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HARTMUT VOLLMER


Ins Rosenrote
Zur Rosensymbolik bei Karl May


Errichtet keinen Denkstein. Laßt die Rose
nur jedes Jahr zu seinen Gunsten blühn.
Denn Orpheus ists.
Rainer Maria Rilke: Die Sonette an Orpheus


I.


Letzte Worte, die ein Menschenleben beschließen: bewußte Manifestationen des Unabänderlichen oder zufällige im Sterbenskampf herausgehauchte Laute? Finale Lebensformulierungen, Botschaften an die Nachwelt? Töne des Unbewußten, eines am Tore des Jenseits stehenden Geistes? Artikulationen unermeßlichen Schmerzes oder unfaßbarer Freude? Bekundungen der Verlorenheit oder der Erlösung? - Viele Fragen, Rätselhaftes und Geheimnisvolles, begleiten den Grenzzustand zwischen Leben und Tod. - Grenze? Bedeutet diese Grenze das endgültige Ende, den Sturz ins Nichts, oder öffnet sich hinter ihr ein neues, eigentliches Leben? Wir werden es bei diesen Fragen bewenden lassen müssen, auch rational stoßen wir auf unumstößliche Grenzen. Unzählige Philosophien und Religionen unterschiedlichster Völker und Kulturen haben Antworten zu geben versucht, so vielfältig und widersprüchlich wie das Bild des Sterbens, des Todes selbst, und uns Menschen bleibt es letztlich überlassen, welche Antwort wir annehmen und akzeptieren - wenn wir sie freilich überhaupt suchen, ist doch der Tod, angesichts der Unfaßbarkeit dieses Phänomens, angesichts der mit ihm verbundenen Schrecken, seit jeher das große Tabu menschlicher Existenz.

Sieg! Großer Sieg! Rosen - Rosen - rot! waren die letzten Worte Karl Mays, die uns seine am Sterbebett wachende Frau Klara überliefert hat.1 Gehen wir von der Authentizität dieser Worte aus,2 so sind sie alles andere als zufällige Sterbensartikulationen, im Gegenteil: daß May gerade Rosen in der Erkenntnis, im Gefühl der Erlösung, des großen Sieges, nennt, scheint - wie wir, Leben und Werk Mays überblickend, darlegen wollen - schlüssig und geradezu folgerichtig.

Nun besitzt natürlich jedes letzte Wort a priori besondere Bedeu-



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tung. Warum May an der Grenze zum Tod aber mit der  R o s e  sein Leben beschließt, ist eine wichtige Frage, auf die in der May-Forschung, seltsam genug, bis heute noch nicht eingegangen worden ist. Bei dieser Überlegung will sich der - vielleicht ein wenig gewagt anmutende - Vergleich zu einem großen literarischen Zeitgenossen Mays, zu einem der bedeutendsten Lyriker deutscher Zunge aufdrängen, zu Rainer Maria Rilke, der wie May die Rose dazu bestimmte, sein Lebensende zu krönen: »Rose, oh reiner Widerspruch, Lust, / Niemandes Schlaf zu sein unter soviel / Lidern« - diese Verse hatte Rilke für seinen Grabstein an der Kirche von Raron ausersehen.

   Obgleich Rilke und May vieles unterschied, gemeinsam war ihnen die künstlerische Intention, das Dasein symbolisch zu erklären und zu begründen, das Einzelschicksal in übergeordnete, metaphysische Zusammenhänge einzubinden, die Widersprüche zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen Immanenz und Transzendenz aufzulösen und zur Einheit zu führen.3 Für beide Dichter war hier die Rose das zentrale Symbol, das die Bindung zwischen Diesseits und Jenseits, die Kommunion von Leben und Tod sinnbildlich darstellte, schließlich dem eigenen Tod überragend voranstand.4

   Während die Untersuchungen zur Rosensymbolik bei Rilke, wichtige Hinweise für ein Verständnis seines Gesamtwerks liefernd, zahlreich sind, soll eine umfassende Studie zur Bedeutung des Rosenmotivs bei May hier erstmals versucht werden. Von der Analyse dieses zentralen, exemplarisch zu verstehenden Motivs versprechen wir uns, Wesentliches über den Mayschen Schaffensprozeß zu erfahren. Stützen werden wir uns dabei auf ausführliche Zitate der im Werk zu findenden Rosenstellen.


II.


Um eine Einsicht in die Symbolkraft der Rose zu bekommen, die sich in Mays Œuvre wiederfindet, wollen wir zunächst einen kurzen Überblick über die Kultur- und Symbolgeschichte dieser Blume geben, der die Grundlage für ein Verständnis des Rosenmotivs bei May schaffen wird:

   Wie uns überliefert ist, war die Wildrose schon bei den Pfahlbauern beliebt, wohingegen die Gartenrose eine weite Verbreitung zuerst durch die Assyrer und Babylonier fand, die sie von den Persern kennengelernt hatten. Als geheimnisvolles, göttliches Symbol und zugleich als Sinnbild diesseitiger Freude und Lebenslust ist die Rose



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schon in der Antike zu entdecken. Griechen wie Römer schätzten die in den südlichen Ländern üppig sprießenden Rosen besonders als Schmuck bei weltlichen und religiösen Festen, als Symbol der Liebe und Verehrung (auch gegenüber den Toten) und als Zeichen der Fruchtbarkeit. Sie war der Liebesgöttin Aphrodite (Venus) geweiht, die der Rose - nach der griechischen Mythologie - ihre Schönheit verliehen haben soll, diente aber auch zur Bekränzung des Weingottes Dionysos (Bacchus), dem sie ihren Duft zu verdanken habe. Die gleichzeitige irdische wie göttliche Symbolik der Rose wird hier sehr deutlich. Während man die prachtvolle Blume einerseits in ihrer Heiligkeit und überirdischen Schönheit verehrte, trieb man andererseits maßlosen irdischen Luxus und Verschwendung mit ihr, veranstaltete bei üppigen Gelagen wahre Rosenregen, bekränzte sich mit ihnen das Haupt, in der Gewißheit ihrer gehirnstärkenden und kühlenden Wirkung, wodurch man den Rausch des Weines zu schwächen hoffte. Pflanzenkultur bewiesen die römischen Gärtner, die Rosen schon in einer Art Treibhaus anbauten. Alljährlich feierten die Römer ein eigenes Rosenfest (rosalia). Für den weltlichen Genuß verstand man auch bereits, aus Rosen duftende Salben und Öle zu gewinnen, verwendete sie ebenso als Heilmittel. Ihre geheimnisvolle und rätselhafte Bedeutung dokumentierte sich wiederum bei den zahlreichen Festen, wo Rosen über die Tafel aufgehängt wurden zum Zeichen, daß die ›sub rosa‹ geführten Gespräche der Verschwiegenheit anheimfielen. In der symmetrischen Konstruktion der Rose erkannte man zudem ein Ewigkeitsbild, bei dem die fünf Blütenblätter im Grundriß den kosmischen Kreislauf darstellten.

   Wesentliche Bedeutung kam der Rose auch in der christlichen Mystik des Mittelalter - als Symbol der ›unio mystica - zu, wobei ihr Verwelken und prachtvolles Aufblühen auf die mystische Wiedergeburt verwies. Aufgrund ihrer vorwiegend roten Farbe und ihrer Blütenform wurde sie zum Sinnbild sowohl für die das Blut Christi auffangende Schale (vgl. den Gralsmythos) als auch für die fünf Wundmale Christi selbst.

   Als ›Rose ohne Dorn‹ - Dornen allegorisierten die Sünde, Leid und Schmerz (s. die Dornenkrone des leidenden Heilands) - pries man die Gottesmutter Maria. Seit dem 14. Jahrhundert finden wir häufige Abbildungen Marias in einer Rosenlaube. Überhaupt war die Rose immer wieder ein Attribut der Jungfrauen und Heiligen,5 Reinheit und Keuschheit, überirdische Schönheit und göttliche Tugend versinnbildlichend. Wie die Legende berichtet, symbolisierten im Schnee aufblühende Rosen die Liebe der hl. Klara zu Franz von Assisi.



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   Bedeutsam für unsere Betrachtung ist auch die himmlische Rose, die ›rosa candida‹ Dantes in seiner ›Göttlichen Kömödie‹; im ›Paradiso‹ (30. und 31. Gesang) formt die Schar der Erlösten im Himmel eine riesige Rose, deren Blütenblätter aus der stufenweisen Rangordnung der Seligen gebildet sind.

   In dem aus geschnitzten Rosenblütenornamenten bestehenden Rosenkranz, den der hl. Dominikus im 15. Jahrhundert in die katholische Kirche einführte, und den Fensterrosetten romanischer und gotischer Kirchen, die den himmlischen Kreislauf darstellen (an die Rosettenform von Bauskulpturen ist hier ebenfalls zu denken), finden wir Ausdrucksversuche, Materialisierungen geistig-seelischer Göttlichkeit. Auch in viele Wappen wurde die Rose integriert; das Siegel Martin Luthers zeigt ein aus einem Herzen wachsendes Kreuz im Innern einer Rose; im Wappen des Predigers und religiösen Dichters Johann Valentin Andreae sehen wir das Andreaskreuz mit vier Rosen in den Winkeln (die Vereinigung von Rose und Kreuz war das Symbol des ›Rosenkreuzer‹-Ordens, eines esoterischen Bündnisses reformierten evangelischen Christentums).

   Aber nicht nur unter religiösen Gesichtspunkten wurde die Rose im Mittelalter hochgeschätzt; nach antikem Vorbild veranstaltete man in Rosengärten, die in allen größeren Städten angelegt waren, regelmäßige Rosenfeste. Bei den Feiern der Minnesänger spielte die Rose als Symbol der Liebe und Schönheit ebenfalls eine große Rolle;6 der im 13. Jahrhundert entstandene ›Roman de la Rose‹ von Guillaume de Lorris und Jean de Meung ist eine bedeutende Minne-Allegorie, in der die Blumenkönigin als tragendes Symbol erscheint. Die Rose als Sinnbild der Vereinigung von Liebe und Tod begegnet uns im ›Tristan und Isolde‹-Epos, wo sich Rosen, als Zeichen ewiger Liebe, auf den Gräbern des toten Liebespaares eng miteinander verflechten.

