte etwa den persönlichen Beziehungen und Kontakten des Autors zu diesem Lande gelten, aber auch seiner Rezeption in diesem Lande, es könnte sich auf das in den Werken des Autors vermittelte Bild des Reiches der Mitte ebenso beziehen wie auf die Rolle Chinas in der Bildungswelt des Autors. Ich möchte daher von vornherein meine Karten auf den Tisch legen und mitteilen, daß ich zu den ersten beiden Aspekten des Themas ›Karl May und China‹ nichts, aber auch rein gar nichts zu sagen habe. Vermutlich sage ich einem Leser des Jahrbuches der Karl-May-Gesellschaft nichts Neues, wenn ich darauf verweise, daß es in der Biographie Karl Mays keinerlei nachweisbare Kontakte zu China oder Chinesen gibt und insbesondere dafür, daß die von ihm bis ins fortgeschrittene Alter aufrechterhaltene Legende einer China-Reise1 auch nur den Funken einer Wahrscheinlichkeit für sich hat. Weniger bekannt hingegen dürfte sein, daß die chinesische Rezeption des Werks von May auf Null hin tendiert, was nicht ausschließt, daß irgendwann einmal ein deutscher Forschungsstipendiat irgendwo in einer öffentlichen Bibliothek einer chinesischen Provinzstadt eine apokryphe Kinderbuch-Ausgabe irgendeiner Reiseerzählung entdecken würde, was aber das Bild grundsätzlich nicht ändern könnte. Prinzipiell aber gilt: Karl May ist nicht ins Chinesische übersetzt und die wenigen Tausend Chinesen, die deutsche Texte im Original lesen können, haben Karl May noch ebensowenig entdeckt wie die seit ca. acht Jahren wunderbar aufblühende chinesische Germanistik. So wird sich mein Vortrag im wesentlichen mit den Werken Karl Mays befassen, in denen China oder Chinesen eine Rolle spielen, und es wird insbesondere zu zeigen sein, welches Bild der Autor von einem Lande und seinen Bewohnern vermittelt, das er ­ wieder einmal ­ nicht aus persönlicher Anschauung kannte.

   Das vielversprechende Thema Karl May und China reduziert sich also bei näherer Betrachtung in erster Linie auf das Problem der Präsenz


* Vortrag, gehalten auf der Tagung der Karl-May-Gesellschaft am 29. 9. 1985 in Königswinter.


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Chinas im Werke Karl Mays. Dieses Problem freilich hat es in sich, und dies zunächst schon einmal in rein quantitativem Sinne. Unter den sekundären Schauplätzen im Werke Karl Mays, d. h. jenen, die weder dem Westen Nordamerikas noch dem ›Orient‹ zugehören, d. h. dem Osmanischen Reich in seiner Ausdehnung um 1870, steht China hinter Lateinamerika an zweiter Stelle, und es würde gar an die erste Stelle rücken, würde man die südamerikanischen Schauplätze der politischen Geographie entsprechend aufteilen.


China!

   Wunderbarstes Land des Ostens, riesiger Erdendrache, der seinen Zackenschwanz im tiefen Weltmeer badet, den einen Flügel in die Eisregionen Sibiriens und den andern in die dampfenden Dschungeln Indiens schlägt, und der, vom rasenden Teifun an das Gestade getrieben, über rauschende Flüsse, weite Seen, über Berge und Thäler auf nach Westen steigt, um seinen Kopf über die höchsten Giganten der Gebirge zu heben, die schreckliche Wjuga der Gobi zu atmen und aus den Wassern des Manasarowar zu trinken, werde ich es wagen dürfen, dir zu nahen, und werde ich deinen feindseligen Basiliskenblick mit meinem Barbarenauge ertragen können?

   Größtes Volk der Erde, welches die ›Tschung-hoa‹ sein Eigen nennt, darf ich nichtiges Würmchen auf einem Blatte dieser Blume ruhen, um die ­ Seligkeiten ihres Duftes zu erforschen? Heiliger und allmächtiger ›Tien-dse‹, zu dessen Füßen mehr als vierhundert Millionen Menschen anbetend im Staube liegen, gestattest du mir, meinen schmutzigen Fuß auf die Ecke deines Teppichs zu setzen? Ich bin nicht aus dem Lande der Franka und Ingli, welche mit Schwert und Pulver zu dir kommen, um deinen Kindern das Gift des Opiums aufzuzwingen, deine Städte zu verheeren und deinen Pings zu sagen, daß sie Memmen sind. Ich stamme vielmehr aus dem Lande der Tao-dse, die deine Herrlichkeit bewundern, deine Größe preisen und nichts anderes wünschen, als daß der Glanz deiner Weisheit strahle in Frieden auch über ihrem Haupte! - - - 2


Dieses Zitat steht zu Beginn der frühesten Karl Mayschen Erzählung mit chinesischer Thematik, dem ›Kiang-lu‹, zuerst erschienen im Jahre 1880 im ›Deutschen Hausschatz‹, später in den Band ›Am Stillen Ocean‹ aufgenommen3, wo er dann in der Bamberger Ausgabe als individuelles Werk verschwand, nämlich mit den Erzählungen ›Der Ehri‹ und ›Der Brodnik‹ zu einer Großerzählung mit dem Titel ›Im Zeichen des Drachen‹ konglomeriert wurde.4 Wie dem auch sei, das frühe Datum der Erstveröffentlichung ist zur Notiz zu nehmen, sechs Jahre nach der Haftentlassung, noch vor den großen Orient-Romanen und nicht sehr lange vor der Phase des großen Durchbruchs, übrigens auch noch deutlich vor der Kolportage-Phase. Wenn auch das Wort ›Jugendwerk‹ angesichts des 38jährigen Verfassers als unangebracht erscheint, so ist der ›Kiang-lu‹ doch getrost der frühen Schaffensphase des Autors zuzuordnen. Acht Jahre später erscheint dann jenes Werk, an das der


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durchschnittliche Karl-May-Leser zuerst, wenn nicht ausschließlich denkt, wenn er seinen Autor mit chinesischer Thematik verbindet: ›Kong-Kheou, das Ehrenwort‹, unter welchem Titel die Geschichte zunächst einmal in Fortsetzungen in der Jugendzeitschrift ›Der gute Kamerad‹ erschien5, ehe sie dann ab 1892 unter dem Titel ›Der blau-rote Methusalem‹ in Buchform erst recht eigentlich ihre staunenswerte Karriere begann. China scheint nun für einige Zeit dem Autor aus dem Blickfeld zu geraten, doch immerhin: Im ›Schwarzen Mustang‹ (1896/97)6 tauchen unerwarteterweise bezopfte Chinesen in großer Anzahl im Wilden Westen auf, um dort eine ebenso unerfreuliche wie bezeichnende Rolle zu spielen. China war also nicht ganz aus Karl Mays Blickfeld entschwunden, ja, der Autor des ›Blauroten Methusalem‹ trug sich bei der Planung seiner großen Orient- und Asienreise um die Jahrhundertwende ursprünglich mit dem Gedanken einer Weltreise, die, wie er Fehsenfeld treuherzig versicherte, nach Arabien zu Hadschi Halef, dann durch Persien und Indien nach China, Japan und Amerika zu meinen Apatschen7 gehen sollte. Wenn die Reise dann, wie bekannt, realiter nur bzw. immerhin bis Sumatra ging, holte Karl May auch hier das Versäumte gleichsam habituell in der schriftstellerischen Phantasie nach, und zwar in der Erzählung ›Et in terra pax‹, die in der Kürschnerschen Mammut-Anthologie ›China‹ erschien.8 Die letzte Kapitel-Überschrift verheißt, freilich unter Mißachtung der Geographie, man befinde sich ›Im Herzen von China‹9. Eine weitgehend umgearbeitete und um ein Kapitel ergänzte Buchfassung dieser Erzählung stellt, wie allgemein bekannt, dann der 1904 erschienene allegorisch-pazifistische Roman ›Und Friede auf Erden!‹ dar, dem die Karl-May-Gemeinde zwar immer etwas die kühle Schulter zeigte, dem dafür aber im letzten Jahrzehnt die Gunst zuteil wurde, nach dem ›Silberlöwen‹ zum zweiten Lieblingskind der Philologen und Interpreten zu werden.10

