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Karl und Klara May:

Briefwechsel mit Adele und Willy Einsle II*



Willy Einsle an Klara May - 17.1.1909

München, den 17. Jan. 09

Liebe Tante!

   Soeben erfahre ich, Onkel habe sich einer Operation unterziehen müssen. Ich bitte Dich, so sehr ich nur kann, schreib mir - bloß ein paar kurze Zeilen - was an der Nachricht wahr ist und welchen Erfolg die Operation hatte. Bitte, bitte laß mich nicht in dieser peinigenden Ungewißheit. Dich kostets ein paar Minuten und ich kann dann wieder ruhig arbeiten und ich will Dir ja so dankbar sein. Ich hoffe so sehnlich, daß mein lieber, guter Onkel Karl gesund und frisch ist und daß das Gerücht wie schon öfter wieder einmal ein falscher Feueralarm war. Kommt Ihr im Sommer nach München? Oder seid Ihr im August oder September zuhause anzutreffen? Ich möcht Euch halt endlich einmal wiedersehen, nachdem ichs das letzte Mal in München so glorreich verpatzt hab. Und nicht wahr, mein Onkel ist nicht krank? Ich will dem Gerücht nicht trauen. Ich weiß, daß Du mich nicht umsonst auf eine kurze Benachrichtigung warten läßt und danke Dir und dem Onkel für all Euere Liebe.

   Es grüßt Euch Euer alter, dankbarer

    Neffe Willy aus München.

* Redaktionelle Notiz:

Die Briefe Karl und Klara Mays wurden von Ulrike Müller-Haarmann und Gerhard Haarmann übertragen, die Briefe Adele und Willy Einsles transkribierten Annelotte Pielenz und Irene Frankenstein, denen dafür herzlich zu danken ist. Die Redaktion der Texte und die Kommentierung besorgte Ulrich Schmid; Frau Dr. Gertrud Mehringer-Einsle, München, trug dazu dankenswerterweise zahlreiche erläuternde Hinweise bei. Das vorliegende Jahrbuch bietet die Korrespondenz von 1909 bis zum Tode Karl Mays am 30.3.1912, soweit sie erhalten ist; der erste Teil, von 1902 bis zum 31.12.1908, ist im Jahrbuch 1991 abgedruckt. Leider ist der Schriftwechsel nur unvollständig überliefert; immer wieder finden sich Hinweise auf nicht erhaltene Schreiben, die sich auch nur teilweise rekonstruieren lassen. Orthographie und Interpunktionseigenheiten in den Briefen von Willy und Adele Einsle bleiben unkommentiert.


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Klara May an Willy Einsle - 19.1.1909

Mein lieb‹er Willy!›

   Das Gerüch‹t ist w›ahr! Der gute Onkel hatte sich in ‹Amerika ein›e Verletzung zugezogen, die so bösart‹ig war, d›aß er sich einer Operation unterziehen muß ‹te. Es› geht ihm aber, Gott sei Dank, gut. Aus diesem Grunde blieb bisher Alles liegen. Ich komme erst jetzt dazu all den lieben Menschen für die vielen Beweise ihrer Liebe zu danken, die uns von Weihnachten bis jetzt zu theil wurden. Auch Dir und Deinen Lieben vielen Dank. Ich bitte Gott, daß Dir das Jahr 1909 ein erfolgreiches, gesegnetes sein möge! Wir hoffen daheim zu sein!

[Auf der Rückseite, über dem Bild:]

Viele, herzliche Grüße Dir und Deinen Lieben, von den beiden Alten da unten.

Bildkarte: »Karl May und Frau auf der Heimreise von Amerika auf der >Kronprinzessin Cecilie<« - Poststempel Radebeul 19.1.09
Text von Klara geschrieben
Anschrift: Herrn Willy Einsle
Aus der Karte sind die beiden Personen herausgeschnitten, was auf der Rückseite Textverlust zur Folge hatte; Ergänzungen deshalb in Winkelklammern.



Klara May an Adele Einsle - undatiert, wohl Ende Januar 1909

Meine liebe Frau Oberamsrichter! [sic]

   Heute erlaube ich mir, mit einer Bitte zu Ihnen zu kommen. Ich lege Ihnen einen Brief bei, damit Sie mich besser verstehen und ich mich kürzer fassen kann.

   Ich erlaube mir Ihnen anbei 10 Mk. zu senden mit der Bitte, dafür in einem Münchner Blumengeschäft einen Korb mit eingepflanzten Blumen zu kaufen. Am liebsten sind mir weiße Hyazinthen und Maiblumen. Am Mittag des 29.d.M. möchte ich diese Blumen, mit den [sic] beifolgenden Brief an die angegebene Adresse befördert haben, vom Blumengeschäft aus.

   Die Dame ist die Gattin eines Schriftstellers. Eine langjährige warme Verehrerin meines guten Mannes. Sie war schon zwei mal hier. Ich habe sie sehr in's Herz geschlossen; es ist ein feines, liebes Wesen. Ich möchte ihr in ihrer Verbannung eine Freude machen, zumal ich mit banger Sorge der Erstaufführung der Arbeit ihres Gatten entgegen sehe. Es ist arg viel Animalisches in dem jungen Schriftsteller. Seine


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herzige Frau ist mir lieber als seine Kunst, die den Weg zur Höhe noch zu finden hat. Wenn ich Sie nicht zu sehr belästige, und Sie grad Zeit haben, möchte ich um eine oder zwei Rezensionen seines Stückes bitten, wenn Ihnen zwei verschiedene Zeitungen zur Hand sind.

   Ich wage es, Sie zu belästigen, weil ich fühle, Sie thun mir den Gefallen gern. Ich möchte der lieben jungen Frau nicht Blumenleichen in's Haus senden, wie wir sie fast ausschließlich erhalten. Ich bedaure es immer so sehr, wenn die lieblichen Kinder Floras sich uns sterbend, oder als Leichen präsentieren. Mit der Wurzel in einer Rinde, die ja ganz billig sein kann, kommen sie wenigstens lebend an. Ich danke Ihnen im Voraus vielmals herzlichst für Ihre Bemühungen und hoffe, es im Sommer noch mündlich thun zu können.

   Willy schreibt, Sie gedenken im Sommer zu uns zu kommen. Wir freuen uns aufrichtig auf Ihren Besuch und hoffen und wünschen nur, daß nichts hindernd dazwischen tritt.

   Meinem Herzensmanne geht es, Gott sei Dank, gut. Die Bandagen sind gefallen. Die Wunde heilt vorzüglich.

   Viele, herzliche Grüße Ihnen und Ihren Lieben

Ihre ergebene
Klara May.

Verehrerin: wohl Hetty Heide, s. u. Brief Klaras Dezember 1909



Klara May an Willy Einsle - 3.2.1909

Vielen, herzlichen Dank, Dir und Deiner lieben, guten Mama für alle Mühen. Daß es meiner armen jungen Freundin so gehen würde, wie es nun gekommen, ahnte ich mit banger Sorge. Es geht ihr gut und dem kleinen Weltbürger auch, der inzwischen gekommen ist, um sie zu trösten. Die Frau hat tausendmal mehr in sich als ihr Mann. Hier hat das Leben einmal die Rollen vertauscht. Unserem geliebten K. M. geht, es Gott sei Dank, gut. Er schafft emsig am »Mir« um sich ganz frei zu machen für »Winnetou«.

Viele, herzliche Grüße von Haus zu Haus

Deine alte Tante
Klara

Bildkarte: »Karl May bei den Tuscarora Indianern« (von Klara beschriftet)
Poststempel: Radebeul 3.2.09
Anschrift: Herrn Willy Einsle


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Klara May an Adele Einsle - vor Pfingsten 1909

Villa Shatterhand

   Radebeul-Dresden

Hochverehrte, liebe gnädige Frau!

   Vielen Dank für Ihre lieben Grüße. Ich komme erst heute dazu, Ihnen zu antworten; viel Abhaltung, Arbeit und ein ernstes Unwohlsein hinderten mich, früher zu schreiben. Letzteres ist auch jetzt noch nicht gehoben und liegt wie ein dunkler Schatten auf mir. Es ist dies auch der Hauptanlaß, daß ich nicht über Pfingsten bestimmen kann. Wenn Sie einmal hier sind, möchten wir doch die Zeit Ihres Aufenthaltes in frohem Beisammensein ausnützen, und damit schaut es momentan schlecht aus.

   Es ist den Herrschaften vielleicht gleich, wann Sie kommen. Paßt es Ihnen im Herbst auch? Ich hoffe, doch noch einmal gesund zu werden, und bis zum Herbst ist's eine lange Zeit und noch dazu die schönste des Jahres.

   Bitte grüßen Sie alle Ihre Lieben recht herzlich von uns, und empfangen auch Sie die gleichen Grüße von Ihren

alten dankbaren
Mays.



Klara May an Willy Einsle - undatiert, kurz nach dem 27. Juni 1909
(Tod von Klaras Mutter Wilhelmine Beibler)

Lieber Willy!

   Dein bestandenes Examen hat uns sehr erfreut. Gerne hätten wir Dir sofort geschrieben, aber trübe, schwere Tage senkten sich auf uns, die Alles in den Hintergrund drängten. Wir haben am Sonntag unsere liebe, gute Mutter verloren. Du kennst solche Tage noch nicht. Möge Gott sie auch noch recht lange von Dir fern halten.

   Wir erwarten bestimmt, Dich bei uns zu sehen in diesem Sommer. Deine gute Mama hat es doch geschrieben, daß Ihr kommen würdet. Also Wort halten!

   Der Onkel hat für Dich ein schönes, altes Siegel fassen lassen. Er brachte es vor 10 Jahren aus Griechenland mit. Du sollst es zum Andenken erhalten. Es ist der Dank des Onkels, daß Du ein guter, brauchbarer Mann geworden bist, wie er es erstrebte. Es soll Dich immer daran erinnern, Dein Leben in den Dienst des Guten zu stellen.


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Wir hoffen, Du holst es Dir selbst, wo nicht, sende ich es Dir.

Mit innigen Grüßen für Dich und Deine Lieben

Deine treuen Alten
in Radebeul



Willy Einsle an Eheleute May - 31.7.1909

   Lenggries, den 31.VII.09.

Lieber Onkel, liebe Tante!

   Unter äußerst primitiven Verhältnissen, wie sie das idyllische Landleben mitsichbringt, sitz ich bei strömendem Regen im Prunkgemache und denk an Euch und an unser baldiges Wiedersehen.

   Daß ich Euch so lang nicht gedankt habe für den lieben Brief hat seinen Grund darin, daß ich erstens bis jetzt noch nicht zur nötigen Ruhe gekommen bin zuerst wegen der vielen Verpflichtungen meiner Verbindung gegenüber (Stiftungsfest) und dann wegen der Fülle von Bergpartien und anderer Touren, zweitens weil ich in der letzten Zeit ein ziemlich hartes Bröcklein zu verarbeiten bekam, mit dem ich noch nicht so recht fertig bin. Da ich vor Euch kein Geheimnis habe, will ich es Euch schon sagen, aber lieber mündlich, auch aus dem Grund, weil ich hoffe, bis dahin wieder ins Gleichgewicht gekommen zu sein. Verzeiht, wenn ich heut mich kurz fasse, aber das Briefschreiben geht mir nicht so von der Leber weg, wie sonst und dann hats auch keinen Wert.

   Eins möcht ich Euch noch anvertrauen, weil Ihrs doch merken würdet. Wenn Ihr mich dann nimmer mögt, so kann ich es begreifen, aber ich kann mich nicht ändern u. mir Gefühle eingeben, die ich einfach nicht besitze. Kurz gesagt: ich habe für meine Eltern nicht das, was man unter echter kindlicher Pietät versteht. Sie sind mir innerlich fremd. Ich kann doch nicht sagen, daß ich etwas fühle, wenns nicht der Fall ist. Ich sehe, daß meine Eltern drunter leiden, ich selbst steh ohne Bruder oder Schwester auch allein auf mich selbst angewiesen da. Wie ich darunter gelitten habe und noch leide, ist nicht zu sagen. Ich will mich redlich bemühen, wenigstens die äußere Form zu wahren und meinen Eltern mit der Hochachtung zu begegnen, die sie beanspruchen können. Die Verheißung des 4. Gebotes, soweit ich sie nicht später vielleicht meinem Berufe abringen kann, ist wohl so schon verscherzt.

   Dies wollte ich Euch mitteilen, damit Ihr nicht so ganz plötzlich Euch in mir getäuscht seht. Denkt von mir nicht zu schlimm - wenn Ihr könnt.


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   Also Mama und ich dürfen Euch mit Papas pekuniärer Genehmigung besuchen. Ab 23. August sind wir wieder in München und bis zum 20. September jederzeit bereit unsere Pilgerfahrt anzutreten. Bitte teilt uns mit, wann wir Euch am wenigsten stören. Wir freuen uns beide so sehr.

   Am 1. Oktober trete ich beim hiesigen 3. Feld.Art.Reg. als Einjähr. Freiw. ein. Ich freue mich schon darauf.

   Mit den allerherzlichsten Grüßen
    Euer alter dankbarer
           Neffe Willy
                aus München.

3. Feld.Art.Reg.: das Dritte Feldartillerie-Regiment
Einjähr Freiw: mit einem Bildungsgrad (z. B. dem Abitur) konnte man im deutschen Heer eine auf ein Jahr verkürzte Militärdienstzeit ableisten, wobei man sich auch auf eigene Kosten verpflegte und kleidete.



Klara May an Willy Einsle - evtl. Anfang August 1909

Lieber Willy!

   Dein Brief hat uns recht wehmütig gestimmt. Auch Du junges Blut weißt schon, was Leiden heißt. Glaube ja nicht, daß wir Dir zürnen. Im Gegentheil. Du thust uns sehr leid. Flüchte Dich allezeit mit jedem Leiden zu uns!

   Also, wir werden Dich und Deine liebe Mama noch in diesem Sommer bei uns sehen. Auch wir freuen uns auf ein Wiedersehen. Schreibe nur, an welchem Tage wir Euch erwarten können. Wir hoffen, zu der von Dir angegebenen Zeit frei zu sein.

   Jetzt reißen die Besuche nicht ab. Nun genug für heute, so Gott will, bald mündlich mehr.

   Mit den herzlichsten Grüßen für Dich und Deine Lieben, immer

Deine Getreuen
in Radebeul

[Nachschrift Karl Mays:]

Herzlichsten Gruß an Alle!
Dein alter
   Onkel Karl.


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Klara May an Willy Einsle - 17.8.1909

Lieber Willy!

   Wir werden Euch am 2n September um 1 Uhr bei uns zu Tische erwarten. Ist das Wetter schön, können wir am Nachmittag etwas unternehmen und am 3n gehen wir vielleicht mit Euch in die sächs. Schweiz um Euch ein Stückchen von unserem Land zu zeigen. Viele, herzliche Grüße Deine

Radebeuler.

Bildkarte: Villa Shatterhand mit blühenden Glyzinien - Poststempel: Radebeul 17.8.09
Von Klaras Hand geschrieben
Anschrift: Herrn Willy Einsle



Willy Einsle an Eheleute May - 31.8.1909

31. August 09

Ihr Lieben, Guten!

   Also es wird Tatsache, wir kommen; bis jetzt habe ich immer noch nicht so ganz getraut und irgend etwas Unvorhergesehenes gefürchtet. Drum ist meine Freude nun um so reiner und tiefer. Um der Ehrlichkeit willen muß ich da ein Bekenntnis machen. Gar zu gern - wenn ich es zuließe - möchte sich diese Freude etwas trüben durch ein ab und zu aufsteigendes Gefühl einer gewissen Unbehaglichkeit. Ich glaube, daß dies seinen Grund in meinem derzeitigen Zustand hat: Ich schwimme. Zuerst schwamm ich ja auch, aber da hatte ich den richtigen Kurs, die Gewißheit, Land zu finden und dabei ein tüchtiges Floß unter mir. Das war mein Glaube und meine Zukunftshoffnungen.

   Da kam der große Walfisch, Wissenschaft genannt und rannte höchst unsanft an mein Floß. Als es nicht gleich aus den Fugen ging, tat ich sehr stolz und sicher. Dann merkte ich später freilich, daß der Zusammenstoß ernster war, denn die Bänder hatten sich gelöst und Ruder und Balken schwammen davon. Auf einen einzigen hatte ich mich gerettet - seine Bedeutung für mich will ich Dir lieber mündlich sagen - und nun ging grade der flöten, auf den ich alle (das nicht, aber doch so große) Hoffnungen gesetzt habe. Jetzt schwimme ich allein für mich und »eigenhändig«. Wenn man sich erst daran gewöhnt hat, gehts auch so. Nur eines gefällt mir dabei ganz und gar nicht. Es stellt sich so allmählich das Gefühl der »Wurstigkeit« ein, so wie man es bekommt, wenn man nach anstrengender Bergtour noch auf der Landstraße wei-


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tertrotten muß ohne die Entfernung des Zieles genau zu kennen. Das ist Stumpfsinn, der auf Dauer höchst gefährlich werden kann. Und den sollst Du mir vertreiben. Vielleicht gibst Du mir auch wieder ein Floß unter die Füße und zeigst mir, wo ich Land finden kann.

   Ich will das Vertrauen Deines Hadschi Halef zu Dir haben.

   Dir und der lieben Tante für all Eure Liebe so zu danken, wie ich es möchte, werde ich wohl nie in der Lage sein.

   Also auf Wiedersehen am 2ten Sept.
       Immer Euer alter, dankbarer
       Neffe Willy.



Willy Einsle an Olga Heumann - 3.9.1909

3. IX. 09

M‹eine›. l‹iebe›.O‹lga›!

   Die herzlichsten Grüße Dir und der Familie Eilles ‹? ›.

   Wenns bei Euch auch so schön ist, dann könnt Ihr zufrieden sein.

D‹ein›.W‹illy›.

Herzlichen Gruß!

Mutter     Klara May

[darunter, auf dem Kopf stehend:]

Karl May.

Bildkarte: »Sächs. Schweiz. Teufelsturm« - Poststempel: Dresden 3.9.09
Karte Willys an seine Freundin Olga Heumann mit weiteren Unterschriften
Anschrift: Frl. Olga Heumann, Wien, Hotel Südbahnhof



Adele Einsle an Julius Einsle - 3.9.1909

L‹ie›b‹er›.J‹ulius›l

   Von der wunderbaren Tour in die sächsische Schweiz, die wir der großen Güte Herrn Doktors und seiner lieben Gattin verdanken u. bei der wir über D. künftigen Urlaub verfügt haben, senden wir herzl. Grüße.     Adele     Willy

[Auf dem Kopfe stehend:]

Karl May.     Klara May.

Bildkarte: »Polenztal, Sächs. Schweiz, Partie beim Talwächter« - Poststempel: Dresden 3.9.09
geschrieben von Adele Einsle
Anschrift: Herrn Oberamtsrichter Julius Einsle


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Klara May an Willy Einsle - undatiert, wohl September 1909 (nach dem Besuch der Einsles in Radebeul)

Lieber Willy!

   Vielen Dank für Deine lieben Abschiedsworte und Blumen. Gern hätte ich Dich und Deine liebe Mama noch einmal in Eurem Hôtel aufgesucht, es ging aber nicht. Bei uns löst immer eine Erscheinung die Andere ab.

   Du darfst Dich nicht bettelarm nennen. Gott gab Dir genau so viel mit zur Wanderung durch's Erdenleben, wie allen Anderen. Wuchere nur mit Deinem Pfund; es wird sich in Deiner Hand mehren.

   Wie war es im Theater? War es gut? Warst du noch im »Zoo«? Ich bedauerte, Daß Du Dich selbst noch einmal zu uns bemütest und, daß Du dir dadurch ein paar werthvolle Tagesstunden raubtest. Sie fehlten Dir sicher sehr.

   Hätte Onkel nicht gar so nöthig mit der Arbeit, ich hätte Euch noch nicht frei gegeben. Nun, hoffen wir, daß wir uns im December wiedersehen.

   Bitte, grüße Deine liebe, herzensgute Mamma vielmals von uns, und empfiel uns Deinem Herrn Papa. Du aber nimm die Versicherung, daß Du in Radebeul zwei Menschen hast, die Dich in's Herz geschlossen haben und die für Dein Wohl beten.

Tante Klara.



Willy Einsle an Eheleute May - 10. 9. 1909

Krumbach, den 10.IX.09.

Lieber Onkel, liebe Tante!

   Ich sitz im »Postgärtle«, mitten unter lauter Rosen. Der Wind trägt mir vom nahen Wald die harzige Luft der Fichten und Tannen zu. Um mich duften die Rosen und Nelken. Ich hab ja die Blumen so lieb und ich weiß, sie werden mir helfen, endlich das zu werden, was jeder bestrebt sein soll, ein guter Mensch. Da sitz ich, bei all meiner Gescheitheit, und kaue elendiglich am Federhalter herum. Dankbriefe, wobei mir auch wirklich dankbar zu Mut war, hab ich ja schon öfter geschrieben und ich brächt schließlich auch heut einen leidlichen zusammen, wenn - ja wenn er nicht an Euch, Ihr Lieben, Lieben in Radebeul wäre.

   Seit ich bei Euch war, hab ich ja endlich gefunden, wonach ich so sehnsuchtsvoll und bang gesucht habe, mitten im stillen, heiligen Wald,


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tief drin, den klaren, lichten See in süßer Einsamkeit, an dem das Märchen und der Gottesfriede wohnen. Kein Lärm der Welt dringt ja dorthin. Die Brüder, die den Weg gefunden, begrüßen still sich, nur ein Druck der Hand, weil jedes laute Wort entweihen würde. Hier wohnen Kraft und Glaubensmut, der sie als Friedenshelden in die Weite schickt, wo sie im einfach schlichten Kleide wirken, nach Kraft und Können wirken, wozu ihr Herz und ihre Dankbarkeit sie treibt. Und einstens wird das Märchen Wahrheit werden, der Gottesfriede tritt hinaus in alle Welt und alle Welt wird preisen Gottes Namen. Der Liebe hab ich mich anheimgestellt, sie sei mein Stern, mein Ziel, mein Hoffen! Amen.

Drum lasset heut mich bitte kurz nur fassen:
Laßt meinen Dank als eine Blume in mir blühen,
An deren Duft man gerne sich erquickt.
Nicht lang um Worte will ich mich bemühen;
Ich war sehr krank, zur Tiefe wollts mich ziehen.
Ihr machtet frei mich und mein Auge blickt
dankbar empor zum goldnen Sonnenlicht.
Der Herrgott lohn es Euch, ich kann es nicht!!

Und Dir, Tantele, muß ichs noch eigens sagen - sonst drückts mir das Herz ab -, daß ich Dich so herzlich lieb hab und daß ich für Dich durchs Feuer geh, jederzeit, wenn Dus haben willst und daß ich Dich von ganzem Herzen grad dem guten Onkel gönn und - den Onkel Dir. So, das wär vom Herzen herunter.

   Ich habe keins von den Worten, die Ihr mir ins Herz gelegt habt, vergessen. Da sollen sie, in aller Stille gepflegt, blühen, reifen, Früchte tragen. Das ist der Dank, von dem ich sprach.

   Wenn ich dran denke, wie viele Mayleser froh wären, wenn sie ihren May nur einmal sehen dürften und daß ich ganze zwei Tag mit Euch beisammen war, da wird mir ganz schwindelig.

