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HANS-DIETER STEINMETZ

Karl Mays Grabmal in Radebeul

»Radebeul und Athen waren durch Zillers (. . .) eng verbunden.«
Klara May (1942)(1)



I.

An einem beginnenden Sommertag im Golf von Ägina, unweit des Hafens von Piräus, steht an der Reling des österreichischen Lloyd-Dampfers ›Aurora‹ ein älterer Herr im Reiseanzug und blickt auf das Meer. Der Passagier – der Schriftsteller Karl May – denkt zurück an seine nun schon 15 Monate währende Orientreise, deren Stationen und an die unterwegs gewonnenen Eindrücke. Auf dem letzten Abschnitt seiner Reise wird der erfolgreiche Autor von seiner Frau Emma und dem befreundeten Ehepaar Richard und Klara Plöhn begleitet. Gemeinsam haben sie erst vor wenigen Tagen in Istanbul Klaras Geburtstag gefeiert. Einzig die Krankheit Richard Plöhns(2) gibt auch unterwegs Anlaß zur Besorgnis. Die antiken Baudenkmäler und Schätze Athens und seiner Umgebung sollen in den folgenden sechs Tagen besichtigt werden; anschließend wollen die vier Reisenden den Rückweg über Korfu, Italien und Südtirol in die sächsische Heimat antreten. Keiner von ihnen hat beim Betreten des griechischen Bodens geahnt, daß hier ein Gedanke entstehen wird, dessen Verwirklichung sie noch weit über diese Reise hinaus schicksalhaft miteinander verbinden sollte . . .

   Montag früh . . ., schrieb Karl May am 9. Juli 1900 in sein Reisetagebuch, kamen wir in Piräus an. Man hatte ohne unser Wissen aus dem Pera Palast [in Istanbul] nach Athen telegraphiert, und so wurden wir erwartet am Hafen und nach dem Hotel Grande Bretagne geleitet . . . Wagen zur Fahrt nach Athen standen bereit. Zuerst grüßte uns der Piräus, dann der Hymettos, dann die Sternwarte und die Akropolis.(3) Die Wagenfahrt endete an dem noch bestehenden Hotel ›Grande Bretagne‹ vis-à-vis dem alten Königsschloß, wo heute das Parlament tagt; schon zur Jahrhundertwende war das Hotel eine ›erste Adresse‹ in Athen.(4) Abends auf unserem Balkon das rege Treiben auf dem Königsplatz [dem heutigen Syntagmaplatz] zu beobachten, ist lohnend und schön. Am Abend erwacht das Leben, da es am Tage zu heiß ist. Noch am Ankunftstag sa-


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hen sich die beiden Ehepaare den Tempel des Zeus und den Hadriansbogen an und stiegen hinauf zur Akropolis, die sie während der Dauer des Aufenthaltes noch mehrmals aufsuchten. Zu den laut Reisetagebuch besichtigten Sehenswürdigkeiten gehörten das Archäologische Nationalmuseum, das Panathenäische Stadion (hier fanden vier Jahre zuvor die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit statt) sowie das Olympieion (Tempel des Olympischen Zeus), von May als Tempel des Jupiter Olympios bezeichnet; dazu kamen die bekannten Sehenswürdigkeiten der Altstadt (Pláka), der Hadriansbogen, das Lysikratesdenkmal und der Turm der Winde, und einmal fuhren sie auch hinaus zum Kerameikós, der antiken Gräberstätte. Am 12. Juli unternahmen sie einen Ausflug nach Eleusis, dem antiken Kultort der Demeter.

   Zwei Tage später, am Abschiedstag, wurden nochmals die touristischen Höhepunkte Athens besucht. May notierte: Ich stieg früh auf den Lykabettos. Der Name dieses fast 280 Meter hohen Felsens, heute mitten im Zentrum, bedeutet sinngemäß ›der nur den Wölfen Zugängliche‹, und der ›Baedeker‹ empfahl ihn für einen Spaziergang ab dem Hotel ›Grande Bretagne‹: »In ½ St. erreicht man den Gipfel des Lykabettos. Oben ist eine Kapelle des H. Georgios, deren Wächter dem Reisenden einen Stuhl anbietet (. . .) Die Aussicht, die früh morgens und abends besonders schön ist, umfaßt die Stadt Athen mit der Akropolis und der sie umgebenden attischen Ebene, den Piräus, die Bucht von Phaleron und den ganzen Saronischen Meerbusen (. . .) Im O. erhebt sich der Hymettos«.(5) May hält dazu im Reisetagebuch begeistert fest: Es war da ein Ausblick sondergleichen. Die Stadt lag im Sonnenglanze unter mir mit ihren rotgrauen Dächern. Wie mag sie erst früher von hier ausgeschaut haben! Ich wünsche, daß ich sie wiedersehe. Während des Tages unternehmen die Ehepaare gemeinsam einen Spaziergang zum westlich der Akropolis gelegenen Nymphenhügel, auf dem sie die 1843-46 erbaute Sternwarte besuchen. Vom Nymphenhügel hat man einen schönen Blick auf die Westseite der Akropolis mit den Propyläen. Der weitere Weg wird wohl über den Pnyx- und Philopappos-Hügel geführt haben, denn May nennt als nächstes Ziel: Dann zum Jupitertempel noch einmal.

   Von besonderem Reiz ist seit jeher der Besuch der Akropolis bei Mondschein, den auch die Radebeuler erleben wollten: Abends nach Tische spät noch einmal auf meine Sondererlaubniskarte, die auch nachts mir und meiner Begleitung Eintritt verschafft, hinauf zur Akropolis. So exklusiv, wie es scheint, ist eine solche von May erwähnte Sondererlaubnis jedoch nicht gewesen, denn im ›Baedeker‹ findet sich der Hinweis: »Der Zutritt zur Akropolis ist bis Sonnenuntergang gestattet;


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nur zum Besuch bei Mondschein bedarf man eines auf den Namen ausgestellten Erlaubnisschein, welcher vom Generalephorat unentgeltlich erteilt wird«.(6)

   Die antike Umgebung, die schöne Sommernacht und wohl auch wehmütige Gedanken an den bevorstehenden Abschied von dieser Stadt wirkten auf die beiden befreundeten Ehepaare ein, und fernab der sächsischen Heimat begann an jenem 14. Juli 1900 die Geschichte des Grabmals auf dem Radebeuler Friedhof, die in diesem Beitrag näher dargestellt werden soll. Zauberhaft spielte der Mondenschein in den Trümmern, die sich zu beleben schienen. Lange verweilten wir. Auf den Stufen des Nike-Tempels begeisterte uns Klara für den Gedanken, diesen Tempel nachbilden zu lassen und ihn zum Andenken an diese Zeit auf dem heimischen Friedhof zu erbauen und uns alle darin zur letzten irdischen Rast betten zu lassen. Sie bekam dazu freie Hand. Klara May reflektierte 1912 nach Mays Tod die Stimmung jener Nacht in einem Brief an Willy Einsle: »Eine Nacht an den Pyramiden, eine Nacht auf der Akropolis. Da kommt Gott ganz, ganz nahe zu Dir und erlaubt Dir weit, weit in die Vergangenheit zu schauen, alles Kleine versinkt, es wird weit, hell und plötzlich kannst Du fliegen, fliegen, direkt in Gottes Himmel hinein und wer da einmal war, der erträgt dann das Leben auf der platten Scholle, ohne selbst platt zu werden, weiß er doch, er kann fliegen und einmal noch muß ja die Zeit wieder kommen, wo er fliegt, wo er siegt und direkt zurück zum Himmel kehrt, wie unser lieber, lieber Karl May!«(7)

   Was war das für ein Bauwerk, für dessen mögliche Nachbildung Klara sich so begeistern konnte?

   Der Athena als Siegbringerin (Nike) wurde der Tempel 432-21 v. Chr., nach Vollendung von Parthenon und Propyläen, aus Dankbarkeit für die Siege über die Perser an seinem von alters her geheiligten Platz auf der Akropolis errichtet. Gemeinsam mit deren mächtiger Front bestimmt der zierliche Bau (Grundfläche 8,27 x 5,44 m) deren monumentale, reich gegliederte Westansicht. Er erhebt sich auf einer 8 m hohen massiv aus Porósstein aufgemauerten Bastion, die später mit Marmor verkleidet wurde, und besteht, wie die Propyläen, selber ganz aus pentelischem Marmor. Über dem dreiteiligen Architrav zieht sich ein Skulpturenfries mit Schlachtenszenen und Götterbildern rings um den ganzen Bau; die Bastion, auf welcher der Tempel steht, war im Altertum mit einer steinernen Brüstung versehen, die an der Außenseite Reliefplastik trug und heute im Akropolismuseum ausgestellt ist.