   Dieser kurze erste Überblick zeigt bereits eines, nämlich daß die chinesische Thematik im Werk Karl Mays, anders als etwa die lateinamerikanische, nicht einer bestimmten Phase seiner Biographie oder seines Schaffens zugeschrieben werden kann, sondern sich in weitem Bogen von der Epoche des Warmschreibens, des Brots der frühen Jahre (›Kiang-lu‹), über die des Weges zum Ruhm und der gewonnenen Routine (›Blauroter Methusalem‹) bis schließlich in den Beginn der symbolisch-allegorischen Spätphase reicht (›Et in terra pax‹/›Und Friede auf Erden!‹). Vieles hat sich in dieser Zeit im Leben des Autors radikal verändert; aus dem erst fünf Jahre nach der Haftentlassung noch mühsamst mit der eigenen Feder nicht nur für den Lebensunterhalt, sondern auch für die, wie es Claus Roxin nannte, Selbstresozialisierung11


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erbittert kämpfenden Provinzredakteur wird der ebenso routinierte wie großspurige Bestseller-Autor und aus diesem wiederum der sich verzweifelt gegen die Zerstörung seiner menschlichen und literarischen Reputation auflehnende Greis, der nicht nur mit seinen Gegnern, sondern de facto der ganzen Gesellschaft und ihrem Wertsystem zerfallen ist. Hat sich nun auch in seinem Verhältnis zu China, bzw. der chinesischen Thematik in seinem Werk etwas geändert?

   Eine hypothetische Vorausantwort auf diese Frage müßte lauten: Karl Mays China-Bild bleibt bis zum ›Schwarzen Mustang‹ erstaunlich homogen. Dieses China-Bild ist bereits in allen Einzelheiten in der ersten hier zu behandelnden Erzählung vorgezeichnet, im ›Kiang-lu‹. Hier können wir das klassische Karl Maysche Erzähler-Ich auf einer kürzeren China-Reise boobachten, ein Ich, das wir bereits in voller pseudologisch-phantastischer12 Ausstattung vorfinden, Henry-Stutzen und vollendete chinesische Sprachkenntnisse ebenso inbegriffen wie überlegene Körperkräfte und die Beherrschung von allerlei Westmannskünsten wie Anschleichen, Gefangenenbefreiung usw., vor allem nicht zu vergessen die absolute moralische Superiorität des providentiellen Ordnungsstifters. Natürlich gehört zur Grundausstattung auch der ständige getreue Begleiter, hier in Gestalt des deutsch-amerikanischen Schiffskapitäns Frick Turnerstick, der ins beliebte Maysche Rollenfach der sympathischen Käuze schlägt. Zur Charakterisierung der Handlung genügen Stichworte: Flußpiraten, Gefangenschaft, Befreiung in mehrfacher Auflage, schließlich Entlarvung und Tötung des Hauptschurken. Letzterer ist der im Titel genannte Kiang-lu und gehört zu den zahllosen Mayschen Bösewichtern, die ihren Tod durch Absturz in eine Schlucht finden. Daneben befinden sich aber auch Episoden, die nicht zum ehernen Motivinventar Mayschen Erzählens gehören: Dazu gehört vor allem die Freundschaft des Erzählenden mit dem jungen Chinesen Kong-ni und deren Folgen. Um dem Retter seines Sohnes die China-Reise zu erleichtern, sorgt dessen hochgestellter Vater nämlich dafür, daß dieser den Rang eines Mandarins höherer Klasse erhält. Mit dieser Rangverleihung sind zwei Umstände verknüpft, die nähere Beachtung verdienen: Bis zum Beginn dieses Jahrhunderts wurden bekanntlich die chinesischen Staatsbeamten von mittleren bis zu den höchsten Positionen, d. h. die in Europa so geheißenen ›Mandarine‹, auf Grund von Staatsexamina rekrutiert, die sich nicht auf eine fachliche Kompetenz, sondern allein auf die sprachliche und literarische Bildung der Bewerber bezogen und mit steigendem Grad immer anspruchsvoller wurden. Dieses System ist bereits seit der Aufklärung in Europa bekannt und viel bewundert und vermutlich das un-


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genannte Vorbild für das sich in Europa im 19. Jh. allgemein durchsetzende Beamtenprüfungswesen. Natürlich hatte auch Karl May davon gelesen, und so ließ er seinen Erzählhelden die Mandarinenprüfung ablegen, und zwar die für einen recht hohen Rang. Sie ist so schwer, daß selbst das allwissende Ich sie nur bestehen kann, weil Kong-ni ihm bei der Abfassung der Prüfungsarbeiten hilft,13 und sein Vater bei der Korrektur beide Augen zudrückt.14 Unnötig zu erwähnen, daß das ganze mit der chinesischen Realität von hinten und vorne nicht zusammenpaßte: Die chinesischen Mandarinenprüfungen waren, ähnlich wie die heutigen französischen ›Concours‹, reine Wettbewerbsexamina, die jeweils nur eine festgelegte Anzahl von Bewerbern bestand, die alle gleichzeitig zur Prüfung antreten mußten. Kaum weniger realistisch ist die zweite motivliche Besonderheit, die wir festhalten wollen: Der Erzähler tritt nicht etwa als eine Art von ausländischem Ehrenmandarin auf, vergleichbar etwa dem amerikanischen Condottiere Frederik T. Ward, der als Dank für seine Mithilfe bei der Niederschlagung des Taiping-Aufstandes vom chinesischen Kaiser tatsächlich zum Mandarin der dritthöchsten Klasse ernannt worden war. Nein, der Erzähler will vielmehr, als regulärer chinesischer Mandarin verkleidet und mit einem künstlichen Zopfe versehen, durch die Lande ziehen, und in der Tat gelingt es ihm wunderbarerweise, sich nicht nur für einen Mandarin auszugeben, sondern gleichzeitig auch für ein hochgestelltes Mitglied der Flußpiratenbande; seine Verkleidung ist so perfekt wie sein Chinesisch, dessen Vollkommenheit offensichtlich so hoch ist, wie sie ein Chinese nur von einem hohen Mandarin erwarten kann. Wir werden in anderem Zusammenhang noch einmal auf diese vorzüglichen chinesischen Sprachkenntnisse zurückzukommen haben und wollen im Augenblick hier nur auf die schlechtweg märchenhafte Unwahrscheinlichkeit des Motivs des sich als Chinesen ausgebenden Europäers hinweisen. Dabei hat sich Karl May im ›Kiang-lu‹ bemüht, den die Handlung bestimmenden Abenteuern eine suggestive chinesische Kulisse zu verleihen, die zweifellos, wie auch die nordamerikanischen und orientalischen Kulissen, Anspruch auf Authentizität erhebt, wenngleich der Verfasser zu jenem Zeitpunkt noch nicht mit dem Anspruch an die Öffentlichkeit getreten war, die Reiseerzählungen trügen dokumentarischen Charakter. Hierbei zeigt sich sehr bald, daß die im vorhin zitierten Exordium vorzufindende Äußerung, als Deutscher bewundere er die Herrlichkeit Chinas und wolle seine Größe preisen, ebenso cum grano salis, wenn nicht überhaupt als blanke Ironie zu nehmen ist, wie die im gleichen Text zu lesenden Unterwürfigkeitsfloskeln (darf ich nichtiges Würmchen auf einem Blatte dieser Blume ruhen, um die ­ Se-


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ligkeiten ihres Duftes zu erforschen?). Das China des ›Kiang-lu‹ ist eine ziemlich welke Blume, und mit seiner Größe und Herrlichkeit ist es schon lange vorbei. Zur Illustration zunächst einige Zitate:


   Wir spazierten miteinander durch die Straßen der chinesischen Stadt. Sie waren meist schmutzig, stinkend und kloakenhaft. Wir fanden enge, dunkle Gassen und Gäßchen, in denen sich eine nicht sehr appetitlich aussehende Bevölkerung hin und her drängte, kleine Bambushäuschen, deren unteres, offenes Stockwerk meist als Verkaufslokal dient, dahinter ein paar finstere Gemächer und eine schmale Treppe, die nach oben führt, wo die etwas vorspringenden Schlafgemächer sind. Die Läden sind nach ihrer ganzen Breite hin offen und gestatten einen Blick in das innere Familienleben.


