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MEREDITH MCCLAIN

Karl Mays Llano estakado
und die Wirklichkeit heute*



Zwischen Texas, Arizona, Neu-Mexiko und dem Indianer-Territorium, oder anders ausgedrückt, zwischen den Ausläufern des Ozarkgebirges, der untern und der obern Sierra Guadelupe und den Gualpabergen, rings eingefaßt von den Höhen, welche den oberen Lauf des Rio Pecos und die Quellen des Red River, Sabine, Trinidad, Brazos und Colorado umgrenzen, liegt eine weite furchtbare Strecke Landes, welche die ›Sahara der Vereinigten Staaten‹ genannt werden könnte . . .

   Und wie heißt diese Wüste? Die Bewohner der umliegenden Territorien geben ihr verschiedene, bald englische, bald französische oder spanische Namen; weithin aber ist sie wegen der eingerammten Pfähle, welche den Weg bezeichnen sollen, als Llano estaccado bekannt.(1)

   So hat Karl May in ›Winnetou III‹ (1893) die Gegend in Nordwest-Texas beschrieben, wo heute, genau hundert Jahre später, ungefähr 25 000 Studenten die Texas Tech University besuchen, flächenmäßig eine der größten Universitäten der Welt und eingebettet in einer der jüngsten Großstädte Amerikas, Lubbock, Texas (1890 gegründet, heute fast 200 000 Einwohner). In den hundert Jahren seit der literarischen Geburt des Apachenhäuptlings haben erstaunlich wenige eingeborene Amerikaner von ihm oder von seinem Schöpfer etwas gehört. Helmut Schmiedt hat diese Lage kürzlich so zusammengefaßt: »Mancherlei Probleme wirft auch die Rezeption [von Karl Mays Werk] in anderen Ländern bzw. außerhalb des deutschen Sprachraums auf: in den USA etwa ist May nahezu unbekannt.«(2)

   Noch erstaunlicher für Deutsche, die Karl Mays detaillierte und spannende Beschreibungen des Llano estakado(3) in seinen Wildwesterzählungen fast auswendig kennen, ist die Tatsache, daß sehr wenige Einwohner der Stadt Lubbock vor 1976 den Namen ›Llano estakado‹ gehört hatten. In jenem Jahr wurde die erste Weinkellerei der Gegend unter diesem historischen Namen gegründet, und es ist möglich, daß einige Käufer noch heute ›Llano estakado‹ als eine einheimische Weinsorte verstehen.

   Im Jahre 1976, als ich mit meiner Dissertation über Hölderlin in der Tasche nach Lubbock und an die Texas Tech University berufen wur-

* Vortrag (hier in erweiterter Fassung), gehalten am 14. 10. 1993 auf der 12. Tagung der Karl-May-Gesellschaft in Dresden.


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de, hatte auch ich nur vage Kenntnisse von dem Spanier Francisco Vasquez de Coronado und von dieser mir nicht vertrauten Ecke in Texas, durch die er 1541 auf der Suche nach Gold als erster Europäer gekommen war. Dann, zwei Jahre später, im Sommer 1979, als ich mich bei einem Fulbright-Seminar in Bonn vorstellen sollte, habe ich zufällig erwähnt, daß Lubbock die Hauptstadt des ›sogenannten Llano estakado‹ sei. Ich war völlig verblüfft, als die deutschen Teilnehmer sofort darauf reagierten und Fragen stellten über Verbrecherbanden, deren Mitglieder irgendeine Sorte von Pfählen irgendwann im vorigen Jahrhundert aus der Erde um Lubbock gezogen hatten. Nach der offiziellen Sitzung fragte ein deutscher Politiker sehr gezielt nach den Indianern und den Oasen im Llano estakado. Es war mir höchst peinlich, überhaupt keine Ahnung von diesen anscheinend wohlbekannten Tatsachen meiner eigenen Gegend zu haben, und sobald ich mich wieder in der Texas Tech Bibliothek befand, fing mein Studium an. Zum Glück warteten dort 21 Bände von Karl May auf mich. Und so verlief mein Leben in Lubbock genau wie eine sehr bekannte Straße in Radebeul, die am Anfang Hölderlin-Straße heißt und dann plötzlich und ohne Vorwarnung sich in die Karl-May-Straße verwandelt.(4)

   Also, Karl Mays Llano estakado ist mir bekannt, und mit Erstaunen betrachte ich jetzt wieder die noch heute sehr aktuellen Stellen, wo May die Naturelemente unserer Gegend meisterhaft beschreibt. Zum Beispiel kann man in ›Satan und Ischariot‹ folgendes über das Wetter im Llano estakado lesen: Bald nach Mittag wurde die Luft so schwül, daß man sie kaum zu atmen vermochte, und der Horizont im Süden nahm einen rötlichen Schimmer an . . . Der rötliche Schein am südlichen Horizonte wurde breiter und breiter; er wuchs am Himmel empor. Oben hell und nach unten immer dunkler werdend, stieg er jetzt bis zum Zenith [!] auf und lief zugleich zu beiden Seiten im Osten und Westen zusehends dem Norden zu. Das sah höchst gefährlich aus und war in Wirklichkeit gefährlich; ich wußte das, denn ich hatte schon einigemale einen solchen Sturm in dem Llano estacado erlebt.(5) Auch Winnetou erinnert sich (im ›Geist des Llano estakado‹) an einen solchen Sturm: »Der ‘ntch-kha-n’gul ist über die Llano gegangen. Winnetou sah den schwarzen Leib desselben im Norden. Wehe denen, welche ihm begegnet sind; der Tod hat sie gefressen! . . . Gerade im Osten von hier erhob sich die Llano in die Luft, so daß es dort finster wurde wie mitten in der Nacht. Die Sonne umarmte die Finsternis mit Strahlen roten Blutes. Die Nacht rückte schnell nach Nordosten vor, wo Winnetou sie dann verschwinden sah.«(6)

   Das Wechselhafte am Wetter des Llano estakado ist den Einwohnern heute wohlbekannt. Gastgeber in Lubbock erklären ihren Gästen: »Wenn Sie das Wetter in Lubbock nicht mögen, warten Sie eine Stunde ab!« Dramatische rote Staubstürme muß man tatsächlich ab


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und zu im Frühjahr durchkämpfen, und zu jener Jahreszeit kommen öfters Tornadowarnungen im Fernsehen. Bei einem gewaltigen Wirbelsturm im Jahre 1970 kamen 26 Einwohner von Lubbock ums Leben, und ein Teil der Stadt wurde zerstört.