   Der Niketempel, eines der geschlossensten Beispiele der zartgliedrigen ionischen Architektur, war 1686 von den Türken völlig zerstört und


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als Baumaterial für eine Befestigungsanlage verwendet worden, die von der Nike-Bastion bis zum Nordflügel der Propyläen lief. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurde auf der Akropolis durch Abräumen nachantiker Einbauten und durch Restaurierungsarbeiten der klassische Zustand (5. Jahrhundert v. Chr.) so weit wie möglich wieder sichtbar gemacht. Das begann 1836, unmittelbar nach der Befreiung von der Türkenherrschaft, mit der Wiederherstellung des Niketempels aus den erhaltengebliebenen Teilen durch die Architekten Eduard Schaubert und Christian Hansen unter der Leitung des Archäologen Ludwig Roß, der zum Stab König Ottos I. (1815-67) gehörte. Die Rekonstruktion gelang anhand von Zeichnungen eines nicht mehr in Athen bestehenden Paralleltempels am Illissos-Fluß. Von dem Dach, das östlich und westlich in skulpturlosen Giebeln auslief, sind nur wenige Stücke wieder aufgefunden worden. Der Niketempel wurde in Deutschland für die kunstgeschichtliche Forschung bekannt, als Roß, Schaubert und Hansen 1839 in Berlin gemeinsam ein Buch über die Ausgrabungen und die Wiedererrichtung des Bauwerkes veröffentlichten.(8) Seit damals und erneut nach Sicherungsarbeiten in den Jahren 1936-40 von Grund auf wiederhergestellt, präsentiert sich der Niketempel dem Besucher als elegantester Bau der Akropolis. Leider kann man das Bauwerk heute nicht mehr aus der Nähe besichtigen. Es liegt weit hinter der Absperrung, die die Bauten der Akropolis vor den Abertausenden von Touristenfüßen schützt.(9)

   Da, wie bereits erwähnt, während des Athen-Besuches im Juli 1900 erstmals der Gedanke einer Antike-Nachbildung als Grabmal aufkam und der Entschluß nur durch das ›Reisetagebuch‹ Karl Mays belegt ist, ist es erforderlich, auf die Quellenlage einzugehen. Eigentlich sind es zwei ›Reisetagebücher‹: »Das erste besteht aus einem kleinen Kalendarium für das Jahr 1899 und enthält knappe, stichwortartige Eintragungen«.(10) Während des zweiten Teils der Reise (1900) hielt May seine Eindrücke in einem Manuskript fest. »Nach dem verspäteten Zusammentreffen mit Emma und dem Ehepaar Plöhn nehmen die Reiseaufzeichnungen im Mai, Juni und Juli 1900 einen anderen Charakter an: sie werden ausführlicher, lebhafter und reflektierender.«(11) Von diesem Originalmanuskript existieren nur noch wenige Fragmente (teils mit Zeichnungen von May);(12) überliefert ist der Text in der von Klara May in den zwanziger Jahren gefertigten Teilabschrift in einen Blindband der ›Himmelsgedanken‹. Bei einem Vergleich der Original-Textfragmente mit den entsprechenden Passagen der Abschrift ist festzustellen, daß Weglassungen durch Klara keine Ausnahme waren. Das ›Reisetagebuch‹ dürfte etwa den dreifachen Umfang der überlieferten Ab-


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schrift gehabt haben. Die 1971 veröffentlichte akribische Dokumentation der Orientreise stützt sich auf die Teilabschrift Klara Mays; der im Band ›Lichte Höhen‹(13) aufgenommene Auszug aus dem ›Reisetagebuch‹ wurde leicht bearbeitet.

   Der den Aufenthalt in Athen betreffende Abschnitt des ›Reisetagebuches‹ ist nur in der Abschriftfassung überliefert, und es fällt in Anbetracht des dichtgedrängten Besichtigungsprogrammes der anderen Tage auf, daß es keine Eintragung zum 13. Juli 1900 gibt. Offensichtlich handelt es sich hier um eine der Auslassungen Klara Mays. Wenn Karl May auf Reisen war, nutzte er in der Regel die Gelegenheit, um Freunde, Bekannte oder deren Verwandte in der Ferne zu besuchen – so beispielsweise Anfang Mai 1900 in der deutschen Kolonie Sarona die Familie Lippmann, die aus Radebeul stammte,(14) oder 1908 während der Amerikareise seinen Schulfreund Pfefferkorn in Lawrence (Mass.).(15) In den bisher nur wenig beachteten Reisebriefen Klara Mays von ihrer Weltreise im Jahr 1934 erinnerte sich die Witwe an jene Tage des ersten Aufenthaltes, ohne die Spuren zu verwischen: »Ein in Athen lebender Architekt, ein Radebeuler Kind, Professor Ziller, hatte uns durch Griechenlands Schätze geführt. Begeistert griff er unseren Gedanken auf und führte ihn mit seinem Bruder, der ebenfalls ein Menschenalter in Athen gelebt hatte, in Radebeul aus. Dort steht nun die Nachbildung des Niketempels von der Akropolis in Athen«.(16) Bei der Teilabschrift des ›Reisetagebuches‹ tilgte Klara May etwa vorhandene Hinweise auf das Treffen mit Professor Ziller. Auch scheint der Abschlußsatz der Eintragung vom 14. Juli 1900 zum Grabmal-Vorhaben (Sie bekam dazu freie Hand.) bei der Abschrift von Klara hinzugefügt worden zu sein.(17) Schon wieder vorsichtiger schrieb Klara May 1942 in einem Brief über die Vorgeschichte des Grabmales: »Die Brüder Ziller, die beide dort [in Athen] waren brachten das Werk zur Ausführung. Radebeul und Athen waren durch Zillers, die die Lößnitz begründeten eng verbunden«.(18) Die Zusammenhänge, auf die Klara May hier anspielt, bedürfen einer näheren Erläuterung.


II.

Wer sich mit der Bau- und Kulturgeschichte der Lößnitzortschaften befaßt, stößt zwangsläufig auf die Spuren, die drei Generationen der angesehenen Baumeisterfamilie Ziller hinterlassen haben. Zu einer Verbindung zwischen Karl May und den Zillers kam es spätestens im Herbst 1895, als der Schriftsteller auf der Suche nach einem Grundstück


Der Nike-Tempel von Nordosten (1891/92) [54,7-Kb-Jpg]


Heinrich Schliemanns Grabmonument auf dem Zentralfriedhof in Athen (Zeichnung von Ernst Ziller, 1892) [120-Kb-Jpg]


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in Radebeul war. Karl May erwarb im November 1895 von der Firma Gebr. Ziller in Oberlößnitz das Grundstück Kirchstraße 5, das unter dem Namen Villa ›Shatterhand‹ weltbekannt werden sollte.(19)

   Christian Gottlieb Ziller (1807-73), dessen Vater bereits Baumeister war und in Radebeul ein Gut besaß, besuchte die Königliche Bauschule in Dresden und wurde dann Zimmermeister, Bauunternehmer und Weinbergbesitzer in Oberlößnitz. Aus der Ehe mit Johanna Sophia Fichtner (1810-71) gingen acht Kinder hervor.(20) Als Erstgeborener kam Ernst Ziller am 22. Juni 1837 in Oberlößnitz zur Welt.(21) Schon früh beschloß er, gleich seinem jüngeren Bruder Moritz Ziller (1838-95), in die Fußstapfen von Vater und Großvater zu treten. Die heranwachsenden Söhne lernten praktisch auf den Bauten des Vaters, erhielten im Winter, wenn der Bau ruhte, vom Vater Unterricht in Zeichnen, Geometrie, Perspektive und Schattenkonstruktion. Von 1855-58 besuchte Ernst Ziller die Königliche Bauschule in Dresden, wo er 1857 die bronzene, im nächsten Jahre die silberne Preismedaille erhielt. In den Sommermonaten arbeiteten beide Brüder praktisch in Leipzig und gingen nach Abschluß der Bauschule im Frühjahr 1858 gemeinsam nach Wien. Moritz Ziller fand rasch eine Stelle als Zimmermann, während Ernst Ziller nach langem Suchen als Bauzeichner in das Atelier des aus Kopenhagen stammenden Architekten Theophil Hansen (1813-91) aufgenommen wurde.

   Hansen war zu dieser Zeit der ›Hofarchitekt‹ des Wiener Mäzens Baron Simon Sina (1810-76), auf dessen Kosten ein Neubau für die Akademie der Wissenschaften in Athen errichtet werden sollte. Nachdem Athen nach rund 400 Jahren türkischer Besetzung neue griechische Hauptstadt geworden war, leitete König Otto I. nach Plänen seiner bayerischen Architekten umgehend die Umgestaltung der zum bedeutungslosen Dorf verkommenen Stadt zur repräsentativen Metropole ein. Im Bebauungsplan war an der Universitätsstraße ein Komplex öffentlicher Bildungseinrichtungen vorgesehen. Theophil Hansens älterer Bruder Christian (1803-83) erbaute bereits in den Jahren 1839-41 die Universität als ein schlichtes klassizistisches Gebäude mit feiner Ornamentik.