   Hier sieht man einen Schuster jene Seidenzeugschuhe verfertigen, deren Sohlen aus einem sehr starken Filze bestehen; dort giebt es einen Lackierer, welcher Täßchen fertigt, deren mehrfacher Lacküberzug ein ganzes Jahr zu trocknen hat. Daneben ist der Laden eines Geldwechslers, der mit seinem Suan-pan so schlau umzugehen versteht, daß es großer Aufmerksamkeit bedarf, nicht von ihm betrogen zu werden.


   Der Bonze war - eben ein Bonze, und damit ist alles gesagt. Seine ganze Bildung bestand in der Kenntnis der rein mechanischen Opfergebräuche, und ich fühlte die Meinung bestätigt, welche ich mir vorhin über ihn gebildet hatte, als er die beiden Nebengötter für Phu-sa und O-mi-to erklärte. Er kannte nicht einmal die richtigen Namen der Figuren, welche er anbetete. Die Bonzen sind im allgemeinen höchst unwissende Menschen; . . . 


   Der Chinese zeichnet sich mehr durch List und Verschlagenheit als durch Körperkraft aus; er bramarbasiert gern, läßt sich aber durch Energie und Charakter sofort einschüchtern.


   Dann verließen wir den kleinen Dampfer und ließen uns an das Ufer rudern. Sofort fielen eine Menge Agenten und sonstige böse Geister über uns her. Der eine brüllte uns an, als wollte er uns das Trommelfell zersprengen; der andere faßte uns beim Arme, der dritte versuchte, uns durch einen kräftigen Stoß nach der Richtung zu dirigieren, welche in seiner Absicht lag; ein vierter hielt einen mehrere Quadratellen großen Zettel empor, auf welchem in riesigen Buchstaben stand, was er nicht sagen konnte; ein fünfter schlüpfte gewandt wie ein Aal zwischen all den vielen Armen und Beinen hindurch und überreichte uns eine gelbseidene Khata, um uns durch diese in Tibet und der Mongolei gebräuchliche Höflichkeit zu veranlassen, sein Opfer zu werden; ein sechster reckte die Arme empor, spreizte die zehn Finger auseinander und zog mit seinen schiefen Augen, seiner Stumpfnase und dem breiten, zahnlosen Munde die undenklichsten Grimassen, um uns aus seinen Pantomimen erraten zu lassen, was er uns mitzuteilen habe.15


Diese kleine Zitatensammlung könnte noch beachtlich verlängert werden; keinesfalls handelt es sich um eine böswillig getroffene Auswahl. Sie zeigt zunächst einmal die Perspektive, unter der China vom deut-


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schen Reisenden gesehen wird: Es ist nicht die Perspektive eines, wenn auch nicht Bewundernden, so doch Staunenden, der sich als ein Lernender allmählich in die fremde Kulisse, in die fremde Bildungswelt hineinfindet, es ist die Perspektive des in seiner eigenen Zivilisation sich behaglich räkelnden Europäers, für den das fremde Land, die fremde Zivilisation nichts weiter darstellen als ein buntes Gewimmel von Eingeborenen mit befremdlichen und in der Regel eher abstoßenden Gebräuchen. Andere Beobachtungen ergänzen dieses Bild: die Chinesen sind nicht nur betrügerisch und unsauber, sondern auch körperlich schwach und feige. So ziehen sie bei körperlichen Auseinandersetzungen mit den Europäern regelmäBig den Kürzeren, mit anderen Worten, sie werden nicht nur vom bärenstarken Old Shatterhand, sondern auch vom Kapitän Turnerstick und sogar von einer kräftigen Holländerin nach Kräften durchgeprügelt, Szenen, die jeweils vom Erzähler mit großem Behagen berichtet werden.16 Auch in einer anderen Hinsicht sind die Chinesen dem Europäer nicht gewachsen. So durchtrieben sie auch im allgemeinen und speziell der Piratenführer Kiang-lu auch sein mögen, sie müssen sich letztendlich doch der Intelligenz der Europäer beugen. Nachdem sich Ich-Erzähler und deutsch-amerikanische Begleitperson ein letztes Mal aus der Gefangenschaft des Kiang-lu befreit haben, stellt der ob dieses Virtuosenstücks bis in seine Grundfesten erschütterte Chinese die entsetzte Frage: »Wie kommt ihr herauf? Seid ihr Geister oder Menschen?« Und er erhält von den Europäern die schlagende Antwort: »Menschen, aber bessere Menschen und klügere als du.«17 Wenn sich also Karl May auch im erwähnten Exordium der Erzählung von dem Kolonialismus der Franzosen und Engländer distanziert:


 . . . welche mit Schwert und Pulver zu dir kommen, um deinen Kindern das Gift des Opiums aufzuzwingen, deine Städte zu verheeren und deinen Pings (Soldaten) zu sagen, daß sie Memmen sind.17a


so stellt er implizit die Chinesen eben doch als ein Volk dar, das auf Grund seiner zahlreichen negativen Charakterseiten und der nicht minder zahlreichen Mißstände im Lande zwar nicht gerade des Opiums, aber doch vielleicht des strammen Regiments eines europäischen Kolonialherren, möglichst des der Tao-dse, der Söhne der Vernunft, bedürfe. Ich sage dies nicht im Sinne einer billigen moralischen Anklage des Nachgeborenen, der es eh besser weiß. Der krypto-kolonialistische Rahmen des ›Kiang-lu‹ reproduziert nichts anderes als Grundmuster der zeitgenössischen europäischen Vorstellungen von China aus den Jahrzehnten der Hochsumpfblüte des Kolonialismus


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und Imperialismus. ›Entschuldigt‹ wird Karl May nicht nur dadurch, daß er später, wie noch zu zeigen sein wird, diesen Denkschablonen den Rücken kehrte, sondern auch dadurch, daß er diesen Rahmen zumindest teilweise mit mehr oder weniger objektiven landeskundlichen Informationen füllte, die er seinen Quellen entnahm. Zu einer Zeit, da es in Europa noch keine chinesischen Restaurants gab, waren die Leser sicher dankbar, einmal ausführlich und im großen und ganzen auch korrekt etwas über chinesische Eßgewohnheiten zu erfahren18 oder auch exakt darüber belehrt zu werden, wie das Mandarinensystem aufgebaut war.19 Ferner informiert Karl May über die Existenz einer chinesischen Medizin20, über die chinesische Währung21, über chinesisches Kunsthandwerk22, über Dschunken23, Pagoden24, Buddha-Statuen25, läßt seine Leser auch einen Leichenzug beobachten26, und natürlich fehlt auch der unvermeidliche Blick in eine Opium-Kneipe27 nicht. Am Rande ist auch von den Schönen Künsten die Rede, allerdings zuweilen wieder mit dem leichten Kopfschütteln des überlegenen Europäers, etwa wenn von der angeblichen Perspektivlosigkeit der chinesischen Holzschnitte28 die Rede ist oder von der Primitivität und den Mißtönen der chinesischen Musik.29 Die chinesische Literatur schließlich kommt mit einem längeren Zitat zu Wort, in dem der Historiker Sse-ma-kuang (Ssu-ma Kuang) eine stimmungsvolle Beschreibung seines Gartens liefert30; nirgendwo ist Karl May dem Geiste Chinas näher als auf diesen Seiten, die der jugendliche Leser freilich in der Regel hastig überblättert. Schließlich sei bereits an dieser Stelle darauf verwiesen, daß Karl May im ›Kiang-lu‹ wie auch in seinen späteren Werken chinesischer Thematik nicht mit chinesischen Namen, Ausdrücken, Redewendungen und Dialogfetzen spart, die allesamt übersetzt oder in den Fußnoten erklärt werden.31 Im übrigen erweist sich der ›Kiang-lu‹ aus heutiger Sicht nur als eine Fingerübung für das Werk, an das jeder Karl-May-Getreue zuerst denkt, wenn er an das Thema ›Karl May und China‹ denkt: den ›Blauroten Methusalem‹. Hans Wollschläger hat diese Erzählung als »das beste der exotischen Hausmärchen«32 bezeichnet. Sie gehört zur Serie der trefflichen ›Jugenderzählungen‹, die der Autor in seinen besten Jahren für den ›Guten Kameraden‹ schrieb, Werke wie ›Der Schatz im Silbersee‹ und ›Die Sklavenkarawane‹, mit fast schon perfekter Routine, ja Eleganz erzählte Abenteuergeschichten ohne allzu penetrante religiöse und moralische Belehrungen, ohne schlechte Gedichte und vor allen Dingen ohne autobiographische Prätentionen. Letzteres macht sich im ›Blauroten Methusalem‹ vor allen Dingen dadurch bemerkbar, daß das pseudologische Erzähler-Ich durch einen regelrechten Romanhelden abgelöst wird, der zwar mehr