   Große Rosenkulturen bestanden im 13. Jahrhundert aber ebenso außerhalb Europas, besonders in Persien (in Schiras und Isfahan), welche die Dichter Persiens immer wieder zu Hymnen an und über die Rose veranlaßten. Nach der islamischen Überlieferung soll die Rose aus dem Schweiß Mohammeds entstanden sein.

   Eine äußerst blutige Berühmtheit erfuhr die Rose im 15. Jahrhundert, als die britischen Adelshäuser Lancaster und York in einen langjährigen brutalen Zwist gerieten, der aufgrund der weißen (York) und der roten (Lancaster) Rose, die die Lords in ihren Wappen führten, unter dem Namen der ›Rosenkriege‹ in die Geschichte einging.

   Dieser kurze, natürlich nicht lückenlos sein könnende Überblick mag genügen, die irdisch-himmlische Rosensymbolik in ihren Grund-



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zügen aufzuzeigen. Daß die Rose in der Dichtung - wie wir im folgenden ausführen wollen - ein sehr beliebtes Motiv ist und häufige Verwendung findet, erklärt sich unverkennbar aus ihrer hier skizzierten Symbolkraft.


III.


Seit jeher gehört die Rose zu den Iyrischen Urbildern der Dichtung,7 in denen sich die Schönheit der Welt, die Liebe zu einem Menschen, Lebensfreude, aber auch Vergänglichkeit, das schmerzhafte »Verblühen« des Daseins, die Unhaltbarkeit des Glücks exemplarisch ausdrücken. Die Spannungen zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen Leben und Tod, haben die Dichter in der blühenden und welkenden Rose sinnbildlich wiedergefunden und sie als eine mystische Kommunion der Gegensätzlichkeiten verehrt: rätselhaft ihr Nur-Da-Sein, ihr vollendetes Sich-Selbst-Leben; geheimnisvoll ihre ewige Ruhe und Unbeflecktheit, ihre bedingungslose, schönheiterschaffende Hingabe, ihre Vergeistigung des Sichtbaren in der Form des Duftes, ihr unmittelbares Teilhaben an metaphysischen Zusammenhängen; vollkommen ihre Bindung von Außen und Innen, von Sichtbarem und Unsichtbarem; absolut ihre Einheit von Oberfläche und Tiefe - eine Duft- und Farbenpracht, die an verlorene Paradiese erinnert:

Die Welt umfasset nicht das Bild der Rose,
Die Phantasie umfasset nicht die Rose.
Vom Seelengarten Botin ist die Rose,
Und Inbegriff der Schönheit ist die Rose.

schreibt im 13. Jahrhundert der persische Dichter Rumi; ein Jahrhundert später gemahnt der ebenfalls in Persien beheimatete Hafis:

Daß die Rose dir zum Beispiel werde!
Sonne, Tau und süßen Wind von Osten,
Allen Glanz und alles Glück der Erde
Weiß sie frei und unbesorgt zu kosten.
Des Propheten Weisheit braucht sie nicht:
Denn sie lebt ja so, wie jener spricht.
*
Die Ros' ist ohn' Warum, sie blühet, weil sie blühet;
Sie acht' nicht ihrer selbst, fragt nicht, ob man sie siehet.

heißt es drei Jahrhunderte später bei Angelus Silesius. Und Friedrich Rückert verkündet im 19. Jahrhundert:



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Die volle Rose glüht so rein in sich beschlossen.
In Duft ist ihr Gemüt, in Licht ihr Geist gegossen.
Wer sich in sie vertieft, der sieht vollendet ganz
Die Schöpfung, und es trieft die Welt von Gottes Glanz.8

Sehr beliebt ist das Rosenmotiv besonders in der Volksdichtung, wo es vorwiegend als Schmuck der Geliebten oder als Allegorie für die Geliebte selbst auftaucht. Eine beeindruckende Verbindung von Volkslied und Kunstlied hat Goethe mit seinem berühmten ›Heidenröslein‹ (1771) geschaffen. Die Rose steht hier nicht allein für das von einem Knaben geliebte Mädchen; die schlichten Verse schildern darüber hinausgehend die Begegnung von Mensch und natürlicher Schönheit, eine Beziehung, die überschattet wird durch den Anspruch des Menschen, Schönheit und Glück in Besitz zu nehmen, der das Ersehnte damit jedoch zerstört (die ›gebrochene Rose‹).

   Reich an ›Rosen-Liebeslyrik‹ - ganz im Sinne Schillers: »Ehret die Frauen! Sie flechten und weben / Himmlische Rosen ins irdische Leben« (›Würde der Frauen‹) - war vor allem das 19. Jahrhundert; einige der bekanntesten deutschsprachigen Gedichte seien hier genannt: Tiecks ›Heimliche Liebe‹, Brentanos ›Dein Lied erklang‹, Uhlands ›Lauf der Welt‹ und ›Vorabend‹, Eichendorffs ›Wahl‹, Heines ›Warum sind denn die Rosen so blaß‹ und ›Alte Rose‹, Lenaus ›An die Entfernte‹ und ›Jugend und Liebe‹, Hebbels ›Sommerbild‹, Storms ›Wohl fühl ich, wie das Leben rinnt‹ und ›Die Nachtigall‹, Kellers ›Wie sie sich da drehn im Tanze‹, ›Ich halte dich in meinen Armen‹.

   Mit dem Ästhetizismus der Wende zum 20. Jahrhundert rückte die Rose (wie die Blume allgemein) in den Mittelpunkt neuen Interesses. Man berauschte sich an ihrer Schönheit und Blütenpracht wie an ihrer Vergänglichkeit, in der man eine Analogie zur allgemeinen Verfallsstimmung erkannte. Das Postulat der Stilkunst um 1900 nach einer Rückkehr zum Natürlichen, Lebendigen führte zu einem regelrechten Hymnus auf die Blumen- und Pflanzenwelt - man begab sich wieder auf die Suche nach der ›blauen Blume‹ der Romantik. Der Jugendstil, der sich zu allem Fließenden, Bewegenden und Veränderlichen hingezogen fühlte, sah in der Blume ein Motiv, das dem künstlerischen Ausdruckswillen, einer Stilisierung des Lebens sehr entgegenkam; ein berühmtes Werk dieser Kunstbewegung ist Oscar Wildes Märchen ›Die Nachtigall und die Rose‹,9 in dem der Rose eine zentrale Bedeutung zukommt.

   Ebenfalls großes Interesse an Blumen bekundete der Symbolismus, was schon allein in der symbolistischen Poesie der Synästhesie, der Vermischung verschiedener Sinneseindrücke also - welche die Erfas-



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sung der Blume ja voraussetzt -, begründet lag. Ein bedeutsames Werk dieser Stilrichtung, Charles Baudelaires ›Les fleurs du mal‹, indiziert aber bereits im Titel den Bruch mit dem traditionellen Blumen-Bild und die Hinwendung zu dunklen, dämonischen Seiten des Daseins.

   Mit Rainer Maria Rilke, der wie kein anderer Dichter die Rose verehrte, ihre symbolische Bedeutung pries und in seiner Lyrik gestaltete - ein ganzer Gedichtzyklus (›Les Roses‹) war ihr gewidmet -, fand die Rosendichtung ihren glanzvollen Höhepunkt:

Wo ist zu diesem Innen
ein Außen? Auf welches Weh
legt man solches Linnen?
Welche Himmel spiegeln sich drinnen
in dem Binnensee
dieser offenen Rosen,
dieser sorglosen . . ..

schreibt er im Gedicht ›Das Rosen-Innere‹ (›Der Neuen Gedichte anderer Teil‹). Und im Gedicht ›Die Rosenschale‹ (›Neue Gedichte‹):

. . . vor dir steht die volle Rosenschale,
die unvergeßlich ist und angefüllt
mit jenem Äußersten von Sein und Neigen
Hinhalten, Niemals-Gebenkönnen, Dastehn
das unser sein mag: Äußerstes auch uns.

Wenn wir unsere Betrachtung der Rosendichtung mit Rilke beenden, bevor wir uns ausführlich der Rosenmotivik und -symbolik bei Karl May zuwenden, so sind wir zu den Überlegungen unserer Einleitung zurückgekehrt. Auf der Grundlage allgemeiner Bedeutung und literarischer Verwendung des Rosensymbols wird es nun möglich sein, May in größere Geisteszusammenhänge einzuordnen, gleichzeitig seine individuelle dichterische Gestaltung sichtbar zu machen.


IV.


Karl Mays Sterbensworte am vorletzten Märzabend des Jahres 1912 markieren nicht nur das Ende eines einzigartigen, äußerst bewegten Lebens, sie setzen gleichfalls den Schlußpunkt einer dichterischen Entwicklung, die von zügelloser Kolportageschriftstellerei über meisterhaft geschriebene bunte Abenteuererzählungen verlief und schließlich mit den künstlerisch bedeutenden symbolisch-allegorischen Alterswer-



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ken ihren krönenden Höhepunkt fand. So brüchig und widersprüchlich das Œuvre Mays in toto erscheint - und vor dieser Tatsache hat die Literaturgeschichtsschreibung beim Versuch, May einer bestimmten Epoche und geistigen Strömung zuzuordnen, unweigerlich kapitulieren müssen -, war May im hohen Alter sehr darum bemüht, sein Werk als Kontinuum begreifbar zu machen, aus der Sicht des Symbolikers auch das frühere Schaffen zu verklären: . . . alle meine Reiseerzählungen, die ich zu schreiben beabsichtigte, sollten bildlich, sollten symbolisch sein. Sie sollten Etwas sagen, was nicht auf der Oberfläche lag;10 alle Reiseerzählungen seien als Gleichnisse, also bildlich resp. symbolisch zu nehmen.11 Den Verdacht einer effekthaschenden ›Geisterseherei‹, die der symbolische Anspruch bei den Lesern möglicherweise aufkommen ließ, suchte May aber sogleich zu entkräften: Von einem Mystizismus oder dergleichen kann dabei gar keine Rede sein. Meine Bilder sind so klar, so durchsichtig, daß sich hinter ihnen gar nichts Mystisches zu verstecken vermag.12 In Wirklichkeit waren Mays Bilder - vor allem die des Spätwerks - jedoch alles andere als klar und durchsichtig, waren sie durchaus »mystisch«, was Interpreten des Mayschen Œuvres zu bestätigen wissen. - Ja, Arno Schmidts viel- und gernzitierte Apostrophierung Mays als »bisher letzte(n) Großmystiker unserer Literatur«13 hat nichts als die Wahrheit hinter sich!