   Kaum hatte Ernst Ziller ein halbes Jahr in Hansens Architektenbüro gearbeitet, fuhr dieser zur Vorbereitung des Akademiebaus nach Athen, und die beiden Zillers kehrten nach Dresden zurück, um dort im Winterhalbjahr 1858/59 die Akademie der bildenden Künste zu besuchen. Moritz übernahm im Sommer 1859 das väterliche Geschäft, das dann ab 1867, als sein Bruder Gustav Ziller (1842-1901) mit eintrat, unter der Bezeichnung ›Gebrüder Ziller‹ fortgeführt wurde und jahrzehn-


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telang bei der Bebauung der Lößnitz eine führende Stellung einnahm.(22)

   Obwohl Ernst Ziller den ersten Preis einer Plankonkurrenz für Tiflis gewann, ging er nicht in den Kaukasus, sondern nahm das Angebot seines Lehrers Theophil Hansen an, die Errichtung von dessen Bauten in Athen zu überwachen, und zwar zuerst die der Akademie und später der Nationalbibliothek. Ernst Zillers Aufenthalt in Athen ab 1861 wurde wegen der zeitweisen Einstellung der Bauarbeiten am Akademiebau 1864-68 unterbrochen. In diesen Jahren arbeitete er bei Hansen in Wien, nutzte aber auch die Zeit zu Studienreisen durch Italien (Rom, Florenz, Mantua und Verona), nach Berlin und Dresden. Ziller ergänzte seine architektonischen Studien und vervollkommnete seine Technik im Malen. 1865 entwarf er in Wien Pläne für eine Kirche in seinem Geburtsort Oberlößnitz, die jedoch nicht ausgeführt wurden.(23)

   Ernst Ziller ist in Athen bald nach seiner Rückkehr (1868) von der Ausführung fremder Pläne als Bauleiter von Theophil Hansens Akademie (bis 1885) und Bibliothek (1887-91) zu eigener schöpferischer Bauplanung und Tätigkeit als selbständiger Architekt übergegangen. Anfang der siebziger Jahre beginnt die Reihe seiner großen öffentlichen Bauten in Griechenland, die von allem Anfang an nicht auf Athen beschränkt blieb. Nach Zillers Plänen wurden das Stadttheater von Athen (1887/88) und das Königliche Theater in Athen (1892/93) erbaut. Auch für den Hof hatte er große Bauten auszuführen, darunter das sogenannte Kronprinzenpalais für den Kronprinzen Konstantin. Neben weiteren öffentlichen Gebäuden zu praktischen Zwecken, wie der Athener Hauptpost (1882ff.) und dem Ausstellungsgebäude (Záppion, 1888), erbaute er Kirchen (z. B. 1885 die Kapelle des Hl. Georg auf dem Lykabettos) sowie zahlreiche Privathäuser, Villen und Landhäuser. Die alte kulturelle Tradition Dresdens ist in seinen Arbeiten unverkennbar. Übrigens sind auch das Deutsche Archäologische Institut, zu dessen Bau (1887) der deutsche Archäologe Heinrich Schliemann (1822-90) die Mittel stiftete, sowie zwei Jahrzehnte später das Österreichische Archäologische Institut (1906) von Ziller erbaut worden.

   Frühzeitig packte Ziller die große Leidenschaft der Altertumsforschung. So grub er 1869/70, zunächst auf eigene Kosten, das Panathenäische Stadion aus,(24) dessen Rekonstruktion Karl May und seine Begleiter im Jahr 1900 kennenlernten. Während dieser Ausgrabungsarbeiten wurde im Frühjahr 1870 Heinrich Schliemann in Athen seßhaft, nachdem er am 24. September 1869 die junge Griechin Sophia Engastroménos (1852-1932) geheiratet hatte. Schliemann war schon im Vorjahr auf Ziller aufmerksam geworden, als er hörte, daß der Architekt Begleiter Dr. Hahns bei Ausgrabungen in der Troas war und an dem


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Forschungsbericht mitwirkte. »Diese Broschüre borgte ich dem Dr. Schliemann, als er nach Athen kam und das erstemal nach Troja wollte. Hierdurch machte ich seine Bekanntschaft«, erinnerte sich Ziller in seiner Autobiographie.(25) Diese Begegnung am 25. Juli 1868 in Athen führte zu einer lebenslangen Freundschaft mit dem großen Außenseiter der Archäologie.(26)

   Von Schliemann erhielt Ziller 1878 den Auftrag, ein repräsentatives Wohnhaus zu entwerfen. »Ziller, welcher oftmals durch Italien gereist war, entschied sich für den italienischen Renaissance-Stil toskanischer Prägung, ähnlich der Villa Rosa in Dresden [von Gottfried Semper], welche Schliemann schon von seiner Reise im Jahr 1866 her kannte (. . .) Diesen Stil vermischte er mit Elementen des schon abklingenden Klassizismus, und des vorherrschenden Historismus.«(27) Das Iliou Mélathron, d. h. der Palast von Troja, von Ziller 1879/80 in der Universitätsstraße (Panepistimiou) errichtet, ist das schönste Privathaus Athens aus jener Zeit und wird von Kennern zu den originellsten und repräsentativsten Monumenten des Neoklassizismus in Europa gezählt. Seine Arbeiten, seine Forschungen und seine Bildung brachten Ernst Ziller, der die griechische Staatsangehörigkeit annahm, den Lehrstuhl für Architektur an der Technischen Hochschule von Athen und die Position des Leiters der Nationalen Arbeiten.

   Mit Ausnahme von Kaufmann Otto Ziller (1840-1914), der in Oberlößnitz eine Kolonialwarenhandlung betrieb, wurden sämtliche Brüder Ernst Zillers entweder Baumeister oder Architekten. So auch Paul Friedrich Ziller, geboren am 30. Mai 1846 in Oberlößnitz, über dessen Werdegang nur spärliche Informationen vorliegen: von 1860 bis 1862 ging er bei einem Dresdner Steinmetzmeister in die Lehre. 1868 diente er als Einjährig-Freiwilliger beim Kgl. Sächsischen Pionierbataillon und wurde mit dem Dienstgrad Oberpionier entlassen.(28) Das erfolgreiche Wirken seines ältesten Bruders Ernst vor Augen, oder auf dessen Anregung, begab sich Paul Ziller – spätestens 1877 – nach Griechenland, wo er etwa zwei Jahrzehnte als Architekt arbeitete. In Privatbesitz sind aus dieser Zeit noch Unterlagen vorhanden, so ein von Paul Ziller eigenhändig unterzeichneter ›Entwurf zu einem Wohnhause für Herrn J. Schmid, Director der Sternwarte in Athen, Piräus im März 1877‹ und ein Entwurf für Schmuckelemente eines Klaviers, datiert »Athen, März 1891«.(29) Die Sternwarte war eine Einrichtung der Technischen Hochschule Athen, und der genannte Direktor gehörte zum Freundeskreis von Professor Ziller und Schliemann. Paul Ziller erhielt sicherlich über seinen Bruder Aufträge und wird auch in dessen umfangreiche Bauprojekte mit einbezogen worden sein. Gleichwohl lernte Paul Ziller in den


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Jahren seiner beruflichen Tätigkeit in Griechenland die antiken Bauwerke, insbesondere die der Akropolis, kennen.

   Paul Ziller war auch noch in Athen, als sein Bruder Ernst die letzte Auftragsarbeit Heinrich Schliemanns realisierte: dessen Grabmonument auf dem Athener Zentralfriedhof,(30) nachdem der Archäologe am 26. Dezember 1890 in Neapel völlig überraschend starb. Bereits im November 1885 schlossen Schliemann und Ernst Ziller einen Vertrag, der von Schliemann einschließlich Kostenvoranschlag für die Errichtung des Grabmals und Entwurfszeichnung Zillers seinem Testament vom 10. Januar 1889 als Anlage beigelegt wurde.(31) Sieht man diesen wahrscheinlich 1888 gefertigten ersten Entwurf Zillers in Frontansicht sowie eine weitere undatierte Zeichnung(32) nur flüchtig an, glaubt man im oberen Teil des Mausoleums Ähnlichkeiten mit Mays Grabmal auf dem Radebeuler Friedhof zu entdecken. Doch nur auf den ersten Blick, denn bei näherem Hinsehen wird deutlich, daß der nachgebildete Tempel eine dorische Ordnung hat. Kunstwissenschaftler fanden die Ostseite des Parthenon auf der Akropolis als Vorbild für Schliemanns Mausoleum. Das 1891/92 errichtete Grabmonument ist ein bemerkenswertes Beispiel eines Turmgrabes, ein Bautyp, der in der Antike weit verbreitet war. Der massive Unterbau aus grauem Marmor, der die Grabkammer umschließt, ist mit einem Relieffries aus weißem Marmor mit Szenen aus den homerischen Gedichten und Darstellungen der Ausgrabungen Schliemanns geschmückt. Darüber erhebt sich der Marmortempel, ein dorischer Amphiprostylos, an dessen westlicher Schauseite eine Büste Schliemanns aufgestellt ist. Da das Mausoleum auf einem Hügel steht, dominiert es in der Friedhofsanlage unweit des von Ziller ausgegrabenen Stadions. Die ›Leipziger Illustrierte Zeitung‹ widmete 1897 dem Grabmal einen ausführlichen Beitrag mit einer Abbildung.(33) Ob Karl May und seine Begleiter während des Athen-Aufenthaltes auch das in zeitgenössischen Reiseführern erwähnte Grabmal aufsuchten, ist nicht bekannt.