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oder weniger die Funktion des ›Ich‹ erfüllt, aber durch allerlei Eigenheiten doch unverwechselbar und im übrigen menschlich plausibler wirkt als jenes. Es ist Friedrich Degenfeld, ein gewaltig verbummelter Student, aber vermögend, willensstark, energisch und von einem Verstande, der zwar nicht an die Allwissenheit Old Shatterhands heranreicht, ihn aber doch deutlich von seiner Umgebung absetzt. Degenfeld, der u. a. Sinologie studiert, entschließt sich dazu, in Begleitung seines Burschen, seines Neufundländers und des Sohnes seiner Hauswirtin eine China-Reise anzutreten, deren Ziel es ist, den Erbonkel jenes Sohnes zu finden, nicht zuletzt aber auch nach den Verwandten und dem Vermögen eines in Deutschland lebenden emigrierten Teehändlers zu fahnden. Auch hier geht die Reise zunächst nach Hongkong und von dort aus nach Kanton, von dort dann in die Provinz Hunan, d. h. einige 100 km weit nördlich ins Landesinnere. Die äußere Handlung ist wenig originell: Es ist das übliche Repertoire von Gefangenschaft und Befreiung, Unschädlichmachung von Bösewichten und aktiver Hilfeleistung für gefährdete Personen. Es versteht sich auch, daß zum Schluß sowohl der reiche Erbonkel gefunden wird wie auch im Verlaufe der Erzählung unserem Helden von der Vorsehung allmählich, einer nach dem andern, sämtliche Familienangehörigen des emigrierten Teehändlers nach allen Regeln der Kunst zugeführt werden. Und auch der vergrabene Schatz wird gehoben. Origineller ist da schon die Idee, die Reisegesellschaft Degenfelds mit fortschreitender Erzählung ständig anwachsen zu lassen: Da ist zunächst der aus dem ›Kiang-lu‹ bereits bekannte Kapitän Frick Turnerstick, der hier wie dort von der aberwitzigen Idee besessen ist, daß man deutsche Wörter mit Endungen wie ang, eng, ing usw. versehe, diese dadurch chinesisch würden; dann der beleibte und gefräßige Holländer Mijnheer van Ardappelenbosch, mit dem Karl May eine schlechtweg surreale Figur geglückt ist, schließlich dann in angemessenem Abstand folgend die beiden Söhne des in der Ferne weilenden Teehändlers. Es ist also zum Schluß eine regelrechte kleine Expedition, die sich da ins chinesische Innere vorwagt, und der Untertitel der Erzählung ›Eine lustige Studentenfahrt nach China‹ muß dann schon sehr cum grano salis genommen werden. Gleichwohl ist dieser Untertitel, der übrigens erst in den späteren Radebeuler und Bamberger Buchausgaben auftaucht, recht bezeichnend: Er soll bedeuten, daß für einen Mann von deutschem Schrot und Korn, als dessen Prototyp hier der ewige Korpsstudent Degenfeld erscheint, eine derartige Expedition nach China tatsächlich in erster Linie eine Art von Hauptspaß darstellt, da die allfälligen Schwierigkeiten und Gefahren einer solchen Reise von deutschen Siegergestalten geradezu lässig


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zu überwinden sind. China erscheint hier als ein Land, mit dem fertig zu werden ist. Tatsächlich kann man die Grundhaltung, die vom Autor in dieser Erzählung dem Reich der Mitte und seinen Bewohnern gegenüber eingenommen wird, nur mit der Vokabel Herablassung bezeichnen. Dies bedeutet nicht, daß die chinesische Lebensweise und die chinesische Kultur nicht zur Sprache gebracht würden. Mehr noch als im ›Kiang-lu‹ wird im ›Blauroten Methusalem‹ über alle möglichen Aspekte Chinas und seiner Sitten und Gebräuche informiert: Da ist von chinesischer Höflichkeit33 die Rede und chinesischer Justiz34, von chinesischer Zeitrechnung35 und von chinesischem Ahnenkult36, von den eingebundenen Füßen der chinesischen Frauen37, von den lachenden Buddha-Figuren in den Tempeln38, erneut auch wieder vom chinesischen Essen.39 Im Unterschied zum ›Kiang-lu‹ erfährt man auch einiges über die Geographie, nicht zuletzt auch über die Topographie Kantons und dies sogar korrekt, wie Kontrollen in Atlas und Reiseführer beweisen.40 Nicht zuletzt aber versucht der Autor wenigstens ansatzweise, so etwas wie einen historischen Bezugsrahmen zu geben, mit dessen Hilfe man übrigens die Reise des ›Blauroten Methusalems‹ nach China exakt auf das Jahr 1874 datieren kann, nebenbei gesagt, das Jahr der Haftentlassung und das Todesjahr Winnetous. Der alte Teehändler Ye-Kin-Li mußte nämlich emigrieren, weil er als angeblicher Anhänger der Taiping-Bewegung galt41, die in den 60er Jahren in China eine politisch-religiöse Revolution anstrebte42, dann aber nach beachtlichen Anfangserfolgen doch unterlag. Der ›Blaurote Methusalem‹ nun spielt acht Jahre nach den letzten Zuckungen dieser Bewegung, was auf das eben erwähnte Jahr 1874 hinführt. Wird also die Taiping-Bewegung bei Karl May erwähnt, so wird man doch eine detaillierte Beschreibung oder tiefergehende Analyse vermissen. Denn prinzipiell wird dieses China eben doch nicht ganz ernst genommen. Neben den bereits aus dem ›Kiang-lu‹ bekannten und hier immer wieder auftauchenden Grundmotiven der Unsauberkeit43 und der Feigheit44, neben dem auch hier wieder gern beschworenen Bild der wimmelnden, schreienden, gestikulierenden Eingeborenenmasse45, durch die Degenfeld im deutschen Korpsstudentenwichs, der Bursche hinterdrein, der Neufundländer vorweg, hoheitsvoll hindurchschreitet, greift nun Karl May im ›Blauroten Methusalem‹ zusätzlich noch zwei Legenden auf, die im damaligen Europa über China umliefen, und von denen die eine sich zumindest bis heute gehalten hat: die vom grausamen Chinesen und die von der Vergreistheit Chinas. Unter den schlechten Eigenschaften des ungebildeten Chinesen steht neben der Feigheit die Grausamkeit obenan46: Dieser Satz könnte auch als Motto über dem zehn