   Die Luftspiegelung des Llano ist auch heute ein Thema unter den Ranchers der Gegend, die immer wieder von Fata Morganas berichten. Karl Mays Old Shatterhand informiert uns mit diesen Worten: »Verdorrter Kaktus. Es gibt bekanntlich in der Llano meilenweite Strecken, welche so dicht mit Kaktus bedeckt sind, daß kein Reiter hindurchkommen kann. Sind die Pflanzen vertrocknet, so genügt ein einziger unvorsichtiger Funke, um in wenigen Augenblicken ein wahres Feuermeer zu erzeugen . . . Bilder . . . in der Luft (entstehen durch) mehrere verschieden erwärmte Luftströmungen, wie sie z. B. dort bei dem Feuer entstehen.« . . . Er hielt inne. Seine Aufmerksamkeit wurde jetzt auf das Feuer gelenkt, welches in dunkelroter Glut am Horizonte stand, und eine Decke durcheinanderwogender Wolken über sich trug. Und höher noch als diese Wolken, aber diesseits des Feuers und frei schwebend im Luftraume entwickelte sich jetzt das verkehrte Bild einer ebenen, glühend rot erleuchteten Landschaft.(7)

   In den fünfziger Jahren stand Lubbock zum ersten Mal im Blickpunkt der Nation. Damals wurden von einer Gruppe Professoren der Texas Tech University unerklärbare ›fliegende Lichter‹ ziemlich regelmäßig gesehen. In den Zeitungen der Nation standen überall Artikel über die ›Lubbock Lights‹, und obwohl massive Untersuchungen unternommen wurden, kamen keine eindeutigen Erklärungen dieses Phänomens heraus. In seinem Buch ›Caprock Canyonlands: Journeys into the Heart of the Southern Plains‹ (1990 erschienen) bespricht der Autor Dan Flores dieses Phänomen der optischen Täuschung im Llano: »Mirages, like rainbows, aren›t supposed to be there when you are. But the true phenomenon is not so much invention as distortion; al-though objects can be elevated, bizarrely magnified, even turned upside down by summer mirages on the plains, the objects nevertheless exist. Mirages on the Llanos are most associated with the visual distortions created by draws and canyons, and old cowboy Rollie Burns claimed that on a cold and clean December morning in the 1880s a ›perfect mirage‹ enabled him to see into the bottom of Yellow House Canyon while encamped eight miles away from it.«(8) Flores schreibt, daß es im Winter möglich sei, die Lichter der Stadt Hobbs, New Mexico, über 100 Meilen von Lubbock entfernt, deutlich zu sehen. Er deutet auch an, daß die ›Lubbock Lights‹ wohl auch durch Luftspiegelung zu erklären seien.(9)

   Wenn man erfolgreich (d. h. lebend) über Mays Llano estakado kommen will, müssen solche scharfen Naturbeobachtungen gemacht und verstanden werden können. Die texanischen Rancher wissen heu-


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te wohl seit Generationen, daß Kaktusblätter ein lebensrettendes Wasser enthalten. In Zeiten extremer Trockenheit, die immer wieder in der Geschichte des Llano estakado auftauchen, brennen die Ranchers die Stacheln der Kaktusblätter ab, damit ihr Vieh die Blätter kauen kann. Diese Art Rettung vor dem Verschmachten spielt eine wichtige Rolle in Karl Mays Llano estakado. Sogar der unerfahrene Leiter der Auswanderer, der versucht, seine Leute und ihre Ochsenwagen durch den Llano zu führen, weiß über diesen wichtigen Punkt Bescheid: »Ihr sagtet heute früh, wir befänden uns mitten im größten Schrecken der Llano. Warum hat man die Stangen gerade durch diese Gegend gesteckt? Anderwärts kämen wir wohl an eines der großen Kaktusfelder, deren Früchte so viel Feuchtigkeit enthalten, daß wir uns und unsere Tiere laben könnten.«(10)

   Old Shatterhand zeigt uns noch eine weitere, raffiniertere Methode. Er zündet Kaktusfelder an, um den ›Geiern‹ den rettenden Weg zu versperren, und sagt voraus, daß er dadurch zugleich das nötige Wasser für die Zugtiere der Emigranten herbeischaffen kann: Je mehr das Feuer um sich griff, je weiter es nach Süden schritt und da eine Fläche von verschiedenen englischen Quadratmeilen bedeckte, desto sichtlicher trat das ein, was Old Shatterhand erwartet hatte. Der Himmel verlor sein Blau, wurde erst fahlgelb, dann grau, dunkler und dunkler, und wirklich, da zogen sich schwere, dunkle Massen zusammen, welche nicht aus Rauch bestanden. Der jetzt sehr starke Wind ballte sie zu dichten Wolken, welche nach und nach den ganzen Himmel zu bedecken schienen . . . Droben begannen Blitze durch die Wolken zu zucken; einzelne Tropfen fielen, mehrere, immer mehr; jetzt, wahrhaftig, jetzt regnete es wirklich, stärker, immer stärker, bis es schließlich buchstäblich goß wie bei einem tropischen Gewitter.(11)