III.

Nach der Rückkehr von der Orientreise waren Richard Plöhn nur noch wenige Monate Lebenszeit vergönnt. Nach langer Krankheit verstarb Karl Mays Freund am 14. Februar 1901 in Radebeul und wurde drei Tage später zunächst in einer ›Grabstelle an der Mauer‹(34) beigesetzt. In den ersten Wochen nach Plöhns Tod nahm das Ehepaar May die Witwe zu sich in die Villa ›Shatterhand‹. In dieser Zeit wird wohl der auf der Akro-


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polis geäußerte Wunschgedanke wieder aufgenommen worden sein, und man beschloß, die dazu notwendigen Schritte einzuleiten. Schon am 26. Februar 1901 entschied der Kirchenvorstand zu Radebeul: »Frau Plöhn Radebeul bittet um Ueberlassung eines Erbbegräbnisses an der westlichen Friedhofsmauer von 18 Mm wozu Genehmigung erteilt wird«.(35) Die entsprechende ›Concessions-Urkunde‹ wurde am 19. März 1901 vom Kirchenvorstand ausgefertigt und gab in Erweiterung des ursprünglichen Antrages Karl May und Klara Plöhn »die Erlaubnis zur Anlegung eines gemeinsamen Erb- und Familien-Begräbnisses«:(36)

Concessions-Urkunde.

(24.)

Nachdem durch Beschluß des Kirchenvorstandes zu Radebeul

dem Schriftsteller Herrn Friedrich Karl May, Grundstücksbesitzer hier (Kirchstraße Nr. 5.),

und

der Frau Klara Auguste Wilhelmine verwitwete Ploehn, geborene Beibler aus Dessau, Grundstücksbesitzerin hier (Gellertstraße Nr. 5),

die Erlaubnis zur Anlegung eines gemeinsamen Erb- und Familien-Begräbnisses in der Größe von 21 Meter an der westlichen Umfassungsmauer des hiesigen Friedhofes erteilt worden, auch von ihnen für diesen Platz, einschließlich 5 Mark Gebühr für gegenwärtige Urkunde, die Summe von

Drei Hundert Drei und Achtzig [383] Mark – Pf.

an die Kirchkasse gezahlt worden ist – nach Seite 21 - 23 des ›Regulativs der Kirchfahrt Radebeul‹ – , so wird hierüber gegenwärtige

Concessions-Urkunde

unter Beidrückung des Kirchenvorstandsstempels ausgefertigt und den beiden Obengenannten je ein Exemplar ausgehändigt.

    Radebeul, d. 19. März 1901.

[Stempel:
KirchenvorstandDer Kirchenvorstand.
zuHermann Hingst, P.
Radebeul]

Nachdem die Erlaubnis zur Anlegung eines Erbbegräbnisses eingeholt worden war, mußte die Frage geklärt werden, wer mit dem ungewöhnlichen Auftrag, eine Nachbildung eines antiken Bauwerkes zu projektieren, beauftragt werden kann. Den Auftrag erteilte Klara Plöhn – sicherlich in Absprache mit dem Ehepaar May – dem Architekten Paul Ziller, der aus Griechenland zurückgekehrt war.

   Der Zeitpunkt der Rückkehr von Paul Ziller ist nicht exakt zu ermitteln, liegt aber nach dem Monat Mai 1895. Erstmals ist der Architekt im Adreßbuch 1897 (Druckbeginn 14. Mai) mit der Anschrift Kötz-


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schenbroda, Dresdner Straße 1, als Einwohner nachgewiesen, wo er bei seiner ledigen Schwester Pauline Ziller (1845-1937) wohnte.(37) Übrigens hatte die ›Privata‹ zuvor zwischen 1891 und 1893 eine Wohnung in der Nizzastraße 11, dem Nachbargrundstück von Mays ›Villa Agnes‹ . . . In dem ›Verzeichnis der gesammten Gewerbetreibenden‹ der Lößnitz-Adreßbücher, Jge. 1897 und 1899, ist Paul Ziller unter den Rubriken ›Baumeister‹ und ›Architekten‹ nicht aufgeführt, so daß man annehmen muß, er habe zunächst in der Baufirma seiner Brüder mitgearbeitet. Am 1. Oktober 1901 machte sich Paul Ziller als Architekt selbständig,(38) nachdem er zuvor von Kötzschenbroda nach Serkowitz in die Rosenstraße 8 umgezogen war, wo er fortan ein ›Baubureau‹(39) unterhielt (ab 1903 unter der Bezeichnung ›Bureau für Architektur, Bauausführungen und Reparatur-Arbeiten‹).

   Am 16. Mai 1901 nun kam der Kirchenvorstand zu seiner nächsten Sitzung zusammen: »Die Herren Gebr. Ziller haben das Gesuch an den Kirchenvorstand gerichtet, ein Mausoleum für den verstorbenen Fabrikbesitzer Plöhn an der neuen nördlichen Mauer des Friedhofes und zwar an dem auf dem Mittelweg stoßenden Punkte ausführen zu dürfen, und die Tiefe, Lg. Breite sowohl des Mausoleums als auch sämtlicher an der neuen nördlichen Mauer zu errichtenden Familienbegräbnisse statt bisher mit 3,0 Mtr. auf 3,5 Mtr. festzustellen. Man beschließt zu diesem Antrage Genehmigung zu erteilen«.(40) Nicht wörtlich zutreffen kann die Bezeichnung »die Herren Gebr. Ziller« als Gesuchsteller, denn die Baufirma wurde im Mai 1901 bereits von Marie Ziller (1862-1910), der Witwe Gustav Zillers, geleitet, der am 27. Februar jenes Jahres verstarb. Den Antrag wird demnach ihr Schwager, Architekt Paul Ziller, gestellt haben. Im Jahr 1901 ist der 1890 angelegte Friedhof um die Abteilung II entlang der Friedhofstraße erweitert worden, so daß sich dadurch die Grundfläche des Gottesackers verdoppelte. Klara Plöhn und das Ehepaar May nutzten die sich bietende Chance und suchten auf dem neuen Areal den günstigsten Standort aus: die Mündung des Mittelweges. Da der Architekt für eine verkleinerte Nachbildung des Niketempels mehr Platz benötigte, als in der Regel die Gottesackerordnung für Erbbegräbnisse vorsah, mußte eine Änderung der geltenden Maße beantragt werden, die der Kirchenvorstand nun genehmigte. Die Gesamtfläche für das ›May-Ploehn'sche Erb- und Familien-Begräbnis‹ erweiterte sich damit auf 24,5 m2 (Abmaße 7,0 x 3,5 m). Der notwendige Nachtrag zur ›Concessions-Urkunde‹ wurde erst am 24. Februar 1902 ausgefertigt, als das Bauwerk schon im wesentlichen fertiggestellt war:(41)


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Nachtrag.

Nachdem der Vorstand bezeichnetes May-Ploehn'sches Erb- und Familien-Begräbnis auf Wunsch der genannten Inhaber mit Genehmigung des Kirchenvorstandes von der westlichen Umfassungsmauer des alten Friedhofsteiles weg an die nördliche Umfassungsmauer des neuen Friedhofsteiles verlegt und für die hierbei erfolgte Hinzuschlagung von weiteren 3,50 MMeter Areal der Ergänzungsbetrag von

Drei und Sechzig [63] Mark – Pf.

an die Kirchkasse gezahlt worden ist – nach Seite 21 - 23 des ›Regulativs der Kirchfahrt Radebeul‹ – , so wird hierüber gegenwärtige

Concessions-Urkunde

unter Beidrückung des Kirchenvorstandsstempels ausgefertigt und den beiden Obengenannten je ein Exemplar ausgehändigt.

    Radebeul, am 24. Februar 1902.


[Stempel:
Kirchenvorstand
zu Radebeul]

Der Kirchenvorstand.
Hermann Hingst, Pfarrer
Vorsitzender.