   Seit Hans Wollschläger sind die Ursachen für Mays Hinwendung zum Symbolischen primär in dessen psychischem Umbruch zu sehen, nach dem May den persönlichen Liebesverlust in einer überirdischen, menschheitsumfassenden Liebe wiederfand, seinen Einzelfall als Menschheitsschicksal erkannte und proklamierte.14 Eine derartige literarische Wandlung kann freilich nicht aus dem Nichts entstehen, und so zeichnet sich diese Entwicklung Mays auch schon in den späten Reiseerzählungen kurz vor der entscheidenden Orientreise 1899/1900 deutlich ab.

   E i n  gemeinsames Charakteristikum seiner äußerlich so inkohärent scheinenden Werke, das es May überhaupt erst möglich machte, sein Schaffen vor der Jahrhundertwende nachträglich symbolisch zu interpretieren, ist zweifellos der Hang zur Bildhaftigkeit, wobei bildhafter Ausdruck einerseits durch ein Nichtmehrauskommenkönnen mit der traditionellen Sprache bedingt sein kann, andererseits - ins Negative verkehrt - eine Unfähigkeit widerspiegelt, Abstrakta sprachlich zu formulieren, wie das in Mays Spätwerk zu beobachten ist. In Mays Falle lag die Bildhaftigkeit aber  i m m e r,  und besonders, in seiner spezifischen Schreibmotivation und -intention begründet, sich von der eigenen, ihn quälenden Geschichte freizuschreiben, was allerdings niemals



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endgültig gelang. Um der Gefahr einer Überdeutlichkeit, einer öffentlichen Selbstentlarvung zu entgehen, war das Eigentliche zu umschreiben, gleichnishaft darzustellen, wodurch May es zum einen für ein breites Publikum interessant machen konnte, zum anderen Distanz zum eigenen Schicksal gewann. Seiner späteren Bemerkung: Ich habe stets eine Hinneigung zum Symbolismus gehabt, und zwar nicht nur zum religiösen,15 wollen wir durchaus Glauben schenken. Der von ihm undifferenziert verwendete ›Symbol‹-Begriff (›Bild‹, ›Gleichnis‹, ›Märchen‹, ›Sage‹, auch ›biographische Verschlüsselung‹, waren im Grunde damit gleichbedeutend) meinte dabei alles über das Sichtbare, Konkrete Hinausgehende, das auf Metaphysisches, Göttliches, Hinter-den-Dingen-Stehendes Verweisende. Ganz im Sinne Goethes verstand er unter Symbolik, daß das Einzelne, Besondere Allgemeines repräsentiere. Aus der Bibel, den Märchen, Legenden und Sagen, mit denen ihn seine Großmutter bekannt machte, hatte May schon in frühester Kindheit von den hinter der Oberfläche verborgenen geheimnisvollen, göttlichen Dingen erfahren, deren Erfassung seine frühkindliche Blindheit, die nach Mays Worten ein inneres, seelisches Sehen ausprägte,16 gefördert haben dürfte. Mays weitgehend (besonders im Frühwerk und in den Reiseerzählungen) unbewußt verlaufende Verschlüsselungen seines persönlichen Schicksals und seine bewußten Botschaften und Beweise eines gottgelenkten Weltgeschehens sind erkennbar angelehnt an die Form und das erzählerische Prinzip dieser Lehrbücher, die ihn schon früh faszinierten. In Sinnbildern - unbewußt aus dem Fundus archetypischer Bilder schöpfend - versuchte May, die Oberflächenwirklichkeit aufzuschließen, den Blick auf überirdische, ewige Welten zu richten, die Durchdringung, die Koinzidenz von Diesseits und Jenseits zu demonstrieren, eine Intention, die den Gang in die Tiefen der Seele, d. h. die unaufhörliche Konfrontation mit dem Ich, mit den inneren Krisen, voraussetzte. Am Beispiel des Rosenmotivs wird dies zu erkennen sein.


V.


Bei Mays Verwendung des sinnbildlich zu verstehenden Rosenmotivs lassen sich drei Formen oder Kategorien unterscheiden: die traditionelle, konventionelle Allegorie der Geliebten oder - das wird in Mays Lyrik deutlich - des Menschen schlechthin; die autobiographische Verschlüsselung; das Symbol des Göttlichen, wie wir es im Spätwerk finden. In entscheidendem Maße ist der Bedeutungswandel der Rose



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dabei abhängig von Mays literarischer Progression. Zunächst ist die dichterische Verwendung der Rose noch ganz von einer traditionellen, bis in Trivialität reichenden Vorstellung geprägt,17 wenngleich der frühe Traktat ›Wald und Feld‹ seiner ›Geographischen Predigten‹ (1876) bereits auf die mystische Bedeutung, auf das göttliche Geheimnis der Blumenkönigin verweist:


. . . ist es vielleicht so ganz von ohngefähr, daß die schwellende Knospe, die duftende Blüthe so oft und gern gebraucht wird als ein Bild der »Menschenblume, der holden?« Wenn der Dichter begeistert ausruft:

"Da haben wir staunend Dich angeseh'n,
Waldröslein' so jung und so maienschön, «

oder wenn der ferne Wandersmann seiner Sehnsucht Worte giebt:

»Im Heimathsdörfchen blüht die Rose,
Die's meinem Herzen angethan, «

so stehen »Waldröslein« und »Dorfröschen« vor dem geistigen Auge des Hörers nicht als gleichgeartete, sondern als verschiedene begabte Wesen da, und es ist doch, als hätte jede Blüthe, wie die Sage berichtet, ihren eigenen Engel, der als Blumenseele aus der Krone lauscht und in der Tiefe des Kelches die lieblichen Mysterien des Duftes webt und dichtet. Wer könnte darum über die kindliche Anschauung lächeln, welche sich hütet, eine Blume zu brechen, weil dadurch ein zartes, geheimnilßvolles Leben zerstört und vernichtet wird . . .18

   Den traditionellen Vergleich der geliebten und angebeteten Frau mit der Blumenkönigin veranschaulicht May anhand einiger ›Rosen‹-Gedichte in dem bis vor kurzem verschollenen, vermutlich 1876 im Münchmeyer-Verlag erschienenen ›Buch der Liebe‹: Wie der Frühling die Zeit der Liebe, so ist die Rose, die Blume das Bild derselben und ebenso das Bild der erknospenden und erblühenden Jungfrau. . . . Die Blume ist der Buchstabe, und ihre Farbe, ihr Duft der Laut, aus welchem sich die Sprache der Liebe zusammensetzt, . . . Unzählig sind die Vergleiche, welche zwischen der Rose und dem Liebchen gezogen werden, und wirklich giebt es wohl kaum ein passenderes Bild für die »Menschenblume, die holde«, als die in anmuthiger Pracht sich entfaltende Blüthe des Rosenstrauches. Wie diese Letztere in der Einsamkeit, umgeben von weniger freundlichen Kindern der Natur, ihre Schönheit am augenfälligsten dem betrachtenden Blicke darbietet, so ruht das Auge des bewundernden Beobachters, nicht abgezogen durch andere, gleichschöne Formen, mit größerer Aufmerksamkeit auf der rosigen Tochter der Abgeschlossenheit, als der auf der von zahlreichen Schwestern umgebenen Dame der Gesellschaft und des Salons.18a



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   In volkstümlichem Sinn hat May - besonders in den Orienterzählungen, wo schon die »blumenreiche« Sprache des Schauplatzes dies anbietet - eine ganze Reihe von jungen, reizvollen (aber auch dämonischen!) Frauen, die die »knospende« und »blühende« - mitunter »dornige« - Liebe verheißen, eine Rose genannt19: Rose von Aiun / Rose von Hamra Kamuda (›Der Krumir‹), Rose von Kairwan (›Eine Befreiung), Rose von Sokna (›Eine Befreiung‹), Rose von Kbilli (›Durch Wüste und Harem‹), Rose von Kurdistan (›Durchs wilde Kurdistan‹), Rose von Amadijah (›Durchs wilde Kurdistan‹), Rose von Nubrida (›Deutsche Herzen, Deutsche Helden‹), Rose von Schiraz (›Im Reiche des silbernen Löwen‹) - nicht zu vergessen Rosalie Ebersbach aus dem ›Ölprinz‹, Rosalia Uhlig, die Tochter des Musterwirts im ›Geldmännle‹, Röschen Franke aus der Humoreske ›Im Wollteufel‹ und die als wilde Rose besungene Wanda (›Wanda‹). Rose vom Quicourt wird Ribanna in ›Winnetou II‹ bezeichnet; als die herrlichste Rose unter allen Blüten des Blumenreiches wird Hadschi Halef Omars Frau Hanneh in ›Am Jenseits‹ gepriesen; als Liebling des Stammes, die Schönste aller Mädchen, die herrlichste unter den Blumen und Rosen der Erde verehrt man die Zigeunerin Zarba in ›Scepter und Hammer‹. ›Die Rose von Ernstthal‹ lautet der Titel einer frühen erzgebirgischen Erzählung, ›Die Rose von Kahira‹. der eines Nachdrucks der Novelle ›Leilet‹; ›Die Rose am Güntersberg‹ ist ein Kapitel der Erzählung ›Der beiden Quitzows letzte Fahrten‹ überschrieben; ›Waldröschen. ist gar ein ganzer, dickleibiger Kolportageroman betitelt, in dem uns die Gräfin Rosa, die Geliebte des Helden Sternau, begegnet.