   Karl May wußte wohl von den Regentänzen der Indianer, aber in diesem Fall ist es nicht Winnetou, der sein Wissen und Können vorweist, sondern der deutsche Westmann. Es gibt heute einen Indianer, der ab und zu einen Regentanz in der Gegend von Post, Texas, am Rand des Llano estakado ausführt. Aber auch dort war es ein Pale-face, der sich am intensivsten mit Regenversuchen beschäftigt hat. Der Gründer der Stadt, Mr. Post, versuchte am Anfang dieses Jahrhunderts, den Regen vom Himmel durch Dynamitsprengungen herabzuzwingen. Und nicht nur einmal! Laut Dan Flores führte Post 21 ›Regenkriege‹ zwischen 1911 und 1913 herbei, wobei jeder ›Krieg‹ ungefähr 300 Pfund Dynamit in Anspruch nahm. Die Erfolgsrate dieser teuren ›Regenkriege‹ ist fast die gleiche wie bei den Regentänzern in den Pueblos: bei den 18 Versuchen (an sehr bewölkten Tagen!), für die Resultate notiert wurden, regnete es drei Mal!(12)

   Der Historiker Walter Prescott Webb hat einmal gesagt, daß der Westen »eine Halbwüste mit einem Wüstenherzen« sei. Die elegante-


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ste Weiterführung dieser Idee finde ich in den Artikeln und Büchern des im Jahre 1993 verstorbenen Wallace Stegner. Mit dem folgenden Stegnerschen Zitat (das am Ende das erwähnte Diktum von Webb enthält) wird der für den Westen charakteristische Zug, die Knappheit des Wassers, prägnant dargelegt: »Aridity, more than anything else, gives the western landscape its character. It is aridity that gives the air its special dry clarity; aridity that puts brilliance in the light and polishes and enlarges the stars; aridity that leads the grasses to evolve as bunches rather than as turf; aridity that exposes the pigmentation of raw earth and limits, almost eliminates, the color of chlorophyll; aridity that erodes the earth in cliffs and badlands rather than in softened and vegetated slopes, that has shaped the characteristically swift and mo-bile animals of the dry grasslands and the characteristically nocturnal life of the deserts. The West, Walter Webb said, is ›a semi-desert with a desert heart‹.«(13) Diese Trockenheit, die den Westen so menschenleer hält, ist auch für die Landschaft von Karl Mays Llano estakado typisch. May konnte sich sehr für diese Einsamkeit, diese unendlich weite Leere, begeistern, wie das folgende Zitat aus ›Old Surehand‹ zeigt: Ein nächtlicher Ritt durch die im Mondenscheine sich dehnende Wüste! Wie gern gönnte ich meinen lieben Lesern die hehren Empfindungen, welche die Menschenbrust dabei höher und höher schwellen lassen! Nur muß das Herz frei von Sorge und von allem sein, was es beklemmen und beengen kann . . . Könnte mir jemand eine Feder geben, aus welcher die richtigen Worte flössen, den Eindruck zu beschreiben, den ein solcher nächtlicher Wüstenritt auf ein gläubiges Menschenherz hervorbringt!(14)

   Hier haben wir ein positives Einsamkeitserlebnis mitten in der sonst bedrohlichen Wüste. May beschreibt nichts weniger als das große Paradoxon des ›Eins-mit-allem-sein‹, wie Hölderlin und Goethe es aus den Fragmenten von Heraklit entnommen hatten. Es ist die Begegnung des sichtbaren äußeren Konflikts mit der versteckten inneren Harmonie, ein Phänomen, das Peter Pütz als »Untrennbarkeit von äußerster Entfernung und innerster Nähe, von sehnlich gesuchter Alterität und gefundener Heimkehr«(15) bezeichnet hat. Was Heraklit in einem Fragment auf paradoxe Weise andeutet, ist genau das, was May hier aussprechen will.(16) Die Feder, die ihm fehlt, fehlte auch dem Schreiber des ›Tao-te-king‹, der mit der folgenden Aussage beginnt: »Der Tao, der verstanden werden kann, ist nicht der echte Tao.«(17)

   Um mit Peter Pütz weiter zu sprechen, fungiert Mays Llano estakado als ›Spannungsfeld‹ für seine Helden und Schurken, so wie Wüste und Prärie in anderen Geschichten ähnliche Funktionen haben. Sicher gibt es nur wenige Karl-May-Leser, die sich mit der Geschichte und der Geographie des Llano in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts beschäftigt haben und sich daher von Mays Darstellung, von


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dem Vielzuviel an Sand einerseits und der übertriebenen Üppigkeit der Oase des Bloody-Fox andererseits, irritiert fühlen. Solch ein Leser weiß, daß der Llano, genau wie der Name aussagt, damals eine Hochgrassteppe war. Schon zur Zeit Coronados wuchs das Gras auf dem Llano so weit sein Auge reichte und so hoch wie der Bauch seiner Pferde. Und das ist es, was Mays Interpretation von ›estakado‹ als ›staked‹ so problematisch macht. Als Coronado dieser Gegend ihren Namen gab – welche ›stakes‹ hätte er aus Mexiko mitbringen können, die lang genug gewesen wären, die Hunderte von Meilen seines Trecks über den Grasozean zu markieren? Im September 1993 schrieb ein Kollege von der Texas Tech University, David J. Murrah, einen Zeitungsartikel über den Llano estakado, worin er eine andere Bedeutung des Wortes ›estakado‹ anbietet: »As the Europeans approached the escarpment, they noted the level plains which lay above the palisaded cliffs, and hence described the formation as the ›palisade plains‹, which, in Span-ish, is also the term ›llano estacado‹.«(18) Das Verb ›estacar‹ bedeutet wohl ›abgesteckt‹, nur hat es oft die Bedeutung von ›festmachen‹, wie in ›Festung‹. Tatsächlich sieht die Ostseite des Llano von ferne wie eine Festung am Horizont aus.