In den Kirchenvorstandsprotokollen der Jahre 1901 bis 1903 finden sich keine weiteren Hinweise, aus denen sich evtl. der Bauablauf bei der Errichtung des Grabmales rekonstruieren ließe. Das in der ›Concessions-Urkunde‹ erwähnte ›Regulativ der Kirchfahrt Radebeul‹ ist nicht überliefert, und man weiß demnach nicht, ob es 1901 schon Festlegungen wie in der Friedhofsordnung von 1930 gab: »Die Eigentümer von Erbbegräbnissen und Lösestellen haben im Laufe der auf die erste Beerdigung folgenden zwei Jahre ein Denkmal zu setzen. Vor der Herstellung eines jeden Denkmals ist dem Kirchenvorstand ein Entwurf, auch über beabsichtigte Grabschmuckanlagen, vorzulegen, der in geometrischer, sauber und klar gezeichneter Darstellung 1:10 und in doppelter Ausfertigung zu erfolgen und die Inschrift zu enthalten hat. Auch nachträglich anzubringende Inschriften unterliegen der Genehmigung. Über die Zulassung der Denksteine entscheidet der Kirchenvorstand.«(42) Keine Bauzeichnungen von der Tempel-Nachbildung, dafür aber einzelne Bilddokumente verschiedener Bauphasen des Bauwerkes fanden sich im Nachlaß von Architekt Paul Ziller.(43) Soweit sich Rückschlüsse aus den in der Literatur erwähnten datierten Originalrechnungen u. a. Dokumenten(44) ziehen lassen, werden sie in die nachfolgende Darstellung mit einbezogen.

   Überliefert ist eine Fotografie, die vermutlich anläßlich des ›Richtfestes‹ (beim Aufsetzen des noch unbehauenen Steines für den Giebel-


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abschluß) entstand. Paul Ziller beschriftete das Foto eigenhändig: »Mausoleum der Familien May u. Plöhn auf dem Friedhofe von Radebeul. Entworfen und ausgeführt von Architekt Paul Ziller 1901«.(45) Links auf dem Bild, mit dem Mantel auf dem Arm, steht der Architekt, rechts Polier Ernst Meißner aus Wahnsdorf. Meißner war in der Baufirma Gebr. Ziller beschäftigt. Es ist anzunehmen, daß Paul Ziller mit der Bauausführung die Firma Gebr. Ziller seiner Schwägerin beauftragte, doch die Rechnungslegung an Klara Plöhn erfolgte durch den Architekten.(46) In den überlieferten Geschäftsbüchern der Baufirma Gebr. Ziller befindet sich nur eine Eintragung von zwei Fuhren Baumaterial im Juni 1901 für »Mays Plöhn, Radeb.[eul]«.(47) Zu dem von Hansotto Hatzig genannten 10. September 1901 als Tag der Auftragsbestätigung durch Architekt Paul Ziller fällt auf, daß schon zwei Tage später eine Rechnung ausgestellt wurde!(48) Ein Druckfehler ist hier nicht auszuschließen, denn den Auftrag vergab Klara Plöhn bereits im Frühjahr 1901 (siehe Kirchenvorstandssitzung vom 16. Mai d. J.). Die Bauarbeiten am Mausoleum müssen zum Jahresende 1901 zumindest im Rohbau im wesentlichen abgeschlossen gewesen sein. In dem ab Januar 1902 zunächst ausführlich geführten Tagebuch geht Klara Plöhn nicht auf das Bauwerk ein, erwähnt aber den Architekten:

Sonntag d. 26.1.02

›Jungfrau v. Orleans‹

zur Erinnerung an die erste Aufführung vor 100 Jahren. Wir waren zwar bei Zillers eingeladen, machten uns aber für den Abend frei, was Emma nicht paßte, in Anbetracht der ›Genüsse‹ die der dicke Baumeister vor ihr ausbreitete. Der Mann ist gutmüthig. Seine Schwester möchte ich soll ihn heiraten. Diese Närrin. Niemals.(49)

Wie realisierte Paul Ziller seinen ungewöhnlichen Auftrag? Bei seinen Entwürfen konnte er sich auf das 1839 erschienene Buch von Roß, Schaubert und Hansen über die Wiedererrichtung des Niketempels stützen;(50) neben einer ausführlichen Beschreibung enthält es maßstabgerechte Grundrisse und Detailzeichnungen des rekonstruierten Niketempels. Ziller kannte zwar durch seinen langjährigen Athen-Aufenthalt den von Ludwig Roß rekonstruierten Niketempel aus eigener Anschauung, doch ließ sich dieses antike Bauwerk auf dem Friedhof natürlich nicht in Originalgröße (Seitenlängen 8,27 x 5,44 m) nachbauen; es mußte sich in die Umgebung einpassen. Dies geschah auf geschickte Weise durch Verkleinerung insgesamt und durch starke Verkürzung in der Tiefe. Trotzdem setzten die später von Kritikern erhobenen Vorwürfe(51) immer bei seiner Monumentalität an – zu Unrecht. Für die


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Hauptmaße der Vorderansicht legte der Architekt etwa einen Maßstab 1:1,4 zugrunde, die Tiefe reduzierte er auf 3,41 Meter. Da die Nachbildung über dem Architravbalken keinen Fries bekam, veränderte er im entsprechenden Verhältnis die Säulenmaße (Länge, Durchmesser) und erreichte damit, daß bei der Vorderansicht die Hauptmaße (z. B. Giebelhöhe, Gesamthöhe) in ihren Proportionen wieder dem Niketempel entsprechen. Sogar die Kassettierung über dem östlichen Säulengang des Tempels findet sich im Grabmal wieder. Den Schmuck im Tympanon, einen schleifenumwundenen Kranz, entwarf Ziller entsprechend der Nutzung des Bauwerkes selbst ohne eine spezielle antike Vorlage. Vergleicht man das rekonstruierte Original in Athen mit der Radebeuler Nachbildung, so ist dem Architekten eine durchaus glückliche Hand bei der Umsetzung von Klara Plöhns Idee nachzusagen.


IV.

Den Auftrag für die künstlerische Gestaltung des Grabmales, das Halbrelief an der Rückwand, vergab Klara Plöhn auf Drängen Karl Mays an den Bildhauer Selmar Werner (1864-1953). Klara wollte ursprünglich den damals schon berühmten Bildhauer Max Klinger (1857-1920) mit dieser Arbeit betrauen und erinnerte sich rückblickend in ihrem Tagebucheintrag vom 21. Februar 1905: »Werners Abschiedsfeier für seine Italienreise. Nun kann sich der liebe Werner schon eine Reise gönnen. Wie doch Karl Recht hatte, als er Werner mit der Gruppe betraute(52) und nicht, wie ich durchaus wollte, Klinger. Wir ebnen einem werthvollen Menschen den Weg, sagte Karl. Wie er nur in all seinem Leid das Wohl Anderer im Auge haben konnte! – Ich bin nicht so stark im Leid. Will aber an ihm lernen«. Zu jener Zeit (1905) verkehrten in der Villa ›Shatterhand‹ regelmäßig die Künstler Sascha Schneider (1870-1927), Selmar Werner und der Architekt Wilhelm Kreis (1873-1955),(53) deren künstlerische Entwicklung Karl May mit Anteilnahme verfolgte und die später sämtlich den Durchbruch erreichten.(54)

   Selmar Werner, ein Bauernsohn, wurde am 12. Dezember 1864 im Sachsen-Altenburgischen Thiemendorf bei Eisenberg geboren und ging nach der Volksschule zunächst bei einem Tischler und dann bei einem Holzschnitzer in Gera in die Lehre. Nach dem Abschluß 1882 arbeitete er in Berlin als Holzschnitzer für Möbelschmuck und Stuckbildner und trieb nebenbei Modellierstudien. Der Hamburger Bildhauer Richard Thiele, ein Schüler des Dresdner Bildhauers Ernst Hähnel (1811-91), veranlaßte ihn, ab Herbst 1892 die Dresdner Kunstakademie


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zu besuchen. Hier ging Werner zuletzt drei Jahre ins Meisteratelier für Bildhauer zu dem berühmten Professor Robert Diez (1844-1922). Etwa 1898 machte er sich selbständig, als er Aufträge zu Grabmälern und zum Schmuck von Gebäuden erhielt. Von 1906 bis 1927 wirkte er dann als Lehrer und Inhaber eines Meisterateliers für Bildhauer an der Dresdner Kunstakademie. Sein Hauptwerk ist das 1914 enthüllte Schillerdenkmal am Dresdner Albertplatz, das er in weißem Marmor ausführte.(55)