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Jahre nach dem ›Methusalem‹ erschienenen französischen Horrorroman von Octave Mirbeau ›Le Jardin des supplices‹ stehen, der genußvoll beschreibt, wie chinesische Sträflinge zu Tode gefoltert werden.47 Dank ihrer europäischen Überlegenheit kommt unsere deutsche Expedition glücklicherweise ganz ungeschoren davon. Schließlich hat sie es, und damit komme ich zur zweiten Legende, mit einem Land, mit einer Nation im Greisenalter zu tun: Und diese Kultur ist hochbetagt, greisenhaft alt. Die Adern sind verhärtet und die Nerven abgestumpft; der Leib ist verdorrt und die Seele vertrocknet . . . Es ist da eben alles greisenhaft, sogar die Jugend.48 Nun, die politischen Umwälzungen des 20. Jhs. von Sun Yat-Sen über Mao Tse-Tung bis zu Teng Hsiao-Ping haben mit dieser, übrigens von der deutschen romantischen Geschichtsphilosophie in die Welt gesetzten Legende nichts mehr übrig gelassen, zur Zeit Karl Mays entsprach sie aber einem durchaus üblichen Denkmuster.49 Glücklicherweise ist Karl Mays China-Bild im ›Methusalem‹ nicht nur aus zeitgenössischen Vorurteilen zusammengesetzt. Es gibt schon einige Lichtblicke: Der Straßenbau wird etwa gelobt50, der Familiensinn der Chinesen51, auch der hohe Prozentsatz der schriftkundigen Bevölkerung wird angegeben, nicht ohne den Zusatz, daß es aber in Deutschland in dieser Hinsicht noch weitaus besser bestellt sei.52 Denn nie wird im ›Blauroten Methusalem‹ außerachtgelassen, daß es sich letztendlich bei China trotz seiner Größe und Einwohnerzahl, trotz seiner ehrwürdigen Geschichte und Kultur dennoch um ein Land zweiter oder dritter Kategorie handele, verbraucht und verrottet, als bunte Kulisse für eine Expedition biertrinkender, rauchender und »Was-ist-des-Deutschen-Vaterland« singender junger deutscher Leute immerhin von einigem Unterhaltungswert. Man kommt beim besten Willen nicht um die Beobachtung herum, daß der ›Blaurote Methusalem‹ genau jene europäische Einstellung gegenüber China inkarniert, die dann Karl May selbst später so beredt bekämpfen sollte, die der kolonialistischen Überheblichkeit. Dies gilt mutatis mutandis auch für die Art und Weise, in der er dann noch 1897 im ›Schwarzen Mustang‹ Chinesen im Wilden Westen auftreten läßt, und zwar in Form von Eisenbahnarbeitern. Die Erwähnung dieser Arbeiter ist zunächst einmal insofern verdienstlich, als Karl May hier den Leser wenigstens einen kurzen Blick in eines der trübsten Kapitel der amerikanischen Sozialgeschichte des 19. Jhs. werfen läßt, nämlich dem des dem Sklavenhandel ziemlich nahekommenden Imports billiger Arbeitskräfte aus Südchina53, den sog. Kulis (coolies), deren erbärmlicher Existenz und menschenverachtender Behandlung durch die Weißen Mark Twain in ›Roughing it‹ (1872) einige bewegende Seiten gewidmet hat.54


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Anders im ›Schwarzen Mustang‹. Hier bilden sie ein eher exotisches als realistisches Moment. Keineswegs gelten ihnen die Sympathien und das Mitleid des Verfassers. Weder wird sichtbar, daß es sich um die Opfer schamloser Ausbeutung handelt, noch werden die Chinesen als Angehörige eines Jahrtausende alten Kulturvolkes gewürdigt. Es sind vielmehr die alten Bekannten aus dem ›Kiang-lu‹ und dem ›Blauroten Methusalem‹, unsauber55, feige56, übelriechend57 und diebisch58 und vor allen Dingen Gegenstand allgemeiner Verachtung59, nicht nur vonseiten der rechtschaffenen Westmänner, sondern sogar auch der weißen Bahnarbeiter und nicht zuletzt der auftretenden Indianer. Als Winnetou und Old Shatterhand dem wortbrüchigen Komantschen-Häuptling Tokvi Kava eine besonders schmerzende Demütigung zufügen wollen, befestigen sie an seinem Kopf zwei natürliche Zöpfe60, die sie vorher diebischen Chinesen zur Strafe abgeschnitten haben, wohl wissend, daß es sich hier um »Abfall gelber Hunde«61 handelt, wie Tokvi Kava diese unerwünschte Kopfzierde nennt. Mit anderen Worten: nichts ist für einen Indianer schmachvoller als der Kontakt mit chinesischem Haar: der Chinese wird auf den Status eines Unberührbaren hinabgedrückt, und zwar mit der einverständlichen Billigung der positiven Identifikationsfiguren Winnetou und Old Shatterhand.

   Zu Beginn unserer Betrachtungen hatten wir darauf verwiesen, daß das China-Bild vom ›Kiang-lu‹ bis zum ›Schwarzen Mustang‹ hin einigermaßen homogen ist, eine Einschätzung, die allenfalls dahingehend zu korrigieren wäre, daß von Text zu Text die negativen Aspekte immer mehr überwiegen, bis schließlich im ›Schwarzen Mustang‹ ein absoluter Tiefpunkt erreicht wird. Um so überraschender, ja atemberaubender die plötzliche Wendung, die sich mit ›Et in terra pax‹ bzw. ›Und Friede auf Erden!‹ vollzieht. Diese Werke sind in den letzten Jahren durch die Arbeiten von Wollschläger, Bartsch, Hatzig sowie durch ein noch unveröffentlichtes, mir aber bereits vorliegendes Manuskript von Martin Schenkel62 so oft und gründlich untersucht worden, daß ich mich hier guten Gewissens auf den einzigen Aspekt beschränken kann, der in diesem Zusammenhang von Interesse ist, nämlich den chinesischen. Da sei zunächst noch einmal an die im Grunde altbekannte Tatsache erinnert, daß ›Et in terra pax‹ von Karl May, der inzwischen in geradezu wunderbarer Weise seine kolonialistischen und imperialistischen Vorurteile abgeschüttelt hatte, als eine Art von kalter Dusche konzipiert war, die die vom leicht errungenen und von blutrünstigen Reden Wilhelms II.63 begleiteten Sieg im Boxerfeldzug erhitzten nationalistischen Köpfe abkühlen sollte. In dem von Joseph Kürschner herausgegebenen dickleibigen Sammelwerk über China, das vor allem die-


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sen Sieg feiern sollte und zu dessen Mitgestaltung unbedachterweise Karl May aufgefordert war, placierte er zur Verärgerung des Herausgebers seine pazifistische Erzählung ›Et in terra pax‹, in der er die Idee des großen Menschheitsbruderbundes konzipierte, der auf der Grundlage der Liebe und der Toleranz den großen Frieden schaffen werde. Die Verbindung mit China ist also durch das Thema des Sammelwerks und vor allen Dingen durch den gerade beendeten Boxerkrieg gegeben. Man hat den Eindruck, daß der Autor so etwas wie eine doppelte Wiedergutmachung an China und den Chinesen anstrebt: Wiedergutmachung für das imperialistische Abenteuer des Boxerkrieges, Wiedergutmachung aber auch für die eigenen literarischen Sünden der Vergangenheit. Vieles liest sich wie ein direktes Dementi früher zu China geäußerter Ansichten, z. B. wenn er den Satz niederschreibt: »Nur der, welcher den geistigen Boden nicht kennt, auf dem wir leben, kann von der ›Greisenhaftigkeit des gelben Mannes‹ sprechen«64, oder wenn er an anderer Stelle tadelt: Von den ersten Kinderschuhen an hat man durch alle Klassen der Volks- und höheren und höchsten Schulen über die Chinesen nichts Anderes gehört, als daß sie wunderlich gewordene, verschrobene Menschen seien, über welche die Weltgeschichte schon längst den Fluch der Lächerlichkeit ausgesprochen habe.65 In ›Et in terra pax‹ und in noch stärkerem Maße in ›Und Friede auf Erden!‹ kommt nun wieder ein China-Bild zur Geltung, das im Europa der Aufklärung bereits lange Jahrzehnte hindurch die Vorstellung bestimmt hatte, die sich erleuchtete Geister wie Voltaire oder Leibniz vom Reich der Mitte machten: China, das Land der Gesittung, der Vernunft, der Bildung und der Toleranz.66 Diese Eigenschaften werden durchgehend von den wichtigeren auftretenden chinesischen Personen verkörpert, wie etwa Vater und Sohn Fu und Tsi, dem Arzt und Gelehrten Fang und nicht zuletzt der Heiligenfigur des Romans, der ebenso schönen wie durchgeistigten Yin. Kein Zufall auch, daß die große Menschenbruderschaft Shen von Karl May auf einen chinesischen Namen getauft wird und ihr Zentrum auf einer dem chinesischen Festland vorgelagerten Insel im Nordwesten des Landes hat. Diese Insel Ocama ist freilich ein reines Utopia, das mit China nicht mehr allzu viel zu tun hat. In der Beschreibung Karl Mays wird der Charakter zumindestens ebenso stark wie von den chinesischen Bewohnern von dem europäischen Führungs-Cercle der Shen bestimmt: Die von Karl May beschriebene Architektur ist jedenfalls durchaus europäisch. Außerhalb der chinesischen Shen-Gruppe treten Chinesen nur noch als Statisterie auf. Überhaupt erfolgt die von mir erwähnte Wiedergutmachung Karl Mays an China so gut wie ausschließlich auf dem Wege diskursiver Überlegun-