   Die Gemme erregt teils Neid, teils Bewunderung, teils beides. Mich soll sie stets an die beiden Dresdner Tage erinnern und an meine Dankesschuld, die ich abtragen muß. Habt Ihr gewußt, wie hoch mir das Wasser gegangen war und wie höchste Zeit es gewesen ist? Und jetzt das wonnige Gefühl der Sicherheit und das frohe Bewußtsein, wieder auf gutem Grund zu stehen.

   So viel für heute. Wenn ich beim Militär bin, sollt Ihr einen ordentlichen Soldatenbrief bekommen.

   Dir, liebe Tante, noch besonderen Dank für das herrliche Apfel-


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gelee. Da hätt ich noch eine Bitte. Möchtest Du mir bei Gelegenheit mitteilen, wann, genau, Onkels Vortrag in Augsburg ist und an wen man sich um Biletten wenden kann. Denn, daß ich kein Mittel unversucht lasse um hinkommen zu können, wirst Du Dir denken. Und dann: Dürfen wir Euch in München sehen oder sollte es vielleicht mit dem versprochenen Mittagessen bei uns etwas werden?? Ja, Onkel selbst hat es versprochen. Wenn es diesmal nicht geht, ist es eben nicht zu ändern und wir wollen vernünftig sein, aber herzlichst freuen täten wir uns. Und meine Freundin möcht ich Euch auch gern zeigen.

   Grüßt mir das Finklein und sagt Euren beiden lieben, süßen, kleinen Weißen, daß ich sie sehr lieb gewonnen habe und mich im Ernst freue, sie wieder frisch und munter zu sehen.

   Das beiliegende Bild ist von Mama und für sie bestimmt. Die Drei habe ich auch sehr lieb.

   Tante, ich hab so Angst, der liebe Onkel soll sich doch ja recht schonen. Den Fisteltönen gibt er gerne nach.

   Verzeiht mir meinen verrückten Brief. Aber es kommt halt nicht alle Tage vor, daß jemand so lieb zu mir ist, wie Ihr es waret und daß ich mich so »zuhause« fühl wie bei Euch. Das hat einen noch tiefern Eindruck hinterlassen als alles, was Ihr zu mir gesprochen habt.

   Ihr gabt mir Liebe, Ihr gabt mir Licht;
        Der liebe Gott vergißts Euch nicht.
Immer Euer alter treuer Neffe Willy aus M.

[Beigelegtes Bild: Vorderseite Photo von drei Hunden - Rückseite:]
»Die drei Getreuen«
zwar nicht von Frenssen, sondern von Krumbach geben sich die Ehre und machen den süßen kleinen Kolleginnen ihre Aufwartung
Gemme: Bei dem Besuch in Radebeul erhielt Willy als Geschenk Karl Mays zum bestandenen Abitur eine antike Gemme, die May auf der Orientreise gekauft hatte und für Willy fassen ließ (das in Klaras undatiertem Brief von Ende Juni 1909 erwähnte »Siegel«).
Finklein, beide Weiße: Tiere Karl Mays (vgl. das Frontispiz zum Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft(JbKMG)1991)
Die drei Getreuen: Anspielung auf den Roman >Die drei Getreuen< (1898) des norddeutschen Erfolgsschriftstellers Gustav Frenssen (1863-1945).


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Klara May an Willy Einsle - 22.9.1909

Der Vortrag wird sein am 8. December im Kaufm. Verein »Laetitia« Vorstand Georg Martin, Augsburg. E 205b. Viele Grüße!

Tante Klara.

Postkarte - Poststempel: Radebeul 22.9.09
Geschrieben von Klara
Anschrift: Herrn Willy Einsle.



Willy Einsle an Eheleute May - 26.11.1909

München, den 26. November 09

Ihr Lieben!

   Draußen ist es hundekalt. Der Winter hat sein bärbeißigstes Gesicht aufgesetzt und wenn man nicht die grimmig vergnügten Äuglein sähe, möchte man glauben, wunder wie Ernst es ihm ist. Trotzdem habe ich es vorgezogen mich auf so etwa 14 Tage auf Gelbsucht auch Ikterus genannt kurieren zu lassen. »Jetzt raucht er wieder, Gottseidank.« Was ich aber nur bildlich meine. Denn - aber Ihr dürft nicht lachen - als ich damals in Radebeul sah, daß der Onkel nicht mehr raucht, habe ich bei mir den furchtbaren Schwur getan, ebenfalls nichts Rauchbares mehr anzurühren. Bis jetzt hab ich ihn gehalten, sogar unter den erschwerten Umständen des Militärdienstes. Ja, nun lacht Ihr mich doch aus. Ich hätts Euch gar nicht gesagt, aber in Augsburg hättet Ihr es vielleicht doch gemerkt und dann hätt ich rot werden müssen.

   Also Augsburg! Vivat, Gloria, Halleluja! Billetten haben wir. »Nur zwei Meter vom Redner entfernt.« Onkel, wenn Du aus dem Konzept kommst, sag ich Dir ein. Ich überleg mir noch, ob es nötig ist, daß ich meinen krummen Säbel mitbring, ich könnt da ganz gut die Hauspolizei markieren. Überhaupt, wer nicht will, wie du willst, wird kurz und klein gehauen und eingesperrt. So lernt mans beim Militär.

   Ja das Militär. Ein großer Zopf, der aber sein muß und viel Gutes hat. Im Grund genommen bin ich sehr gern dabei u. spiel fleißig mit. Das meiste freut mich, besonders das Reiten. Ich bin noch gar nicht runtergeflogen, obwohl wir schon oft gesprungen sind und mein Gaul gern durchgeht. Kommt aber noch mit tödlicher Sicherheit. Womit ich aber nicht die Art des Abstürzens zitieren will. Das Kanonenschieben durch Dreck und Schnee behagt mir weniger. Muß halt auch sein. Jetzt


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nach meiner längeren gelbsüchtigen Abwesenheit werd ich mir am Anfang schon ein bissel hart tun.

   Meine Freundin kommt auch mit nach Augsburg. Aus diesem Grund und noch aus einem andern will ich mir heut ein Herz nehmen und Euch erzählen, welche Wolken meinen Himmel verdüstern. Besonders weil ich glaube einigermaßen damit zurechtgekommen zu sein und deshalb sachlich drüber sprechen zu können. Auch komm ich nun nicht mehr in den Verdacht, daß ich Mitleid haben wollte und daß ich mit meinem Sach nicht selber fertig werden könnte.

   Der zweite Grund ist Der. Solange ichs Euch nicht sag, kann ich nie ruhig an Euch schreiben. Und bis jetzt konnt ichs nicht, weils in mir zu entsetzlich rumorte, und mocht ichs nicht, weil ich mit mir selber fertig werden wollte.

   Nach der langen Einleitung die kurzen Tatsachen. Versetz Dich, liebster Onkel, an meine Stelle:

   Du hast bis zu Deinem 18ten Lebensjahr wohl Liebe, nie aber Liebe gefunden, die sich mit aufrichtigem Verständnis für Deine Bedürfnisse gepaart hätte. - Du warst ja so fern u. ich brauchte jemand, der um mich herum gewesen wär. - Du hast nie Geschwister besessen, und bei Deiner angeborenen Schwerfälligkeit auch nie einen Freund. Da bekommst Du auf einmal wie vom Himmel herunter eine Freundin, die Dich versteht, die alles in Dir harmonischer macht und für die Du - und das ist für Deine Veranlagung charakteristisch - Dich sorgen und kümmern darfst, als ob sie Deine wirkliche Schwester sei. Da wird sie teils durch Neckereien von anderer Seite, teils aus eigenen Beobachtungen argwöhnisch und sie weiß sich nicht mehr zu helfen, es kommt zu einer Aussprache. Mehr wie eine Freundin könne sie Dir nie sein und schon um Deinetwillen fühle sie sich verpflichtet es Dir zu sagen. Du bist wie zerschmettert und der Gedanke, daß Du auf diese Freundschaft einmal verzichten müßtest, einmal nicht mehr für sie sorgen darfst, ist imstande Dich verrückt zu machen. Dabei das dumpfe Gefühl, unendlich blamiert worden zu sein und dabei ganz allein die Schuld zu haben. Es ist grad als wenn Dir einer zumutete, Du müßtest Deine gesamte innere Organisation von Grund auf ummodeln. Also das Ende: Ihr seid Freunde wie am Anfang, echte Freunde, Du sorgst für sie wie vorher aber Du hast Dich in den Gedanken zu finden: Obwohl Du um sie gedient hast wie einst Jakob um Rahel, morgen schon kann es geschehen, daß Du außer Kurs gesetzt wirst. Und wiederum: keiner hat die Schuld als Du allein und trotzdem - Du weist es u. kannst nicht anders.

So da habt Ihr meine ganze Misere. Hintennach kann man leicht ein-


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sehen, wie unnötig man sich aufgeregt habe und wie kindisch alles gewesen ist. Wenn man aber drinsteckt, so ist einem das Heulen auch näher als das Lachen.

   Also wenn ich nicht fühlte, daß ich so halb und halb drüber weg gekommen bin, hätt ich nichts geschrieben. Angst wird mir nur, wenn ich seh wie leutscheu ich werde - die Anlage war immer schon da - und das Gefühl, besonders in Damengesellschaft, jedes müßt mir die Blamage ansehen. Aber ich will dagegen ankämpfen. Übrigens mach ich mir aus junger Damengesellschaft gar nichts! Drei junge Mädeln kenn ich, gescheit und gut, für die geh ich durchs Feuer, ebenso für zwei alte Damen. Soll ich Dich liebs Tantele, jetzt zu den ersteren oder zu den zweiten rechnen? In meiner Grobheit tat ich dich still zur zweiten Gruppe, wo Du Dich in der Gesellschaft der alten, lieben prächtigen Großmutter Weiß befindest, der Großmutter meiner Freundin mütterlicherseits. Weil ich nur wieder einmal eine meiner unabweislichen Liebeserklärungen eingeschmuggelt hab. Ich bin doch ein entsetzlicher Kindskopf! Aber Kinder und Narren haben das Recht die Wahrheit zu sagen. Der Narr bleibt mir vorbehalten. - - - An Radebeul denke ich oft, so oft. Und wißt Ihr, was mir gar nicht aus dem Kopf gehen will? Die Erinnerung an das Sascha-Schneider-Bild im Empfangszimmer. Ich hätts so gern vor der Abreise nochmal gesehen, aber ich hab mich nicht getraut Euch nochmal zu belästigen. Jemand anderm als Euch würd ichs gar nicht gönnen. Und nun meine Bitte. Ich weiß nicht an wen ich mich wenden soll wenn nicht an Euch.

   Kann man nicht irgendwo eine Reproduktion auftreiben, die für meine Verhältnisse erschwinglich ist? Und wenns nur eine Photographie wäre.

   Zur Warnung: Ihr sollt Euch auf keinen Fall in Unkosten stürzen. Ich müßt mich sonst zusehr schämen, daß ich es Euch geschrieben hab. Im vollsten Ernst. Wenn Ihr was wißt, seid so gut und sagt mirs wenn wir uns in Augsburg sehen.

   Augsburg. Nun wären wir also mit Kunst und Schläue da, wohin das Ziel der Reise ging. Bis dahin bin ich wieder ganz auf dem Damm. Kommen tät ich aber, und wenns aus dem Bett und sämtlichen heißen Wickeln raus sein müßte. Für uns drei, nämlich für Mutter, Olly und meine Wichtigkeit haben wir also die Plätze. Vater konnte beim Bestellen noch nicht sagen, ob er Zeit haben würde. Wenn er kann, wird es ihn sehr freuen Euch kennenzulernen. (So sagt man doch?) Es ist aber wirklich so. Er hofft in Augsburg noch eine Karte zu bekommen.

   Wir sind am 4. Dez. um ½ 2 Uhr rum in Augsburg und fragen dann gleich an, wann wir Euch auf 10 Minuten sehen können. Zwanzig lange


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wären mir freilich lieber als zehn kurze. Aber ich bin vernünftig genug einzusehen, daß ich Euch mit vielen andern Menschen zu teilen habe und daß Ihr wohl grad am 4ten mehr zu tun habt als meinem Wohlgefallen zu leben.

   Aber - eine ehrliche Frage - also auch, bitte, eine ehrliche Antwort. Zehn Minuten nachmittags und - zehn Minuten vormittags machen auch 20 Minuten aus. In dem Fall tät ich schon vormittags um 9h15 ankommen. Also bitte, liebste Tante, auf einer Karte noch eine kurze Benachrichtigung. Aber bitte, bitte, so, wie Ihr es Euch einzurichten vorhattet, bevor ich schrieb. Ich wäre sehr unglücklich, wenn Ihr es nicht tätet. Abends mit dem 11h47 Zug fahren wir dann heim.

   Also auf baldiges, frohes Wiedersehen.
        Euer alter, treuer
            Neffe Willy aus München.

Mutter ist schon jetzt in Toilettenöten wegen des Abends.

Jetzt raucht er...: Anspielung auf Wilhelm Busch: Die beiden Enten und der Frosch
Jakob: nach dem biblischen Buch Genesis (1 Mos 29) diente Jakob seinem Schwiegervater Laban zweimal sieben Jahre, um dessen Tochter Rachel zur Frau zu erhalten.
Sascha-Schneider-Bild: Sascha Schneiders Gemälde >Das Gewissen (Der Chodem)< (Abb. in Jb-KMG 1981, bei S. 321)



Klara May an Willy Einsle - Ende November 1909

Lieber Willy!

   Du bist im Irrthum der Vortrag ist nicht am 4. 12., sondern am 8n. Ob und wann wir Euch vorher sehen können, kann ich noch nicht bestimmen. Du lieber Guter schreibst so lieb. Vielleicht kann ich einmal darauf zurückkommen. Für heute viele, liebe Grüße von uns beiden

Deine alte
Tante.

Anbei eine Photographie von dem Bilde was Dir gefallen hat. Ich muß mal die Platte raussuchen und einen größeren Abzug machen. Ich habe diese Aufnahme selbst gemacht. Wenn Dir daran liegt, kann ich Dir ja eine Vergrößerung machen lassen.

Nochmals grüßt

        Tante Klara

Bildkarte: Klara May im Orientzelt im Garten der Villa Shatterhand - kein Poststempel
Keine Anschrift
Bild: das Bild Sascha Schneiders >Das Gewissen< (s. vorhergehenden Brief)


Hetty Heide mit ihren beiden Kindern 1910 (vgl. S. 74)


Willy, Adele, Julius Einsle und Olga Heumann in der Sommerfrische in Lenggries 1910 oder 1911 (mit dem Kind der Hauswirte)


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Lieber Willy!

   Es wird am besten sein, wir treffen uns im Hotel »Kaiserhof«, vielleicht um 4 Uhr Nachmittags, am 8 d. M., und trinken da gemütlich Kafé im Restaurant. Auf Onkel müssen wir verzichten. Er arbeitet bis zum Vortrag und wird kaum irgend jemand empfangen. Nach dem Vortrag bleibt Ihr bis zur Abfahrt Eures Zuges bei uns. Wir gehen nicht mit in's Casino, des Rauches und des Trinkens wegen. Wir gehen nach dem Vortrag sofort ins Hotel zurück. Am andern Tage reisen wir wieder ab. Ich hoffe, es bleibt uns Zeit zu einer Aussprache, obgleich eine solche, wie Du sie Dir wünschst, nur hier, bei uns, stattfinden kann, wo Du den Onkel allein hast. Du bist ja kein Kind mehr, wirst also über lang oder kurz einmal in der Lage sein, einen Abstecher nach Radebeul zu machen. Du wohnst dann oben, in unserem einfachen Gaststübchen. Es wird dir aber schon deshalb lieb sein, weil der gute Onkel darin lange Zeit wohnte, in einer ernsten Zeit seines Lebens.

   Hetty Heide, die lustige, liebenswürdige Gattin des Dichters Sylvester, kommt auch. Du wirst sie kennen lernen und - Dich jedenfalls sterblich in sie verlieben -. Sie ist ein reizendes Wesen und nimmt für sich ein. Ich werde Dich schon am Nachmittag mit ihr bekannt machen. Grüße Alle, die Du liebst von mir, und empfange Du zugleich mit den besten Grüßen vom Onkel diejenigen
   Deiner
        Tante Klara.

[Nachschrift Karl Mays:]

Freue mich sehr auf Euch!
   Dein alter
        Onkel May.

Kaiserhof: Hotel, in dem die Mays in Augsburg wohnten

Hetty Heide: Die Frau des Schriftstellers Hans Karl Heide (1878-1929), der seit dem Jahrgang 1907 in Kürschners Literaturkalender verzeichnet ist. Der gebürtige Dresdner schrieb unter dem Pseudonym Ewald Silvester Lyrik, Prosa und Dramen, die offenbar ohne großen Erfolg blieben. Über die Premiere seiner Komödie >Der komische Prinz< (auf sie bezieht sich wohl Klara Mays Brief Ende Januar 1909) urteilte Lion Feuchtwanger in der >Schaubühne<, (Jg. 1909, S. 454ff.): »bei aller Phrasenhaftigkeit der Tendenz, bei allen Mängeln der Technik, bei aller Hilflosigkeit der Sprache« vermochte man doch »gewisse Qualitätchen zu entdecken, wie konsequente Durchführung der Charaktere« und »folgerichtige Darstellung der Hintergründe«. Auch in den zwanziger Jahren


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erschienen von ihm mehrere Schauspiele und Romane; ab 1925 gibt Kürschners Literaturkalender seinen Wohnsitz mit >Chur, Schweiz< an. Bis zu diesem Zeitpunkt lebte er in München.



Willy Einsle an Karl May - 14.12.1909

   München, den 14. Dezember 1909

Lieber Onkel!

   Heut ist der letzte Tag, den sie mir als Schonungszeit bestimmt haben. Morgen beginnt wieder der Dienst, bloß in verschärfter Auflage. Wer weiß, ob ich vor Weihnachten noch einmal die nötige Ruhe zum Schreiben finde. Drum sollst du heut schon meinen Weihnachtsbrief bekommen. Ich weiß, Du bist der letzte, der am Datum hängt. Kann denn nicht jeder Tag zur Weihnacht werden, in der der Heiland uns geboren wird, der uns Erlösung und dem Herzen Frieden bringt?

   Nun tritt der Werktag wieder in sein Recht. Wie gerne möcht ich ihn, den Feiertag im Herzen, mit lichtem Schimmer mir verklären. Von dort her, wo die Bergeshöhen im hellen Glanz der Sonne stehen, da klang es wie auf Engelsschwingen, wie fernes, süßes Glockenklingen zu mir hernieder in die Nacht. Da hab auch ich mich aufgemacht, recht demutsvoll, im Gottvertrauen, die klaren Gipfel einst zu schauen. Und wenn auf meinem stillen Pfad das Leid der Erde sich mir naht, reich ich ihm freundlich ernst die Hand. Ich weiß, es ist von Gott gesandt. Und will nur heiß und innig beten, daß nicht die Not in mir ertöten die Sehnsucht möchte, die zur Tat, zur Wirklichkeit zu werden hat. Will kindlichfromm die Hände falten, Gott mög die Kindschaft mir erhalten, mein schwaches Herz zum Kampfe stählen, wenn mich des Alltags Sorgen quälen, und - das Entsetzlichste auf Erden - laß nie mein Herz verbittert werden. Und hab in Klarheit ich erkannt: was man so fälschlich Glück genannt, ist viel zu irdisch um allein des Erdenlebens Ziel zu sein, so wird es mir vielleicht gelingen in hartem Kampf zur Ruh zu bringen mein Herz, das gar so irdisch schlägt. Es möcht mich halt dazu bewegen, stets nur mein liebes Ich zu pflegen. Doch weil ich nun erwachsen bin, nicht länger an der Nase hin laß ich mich führen, wies ihm gefällt. Nun heißts: auf eigne Kraft gestellt. Was ich vertändelt und vertan in urbehaglichem Schlendrian, will stumm ich büßen. In heißem Bemühn will ich zum »Märd« mich still erziehn und wenn ich einst was Rechtes kann, wenn ich mich selbst in Zucht gewann, wohin mich Gott auch stellen mag, wie will ich schaffen wohl Tag für Tag, will nichts als Liebe, Liebe geben; ein Dankgebet mein ganzes Leben. Dann wird es


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wohl auch einst geschehn, daß mir beim letzten Schlafengehn, wenn sich die Blätter herbstlich färben, treu eine liebe Hand im Sterben die müden Augen schlösse zu. Ich will, mein Gott, allein wie Du, ich leb und sterb in Deinem Namen, ich hab nur Dich, verlaß mich niemals Amen.

   Herrgott, was hab ich jetzt da gemacht. Während ich mir einbilde das alles bloß zu denken, hab ich es wirklich hergeschrieben. Nun schäm ich mich. Wenn ich auch nicht glaube, daß du mich auslachst, so ist es doch möglich, daß Du meinst, ich wolle recht salbungsvoll tun. Und nichts ist mir ferner. Onkel, glaub mir, sicher, ich wollt das alles gar nicht schreiben. Freilich auf irgend eine Art hätte ich schon sagen müssen, wie es in meinem Herzen ausschaut und weil mir zu einem neuen Brief die Zeit nimmer langt, so laß ichs halt in Gottesnamen stehn. Und wenn es auch dumm klingt, was ich geschrieben hab, mir ist es heiliger Ernst damit.

   Du guter Herzensonkel! Wer schickt Dich mir wohl grad immer dann, wenn die Wellen beinahe über mir zusammenschlagen und wenn ich Dich am notwendigsten brauche? Damals, als ich in meinem Hyperlyrizismus fast erstickt wäre, da hast Du mich rasch herausgerissen und Dein »Landgraf, werde hart!« hat mich gerettet. Als ich mitten drin stecken geblieben war in den Dogmen meiner Naturwissenschaften und nicht mehr aus und ein wußte, da hast Du mir im Sommer den Blick geweitet und mich aus der Nacht meiner Engherzigkeit hinaus geführt in den lichten klaren Morgen froher Gotteserkenntnis. Und jetzt, wo ich im Leid gefangen lag und im finsteren Egoismus nur mein Leid und mein Unglück sah, wer gab mir wohl durch Deinen Mund das Märchen von Sitara auf? Onkel, das hat mich gepackt so tief, so tief. Das läßt mich niemals wieder los. Nun weiß ich, daß der Egoismus zu fallen hat und ich kenne auch meinen Weg.