   Aber ohne Karl Mays Pfähle, die von den bekannten Schurken und Verbrecherbanden aus dem Sand (Sand, Sand, wieder Sand und nichts als Sand(19)) gezogen und in falscher Richtung gesetzt wurden – ohne das alles, wo wäre Lubbock, Texas, heute? Sicher nicht auf dem Umschlag der Reclam-Ausgabe von ›Der Geist des Llano estakado‹!(20)

   Ohne Karl Mays Llano estakado wäre ich vielleicht nicht auf den ersten Einsiedler des Llano estakado gestoßen: auf Heinrich Schmitt, der – wie die Republik Texas – im Jahre 1836 geboren wurde (in Roßbrunn, in der Nähe von Würzburg) und – wie Karl May – im Jahre 1912 starb. Mit vierzehn Jahren war Heinrich Schmitt nach Amerika gekommen, zuerst zu einer Schwester in Ohio, war aber bald danach als Henry Clay – genannt ›Hank‹ – Smith endgültig in den amerikanischen Westen gezogen. Die Abenteuer, die ›Uncle Hank Smith‹ damals erlebte und dann im hohen Alter niederschrieb (die Originalmanuskripte sind in einem Archiv sorgfältig aufbewahrt), erinnern sofort an die Unternehmungen Old Shatterhands. Nachdem er im November 1878 mit Frau und Kindern von Fort Griffin nach Blanco Canyon, einer wahrhaft lieblichen Oase im Llano estakado, und in sein ›Rock House‹ eingezogen war, glich sein Leben in vielerlei Hinsicht dem des Helmers, wie ich an anderer Stelle darlegen werde.(21)

   Daß Karl May und ›Hank‹ Smith nie etwas voneinander gewußt haben, ist gewiß. Und so bleibt die Frage, wie es kam, daß ein Deutscher, der nie hier gewesen war, es verstanden hat, diese damals völlig unbekannte Ecke von Texas so gut zu beschreiben. In den Archiven und Bibliotheken der Texas Tech University habe ich nachgeforscht, wer ei-


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gentlich durch den Llano estakado gereist ist und wer danach darüber geschrieben hat. Dabei habe ich interessante, oft vergessene Tatsachen ans Licht gebracht. Zum Beispiel glaube ich bald beweisen zu können, daß Hank Smith schon 1868 als erfahrener Scout allein mit einem Captain Livermore von Fort Griffin einen Treck durch den Llano estakado unternahm, um diese entlegene Gegend für die US-Armee zu vermessen und besonders die lebenswichtigen Wasserquellen zu notieren. Eine Landkarte des Wilden Westens um genau dieses Jahr 1868 hat der Karl-May-Verlag in den dreißiger Jahren herausgegeben; heute verziert sie mehrere May-Bände dieses Verlags. Auf dieser Karte kann man Fort Griffin finden, wo Hank Smith später, im Jahre 1874, seine Frau kennenlernte und wo sie nach der Eheschließung zusammen ein Hotel eröffneten.

   Auf die Frage nach einer möglichen Vorlage für Karl Mays Llano estakado liefern unter anderem zwei Bände mit dem Titel ›The Lone Ranch: A Tale of the ›Staked Plain‹‹ eine Antwort. Autor ist der Ire Captain Mayne Reid (1818-1883), und diese Bücher wurden 1871 in London herausgeben, mehr als 21 Jahre, nachdem er den Llano (ungefähr von 1840 – Winnetous angeblichem Geburtsjahr – bis 1848) erforscht hatte. Das Kapitel ›The Staked Plain‹ in Band I beginnt mit einer unglaublich genauen und detaillierten Beschreibung:

Spread before you a map of prairie-land – and I will point out the tract of territory known as the ›Llano Estacado‹, or Staked Plain.

   It must be a map of modern time, based on the latest explorations; else you will have some difficulty in comprehending the limits assigned to this singular, and yet almost unexplored district of country. A prairie-chart of even less than a quarter of a century ago will show it traversed by a series of parallel streams, the head-waters of the Red River of Louisiana, the Brazos of Texas – as also the numerous tributaries of the Texan Colorado. It is true that these rivers head on the Staked Plain, but none of them run across it. They have their sources within it, debouching from its eastern edge, that boldly bluffs upon the great plain of Texas by an escarpment running continuous for hundreds of miles. A strip on its eastern side is intersected by deep clefts of canons, cut by the numerous streams as they work their way to the outer and lower tableland of Texas.(22)

Am Ende dieses Kapitels bietet uns Reid aus seiner eigene Kenntnis der Gegend eine Erklärung des Namens Llano estakado an:

The staked plain extends longitudinally between what in Hispano-Mexican times were the provinces of Nuevo Mexico and Texas, having for their respective capitals Santa Fe and San Antonio de Bejar. Between these there was a necessary intercourse, both of a commercial and military character. This was carried on by a route that runs in slanting direction across the Staked Plain, a little to the north of its centre, striking on the Texas side the head-waters of the Colorado. To avoid straying from what the desert drift prevented from becoming a trace, the viceregal government took the precaution to have posts or stakes set up, at such distances apart as to be visible from one another.


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   Hence the name of this strange tract – El Llano estakado, or the ›Staked Plain‹ – a title it is likely to bear to the end of time, as well as the trackless ste-rility which was the cause of its being bestowed.(23)

Es gibt Hunderte von Details in den Llano-estakado-Beschreibungen von May und von Reid, die man nebeneinanderstellen kann. Ich nenne hier als Beispiele nur drei Kapitelüberschriften in Reids Werk, die sofort an May denken lassen: ›The Staked Plain‹, ›Into the Desert‹ und ›An Oasis‹.