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gen etwa zur Frage der Superiorität und der Inferiorität von Rassen, über die Vorurteile der Abendländer, über das Selbstbewußtsein Chinas, über den Wert der chinesischen Kultur.67 Das Bild Chinas selbst bleibt leider schattenhaft, und die aufgeklärten, weisen, gebildeten und toleranten Chinesen verharren innerhalb des Romans leider auf dem Status bloßer Meinungsträger. Sollte Karl May, was ich nicht für ausgeschlossen halte, die löbliche Absicht gehabt haben, in der Gestalt des Tsi eine Art von Winnetou der gelben Rasse zu zeichnen, so ist ihm dies leider mißlungen. Er bleibt einfach zu blaß, ein »flat character« im Sinne der Romantheorie E. M. Forsters, während man Winnetou durchaus die Eigenschaften eines »round character« im Sinne dieser Theorie zubilligen möchte. So verblüffend und erfreulich also der aus den beiden Friedensromanen sprechende Wandel der Einstellung Karl Mays gegenüber China ist, so enttäuscht ist man über die literarische Umsetzung dieses Wandels. Aber man muß letzten Endes auch in Rechnung stellen, daß ›Und Friede auf Erden!‹ kein Roman über China ist, sondern ein Roman über Frieden und Menschheitsverbrüderung, der gelegentlich Chinas geschrieben wurde. So scheint sich auch Karl May seiner inzwischen recht stattlich gewordenen Handbibliothek zum Thema China kaum mehr bedient zu haben: Die noch im ›Kiang-lu‹ und im ›Blauroten Methusalem‹ so reichlichen landeskundlichen Exkurse fehlen hier fast vollständig.

   Ehe ich zum Schluß komme, darf ich mir noch einen kleinen Exkurs zu einem ebenso heiklen wie interessanten Thema gestatten: nämlich Karl May und die chinesische Sprache. Heikel deshalb, weil uns dieser Aspekt unmittelbar mit dem Problem der Mayschen Pseudologia Phantastica konfrontiert, wie sie Claus Roxin genannt hat, d. h. die verwirrende tagtraumhafte Disposition des Verfassers, sein Ich nicht nur in der Literatur, sondern auch in der täglichen Lebenspraxis nicht nur mit einer abenteuerlichen Vergangenheit, sondern auch mit allerlei phantastischen Eigenschaften und Vorzügen auszustatten. Zu dieser pseudologischen Ausstattung gehört bekanntlich eine Fremdsprachenkenntnis von atemberaubendem Umfang. In einem berühmten und oft zitierten Brief vom 2. November 1894 rühmte sich Karl May, an die 40 Fremdsprachen zu sprechen und zu schreiben, neben den gängigen europäischen Sprachen und 10 Indianer-Sprachen verzeichnet die Liste auch chinesisch 6 Dialekte.68 Im Oktober 1898 fordert er die Eintragung des Doktortitels ins Radebeuler Adreßbuch u. a. mit dem Argument, er habe bei einem längeren China-Aufenthalt »eine dem Doktortitel gleiche oder noch höher stehende Würde erworben«69, zweifellos eine Reminiszenz an den ›Kiang-lu‹, in dem das Erzähler-Ich bekanntlich


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eine Mandarinenprüfung abgelegt hat. An der illusionären Selbstvorspiegelung ausgedehnter Fremdsprachenkenntnisse im allgemeinen und des Chinesischen im besonderen hielt der Autor auch dann noch fest, als seine Legende in der Öffentlichkeit allmählich zu bröckeln begann. Als im Herbst 1904 Marie Silling in ihrer Rezension von ›Und Friede auf Erden!‹ im ›Dresdner Anzeiger‹ einige spöttische Zweifel an Karl Mays Fremdsprachenkenntnissen äußerte, reagierte der Autor ebenso gereizt wie selbstbewußt70, und als der Redakteur des Blattes Paul Schumann, in der sich zwischen Redaktion und Autor nunmehr anspinnenden Diskussion Karl May gar vorhielt, er rühme sich in Kürschners ›Deutschem Literaturkalender‹ chinesischer Sprachkenntnisse, konterte der Autor erneut selbstbewußt, dieser Eintrag stamme nicht von ihm, sondern von Kürschner, und er sei im übrigen mit Recht71 erfolgt. Nun kann natürlich kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, daß die Fremdsprachenkenntnisse Karl Mays im allgemeinen und diejenigen des Chinesischen im besonderen jener gleichen Welt der pseudologischen Phantasie angehören, der der Doktortitel und der Henrystutzen, der Jagdhieb und Hatatitla, der Nugget-tsil und das gesamte Westmännerkorps angehören. Nur darf man es sich bei der Frage der fremden Sprachen nicht ganz so einfach machen wie bei den anderen Elementen dieses phantastischen Kosmos. Der Forschung der letzten Jahrzehnte ist es relativ leicht gelungen, bestimmte Punkte der Legende beweiskräftig zu falsifizieren, handele es sich nun um das Problem der angeblichen frühen Amerika-Reisen des Autors, um seinen Doktorgrad oder um den Henrystutzen. Untersuchungen über das Problem der fremden Sprachen bei Karl May sind hingegen bezeichnenderweise noch nicht erschienen72, und zwar, wie zu vermuten steht, deshalb nicht, weil es nun doch vergleichsweise kompliziert ist. Keinesfalls ist diese Frage zu erledigen, indem man achselzuckend feststellt, hier habe der Autor offensichtlich wieder einmal das Blaue vom Himmel heruntergeflunkert. Es gibt Indizien dafür, daß Karl May sich in der Tat mit fremden Sprachen beschäftigte, wenngleich gewiß nicht in dem von ihm behaupteten Umfang. Die Radebeuler Bibliothek umfaßte Sprachführer, Grammatik- und Wörterbücher usw. in großer Zahl, zum großen Teil aber erst im Alter gekauft.73 Aber bereits aus der Haftzeit liegt ein Stück französischer Prosa vor, von beträchtlicher Fehlerhaftigkeit zwar, aber immerhin.74 Die Hauptzeugen für ein Interesse Karl Mays an fremden Sprachen stellen freilich die Werke selbst dar, die, damals ein noch durchaus ungewöhnliches und originelles erzähltechnisches Verfahren, den Fluß der deutschsprachigen Erzählung oder des deutschsprachigen Dialogs ständig durch fremd-