   Doch was hilft mir alle meine Wissenschaft und alle meine Erkenntnis, wenn die Kraft fehlt, sie in die frohe freudige Tat umzusetzen. Der Tage sind so viele und jeder sucht mit neuer List der Seele Starkmut zu erschüttern. Drum will ich Gott vertrauensvoll um Stärke bitten, dann wirds schon gehn. Und weil ich sonst niemand, niemand hab, an den ich mich wenden könnte, so bitte ich Euch beide recht innig, denkt auch Ihr meiner, wenn Ihr betet. Und denkt nicht, daß ich so bin, wie ich mich äußerlich gebe - weil ich nicht anders kann -, sondern ich bin so wie ich schreibe. Wenn ich mich übrigens so geben könnte, wie ich denke, besonders wie ich fühle, ich glaube das würde ein großes Gelächter geben und ich würde wohl mitlachen. So aber ist es mir gleich, was die Leute von mir denken. Dabei ist mir selbstverständlich jede Bitterkeit


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fern. Ich gehe meinen Weg und lasse jeden andern den seinen gehn, bin aber so frei für mich die gleiche Toleranz zu beanspruchen. Ich habe große Freude an der Musik, der Literatur, an Bildern und Skulpturen. Im Grunde bin ich heiter veranlagt, wenn auch meine bedeutende Schwerfälligkeit mich leicht aus dem Gleichgewicht bringen kann. Am wohlsten fühl ich mich im Wald oder auf irgend einem Berggipfel, nur habe ich dann für die Gattung homo sapiens genannt nicht viel übrig. Tiere mag ich alle - und wenn es manchmal auch bloß aus Mitleid ist, weil sie sonst niemand mag. Flöhe, Wanzen, Schwaben, Russen, Kellerasseln aber vertilge ich, wo ich sie finde. An tote Gegenstände, die für mich Erinnerungswert haben, kann ich mein ganzes Herz hängen. Mein Bildersammeln finde ich ästhetischer und geschmackvoller als Briefmarken- Schmetterlings- und Käfersammlungen. Im Frühjahr will ich mir am Fensterbrett einen großen Rosengarten anlegen. In meinem Zimmer bin ich Alleinherrscher und Alleinbesitzer aller Herrlichkeiten, die es da gibt. Niemand darf mir - bei Gefahr seines Lebens - da hineinpfuschen. Doch habe ich meine geistige Machtherrschaft auch auf mein Nachbarreich ausgedehnt. Das ist das Wohnzimmer. Überhaupt suche ich möglichst die ganze Wohnung mit meinem seelischen Atemzug zu durchwehen und zu vergeistigen.

   Mit solchen Grundsätzen läßt sich schon leben. Nicht? Aber, aber - eines fehlt, der Ernst, die Konzentration, die Fähigkeit, einen Gegenstand zu erfassen und es in ihm zur möglichsten Vollendung zu bringen. Drum hab ich diesmal auf den Weihnachtszettel an erster Stelle geschrieben: »Liebes Christkind, bring mir, bitte, den Ernst des Lebens, weil ich ihn brauche!« Wenn es meinen Wunsch nicht erfüllt, dann glaub ich einfach nicht mehr ans Christkind und an den Weihnachtsmann auch nicht.

   Onkel, es ging am Schluß so rasch. Hast Du mich verstanden, warum ich Dich bat in das Buch etwas hineinzuschreiben, das ich dem Gustl Berger geben will? Du kennst ihn übrigens. Er ist mit auf der zweiten Photographie drauf, die Du von mir bekamst. (In meiner Bescheidenheit bat ich Dich bloß um den Namen.) Es geschah nicht in der Absicht mit Deinem Namen zu prunken, sicher nicht. Nein, ich dachte so: Ich fühlte mich Deiner Liebe so unwert und muß oft an alle die denken, die so gern an meiner Stelle wären und es eher verdienten. Von Gustl wußte ich nun, wie sehr er Dich verehrt u. wie sehr ihn ein paar Worte von Dir freuen würden. Und er ist es wert. Ich bin der Gescheitere. Er ist der viel viel Bessere. Ich sage das nicht um bescheiden zu erscheinen, sondern es ist meine Überzeugung. Dazu kommt, daß er ein armer Mensch ist, der bald seine Mutter verloren hat und sich mit seinem


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Vater nicht versteht. (Das Charakteristikum der modernen Jugend.) Da wollte ich, daß Du ihm werden solltest, was so ein junger Mensch braucht im Leben, die ethische Stütze in allen Gefahren. Und weil ich wußte, wie gern Du hilfst, drum bat ich Dich. Bist Du mir bös?

   Nie will ich zu den Lesern gehören, die Euch mit Zumutungen und Liebesbeweisen quälen. Onkel, ich weiß, welches Opfer es Dir war zu uns zu kommen. Ich hoffe so sehnlichst, daß es nichts Ernsthafteres war sondern nur eine momentane Erkältung. Wie will ich zu Gott beten, daß er Dich noch recht lange frisch und gesund erhält, Dich und die liebe, liebe Tante. Ich bitte Euch dringend, daß Ihr immer ehrlich sagt, was Euch angenehm ist und was nicht. Denn dann darf ich auch ehrlich sein. Und so mache ich gleich von unserm Vertrag Gebrauch und frage an, ob Ihr mich an Ostern brauchen könnt. Ich habe für meinen nächsten Besuch schon 100 M. zusammengespart. Es geht mir genau wie Sascha Schneider, wenn ichs auch nicht so drastisch ausdrücke. Ich hab hie und da das Gefühl, raus aus diesem Alltagsgetriebe, entweder in die höchste Bergeseinsamkeit oder wenn es dort zu einsam ist, noch höher hinauf, zu Menschen, welche Dich verstehen, weil sie eben auch nur Menschen sein wollen, und die Dir helfen im Walde von Kulub den Weg zu finden - Und das ist bloß beim Onkel und bei der Tante. Und dann haben sie ein Bild, das man nur immer anschauen muß und dann sind dort zwei kleine weiße Geschöpfe, die man einfach lieb haben muß. Also ich lade mich hiemit und heut schon auf einen oder zwei Tage freundlichst ein, erwarte aber nötigenfalls die offene Rückantwort: »Bedaure, bereits vergeben« oder »Bedaure, da und da mit zu großer Störung verbunden.« oder »Bedaure, leider selbst verreist« oder »Bedaure, durchaus nicht dazu aufgelegt« oder sonst etwas.

   Ich wünsche von ganzem Herzen, daß Ihr den Weihnachtsabend recht froh verbringen möget, so froh wie Ihr Lieben, Guten es verdient.

   Es ist sehr leicht möglich, daß ich am Weihnachtsabend Posten stehen muß. Da hab ich dann Zeit, einmal recht gründlich über mich nachzudenken. Vielleicht finde ich da auch Zeit, an Euch zu denken, meint Ihr nicht?

   Erschreckt nicht allzusehr, wenn Ihr diese - lange Litanei zu sehen bekommt und wappnet Euch mit christlicher Geduld.

   Nochmals recht frohe, frohe Weihnacht! In treuer Dankbarkeit

        Euer alter Neffe Willy
            aus München.
Meine Eltern grüßen vielmals.


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Märchen von Sitara: Mays Augsburger Vortrag am 8.12.1909 trug den Titel: >Sitara, das Land der Menschheitsseele< (Ein orientalisches Märchen). Von diesem Vortrag existiert eine mit eingeklebten Bildern geschmückte Nachschrift Willy Einsles.
Bildersammeln: Willy E. hat sein Leben lang Bilder ausgeschnitten, wo immer er sie herbekam (aus Illustrierten, Kunstzeitschriften usw.) und daraus wunderschöne bebilderte, mit Texten und eigenen Gedichten ergänzte Alben für seine Freunde und die Familienmitglieder geklebt - seine ganz persönliche Art, mit viel Mühe ganz persönliche Weihnachtsgeschenke zu machen (Anm. Dr. Gertrud Mehringer-Einsle)
Zu uns zu kommen: Klara May schreibt in Ihrem Tagebuch: »Im Hotel häuften sich die Besuche. Wir hatten nur Einsles und Hetty Heide noch schnell besucht, dann reisten wir schleunigst ab ...«



Willy Einsle an Klara May - 22.12.1909

22. XII. 09

Liebste Tante!

   So allmählich bekomme ich eine leise Vorstellung davon, was es heißt ein berühmter Schriftsteller zu sein und all den dummen Jungens zur Kotbewerfung preisgegeben zu sein. Sie wollen ihn zwingen auch wieder mit Kot zu werfen, edlere Waffen kennen sie ja nicht - Pfui Teufel! Verzeih meinen Grimm, aber es muß heraus, sonst platze ich. Soeben von der Kaserne heimgekommen, zeigt mir Mama die bewußte Nummer der Augsb. Abendzt. vom 21. XII.

   Zuerst hab ich nicht gewußt, soll ich mich ärgern oder bloß recht herzlich lachen. Aber gegen Schluß zu wurde mir gar nicht lächerlich zu Mute. »Das Volk steht auf«, nämlich das von Augsburg, und verlangt den gerichtlichen Nachweis, daß Karl May kein Räuberhauptmann gewesen sei, er sei das ihnen schuldig. Tante, verzeih, aber ich kann nicht umhin, nochmals »Pfui Teufel!« zu sagen.

   Euer Weihnachten wird es Euch beiden Lieben, Guten ja wohl nicht verderben können, da seid Ihr über all den Schmutz ja viel zu erhaben, aber ärgern tut man sich schließlich doch. Und ich glaube, unser guter guter Onkel hätte es sich reichlich verdient, daß sie ihn endlich einmal in Frieden ließen. Über den »Bund« ist mir jedes Wort zu gut. Ich ahne die Quelle, aus der er schöpft. Tante, die Prügelstrafe muß wieder her, selbst auf die Gefahr hin, daß ich auch mal was abkriegen sollte, das ist mein Ernst. Der Karneval scheint ihnen heuer zu kurz zu sein, da wollen sie sich jetzt schon auf ihre Art belustigen. Aber meinen Onkel sollen sie in Ruh lassen, es gibt genug Schriftsteller, die froh sind einmal


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öffentlich - wenn auch auf diese Art - genannt zu werden. Wenn ich zuschlagen könnt und dürft, das sollt mir ein Weihnachtsvergnügen sein.

   Droop hat in seiner Mayschrift vieles Ungeschickte und Falsche geschrieben, eins aber möcht ich unterstreichen. Seite 101:

   »Wohl ihm, wenn er die heiligsten Schätze seines Inneren nicht vor die Säue geworfen!« Christus nannte das Kind beim rechten Namen.

   Tante und nun laß mich einmal auf ein paar Augenblicke Karl May sein, es muß heraus und deshalb schreibe ich es, nicht, weil ich dem Onkel was dreinreden möchte.

   Also 1.) ich schreibe nie in konfessionell oder politisch bestimmte gefärbte Blätter, wenn ich nicht ebenso konfessionell oder politisch engherzig denke. Alle Gegner des Blattes hab ich zu persönlichen Gegnern und dem Blatt nütze ich bloß wenn ich ihm als Waffe diene u. das tue ich nicht. Also wird es mit mir auch mehr unzufrieden als zufrieden sein. Ich traue dem Redakteur der Augsb. Postzeitung ebensowenig wie den andern zu, daß es ihnen bloß um den »Menschen May« zu tun ist, dem sie in selbstloser Weise die Hilfe ihres Blattes widmen. Für die »Ultramontanen« handelt es sich darum in Karl May einen »katholischen« (d. h. in ihrem Sinne ultramontanen) Schriftsteller zu gewinnen, weil sie daran gewiß keinen Überfluß haben. Wenn sie nicht schleunigst zugreifen, so könnten ihnen die Protestanten zuvorkommen. So denken sie und so denkt man hier über die Annäherung Karl Mays u. der kathol. Presse in Bayern. Ferner hat man es in München übel genommen (auch von Augsburgern mußte ich es hören), daß Karl May niemand fand als den gewiß herzensguten, aber gesellschaftlich ziemlich unbedeutenden kath. Verein »Laetitia«. Natürlich, wenn er nur katholisch war. Tante, es muß raus, denn grad ich möchte so gern, so gern, daß Onkel grad in »freier denkenden« christlichen Kreisen so angesehen ist, wie er es verdient.

   2.) würde ich, wenn ich Karl May wäre, aus denselben Gründen nie einen öffentlichen Vortrag halten. Ich habe gebangt und gesorgt, ob nicht der Augsburger Vortrag zu Hetzereien vonseiten der Feinde Anlaß biete. Und wenn gar nichts da wäre, dann lassen sie ihre Erdichtungen los, denn gehetzt muß sein. Onkel soll sich den Münchener Vortrag doch ja überlegen. Daß ich ihn so gern, so gern hier haben wollte, - nein, darüber brauch ich doch nicht zu reden.

   Wenn ich der Onkel wäre, so bliebe ich in meiner Villa »Shatterhand«, ließe mir von der guten Tante Kafe kochen und schriebe liebe, lichte Bücher - nicht für anscheinend spezialisiert katholische oder sonst klassifizierte Menschen, sondern Bücher für gute Menschen u.


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solche, die es werden wollen, und alle Sachen müßten bloß bei meinem besonderen Verleger erscheinen. Zum Alltag stiege ich gar nicht mehr herunter, indem ich ihm Vorträge hielte oder für seine Zeitungen schriebe. Denn sonst laufe ich in Gefahr von ihm mit Kot beworfen zu werden und muß wieder werfen, weil sie vor einer anderen höheren Art der Gegenwehr keine Achtung haben.

   Tante, ich kann nicht anders, ich glaube, Onkel hat vielleicht manchem, der ihn noch nicht recht kannte, dadurch ein Vorurteil eingegeben, daß er von katholischer, das heißt hier eben leider ultramontaner Seite als der ihrige wieder wie früher schon ausgegeben wird. - Bis zu dem Augenblick, wo Onkel ihnen wie damals zeigt, daß er seinen eigenen Weg gehe und nicht Parteiinteressen dienen wolle. Dann hat er wie damals das ganze Gelichter am Hals und das könnte er sich ersparen. Für mich ist Karl May wie eine reine, lautere Quelle mitten im tiefen unberührten Wald, zu der man still und andachtsvoll nur kommen dürfe, weil jeder Alltagslärm sie nur entweiht. Und all die Menschen, die »guten Willens sind,« und die den Weg dorthin gesucht, das - und nur das ist die Maygemeinde, von der Viele reden ohne zu wissen, wo sie zu suchen ist. Nicht im katholischen, nicht in einem sonstigen Heereslager, wohl aber überall, wo ein Herz »menschlich« zu fühlen wagt.

   So heilig ist mir mein Karl May, seine Schriften sind mir, als spräche aus ihnen der Herrgott selber mit mir und ich mit ihm und da laß ich nichts Fremdes dazwischentreten und drum würd ich diesen meinen Karl May so herzlich gern vor allen niedrigen Schmähungen bewahren, weil sie mir aus diesem Grund ja gradso weh tun müssen, als wären sie mir gemacht.

   Liebste Tante, nun sei mir halt bitte, bitte nicht bös, aber es mußte vom Herzen runter. Für Onkel ist dieser Brief natürlich nicht gemeint. Mein Weihnachtsbrief war für ihn bestimmt, diesen aber richte ich nur an Dich. Einerseits weil ich mich über die Augsburger Abendzt. tüchtig geärgert habe. Und dann muß es allemal heraus, sonst hab ich keine Ruh. Ja wenn sie nicht Regierungsblatt und führendes ultramontanes Organ wäre. In Bayern ist sie viel angesehener als die Münchener Neuesten Nachrichten, von der Augsb. Postzt., ganz zu schweigen und gilt vor allem als viel vornehmer. Ich spreche nicht meine Ansicht aus - mir stehen alle Zeitungen und politischen Strömungen fern - sondern die allgemein in Bayern herrschende. Und zweitens sollst nur Du ihn bekommen, weil ich dem Onkel nur das mitteilen will, was ihm Freude machen kann. In der Absicht, ihn beantwortet zu sehen, ist dieser Brief keinen Augenblick begonnen und vollendet worden. Ich schrieb wie ich grad dachte und um meinen Ärger los zu werden. Und - um Euch


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zu sagen, daß Ihr Euch in Eure Weihnachtsstimmung auch nicht den leisesten Schatten werfen lassen dürft, wir alle, alle, die wir zur Maygemeinde gehören, wir haben Euch ja so lieb, so lieb und dürfen verlangen, daß Ihr an Weihnachten mehr an uns als an die Zeitungsschmierer denkt. So das wäre getan.

   Es grüßt Euch beide recht von Herzen,
        Euer alter treuer Willy
            aus München.
Meine Eltern sind ebenso »aus dem Häusl« wie ich.
Sie grüßen vielmals.

Räuberhauptmann: vgl. [Rudolf Lebius:] Hinter die Kulissen. In: Der Bund. 19.12.1909. In: Jb-KMG 1980, S. 143-47. Zu den Prozessen gegen Lebius und Krügel in dieser Angelegenheit siehe: Gerhard Klußmeier: Die Gerichtsakten zu den Prozessen Karl Mays im Staatsarchiv Dresden. Mit einer juristischen Nachbemerkung von Claus Roxin (I/II. In: Jahrbücher der KMG 1980/1981, S. 137-174 bzw. 262-299).
Augsburger Abendzeitung: »Karl May - Räuberhauptmann«. In: Augsburger Abendzeitung, 21.12.1909, Nr. 354
Droop: Dr. Adolf Droop verfaßte die erste wissenschaftlich fundierte Darstellung von Mays Werk: Karl May. Eine Analyse seiner Reiseerzählungen. Cöln-Weiden 1909
Redakteur der Augsburger Postzeitung: Hans Rost



Klara May an Willy Einsle - undatiert, wohl Ende Dez. 1909

Lieber Willy!

   Besten Dank für Deine beiden Briefe. Du magst Recht haben. Vielleicht macht's mein lieber, guter Herzensmann auch so.

   Menschen, die abseits vom betretenen Wege wandeln, müssen sich ja viel gefallen lassen. Mir scheint's aber, diesmal war's zu viel. Nun haben wir wieder einen Prozeß. Es stammt Alles aus der einen, alten, unreinen Quelle. Die Spitzbuben sollten jetzt zahlen; das wollen sie nicht; da wird Karl May kaput gemacht. Sie werden sich aber irren, grad wie schon früher auch. Die Klage ist eingeleitet, und sie werden ihren Schwindel beweisen müssen. Ja, aber was haben wir davon? Zu dem jetzigen Scandal die aufregenden Prozesse und dann, wenn diese Bande bestraft ist, wer kennt sie?

   Doch genug davon. Es war ein schönes Kapitel »edlen« Menschentums. Das einzig Erfreuliche daran ist die Liebe der treuen Freunde.


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   Bitte, grüße Deine lieben Eltern und Dein Schwesterchen vielmals. Alles Liebe und Gute ihnen Allen und Dir zum neuen Jahre von uns beiden.

Deine Tante
Klara.

Prozeß: Lebius hatte May einen >geborenen Verbrecher< (siehe dazu auch die Anm. zum Brief Karl Mays von Anfang 1912) genannt. May klagte am 17.12. in Berlin-Charlottenburg. Vgl. Hans Wollschläger: Karl May. Grundriß eines gebrochenen Lebens. Zürich 1976, S. 169.
Schwesterchen: Olga Heumann, Willy Einsles spätere Frau



Adele Einsle an Karl May - 23.2.1910

München, d. 23./II 1910

Sehr geehrter, lieber Herr Doktor!

   Mein gelbsüchtiger und wegen »Genickstarrebazillenverdächtigkeit« einstweilen vom Militär beurlaubter Sohn, scheint mit seinem Schreiben vor Abends nicht fertig zu werden. Die Blumen sollen aber frisch zur Bahn, - wenigstens da »frisch« - so erlauben Sie daß ich in unser aller Namen unsere innigsten, herzlichsten Glückwünsche zum Geburtstage mitsende. Möchte Ihnen das neue Lebensjahr mehr von der wohlverdienten Freude und Ruhe bringen als die letzten Monate des Alten! Es kann freilich der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt, aber wenn Viele denken wie wir, so muß das ekelhafte Gekläff dieser - ich will sagen »Bande« statt ... doch bald wieder aufhören. Das wollen Priester der Religion der Liebe sein! Welcher Mensch, und wär's der Höchste und Beste, hätte nie in seinem Leben einen Fehler begangen? Seit wann muß ein Schriftsteller ein Heiliger sein. Was gehen diese Pfaffen Ihre Familienverhältnisse an? Welcher Protestant kann nur eine rechtmäßige Frau haben? Wir kennen diesen Pater Dr. Expedit Schmidt, - er ist so vorsichtig keine Streiche zu machen, aber als Geistlichen und Pater nimmt ihn hier niemand ernst. Er ist Sachse, kam auf der Walze nach Landshut und konvertierte dort »aus Not« und sprang bei den Franziskanern ein, um der lieben Versorgung willen. Ein gescheiter Kopf ist er, aber ein Filou. Der schreiende Held Ansgar wird wohl was Ähnliches sein.

   Doch genug von der Meute, sie sinds nicht wert Ihren Geburtstag zu verderben! - Wie gehts der lieben Frau Doktor? Wenn wir nur nicht so weit auseinander wären, wie gerne hätte ich meine schwachen Kräfte


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zur Verfügung gestellt ihr dieses oder jenes abzunehmen von Last und Arbeit! Grüßen und küßen Sie sie von mir und Ihnen lieber verehrter Herr Doktor (auch wenn er aus Amerika wäre) wiederholt die herzlichsten Grüße und Wünsche!

Stets Ihre Adele Einsle.

Expedit[us] Schmidt: vgl. Karl May: Mein Leben und Streben. Freiburg o.J. (1910), S. 294; Reprint Hildesheim-New York 1975. Hrsg. von Hainer Plaul. Anm. 363, S. 489*.
Ansgar: Pater Ansgar Pöllmann; Pöllmann griff May in seiner Artikelserie >Ein Abenteurer und sein Werk< in >Über den Wassern< (Jan. -Mai 1910) heftig an. Vgl. Jb-KMG 1976. Hamburg 1976, S. 230-273.



Willy Einsle an Karl May - 23.2.1910

München, den 23.II.10

Lieber Onkel!

   Ein hochwohllöbliches Garnisonslazareth hat es verstanden, mich grad in die richtige Gratulationsstimmung zu versetzen. Die ganze Welt könnt ich zusammenschlagen, das Militär und Deine »edlen« Feinde nicht zum wenigsten. Zuerst einen Monat lang Gelbsucht. Dann vom 17. Januar ab als genickstarreverdächtig, das heißt als Kockenträger, sonst aber totalgesund auf drei Wochen in einer wind- und regendurchlässigen Leinwandbaracke isoliert unter direkt afrikanischen Zu- und Umständen. Heut am 23.II. endlich darf ich als unverdächtig zur Truppe zurück. Natürlich aber hab ich mich, bevor ich aus der Baracke kam, einer fürsorglichen Lazarethbehandlung entsprechend tüchtig verkältet und heut seh ich zu meiner Wonne, daß ich einen Rückfall in die Gelbsucht zu verzeichnen habe. Vom Dienstmachen ist vorderhand keine Rede. Dabei möcht ich am 1. April als Gefreiter entlassen werden.

   Ich schreibe das alles nur, um meine Zustimmung einigermaßen zu entschuldigen. Meine Karte aus dem Lazareth habt Ihr jedenfalls, wie ich stark befürchte, gar nicht bekommen.

   Also die Hauptsache: Du lieber, guter Onkel, alles Gute wünsch ich Dir zum Geburtstage, von ganzem, ganzem, Herzen. Ich weiß, Du bist mein Onkel und läßt Dir nicht von all dem Tratsch und der Gehässigkeit die Freude und den Festtag verderben. Mein Grundsatz ist: Mögen sies noch so dreist und borniert treiben, der Neffe gehört zum Onkel und zur Tante. Das ist doch bloß natürlich. Nicht?