   Zu seinen Lebzeiten war Thomas Mayne Reid ein sehr erfolgreicher und in England weit und breit bekannter Schriftsteller. Dank der 1978 erschienenen biographischen Forschungsarbeit der Amerikanerin Joan Steele wissen wir sehr viel über das Leben und Werk von Captain Mayne Reid.(24) Auch erfahren wir von Steele viel über die Rezeption von Reids Werken im Ausland. In der May-Forschung sind Ähnlichkeiten zwischen Reids frühem Roman ›The Scalp Hunters‹ (1851), der bereits 1852 in Leipzig auf deutsch erschien, und Mays Wildwesterzählungen bekannt; etwa hat Michael Koser 1975 in seiner Neu-Edition der ›Scalpjäger‹ kurz einige Gemeinsamkeiten genannt,(25) und 1990 hat Klaus Hoffmann in der Monographie ›Silberbüchse, Bärentöter, Henrystutzen‹ auf direkte Verbindungen zwischen Reids Roman und Mays Werken hingewiesen.(26) Außerdem hat Andreas Graf 1991 speziell in den Llano-Szenen Zusammenhänge zwischen den Schilderungen bei May, Reid und Balduin Möllhausen entdeckt.(27) In Reids ›The Scalp Hunters‹ nun findet man ein ganzes Kapitel, ›Geography and Geology‹, in dem genaue wissenschaftliche Beschreibungen der Landschaft von Nordmexiko bis Neu-Mexiko und Texas gegeben werden. Hier, als Stichproben, müssen einige kurze Zitate genügen, die sofort an die oben besprochenen Stellen in Karl Mays Llano-estakado-Darstellungen gemahnen:(28)

We are now, (. . .) near the center of the continent, in the very heart of the Amer-ican Sahara.

North and south for more than a thousand miles, from the plains of Texas to the lakes of Canada, along the whole base of the Rocky Mountains. (. . .) it is a treeless, herbless land.

There can be no rain without vapor in the air. There can be no vapor in the air without water on the earth below to produce it.

There are many oases (. . .) and where water can be used to irrigate the soil, luxuriant vegetation is the consequence.

Es könnte sehr wohl sein, daß solche Beschreibungen des amerikanischen Westens Karl May sehr beeinflußt haben. Interessanter und wichtiger ist die Möglichkeit, daß Karl May das Vorbild seiner Winnetou-Figur in diesem Buch von Reid gefunden haben kann.(29) In dem Kapitel ›Sharp-shooting‹ sieht der Erzähler einen ungewöhnlich schönen und gebildeten jungen Indianerhäuptling:


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He seemed a man of about thirty years of age, and not much under seven feet in height. He was proportioned like an Apollo, and, on this account, appeared smaller than he actually was. His features were of the Roman type; and his fine forehead, his aquiline nose and broad jawbone, gave him the appearance of tal-ent as well as firmness and energy. He was dressed in a hunting-shirt, leggings and mocassins; but all these differed from anything worn either by hunters or their Indian allies. The shirt itself was made out of the dressed hide of the red deer, but differently prepared from that used by trappers. It was bleached almost to the whiteness of kid glove. The breast, unlike theirs, was close, and beautifully embroidered with stained porcuppine quills (. . .) But the most singular feature about this man was his hair. It fell loosely over his shoulders, and swept the ground as he walked! (. . .) His arms and accouterments were shining with metallic brightness, and the stock and butt of his rifle were richly inlaid with silver.(30)

Im nächsten Kapitel (›A feat a la Tell‹) gewinnt dieser herrliche Häuptling eine Wette, indem er mit seiner ›Silberbüchse‹ einen kleinen Kürbis vom Kopf seiner wunderschönen Schwester schießt. Der Häuptling heißt El Sol und seine Schwester La Luna. Als junger Häuptling des Maricopa-Stammes besaß El Sol genug Gold, um eine der besten Universitäten Europas zu besuchen und durch viele Länder zu reisen. Er spricht fließend französisch und englisch, ist offenbar begabt, intelligent und höflich. Kurz gesagt, er ist ein Gentleman. La Luna ist weniger erfahren, dafür aber demütig, tüchtig und wunderschön. Sie hat auch ein glückliches Liebesverhältnis mit einem weißen Westmann (Kapitel ›El Sol and La Luna‹).

   Eckehard Koch hat in seiner Untersuchung über den historischen Hintergrund der Winnetou-Gestalt zu Recht auf Charles Sealsfields Figur El Sol als Vorbild für Winnetou hingewiesen.(31) Es ist nicht unmöglich, daß Reid seinen El Sol von Sealsfield übernommen hat. Im Oktober 1854 versuchte Reid, einen deutschen Verleger für ›Rifle Rangers‹ und ›Scalp Hunters‹ zu finden, und schrieb deswegen folgendes an den Deutschen Nicholas Trübner: »You state that my writings very much resemble those of Sealsfield. I cannot tell whether or no, as I am but very little acquainted with the works of that author. I have heard that they are very popular in Germany. From what I know of the German people, I am led to believe, that works of adventure such as mine are would be more welcome to them than the usual fashionable novels.«(32) El Sol ist das Vorbild für Mays Winnetou, nur ist es sehr wahrscheinlich, daß es die irische anstatt der deutsch-amerikanischen Version war, die May so stark imponiert hat.