   Während seines Studiums zeichnete der junge Künstler leidenschaftlich im Albertinum nach den Bildwerken der Griechen. Diese größten Meister der Bildhauerkunst weckten in ihm die eigene schöpferische Formkraft, die er schon in seinem ersten großen Auftrag, dem Relief für das ›May-Plöhn'sche Erbbegräbnis‹, voll unter Beweis stellte. Am 10. Februar 1902 besuchten Klara Plöhn und die Mays Selmar Werner in dessen Atelier Blasewitzer Straße 9,(56) unmittelbar an der Trinitatiskirche in Dresden-Johannstadt gelegen: »Montag bei Werner um den Aufbau der ersten Gruppe zu sehen. Ich bin nicht unzufrieden und denke, Werner wird das große in ihn gesetzte Vertrauen rechtfertigen. Frl. Richter denkt es auch. – Müller giebt so viel auf ihr Urtheil. Ich glaube mit Recht. Sie sieht so gut. Es hat mich sehr angestrengt. Noch zu Burghardt und Milde zu gehen. Wie doch die Freude in mir tod ist.«(57)

   Gegenstand der Besichtigung konnten zu diesem Zeitpunkt nur Entwürfe oder Modelle gewesen sein. »Vorausgegangen waren Proben in der Villa ›Shatterhand‹. Klara und Emma hatten weiße Faltengewänder angelegt, um darin die von Werner bestimmten Posen einzunehmen. Sie mimten den Empfang der zum Himmeltor aufsteigenden Seele durch einen die Stufen herabkommenden Engel. Gelungene Posen wurden fotografisch festgehalten, dann wählte Selmar Werner das Bild, das als Vorlage für eine Marmorarbeit dienen sollte.«(58) Dies berichtete Fritz Maschke (1899-1980), der am 2. Mai 1952 auf dem Radebeuler Friedhof zugegen war, als im Beisein des Künstlers die von Werner geschaffene Madonnenstatue für das Grab des Verlegers Euchar Albrecht Schmid (1884-1951) aufgestellt wurde. Bei der anschließenden Zusammenkunft im Verlagshaus konnte Maschke »aus einem vor 50 Jahren handgeschriebenen Heft vorlesen, das von den Vorbereitungsarbeiten für die Gestaltung des Reliefs im Hintergrund der Gruft berichtet. Dabei wurden die zugehörigen Fotos von Hand zu Hand gereicht«. Leider befanden sich das erwähnte Notizbuch und die Fotografien nicht im Nachlaß des Bildhauers und wurden auch nicht im Archiv des Karl-May-Verlages aufgefunden.(59)

   Der von Klara in der Tagebuchnotiz vom 10. Februar 1902 erwähnte


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geplante Gang zu Milde bezog sich auf den Auftrag für die Kunstgießerei Adalbert Milde & Co. in Dresden, die nach Fertigstellung am 15. Mai 1902 an Klara Plöhn eine Rechnung über 1717 Mark für »Säulen, Geländer usw.« schickte.(60) In die Zeit dieser Atelierbesuche fiel auch die Wiederkehr des Todestages von Richard Plöhn:

Heute, Freitag d. 14. Februar früh ½ 8 Uhr, war es ein Jahr, daß mein Liebstes von mir ging. Bis zur Stunde kam mir auch nicht das kleinste Zeichen von ihm, daß er weiterlebe, wie alle behaupten. Jeden Tag bitte ich von neuem um ein Zeichen von ihm, alles umsonst. Könnte, dürfte ich doch sterben (. . .) Sonntag d. 16. 2. 02. Begräbnistag meines Richard vor einem Jahr. Trübe, unglückliche Stunden.(61)

Am 3. März 1902 kam es in Dresden zu einem weiteren Atelierbesuch: »Montag bei Werner. Er giebt sich Mühe«. Die ständige Beschäftigung mit der Grabmalangelegenheit lastete schwer auf Klara Plöhn. Nach einer achttägigen Krankheit notierte sie im Tagebuch zwischen dem 18. und 27. Mai 1902 angelesenes Wissen:

In dem Worte ›Mausoleum‹ selbst verewigte sich der Ruhm einer treu lebenden Wittwe. Die Gattin des Mausolus, Artemisia von Karien, war es, welche dieses Wort als Bezeichnung des vielgerühmten Grabtempels in ihrer Hauptstadt Halicarnass einführte. Wie die Dichter gesagt und gesungen haben, glaubte sie aber die Asche ihres Gatten selbst in jenem prächtigen Bau noch nicht so würdig aufgehoben, wie die theuren Reste es verdienten, und indem sie die Asche in einen Becher Wein auflöste und diesen trank, machte sie ihren eigenen Leib zum Monument des Verstorbenen.

   Nach Sophokles in d. Trachinierinnen.

   Der Baumeister Pythios war am Bau dieses Mausoleums beschäftigt.

   Ich habe auch am Mausoleum keine Freude. Aber zu ruhen trage ich

verlangen. Alles brennt und schmerzt mich. Die Müdigkeit ist so groß und der Schlaf so gering. Könnte ich doch den ewigen Schlaf finden.(62)

Nicht eindeutig ist zu klären, wann Richard Plöhn von der Interimsgrabstelle in die Gruft des Mausoleums umgebettet wurde. E. A. Schmid erwähnt Rechnungen des Radebeuler Totenbettmeisters Hermann Hofmann aus den Jahren 1901-03. Klara May erinnerte sich in Briefen des Jahres 1942: ». . . als er [der Grabtempel] fertig war, ließ ich meinen ersten Mann dahin überführen« bzw. »zwei Jahre ruhte Richard Plöhn an dieser Stelle«.(63) Dies deutet auf das Jahr 1903 hin, doch die Unterlagen des Ev.-Luth. Pfarramtes der Lutherkirche Radebeul sagen übereinstimmend über Richard Plöhn: »Wurde 1902 in die Karl May Gruft überführt« (nachträglicher Streichungsvermerk im


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Begräbnisbuch) bzw. »Beerdigt (. . .) nach erfolgter Aushebg. 1902 Kfm. Ploehn« (im Erbbegräbnis-Verzeichnis).(64)

   In Klara Mays Tagebuch finden sich keine weiteren Einträge, die noch Auskunft über den Fortgang der Arbeit Selmar Werners geben könnten. Mit der von E. A. Schmid erwähnten Rechnung der A.-G. für Marmorindustrie Kiefer in Kiefersfelden (Oberbayern) ist nur geklärt, woher der Künstler den Marmorblock bezog. Durch Briefe Selmar Werners an Klara Plöhn bzw. verehelichte May aus dem Jahr 1903(65) kann wenigstens teilweise die Arbeit am Grabrelief dokumentiert werden. Aus ihnen ist ersichtlich, daß der Bildhauer einschließlich der vorbereitenden Arbeiten etwa zwei Jahre mit dem Auftrag beschäftigt war und vorrangig Klara die Verbindung zu dem Künstler aufrecht hielt:

Dresden d 7/2 03.

Hochgeehrte Frau Plöhn!

Es wird mir eine außerordentliche Freude sein, die sämtlichen Werke des, von mir so sehr verehrten Herrn Dr. zu erhalten und sage Ihnen schon im Voraus meinen herzl. Dank. – Ich besitze bis jetzt folgende Werke:

›Auf fremden Pfaden‹

›Old Surehand‹

›Im Lande des Mahdi‹

›Satan u Ischariot‹

und die Himmelsgedanken.

   Herr Kreis und Frau Gemahlin werden sich natürlich eben so sehr freuen die übrigen Bände zu erhalten und haben sie jetzt die Bände von ›Old Surehand‹.

– Die Adresse des Berliner Bildhauers ist:

Valentin Casal

Friedenau / Berlin

Wilhelmstr. 7(66)

   Und nun, verehrte Frau Plöhn, noch eine Bitte. Ich werde in aller nächster Zeit die zweite Rate zu bezahlen haben und da würde ich Ihnen sehr dankbar sein, wenn Sie mir den Betrag von 3000 Mark zur Verfügung stellen wollten.

   Hoffend daß Sie mir die Bitte erfüllen, begrüßt Sie in größter Hochschätzung

ganz erg. Selmar Werner

Selmar Werner erklärte 1917 in einem Brief: »Meine künstlerischen Arbeiten, die mit dem Namen Karl May in Verbindung gekommen sind (Grabmal), sind mir von Frau Plöhn honoriert worden, lange vor


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der Zeit, eh’ sie die Gattin Karl Mays wurde«.(67) Dies belegt auch der von E. A. Schmid erwähnte Quittungsbrief Selmar Werners vom 9. Februar 1903.(68) Erhalten geblieben sind ferner jene Briefe an die »Frau Dr.« (nach der Heirat mit Karl May am 30. März 1903), die von der Fertigstellung des Grabreliefs bis zur Montage im Mausoleum berichten:

Dresden d. 30/7 03.

Hochgeehrte Frau Dr.!