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   Mama wartet draußen, weil sie die Blumen abschicken will. Alle Augenblicke ruft sie herein, ob ich noch nicht fertig bin. Weil ich also jetzt doch nicht mehr zu einer rechten Ruh komm, verspare ich mir alle Details aufs nächste Mal. Onkel, ich bin in einer ganz kuriosen Situation. Mir ist nämlich grad so zumut, als läg ich irgendwo im hohen Gras unter einem schattigen Baum und träumte und könnte absolut nicht aufwachen und unterdessen treibt irgend so ein hergelaufener Kerl in meiner Gestalt allerhand Allotria und alles, was ich tu u. rede, tu und red nicht ich, sondern er. Zu verrückt. Eines aber weiß ich:

In Sternennächten, wo kein Laut sich regt
Kein Lufthauch rings das dunkle Laub bewegt,
Die Berge still, in andachtsvollem Schweigen,
Als ob ein Gotteswunder kommen müßt,
- Vom Silberstrahl des Mondes leis geküßt -
In Demut ihre Felsenhäupter neigen,

            *

In solchen Nächten, wo am Himmelszelt
Wie Boten einer ungeahnten Welt
In Klarheit, unnahbar, die Sterne strahlen,
Hoch über Menschenlust und Menschenleid,
Unendlich fern von jedem Erdenneid,
Erhaben über all des Herzens Qualen,

            *

Da steigt ein Sehnen heiß in mir empor,
Wie Kinderweinen fern vom Heimattor;
Mir ist, als müßt ich wieder beten gehen -
Und fänd dahin ich nur den Weg zurück;
Hoch über Lust und Leid - dort wohnt das Glück! -
- Laß bald dies Gnadenwunder, Gott geschehen!

   Onkel, Tante, denkt an mich!! Ein vortreffliches Buch hab ich entdeckt: Trine, Charakterbildung durch Gedankenkräfte. In den Himmelsgedanken les ich von Tag zu Tag lieber.

   Zum Schluß nochmals alles Liebe und Gute, Du lieber, lieber Onkel! Deine Werke sind die beste Erwiderung auf all die gehässigen Wühlereien Deiner Feinde.

    Mit den herzlichsten Grüßen Euch beiden
        Immer Euer
            alter treuer Neffe
                Willy aus M.

Trine: Talph Waldo Trine (1866-1958), Populärphilosoph, von dem Klara May 1919 fälschlich behauptete, Karl May habe ihr »den Letzteren (= Trine) zu lesen« verboten, um ihren Glauben nicht zu gefährden. Vgl. Klara May: Die Lieblingsschriftsteller Karl Mays. Mit Anmerkungen von Hans Wollschläger. In: Jb-KMG 1970. Hamburg 1970, S. 149-155 (S. 152 und Anm. 13).


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Willy Einsle an Karl May - 1.3.1910

München, den 1. März 1910
Abends

Lieber Onkel!

   Ob ich diesen Brief abschicke, weiß ich noch nicht. Aber schreiben muß ich ihn. Sonst werd ich noch reif für eine Narrenanstalt. Vielleicht ist auch meine Gelbsucht mit beteiligt. Ich weiß es nicht. Jetzt bin ich nimmer weit von dem Punkt entfernt, daß ich mich gar nimmer auskenn. Daß Deszendenzlehre und Christentum (dogmatisches), Katholizismus als Idealgebilde und wie er wirklich existiert, und ähnliche liebliche Widersprüche in mir ihr Rendenzvous abhalten und sich dort lustig abraufen, ist ja schließlich nicht so schlimm. Denn das eine wenigstens hab ich von Dir bereits gelernt: Die Klarheit kommt mit dem Alter und die praktische Tat ist mehr wert als die abgeklärteste Theorie.

   Aber daß ich nie, nie wissen soll, was es heißt, bei Vater und Mutter verstehende Liebe zu finden, das kann ich nicht fassen. Sie tun mir, was sie mir von den Augen ablesen können. Aber statt in mir frohe Dankbarkeit zu erwecken, bedrückt es mich, weil ich nicht fähig dazu bin, gegen sie die wahre, echte kindliche Pietät zu empfinden. Wenn seelische Bande einmal zerrissen sind, können sie halt nie mehr zusammengeknüpft werden. Onkel, Du kannst mir keine ärgeren Vorwürfe machen, als ich es selbst schon bei mir tue.

   Dazu kommt, daß nun das Ziel, für das ich so gern und freudig schaffen und arbeiten wollte: Ein kleines Häusl mit einem kleinen Rosengärtl, so ein richtiges Märchenreich mit meiner Olly als Märchenkönigin, so ziemlich im Anfangsstadium bereits in Luft und Nebel zerronnen ist.

   Doch das sind alles Dinge, die jedem Menschenkind passieren können, die ja als unangenehm gelten, an denen man aber schließlich noch nicht zugrunde zu gehen braucht.

   Aber, daß man so gar niemand hat, grad jetzt, wo einem so weh ums Herz ist, dem man das Herz ausschütten könnte ohne in den Verdacht kindischer Rührseligkeit und weltschmerzlicher Überhebung zu kommen, Onkel, das ist entsetzlich.

   Am Tag gehts ja, da kann man sich zusammennehmen, aber nachts, wenn man so allein ist - Herrgott, manchmal mein ich, ich müßt verrückt werden. Einen wüßt ich ja schon, der einen verstehen könnt und auch nicht auslachen tät. Meinst nicht, Onkel?

   Aber der sitzt in seinem Arbeitszimmer und hat grad den Kopf voll


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viel wichtigeren Dingen und dem machen sie das Leben selber grad schwer genug. Ach Onkel, wenn der helfen könnt! Und wenn er mir nur gründlich den Kopf waschen tät, was ich scheinbar sehr nötig habe! Eine Menschenseele, die mir jetzt, grad jetzt, den Weg zeigen könnt, der aus den Strudeln und Stromschnellen heraus in ruhigeres Fahrwasser führte. Onkel, beten wollt ich für ihn, solang ich leb.

   Folgendes hat mir schließlich den Rest gegeben. Wir sitzen abends daheim gemütlich beisammen, die Eltern, meine Freundin, ihr Bruder und ich. Da erzählt Mama von einer Mutter dreier Töchter, die große Stücke auf mich hält und dies in dem Satze zum Ausdruck brachte, jedes ihrer Mädeln ließe sie ohne Mißtrauen ganz allein überall hin von mir begleiten. Nun gings los. Das sei ein sehr zweideutiges Lob und es müßte schon fad sein alleweil von jungen Mädels so onkelhaft behandelt zu werden. u.s.w. Zum Schlusse stand ich halt da als der ausgemachte Trottel und Idiot. Doppelt peinlich war mirs in Ollys Anwesenheit. Die hat natürlich für mich Partei ergriffen.

   Was andere Leute sagen - Ihr beide und Olly ausgenommen - hat mich ja noch nie weiter berührt, aber hier bin ich doch stutzig geworden.

   Weil es mir zuwider ist herumzuflirten und herumzupoussieren, weil mir das Verbringen der studentischen Flegeljahre in der bewußten Kellnerinnen- und Ladenmädelsphäre ekelhaft ist, bin ich deshalb ein Idiot? Ich habe meine Portion Sinnlichkeit zugeteilt bekommen, so gut wie jeder andere auch, aber wenn ich sie auch nicht als von der Hölle stammend und als mit Rutenschlägen, Fasten und Kasteien auszutreiben betrachte, so sehe ich auch nicht ein, warum wir ihr erlauben sollen die Herrin zu spielen, die als oberstes Gesetz die Auslebetheorie verkündet. Bin ich deshalb ein Idiot? Vor Prüderie werd ich mich gewaltig hüten, auch hab ich grad in diesem Punkt noch jeden seiner Fasson selig werden lassen. Wenn ich mir ein bischen Mühe geb, hab ich sofort ein Verhältnis. Wenn ich aber Vaters Geldbeutel schone, warum spottet er da? Der Typus des Weibes ist für mich: gesunde, normale Sinnlichkeit, seelische Überlegenheit, Mütterlichkeit, aus der heraus all der praktische, tatkräftige Sinn, das Gefühl für den rechten Augenblick und die Stärke im Leiden entspringen, die die Frau hoch über den Mann erheben. Ich bemühe mich, überall diese Eigenschaften herauszufinden, und wenn mir deshalb das junge Mädchen zu gut zum Flirten ist, hat meine Mutter ein Recht mir mein »onkelhaftes« Auftreten vorzuwerfen?

   An jenem Abend bin ich die halbe Nacht herumgerannt, so aufgeregt war ich. Wenn ich wüßte, daß ich in Ollys Augen ebenfalls in so lieblichem Bilde daständ, ich wüßt nimmer, was ich tät.


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   Dich, lieber Onkel, bitt ich recht herzlich, mir zu schreiben, ob ich Recht hab oder nicht. Fast bin ich am Ende meiner Weisheit angelangt.

   Nachdem ich das vom Herzen herunter hab, bin ich wieder etwas ruhiger. Manchmal möcht ich grad auf und davon, wos recht wild zugeht, in die Kolonien oder sonst wo hin. Mit Amerika ists nix, da tät ich in den ersten Tagen schon verhungern. Ach Onkel, es ist halt ein Kreuz mit so einem Neffen. Halefs Nilpferdpeitsche wär vielleicht auch nicht schlecht. Wenn Dus moralisch vielleicht als zweckentsprechend ansiehst, alle, alle Onkelrechte seien Dir hiemit feierlich zugestanden. »So viel Geschrei, wirst Du Dir denken, weil einer einmal ernsthaft seinen Kopf an einen Baum gestoßen hat! Das passiert andern auch und solche Bäume gibts mehr!« Du hast ja so Recht, aber trotzdem, bitte, bitte, Du lieber Onkel, hilf Deinem Neffen, der sonst niemand außer Dir hat. Daß es mir leichter wird, den Kopf hochzubehalten.

Dein Dir immer dankbarer Neffe Willy.

Deszendenzlehre: Die Lehre von der Entwicklung der Arten durch Evolution. Sie wurde um 1900 von der katholischen Kirche scharf abgelehnt, die am biblischen Schöpfungsbericht, d. h. am einmaligen Schöpfungsakt für alle Lebewesen festhielt.
Mutter dreier Töchter: Es handelt sich um >die Generalin Usselmann< und ihre drei Töchter Edith, Erla und Gretl - eine Familienfreundschaft über vier Generationen. Edith Usselmann-Mieleitmer war bildhauerisch ausgebildete Malerin, die eigentliche Freundin von Olly (und Willy); sie machte und konnte alles - von Jahreskrippen bis zu hochkünstlerischen illustrierten Büchern aus den verschiedensten Sagenkreisen. Eine starke und originelle Persönlichkeit, ob ihres Humors und ihres Verständnisses auch später im Familienkreis von uns Kindern heiß geliebt. - Bei dem im Brief geschilderten Vorfall scheint Adele Einsle mit ihrer kritischen Ironie Willy (wieder einmal) zu nahe getreten zu sein! (Anm. Dr. Gertrud Mehringer-Einsle)



Hetty Heide an Adele Einsle - 1.3.1910

München, am 1.III.10.

Meine liebe gnädige Frau,

es that mir so leid, daß ich Sie gestern verfehlte; auch schreiben konnte ich abends nicht mehr, da ich in ein Konzert mußte. - Ich habe gestern früh einen Brief aus Radebeul erhalten und die niedergedrückte Stimmung, die daraus spricht, ist mir so zu Herzen gegangen, daß ich gerne gleich mit Ihnen davon gesprochen hätte. Auch Karl May schreibt ein paar Worte, die mit der lakonischen Mitteilung enden »bin krank - «, das will mir gar nicht gefallen. Wenn die ganzen Aufregungen ihm


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gesundheitlich in schlimmer Weise schaden, so kann sich der Pater Pöllmann gefaßt machen: ich werde ihn erschießen oder vergiften! Ich schaue in den nächsten Tagen wieder einmal zu Ihnen hinauf. Vielleicht treffe ich's besser. Die kleinen Blumen schickte Ihnen Hannsheinrich alias Toldi, »für die Tante Professor oder wie sie heißt« -

   Wie geht es Ihrem Herrn Sohn? Den Heinrich Wagner las ich mit Interesse, halte vieles für wenig glücklich wie es denn überhaupt ein Unding ist, Karl May's Werke in ca. 10-15 Druckseiten eingehend zu würdigen, oder gar erschöpfen zu wollen. Das schadet allemal mehr, als es nützt. Nun habe ich noch eine Mitteilung. Ich habe mir gestern aus der Leihbibliothek das »Waldröschen« holen lassen. Denken Sie sich mein Erstaunen, als ich das Buch aufschlage und auf der ersten Seite lese: »Das Waldröschen, oder die Verfolgung rund um die Erde. Enthüllungsroman über die Geheimnisse der menschlichen Gesellschaft von Karl May. - Dresden-Niedersedlitz. Druck und Verlag von H. G. Münchmeyer.« Auf der 2. Seite kommt folgendes: »Die Tochter des Granden« Roman von Karl May. I. Band des Romans »Das Waldröschen« - und dann geht es los, mit Illustrationen - aber wie! Mir sträubten sich alle Haare. Es ist ein Hintertreppenroman vielleicht nicht schlimmster aber doch schlimmer Sorte und ich würde drauf schwören, daß er gar nicht von unserm Karl May sein kann, wenn - ja wenn nicht im 15. Kapitel das Gedicht: »Die fürchterlichste Nacht«, (c. f. Winnetou, Band II. William Ohlert!!) und dann Kapitel 22. das Gedicht: »ich verkünde große Freude, die uns wiederfahren ist etc.« prangte. Also - muß es doch wohl von Karl May sein! Was sagen Sie nun dazu? Warum denn diese Bücher nicht vom Weltenrund verschwunden sind, als der Münchmeyer S‹p›ruch kam, verstehe ich nicht. Die sind mal bestimmt kein Glanzpunkt in des Autors Leben! Die ihm vorgeworfene »Unsittlichkeit« habe ich zwar darin nicht entdeckt, obwohl an »üppigen Körperformen« u.dgl. kein Mangel ist - auch ein ziemlich unmotiviertes Kind kommt einmal darin vor, das ist aber auch alles. Aber trotzdem: gefallen thut mir das Waldröschen immer weniger!

   Mit vielen Grüßen an Sie alle
        von uns allen
            Ihre ergebenste Hetty Heide


Karl May in Südtirol vor dem Rosengarten-Massiv 1911 (vgl. S. 99)


Karl May im Sommer 1911
(Postkarte Klara Mays an Familie Einsle, Poststempel 26.XII.1912)


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Willy Einsle an Klara May - 2.3.1910

München, den 2. März 1910.

Liebste Tante!

   Tante, Herr Du mein Gott, ist Onkel krank? Ich bitt Dich, so sehr ich nur kann, schreib es mir. Nur ein paar Zeilen! Ich weiß sonst nicht, was ich anfangen soll vor Angst und Sorge! Und wir stehen da, müssen alles mit ansehen und können so gar, gar nichts helfen.

   Gestern wollte ich Herrn Dr. Pater Expedit im Kloster aufsuchen, den wir persönlich kennen. Aber es hieß, er sei für die ganze Woche verreist. Diesen Pater Pöllmann könnt ich lächelnd vergiften. Aber wenn ich ihm eine Bombe ins Kloster schick, dann heißts natürlich sofort: das sieht diesem Karl May gleich!

   Lassen wir ihn leben. Er hat noch viel zu viel Gift in sich, das er vorher noch anbringen möchte.

   Daß Frau Hetty Heide den famosen Brief vom Augsburger Martin schickt, finde ich nur in der Ordnung. Sie hat sich nämlich um Euretwillen Vorwürfe gemacht. Die hab ich ihr aber ausgeredet. Ich habe ihn gelesen und ihr sofort dringend geraten Euch davon zu schreiben. Den Augsburger Herren schadet es nichts, weil sie schließlich für das Niveau, auf dem sie stehen, nichts können. Für Onkel aber ist es grad in dem jetzigen Durcheinander unbedingt nötig, daß er überall klar sieht.

   Daß Onkel über all die gehässigen Angriffe für mich erhaben ist, ist so selbstverständlich, Tante, daß ich darüber weiter gar kein Wort verliere.

   Aber nicht gleichgültig ist es mir, wenn Pöllmann ihm in der Kunst auf den Zeitungsabonnenten Eindruck zu machen über ist. So wie Pöllmann voll heiligem Eifer die Feder im hehren Streite führt, gibt es nur eine treffende Antwort: Beleidigungsklage. Will man antworten mittelst der trefflichen Einrichtung des Preßgesetzes, das die Zeitungshelden zur Annahme zwingt, dann so, daß ruhig hinter jedem Busch ein Indianer lauern darf, der dann hervorstürzt um jedes Wort einzeln zu massakrieren, skalpieren und zu vierteilen.

   Zum Beispiel das mit dem Doktortitel! An sich ja so unsagbar kindisch. Aber wenn Onkel darauf eingeht, warum nicht so, daß jeder sich auskennt, vor allem der Böswillige: Entweder, Onkel hat den amerikanischen Doktor, den er in Deutschland nicht führen darf, warum erklärt er das nicht ganz einfach, oder er ist berechtigt ihn zu führen, warum dann überhaupt ein Eingehen auf diesen Punkt und nicht einfach als Antwort die Unterschrift: »Dr. Karl May«?

Oder das mit den Wiener Hofkreisen. Es ist doch Tatsache, daß


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Onkel in diesen Kreisen ebenso wie in München in Audienz empfangen worden ist. Diese Herrschaften können doch nicht so viel Diskretion verlangen, daß man das verschweigt. Sonst kommt es schon bald so heraus, als müßten sie sich des Onkels schämen. Wenn ich aus Diskretion nicht drüber reden darf dann könnten sie mir den Buckel naufsteigen. Wenn Onkels einzige Antwort aber darin besteht: »Ich habe mich in adeligen Kreisen niemals zu Gast laden lassen«, so trägt das nicht zur Klärung bei und muß ja doch von Pöllmann als Sophistik und Haarspalterei aufgefaßt werden.

   Ebenso die Katholisiergeschichten. Katholische Tendenzen können mit gutem respektive bösem Willen verschiedentlich aus Onkels Werken herausgefischt werden. Noch viel mehr aber Anschauungen, auf deren Denuntiation hin Onkel leichtlich für den Index reif wäre. Was übrigens das einzige wohl sein dürfte, das unserm armen, lieben, guten Onkel bis jetzt noch nicht begegnet ist. Statt daß er nun erwidert: »Ich schreib, wie ich mag und wie ich denke. Ob meine Ansichten da und dort katholische id est im Sinne dieser Herren mit der Konfession sich deckende sind, geht absolut gar niemand etwas an, jedenfalls sinds meine eigenen!« Statt dessen die Entgegnung: »Er soll mir einen einzigen Menschen bringen, den ich katholisiert habe.« Das ist natürlich Wasser auf dieses Herren Mühle.

   Wenn ein Mann von der Bedeutung Karl Mays einen Vortrag hält, so ist es nicht gleichgültig, wo er es tut. Er mietet sich in Dresden, München oder Wien einen Saal, aber nicht in Augsburg im Schoße einer gesellschaftlich ganz unbedeutenden, stockkatholischen Kaufmannsgenossenschaft. Das muß ja böses Blut machen. Onkel kommt in den Verdacht aus Berechnung so zu handeln, grad weil man eben weiß, wie frei er sonst denkt. Und das tut mir so bitter weh. Onkel ist ja für mich der herrlichste Mensch, den ich so unsagbar lieb habe. Da kann es mir doch ganz und gar nicht gleich sein, wenn sie ihn wegen lauter mißverstandener und böswillig aufgebauschter Dinge mit Schmutz bewerfen. Nicht?

   Ich kann mir nicht helfen, aber ich glaub, an dem Gerücht von Onkels Katholizität sind Fehsenfelds auch nicht so ganz unschuldig. Beweisen kann ich natürlich nichts. In Augsburg wenigstens war Frau Fehsenfeld schwer zu überzeugen, daß Onkel nicht Katholik sei. Und dann, die Leute fassen eben Katholizismus streng konfessionell auf und das kann man ihnen schließlich gar nicht übel nehmen. Ich bitt Dich flehentlich, liebe, liebe Tante, Onkel soll doch ja all diesen katholischen Herren gegenüber ein nur zu berechtigtes Mißtrauen bewahren!!

   So wie die Sachen stehen, ist das einzige Mittel den Gegnern das


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Maul zu stopfen: Verklagen. Aber nicht aus lauter Edelmut und lauter Noblesse zum Vergleich es kommen lassen, sondern so, daß jeder, der solche Gemeinheiten in die Welt setzt, ein bischen zu seinem Vergnügen ins Loch spaziert.

   Hier ist Rücksichtnehmen und Edelmut gegen irgend jemand ganz am falschen Platz und rächt sich nur bitter.

   Tante, wär es denn so gar nicht möglich, daß man sich auch an diesen Zustand fortwährender Prozesse so gewöhnt, daß man sich dabei schließlich gar nimmer aufregt?? Der Mensch gewöhnt sich doch an so vieles, was man vorher für ganz unmöglich hielt.

   Ist denn kein einziger von Onkels Anwälten so edeldenkend mit seinem Namen für die Wahrheit einzustehen? Kann man denn angesichts all dieser Verwirrungen und Konfusionen keinen richterlichen Entscheid über diese vor Gericht geklärten Tatsachen mit richterlicher Unterschrift erlangen? Warum veröffentlicht Onkel denn die reichsgerichtliche Entscheidung nicht? Onkel hat den Prozeß in drei Instanzen gewonnen, da hat er doch das Recht richterlichen Schutz in Anspruch zu nehmen.

   Du lieber Gott, wenn ich nur ein bischen berühmt wäre und mit der Feder umgehen könnte!!

   Findet sich denn jetzt in der Not keine berufene Literatenfeder, die für ihn einsteht, keiner, der durch die Bekanntheit seines Namens zeigt, daß es noch Geister gibt, die über all dem Schmutz stehen. Solche Stimmen sollte Fehsenfeld sammeln und veröffentlichen, nicht wie früher ein Dutzend wohlwollende, salbungsvolle Empfehlungen deutscher Bischöfe. Natürlich, jetzt rührt sich keiner. Pfui Teufel! Mit Sächelchen wie: »Ein Besuch in Villa Shatterhand von Fräulein X oder Herrn Studiosus Y« ist nicht geholfen. Im Gegenteil, verbieten sollte man diese Art der Herzenserleichterungen. Sie schaden Onkels Ansehen mehr als sie nützen.

   Ich bin so froh, daß ich mit Frau Hetty Heide über all das, was mir das Herz so schwer macht, frei von der Leber weg reden kann. Bisher hatte ich so gar niemand, der mich hierin so ganz verstanden hätte.

   Tantchen, Deine Prophezeiung, daß ich mich in sie sterblich verlieben würde, ist zwar noch nicht ganz in Erfüllung gegangen, wohl aber verehre ich sie als Prachtfrau, die als schlagensten Beweis für ihre Verehrungswürdigkeit ihre beiden reizenden Kinder besitzt. Dem Manne, der eine solche Frau hat, dem kanns gar nie so miserabel gehen, daß er den Kopf verliert.

   Was meint Onkel dazu? Ich glaub, er kann da auch ein Liebesliedchen singen, nicht? Ein ganz besonders inniges! Der liebe Gott soll


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Dich so recht, recht segnen, Du liebe, liebe Tante! Wenn Onkel einmal wegen all den dummen Sachen recht mißmutig und grantig werden möcht, dann sag ihm einen schönen Gruß und er soll bitte dran denken, was für eine liebe Tante er zur Frau hat! Einen noch besseren Trost weiß ich wirklich nimmer.