   Im Llano estakado kann man heute eine neue Bewegung spüren. Man erwacht, man besinnt sich auf die Geschichte dieser Gegend, mit der Karl May nicht wenig zu tun hat. Dank den Direktoren der Goethe-Institute in San Francisco und Houston, die im Jahre 1992 an einer Veranstaltung zu Ehren Karl Mays teilnahmen, erfuhren die Ein-


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wohner des Llano estakado, wieviel die Deutschen über ihre Gegend wissen. Diese Direktoren haben auch dafür gesorgt, daß Kontakte zwischen den Bürgermeistern von Lubbock und von Bad Segeberg aufgenommen wurden. Eckehard Koch von der Karl-May-Gesellschaft wurde nach Lubbock gesandt, um einen Vortrag zu halten und das Gebiet zu besichtigen, in dem sich Old Shatterhand, Winnetou, Bloody-Fox, Sanna, Bob und Helmers mit Frau einstmals aufgehalten haben.(33) Exponate über die Karl-May-Festspiele wurden nach Lubbock geflogen und im Flughafen und in der Universität mehrere Wochen lang aufgestellt. Material für eine Ausstellung über den Llano estakado ist bereits im Karl-May-Museum in Radebeul eingetroffen. Gegenseitige Besuche werden abgestattet, Pläne für die Zukunft werden gefaßt, und in Lubbock arbeitet die Stadtverwaltung daran, den Einheimischen die spannende und wichtige, aber fast in Vergessenheit geratene Geschichte des Llano estakado nahezubringen.

   Östlich von Lubbock, im Blanco Canyon, wo ›Uncle Hank‹ Smith als erster Pionier in seinem ›Rock House‹ wohnte, wo am Abend bei Mondschein noch die Coyoten zu hören sind, wo an einem stillen späten Nachmittag mit etwas Glück ein Puma im Gebüsch zu sehen ist – am Rande dieses historischen Canyons haben Mrs. Georgia Smith Ericson (eine Enkelin Hank Smiths), eine texanische Germanistin und Freunde aus Deutschland im Jahre 1993, hundert Jahre, nachdem in Deutschland der Roman von dem großen Indianerhäuptling das Licht der Welt erblickt hat, ein indianisches Häuschen im Adobe-Stil namens ›Winnetou-Haus‹ eingeweiht. Wenn man von dem Balkon des ›Winnetou-Hauses‹ hinüber zum Blanco Canyon, westlich nach der Ruine des ›Hank-Smith-Hauses‹ und südlich zu dem großen Solarhaus von Mrs. Ericson (der ›Casa del Sol‹), spähte, konnte man während des ganzen Jahres öfters kleine Gestalten auf dem Fußpfad sehen, die sich langsam nach Osten bewegten. Sind das die Comanchen, die zu ihrem Camp endlich zurückkehren? Nein, es sind Freunde aus Deutschland: Direktoren der Goethe-Institute mit ihren Familien, Bläser einer bayerischen Musikkapelle, Mitglieder des ›Old Lubbock Town Club‹ aus Köln, der Bürgermeister von Bad Segeberg mit dem Geschäftsführer der Karl-May-Spiele, Familien aus Genthin und Stendal, Ehepaare aus Berlin und Wilhelmshaven, Freunde aus Essen und Bonn – Karl-May-Leser sie alle, die durch den roten Staub, durch Kaktus und Mesquite sich auf den Weg zu ›Winnetou‹ machen, um bei einem Gläschen Tequila dem Geist des Llano estakado zu lauschen.

   Es ist genau so, wie Claus Roxin es kürzlich dargelegt hat: »Winnetou und Old Shatterhand (. . .) haben sich längst vom gedruckten Papier gelöst und leben im Bewußtsein von Millionen wie alte Freunde, wie wirkliche Menschen. Mit dieser mythenschaffenden Kraft (. . .) wächst Karl May in eine Dimension hinein, die von der Kritik schon


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gar nicht mehr zu erreichen ist. Er ist eine sozialpsychologische Realität.«(34)

   Karl Mays Llano estakado bereichert das alltägliche Leben in der Wirklichkeit heute und öffnet viele unerwartet interessante Türen in eine Zukunft von internationaler Zusammenarbeit und Freundschaft.



1 Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. IX: Winnetou der Rote Gentleman III. Freiburg 1893, S. 79, 81

2 Helmut Schmiedt: Wissenschaft um Karl May. In: Büchermarkt. Nr. 6 (1993), S. 18

3 Der Llano estakado ist bei May Handlungsort in:

– Karl May: Ein Dichter. Eine Erzählung aus den Vereinigten Staaten von Karl Hohenthal. In: All-Deutschland/Für alle Welt. 3. Jg. (1879) – später überarbeitet in: Karl May: Die Rose von Kaïrwan. Erzählung aus drei Erdtheilen. Osnabrück 1894

– Karl May: Deadly Dust. In: Deutscher Hausschatz. VI. Jg. (1880) – später überarbeitet übernommen in May: Winnetou III, wie Anm. 1

– Karl May: Das Waldröschen oder die Rächerjagd rund um die Erde. Dresden 1882/84; Reprint Leipzig 1988f.

– Karl May: Der Geist der Llano estakata. In: Der Gute Kamerad. 2. Jg. (1887/88); Reprint der Karl-May-Gesellschaft 1979 – später als Buchausgabe: Karl May: Der Geist des Llano estakado. In: Karl May: Die Helden des Westens. Stuttgart o. J. (1890)

– Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. XIV: Old Surehand I. Freiburg 1894

– Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXII: Satan und Ischariot III. Freiburg 1897 – Erstfassung: Karl May: Die Jagd auf den Millionendieb. In: Deutscher Hausschatz. XXII. Jg. (1895/96)

4 Meredith McClain: ›Der Cowboy‹. A look at the German Fascination with the Wild West. In: Heritage of the Great Plain. Vol. XIV. No. 4 (Fall 1981), S. 3-12