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sprachliche Einschübe unterbrechen, die von einem kurzen Ausruf oder Fluch, über kleinere Satzfetzen hin bis zu ganzen Dialogen gehen können. Hierbei bedient sich Karl May nicht nur der gängigen europäischen Sprachen wie des Englischen, des Französischen und des Spanischen, sondern auch des Arabischen, der Indianersprachen und nicht zuletzt auch des Chinesischen. Eine genauere Untersuchung dieser Sprachfetzen könnte zweifellos zu einer realistischen Einschätzung der Karl Mayschen Sprachkenntnisse führen, ist aber merkwürdigerweise bisher noch nicht einmal für die gängigen Hauptsprachen geleistet worden, geschweige denn für die Indianer-Dialekte. Meine nun folgenden kurzen Bemerkungen zum Gebrauch des Chinesischen in den China-Erzählungen Karl Mays stellen also einen ersten tastenden Versuch in dieser Richtung dar, den ich insofern nicht ganz ohne Bedenken unternehme, als ich selbst der chinesischen Sprache nicht mächtig bin. Die folgenden Auskünfte basieren auf Beobachtungen, die der Leiter der Deutschen Abteilung der Universität Peking, Herr Professor Zhang Yu-Shu, angestellt hat, der auf meine Bitte hin die chinesischen Sprachfetzen des ›Blauroten Methusalem‹ einer Inspektion unterzog und ferner einige Stichproben aus dem ›Kiang-lu‹ und aus ›Und Friede auf Erden!‹ überprüfte. Das Resultat dieser Untersuchungen ist alles andere als eindeutig. Das läßt schon der statistische Befund erkennen: Nach Zhang sind ziemlich genau 50% der verwandten chinesischen Wörter, Redewendungen und Dialogfetzen als richtiges oder annähernd richtiges Chinesisch anzusehen, während die anderen 50% als nicht akzeptabel betrachtet werden müssen. Nicht akzeptabel kann in diesem Fall nun allerdings vieles bedeuten. Die Ausstellungen Zhangs beginnen bei mittelschweren Fehlern in Grammatik und Syntax (die leichteren wurden nicht gerechnet), gehen über falschen Wortgebrauch und mehr oder weniger unsinnige Aneinanderreihungen von Wörtern bis hin zu Wendungen und Sätzen, die in einem völlig unverständlichen Kauderwelsch abgefaßt sind, das mit der chinesischen Sprache nicht das geringste zu tun hat und das sich Karl May offensichtlich aus den Fingern gesogen hat. Durchweg mangelhaft und vor allen Dingen uneinheitlich ist die phonetische Transkription, was darauf zurückzuführen ist, daß Karl Mays Quellen offensichtlich mit verschiedenen Systemen arbeiteten, was der Laie nicht zu bemerken imstande war. Denn eines ist sicher: Dieses Chinesische ist dasjenige eines ahnungslosen Dilettanten. Karl May, der einerseits zuweilen bei der Wiedergabe von abstrakten Begriffen oder komplizierten Komposita ins Schwarze trifft (natürlich mit Hilfe eines Wörterbuches), blamiert sich regelrecht, wenn es um die elementare Kenntnis der Alltagssprache


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geht. Jedem Leser des ›Blauroten Methusalem‹ ist etwa erinnerlich, daß dort zu Dutzenden von Malen als die übliche chinesische Begrüßungsformel das Wort »Tsching«75, möglichst in mehrfacher Wiederholung, präsentiert wird. Aber wenn man sich in China begrüßt, sagt man nicht »Tsching« (was so viel heißt wie »bitte kommen Sie herein«, »bitte greifen Sie zu«), sondern »Ni hao«, was sinngemäß genau dem englischen »how-do-you-do« entspricht. An anderer Stelle wiederum zeigt sich, daß Karl May noch nicht einmal das chinesische Wort für »nein« richtig wiederzugeben imstande ist76, während er sich der Aufgabe, auf chinesisch »ja« zu sagen, fehlerfrei entledigt. Besonders fehlerhaft wird das Chinesische aber in der Regel dann, wenn sich der Autor auf das Wagnis einläßt, chinesische Sätze zu bilden: Ohne Rücksicht auf Syntax, guten Stil und Idiomatik reiht er die aus dem Wörterbuch gewonnenen Vokabeln aneinander. Wie überhaupt der Grundirrtum des Autors in seinem Umgang mit fremden Sprachen war, daß er tatsächlich glaubte, man könne eine fremde Sprache mit Hilfe von Wörterbüchern und ähnlichem Material gleichsam synthetisch nachbilden, ohne vorher etwas tiefer in sie eingedrungen zu sein. Um welche Quellen es sich im einzelnen handelt, läßt sich zumindestens für die früheren Erzählungen nicht nachweisen: Das Verzeichnis der Radebeuler Bibliothek77 enthält immerhin ein 1886 in zweiter Auflage erschienenes deutsch-chinesisches Konversationsbuch von Joseph Haas und die 1883 erschienenen Anfangsgründe der chinesischen Grammatik von Georg von der Gabelentz, die möglicherweise bei der Abfassung des ›Blauroten Methusalems‹ Pate gestanden haben können, nicht aber beim ›Kiang-lu‹, der früher erschienen ist. Aber es fehlt vollkommen ein chinesisches Wörterbuch. Es steht zu vermuten, daß Karl May sich wohl gelegentlich auch in einer öffentlichen Bibliothek munitioniert oder der Hilfe irgendwelcher Ratgeber bedient hat, bei deren Auswahl er dann offensichtlich wohl keine besonders glückliche Hand hatte. Der Vollständigkeit halber sei schließlich noch angemerkt, daß Karl Mays ›Blauroter Methusalem‹ in Südchina spielt, alle seine Chinesen aber im nordchinesischen Mandarin-Dialekt sprechen. Und schließlich noch eine letzte, positivere Beobachtung von Professor Zhang: die von ihm aus ›Und Friede auf Erden!‹ entnommenen Stichproben haben sich als fehlerfrei erwiesen, wenngleich er auch an der Bezeichnung des Menschheitsbruderbundes mit dem schlichten Wort »Shen« ohne weitere Zusätze einiges auszusetzen hatte. »Shen« (in heutiger Transkription ›`´ren‹) heißt im Chinesischen einfach und sehr konkret »Mensch« und erhält symbolische oder übertragene Bedeutungen erst in Verbindung mit anderen Begriffen bzw. Zeichen.


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   Was für Karl Mays Verhältnis zur chinesischen Sprache gilt, läßt sich vielleicht auf sein gesamtes Verhältnis zu China übertragen. Es war geprägt von Interesse, Dilettantismus, gutem Willen und Unterschätzung der Schwierigkeiten. So wenig, wie es ihm gelang, mit Hilfe von Sprachführern und Wörterbüchern in seine Bücher korrekte chinesische Wendungen und Dialoge einzuführen, so wenig konnte er in seinen Reiseerzählungen auf Grund von offensichtlich sehr gemischter Quellenlektüre ein authentisches und wenigstens ansatzweise objektives Bild des zeitgenössischen China vermitteln. In den Werken der 80er Jahre finden sich daher neben interessantem und buntem landeskundlichen Detail sämtliche Vorurteile der zeitgenössischen europäischen Öffentlichkeit China gegenüber vereinigt, was im übrigen darauf schließen läßt, daß ein nicht geringer Teil des Karl Mayschen China-Bildes auf Zeitungslektüre basierte und nicht auf dem Studium beispielsweise seriöser Expeditionsberichte. Und so wie er gelegentlich ganze chinesische Sätze einfach erfand, so ist natürlich ein nicht geringer Teil seiner chinesischen Kulisse nach eigenen Entwürfen gemalt und nicht nach Vorbildern. Wahrscheinlich wird man Karl Mays China-Bild nur dann gerecht werden können, wenn man sein China, und zwar sowohl das heruntergekommene bunte Eingeborenenchina des ›Blauroten Methusalem‹ wie das China der edlen und weisen Friedensfreunde auf der Insel Ocama als Länder und Nationen ansieht, die nie auf unserem Globus beheimatet waren oder sind. Ungeachtet ihrer historischen Bedingtheit sind es zunächst einmal, ebenso wie der Wilde Westen Old Shatterhands und der Orient Kara Ben Nemsis, von Karl May kraft seiner Phantasie selbst erschaffene Welten, »mondes imaginaires«, die sich, wie so oft in der Literatur, als weitaus faszinierender und eindrucksvoller erweisen (freilich nicht immer als erfreulicher) als die realen Länder gleichen Namens, die unser Autor auf seine Weise nachzuträumen versuchte.