   Du aber, Tante, wenn Du den Mut sinken läßt, dann wollen wir uns lieber gleich begraben lassen. Es krakehle, wer krakehlen mag. Kommt Euch einer zunahe, dann gebt ihm eins auf die Schnauze. Vor dem »Bergle«, auf dem das »Häusle« mit dem »Gärtle« steht, müssen sie ja doch alle, alle halt machen. Sonst kommt das Karlinchen und wirft sie in den Bach. Droben aber kocht das »Herzle« Kafe für unsern guten Doktor und da droben bei den Blumen, da vergißt es ganz darauf, daß überm Bächle drüben gefälscht und verleumdet wird.

   Tante, bist mir bös, weil ich heut so geschrieben hab, wie mirs ums Herz war? Denkt Euch halt, ein bald dreiundzwanzigjähriger aber noch entsetzlich dummer Junge hats geschrieben, der Euch halt so furchtbar lieb hat und der flennen könnt wie ein Kind, weil sie seinen Onkel so gar nicht zur Ruhe kommen lassen und der in seiner Hilflosigkeit wie ein dummer August zusehen muß ohne seinem Onkel ein richtiger Neffe sein zu können. Ich ging ja durchs Feuer, wenns was nützen tät. Das dürft Ihr mir glauben und Ihr wißt auch, daß es mir damit Ernst ist.

   Ich hab solche Angst wegen Onkels Gesundheit. Tante, geht das gar nicht: Ich hab mir 200 M zusammengespart für einen Photographenapparat. Der kann aber ruhig warten. Es läßt mir halt keine Ruh. Zwischen 2. und 15. April möcht ich nach Radebeul fahren für einen Tag, selbstverständlich für diesmal im Gasthof bleiben. Ich würde Euch auch gar nicht stören. Nur sehen wollt ich Euch auf ein halbes Stündel. Sicher, sicher nicht länger. Eine Minute drüber sollt Ihr mich rausschmeißen. Es ist mein völliger Ernst, das dürft Ihr mir glauben. Ich verstehe, daß Ihr jetzt den Kopf voll von anderen Dingen habt. Deshalb sollst Du mir Deine ehrliche Ansicht wegen meines Vorschlags mitteilen. Es ist mir ja schon genug, wenn ich Euch gesehen hab. Du darfst mich nicht für kindisch halten, weil ich so impulsiv bin, aber mit meiner Olly hab ich Euch halt am allerliebsten auf der Welt. Und da ist es doch nur natürlich, daß man sich sorgt.

   Bei Frau Hetty hab ich eine Photographie von Dir gesehen, ein Profilbild. Und da hat mich der blasse Neid erfaßt. Tante, Dein Neffe hat gar kein Bild von Dir, wie Du jetzt ausschaust. Das ist nicht nächstenliebend und macht mich sehr betrübt!!

Und weil ich halt schon einmal so schön drin bin, im Betteln: dort


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hab ich auch die Postkarte mit der bewußten Beschäftigung des Affen mit Flohen und Lausen in der Familie Seyid Omar und die mit Onkel in der Gesellschaft v. Professor Werner und Sascha Schneider u. noch einem gesehen. Ach die beiden wenn ich bei Gelegenheit einmal bekommen könnte. Tante, ich will sie sicher nicht als Pendant verwenden.

   Es trifft halt wieder mal zu, was Onkel im Mahdi III, im Nachwort von seinen Lesern sagt: »Denn Wünsche haben sie alle, alle, die mir schreiben.«

   Aber halt, es stimmt ja gar nicht, ich bettle ja die Tante an. Siehst Du wohl, Onkel, schon damals hättest Du Dich vorsichtiger ausdrücken sollen.

   Frau Hetty Heide grüßt herzlichst. Sie sagte mir, daß Du vielleicht selber für Onkel öffentlich eintreten wollest. Ich fürchte, Deine klare Stimme würde verklingen, so wie der reine Klang des Aveglöckleins überheult wird von Sturm und Meeresbrandung. Eine starke, unerbittliche Männerfaust, wenn die sich fände, mit unbarmherziger Logik all das Gewebe von Lüge und Betrügerei zu zerreißen! Alles was Dir heilig ist und was Dich stolz und glücklich macht, darüber würden sie in ihrem Stumpfsinn mit Hohngelächter herfallen und es mit ihren ungeschlachteten Pfoten in den Schmutz ziehen. Die Zuversicht aber ist in meinem Herzen fest eingegraben: Einen Karl May kriegen sie nicht unter. Noch immer ist es ihnen mißlungen. Und es war ihnen doch so bitter Ernst damit. Der Ochse hört ja das Brüllen auch von selber auf, wenn er merkt, daß er bloß heiser wird und daß der, dens angeht, unberührt seinen selbstgewählten Weg weiterwandelt.

   Sobald ich eine Militärphotographie (weil wir grad vom Ochsen reden) habe, sollt Ihr sie bekommen. Die Lazarethmontur wär freilich passender für mich als die Uniform mit den großen Sporen und dem krummen Säbel.

   Beiliegender Brief soll nicht eine Antwort Onkels provozieren sondern es soll mir eine Erleichterung sein, wenn ich einmal mein Herz ausgeschüttet habe.

   Die Eltern grüßen, ebenso meine Freundin.
        Es küßt Euch die Hände
            Euer alter, treuer Neffe Willy
                aus München.

Augsburger Martin: Georg Martin, Vorstand des Katholischen Kaufmännischen Vereins >Laetitia<, der Mays Augsburger Vortrag vom 8.12.1909 organisierte.
Empfehlungen deutscher Bischöfe: Anhang zu der von May verfaßten und anonym erschienenen Broschüre >»Karl May als Erzieher« und »Die Wahrheit


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über Karl May« oder Die Gegner Karl Mays in ihrem eigenen Lichte<. Freiburg 1902; Reprint unter dem Titel >Der dankbare Leser<. Ubstadt 1974. Materialien zur Karl-May-Forschung Bd. 1, S. 143-145
Bergle, Häusle: Anspielungen auf Mays symbolische Erzählung >Das Geldmännle<. In: Erzgebirgische Dorfgeschichten. Dresden-Niedersedlitz: Belletristischer Verlag 1903
Profilbild: am 12.1.1911 schickte Klara May ihr Bild mit Unterschrift an Willy Einsle (vgl. unten Brief Klaras)



Hetty Heide an Adele Einsle - 3.3.1910

München, 3.III.10

Liebe gnädige Frau.

   Hier kommen ein paar Silvester'sche Geisteskinder, die ich freundlich aufzunehmen bitte. In dem Roman steht am Schluß alles angezeigt, was weiter erschienen ist. Vielleicht schaffen Sie sich mal das »Verhältnis« - sein bekanntestes Werk - an, das gebunden (rot und gold) auch äußerlich sympathisch ist. Über den Roman gebe ich Ihnen gelegentlich mündlich ein paar Daten, die zum vollen Verständnis eigentlich nötig sind. Es ist nämlich eigentlich gar kein Roman, sondern nur die Skizze von einem verbrannten Manuskript. Die Gedichte - auch noch Jugendsünden dabei - sind schon alten Datums, können sich aber teilweise doch sehen lassen. (Der kleine Vogel, Weißt Du's noch? etc.) Das müssen Sie aber ja nicht kaufen, denn demnächst erscheint eine neue Auflage Lyrik, die wertvoller sein wird. Immerhin hoffe ich, daß Ihnen auch dies gefällt. »Gemütspflege« lege ich für Herrn Willy bei, die andern Artikel konnte ich momentan nicht finden. Er bekommt sie aber später. -

   Die Kompositionen des Herrn Heumann haben meinen ungeteilten Beifall! Namentlich der lustige Ehemann ist so flott und originell, daß ich ihn der andern abgedroschenen Melodie bei weitem vorziehe! Nur möchte ich mir die Bemerkung erlauben, daß die p.t. Komponisten heutzutage an die armen Sänger Anforderungen stellen, denen nicht einmal ein musikalischer Mensch gewachsen ist! Denn wie ich z. B. in dem genannten Lied mitten in der F Dur Tonart nacheinander g, dis, h, gis treffen soll, ohne zu patzen, ist mir durchaus unklar! -

   Hoffentlich ist mit Ihrem Magen alles in Ordnung. Es war so reizend gestern bei Ihnen, haben Sie noch recht vielen Dank. Toldi läßt grüßen


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und sagen, Sie möchten ihn recht bald wieder besuchen. Er wird auch alles vorsingen, was er kann.

Mit den herzlichsten Grüßen
von Haus zu Haus
Ihre ergebenste
Hetty Heide-Silvester.

Roman: Ewald Silvesters >Nora Gyllensee< (1906)
Herr Heumann: Olga Heumanns Bruder Robert (vgl. Jb-KMG 1991. Husum 1991, S. 101f.)
p.t.: praemisso titulo (mit Vorausschickung des Titels)



Klara May an Willy Einsle - undatiert - Anfang März 1910

Lieber Willy!

   Deine erste Frage nach des Onkels Befinden will ich gleich zuerst beantworten. Leider kann ich Dir nichts Gutes berichten. Er gefällt mir nicht und macht mir Sorge.

   Der Geburtstag war ein lieber, sonniger Tag und machte viel gut, was Andere anrichteten. Auch Eure lieben Blumen brachten Duft und Liebe in's Haus. Habt vielen, herzlichen Dank. Deine liebe Mama würde sich gefreut haben, wenn sie gesehen hätte, wie frisch und gut die lieben Blumen ankamen. Sie stehen noch in der Veranda und erinnern mich an Euch, sobald ich sie sehe.

   Auf den weiteren Inhalt Deines Briefs will ich im einzelnen nicht eingehen. Vielleicht findet sich doch die Zeit mit Dir über manches, was Du berührtest zu sprechen. Ich kann Dir heute noch nicht sagen, ob wir im nächsten Monat daheim sein werden. Für den Onkel wäre eine Abwechslung dringend geboten. Ob die Umstände es gestatten werden, weiß ich nicht. Du verschiebst Deinen in Aussicht genommenen Besuch vielleicht auch bis zum Mai?

   Aus Deinen Ausführungen spricht Hetty, wie sie leibt und lebt. Du lieber Kerl bist wie Wachs. Deiner Seele prägt sich Alles ein, was Dich bewegt. Deine süße kleine Freundin hat in Hetty eine gefährliche Konkurentin. Hetty ist eine geistig bedeutende Frau, dazu schön. Sie kann Dir die Freude an dem allergrößten Theil der Frauen verderben, für's ganze Leben.

   Was Dich in den Brief an den Onkel so bewegt, ist nicht's, als übergroße Empfindlichkeit Deinerseits. Deine Mutter weiß sehr wohl, wassicherlich weit davon entfernt, Dir wehe thun zu wollen, oder Dich als einen »Idioten« zu denken. Sie wählte vielleicht


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nicht den rechten Ausdruck - oder besser, - sie trug Deiner großen Empfindlichkeit nicht Rechnung. Laß Dir von mir gesagt sein, Willy, jeder, der Dich kennt, und dazu rechne ich in erster Linie die Deinen, sieht in Dir einen durchaus vornehmen Character, dem man als Ehrenmann eine junge Dame unbedenklich anvertrauen kann, nicht aber den »Idioten«. Wie Du überhaupt so auf Abwege gerathen kannst in Deinem Denken und Empfinden, begreife ich nicht. Es ist krankhaft. Rotte es aus. Du selbst mußt wissen, was Du werth bist!

   Du hast Trine gelesen. Es freut mich. Ich kenne alle seine Werke und schätze ihn sehr hoch. Versuche seine Werke in seiner Sprache zu lesen, Du wirst dann erst den ungeheuren Unterschied finden zwischen dem Original und der Übersetzung.

   Um das Englische kommst Du ja so wie so nicht herum, wenn Du ernstlich die Absicht hast, die Welt kennen zu lernen. Es ist nun mal heut zu Tage diejenige Sprache, mit der man durch die ganze Welt kommt.

   Laß mich noch kurz Deinen Märchentraum streifen. Glaubst Du Dein Leben recht ausgefüllt zu haben, wenn Du nur Deiner selbst lebst? Glaubst Du, Gott gab Dir Dein Pfund - was er einst zurückverlangen wird - nur, damit Du es allein für Dich verwendest? Du sagst, Du hast Trine gelesen? Hättest Du ihn auch nur ein ganz klein wenig begriffen, konnte keine Minute Deiner Lebenszeit mehr am »Märchenheim« hängen. Du hast den großen Ernst des Lebens noch nicht erfasst; es ging dir allezeit zu gut, wie den meisten Menschen. Du hast keine Ahnung, was Leiden heißt - die Leiden, die Du Dir einbildest, sind keine Leiden -. Du wirst einen Einblick gewinnen in großes, tiefernstes Menschenleid, wenn Du des Onkels Buch über sich selbst lesen wirst, was er herausgeben wird, über all den Streit um ihn und sein Wollen. Dann wirst Du ahnen lernen, was Leid ist und was Dir heute als solches erscheint, wird in Deiner Hand zerrinnen, wie eine große Seifenblase - nichts bleibt zurück.

   Nun noch zum Schluß einen Augenblick zu all den Feindseligkeiten, die sich Karl May in den Weg stellen. Hast Du schon einmal ernstlich über alles nachgedacht? Du kennst Karl May aus seinen Werken. Hast sein Wollen tief in Dir empfunden. Du weißt, daß er nur und nur das Gute will. Edelmenschen möchte er bilden, weil er darin das höste, hier erreichbare Glück erblickt. Wie Du fühlst und empfindest, fühlen tausende, ja hunderttausende mit Dir. Du und sie alle bilden die Masse. Im einzelnen kommt das Empfinden all dieser so und so oft zum Ausdruck. Nun denke einmal weiter. Prüfe mit kritischem Verstand Alles, was man gegen Karl May sagt. Sieh Dir an, was man sagt und


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prüfe, wer es sagt, und dann gieb noch einmal Ratschläge, aus Dir heraus, durch Deinen gesunden Menschenverstand hindurchfiltrirt, - nicht der guten Hetty nachgebetet. Selbst denke, selbst erwäge, selbst handle. Dazu mußt du Dich durchringen, nicht nur in diesem Falle, sondern in allen Fällen Deines Lebens, denn die treusten Freunde, die du auf der Welt hast, wozu in erster Linie deine Eltern gehören, werden Dich verlassen, vielleicht schon bald, wie Gott es will, und wehe Dir, wenn Du dann erst beginnen willst, Dich tastend zurecht zu finden im Labyrinth des Lebens. Weißt Du, wie Trine so treffend sagt: »Du bist, was Du sein willstWolle es nur ernstlich sein, dann bist Du es.

   Ich könnte Dir noch viel schreiben. In Deinem Brief war so viel. Unerfreuliches, unruhevolle Unklarheit, Humor und was uns beiden Alten das Kostbarste ist, reine, kindliche, den Hauch des Göttlichen in sich tragende Edelmenschlichkeit. Gott behüte Dich, Du lieber, guter Willy.

Tante Klara.

Trine: vgl. oben Brief Willy Einsles 23.2.1910



Friedrich Ernst Fehsenfeld an Willy Einsle - 14.3.1910

Geehrter Herr!

   Auf ihre frdl. Zeilen erwidere ich höflichst, daß Winnetou Bd. IV voraussichtlich Ende April fertiggestellt sein wird. Ich gebe Ihnen srzt. nochmals Nachricht.

   Als Antwort auf die vielen Angriffe der Presse beabsichtigt Herr K. May ein Buch »Aus meinem Leben« zu veröffentlichen. Näheres darüber kann ich Ihnen noch nicht mitteilen.

Freiburg/Br.,             Hochachtungsvoll grüßend

14. März'10             Fr. Ernst Fehsenfeld

Antwortkarte, von Willy Einsle selbst adressiert, Text von F. eigenhändig.


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Hetty Heide an Willy Einsle - 22.3.1910

München, 22.III.10.
Äussere Prinzregentenstrasse 9.

Lieber Freund,

   wollen Sie mir erlauben, Sie der Einfachheit wegen gleich so anzureden? - Danke schön. - Meine Glückwünsche zu Ihrem Geburtstage muß ich von einem höchst verzwickten Krankenlager aus senden. Bei uns grassiert nämlich die Influenza in grauenerregender Weise. Ich selbst lag acht Tage mit heftiger Bronchitis, Fieber u. anderm Zubehör, darf heute die erste Stunde aufstehen und fühle mich durchaus nicht beneidenswert. Gestern legte sich auch Hannsheinrich mit 39° Fieber und Darmkartarrh. Heute klagt mein Mann über Kopfschmerzen und das Herzi sieht aus, »wie zwei Pfennige in ein Läppchen gewickelt« - wie man in Sachsen zu sagen pflegt. Sie sehen also, andere Leute müssen dem Winter auch Tribut zahlen - nicht nur Sie Unglückswurm allein! - Nun nehmen Sie aber trotz alledem recht schöne Grüße und herzliche Glückwünsche zum 24., feiern Sie Ihr Fest in möglichst guter Stimmung innen und außen und lassen Sie einem fröhlichen Tage ein ebensolches Jahr folgen. Meine beiden Buben folgen im Bilde mit und der Gatte schließt sich uns in Gedanken an. Er haßt, sich fotographieren zu lassen.-

   Für den Silberlöwen meinen besten Dank. Ich ließ mir den 4. Band gleich aus der Leihbibliothek kommen und verschlang ihn hinterher, - ohne daß ich mir aber bis jetzt darüber klar werden konnte, was an diesem Buche mich so merkwürdig anzieht. Ich liebe es fast am allermeisten von allen - freilich das sagt man fast zu allen Büchern unsres Freundes. - Der Freitag Abend mußte natürlich ausfallen. Hoffentlich können wir ihn noch nachholen. Noch eine Frage: man sagt mir überall, von »Über den Wassern« würden keine einzelnen Hefte abgegeben. Ja, haben Sie sie denn abonniert? Und ist schon die Fortsetzung erschienen?

   Bitte um viele Empfehlungen an Ihre Eltern.
   Ihnen selbst nochmals viele gute Glückwünsche

und ebensolche Grüße
von Ihrer Freundin
Hetty Heide-Silvester.

Meine Buben: siehe Bildteil


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Klara May an Willy Einsle - 12.4.1910

Lieber Willy!

   Dir kann man also gratulieren, wie uns Frau Hetty schreibt? Na, ein lieberes Wesen würdest Du auch nicht leicht finden, als Deine herzige Olly ist. Warte aber nur noch ein bischen mit dem Heirathen. Ich hätte Dir gewünscht, Du lerntest die große, schöne Welt kennen, ahntest erst einmal den Pulsschlag des Unendlichen. Viele, liebe Grüße Euch Allen!

Onkel und Tante.

Bildkarte: »GEN'L U. S. GRANT'S HOME BEFORE THE WAR. GALENA ILL.« (koloriert), mit Bild des Generals in einem Medaillon rechts oben - Poststempel: Berlin 12.4.10



Willy Einsle an Eheleute May - 13.4.1910

München, den 13.IV.10.

Lieber Onkel, liebe Tante!

   Soeben aufgestanden lese ich die neuesten »Anti-Karl-May-Kundgebungen.« Herr Du mein Gott, hört den diese entsetzliche Hetze noch nicht bald auf? Ich bin wie vor den Kopf geschlagen. Ich bitt Euch flehentlich, verliert nur Ihr den Kopf nicht. Kann Euch denn unsere Liebe gar kein bißl über die schweren Zeiten weghelfen? Seht Ihr, das ist mein ernstes Ziel: Ein guter Mensch werden u. dann sagen können: Alles hab ich jenem »verruchten« Karl May zu verdanken. Ihm ganz allein!! Nun werdet Ihr an Pfingsten wohl nicht zu sprechen sein für mich??? Ich verstehs ja, wenn Ihr jetzt ganz allein sein wolltet.

   Bitte, nur ein kleinwinziges Lebenszeichen, sonst hab ich so furchtbare Angst für Eure Gesundheit. Ich bete, daß Ihr innerlich stärker sein mögt, als diese unbegreiflichen Zeiten. Wenn nur Onkels Buch bald erschiene. Ich glaube Euch und sonst niemand.

   In alter Treue
        Euer Willy.


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Klara May an Willy Einsle - 28.4.1910

Viele, liebe Grüße dir und Deinen Lieben von Deinen alten

Onkel & Tante
K. & K.

Bildkarte: »MOSCHEE OMAR IN JERUSALEM« (koloriert) - Poststempel Cöln 28.4.10
Anschrift: Herrn Willy Einsle



Adele Einsle an Karl May - 31.5.1910

München, d. 31. Mai 1910

Mein lieber, verehrter Herr Doktor!

   Willy's Verlobung mit allem Drum und Dran von Einladungen und Verwantenbesuchen - Todesfall in der Familie, (der Bruder meines Mannes starb nach 10wöchiger schwerer Krankheit,) deßhalb Reisen ins Schwabenland, dann meine liebe kleine Nichte und Patchen hier bös an Lungenentzündung erkrankt u.s.w. - das alles fördert nicht die Briefschreibstimmung, man ist zu abgehetzt. Da ich aber auf der letzten Drucksache Ihre eigene Handschrift ersah, muß ich nun doch endlich danken sowohl für diese Zusendung wie für die von der lieben Frau Doktor erhaltenen Blätter. Sie, vor allem aber die II. Abhandlung in der »Freistatt« tun hier gute Dienste. Selbst May Gegner verurteilen die Art und Weise wie diese scheinheiligen Kuttenbrüder gegen Sie vorgehen - auf den Lippen Salbung und den Schrei nach Wahrheit, - ihr Herz ist eine Mördergrube und voll Lüge!

   Ist der famose Amtsrichter, der im Lebius Prozeß den Vorsitz führte nicht pensioniert worden? In Bayern hätte er seine Nase erhalten und wäre unmöglich! Wann ist endlich Berufsverhandlung?

   Wie viel wir diese letzten 6 Monate an Sie dachten! Was mögen Sie beide gelitten haben! Ja unsere »gute« Gesellschaft, - sie duldet, und vertuscht oder fördert sogar jede Unmoral und Schlechtigkeit, so lange sie Vergnügen oder Nutzen davon hat und kommt sich dabei sehr edel und christlich vor. Aber wehe dem Ärmsten der sich erwischen läßt und seine Strafe tragen muß, er findet lauter Pharisäer statt der Zöllner die wir doch alle sind.

   Mein lieber Herr Doktor, mich drängt es Ihnen einmal zu sagen daß wir Ihnen nach wie vor dankbar sind für die Liebe und Klugheit, mit der Sie sich Willy's Jugend annahmen und daß Sie für uns nur der sind als


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den wir Sie persönlich kennen lernten, ein Mann den wir verehren und lieb haben! Und daß die gute, feine Frau Doktor ihre Liebe und Sorgfalt niemals einem schlechten, charakterlosen Menschen schenken würde, dafür legen wir unsere Köpfe auf den Block und unsere Hände in's Feuer.

   Tausend herzliche Grüße Ihnen beiden.