Die Arbeit ist zwar soweit fertig daß der Transport nach hier stattfinden könnte, aber ich habe, um mir alle Arbeit fremder Leute im Atelier zu ersparen, die Marmorbear‹bei›tung in den feineren Partien gleich am jetzigen Ort in Friedenau vorgenommen resp. vornehmen lassen. Zu dem gleichen Zweck gehe ich in den nächsten Tagen wieder dahin, um dann auch sofort den Transport zu veranlassen. – Ich bitte Sie und Ihren Herrn Gemahl, ob der langen Dauer, nicht unruhig zu werden; die Leute sind thatsächlich sehr fleißig gewesen, aber die Arbeit ist doch zu umfangreich, um eine größere Beschleunigung, ohne Gefahr für die Güte der Ausführung, betreiben zu können.

   Ich hoffe aber nun bestimmt, daß der Transport Ende nächster Woche geschehen kann und werde Ihnen, sobald es bei mir im Atelier aufgestellt ist, sogleich eine Nachricht geben.

   Nun bitte ich Sie, verehrte Frau Dr, um eine recht herzliche Empfehlung bei Ihrem Herrn Gemahl und begrüße Sie in größter Hochschätzung

g. erg. Selmar Werner

Dresden d 26/8 03.

Hochgeehrte Frau Dr.!

Die Arbeit ist jetzt auf dem Wege nach Dresden und ich gebe Ihnen, sobald sie angekommen und die Aufstellung erfolgt ist, sofort noch Nachricht. – Daß die Ankunft sich so lange hinaus schiebt, liegt daran, daß ich die Arbeit in Berlin so weit wie möglich unter meiner Aufsicht habe bringen lassen und auch selbst schon tüchtig daran gearbeitet habe, so daß die Bearbeitung im Atelier nicht viel Zeit mehr in Anspruch nehmen wird. – Es wäre nun gut, und da hätte ich gern mal persönlich mit Ihnen gesprochen, wenn die Arbeiten bezügl. des Postamentes und Umrahmung – etc. im Mausoleum recht bald in Angriff genommen würden, damit sich dann die Aufstellung nicht mehr so sehr in die Länge zieht. – Vieleicht darf ich Sie dann gel. einmal besuchen?

   Wie geht es Ihnen und wie geht es dem verehrten Herrn Dr.? – Ich lese seit


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Wochen jeden Tag meinen Karl May und bin darum gewissermaßen in permanenter geistiger Beziehung mit ihm.

   Wollen Sie bitte einen herzlichen Gruß an ihn bestellen und seien Sie selbst, verehrte Frau Dr., herzlichst gegrüßt von Ihrem

g. erg. Selmar Werner


Hochgeehrte Frau Dr.!

Sind Sie der Meinung, daß ich mit der Firma Ziller oder mit dem Erbauer des Mausoleums wegen der Aufstellung resp. Einmauerung des Reliefs in Verbindung trete?

   – So viel ich weiß, ist der Herr Dr. nicht dafür daß dem Erbauer die Arbeit übertragen wird, obgleich es aus praktischen Gründen ja wohl ganz gut wäre. Aber das möchte ich natürlich Ihrer Bestimmung überlassen, umso mehr, als doch bestimmt anzunehmen ist, daß die Firma Ziller einen tüchtigen Architekten zur Seite hat.

   – Die kleinen ›Erzgebirgischen Dorfgeschichten‹ sind einfach prachtvoll und ich drücke dem Herrn Dr. im Geiste dankbar die Hand.

   Mit den herzlichsten Grüßen

    Ihr Selmar Werner.

   Der Sonntag ausgezeichnet bekommen!

Es ist nicht bekannt, warum Karl May inzwischen Einwände gegen Architekt Paul Ziller hatte. Mit den Restarbeiten bei der Aufstellung des Monumentes wurde dann – offensichtlich auf Wunsch Mays – die Baufirma Gebr. Ziller beauftragt.

Hochgeehrte Frau Dr.!

Das Relief ist soeben eingetroffen und wird morgen ausgeladen. Es wird allerdings noch eine anstrengende Arbeit werden die Arbeit im Atelier zur Aufstellung zu bringen, aber ich denke das es diese Woche noch erledigt werden kann.

   Nun möchte ich Sie, Frau Dr., noch um Ihre Meinung bezgl. der Seitenwangen und des Postamentes bitten: Sind Sie noch der Meinung, das wir, wie wir das früher schon besprochen hatten, beide Theile, Wangen und Postament, aus Marmor herstellen lassen? – Ich würde es für schön halten, nur ist der Preis ein ziemlich großer, da die Marmorwange eine große ist. Der Preis würde nach Anschlag etw. Mrk 900 ausmachen, während dieselbe Arbeit in dem Stein, aus welchem das Mausoleum besteht, vieleicht ein Drittel des Preises ausmachen würde. Die Bestimmung des Materials möchte ich Ihnen überlassen, obgleich natürlich Marmor ohne Frage schöner wirken würde.

   Mit der Firma Ziller habe [ich] bereits Rücksprache genommen und sie wollen die Arbeit gern übernehmen, nur meinte der Vertreter, daß eine vorherige Berechnung schwer zu machen wäre. Sind Sie, verehrte Frau Dr.,


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aber der Meinung das vorher eine Berechnung angestellt wird so werde ich die Firma dazu ver[an]lassen und sie Ihnen einsenden lassen. – Es wäre mir nur sehr lieb, wenn Sie mir recht bald Ihre Ansicht mittheilten, damit ich rechtzeitig alles in die Wege leiten kann, um die Aufstellung Mitte kommenden Monats vornehmen zu können.

   Mit den herzlichsten Grüßen an Sie u. den Herrn Gemahl

I. ganz erg. Selmar Werner

   Sobald die Aufstellung im Atelier erfolgt ist, gebe ich Ihnen noch Nachricht.

Diesem Brief lag eine Handskizze Selmar Werners bei, auf der er Klara May die Lage der Wangen (Konsolen beiderseits des Reliefs) und des Postamentes (unterhalb, später mit Mays Spruch versehen) erläuterte.

Hochverehrte Frau Dr.!

Die Kosten der Aufstellung des Reliefs habe ich allerdings zu tragen, aber der Raum und das Postament, wo die Arbeit hingestellt werden soll muß doch fertig gegeben sein und das ist Sache des Baum‹ei›st‹e›rs. Eine solche Arbeit läge auch ganz außerhalb meines Verständnisses u Können's; ich kann also unmöglich daran gedacht haben, daß ich diese Arbeit zu leisten hätte. – Die Pfeiler müssen doch heraus gerissen werden, denn sie sind doch nur Putz und müssen von dem gleichen Material sein wie das Mausoleum.

   – Übrigens sieht die Sache, wenn die Seitenwangen nicht Marmor, sondern aus Sandstein, ganz harmlos aus: Der Baum‹ei'st‹e›r der Firma Ziller hat mir vor wenigen Tagen gesagt, daß die Kosten, ohne die Marmorverkleidung des Postamentes, ungefähr Mrk 350 betragen würden während die Kosten der Aufstellung, die ich zu tragen habe, wohl gegen Mrk 600 betragen werden. -

   Es wird mich recht sehr freuen, wenn Sie und der Herr Gemahl bald einmal zur Besichtigung kommen könnten, bitte aber vorher um fld. [?] Nachricht, damit ich auch da bin.

   Mit den herzlichsten Grüßen an Sie und den Herrn Dr.

v. Ihrem Selmar Werner

d 14 / 11. 03

Hochgeehrte Frau Dr.!

Indem ich hoffe, daß die Krankheit des allverehrten Herrn Dr. recht bald eine Wendung zum Besseren nimmt und ich ihn bald gesund wieder sehen kann, gestatte ich mir, Ihnen auch mitzuteilen, daß die Arbeit gestern noch vollständig zur Aufstellung gekommen ist, und zwar ohne alle Gefahr und Beschädigung. Es war ja ein schweres Stück Arbeit und ich habe dabei auf-


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regende Tage verlebt, jetzt freue ich mich und habe die Ueberzeugung, daß es sehr schön werden wird. Die Einmauerung wird allerdings wohl die ganze kommende Woche in Anspruch nehmen, mindestens aber bis Freitag. Die Rückwand werde ich nicht verputzen lassen, aber damit ist die Wand nicht vollständig gleich, sondern die Marmorfläche ist 5. cntmtr. vertieft, so daß eine Art Füllung entsteht, was aber ganz gut aussehen wird.