1 s.u.82

2 Karl May, Der Kiang-lu, in: Am Stillen Ocean, Freiburg 1894, 69f.

3 a.a.O. 67-318

4 Am Stillen Ozean, Bamberger Ausgabe, 7-346; die dem Kiang-lu entsprechenden Kapitel 3-11 entsprechen 63-288

5 Kong-Kheou, das Ehrenwort, in: Der gute Kamerad, Berlin-Stuttgart, 3/1888-89, Nr. 1-52

6 Der schwarze Mustang, in: Der gute Kamerad 11/1896-97, Nr. 1-28; als erste Buchausgabe (1899) in der ›Kamerad-Bibliothek‹, Bd. 1; in der Radebeuler und Bamberger Ausgabe unter dem Titel ›Halbblut‹.

7 Hans Wollschläger, Karl May. Grundriß eines gebrochenen Lebens, Zürich 21977, 94

8 China. Schilderungen aus Leben und Geschichte, Krieg und Sieg. Ein Denkmal den Streitern und der Weltpolitik, hg. von Joseph Kürschner, Leipzig-Berlin 1901


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9 ebd. 223

10 Hierzu vgl. Hans Wollschlager, »Die sog. Spaltung des menschlichen Innern, ein Bild der Menschheitsspaltung überhaupt.« Materialien zu einer Charakteranalyse Karl Mays, in: Jb-KMG 1972/73,11-92. - Ekkehard Bartsch, ›Und Friede auf Erden!‹. Entstehung und Geschichte, a.a.O. 93-123. - Hansotto Hatzig, Et in terra pax ­ Und Friede auf Erden. Karl Mays Textvarianten, a.a.O. 144-170. - Martin Schenkel, Ecce homo! Reflexionen zum heilsgeschichtlichen Friedensmythos in Karl Mays Reiseerzählung ›Und Friede auf Erden!‹. in: Karl May-Heft von Text und Kritik, 1986 (in Vorbereitung).

11 Claus Roxin, Karl May, das Strafrecht und die Literatur, in: Karl May, hg. von Helmut Schmiedt, Frankfurt a. M. 1983, spricht 137 in treffender Formulierung von der »geglückten Selbstresozialisierung« Karl Mays.

12 Roxin, a.a.O. 152f., sowie ders., Vorläufige Bemerkungen zu den Straftaten Karl Mays, in: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft, 1971, 74-109, passim

13 Kiang-lu, 136

14 ebd. 261f.

15 ebd. 145f., 154f.; 176; 226f.

16 ebd. 181f., 183f.; 244

17 ebd. 310

17a ebd. 69f.

18 ebd. 233ff.; 258

19 ebd. 123f.

20 ebd. 110

21 ebd. 129

22 ebd. 135

23 ebd. 148f.

24 ebd. 149f.

25 ebd. 152ff.

26 ebd. 239

27 ebd. 240

28 ebd. 257

29 ebd. 160f.

30 ebd. 280ff.

31 Über Karl May und das Chinesische s.u., 82ff.

32 Wollschläger, Karl May, 71

33 Karl May, Der blau-rote Methusalem, Stuttgart (Union Deutsche Verlagsgesellschaft) 1892, (erste Buchausgabe, Reprint Bamberg/Braunschweig 1972), 100

34 ebd. 175f.

35 ebd. 227

36 ebd. 231

37 ebd. 267f.

38 ebd. 286

39 ebd. 130ff.

40 Vgl. Methusalem, 309ff., mit Nagel, Chine, Genf 41982, 1223ff. insbesondere 1231f.

41 Vgl. 182

42 Hierzu vgl. Herbert Franke/Rolf Trauzettel, Das chinesische Kaiserreich, Frankfurt a M. 1968 (=Fischer Weltgeschichte, Bd. 19), 317ff.

43 Blau-roter Methusalem, 32f.; 72; 89; 239

44 ebd. 163; 209; 219; 416

45 ebd. 31; 214; 403

46 ebd. 209

47 Octave Mirbeau, Le Jardin des supplices, Paris 1899, beschreibt, wie am Rande einer großen chinesischen Stadt (die ungenannt bleibt, aber vermutlich Kanton ist) in einer weitläufigen Parkanlage Häftlinge in sadistischer Weise zu Tode gemartert werden. Eine Parallele im Blau-roten Methusalem hierzu bildet die Beschreibung der Bilder im Tempel des Schreckens und der Bestrafungen, auf denen alle Strafen, welche sich die Phantasie des Menschen zu denken vermag (315), zu erblicken sind.


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48 Blau-roter Methusalem, 217. Auch in der an den ›Kiang-lu‹ anschließenden Erzählung war vom altersgrauen Osten die Rede. (Am Stillen Ocean, 321).

49 Hierzu vgl. Ernst Rose, China as a Symbol of Reaction in Germany 1830 - 1880. in: Comparative Literature, Bd. 3/1951, 57-76 ­ sowie das Manuskript einer noch unveröffentlichten Untersuchung von Willy Richard Berger, China-Bild und China-Mode im Europa der Aufklärung, Habilitationsschrift Universität Bonn (1985).

50 Blau-roter Methusalem, 420

51 ebd. 385

52 ebd. 303f.

53 Hierzu vgl. Mary Gertrude Mason, Western Concepts of China and the Chinese, 1840-1876, New York 1939, 90ff.

54 Mark Twain, Roughing it, Chapter LIV, benutzte Ausgabe Chicago 1980 (Signet Classics), 291ff.

55 Karl May, Der schwarze Mustang (s. Anm. 6), 34

56 ebd. 172; 189; 220

57 ebd. 9

58 ebd. 38f. und öfters. Besonders verwerflich an den Chinesen und ihrer Diebesmentalität ist, daß sie sich an den Waffen Winnetous und Old Shatterhands vergreifen.

59 ebd., passim. Zur allgemeinen Verachtung der chinesischen »Gastarbeiter« in den Vereinigten Staaten vgl. auch Mason, a.a.O., 96: » . . . the Chinese were regarded as a servile, inferior and degraded race.«

60 Schwarzer Mustang, 230

61 ebd. 233

62 s. Anm. 10

63 vgl. das einleitende Zitat bei Schenkel, a.a.O., die Rede selbst u. a. in dem Kürschnerschen China-Band (s. o., Anm. 8) Teil II, Spalte 196 - 198. Die Rede gipfelte in der unverblümten Aufforderung, die chinesischen Gegner im Falle der Gefangennahme allesamt niederzumachen. Es fällt, abgesehen von der hier zum Ausdruck kommenden großspurigen imperialistischen Verachtung des fremdrassigen Gegners, schwer, in einem solchen Appell nicht ein böses Omen für die künftigen Jahrzehnte der deutschen Geschichte zu sehen.

64 Karl May, Und Friede auf Erden!, Freiburg (1904), 38

65 ebd. 202

66 Hierzu vgl. Berger, passim

67 Und Friede auf Erden!, 140f.: 170.; 174ff.; 307f.; 494; 499 usw.

68 Wollschläger, Karl May, 91

69 ebd.

70 Karl May, An den Dresdner Anzeiger, in: Jb-KMG 1972/73, 124-143. (Es handelt sich um die Leserbriefe Karl Mays an die genannte Zeitung aus dem Herbst 1904).

71 ebd. 138

72 Die in den Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft, Nr. 20, Juni 1974, erschienene kundige Miszelle von Walther Ilmer, Lack-a-day? By Jove!, stellt die erfreuliche Ausnahme dar, welche aber im Grunde die Regel nur bestätigt.

73 Franz Kandolf/Adalbert Stütz, Karl Mays Bücherei, in: Karl-May-Jahrbuch 1931, 212-291; Aufstellung der Ostasiatica und Sinica, 225-244

74 Karl May, Ange et Diable, in: Karl May, Hinter den Mauern und andere Fragmente aus der Haftzeit, in: Jb-KMG 1971, 128f.; originalgetreuer Faksimlie-Nachdruck der Handschrift: Bamberg 1972

75 Heutige Transkription: »qing«

76 »yu« statt »bu« (vgl. Methusalem, 207)

77 s. Anm. 73




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