Stets Ihre dankbare Adele Einsle

Freistatt: in der Wiener Zeitschrift >Die Freistatt< erschien im 2. Jahrgang (1910) Mays gegen P. Ansgar Pöllmann gerichtete Artikelserie »Auch >Über den Wassern<« (Neudruck im Jb-KMG 1976. Hamburg 1976, S. 230-272). Die zweite Folge von Mays Artikelserie erschien am 30.4.1910.
Lebius-Prozeß: Am 2.12.1910 war vor dem Schöffengericht Berlin-Charlottenburg die Beleidigungsklage Mays gegen Lebius verhandelt worden, die mit dem für May vernichtenden Freispruch Lebius' endete (vgl. Claus Roxin: Ein >geborener Verbrecher<. Karl May vor dem Königlichen Landgericht in Moabit. In: Jb-KMG 1989. Husum 1989, S. 9-36 (S. 25-28)). Siehe auch Anm. zum Brief Klara Mays von Ende Dez. 1909.



Klara May an Adele Einsle - Sommer 1910

Meine liebe Frau Oberamtsrichter!

   Ich danke Ihnen für die interessante Karte. Unser »gewichtiger« Gegner und sein Freund P. Pöllmann setzen Alles daran, den hier schwebenden Prozeß nach Bayern zu ziehen. Unser Gericht soll nicht zuständig sein, weil nur mein Mann die Zeitungen hier erhalten hat und noch dazu extra unter x Band. Der Richter, der offenbar meinem Manne freundlich gesinnt ist, hat mit ihm Rücksprache genommen und ihm gesagt, daß die Gegner die Zuständigkeit unter allen Umständen wegbringen werden. Leider hat hier kein Mensch jene, hier in Frage kommenden Zeitungen gelesen.

   Wie werden unsere Gegner nun wieder diesen Umstand ausnützen. Am liebsten möchte ich alle Prozesse zurücknehmen, wenn ich etwas zu sagen hätte. Warum soll Karl May den Rest seines Lebens noch durch solche Aufregungen vergällen?

   Er hat es wirklich nicht verdient.

   Nun zur Sache mit der Helle. Sie war bei uns. Sie lebt in Dresden. Was man ihr und Schmidt nachsagt, stammt von ihrer Schwester, wie sie uns sagte. Was an der Sache Wahrheit ist und was Bosheit dazu gemacht - wir wissen es nicht und wollen es auch nicht kennen lernen -. Nachdem wir das kleine, mit der Schwindsucht behaftete Wesen ken-


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nen lernten, steht es für uns fest, daß wir nicht mit den gleichen Waffen kämpfen werden, wie unsere Gegner, und wenn wir auch daran zu Grunde gingen. Frau Hetty soll also keinen Schritt mehr unternehmen nach dieser Richtung hin. - Die Sachen, die Frau Hetty an Abels sandte, gingen zu Frl. Fritsch. -

   Ich halte jeden Schritt für unnütz, den man zur Rettung K.M's tut, nach der Richtung, wie Frl. Fritsch arbeitet. K.M. kann sich nur selbst retten und zwar durch sein Buch. Ich denke, es wird in ca. 4 Wochen herauskommen.

   Auch alle Prozesse halte ich für unnütz. Hier scheint doch nur der zu siegen, der fähig ist, den Gegner mit der größtmöglichen Gemeinheit zu überschütten. Alles Gute wird getreten und in den Staub gezogen. Die Richter sind durch den Paragraphen gebunden. Sie können nicht einmal menschlich sein, wenn sie es selbst wollten. Dazu kommt, daß sie alle überlastet sind mit Arbeiten und nur von dem Bestreben geleitet, eine lästige Sache, die jeder Streit auch wirklich ist, los zu werden.

   Meines Mannes Buch würde schon längst fertig sein, wenn die argen nervösen Schmerzen ein ununterbrochenes Arbeiten gestatten möchten; das ist aber leider nicht der Fall. Ohne Schlafmittel schläft mein armer Mann keine Nacht mehr. ---

   Wie geht es Ihnen allen? Gott gebe, besser als uns. Sie haben ja so viel Liebes und Schönes vor Augen durch Ihre Kinder.

   Es ist auch ein Glück, daß Geschicke wie die Unsrigen vereinzelt im Leben sind.

   Mit vielen lieben Grüßen für Sie Alle, von uns beiden
        Ihre ergebene
            Klara May.

Anbei Drucksachen, aus welchen Sie Alles ersehen können, wie es z. Z. steht.
Sie brauchen die Briefe nicht einschreiben zu lassen. Nochmals herzl. Gruß. K.M.

Beigelegt hat Klara Karl Mays Drucksache >Begleitwort< zu Lebius (siehe: Karl May: An die 4. Strafkammer des Königl. Landgerichtes III in Berlin. Prozeßschriften Bd. 3. Hrsg. von Roland Schmid. Bamberg 1982, S. 170-175).
x Band: Kreuzband, eine besondere Versendungsart für Drucksachen im Deutschen Kaiserreich
Helle: Im >Adreßbuch für Dresden und seine Vororte<, Jg. 1912, Teil I, S. 337, ist verzeichnet: »Helle, Margarete Em. M. Luz., Schriftstellerin, (Dresden), Eliasstr. 26 III« (Recherche Hans-Dieter Steinmetz).
>Keiters Katholischer Literaturkalender 1913<. Hrsg. von Karl Menne. 13. Jg., Essen 1913, S. 224, enthält den Eintrag: »Helle, Frl. Margaretha (M. in der Hellen), Dresden, Eliasstr. 26 ([geb.] 14.9.80, [in:] Tauernig, O.Schl.). Jugend-


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schr., Nov., Skizz.-Theaterstücke f. Mädchenbühnen...«. Der 14. Jg. (1914) gibt als Wohnort »Dresden, Blasewitzer Str. 10/II an. Im 15. Jg. (1926) ist sie nicht mehr aufgeführt.
Abels: Redakteur der >Münchener Neuesten Nachrichten<, der für May eintrat; vgl. seine Artikel in den >Münchener Neuesten Nachrichten< vom 18.11.1906 und in >Das Zwanzigste Jahrhundert< vom 12.5.1907 (Abdruck in Bernhard Kosciuszko: Im Zentrum der May-Hetze. Die Kölnische Volkszeitung, Materialien zur Karl-May-Forschung Bd. 10. Ubstadt 1985, S. 146ff. und 155-164). Für Abels schrieb Karl May seine >Skizze zu >Babel und Bibel«, datiert 1.10.1906 (Abdruck in Karl-May-Jahrbuch 1921. Radebeul 1920, sowie - stark bearbeitet - in Karl May's Gesammelte Werke Bd. 49 >Lichte Höhen<, Bamberg).
Frl. Fritsch: Lu Fritsch (siehe Jb-KMG 1993.)



Willy Einsle an Karl May - 17.9.1910

München, am 17. September 1910

Mein liebster bester Onkel!

   So lange schon wollt ich schreiben, wenigstens ein paar Zeilen, aber immer kamm etwas dazwischen, was mir die nötige Ruhe raubte. Und jetzt gar meine tägliche Koassistentenbeschäftigung im Krankenhaus! Ich bin oft so müd, daß ich gleich nach dem Abendessen am liebsten mich schlafen legte.

   Heut hab ich mir Zeit genommen und alles, was ich an Artikeln von Euch selbst oder von Frau Hetty Heide bekam, nochmal durchgelesen. Zu versichern, daß wir durch dick und dünn mit Euch zu gehen stets bereit waren und sind, das erst noch eigens versichern müssen, nein, das wäre doch überflüssig und albern! Nicht?* Aber weil ich bei meinem Onkel immer ehrlich sein will, so muß ich Dir beichten, daß mein längeres Schweigen noch einen besonderen Grund hatte. Oder vielmehr zwei. Einerseits konnte ich mir es zu gut vorstellen, daß Ihr grad jetzt andere Dinge im Kopf hattet, als Euch mit »Neffen- und Nichtenbriefen« abzugeben. Und offengestanden: Entrüstete Bei- und Mitleidsbriefe zu schreiben und selber dabei verurteilt zu sein tatenlos hinterm Ofen zu sitzen, das war gar nicht mein Geschmack. Ich kann nun einmal nicht viel Worte machen über das, was ich fühle. Besonders, wenn das »Echauffement« so wenig an Vertiefung zu wünschen übrig läßt wie diesmal.

Zweitens kann ich das Gefühl nicht loswerden: Eine Zeitlang glaub-

* [Am linken Rand der Seite:]
Ich weiß nicht, was die Feder hat!


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te Dein Onkel in Dir sich einen tatkräftigen Gehilfen und Lehrling zu erziehen, nunmehr aber kommt er immer mehr dazu Dich ad acta zu legen und begnügt sich damit, vernefft wie er ist, auch diesem Neffen der treue gütige Onkel zu bleiben, der er immer war. Aber wie gesagt rechnen tut er nicht mehr auf ihn. Besonders seit er sich verlobt hat und so gewissermaßen sich in einem neuen Kreise bewegt.

   Ich hab halt so meine eigene Ansicht über die vielen Artikel und Artikelchen, die für Dich verfaßt wurden. Die gegnerischen sind Gift gefährlichster Art, denn - sie hüllen sich in den Nimbus großer und angesehener Blätter.

   Gegen solche Angriffe hilft nur eines: Richterlicher Entscheid, nicht aber die vielen niedlichen Dingerchen wie »ein Besuch in Villa Shatterhand« oder »Mein Schwarm ist Karl May« u.s.w. Und die ernsteren helfen nichts. Warum? Wer liest denn die Blätter? Wer alles liest dagegen die Kölnische und solchen Schlages! Was hilft bei den Leuten der vortrefflichste Inhalt, wenn das Äußere es nicht anziehend macht.

   Wenn doch Deine Verehrer und Leser einsehen wollten, wiesehr sie mit dieser literarischen Überschwemmung Dein künstlerisches und ästhetisches Ansehen herabsetzen, denn nirgends werden die Äußerungen der Gemeinde so auf ihr geistiges Oberhaupt bezogen wie bei Dir und Deinen Verehrern. Möchten das die Betreffenden doch beachten, bevor sie lustig draufloszwitschern! Aus dem gleichen Grund erwarte ich von der »öffentlichen Erklärung« von Droop und Fritsch nicht viel. Wenn Leute wie Professor Freitag oder Professor Werner und ähnliche Männer von Bedeutung in sachlicher Weise vor die Öffentlichkeit treten würden, ganz aus eigenen Stücken, das würde wirken, sonst aber hilft nichts als ein tüchtiger Rechtsanwalt wie zum Beispiel unser Bernstein und ein richterlicher Entscheid, der nicht mit einem Vergleich sondern mit einer tüchtigen Verknaxung des schuldigen Teils einhergeht und den alle Blätter von öffentlichem Ansehen bringen müssen.

   Fanatische Anhimmelei ist mir ebenso sehr verhaßt wie diese bodenlos gemeinen Anfeindungen. Wohl bin auch ich so unendlich glücklich, so liebe treue edle Menschen auf meinem Lebensweg getroffen zu haben und jedem, der es hören will, bekenn ich's, daß ja eben darin mein Optimismus gegründet ist, aber grad deshalb will ich mir dieses Bild nicht durch journalistische Geschmacklosigkeiten trüben lassen. Wenn ich vielleicht einmal imstande sein sollte meinen Kranken Geduld im Leiden und ein bischen Licht zu geben und wenn ich dann bekennen dürfte: das war mein Onkel, der mich lehrte den Sonnenschein zu lieben und mit gütigen Augen die Welt um uns zu betrachten, ich glaube damit nütze ich grad so viel, als wenn ich einen Artikel schreiben würde


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»Über die Bedeutung Karl May's in pädagogischer Hinsicht.« Ich finde überhaupt, es wird viel zu viel über moderne Ethik und Kultur geschrieben und gedacht; das Darnachhandeln vergißt man darüber nur zu leicht und - gern!

   Da es jetzt bereits ½ 2 Uhr ist und ich morgen wieder um ½ 8 Uhr im Krankenhaus sein muß, so will ich jetzt dem Ende zusteuern. Ich bete innig zu Gott, daß Ihr beide unberührt von all dem Schmutz um Euch herum aus diesen Wirrnissen heraus endlich, endlich die liebe Sonne und das schöne Leben so reich und voll genießen dürft, wie grad Ihr es Euch verdient habt.

   Frau Hetty Heide macht mir Mut und so wage ich es: Habt Ihr zwischen 15ten Oktober und 30ten Oktober einen Vor- oder Nachmittag oder Abend vor Euch, an dem Ihr mich brauchen könntet?! Ihr wißt, daß Ihr mit mir offen reden könnt. Ich bange so für Eure Gesundheit!! Und die andern alle auch. Ich wollte ja sicher nicht lange stören. Also bitte sagt es ehrlich.

   Weil mein Brief, in dem ich Euch am 4. April meine Verlobung vom 3. April mitteilte u. dem ich mein Militärbild beilegte, Euch nicht traf u. also wohl von der Post verschlampt worden ist, lasse ich den heutigen einschreiben um sicher zu gehen.

Es grüße Euch innigst
Euer alter, treuer, dankbarer
Willy aus München.

Nachschrift [Bleistift]. [Der Brief wurde möglicherweise nicht abgeschickt!]:
Erstes: Wie kann Fehsenfeld bei einigem Geschmack Deine Werke mit den entsetzlichen Illustrationen herausgeben, besonders nachdem ein S. S. [Sascha Schneider] dem Buchband [?] so ernste Schrift verliehen hatte?
Zweitens: Ich bin überzeugt, der Titel [?] wird viele Leute abhalten, Dein B. zu lesen, wie halt einmal die [Rest unleserlich]
und es täte mir so leid, wenn grad dieses Buch falsch aufgefaßt wird von der Kritik. Und wenn es gar [Rest unleserlich]

Kölnische: Kölnische Volkszeitung



Klara May an Willy Einsle - 23.9.1910

Vielen Dank mein Lieber für Deinen lieben, guten Brief. Wir stecken so in Aufregungen, d. wir nicht einen Tag freie Zeit haben und dazu geht es dem armen Onkel sehr schlecht. Montag haben wir hier Hauptverh. gegen Schmidt. Noch am selben Tage gehen wir nach Bonn etc.


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etc. Onkel muß nach Gastein sobald als nur möglich, es geht nicht mehr. In Eile nur viele, herzliche Grüße

Deine alten, recht kaputten
            Radebeuler

Bildkarte: »Karl May bei den Tuscarora-Indianern« - Poststempel: Dresden 23.9.10
Anschrift: Herrn cand. med. Willy Einsle

Schmidt: siehe Anm. zum Brief Adele Einsle vom 23.2.1910. Lt. Tagebuch Klara Mays fuhren Mays am 27.9. nach Bonn.



Adele Einsle an Klara May - 21.11.1910

21./Xl.1910

   Meine liebe Frau Doktor!

   Nachdem unlängst Willy Ihre lieben Zeilen sofort zur Beantwortung für sich reklamierte, wollte nicht ich auch noch Ihre Zeit in Anspruch nehmen, hatte aber vor heute Abend zu schreiben. Da erhalte ich von Frau Hetty die Kunde, daß Sie und der liebe Herr Doktor nachtschlafenderweise durch München reisen wollen und die Aufforderung dagegen zu protestieren. Das möchte ich ja nun wohl recht gerne und recht nachdrücklich tun, - aber ich fürchte Ihnen sehr unvernünftig und sehr egoistisch vorzukommen wenn ich's täte. Ich kann mir so lebhaft vorstellen wie gänzlich fertig Sie mit Ihrer Nervenkraft sind, daß ich vollkommen begreife daß Sie momentan Ruhe und nur Ruhe brauchen und auch gute und treue Freunde kein Recht haben sie Ihnen zu stören. Sie wissen, wenn Sie rufen kommen wir - und wie gerne; - aber zu bitten Sie sollen uns rufen, daß wag ich nicht. Vielleicht ist es eher möglich wenn Sie erholter zurück kommen aus dem Süden, daß wir wenigstens Sie auf einige Minuten sprechen dürfen, - wann wird die Heimkehr sein?

   Aber in einem Punkt schließe ich mich Frau Hetty an: Sie sollten wirklich zusehen Rechtsanwalt Justizrat Bernstein hier als Vertreter gegen das Scheusal Expedit zu gewinnen, umsomehr als der Prozess, wie Sie schrieben nach Bayern gezogen werden soll. Ihre Berliner Anwälte kennen die hiesigen Verhältnisse - und den Expedit nicht, - ich denke Bernstein wird ihn richtig hinzustellen wissen, wie's den Bayern gesagt werden muß. Es hat hier unten überhaupt schon einen andern Klang wenn »Bernstein« die Vertretung genommen hat. Als Drittes ist noch zu fürchten, nachdem der katholische Klosterpater einmal mit Ju-


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den arbeitet (R.A. Adler) sie also selbst für schlauer hält wie die Christen, daß er selbst sich noch Bernstein engagieren könnte und dann sind Sie verloren, wenn Sie noch so sehr im Rechte sind. - Die Stimmung hier, selbst bei Geistlichen, ist allgemein gegen Expedit u. Ansgar. Man würde den hochmütigen u. sehr unchristlichen Herrn von Herzen gönnen, daß sie verknurrt würden. Wir hoffen es auch immer noch. Expedit ist hier überhaupt höchst unbeliebt. Mit sämtlichen kathol. Redakteuren soll er überkreuz sein ob seines Eigensinns u. Hochmuts. Sein Blattl ziehe auch nicht mehr!

   Und nun wünsche ich Ihnen beiden recht gute Erholung mit den herzlichsten Grüßen für Sie und den lieben Herrn Doktor. Bitte lassen Sie wieder mal was hören Ihre treu ergebene

Adele Einsle



Klara May an Adele Einsle - undatiert, wohl Ende November 1910

Meine liebe Frau Oberamtsrichter!

   Gestern Abend kamen wir sehr kaput heim. Die Zeugenvernehmungen in Bozen waren noch glänzender für uns als wir erhofft hatten. Lebius kochte vor Wut und wird nun sicher auf neue Schandtaten sinnen.

   Ja, Liebste, wie gern möchten wir den famosen Bernstein nehmen. Aber was kostet der Mann? Wir können es nicht erschwingen fürchte ich. Würden Sie, resp. Ihr Herr Gemahl, einmal die Güte haben mit dem Herrn Justizrat über diesen Punkt zu sprechen? Die Sache mit den beiden Patres ist nichts weniger als einfach. Schmidt ist leicht, aber Pöllmann. Wir müssen jedenfalls mit ihm nach Beuron und was kostet da Bernstein?

   Uns kosten die Prozesse bis jetzt schon ein Vermögen.

   Morgen fahren wir zur Beratung nach Berlin. Anfang December werden die Verhandlungen sein.

   Lebius arbeitet mit Hochdruck.

   Verzeihen Sie die Kürze heut, ich bin arg kaput und noch viel Arbeit muß erledigt werden.

   In inniger Dankbarkeit und Liebe für Sie alle immer

Ihre alten
Mays.

Wenn Sie unsere liebe Hetty sehen, bitte viele Grüße auszurichten. Die liebe, herzige Frau muß auch das Leid der Erde schleppen. Sie tut mir unendlich leid.

Bozen: Die Zeugenvernehmung in Bozen war am 23. November 1910 (nach Rudolf Lebius: Die Zeugen Karl May und Klara May. Berlin-Charlottenburg 1910, S. 330).


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Klara May an Adele Einsle - 7.12.1910

Meine liebe Frau Oberamtsrichter!

Ich bitte Sie, vor der Hand Herrn Justizrat nicht zu fragen. Ich war der Meinung die Herren sehen sich auf dem Gericht. Bald mehr. Viele Grüße Ihnen Allen

            Ihre ergebene
            K. May.

Bildkarte: »Karl May bei den Shakers im Mount Lebanon N.Y. (Amerika).« - Poststempel: Radebeul 7.12.10
Anschrift: Frau Oberamtsrichter Adele Einsle



Willy Einsle an Karl May - 13.12.1910

München, am 13.XII.10

[links oben schräg in der Ecke:] Verzeih die Schrift, aber der Schlaf will und will Sieger bleiben.

Mein lieber Onkel!

   Es ist ½ 3 Uhr nachts. Ich habe Dein Lebensbuch gelesen. Siehst Du, so bin ich. Als ich vor einigen Tagen das Lebiussche Machwerk las, da wollt ich Dir einen ellenlangen Brief schreiben, weil ich es für eine Ehre hielt von Lebius als »Maykäfer« tituliert zu werden. Heut, wo sich hoffen läßt, daß nun doch endlich die »Mayhetze« etwas unmodern werden wird, fällt es mir nicht mehr so leicht zu schreiben. Nicht weil ich nichts wüßte, nein, sondern weil es mir bei meiner Schwerfälligkeit entsetzlich wäre unter die Menge der sich ihrer Treue wieder besinnenden Leserschar gezählt zu werden. Aber das habe ich nicht zu befürchten? Nicht?

   Über das Lebiussche Pamphlet wäre jedes Wort überflüssig und schade. Ich muß an die Worte Hans Sachsens im III. Akt der Meistersinger denken:

So ganz boshaft doch keinen ich fand,
er hälts auf die Länge nicht aus:
Vergäudet mancher oft viel Verstand,
doch hält er auch damit Haus:
Die schwache Stunde kommt für jeden.
Da wird er dumm und läßt mit sich reden!-


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Diesen Eindruck muß ja dieses Lebiussche »Liebeswerk« auf jeden Menschen machen, der es noch nicht verlernt hat anständig zu denken. Eine so übermenschliche Bösewichterei, wie Du sie da andauernd begehen sollst, wirkt unglaublich und dadurch lächerlich. Daß sich der überkluge Lebius das nicht sagte?

   Den Inhalt auch nur zu erwähnen, verbietet mir mein Ehrgefühl und mein Takt. Die liebe arme Tante aber bitte ich inständig zu glauben, daß es auch noch Männer gibt, die zu viel Achtung vor der Frau im allgemeinen haben um eine ihres Geschlechts in solcher Weise öffentlich zu beleidigen. Herrgott, die Hundspeitsche heb ich heilig auf, die einem solchen Schurken die Fratze zeichnet. Das sag ich jedem, der es hören will.

   Von Deinen verehrten Lesern laß ruhig verduften, was da den Boden unsicher fühlt. Schade, nun können sie nimmer mit dem Munde und in den Zeitungen für Dich eintreten. Macht nichts.

   Zehn tüchtige Jungens, die es zur Aufgabe machten, Deine Sache im Herzen ihr Leben hindurch aufzubewahren und ihren guten Willen und die Tat dafür sprechen zu lassen - sollten die nicht vermögen ihrem alten Onkel zu zeigen, daß gar nichts verloren ist und daß er die übrige Rasselbande leicht verschmerzen kann? Im übrigen: Getrost, die kommen alle wieder.

   Schon längere Zeit habe ich mir eine ganz neue Methode ausgesonnen: Wenn jemand über Dich und Deine Bücher urteilt, bleibe ich still und vermeide jeden unnützen Streit. Sonderbarerweise verlieren nämlich die sonst anständigsten Leute hier jedes Gefühl für Takt. Das muß so in der Luft liegen. Aber bei allem, was mich bewegt oder wenn ich in Disput gerate über all das Schöne und Herrliche im Leben, das mir begegnet, sage ich, was Karl May da und da darüber denkt und was Karl May schon lange vorher darüber gesagt hat. Dagegen kann keiner was erwidern.

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Weil nun bald Weihnacht ist, möchte ich doch meinem lieben Onkel eine kleine Freude machen. Mit den Blumen will ich aber lieber bis Frühjahr warten, wegen der schlechten Transportverhältnisse.