5 May: Satan und Ischariot III, wie Anm. 3, S. 76f.

6 May: Der Geist der Llano estakata, wie Anm. 3, S. 714

7 Ebd., S. 651f.

8 Dan Flores: Caprock Canyonlands. Journeys into the Heart of the Southern Plains. Austin 1990, S. 23f. – Übersetzung der Passage – hier und in den folgenden Fällen von Eckehard Koch –: »Von atmosphärischen Erscheinungen, wie Regenbogen, nimmt man nicht an, es gebe sie dort, wenn man sich selbst dort aufhält. Aber das wahre Phänomen besteht nicht so sehr in Täuschung als in Verzerrung; obwohl Objekte durch sommerliche Luftspiegelungen auf den Ebenen in die Höhe gehoben werden können, bizarr vergrößert, sogar auf den Kopf gestellt, existieren diese Objekte nichtsdestoweniger wirklich. Luftspiegelungen in den Llanos sind am meisten verbunden mit optischen Verzerrungen, die durch Gewässer und Canyons bewirkt werden, und der alte Cowboy Rollie Burns behauptete, daß an einem kalten und klaren Dezembermorgen in den 1880ern eine ›perfekte Luftspiegelung‹ es ihm ermöglicht habe, in den Grund des Yellow House Canyons zu blicken, während er acht Meilen davon kampierte.«

9 Ebd., S. 7

10 May: Der Geist der Llano estakata, wie Anm. 3, S. 795

11 Ebd., S. 819

12 Flores, wie Anm. 8, S. 38

13 Wallace Stegner: Where the Bluebird Sings to the Lemonade Springs. Living and Writing in the West. New York 1992, S. 46 – Übersetzung: »Trockenheit gibt mehr als alles andere der Landschaft des Westens ihren Charakter. Es ist die Trockenheit, die der Luft ihre außerordentliche trockene Klarheit verleiht; die Trockenheit, die das Licht mit Brillanz ausstattet und die Sterne glänzender und größer macht; die Trockenheit, die die Gräser sich zu Büscheln entwickeln läßt statt zu Rasen; die Trockenheit, die die Pigmentierung der rohen Erde entblößt und die Farbe des Chlo-


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rophylls beschränkt, beinahe sogar ganz entfernt; die Trockenheit, die die Erde in Felsklippen und badlands statt in sanfte und pflanzenbewachsene Hänge erodieren läßt, die die typisch flinken und wendigen Tiere des trockenen Graslandes und das typische nächtliche Leben der Wüste geprägt hat. Der Westen ist, wie Walter Webb sagte, ›eine Halbwüste mit einem Wüstenherzen‹.«

14 May: Old Surehand I, wie Anm. 3, S. 396f.

15 Peter Pütz: Wüste und Prairie. Zwei Spannungsfelder für Mays Helden. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft (Jb-KMG) 1993. Husum 1993, S. 77

16 Vgl. Hermann Diels/Walther Kranz: Die Fragmente der Vorsokratiker. Berlin 1934, Nr. 51.

17 Philip Wheelright: Heraclitus. New York 1974, S. 110 (Übersetzung durch den Autor)

18 David J. Murrah: Llano Estacado – Treasure Trove. In: The Lubbock Avalanche-Journal. 5 (September 1993), S. 13 – Übersetzung: »Als sich die Europäer dem Steilabhang näherten, bemerkten sie die flachen Plains, die oberhalb der Palisadenklippen lagen, und von daher beschrieben sie die Formation als die ›Palisaden-Ebenen‹, was im Spanischen auch dem Begriff ›llano estacado‹ entspricht.«

19 May: Die Rose von Kaïrwan, wie Anm. 3, S. 122

20 Karl May: Der Geist des Llano estakado. Hrsg. von Bernhard Kosciuszko. Stuttgart 1984 (Reclam UB 8235)

21 Eine Monographie über: ›Der deutsche Geist des Llano estakado: Mythos und Realität‹ befindet sich in Vorbereitung.

22 Captain Mayne Reid: The Lone Ranch. A Tale of the ›Staked Plain‹. Vol. I. London 1871, S. 140 – Übersetzung: »Breiten Sie vor sich eine Karte des Prärielandes aus – und ich werde den Landstrich zeigen, der als ›Llano estacado‹ bzw. ›Staked Plain‹ (Abgesteckte Ebene) bekannt ist. / Es muß eine Karte aus neuerer Zeit sein, basierend auf den jüngsten Forschungen; ansonsten werden Sie etwas Schwierigkeiten haben, die Grenzen zu verstehen, die für dieses einzigartige und noch fast unerforschte Gebiet festgelegt sind. Eine Karte der Präriegebiete, die nicht einmal ein Vierteljahrhundert alt ist, würde es von einer Reihe paralleler Flüsse durchzogen zeigen, den Quellflüssen des Red River von Louisiana, dem Brazos von Texas – wie auch den zahlreichen Nebenflüssen des texanischen Colorado. Zwar entspringen diese Flüsse in der Staked Plain, aber keiner fließt durch sie hindurch. Sie haben ihre Quellen in ihr, wobei sie sich von ihrem östlichen Rand ergießen, der sich auf der großen texanischen Ebene kühn als Steilklippe in Szene setzt, welche sich über Hunderte von Meilen ohne Unterbrechung entlangzieht. Ein Landstrich auf seiner östlichen Seite wird durch tiefe Canyons zerteilt, die von den zahlreichen Flüssen herausgeschnitten wurden, als sie sich ihren Weg zum außerhalb und tiefer gelegenen Tafelland von Texas bahnten.«