   Im ›Weg zum Glück‹, einem anderen der fünf für Münchmeyer in den achtziger Jahren rasch geschriebenen Kolportageromane, legt eine Frau (Gisela) als Beweis ihrer Zuneigung eine Rose auf das Bett ihres heimlichen Geliebten (Ludwig); im selben Roman stoßen wir auf die folgende Beschreibung einer jungen, entzückenden Frau (Martha):

   Ihr Gesichtchen, von hellem Haargelock umrahmt, wurde von einem kleinen Hütchen beschattet, dessen einziger Schmuck eine Rose war. Eine eben solche stak auch an ihrem Busen, den ein schwarz sammetnes Mieder eng umschloß. Das allerliebste Gesichtchen hatte den Ausdruck von Herzensgüte. Sie war jedenfalls ein mildes Wesen, . . .20

   Ein Symbol der Liebe ist die Rose ebenfalls im Roman ›Die Juweleninsel‹:

   Sie reichte ihm [gemeint sind Rabbadah und Alphons Maletti; H.V.] die Rose dar; er nahm sie und berührte dabei ihr kleines, zartes, warmes Händchen. Diese Berührung elektrisirte ihn förmlich, so daß er es wagte, die duftende Blüthe an seine Lippen zu drücken.21



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   »Röse - Röschen - Rosa - Rosina - ich liebe Dich - küsse mich, oder ich sterbe!« fleht ein Liebhaber in Mays Dessauer-Humoreske ›Fürst und Reitknecht‹22 - kann die Rosenallegorie für die Geliebte eindringlicher artikuliert werden?

Das allgemein besonders in der Lyrik beliebte, gefühlsbeladene Rosenmotiv inspirierte auch May dazu, es in einigen Gedichten aufzugreifen. Dem religiös-besinnlichen Wesen der Mayschen Lyrik entsprechend, steht die Rose nun - über die einzelne, geliebte Person hinausgehend - für die allgemeinmenschliche Liebe und die Phasen menschlicher Existenz. Drei (heute allerdings nur schwer genießbare) Gedichte mögen dies bezeugen:


Die wilde Rose.

Es glänzt der helle Thränenthau
     In Deinem Kelch, dem todesmatten;
Du sehnst Dich nach des Himmels Blau
     Hinaus aus düstrem Waldesschatten.
          Es rauscht der Bach am Felsenspalt
               Sein melancholisch Lied.
          Hier ists so eng, hier ists so kalt,
               Wo nie der Nebel flieht.

Du meine süße Himmelslust,
     O traure nicht und laß das Weinen!
Dir soll ja stets an treuer Brust
     Die Sonne meiner Liebe scheinen.
          Drum schließe Deine Augen zu
               Worin die Thränen glühn.
          Ja, meine wilde Rose, Du
               Sollst nicht im Wald verblühn!
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Röslein an der Hecke

In dunkler Gartenecke
da wuchs ein Röselein;
der Wind strich durch die Hecke,
doch nicht der Sonnenschein.

Es wollte knospen, blühen
am mütterlichen Strauch,
in holder Pracht erglühen,
wie andre Röslein auch.



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Doch ist nichts draus geworden;
es krankte und verdarb.
Der kalte, rauhe Norden
war es, an dem es starb.

Wie vielen Menschenblüten,
nach denen niemand fragt,
ist so wie ihm der Süden
die Liebe, auch versagt.!
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Es welkt der Liebe duft'ges Zeichen, / Die Rose, die so schön geblüht, Und herbstlich Trauern will sich schleichen / Mir in's vereinsamte Gemüth. / Doch, will kein Reis mehr Blüthen treiben / Des Herzens Blumen welken nicht, lauten Zeilen aus dem Gedicht ›Der blinde Bergmann‹.25 Die Rose ist für May in diesen Gedichten nicht nur das Symbol der Liebe und Schönheit, in ihrem Verwelken ist sie gleichfalls ein Sinnbild der von May selbst eindringlich erfahrenen Trauer und Einsamkeit, damit ein Bild des ganzen Lebens zwischen Freude und Schmerz, zwischen Geburt und Tod. Diese Rosensymbolik wird für das Spätwerk entscheidende Bedeutung gewinnen.


VI.


Neben der bekannten Rosensymbolik finden wir die kostbare Blume bei May aber auch in einer höchst individuellen Verwendung, nämlich als eine Verschlüsselung seiner dichterischen Existenz.

   Im vierten Band des Orientzyklus ›Giölgeda padi[´s]hanün‹, ›In den Schluchten des Balkan‹ (1892), stoßen wir auf eine bemerkenswerte Episode, die hier ausführlich zitiert sei:

   Auf seinem langen, gefahrvollen Abenteuerritt von der Sahara zum Balkan erreicht der Ich-Held Kara Ben Nemsi eines Tages ein kleines, idyllisch anmutendes bulgarisches Dorf:

   Zwischen nicht sehr zahlreichen Feldern und Rosengärten und über sonnverbrannte Grasflächen hin gelangte ich an mehreren Dörfern vorüber, bis ich doch endlich das Bedürfnis fühlte, mich zurecht zu fragen. Hinter einem urwüchsig aus Weidenruten gezogenen Zaun sah ich einen alten Mann beschäftigt, Rosenblätter einzusammeln. Ich lenkte das Pferd an den Zaun und grüßte. Er hatte mein Kommen nicht bemerkt und erschrak, als er meine Stimme hörte. Ich ersah, daß er mit sich zu Rate ging, ob er näher kommen oder sich hinter die Rosenbüsche zurückziehen solle, und beeilte mich daher, ihm durch einige Worte Ver-



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trauen einzuflößen. Das wirkte wenigstens so weit, daß er langsam herbeigeschritten kam. »Was willst du?« fragte er. Er musterte mich mit mißtrauischem Blick. »Ich bin ein Dilentschi (Bettler), « antwortete ich. »Möchtest du mir nicht eine Gul es Semawat (Himmelsrose) schenken? Dein Garten ist voll dieser herrlichsten der Rosen.« Da lächelte er mich freundlich an und sagte: »Reitet ein Bettler solch ein Pferd ? Ich habe dich noch nie gesehen. Du bist fremd?« - »Ja.« - »Und du liebst die Rosen?« - »Sehr.« - »Ein böser Mensch ist nicht ein Freund der Blumen. Du sollst die schönste meiner Himmelsrosen haben, halb Knospe und halb aufgeblüht; dann ist ihr Duft so süß und entzückend, als komme er direkt von Allahs Thron.« Er schnitt mir nach längerer Wahl zwei der Blüten ab und reichte sie mir über den Zaun herüber.26

   Nachdem Kara Ben Nemsi dem Rosenhändler, Jafiz, dafür Tschebelitabak geschenkt hat, holt dieser geheimnisvoll ein kleines, wohl verschlossenes Fläschchen hervor und fragt den Ich-Helden erwartungsvoll:

   »Was ist in diesem Fläschchen? Sage es, Effendi!« - »Wird es wohl Rosenwasser sein?« Ich konnte ihm, dem armen Hüter, doch nur dieses zutrauen; er aber antwortete in gekränktem Tone: »Rosenwasser? O, Effendi, willst du mich beleidigen ? Rosenöl ist es, echtes Rosenöl, so wie du in deinem Leben noch keins gesehen hast!« - »Von wem ist es?« - »Von wem? Von mir!« - »Du bist doch nur der Hüter dieses Gartens!« - »Ja, das bin ich, nur der Hüter; du hast recht, aber mein Herr erlaubte mir, die eine Ecke des Gartens zu bepflanzen. Ich suchte mir die beste Sorte aus und habe gespart seit langer, langer Zeit. Zwei solcher Fläschchen habe ich zusammen gebracht. Das eine wollte ich heute verkaufen; man hat mich darum betrogen. Das andere ist dein. Ich schenke es dir.« »Mann, was sagst du?« - »Es ist dein.« - ». . . Jafiz, du bist toll!« »Warum?« - »Weil du dieses Oel verschenken willst.« - »Oel? Oel? O, sage nicht dieses Wort! Essenz ist's, aber kein gewöhnliches Oel! In diesem kleinen Fläschchen wohnen die Seelen von zehntausend Rosen. Willst du es verschmähen, Effendi?«27

   Als Kara Ben Nemsi nach langem Zögern das kostbare Geschenk endlich angenommen hat, fragt ihn Jafiz:

   »Sind die Frauen deines Landes Freundinnen der Wohlgerüche, Effendi?« - »Ja; sie lieben die Blumen, die ihre Schwestern sind.« - »Und hast du noch lange Zeit zu reiten, ehe du zu ihnen kommst?« - »Vielleicht noch wochenlang.«28


Erst bei einer näheren, tieferen Betrachtung dieser Episode ist zu entdecken, daß wir es hier mit einem kunstvollen Gleichnis zu tun haben,



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einer Verschlüsselung der schriftstellerischen Entwicklung Mays. Ein mit Mays Biographie vertrauter Interpret wird den verborgenen Sinn dieser Szene mit gar nicht einmal so großer Mühe erkennen können. So hat Walther Ilmer im Zusammentreffen Kara Ben Nemsis mit dem Rosenzüchter Jafiz eine Spiegelung der Beziehung Mays zu Peter  R o s e  gger (= Jafiz) gesehen, in dessen Zeitschrift ›Der Heim g a r t e n‹  1877/78 Mays frühe Erzählung ›Die  R o s e  von Kahira‹ erschien.29 Wenngleich diese Deutung durchaus überzeugt, scheint sie uns den Hintersinn dieser Episode noch nicht ausreichend zu erhellen. Es macht etwa stutzig, daß es doch Jafiz (Rosegger) ist, der Kara Ben Nemsi (May) Rosenöl (die Erzählung) schenkt. Zweifellos ist mit dem kostbaren Rosenöl Mays Werk, nicht nur ein einzelnes, sondern das gesamte, aus den Seelen unzähliger Rosen bestehend, gemeint. Jafiz, der im Dienst eines Herrn stehende Rosenzüchter, ist ein Porträt des angestellten Schriftstellers May, konkreter: des für den Münchmeyer-Verlag arbeitenden, den Münchmeyerschen »Garten« »behütenden« Redakteurs. Obzwar Jafiz nur Pfleger der Rosen ist, wurde ihm zur eigenen Bebauung von seinem Herrn eine Gartenecke zugebilligt, die er mit den wertvollsten Rosenarten bepflanzte und aus denen er nach langer Zeit zwei Rosenölfläschchen gewann. Diese zur eigenen Bebauung überlassene Ecke des Gartens dürfte sich auf die von May bei Münchmeyer gegründeten Zeitschriften, zwei anständige Unterhaltungsblätter (›Deutsches Familienblatt‹ und ›Feierstunden am häuslichen Heerde‹) sowie ein Fach- und Unterhaltungsblatt für Berg-, Hütten- und Eisenarbeiter (›Schacht und Hütte‹),30 beziehen, die darauf berechnet (waren), besonders die seelischen Bedürfnisse der Leser zu befriedigen und Sonnenschein in ihre Häuser und Herzen zu bringen [die Bedeutung der Rose!].31 Daß man Jafiz um ein Rosenölfläschchen betrogen hat (die genauen Hintergründe bleiben uns bezeichnenderweise verborgen), läßt sich nun sehr leicht als Mays Bruch mit Münchmeyer 1877 und den darauffolgenden Niedergang der von May ins Leben gerufenen Blätter deuten.