   Und weil ich jetzt gar nichts anderes weiß und weil ich meinem Onkel doch so gern zeigen möchte, wie unendlich lieb ich ihn habe, so schreibe ich ein paar Sachen aus meinen gereimten Tagebuchnotizen. Gereimt, weil es mir unmöglich ist, in Prosa was festzuhalten. Wenn ich erkläre, daß von den Sachen außer meiner Olly niemand etwas weiß


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und niemand etwas davon erfährt, so glaube ich, daß Du mich nicht falsch verstehst.

   Also, ich möchte bloß, daß Du eine Freude hast. Wenn das geschehen ist, wirf den Brief getrost in den Papierkorb!

[Es folgen sieben Gedichte Willys, die aus Raumgründen nicht abgedruckt werden]

Da es soeben 4 Uhr morgens schlägt und mir der Federhalter aus der Hand und die Augen zufallen, so schließe ich und wünsche Euch recht frohe Weihnacht. Seid Ihr ja doch im Grunde des Herzens die glücklichsten Menschen - trotz aller Gemeinheiten der Mitwelt.

   Onkel, bitte, bitte, schick mir eine einfache Karte mit einem ebenso einfachen Gruß. Viele, viele Jahre lang hab ich keinen Buchstaben mehr von Dir gesehen. Daß Du zu Briefen weder Zeit noch Stimmung hast, ist nur zu begreiflich.

   Der lieben Tante küße ich noch eigens die Hände, alle beide!
   Immer Euer alter Willy
        aus München.

Für Deine Gesundheit will ich beten, Du lieber, lieber Onkel.

Lebensbuch: Karl May: Mein Leben und Streben



Willy Einsle an Klara May - 31.12.1910

München, am 31.XII.10

Meine liebe Tante!

   Deine Nachricht von Onkels ernstlicher Krankheit hat mich tief und schmerzlich berührt. Es hat mich noch ernster gemacht als mich dieses Weihnachtsfest an sich schon stimmte. Denk Dir, mein und Ollys erstes Weihnachtsfest seit unserer stillen Verlobung.

   Und doch, und doch schien mir der Gedanke so ganz unfaßlich, daß unser herrlicher Onkel vom Leben scheiden solle, ohne jenen lichten, frohverklärten Feierabend nach mühevollem Arbeitstag, den ja grad er sich überreich verdient hätte.

   Du weißt, daß alles, was Euch beide betrifft, auch mich berührt, und Du weißt, daß Ihr beide nach meiner Olly meinem Herzen am allernächsten steht. Das mag wohl übertrieben, in Rücksicht auf meine Eltern vielleicht sogar etwas wie roh klingen, aber wer kann für das, was


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und wie er es empfindet, zur Rechenschaft gezogen werden! Oder soll man heucheln? Pfui!

   Deshalb wirst Du mir auch gern glauben, daß mich Frau Hettys Nachricht von Onkels Besserung rein wie närrisch vor Freude machte. Auch Du warst krank? Sicher war es weniger harmlos als Du schreibst. Aber nun müßt, müßt (!!) Ihr Euch schonen, Ihr lieben, lieben Leute! Besonders Influenza mit Lungenentzündung in Onkels Alter ist auch in der Rekonvaleszenz nicht so einfach und spaßhaft für »unsern Bruder, den Körper«. Und bei ruhiger Überlegung scheint es wohl zweckmäßiger, daß Ihr (Du bist als »anregendes Element« sozusagen ebenfalls unentbehrlich) Euerer Gesundheit etwas zuliebe tut und noch recht lange mittut auf dieser alten Erde zu Nutz und Frommen jeder »Maykäfer«, die zwar dem Erdboden entstammen, aber das dringende Verlangen besitzen, sich höheren Regionen zuzuwenden, als daß Ihr Euch durch die Gemeinheit und Borniertheit des Publikums bewegen laßt, Euere Rolle vorzeitig zu beenden. Ich meine die paar, die auch im Theater sitzen und dem Stück mit vollster Herzensanteilnahme folgen und die mit diesem Theaterskandal nichts gemein haben wollen, sind doch wohl beachtenswerter als die andern alle zusammen.

   Das Publikum ist ja viel zu dumm, um bösartig zu sein. Nur die paar Schreier in der ersten Reihe. Ich wünsche von ganzem Herzen, daß es dem neuen Jahr beschieden sein möge, ihnen ihr Maul zu stopfen, damit die dummen Leute ihre Aufmerksamkeit wieder dem Stück selbst zuwenden und ihrer »Schwäche« sich schämen, ehrlich schämen möchten. Das ist mein heißester Wunsch zum neuen Jahre, für Euch und für sie, nicht für mich, denn mich sollen sie nicht irre machen, die verrückten Schreier!

   Ich habe ein Exemplar der neuesten Lebiusschen Schmiererei. Herzlich gern will ich es Dir übersenden, nachdem mir Frau Hetty Heide mitteilte, daß Du es benötigst. Das mit dem Verkaufsverbot freut mich aufrichtig. Schade, daß es Euer Rechtsanwalt nicht in die größeren Zeitungen setzen ließ, oder noch besser die Behörde, die es erließ. Von Oberamtsrichter Stauffer erhielten wir eine Karte, die mit den Worten schloß:

»Karl May, in Treue fest!«

Als Jugend- und Vormundschaftsrichter weiß er die seelische Unterstützung Karl Mays dankbar zu schätzen.

   Das sind Leute, bei denen einem so recht das Herz aufgeht.

   Die Bleistiftzeile von Onkels Hand unter Deinem Brief an Frau Hetty hat mich unendlich gerührt.


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   Wenn ich doch meinen Onkel doch einmal wieder sehen und sprechen könnte. Nur ganz kurz. Sein Lebensbuch lese ich bereits zum viertenmal. Wie unendlich tief stehen dagegen all diese ekelerregenden Kläffer. Wenn sie doch möglichst bald in ihrem Schmutz ersticken wollten. Zum Heil der Menschheit.

   Mit den innigsten Wünschen fürs neue Jahr küßt Euch beiden die Hand, herzlich und aufrichtig
        Euer
            treuer Willy.

Meine Olly grüßt und küßt mit.
Die Bozener Schriftsachen (2 Stück) lege ich ebenfalls bei. Wie schade, daß so etwas nicht schon jetzt in die Offentlichkeit kommt.

[Auf Briefumschlag geschrieben, ohne Datum:]
Liebste Tante, bitte, bitte, schenk mir ein Bild von Dir. Darf Raupp in Berlin Deines verkaufen? Da wäre ich natürlich mit Freuden bereit mir eines kommen zu lassen. Von Onkel habe ich vier und von Dir gar keines, wo Du so drauf bist, wie Du jetzt ausschaust. Habt Ihr mein Militärbild bekommen? Ich legte es - hoffe ich - einem Briefe bei.

Lebiussche Schmiererei: Lebius' Broschüre (s.o. Brief Klara, Ende Nov. 1910) erschien Ende November 1910; am 13.12.1910 erwirkte May eine Einstweilige Verfügung gegen das Buch (vgl. Jürgen Wehnert: Einführung. In: Rudolf Lebius: Die Zeugen Karl May und Klara May. Berlin-Charlottenburg 1910. Reprint: Lütjenburg 1991, S. XIV).



Adele Einsle an Klara May - 31.12.1910

31./XII.10

Meine liebste Frau Doktor!

   Es ist Ihnen doch recht wenn ich trotz allen Streites um den Titel so weitersage wie ich's gewohnt? Was kümmert's mich in welchem Staate er geführt werden darf und in welchem nicht! -

   Und nun die üblichen Neujahrswünsche die aber gewiß nichts weniger als conventionell sind. Wir freuen uns riesig daß der liebe Herr Doktor wieder gesund werden will, - an der Gemeinheit und Gehässigkeit der Menschen darf er nicht zu Grunde gehen. Karl May's Leben muß ein anderes Schlußkapitel haben und ich bin überzeugt der Wendepunkt dazu ist da. Seine Lebensbeichte muß doch jeden der etwas Grütze im Gehirn und Gefühl im Herzen hat, mindestens zum Nachdenken veranlaßen, dann kommt das Prüfen von selbst, ob das alles


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wahr sein kann, was die Leute so gedankenlos nachschwätzen und glauben. Ich kenne doch Einige die jetzt, gerade jetzt weit Mayfreundlicher sind als sie es je in May's Ruhmestagen waren. Nun aber wirklich Ihnen und dem lieben Herrn Gemahl die innigsten und besten Wünsche für das neue Jahr, - es möge das gerade entgegengesetzt dem alten verlaufen, dann muß es gut werden. Schlimmeres als war, kann es nicht mehr bringen, also muß es besser kommen. Das erhoffen und erbitten wir vom lieben Gott. Damit und noch mit 1000 Genesungswünschen will ich schließen. Es liegt mir noch viel Arbeit da, weil ich seit den Feiertagen ohne dienstbaren Geist war, dessen Mutter erkrankt ist. Frau Heide & Willy bombardieren Sie ja ohnehin mit Briefen - da ziemt dem Alter vernünftige Kürze.

   In alter Liebe & Treue Sie & Herrn Doktor vielmals grüßend

Ihre Einsle's.



Klara May an Willy Einsle - 12.1.1911

Radebeul d. 12.1.1911.

Lieber Willy!

   Erst heute ist es mir möglich, Dir ein paar Zeilen zu schreiben und Dir auch im Namen meines guten Mannes zu danken für Deinen letzten Brief. Du hast uns wahre Freude durch dessen Inhalt bereitet. Deine Gedichte werden Perlen. In schweren Tagen schätzt man solche Gaben doppelt.

   Dem lieben, guten Dulder geht es besser. Die Lunge ist zwar noch nicht frei, aber die Entzündung weicht. Die Schwäche ist noch groß. Er ist diesem Leben wieder zugewiesen - - zu neuen Qualen - - aber auch zu neuen Freuden, die dieses Leben lebenswert machen.

   Leider wird die so ersehnte Verhandlung vor Gericht durch diesen neuen, unliebsamen Zwischenfall wieder in die Ferne gerückt. Die Gegner werden es auszunutzen wissen. Wie Gott will!

   In diesen schweren Tagen, die soeben hinter mir liegen, habe ich viel über K. M's Schicksal nachgedacht und das Leben so manchen sogenannten »großen Mannes« an mir vorüberziehen lassen. - Den Einen ereilt eine irdische Strafe, den Anderen nicht. Die Verhältnisse lagen anders. Aber correct, nach dem Sinne der guten, braven Durchschnittsmenschen waren sie Alle nicht. Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß in ihnen eine andere Kraft wirksam sein muß, in jeder Beziehung, als in den Massen. Andere Erscheinungen lösen andere Kräfte


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aus. Größere Leiden begleiten die »Großen« aber fast ausnahmslos. Und wie vieles wird uns noch verborgen sein? Es ist etwas Eigenes um die »Geisterschmiede«.

   Du willst ein Bild von mir haben. Es folgt anbei. Andere habe ich nicht. Es wurde vor ca. 4 Jahren aufgenommen. Ob ich mich noch je einmal photographieren lasse, ist fraglich. Es ist mir zu gleichgültig.

   Bitte, mein Lieber, grüße Deine Braut. Danke auch Deiner lieben Mutter für ihren an uns gerichteten Brief. Sobald ich kann, schreibe ich ihr noch. Ich habe noch vieles von Weihnacht und Neujahr zu erledigen; ich kann mich nur langsam durcharbeiten. Gefreut hat es mich, daß wenige liebe Namen fehlen unter den Getreuen, die zu besonderen Tagen an uns herantreten. Gott gebe, daß dieses Jahr auch die äußeren Kämpfe beende.

   Dir und Deinen Lieben wünschen wir Gottes Segen nicht nur im neuen Jahr, sondern allezeit

In herzlicher Liebe
Klara.

[Nachschrift Karl Mays:]
Herzl. Gruß!
bin müde, müde, müde!
Dein Onkel.

die ersehnte Verhandlung: Die Berufungsverhandlung zum Charlottenburger Prozeß (12.4.1910) fand schließlich erst am 18.12.1911 im Landgericht III in Berlin-Moabit statt (vgl. oben Brief Adele Einsle, 31.5.1910)


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Klara May an Willy Einsle - 11.2.1911

Lieber Willy!

   Bitte, sende mir das Heft 22 der »Freistatt« zurück und erbitte Dir dieses Heft auch von Frau Hetty. Ich habe hier irrtümlich alle Hefte 22 verschenkt und 21 doppelt zurück behalten. Nun werden die Hefte gebraucht und ich habe sie nicht complet. Wenn ich sie mir nicht von Bekannten zurück erbitten kann, muß das Heft noch einmal gedruckt werden.

   Dem Onkel geht es noch nicht gut. Er kann die Luft nicht ertragen. Er kann nicht hinaus. In Eile heute nur viele herzliche Grüße für Dich und Deine Lieben von uns Beiden.

Tante Klara.

Postkarte - Poststempel: Radebeul 11.2.11
Anschrift: Herrn Willy Einsle stud. m.

Freistatt Heft 22: vgl. oben Brief Adele Einsle, 31.5.1910 - Die Nr. 22 der >Freistatt< erschien am 4. Juni 1910.



Willy Einsle an Klara May - 16.2.1911

16.II.11.

Liebste Tante!

   Heft 22 der »Freistatt« habe ich von Dir nicht erhalten. Ich bekam Heft 14 & 17. Da wir aber das ganze Quartal im Abonnement haben, stelle ich Dir die gewünschte Nummer gern zur Verfügung. Wenn es sich machen läßt, wäre es mir lieb, wenn ich es später wieder bekommen könnte, weil mir die darin ausgeführten Gedanken über Kritik und Kunst so lieb geworden sind. Aber selbstredend sollst Du über die Nummer nach Gutdünken verfügen. Wann erfolgt der Entscheidungskampf mit L? Wenn doch der liebe Onkel endlich, endlich die ganze ekelhafte Kommödie loswürde!!

   Ich sorge mich so für seine Gesundheit. Deine Karte klang nicht gerade beruhigend. Für Dein Bild innigen Dank, einstweilen nur kurz, weil ich viel zu tun habe. Bald aber mehr.

   Viele herzliche Grüße Euch beiden
        lieben, lieben Menschen
            Immer Euer Willy.


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Willy Einsle an Karl May - 22.2.1911

München, den 22.II.11

Lieber Onkel!

   Ich habe mich anzuklagen. Manchmal war ich nämlich fast etwas wie verzagt, ob es denn möglich sei, daß ein einziger Menschengeist so vielem Schmutz, so vieler Niedertracht standhalten kann ohne schließlich doch zusammenzubrechen. Dann las ich Dein Lebensbuch - ich lese es bereits zum drittenmal - und mein erstes klares Gefühl war das einer aufrichtigen Beschämung über meine momentane Zaghaftigkeit. Jetzt weiß ich es besser. Die Gesetze Deines Lebens können nicht nach den Regeln unserer geliebten Schulpsychologie analysiert werden. Weil sie eben diesen gar nicht unterworfen sind. Das Geniale schafft sich seine eigenen Gesetze und folgt seinen eigenen Wegen. Konflikte mit der »Gesellschaft«, deren Macht und Schutz im »Hergebrachten« und im bürgerlichen Gesetzbuche ruht, sind sehr wohl denkbar, aber kein Einsichtiger wird sie nach »gut und bös« bewerten oder gar sich einbilden mit seinen beschränkten Mitteln den Dingen auf den Grund kommen zu können, die über seinen Horizont gehen.

   Nichts liegt mir ferner als Dir Weihrauch streuen zu wollen. Meine Selbstachtung und meine Liebe zu Dir verbieten mir das. Und dennoch möchte ich es hinausrufen, daß es alle hören müßten. Einzig und allein, weil es Ehrlichkeit und Gerechtigkeit gebieten.

   Ich bin stolz darauf in Dir einen väterlichen Freund zu besitzen und die oft so kläglich verwirrten Triebe meiner Sehnsucht nach Licht und Wahrheit in der Kraft und Schönheit Deines so leidgewohnten, entsagungsvollen und doch so erkenntnisreichen und arbeitsfreudigen Lebens allmählich klären und stählen zu dürfen. Ich habe mich nie geschämt ehrlich und überall zu bekennen, wie unendlich viel ich Dir zu verdanken habe.

   Du sagtest einmal: »Nur dadurch, daß man einem jungen Menschen imponiert, erzieht man ihn.«

   Neben Onkel Stauffer warst Du der einzige, dessen Menschentum mein Herz mit Stolz erfüllte Euch lieben zu dürfen. Unter den Frauengestalten war ich glücklicher, was die Zahl betrifft. Die liebe Tante muß es sich gefallen lassen, den »Verehrungsraum« meines Herzens mit zwei herrlichen Großmüttern zu teilen. Sie hat sich ihrer nicht zu schämen. Besonders da sie an erster Stelle kommt. Keine Phrase. So gilt ihr ganz besonders die erste Strophe folgenden Gedichtes:


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            Selig.
Selig, wer die reinen Frauen,
Engeln gleichend, durfte schauen,
Trotz der Jugend Schuld und Fehle;
Selig, wem sich gab zu eigen
Ganz in Schönheit, Glück und Schweigen
Eine lichte Frauenseele!

Ich danke der lieben Tante von ganzem Herzen für ihr Bild. Es half einem dringenden Bedürfnis ab.

   Und nun zum Kernpunkt des Briefes. Ich sage nicht: »Ich gratuliere« sondern: »Ich hab Dich lieb, so lieb«; denn damit habe ich das Höchste an Menschenmöglichkeit geleistet meinen Zustand der Glückwunschausdrucksbedürftigkeit anzudeuten. Ich könnte Dir Sieg über Deine Gegner oder körperliche Gesundheit wünschen und tue es natürlich von ganzem Herzen. Aber ich weiß noch etwas besseres: »Bleib allen zum Trotz der gleiche starke und kühne Pfadfinder und -- behalt mich lieb!

   Nimm die Blumen und glaub mir, wenn ich wüßte, wie es anfangen, ich wollt Dir eine Freude aussinnen, über die Du Dich so solltest freuen müssen, daß alles Leid, das Du erfahren hast, wie ausgelöscht wäre.

   Wenn Ihr am 22 IV nach München kommt, so wäre ich tief unglücklich Euch nicht sehen zu dürfen. Ich besitze nicht die liebenswürdige Intensivität von Frau Hetty Heide, sondern ich ziehe mich reflexartig dazurück, wo ich andere vordrängen sehe. Das hat mich schon um manches Angenehme und Nützliche gebracht. Auf der einen Seite weiß und verstehe ich, daß Ihr vielleicht nach Zeit oder Stimmung grad nicht für Geselligkeit eingenommen seid und ich bin stolz darauf in dem Punkt vernünftig zu sein. Aber umgekehrt möchte ich auch nicht gern vor lauter Vernünftigkeit das Nachsehen haben. Kurz und gut: Bedenkt, was Onkel und Tante May grad für mich bedeuten, und entscheidet Euch, wie Ihr es für richtig haltet. Ihr seid uns jederzeit willkommen, vormittags, mittags zum Essen, zum Kafe, nachmittags, abends (!). Auch Addition ist erlaubt. Division und Subtraktion aber gelten für verpönt.

   Meine Olly grüßt Euch innig und hat Euch lieb.

   Das gleiche tut Euer
        Neffe Willy aus München.

Damit der Onkel meinen derzeiten Zustand samt Richtung: naturwissenschaftlich, aber prinzipiell kein Monist - kennenlernt, folgendes Gedicht:
[Das achtstrophige Gedicht wird aus Raumgründen nicht abgedruckt.]


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Klara May an Adele Einsle - 24.2.1911

Meine liebe Frau Oberamtsrichter!

   In Eile benütze ich ein freies Minütchen Ihnen und Willy innig zu danken für die lieben Blumen sie haben sich herrlich erhalt und erfreuten uns schon heute zur Vorfeier. So gut wie diesmal sind Ihre Blumen noch nie angekommen. Gleichzeitig sende ich eine Drucksache mit der Nadel, die an ihrem Brief war. Ich bin abergläubisch! Die Nadel muß sofort zurück, auch die an Frau Hetty! Willy kann ich heute nichts sagen. Sein Brief ist mir ebenso wie unserem Karl May ein stiller Schatz. Gott segne ihn tausend tausend Mal.

In Dankbarkeit und Liebe
   Ihre alten
        May's.

Postkarte - Poststempel: Radebeul 24.2.11
Anschrift: I.H. Frau Oberamtsrichter Einsle



Klara May an Willy Einsle. März/Anfang April 1911

Lieber Willy,

   mit vielem Dank Dein und Frau Hetty's Heft 22 zurück. Ich habe von Wien genügend erhalten.

   Hier ist es noch beim Alten. Die Nerven sind sehr, sehr kaput bei uns beiden. Am 22.4. d.J. werden wir jedenfalls in München sein.

Viele herzliche Grüße allen Lieben, besonders aber Dir von uns beiden

Deine
Tante.

Postkarte - Poststempel fehlt; die Karte wurde offenbar als Beilage der Sendung beigefügt.



Klara May an Willy Einsle - 1.4.1911

Am 1. April 1911.

Lieber Willy!

   Es ist noch ganz unsicher, ob wir werden nach München reisen können. Unser lieber Karl May hat einen Rückfall bekommen. Pneumonie. Ob die Sache bis zum 22n behoben sein wird, bleibt abzuwarten.

Pneumonie: Lungenentzündung


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   Ich bitte Dich sehr, Dir keinerle‹i› Zwang aufzuerlegen unseretwegen. Kannst Du am Abend des 22n im Hotel Leinfelder nachfragen, ohne Dir Schaden zu machen, dann gut, wo nicht, giebt es, so Gott will, schon noch eine andere Gelegenheit zu einem Wiedersehen. Bitte, veranlasse ja Deine gute Mama nicht, sich unseretwegen irgend einen Zwang aufzuerlegen; wir wissen nur zu gut, was es heißt, unter Nerven zu leiden zu haben. Unser Karl May ist nun schon seit zwei Jahren keinen Tag mehr ohne Nervenschmerzen und auch seit dieser Zeit sind die Füße geschwollen. Sobald die Kämpfe vorüber sind, gehen wir nach Gastein, um zu versuchen, die Nerven zu bessern. Jetzt heißt es aber, noch aushalten. Mit Gottes Beistand werden aber auch diese Leiden und Qualen überwunden werden.

   Wie geht es Dir jetzt? Hoffentlich hast Du Alles gut überstanden? Armer Kerl, mußtes auch schon am bitteren Kelch des Leidens nippen.

   Findest Du hin und wieder Zeit dem Hohen in Dir Dich zu weihen? Deine Gedichte lassen so viel erhoffen.

   In Liebe
        Deine
        Radebeuler.

[Nachschrift Karl Mays:]

Herzlichsten Gruß, mein lieber, lieber Junge. Du hast die größeste aller Deiner Prüfungen bestanden. Gott segne Dich!

   Dein
        alter
            Onkel Karl.



Klara May an Willy Einsle - 19.4.1911

Lieber Willy!

Wir können nicht nach dort kommen, unser K.M. ist so krank geworden, daß wir gezwungen sind sofort nach Gastein zu reisen.

   Viele liebe Grüße Dir und Allen die »ihn« lieben.

Deine Tante
Klara.

Postkarte - Poststempel: Radebeul 19.4.11
Anschrift: S.H. Herrn Willy Einsle


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Willy Einsle an Klara May - 29.4.1911

29.4.11

Liebe arme Tante!

