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HELMUT SCHMIEDT


Wie im Karl-May-Verlag nicht nur Karl May bearbeitet wird




Im Sommer 1988 ist im Karl-May-Verlag die Festschrift ›75 Jahre Verlagsarbeit für Karl May und sein Werk‹ erschienen, die auch einen Beitrag von mir enthält, ›Karl May und die Literaturwissenschaft‹. Der dort wiedergegebene Text stimmt an mehreren Stellen nicht mit meinem Typoskript überein; vor dem Erscheinen des Buches bin ich weder um mein Einverständnis zu den Änderungen gebeten noch überhaupt über sie informiert worden. Einige dieser Eingriffe betreffen Nebensächliches: von der Tilgung eines Beispiels zur Verdeutlichung eines bestimmten Gedankens (S. 152; drei andere Beispiele sind erhalten geblieben) bis zur stilistischen Verschlimmbesserung (S. 159: aus »( ... ) zumal May selbst sich dazu eher zweideutig geäußert hat« wurde »( ... ) zumal May selbst sich eher dazu zweideutig geäußert hat«); eine derart unerbetene Mitarbeit des Herausgebers ist ärgerlich, aber nicht unbedingt ein Grund zu vehementem Protest. Die Veränderungen an zwei anderen Stellen aber berühren die Substanz meiner Ausführungen und sollen deshalb hier dokumentiert werden. Im folgenden findet sich in der linken Spalte der von mir geschriebene Text, rechts die gedruckte Version.


Besonders große Beachtung auf dem Gebiet der May-Philologie fanden 1987, im publizistisch reich gewürdigten Jahr von Mays 75. Todestag, die Veröffentlichung eines Karl-May-Handbuchs, herausgegeben von dem Rhetorikprofessor und Literaturkritiker Gert Ueding, und die der ersten Bände einer historisch-kritischen May-Edition, die von Hermann Wiedenroth und Hans Wollschläger publiziert wird und am Ende 99 Bände umfassen soll.Besonders große Beachtung auf dem Gebiet der May-Philologie fand 1987, im publizistisch reich gewürdigten Jahr von Mays 75. Todestag, die Veröffentlichung eines Karl-May-Handbuchs, herausgegeben von dem Rhetorikprofessor und Literaturkritiker Gert Ueding. (S. 150)


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Nach Mays Tod kam es zu einer weiteren einschneidenden Bearbeitung seiner Werke durch Mitarbeiter des Karl-May-Verlags, die bis in die jüngste Vergangenheit fortgesetzt wurde. Ihr Ziel war es offenbar, Mays Ruf als ›Volksschriftsteller‹ wiederherzustellen und dauerhaft zu sichern, und die heute 74 Bände umfassende Reihe der ›Gesammelten Werke‹ ist darin auch zweifellos erfolgreich gewesen. Manche Kommentatoren freilich werfen dem Verlag vor, er habe mit seinen vielen Eingriffen - die von Titeländerungen über die Ersetzung beinahe sämtlicher Fremdwörter bis zur Streichung bzw. Umschreibung und Neueinfügung ganzer Handlungsteile reichen - des Guten erheblich zu viel getan, denn auch das Projekt einer auf größtmögliche Verbreitung zielenden Leseausgabe rechtfertige keinen Umgang mit Mays Texten, bei dem - wie es ein Kritiker formulierte - »oft kaum ein Wort auf dem anderen geblieben (ist)«.Nach Mays Tod kam es zu einer weiteren einschneidenden Bearbeitung seiner Werke durch Mitarbeiter des Karl-May-Verlags, die bis in die jüngste Vergangenheit fortgesetzt wurde. Ihr Ziel war es offenbar, Mays Ruf als »Volksschriftsteller« wiederherzustellen und dauerhaft zu sichern, und die heute 74 Bände umfassende Reihe der »Gesammelten Werke« ist darin auch zweifellos erfolgreich gewesen. Manche Kommentatoren freilich werfen dem Verlag vor, er habe mit seinen vielen Eingriffen - die von Titeländerungen über die Ersetzung beinahe sämtlicher Fremdwörter bis zur Streichung bzw. Umschreibung und Neueinfügung ganzer Handlungsteile reichen - des Guten zu viel getan.
Die Forschung muß sich natürlich, wenn es um die Erfolgsgeschichte des Schriftstellers Karl May geht, zu einem beträchtlichen Teil an diese bearbeitete Edition halten, die seit Jahrzehnten den Markt beherrscht. Mittlerweile ist allerdings Mays Werk-mit einigen Einschränkun gen-auch in der zu seinen Lebzeiten veröffentlichten Gestalt neu zugänglich gemacht worden; dafür hat insbesondere eine Vielzahl von reprographischen Nach-Die Forschung muß sich natürlich, wenn es um die Erfolgsgeschichte des Schriftstellers Karl May geht, zu einem beträchtlichen Teil an diese bearbeitete Edition halten, die seit Jahrzehnten den Markt beherrscht. Mittlerweile ist allerdings Mays Werk-mit einigen Einschränkungen-auch in der zu seinen Lebzeiten veröffentlichten Gestalt neu zugänglich gemacht worden; dafür hat insbesondere eine Vielzahl von reprographischen Nach-


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drucken gesorgt, die von der Karl-May-Gesellschaft, dem Karl-May-Verlag und anderen Verlagen vorgelegt wurden. Der Zweck der jetzt in der Entstehung begriffenen historisch-kritischen Ausgabe liegt darin, Mays Gesamtwerk einschließlich aller von ihm selbst zu verantwortenden unterschiedlichen Textversionen im Neusatz zu dokumentieren.drucken gesorgt, die vom Karl-May-Verlag, von der Karl-May-Gesellschaft und von anderen Verlagen vorgelegt wurden. Aber: Nur für ganz wenige Werke Karl Mays gibt es verbindliche Unterlagen über authentische Texte, nämlich die Handschriften ... (S. 159)


Das Ergebnis dieser von dem Festschrift-Herausgeber Roland Schmid eigenmächtig vorgenommenen Bearbeitung bedarf keiner näheren Erläuterung: Mit der historisch-kritischen Ausgabe wird in dem Aufsatz, dem Schmid selbst den Untertitel ›Zur aktuellen Lage der Forschung‹ gegeben hat, nunmehr auf dem Wege der strengen Tabuisierung verfahren, und die von mir nur zitierte, aber keineswegs übernommene Kritik an den May-Bearbeitungen des Karl-May-Verlags wird mit einer solchen Verharmlosung wiedergegeben, daß es fast schon auf eine Rechtfertigung hinausläuft. Roland Schmid entschuldigte sein Vorgehen nachträglich damit, es gehe doch nur um Kleinigkeiten und er habe aufgrund seiner Arbeitsüberlastung nicht die Zeit gefunden, mit mir rechtzeitig darüber zu korrespondieren. Der geneigte Leser möge sich selbst einen Vers darauf machen.




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