   Die geheimnisvolle Übergabe des ühriggebliebenen Fläschchens an Kara Ben Nemsi - die zunächst merkwürdig erscheinende kostbare Schenkung an einen Fremden wird nun verständlich - ist Zeichen des literarischen Neubeginns: May hat seine dichterische Potenz retten können, die »Frucht«, die »Blüten« seines Lebens, die »Essenz« seiner Seele in die Reiseerzählungen einfließen lassen.

   Damit ist die Rose zum Symbol nicht nur für Mays Leben (seine Liebessuche klingt noch einmal in den letzten Sätzen Jafiz' an - hier ist die Rose ein Symbol des Weiblichen), sondern auch für sein Werk gewor-



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den. Wie berühmt ihn die Reiseerzählungen machen sollten, wußte May während der Entstehung des ›Balkan‹-Bandes freilich noch nicht. Auch nicht, mit welcher Pein die »Heldenmaskeraden« verbunden sein würden. Bei der späteren Erkenntnis gewann das Rosensymbol aber wiederum eine ganz zentrale Bedeutung. Die autobiographische Skizze ›Freuden und Leiden eines Vielgelesenen‹ (1896)32 ist ein Zeugnis der Schattenseite des Ruhmes, eine scheinbar locker geschriebene, heitere Geschichte, die trotz aller (Selbst-)Ironie über die hinter dem Erfolg stehenden wahren Qualen nicht hinwegtäuschen kann. In der Rose hatte May ein zutreffendes Symbol seiner Existenz gefunden: »Ei ku gali dichaze, / istiriyahn ssi lahzime bechaze!« (»Wer sich die Rose wünscht, muß auch die Dornen wünschen!«) - mit diesem, für unsere Studie sehr bedeutsamen kurmangdschikurdischen Sprichwort leitete er seine Skizze, die ironische Betrachtung seines Schriftstellerdaseins, ein.33


Ein äußerer Glanzpunkt des literarischen Ruhms, der May die ersehnte Prosperität verschaffte, war der Kauf der Villa ›Shatterhand‹ in Radebeul 1895, in deren großem anliegenden Garten May sich liebevoll der Gemüse-, Obst- und Blumenpflanzung widmete und auch verschiedene Rosenarten züchtete.34 Wie sehr diese »Blumenatmosphäre« sein Schreiben inspirierte, schildert er im Roman ›Und Friede auf Erden!‹ (1904):

   Es ist ein . . . heller, sonniger Morgen . . . Der Altan trägt ungezählte, blühende Pelargonien; auf den Tischen stehen herrlich duftende Reseden und Nelken, denn meine Frau, die immer engelsähnliche [gemeint ist Klara; H. V.], weiß ganz genau, wie lieb mir Blumen sind. Von unten herauf steigen die köstlichen Grüße der Marschall Niel-, La france- und Kaiserin Augusta Viktoria-Rosen.35

   Und interessant ist in diesem Zusammenhang ebenso der Bericht Egon Erwin Kischs über einen Besuch in der Villa ›Shatterhand‹: »Chinesische, phönizische und indianische Erzeugnisse stehen in den Schränken, in der Ecke steht ein geflochtener, mit Koransprüchen geschmückter Wandschirm, wie ihn die Orientalen zum Abteilen ihrer Zimmer verwenden, auf einer Etagere liegt ein rot-tönernes Kalumet, ein Rosenöl-Fläschchen [!] . . .«36


Wohl als merkwürdigstes Phänomen der Rose dürfte ihre Vereinigung einer vollendeten Blüten- und Duftschönheit voller heiliger Stille und Unberührtheit mit den gefährlichen, Schmerzen zufügenden Dornen gelten - Goethes ›Heidenröslein‹ und das ›Dornröschen‹-Märchen



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der Brüder Grimm haben dies literarisch eindrucksvoll dargestellt. Auch May sah in den verletzenden Dornen einen Beweis der hinter schöner Oberfläche liegenden bedrohlichen, dämonischen Abgründe des Daseins, wie er sie etwa in den perfiden »Rosenfiguren« Gul-i-Schiraz (›Silberlöwe‹ III/IV) und Rosalia Uhlig (›Das Geldmännle‹) zur Gestaltung gebracht hat. Für May, wie für viele der Rosen-Faszinierten, war der offensichtliche Widerspruch der Blumenkönigin Ausdruck des gesamten Daseins, einer geteilten Welt, die in Wahrheit eine Einheit, ein Ganzes bedeutete. Alles hatte zwar zwei Seiten, alle Gegensätzlichkeiten lösten sich aber schließlich in Gott auf.



VII.


Aus Mays seelischem Zusammenbruch während der Orientreise ging ein gewaltiges, in seiner Struktur mehrdimensionales Werk, ein einziges Gleichnis übermächtiger Liebe hervor, welches das alte Trauma auf hochkünstlerischer Ebene zu bewältigen vermochte. Alles Schreiben war nach der Jahrhundertwende ganz bewußte symbolisch-allegorische Darstellung, Botschaft und Glorifikation einer eigentlichen, hinter der bunten (Schein-)Wirklichkeit verborgenen göttlichen Welt. In den Erläuterungen zu seinem einzigen vollendeten Drama ›Babel und Bibel‹ (1906) bezeichnete May den dort auftretenden alten Hakawati, den Märchenerzähler, als Schreibteufel für göttliche Offenbarungen37 es war eine genaue Formulierung des eigenen dichterischen Selbstverständnisses, der künstlerischen Aufgabe und des göttlichen Auftrags.


Die geistig-seelische »Auferstehung« nach dem »Sprung über die Vergangenheit« hat May im dritten und vierten Band der Tetralogie ›Im Reiche des silbernen Löwen‹ (1902/03) thematisiert und gestaltet. Sterbeszenen sind uns zwar schon aus seinem früheren Werk bekannt, doch nie zuvor hat May so extensiv den drohenden Tod und die Lebensrettung geschildert. Beim Lesepublikum löste der Verlust heldenhafter Eigenschaften Kara Ben Nemsis und Hadschi Halef Omars im ›Silberlöwen‹ allerdings großes Befremden und herbe Enttäuschung aus. Daß auch die breite Leserschaft Mays mutigen Schritt, seine Wandlung nachvollziehen würde, stellte sich als Irrglauben heraus. Nur die wenigsten konnten oder wollten verstehen,  w a r u m  das ›Ich‹ die reißenden Abenteuerfabeln hinter sich läßt und nicht mehr als strahlender Held, sondern als ein von schlimmer Krankheit Genesender auftritt, der über weite Strecken des ›Silberlöwen‹-Romans darnie-



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derliegt, in endlosen Gesprächen und Reflexionen den Sinn menschlichen Daseins zu erklären sucht. Derartigen Verständnisschwierigkeiten und Verständnislosigkeiten gegenüber dem Spätwerk Mays werden wir auch heute noch begegnen können.

   Mays schon vor der Jahrhundertwende beständig propagierte Sterbensphilosophie nahm im ›Silberlöwen‹ sichtbare Gestalt an. Für May waren Leben und Tod untrennbar miteinander verbunden. Mit der christlichen Glaubensvorstellung übereinstimmend, bedeutete ihm der Tod nicht das definitive Ende menschlichen Lebens, er existierte eigentlich gar nicht, da er das Tor zum ewigen Leben aufstieß. In ein Wiesbadener Gästebuch trug May 1897 die schwergewichtigen Verse ein: Das Leben ist ein Kampf; / Der Tod ist der Sieg; / Ich lebe, um zu kämpfen, / Und ich sterbe, um zu siegen.33

   Der Tod barg für ihn gerade in Phasen größter Seelennot, als Erinnerungen an die dunkle Vergangenheit, Presseangriffe und Prozeßhetze ihn zu zermürben drohten, die Hoffnung auf Erlösung von allen Qualen. Den erlebten großen ›Tod‹, seinen psychischen Zusammenbruch, der Geist und Seele befreite, hat May im Alterswerk immer wieder erzählend vergegenwärtigt, in einer Sprache voller Symbolik die Menschheitsgeschichte aus dem Einzelschicksal entfaltet, aufgrund des individuellen ›Todes‹ die Erweckung der Menschheit projiziert: Zwischen Leben und Tod aber steht die Rose, Diesseits und Jenseits verbindend. Wie die ›Silberlöwen‹-Bände III und IV zeigen, in denen die Rose als ein zentrales Symbol zu finden ist (man könnte geradezu von einem »Rosenroman« sprechen), ist sie das Sinnbild der Auferstehung, der Neugeburt, der Liebe, des Lebens - Gottes.39

   Schon zu Beginn des dritten Bandes kündigt sich die Wandlung Mays an. Die ersten Zeichen von Typhus (eine Verschlüsselung der seelischen Krankheit), die Halef an sich bemerkt, zwingen diesen zu einem Gespräch mit Kara Ben Nemsi über das Sterben. Dabei berichtet Halef von seinen Gedanken, die ihn in der Nacht befallen hatten:

   »lch bin der Scheik der Haddedihn, ein in der Dschesireh sehr reich gewordener Mann. Worin besteht mein Reichtum? In meinen Herden. Da sendet mir der Sultan einen Boten, durch welchen er mir sagen läßt, daß ich nach drei oder fünf Jahren in die Gegend von Edreneh ziehen soll, um Rosen zu züchten, welche mir den Duft ihres Oeles zu geben haben Was werde ich thun? Kann ich meine Herden mitnehmen? Nein. Ich werde sie nach und nach aufgeben, um mir an ihrer Stelle anzueignen, was mir dort in Edreneh von Nutzen ist. Und wenn ich das gethan habe, so kann ich, wenn die Zeit gekommen ist, aus meinem bisherigen Lande scheiden, ohne mitnehmen zu müssen, was im neuen



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Lande mir nur hinderlich sein würde. So ist es auch beim Sterben.« (III, 71)40

   Wie schon die Rosen-Episode im ›Balkan‹-Band, sind auch diese Gedanken Halefs (sind es nächtliche Reflexionen? ist es ein Traum? eine Vision?) als ein Gleichnis zu verstehen, das den dichterischen Neubeginn Mays sinnbildlich beschreibt. Der ›Rosenzüchter‹, der den materiellen Reichtum, seine Herden, hinter sich läßt, steht hier für den ›Hakawati‹ May des Spätwerks, der zu neuen Ufern aufgebrochen ist. Vergleicht man diese »Nachtgeschichte« mit der Jafiz-Episode, so offenbaren sich - unsere Thesen stützende - Parallelen: hier wie dort zeichnet sich der aufbrechende, »aufblühende« Schriftsteller May als Rosenzüchter, der aus den prächtigen Blumen kostbares Öl (= wertvolle Bücher) gewinnt - und wir denken ebenfalls an Mays Wiedererkennen seines Dichterschicksals im kurdischen Rosen-Sprichwort!

   Nachdem Kara und Halef, durch die Erkrankung geschwächt, mit letzter Kraft über die ›Schlucht der Vergangenheit‹ gesprungen sind und sich somit endgültig von ihren Feinden lösen können, brechen sie todesmatt zusammen. Bei den Dschamikun können sie unter der Obhut des Ustad und Schakaras nach langem, erbittertem Ringen zwischen Leben und Tod schließlich gerettet werden. Und maßgeblich hat die Rose zur Lebens- (/Seelen-) Rettung beizutragen vermocht: an den Krankenlagern der mit dem Tode Kämpfenden hatte der Ustad Rosen und Veilchen (auch sie Lieblingsblumen Mays) stellen lassen, deren Duft den Leichendunst vertreiben und damit die Seele, mit der der Wohlgeruch verbunden ist,41 festhalten sollte: »Bei bösen Dünsten«, so klärt der Ustad Kara Ben Nemsi auf, »bei hoßlichen Gerüchen oder gar bei wirklichem Gestank befindet sich der Mensch nicht wohl; er atmet schwer; er kann sogar das Bewußtsein verlieren. Die Seele zieht sich von den Sinnen zurück, welche ihr diese Schmerzen bereiten. Wird dir dein Haus oder Zelt so verunreinigt, daJ3 du es nicht mehr aushalten kannst, so verlässest du es. . . . Bin ich ein guter Hekim, so habe ich mein Augenmerk nicht allein auf den Körper, sondern auch auf die Seele zu richten. Ich muß aus allen Kräften und mit allen Mitteln dahin wirken, daß sie sich nicht gänzlich vom Körper loslöse.« (III, 325f.)

   Auf die enge Beziehung der Rose zum Tod - Mays Sterbensworte sind das letzte Zeugnis dafür - verweist der Ustad kurz zuvor: »Wäret ihr beide bei uns gestorben, so hätten wir euch nicht etwa abseits eingescharrt, sondern ihr wäret unter Glockenklang und Liedersang auf den Berg getragen worden, wo alle unsere Brüder und Schwestern liegen, die sich verwandelt haben. Wir hätten euch gesegnet, wie wir sie gesegnet



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haben, und euch die schönsten und duftendsten unserer Rosen auf die Gräber gepflanzt.« (III, 292)42

   Als blühender Grabschmuck vereint die Rose wiederum Leben und Tod; sie wächst aus der Erde, die die Toten birgt. Wie bezeugt ist, war es Mays Wunsch, »in seinem Garten, ohne Stein, nur unter Blumen«43, »rosenüberschüttet«44, begraben zu werden - Hans Jürgen Syberberg hat diesen Wunsch Mays in seinem ›Karl May‹-Film in höchst künstlerischer Form projiziert.45

   Im ›Silberlöwen‹ ist die Rose aber nicht nur ein Todessymbol, sondern gleichzeitig auch ein Symbol der Liebe, ein Schmuck der Frauen, etwa der der Köchin Pekala (vgl. III, 348), die dem genesenden ›Ich‹ als Beweis ihrer Zuneigung täglich Rosen bringt: »Hast du die Rosen lieb, Effendi?« fragte sie mich. - »Ja, sehr,« antwortete ich. »Jede Blume. Blumen gleichen den Seelen guter Menschen; sie erfreuen uns, ohne daß diese Freude uns später betrübt.« (III, 358)

   Auch der Ustad trägt keinen anderen Schmuck als nur eine halboffene Rosenknospe an der Brust und eine ebensolche in der Linken (Ill, 515), die er dem ›Ich‹ mit den Worten: »Dein Herz sei wie die Rose hier« (III, 516) schenkt, welche Kara Ben Nemsi später wiederum, einem Herzensdrange folgend (III, 537), dem ihn beeindruckenden Chodj-y-Dschuna überreicht: es sind Akte seelischer Verbundenheit.46


   Als Symbol des Herzens meint die Rose im weiteren, allgemeineren Sinne das Leben, die Liebe, die Seele, Gott. Sie ist Heils- und Erlösungssymbol. So ist es bezeichnend, daß der Beit-y-Chodeh der Dschamikun, der Tempel Gottes, dieses Refugium des geretteten ›Ich‹/May, dieser Ort neuer (Gottes-)Kraft, rosenumrankt ist:

   Es war ein nach allen Seiten offener Tempelbau, dessen Dach nur von Säulen, nicht von geschlossenen Wänden getragen wurde. . . . an allen Säulen rankten sich blühende Kletterrosen und andere Schlingpflanzen empor, und der ganze Platz rund um den Tempel bildete einen sichtlich mit großer Liebe gepflegten Blumengarten, durch welchen zahlreiche, mit reinlichem Sand bestreute Wandelgänge führten. (III, 284) Der Tempel . . . war . . . von einem umfangreichen Strauch- und Rosenpark umgeben, den des Schattens und der Winde wegen breitkronige Bäume flankierten. Als wir durch diese Anlage kamen, hätte ich am liebsten anhalten lassen, um aus der Sänfte zu steigen und bewundernd von Strauch zu Strauch, von Busch zu Busch zu gehen. Was für herrliche Rosen waren da zu sehen! Wie verschieden die Sorten, und wie schön jede einzelne in ihrer Art! Und zwar in dieser Höhe des Gebirges! Welche Mühe und Arbeit, welche Liebe und Geduld war nötig gewesen, um alle die duften-



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den Kinder des Tieflandes und der windesstillen Thäler hier oben zu akklimatisieren! Mit welchem Verständnisse war der Park angelegt, und wie viel fleißige »Blumenhände« gehörten dazu, ihn so zu erhalten, wie er jetzt vor mir lag! (III, 498f.)

   Dieses Bild der Eintracht und des Friedens (III, 501), dieser Tempel, vor dem sich ein Erdenparadies (III, 500) öffnet, ist die irdische Darstellung des Himmels, der Heimat Gottes, deren Pracht und Herrlichkeit in der Rose wiederzufinden ist. Gewissermaßen auf eine Vorstufe dieser »Rosenparadies«-Beschreibung stoßen wir im Kolportageroman ›Das Waldröschen‹, wo der Villengarten Ferdinand Cortez' in Cuernavacca geschildert wird:

   Der Garten machte den Eindruck einer Zauberlandschaft; der Beschauer wähnte sich in ein Feenreich versetzt. Dennoch war Alles Natur und nicht Kunst! Keines Gärtners Hand hatte die wilde Jungfräulichkeit des die Villa umgebenden Rosenwaldes entweiht. Haushohe Cactus- und Alongpflanzen, mächtige Palmen verschiedenster Gattung, wilde Citronen- und Orangenbäume und vereinzelte majestätische Cypressen überragten ein Gefilde hochstämmiger Rosen, welche in allen Farben prangten. Und als ob die Königin der Blumen eifersüchtig gewesen sei auf diese stolzen Repräsentanten eines dunkel- und hellgrünen Blätterreichthums, so schlangen sich um Stämme und Aeste die verschiedenartigsten Lianen und Schlingpflanzen, hier schneeweiß, dort dunkelroth, purpurn erglühend, violett und rosa, alle himmelwärts strebend und mit ihren Düften wetteifernd mit den Wohlgerüchen, die den Millionen und Abermillionen von Rosen entströmten. Durch diese duftende Wildniß schlängelten sich ländliche Fußwege, deren Stille [durch] das Hallelujah der buntgefiederten Vögel unterbrochen wurde. Es war ein Paradies im Kleinen, ein Eden, für welches sich selbst Hafis, der persische Dichter, der Sänger der Liebe und der Rosen, hätte begeistern müssen.47

   Diese Paradiesgärten scheinen bereits auf Sitara, das »Land der Sternen b l u m e n«, vorauszuweisen, wo jede Bewegung der Luft süßen Blumenduft (spendet).45

   Farbe und Duft der Rose vollziehen eine Vereinigung von Körper und Geist / Seele. Die symbolträchtige Blumenkönigin vergeistigt und beseelt das Natürliche, sie verinnerlicht die Welt, verbindet Mensch und Natur; ihre sich öffnende Blüte führt nach Innen, zur Seele. May war von der Reinheit und Anmut dieser Blume, von ihrer Selbstlosigkeit und göttlichen Geduld, von ihrer edlen Erscheinung äußerst fasziniert. Sie war für ihn Ausdruck ewiger Sehnsucht, ein Wegweiser empor ins Reich der Edelmenschen. Ihre Beziehung zur menschlichen Existenz zeigt May im ›Silberlöwen‹ sehr deutlich:



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   Ich wendete mich ab und ging hinaus, die Stufen hinab und zwischen Rosen einen Weg entlang, der zu einem kleinen Rasenplatze führte. Dort setzte ich mich nieder. . . . Ueber mir hingen herrliche Paskaleh-Rosen, deren Duft süß wie die Liebe und erquickend wie die Freundschaft ist . . . Wie ist der Schöpfer dieser Blumenwelt so gütig und so lieb! Kann er derselbe sein, der auch die Menschenwelt erschuf? Oder ist die Blume nur deshalb ohne Sünde, weil es ihr, der nur sich Hingebenden, unmöglich ist, sich einen Unterschied zwischen Für und Gegen, zwischen Mein und Dein zu konstruieren? Könnte doch der Mensch so wie die Blume sein! Wie hatte vorhin der Ustad gesagt, indem er mir die Rose gab? War denn er so unendlich glücklich, in der Selbstüberwindung so weit gekommen zu sein, daß er kein eigenes Ich mehr kannte? Es stieg in mir das heiße Wünschen auf, doch einmal so sehr, so schwer, so bitter, so tief gekränkt zu werden, daß jeder, jeder Andere es nicht erdulden und nicht ertragen könnte. Ich aber möchte dann die Selbstlosigkeit und das unerschütterliche, beglückende Gottvertrauen besitzen, alles still und heiter über mich ergehen zu lassen, als ob der Menschenhaß nur der naturnotwendige Schatten der Liebe Gottes sei. Die Sillan, diese Schatten, ruhig in den Ruinen Babels nach alten Ziegeln und Schriften, nach modernden Beweisen menschlicher Schwächen wühlen lassen, indem ich hier vom lieben, rosenduftumwobenen Beit-y-Chodeh hinauf zum herrlichen Alabasterzelte schaue und von unten herauf die Felsenstimme ertönt: »Steig auf zur Sonne. Amen!« (III, 528f.)

   Dies ist eine bemerkenswerte Reflexion über die symbolische Bedeutung der Rose, wie der Blume überhaupt. May sah die Rose als heiliges Ideal göttlicher Kraft und Unberührtheit in einer Zeit massiv einsetzender Presseangriffe; was er sich im ›Silberlöwen‹ in der Imagination wünschte: schwer, bitter und tief gekränkt zu werden - es war schreckliche Realität, an der er zutiefst litt und die er in der Phantasie zu überwinden suchte.

   Aber die blutgierigen Feinde machen (zunächst) auch vor der heiligen Rose nicht Halt: Gewaltsam brechen Ghulam el Multasim und seine Gefährten bei ihrem Dschamikun-Besuch durch die Rosenbüsche (vgl. III, 518). In der mit den Bösen, den Hetzern und Henkern verbündeten Gul-i-Schiraz (der ›Rose von Schiraz‹), die das Herz des ›Ichs‹ aufbrechen, d. h. ihn töten will, hat May - wir wiesen bereits darauf hin - die gefährliche, dornige Seite der Rose gezeichnet, eine Allegorie des weiblichen Dämons, wie May ihn in der Gestalt seiner ersten Frau Emma zu erkennen glaubte und auch in deren Freundin Luise Häußler wiederfand.

   In negativer Umkehrung; steht dieses dämonische Rosen-Bild in



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Beziehung zum erlösungsversprechenden ›Rosenlied‹ der Dschamikun:

»Ich komm zu dir im Sonnenstrahl,«
  So spricht der Herr und steigt hernieder.
Die Glocken klingen übers Thal,
  Und von den Bergen tönt es wieder.
Brich auf, mein Herz, der Rose gleich,
  In der sich alle Düfte regen.
Es naht sich dir das Himmelreich;
  Brich auf, und dufte ihm entgegen!«
(III, 538f.)

»Ich komm zu dir im Sonnenstrahl,«
  So spricht der Herr und steigt hernieder.
Die Glocken klingen übers Thal,
  Und von den Bergen tönt es wieder.
Brich auf, mein Herz, der Rose gleich,
  In der sich alle Düfte regen.
Es naht sich dir das Himmelreich;
  Brich auf, und dufte ihm entgegen!«
(III, 538f.)


In diesem Lied erscheint die Rose wiederum als Sinnbild des Herzens, des gotterfüllten Lebens schlechthin. Die Hoffnung, der Glaube, das Vertrauen in Gott, das hier zum Ausdruck kommt, vermag das Böse, den Dämon letztlich zu besiegen - ein Sieg, der charakteristisch ist für jedes Ende eines Mayschen Werks. Eine Allegorie des Aufbruchs zu Gott finden wir im ›Großen Traum‹ des vierten ›Silberlöwen‹-Bandes, wo für die Heerschar der verkalkten Geister die Rosensäulen des Beit-y-Chodeh die Rettung bedeuten (vgl. IV, 348).

   Die Rose als Gebet, als Mittlerin zwischen Mensch und Gott, zwischen Diesseits und Jenseits, begegnet uns auch in der Alterserzählung ›Abdahn Effendi‹ (1907); dort beobachten Kara Ben Nemsi und Halef die rosenschneidende Frau Ben Adls (eine Allegorie der Seele), worauf beide nähertreten und herzlich begrüßt werden:

   Ich sagte, daß wir Fremde seien und daß ich Rosen außerordentlich liebe. Sofort griffen die Kinder mit allen vier Händchen in den Korb, um mir eine ganze Menge zu bringen. Ich aber bat nur um zwei, für mich eine und für Halef eine. Hierauf suchte die Müllerin die zwei schönsten aus und reichte sie uns. Ich nahm die meine und sagte: »Weißt du schon, o Müllerin, daß die Engel des Gebetes am liebsten auf Blumendüften auf- und niedersteigen?«49 - »Ich hörte es,« antwortete sie. - »Du betest mit deinen Kindern: Erlöse uns von Abdahn Effendi und allen seinen Freunden! In diesem Gebete steigen deine Engel zum Himmel auf. Und auf dem Dufte dieser Rosen kehren sie zu dir zurück, um dir zu sagen: Euer Gebet ist erhört. Nur noch wenige Tage, so seid ihr erlöst.«50



//43//

   Diese Erlösung von dem Leibmenschen Abdahn Effendi, der Sieg der Edelmenschlichkeit, ist am Ende der Erzählung in der Rose symbolisiert: mit großen Rosenbuschen in den kleinen Händen51 empfangen die Kinder Ben Adls die von den Dünste(n) des Tales52 befreiten, im Garten Eden53 dem duftenden Hochland, angekommenen Kara Ben Nemsi und Halef.

   Als ein Attribut der Seele ist die Rose ebenso im Roman ›Und Friede auf Erden!‹ zu entdecken. Dort verschwindet das Bildnis Yins (auch diese Figur ist eine Allegorie der schönen Seele) fast ganz unter der Menge natürlicher, lebender Rosen, Blumen und Blüten.54 Die lebendige Gestalt ist ebenfalls rosengeschmückt: Ich sah eine weißgekleidete, engelgleiche Frauengestalt, eine Rose im Haar und ein kleines, duftend es Veilchenbouquet an der Brust . . .55

   Weiblichkeit, Liebe, Seele, Gott - im Bild der Rose fanden diese für Mays Leben und Werk so zentralen Begriffe der Erlösung eine Einheit.



VIII.


Sieg! Großer Sieg! Rosen - Rosen - rot! - Mays Worte angesichts des Todes, sie wollen uns in der Tat folgerichtig erscheinen. Der Blick ins Rosenrote, er war die Gewißheit der Erlösung, das Zeichen zum letzten, zum endgültigen Aufbruch. Den großen Sieg der Liebe, den Sieg Gottes, hatte May - wie unsere Analyse gezeigt hat - im Bildnis der Rose vorausgeahnt, in dieser herrlichen, göttlichen Blume, die geliebte Frauen schmückte und seelische Zuneigung ausdrückte, Leben und Liebe darstellte, das Künstlertum allegorisierte, die Verbindung zu Gott, zur Ewigkeit herstellte. Das Rot der Rosen: es war die Sonnenuntergangsfarbe des Lebens, die gleichzeitig als das Morgenrot neuen Lebens erstrahlte, so wie May es am Ende des Kampfes zwischen Gut und Böse, nach dem Sieg Gottes, in seinem bedeutendsten Werk ›Ardistan und Dschinnistan‹ beschrieben hatte:

. . . im Osten (zuckte es) leuchtend auf. Die Sonne erschien. Sie erschien nicht nach und nach, sondern sie stand gleich mit einem Male über dem Horizonte. Nun lagen nicht nur die Kuppen und Spitzen im Morgenrot, sondern das Rot verwandelte sich in flüssiges, ganz plötzlich wie vom Himmel niedersinkendes Gold, und das ganze Gebirge und die ganze, um uns sichtbare Welt stand in hellem, glücklichem Tagessonnenlichte.56

   May stand bei seinem Tod inmitten der sich zur Sonne öffnenden Rose . . .