   Wenn es Euch helfen könnte, daß in München soeben jetzt, wo ich das schreibe, eine ziemlich unbedeutende Persönlichkeit sich in seinen Gedanken so mächtig und nachhaltend mit Euch beschäftigt, daß Euch die Ohren klingen müssen wie eine Baßgeige, so müßtet Ihr die glücklichsten Menschen sein, die es gibt. Da aber besagte Persönlichkeit nur ein armer unscheinbarer Student der Medizin ist, dem noch dazu eine angeborene Schwerfälligkeit die Gabe, das, was er fühlt, von der Leber weg dem Gegenstand seiner Gefühle anzuvertrauen, verkümmert, so


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fürchte ich mit Recht, daß selbst der aufrichtigste gute Wille dieses Armseligen Euch nicht viel helfen kann in Euerer schweren Zeit. Immer wieder sagen zu müssen: »Ich hab Dich lieb aber helfen kann ich Dir in keiner Weise«, ist so erbärmlich, daß ich mich vor mir selber schäme, wenn ich dran denke.

   Und wenn man so mitansieht, wieviel grad diejenigen, die Euch treu sind, durch ihre Taten verpatzt haben, so kommt man immer mehr zu dem Entschluß sich in bescheidener Stille zu halten und sich mit dem Bewußtsein zu begnügen, daß der gute Wille, wenn er nur ehrlich gemeint ist, auch schon was wert ist.

   Meine Ehrlichkeit zwingt mich aber auch zur folgenden innigen Bitte: Was Karl May früher getan haben mag, wird kein vernünftiger Mensch beachten, wenn sich gewisse Elemente auch Mühe geben es auszuschlachten zum Verderben des heutigen Karl May. Ist der heutige Karl May gezwungen sich gegen Lausbuben seiner Haut zu wehren, weil sie ihm seine Größe mißgönnen u. deshalb in seinem Schatten suchen, so soll er weniger vom Beichten und Bekennen sprechen und vielmehr auf sein Recht auf Fehler wie auf Tugenden pochen, das er nun einmals [!] als Angehöriger der Gattung »Mensch« unveräußerlich mit auf die Welt gebracht hat und bis zu seinem Abscheiden behält. Er soll lieber mal ein bischen donnerwettern, wenn man ihm seine »Fehler« mißgönnen will. Ein Beispiel: Sollte Onkel tatsächlich früher mal den Doktortitel mit vollem Bewußtsein unberechtigt geführt haben, so ist uns das - sauwurscht (wie man in Bayern so treffend sagt). Sollte es aber einem Lebius oder Pöllmann oder wie er grad heißen mag (sein Antlitz ist immer das gleiche) vorbehalten sein, dies trotz allen Herumlavierens und Beschönigens vonseiten des »schuldigen« Teils der staunenden Mitwelt beweisen zu können, so wäre das verdrießlich. Nicht wegen der furchtbaren Anklage sondern wegen der Tatsache, daß ein Karl May nicht heiter und gemütsruhig es rechtzeitig zugibt, klar und deutlich, wozu nicht einmal viel Bekennermut gehört, sobald man nur über das, was andere über einen denken, lächelnd erhaben ist.

   Nur nicht den Leuten die Einbildung geben, man habe »ihnen« jemals was zu verheimlichen gehabt.

   Ich glaube auch, hätte man immer schon von Karl Mays »Jugendsünden« gewußt, vielleicht hätte er etwas weniger Anhänger gehabt, (was liegt an den Bornierten!), sicher aber hätte kein Lebius ihm so den Lebensabend verbittern können.

   So das mußte ich sagen. Daß ich den Onkel lieb habe und von Herzen verehre so wie er vom lieben Gott geschaffen ist, oder vielmehr weil er


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mit allen seinen Vorzügen und Fehlern direkt zum Liebhaben ist, das wißt Ihr grad so gut wie ich selber es weiß.

   Und daß Ihr auf meine Treue bauen könnt!

   Daß ich Euch nicht sehen durfte hat mir so sehr leid getan. Ich hoffe von ganzem Herzen, daß Gastein dem lieben, lieben Onkel Erholung und Ruhe gibt. Bitte, laßt mich ab und zu hören, ganz kurz nur, wie es Euch geht. Stellt Euch nur mal selbst vor, wie das ist, wenn man jemand so lieb hat und bleibt lange, lange im Ungewissen über dessen Ergehen und Schicksale. Ich will ja sicher genügsam sein.

   Fräulein Hannes (oder Haunes?) habe ich kennen gelernt. Sie ist ein liebes und gescheites Wesen. Schad, daß ich sie wegen meiner vielen Arbeit wohl kaum näher kennen lernen werde. Wielange bleibt sie eigentlich hier?

   Es grüßt Euch, ihr lieben, lieben Menschen, und wünscht Euch von ganzem Herzen gesundheitliche Besserung und endlich einmal Frieden nach so viel Schmutz und Lärm

   In alter Treue
        Euer dankbarer Neffe
            Willy aus München.

[Es folgen fünf Gedichte Willys, die aus Raumgründen nicht abgedruckt werden]



Eheleute May an Familie Einsle - 30.5.1911

Viele herzliche Grüße aus dem schönen Radiumbade St. Joachimsthal. Die Kur schlägt wunderbar an.

[Unterschrift Mays:]

   Ihr
        alter
            Karl May

Kolorierte Bildkarte: »Sankt Joachimstal. Blick vom Friedhof.« - Poststempel: Sanct Joachimsthal 30.V.11
Adresse und Text von Klara May, Unterschrift Karl May
Anschrift: H. Familie Oberamtsrichter Einsle.


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Eheleute May an Willy Einsle - 27.6.1911

Wir befinden uns zur Nachkur hier, auf der Mendel im Hotel Penegal. Es geht besser, doch noch nicht gut. Wir gedenken noch ca. 4 Wochen hier zu bleiben. Hast Du Lust uns zu besuchen, soll es uns freuen. Viele liebe Grüße Dir und Deinen Lieben von Deinen

alten Radebeulern.

Kolorierte Bildkarte: »Die Bozner Ebene und die Dolomiten vom Penegal (1738 m). Mendel (Tirol.)« - Poststempel: Mendel 27.Vl.11
Text von Klara geschrieben
Anschrift: Herrn stud. med. Willy Einsle



Eheleute May an Willy Einsle - Juni/Juli 1911

Hotel Victoria Bozen.

Innige Grüße Dir und Deinen Lieben von Deinen alten

Radebeulern.

Kolorierte Bildkarte: »St. Cyprian mit dem Rosengarten« - Briefmarke mit dem Poststempel abgelöst, Datum nicht mehr erkennbar
Text von Klara geschrieben
Anschrift: Herrn Willy Einsle.



Eheleute May an Willy Einsle - Juni/Juli 1911

Schwarz-Weiß-Aufnahme, die Karl May sitzend vor dem Rosengarten-Massiv zeigt (siehe Bildteil) - ohne Briefmarke und Poststempel
auf der Rückseite, von Klara May geschrieben:

Herzlichsten Dank
    Ihre alten
        May's.


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Eheleute May an Willy Einsle - 12.7.1911

Aus dem herrlichen Madonna di Campiglio senden Dir und Deinen Lieben herzliche Grüße

   Deine alten
   Radebeuler

Kolorierte Bildkarte: »Madonna di Campiglio - Kaiserin Friedrich-Platz« (unter diesem Drucktext handschriftlich von Klara May »Bocca di Brenta«) - Poststempel: Madonna di Campiglio 12.VII.11
Text von Klara geschrieben
Anschrift: Herrn stud.med. Willy Einsle.



Klara May an Adele Einsle - 22.11.1911

Radebeul, d. 22. Nov. 1911.

Meine liebe Frau Oberamtsrichter!

   Vielen Dank für Ihre teilnehmenden Zeilen. Gern komme ich Ihrem Wunsche nach und berichte Ihnen, was zu berichten ist.

   Zuerst über den Gesundheitszustand unseres Freundes. Gott sei tausend Dank, Joachimsthal hat Wunder gewirkt, und ich bin fest überzeugt, wenn einmal all der Kampf zuende sein wird und er geht wieder dorthin, wird er Kraft für Jahre haben. Momentan peinigt ihn nur das nervöse Asthma. Das entspringt natürlich den unausgesetzten Aufregungen, in denen er sich momentan, mehr als je befindet. Am 18. December früh 9 Uhr soll nun jener harte Kampf zum Austrag kommen in Berlin, gegen Lebius, und hier in Dresden soll auch noch in diesem Jahre die erste Instanz, im zweiten Teil, der Münchmeyersache zum Schluß kommen. Dieser Prozeß hier, ist ja die Quelle aller übrigen Prozesse.

   Die Presse ist natürlich in geeigneter Weise von Lebius vorbereitet, und der Ausgang der Sache mag kommen, wie immer er will, man wird K.M. zu verletzen wissen.

   Ruhig und mit Gottvertrauen sehen wir dem Kommenden entgegen.

   Von Frau Hetty hörte ich lange nichts, und was sie schrieb hat mich recht betrübt. Sie ist ein so goldiges, liebes Menschenkind; warum muß sie nun so leiden?

   Da muß ich an den Ausspruch einer alten Tirolerin denken, den sie tat, als eine Dame sie wegen des vielen und schweren Leides, das auf ihr lag, bedauerte: »Nein Frau, wenn Gott uns nicht züchtigen würde, läge ihm nicht an uns, Er zeigt nur, daß Er uns nicht vergessen.« ---

Willy soll sich nicht mit Briefen für uns abquälen. Wir kennen sein


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goldenes Herz, und das ist uns genug. Seine freie Zeit mag er seinem Bräutchen widmen. Später werden schon sille, reifere Tage kommen, wo die Seele zur Mitteilung drängt.

   In herzlicher Liebe für Sie Alle
        Ihre alten
            May's.

[Nachschrift Karl Mays:]
Bitte, warten Sie nur, es wird!
   Ihr alter KMay.



Klara May an Willy Einsle - wohl Spätherbst 1911

Mein lieber Willy!

   Habe tausend Dank für Deinen Brief. Karl May kann Dir nicht antworten er ist erkrankt. Es wird in diesem Jahr kein Weihnachtsbaum freundlich unser Heim erleuchten. Aber in uns ist Friede und frohes Gottvertrauen. Die neuen Lügen jenes Menschen sind so groß und gemein, er tat so viel was unwahr ist, daß selbst unser Anwalt hofft nun zum Schluß mit dieser Kreatur zu kommen. Ob unser armer unsagbar gepeinigter Freund das Ende noch erlebt, steht in Gottes Hand. Gott segne Dich und Dein Lieb

Klara May.

Bildkarte: Schwarzweißbild in Kreisform »Karl Mays Wohnung in Canada«
Rückseite von Klara May beschrieben


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Karl May an Willy Einsle - Anfang 1912

Mein lieber Junge!

   Du hast das gute Theil erwählt. Sei stolz darauf, daß Du nicht abgefallen bist. Du wirst Dich später sehr darüber freuen.

   Dein Brief wurde am 18/12. geschrieben, als ich in Berlin gegen Lebius kämpfte. Das nächste Schlachtfeld ist meine Heimath, wo es aber keine Geldstrafe, sondern Gefängniß giebt.

   Grüße mir herzlich Deinen herrlichen Onkel Bernhard!

        Dein alter
            Karl May.

Nachschrift auf einem Druck »Ein fachmännisches Urteil über Karl May!«


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Ein fachmännisches Urteil über Karl May!

Der rühmlichst bekannte Forscher und Weltreisende Tzschirner sandte am 18. Dezember, dem Tage, an welchem in Berlin Lebius gegen May verurteilt wurde, folgende Zuschrift an Justizrat Dr. Sello, dem Rechtsanwalt Karl May's:

Sehr geehrter Herr Justizrat!

In der Karl May-Sache biete ich mich Ihnen als sachverständiger Zeuge dafür an, daß Herr May sich mit einem eisernen, genial zu nennenden Fleiße und einer beispiellosen Energie derartige Kenntnisse von den Ländern, die er beschrieb, angeeignet hat, daß Jeder, der sie in der Tat bereiste, vor einem Rätsel steht, wenn er hört, daß Herr May diese Länder nicht persönlich kenne.

   Den schlagendsten Beweis hierfür und damit für die Wahrheit seiner inneren dichterischen Erlebnisse erhielt ich auf der Rückkehr von meiner letzten Weltreise, die mich durch das Gebiet um den Euphrat und Tigris bis Babylon hinaufführte. In dem Hause der deutschen Ausgrabungsexpedition fand ich durch Zufall das May'sche Buch »Durch die Wüste« und brachte das Gespräch auf den Autor. Die Herren, die  j a h r e l a n g  inmitten der von May geschilderten Beduinenstämme, hundert Kilometer und mehr von der nächsten, festen Siedlung entfernt, leben, sind seine begeisterten Freunde, trotzdem sie aus den Zeitungen wußten, daß er nie aus Deutschland hinausgekommen sei.

   Ich selbst, der ich Arabien, Syrien und die libysche Wüste auf verschiedenen Reisen durchquert habe, war frappiert, als ich das Buch auf der Reise durch den persischen Golf las. Da ich selbst Bücher psychologischer Art und Artikel über meine vielen Reisen schreibe, wie Sie aus der zurückerbetenen Anlage ersehen, bin ich wohl zu einem Urteile berechtigt. Es geht dahin, daß man einen derart produktiven, wohl ununterbrochen in seiner Arbeit lebenden, in ihr völlig aufgehenden Dichter, der hunderttausenden deutscher Jünglinge und Männer den kühnen, begeisterten Wagemut in die Brust gepflanzt hat, der England so mächtig machte, unbedingt zubilligen muß, daß er Anspruch darauf hat, sein Privatleben vollständig in seinem Schaffen aufgehen zu lassen und einer anderen Beurteilung unterworfen zu werden als jeder beliebige Philister oder gar ein einem solchen begnadeten Könner gegenüber impotente und neidische Literat, wie der hier in Frage kommende. Wer selbst lebensvolle Bücher geschrieben hat, weiß, in welche Intensität des Miterlebens das Schaffensfieber hineintreibt. Bei May aber ist es Voraussetzung der vollen Entfaltung seiner dichterischen Kraft, daß er seine Persönlichkeit selbst in ihren Mittelpunkt stellt, wie es ganz offen jeder Lyriker und in letzter Linie jeder freischaffende Künstler tut.

   Vor solcher hohen, in ihrer ideellen Wirkung kaum zu überschätzenden Kraft sollte jeder nachdenkliche und künstlerisch empfindende Mensch eine hohe Achtung haben und sich schämen, auf die zweifellos bestehende Lombroso'sche Verwandtschaft Genie, Verbrechen, Wahnsinn oder auf das bekannte Gottfried Keller'sche Gedicht hinzuweisen.

   Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung, sehr geehrter Herr Justizrat.

        In vorzüglicher Hochachtung
            Ihr ergebener
                H. E. Tzschirner.


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Tzschirner: Hans-Erich von Tzschirner-Tzschirne, geb. 24.10.1882 in Demmin/ Pommern, gest. 13.10.1951 in Berlin; kaiserlich-ottomanischer Gouverneur und Major a. D.; Herausgeber der >Nibelungen<, Schriftsteller (Pseudonyme: Tronje Hagen, George, Hevtt): Romane, Reisebeschreibungen; Mitarbeiter der Karl-May-Jahrbücher 1918, 1919 und 1921 (Daten nach: Kürschners Deutscher Literatur-Kalender 1932 u. Kürschners Deutscher Literatur-Kalender. NEKROLOG 1936-1970).

Lombroso: Cesare Lombroso, italienischer Mediziner und Anthropologe, vertrat die Auffassung, daß ein Verbrechen sich aus der physiologisch-psychologischen Eigenart des Verbrechers herleiten ließe, daß ein Mensch zum Verbrecher >geboren sein< könne. Lebius hatte Karl May einen >geborenen Verbrecher< genannt und sich dabei auf Lombroso berufen. May prozessierte wegen dieser Bezeichnung gegen Lebius. Vgl. Brief Klara Mays Ende Dezember 1909.

Keller'sche Gedicht: Wahrscheinlich ist Gottfried Kellers Gedicht >Lied vom Schuft< gemeint.



Geburtstagstelegramm der Familie Einsle an Karl May - 25.2.1912

Telegramm: Herrn Doktor May, Villa Shatterhand
München post 20 den 25/2 um 10 Uhr 50 Min.
telegrafisch herzinnige glückwünsche u. grüsse damit sie sicher frisch u. wohlerhalten ankommen
        familie einsle

sie: Blumensendung zu Mays Geburtstag



Eheleute May an Familie Einsle - 7.3.1912

Vielen Dank für Ihre Depesche mit den »frischen« Grüßen. Unsere sind etwas älter, aber nicht minder herzlich

[Unterschrift Karl Mays:]
Gott segne Sie alle!
   Ihr alter
        Karl May.


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Bildkarte: »Karl May am Niagarafall (Amerika)« (Bild als Oval) - Poststempel: Radebeul 7.3.12
Adresse und Text von Klara May, Unterschrift von Karl May
Anschrift: Hochwohlgeboren Familie Oberamtsrichter Einsle

Abbildung der Karte in: Karl May. Biographie in Dokumenten und Bildern. Hrsg. von Gerhard Klußmeier und Hainer Plaul. Hildesheim-New York 1978, S. 251 (Abb. 593)



Klara May an Willy Einsle - 22.3.1912

Lieber, guter Willy!

   Nein, von Dir kam kein Brief. Aber das Mädchen sagte mir, es seien auch 2 Briefe aus München nicht angenommen worden, weil Strafporto darauf war. Es kommen so viele derart an, leider unterliegen manchmal auch Freundesbriefe diesem Schicksal, weil ich sie gar nicht zu sehen bekomme. - Wir haben Dich vermißt. Anbei eine Drucksache, die Dir sagt, warum wir hier sind. Viele herzliche Grüße Dir und Deinen Lieben von uns beiden

        Tante Klara.

Bildkarte: »Wien. Stadtpark - Die befreite Quelle.« - Poststempel: Wien 11, 22.III.12
Anschrift: Herrn stud.med. Willy Einsle


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Klara May an Willy Einsle - 30.3.1912

Radebeul, d. 30.3.1912

Lieber Willy

   der beste, liebste, edelste Mensch ist heute von uns gegangen. Noch ganz umweht von dem Jubel und der Liebe, die ihn in Wien umgab. Dort hatte er sich erkältet. Wir mußten 2 Tage im ungeheizten Zimmer in unserem Hotel zubringen.

   Schreib Du ein paar liebe Zeilen den Zeitungen, ich möchte nicht, daß die Gemeinheit zuerst mit schmutzigen Fingern an unser Heiligtum tastet.

   Deine
        Tante.


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Nachwort

Der Briefwechsel, den Karl May mit dem jungen Münchner Wilhelm Einsle (1887-1961) zwischen 1902 und 1912 führte, liegt nun, soweit er vorhanden war, mit dem Abdruck seines zweiten Teiles geschlossen vor. Man wird davon ausgehen können, daß es sich um den umfangreichsten, noch erhaltenen Briefwechsel dieser Art handelt. Das nächste Jahrbuch wird sich mit dem nach Karl Mays Tod zwischen Klara May und Willy Einsle geführten Briefwechsel beschäftigen.

   Es dürfte interessieren, wie wir diesem außerordentlichen Fund auf die Spur gekommen sind. Ausgelöst wurde das Ganze durch einen Bericht >Old Shatterhands Korrespondenz mit einem Gymnasiasten< im Bayreuther Tagblatt, der 1957 in zwei Teilen erschienen war; der erste Teil am 20. Februar. Als wir 1986 darauf aufmerksam gemacht wurden, lagen inzwischen fast 30 Jahre zurück. Ein einfühlsamer Kommentar begleitete die in Auszügen wiedergegebenen Briefe Karl Mays, die ihn, wie es hieß, »von einer der Mehrzahl seiner Verehrer wohl unbekannten Seite zeigt, nämlich als Mystiker, Gottsucher und Philosophen«. Wer diese keineswegs für die Öffentlichkeit bestimmten Briefe lese, so weiter, dem offenbare sich »einer jener Großen der Feder, die Menschentum und Nächstenliebe (...) lebten und übten«.

   Immerhin ist es erstaunlich, daß Karl May, schon nach kurzer brieflicher Bekanntschaft, während eines Aufenthaltes in München im August 1902 Mutter und Sohn Einsle aufsuchte. Er muß wohl gespürt haben, daß sich ihm hier eine junge, weitgespannte Seele öffnete.

   Wir standen nun vor der Frage: Wie an den Briefempfänger bzw. seine Erben herankommen? Würde uns das Bayreuther Tagblatt nach so langer Zeit noch weiterhelfen können? Doch wir hatten Glück. Der Redakteur Erich Rappl, der 1957 das Interview mit Dr. Wilhelm Einsle geführt hatte, meldete sich. Wie er ermittelt hatte, müßte ein Sohn als Arzt in Kissingen oder Kitzingen leben. Aber auch über seinen damaligen Interviewpartner wußte er noch einiges zu berichten. So habe dieser 1951 »aus einem recht kauzigen Grund« seinen Wohnsitz eigens nach Bayreuth verlegt: nämlich um die 10000 Bände umfassende Bibliothek des englischen Kulturkritikers Houston Steward Chamberlain (1855 -1927), Schwiegersohn Richard Wagners, zu ordnen. Dieser Arbeit habe er seinen Lebensabend gewidmet. Wegen seiner Verehrung für Chamberlain und Karl May hätte er als Angehöriger der Studentenverbindung >Schlaraffia< den Beinamen >Old Chamberhand< erhalten.

   Wir recherchierten weiter und bekamen Antwort von Frau Dora Einsle aus Kitzingen-Hohenfeld. Ihr Ehemann Dr. Max Einsle, ein


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Sohn von Wilhelm Einsle, war zwar bereits verstorben, aber sie konnte uns aus seinem Nachlaß einen Brief Karl Mays vom 21. Januar 1903(1) (in Fotokopie) übersenden. Über Frau Einsle kam eine Verbindung mit ihrer Schwägerin, Frau Dr. Gertrud Mehringer-Einsle(2) in München-Solln, zustande. Mit ihrem Sohn, Dr. Hartmut Mehringer in Krailing, besuchte sie den Vorsitzenden der Karl-May-Gesellschaft, Professor Dr. Claus Roxin, in seiner Stockdorfer Wohnung, um ihm die gesamten abgelichteten Karten und Briefe von Karl und Klara May, die sich im Familienbesitz befinden, zu überbringen.

   Dr. Hartmut Mehringer ist der Großsohn von Wilhelm Einsle. Dieser widmete seinem Enkel zur Konfirmation 1959 jenes Gedicht, das wir dem Briefwechsel voranstellten.(3) In dem Gedicht, dem er May-Briefe beilegte, bat er: »So mögst Du sie in Ehren halten ...« Ein Vermächtnis, dem auch die Karl-May-Gesellschaft sich verbunden fühlt.

Erich Heinemann



1 Siehe Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft (Jb-KMG) 1991. Husum 1991, S. 21ff.

2 Das Jb-KMG 1991 (S. 97-106) enthält einen informativen Beitrag zum biographischen Hintergrund des Briefwechsels von Frau Dr. Mehringer-Einsle.

3 Jb-KMG 1991, wie Anm. 1, S. 11


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