23 Ebd., S. 148 – Übersetzung: »Die Staked Plain erstreckt sich längengradmäßig zwischen den Gebieten, die in spanisch-mexikanischen Zeiten die Provinzen Nuevo Mexico und Texas bildeten, mit ihren Hauptstädten Santa Fe bzw. San Antonio de Bejar. Zwischen diesen gab es einen notwendigen Austausch, der sowohl wirtschaftlichen als auch militärischen Charakter hatte. Dieser erfolgte über eine Route, die in schräger Richtung durch die Staked Plain führte, etwas zum Norden ihres Zentrums gerichtet, wobei sie auf texanischer Seite die Quellflüsse des Colorado berührte. Um vorzubeugen, daß man sich verirrte – die Wüstenverwehungen verhinderten, daß ein bleibender Weg entstand –, ergriff die vizekönigliche Regierung die Vorsichtsmaßnahme, Pfähle oder Stangen einsetzen zu lassen, und zwar dergestalt, daß sie noch in Sichtweite zueinander standen. / Daher der Name für diesen merkwürdigen Landstrich – El Llano estakado oder die ›Staked Plain‹ (Abgesteckte Ebene) – ein Name, den er wahrscheinlich bis zum Ende aller Zeiten ertragen wird ebenso wie die pfadlose Unfruchtbarkeit, die die Ursache seines Entstehens gewesen ist.«

24 Joan Steele: Captain Mayne Reid. Boston 1978

25 Michael Koser: Nachwort. In: Mayne Reid: Die Skalpjäger. Frankfurt a. M. 1975, S. 278f. (Reihe Das Schmökerkabinett; Angabe im Impressum: »Neuausgabe unter Verwendung einer anonymen Übersetzung des 19. Jahrhunderts«)


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26 Klaus Hoffmann: Silberbüchse, Bärentöter, Henrystutzen – Mythos und Realität. In: Klaus Hoffmann/Jochen Rascher/Peter Richter: Silberbüchse/Bärentöter/Henrystutzen. Die berühmtesten Gewehre des Wilden Westens. Radebeul 1990, S. 13f.

27 Andreas Graf: »Habe gedacht, Alles Schwindel«. Balduin Möllhausen und Karl May – Beispiele literarischer Adaption und Variation. In: Jb-KMG 1991. Husum 1991, S. 340 und S. 359 (Anm. 58)

28 Captain Mayne Reid: The Scalp Hunters. A Thrilling Tale of Adventure and Romance in Northern Mexico. New York 1899 – Die folgenden Zitate S. 139, 140, 141, 144 – Übersetzung: »Wir sind jetzt, (. . .) nahe der Mitte des Kontinents, direkt im Herzen der Amerikanischen Sahara.« (Siehe auch Reid: Skalpjäger, wie Anm. 25, S. 88.) / »Nach Norden und Süden über mehr als tausend Meilen, von den Ebenen von Texas bis zu den Seen Kanadas, entlang dem gesamten Sockel der Rocky Mountains. (. . .) es ist ein baumloses, pflanzenloses Land.« (Siehe auch Reid, ebd.) / »Es kann keinen Regen ohne Feuchtigkeit in der Luft geben. Es kann keine Feuchtigkeit in der Luft geben ohne Wasser auf der Erde darunter, die sie hervorbringt.« / »Es gibt viele Oasen (. . .), und dort, wo Wasser verwendet werden kann, um den Boden zu bewässern, ergibt sich üppig wachsende Vegetation als Konsequenz.«

29 Vgl. Koser, wie Anm. 25.

30 Ebd., S. 157 – Übersetzung: »Er schien ein Mann im Alter von etwa dreißig Jahren zu sein, und in der Größe nicht viel unter sieben Fuß. Er war körperlich proportioniert wie ein Apollo und erschien von daher kleiner, als er tatsächlich war. Seine Züge waren von römischem Typ; und seine feine Stirn, seine Adlernase und sein breiter Kiefer gaben ihm den Anschein von besonderer Begabung wie auch von Entschlossenheit und Energie. Er war gekleidet in ein Jagdhemd, Leggings und Mokassins; aber all dies unterschied sich von dem, was Jäger oder ihre indianischen Verbündeten tragen. Das Hemd selbst war aus geschmücktem Rotwildfell hergestellt, aber in anderer Weise gefertigt als die Hemden, die von Trappern üblicherweise verwendet werden. Es war fast bis zur Weiße eines Glacéhandschuhs gebleicht. Das Brustteil, anders als bei Trapperhemden, war geschlossen und wunderschön mit bunten Stachelschweinborsten bestickt (. . .) Aber das ganz einzigartige Kennzeichen dieses Mannes war sein Haar. Es fiel locker über seine Schultern und streifte den Boden, wenn er ging! (. . .) Seine Waffen und seine Ausrüstung leuchteten in metallischem Glanz, und der Schaft und der Kolben seines Gewehres waren reich mit Silber beschlagen.« (Siehe auch Reid: Skalpjäger, wie Anm. 25, S. 95f.)

31 Eckehard Koch: »Winnetou war geboren 1840 und wurde erschossen am 2. 9. 1874.« Zum historischen Hintergrund der Winnetou-Gestalt. In: Karl Mays ›Winnetou‹. Studien zu einem Mythos. Hrsg. von Dieter Sudhoff und Hartmut Vollmer. Frankfurt a. M. 1989 (S. 134-42)

32 Zit. nach: Steele, wie Anm. 24, S. 26 – Übersetzung: »Sie stellen fest, daß meine Schriften sehr denen von Sealsfield ähneln. Ich kann dazu weder ja noch nein sagen, da ich mit den Werken dieses Autors nur sehr wenig vertraut bin. Ich habe vernommen, daß sie in Deutschland sehr beliebt sind. Was ich über die Deutschen weiß, führt mich dazu, fest zu glauben, daß Abenteuerbücher, wie es meine sind, bei ihnen mehr Anklang finden würden als die üblichen modernen Romane.«

33 Siehe hierzu auch Eckehard Koch: The German perspective of the American Indian – Karl May. Vortragsreise in den USA. In: Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft 96/1993, S. 10f.

34 Claus Roxin: Editorial. In: Büchermarkt. Nr. 6 (1993), S. 3


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