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1Vgl. Brief Klara Mays an Prinzessin Wiltrud v. 6. 4. 1913, abgedr. in: Jb-KMG 1983. Husum 1983 S. 130
2Wenngleich wir durch spätere wohlmeinende, aber die Wahrheit verdrehende Berichte Klara Mays gewarnt sind, sehen wir keinen Grund, an der Glaubwürdigkeit dieser Überlieferung zu zweifeln.
3Eine umfassende Untersuchung, die Mays Beziehung zur Kunstbewegung des Symbolismus - dies betrifft vor allem das Maysche Spätwerk - sichtbar macht, ist seit langem überfällig. Wir hoffen, in absehbarer Zeit erste Ergebnisse dazu vorlegen zu können.
4Äußerst kunstvoll hat Hans Jürgen Syberberg die zentrale Bedeutung der Rose für Leben und Werk Mays in zwei Szenen seines meisterhaften ›Karl-May‹ Films (1974) dargestellt: Auf einer Kutschfahrt mit Emma und Klara durch erzgebirgische Wälder sinniert Karl May, vor einem Schloß (Glauchau) angekommen: »Ja, hier war ich schon 'mal, ich erinnere mich genau. Mit dem Vater, ich erinnere mich genau. Damals, als wir uns für das Stipendium für das Lehrerseminar bedanken mußten. Damals hab' ich eine Rose gepflückt für die Herrschaften, aber der Vater schlug mich mit den Stacheln solange, bis die Hunde uns vertrieben. Und da hab' ich die Rose der Mutter mitgebracht.« - Obgleich diese frühe Episode biographisch nicht belegbar ist, hat Syberberg hier in der zugleich entzückenden wie Schmerzen bereitenden Rose ein Bild des ganzen Dramas und (Liebes-)Traumas Mays projiziert. Noch eindrucksvoller erscheint das Rosenmotiv in der Schlußsequenz des Films: Der sterbende May liegt in seinem Garten auf einem indianischen Katafalk, bedeckt von Schnee und roten Rosen. »Neben ihm sitzt in über-mütterIicher Tracht und Haltung seine Frau Klara, mythische Absolution und Vergebung liebend erteilend. Jetzt ist das Glück des Ruhms neuerkämpft und auf höchster Stufe rein wieder da, und Rosen liegen auf seinem Schneekatafalk wie Blumen der Liebe, als rote Tropfen mütterlicher Herzensgunst. Das ist Karl Mays Verklärung, so wie der Film es kann.« (H. J. Syberberg in ›Syberbergs Filmbuch‹. Frankfurt a. M. 1979 S. 43).
5s. z. B. die hl. Elisabeth v. Thüringen, Rosalia v. Palermo, hl. Dorothea, hl. Cäcilia Rosa v. Lima.
6vgl. dazu Karl Finsterwalder: Die Rose, eines der drei Wahrzeichen deutscher Dichtung. In: Festschrift z.d. 300 jährigen Jubiläum des Königlichen Gymnasiums zu Coblenz. 1882 S. 53ff.
7s. ebd.
8Alle vier Gedichte sind entnommen: Das kleine Rosenbuch. München 31978.
9Die Rose ist überhaupt ein beliebtes Märchenmotiv, vgl. Grimms ›Dornröschen‹, ›Die Rose‹, ›Schneeweißchen und Rosenrot‹ oder Andersens ›Der Rosenelf‹.
10Karl May: Mein Leben und Streben. Hildesheim-New York 1975 (künftig abgekürzt LuS) S. 141
11Ebd. S. 209
12Ebd.
13Arno Schmidt: Abu Kital. Vom neuen Großmystiker. In: Dya Na Sore. Gespräche in einer Bibliothek. Karlsruhe 1958 S. 193
14s. Hans Wollschläger: »Die sogenannte Spaltung des menschlichen Innern, ein Bild der Menschheitsspaltung überhaupt«. Materialien zu einer Charakteranalyse Karl Mays. In: Jb-KMG 1972/73. Hamburg 1972 S. 11ff.
15LuS S. 65
16vgl. ebd. S. 31ff.
17Daß May sich der Klischeevorstellung des lyrischen Rosenmotivs aber durchaus bewußt war, beweist etwa eine Stelle aus dem ›Verlorenen Sohn‹, wo ein Gedicht Judiths - Rosen-Liebeslyrik! - herbe Kritik erfährt (vgl. Karl May: Der verlorene Sohn oder Der Fürst des Elends Bd.I. Hildesheim New York 1970 S. 239f.).
18In: Karl May (Hrsg.): Schacht und Hütte. Hildesheim-New York 1979 S. 189. Eine derartige Stelle spricht eigentlich gegen Mays Behauptung, daß der Titel seines ›Waldröschen‹-Romans von Münchmeyer stamme (vgl. LuS S. 202).
18aDresden o. J. S. 35f.



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19Oftmals handelt es sich bei diesen Frauengestalten um Spiegelungen realer Geliebten Mays.
20Karl May: Der Weg zum Glück Bd. V. Hildesheim-New York 1971 S. 1797
21Karl May: Die Juweleninsel. Reprint der KMG. Hamburg 21982 S. 271 li
22In: Karl May: Der Waldkönig. Erzählungen aus den Jahren 1879 und 1880. Reprint der KMG. Hamburg 1980 S. 39 li u. 41 re
23Zitiert nach: May (Hrsg.): Schacht und Hütte wie Anm. 18 S. 71
24Karl May: Lichte Höhen. Bamberg 1956 S. 341
25wie Anm. 18 S. 24; vgl. dazu auch die Gedichte ›Güte‹ und ›Liebesfrage‹ in ›Lichte Höhen‹. Die Blumenallegorie für den Menschen taucht in Mays Lyrik öfter auf, s. z. B. ›Lenzesbote‹, ›Gottesgarten‹, ›Frühling‹.
26Karl May: In den Schluchten des Balkan. Freiburg 1892 S. 31f.
27Ebd. S. 36
28Ebd. S. 38
29Walther Ilmer: Das Märchen als Wahrheit - die Wahrheit als Märchen. Aus Karl Mays ›Reise-Erinnerungen‹ an den erzgebirgischen Balkan. In: Jb-KMG 1984. Husum 1984 S. 126f.
30vgl. LuS S. 184
31Ebd.
32In: Karl May: Kleinere Hausschatz-Erzählungen. Reprint KMG/Pustet. Hamburg-Regensburg 1982 S. 303ff.
33Unter dem Titel ›Wer sich die Rose wünscht‹ hat Hansotto Hatzig eine Anthologie von May Zitaten ediert (Ubstadt 1976). In diesem Zusammenhang sind sicherlich auch die Anfangszeilen eines - vermutlich von May stammenden - Gedichts aus dem ›Verlorenen Sohn‹ interessant, das der alte Förster Wunderlich rezitiert: Wie jede Rose ihre Dornen trägt, / Hat auch die Ehe ihre stillen Leiden (Karl May: Der verlorene Sohn Bd. VI. Hildesheim-New York 1972 S. 2142ff.).
34vgl. dazu das Frontispiz zu Max Dittrich: Karl May und seine Schriften. Dresden 1904 (als Reprint in: Schriften zu Karl May. Materialien zur Karl May Forschung Bd. 2. Ubstadt 1975).
35Karl May: Und Friede auf Erden! Freiburg 1904 S. 492
36Egon Erwin Kisch: In der Villa »Shatterhand«. Ein Interview mit Karl May. In: Bohemia. Prag v. 15.5.1910 S. 49 (abgedr. in M-KMG 14/1972 S. 19)
37In: May: Lichte Höhen wie Anm. 24 S. 270
38Abgedr. in: M-KMG 33/1977 S. 3. Schon im Roman ›Am Rio de la Plata‹ schreibt May: Leben heißt kämpfen; sterben heißt siegen. (Freiburg 1894 S. 289).
39Mitinspiriert wurde May bei seiner Verwendung des Rosenmotivs im ›Silberlöwen‹ wohl zum einen auch durch die Wahl des persischen Schauplatzes (wie erwähnt, besitzt Persien eine berühmte Rosenkultur), zum anderen durch seine Reise nach Tirol im Jahre 1902, wo ihn die üppig wachsenden Rosenbüsche äußerst fasziniert haben dürften.
40Die in Klammern gesetzten Zahlen beziehen sich auf die Seiten der Fehsenfeld Ausgabe, Freiburg 1902.
41Maurice Maeterlinck nennt den Duft die »Seele der Blume« (vgl. Maurice Maeterlinck: Die Intelligenz der Blumen. Jena 1912 S. 68; die deutsche Erstausgabe dieses Werks (Jena 1907) befand sich in Mays Bibliothek).
42Auch im ›Weg zum Glück‹ erscheint die Rose als Grabpflanze (Bd.I. Hildesheim-New York 1971 S. 174).
43Dr E.A. Schmid: Karl May's Grabmal. In: KMJB 1921 S. 91
44vgl. Brief Amand v. Ozoróczys an Alfred Schneider; abgedr. in Alfred Schneider: Mein Leben mit Karl May. Sonderheft Nr. 58 der Karl May Gesellschaft. Hamburg 1985 S .9. In Mays Gedicht ›Dichterwunsch‹ heißt es: Legt eine einzge, kleine Blume / Mir auf die eingesunkne Brust (in: Karl May: Himmelsgedanken. Freiburg 1900 S.238).
45vgl. Anm.4. Daß May realiter unter Rosen begraben wurde, belegt der Nekrolog von Marie Hannes (vgl. Marie Hannes: Karl May's Beisetzung. Abgedr. in: M-KMG 69/ 1986 S.5).
46Einen ähnlichen Liebesbeweis schildert May später in ›Winnetou IV‹, wo das ›Ich‹



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und Herzle einer Einladung Algongkas und Athabaskas gefolgt sind: . . . jeder von ihnen hatte in einer kleinen, mit Wasser gefüllten Vase die ihm von meiner Frau geschenkte Blume vor sich stehen, wofür sowohl ihr als auch mir je eine einzige, aber ausgesucht schöne Rose beschieden war (Freiburg 1910 S. 67f.). Im ›Geldmännle‹ schenkt der Lehrer Hermann Bernstein dem geliebten ›Herzle‹ eine weiße Rose zum Geburtstag (Karl May: Erzgebirgische Dorfgeschichten. Hildesheim-New York 1977 S. 459).
47Karl May: Das Waldröschen oder Die Verfolgung rund um die Erde Bd.IV. Hildesheim-New York 1970 S. 1571f.
48Karl May: Ardistan und Dschinnistan Bd.I. Freiburg 1909 S 2
49In ›Ardistan und Dschinnistan I‹ heißt es: Ein uraltes, orientalisches Märchen sagt daß die Schwingen der Engel aus Blumenduft gebildet seien und daß die menschliche Seele nur im Blumenduft ihren Körper verlassen und zu ihm wiederkehren könne (wie Anm. 48 S 142); vgl. dazu auch das Rosen-Zitat aus den ›Geographischen Predigten‹
50Reprint des ›Bibliothek Saturn‹-Textes. Bamberg/Braunschweig 1977 S. 62. Zur Deutung dieser Erzählung s. Dieter Sudhoff: Karl Mays ›Abdahn Effendi‹. Eine Werkanalyse. In: Jb-KMG 1983. Husum 1983 S. 197ff.
51May: Abdahn Effendi wie Anm. 50 S. 100
52Ebd. S. 99
53Ebd. S. 100
54wie Anm. 35 S. 259
55Ebd. S. 489
56Karl May: Ardistan und Dschinnistan Bd.II. Freiburg 1909 S. 595





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