   Nochmals meine herzl. Wünsche für die baldige Gesundung des Herrn Gemahls und die herzl. Grüße für Sie von Ihrem

g. erg. Selmar Werner

In der ersten Novemberwoche 1903 erkrankte Karl May schwer und konnte erst Ende Januar 1904 seine Arbeit an der Buchausgabe ›Und Friede auf Erden!‹ fortsetzen.(69) Das fertiggestellte Grabmal wird er in jenen Wochen kaum besichtigt haben. Selmar Werners Hinweis auf »ein schweres Stück Arbeit« und »aufregende Tage« war sicherlich nicht übertrieben, denn es mußte die 1902 provisorisch errichtete Rückwand des Mausoleums abgebrochen werden, damit das Relief durch die Öffnung – denn in der Vorderfront behinderten die Säulen – eingefügt und zunächst arretiert werden konnte. Da im Jahr 1903 die angrenzende Mauer zugleich Außenmauer des Friedhofes war und die Grabmalrückwand an dieser Stelle die Gottesackerbegrenzung darstellte, erhielt man mit dem Durchbruch die notwendige Baufreiheit und es konnte über das freie Gelände der Schwertransport an das Bauwerk herangeführt werden. Erst nach der Aufstellung des Postaments und Reliefs wurden die Seitenwangen (nicht in Sandstein, sondern mit Marmorplatten verkleidet) und die obere Einfassung der Engelsgruppe aus Sandstein eingefügt. Den Abschluß bildete die von Werner erwähnte Einmauerung, das Ausfüllen der verbliebenen Hohlräume zwischen Marmorblock und Seitenwänden.(70) Der Zufall wollte es, daß das Grabmal noch rechtzeitig zum Totensonntag (22. November 1903) fertiggestellt war.(71) Wohl um auch im Tode nicht voneinander getrennt zu sein, erwarb Karl Mays Freund Friedrich Eduard Bilz (1842-1922) bereits am 6. November 1903 das benachbarte Erbbegräbnis.(72)

   Der Biograph Selmar Werners beschrieb unter falschen Annahmen das Halbrelief so: »Da hat Selmar Werner in edelstem weißen Marmor (Karl May hatte viel Geld verdient) auf Wunsch der Witwe folgendes dargestellt: Eine schöne Erzengelin empfängt von unten eine Frau (nämlich Karl Mays Seele), rechts stehen weitere schöne Engelinnen. Alle Gestalten lebensgroß und vollplastisch. Der Sinn ist der: Karl Mays Seele wird im Himmel empfangen, ihr folgen seine Werke nach – wohl nach dem Wort der Offenbarung [Johannis] 14,13: ›und ihre Werke folgen ihnen nach‹. Der liebe Meister, Selmar Werner, der durchaus zu den


"Richtfest" am Mausoleum (1901) [57,6-Kb-Jpg]


Das Grabrelief in Selmar Werners Atelier (Aufnahme von Max Fischer, 1903) [55,5-Kb-Jpg]


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naiven Künstlern gehörte (und nicht zu den sentimentalen, nach Schillers Unterscheidung), hat das Ganze ohne Anfechtung in wunderbarer Schönheit gebildet. Es ist nur kraus, sich vorzustellen, daß Karl Mays ›Werke‹, nämlich seine Indianerschmöker, als schöne weiße Marmorengel in den Himmel steigen . . .«(73) Zu einer solchen Deutung kommt der uneingeweihte Betrachter, wenn er annimmt, daß der von May selbst verfaßte Spruch im Postament sich ausschließlich auf den Dichter bezieht:

Sei uns gegrüßt! Wir, Deine Erdentaten,
Erwarteten dich hier am Himmelstor.
Du bist die Ernte deiner eignen Saaten
Und steigst mit uns nun zu dir selbst empor.

Hier stehen nach dem Urteil von Christoph F. Lorenz »geistige Erkenntnis und sprachlicher Ausdruck in einem vollkommenen Gleichgewichtsverhältnis (. . .) Wenn mit den Worten der Bibel ihre Taten den Menschen nachfolgen, so ist May sicherlich auch dieses Gedicht über die Schwelle nachgefolgt. Ein viel besseres hat er wohl nie geschrieben. Es spricht für sich, und so erübrigen sich nach diesem Zitat alle weiteren Worte über Mays Lyrik. Dieser Vierzeiler sagt genug«.(74) In der Nachlaßmappe ›Weib‹ befindet sich ein Zettel mit der kurzen Notiz Mays: Drama: Immer dieselbe Erdenqual, dasselbe Elend, derselbe Jammer! Niemand steigt! Sie wissen nicht, daß niemand stirbt. Sag’ es ihnen!(75) Diese Notiz ist vom 17./18. Februar 1902 datiert und wurde damit genau ein Jahr nach Richard Plöhns Beisetzung niedergeschrieben. Niemand steigt! weist schon auf den späteren Relief-Spruch hin, der, nach Hansotto Hatzig, dem Freund Richard Plöhn gewidmet ist.(76) Am 27. Juni 1909 starb Klaras Mutter Wilhelmine Beibler, geborene Höhne, im 72. Lebensjahr in der Villa ›Shatterhand‹ und wurde drei Tage später an der Seite von Richard Plöhn in der Gruft beigesetzt.(77)

   Nicht erst der Kleinberg-Nekrolog zog das »Grabmonument mit der von M. selbst verfaßten, bezeichnenden Inschrift«(78) als Zeugnis für den angeblichen Größenwahn Karl Mays heran. Genährt wurden solche Falschdarstellungen bereits durch Äußerungen Emma Pollmers, die Lebius in seinem Buch zitierte: »Unter anderem hätten die ›Lieben‹ befohlen, (. . .) daß für die Familie May und Plöhn ein Grabdenkmal für ca. 45 000 Mark errichtet werden sollte«.(79)

   Von Karl May sind mehrere Äußerungen überliefert, wie er sich seine letzte Ruhestätte wünschte. Als Mays Mutter am 15. April 1885 »in seinen Armen starb, hielt er sie vom Abend bis zum Morgen als Leiche


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in seinen Armen (. . .) Das Grab der Mutter wurde doppelt tief gemacht. Er wollte bei ihr begraben werden«.(80) In Mays Lyrik nach der Orientreise gibt es zwei Stellen, die einen Sinneswandel in dieser Frage zeigen. So schreibt er in dem Gedicht ›Ueberflüssig‹, das er 1901 in die Sammlung ›Himmelsgedanken‹ aufnahm:

Nehmt mir den Stein von meinem Grabe;
Für mich giebts keinen Leichenstein!
(81)

Und Ende 1902, als das Grabmal noch nicht fertiggestellt war, schrieb May das Gedicht ›Am Hochzeitstag‹, in dem es heißt:

Wir wollen Hand in Hand uns niederlegen;
Zwei Särge, doch ein Grab, so soll es sein.
Und über uns des ew›gen Vaters Segen,
Doch nie und nimmermehr ein Leichenstein!
(82)

Zu dieser Zeit standen jedoch schon Inschriften an den Seitenwänden des Mausoleums und gaben Auskunft, wen die Gruft einmal bergen sollte: »Familie Ploehn.« bzw. »Familie May.« So war ja es auch in Athen gedacht gewesen. Zweifellos entsprach ein Grab ohne Monument eher Mays Vorstellungen, und so muß man die zitierten Verszeilen wohl als Ausdruck seines wirklichen Wunsches ansehen. Als E. A. Schmid im August 1910 mit Karl May in Radebeul vor der Gruft stand, bemerkte der Dichter: Ja, sie ist wunderschön. Für mich ist sie aber nicht bestimmt, denn ich werde in meinem Garten begraben!(83)


V.

Dieses Wunsches, eine schlichte Ruhestätte im Garten der Villa ›Shatterhand‹ zu finden, nahm sich Klara May auch unverzüglich an, als Karl Mays Herz am Sonnabend, den 30. März 1912, um 20.30 Uhr zu schlagen aufgehört hatte.(84) Noch am Abend benachrichtigte sie den Radebeuler Gemeindevorstand Robert Werner (1862-1932) und bat ihn um ein Gespräch nach dem sonntäglichen Kirchgang:(85)


//35//

Auszug aus dem ›Bestattungsbuch (1890-1921)‹ des Ev.-Luth. Pfarramtes Lutherkirche, Radebeul, Jg. 1912


27.
28.
Radebeul,
Kirchstr. 5.
30.
März,
nachm. 8½ Uhr
3.
April.
C 3 w 4.May,
Karl Friedrich.
Schriftsteller
ev., luth.

7015Ehemann
in 2. Ehe
Herzparalyse,
acute Bronchitis,
Asthma.


//36//

R. d. 30.3.12.

Sehr geehrter Herr Vorstandt!

Karl May ist von dieser Welt gegangen heute Abend 8½ Uhr. Bitte, kommen Sie nach der Kirche – falls Sie hineingehen – zu mir. Sein Wunsch war, in seinem Garten begraben zu werden. Und da das Haus einer Stiftung gewidmet werden soll, denke ich, wird es gehen. Ich möchte mit Ihnen darüber sprechen.

   Bitte, den Tod selbst geheim zu halten, da es nicht in seinem Sinne ist ihn vor der Beerdigung bekannt zu geben.

Ihre ergebene
Klara May.

In dem Gespräch hat Gemeindevorstand Werner möglicherweise auf die bei der Realisierung des Wunsches zu überwindenden Hindernisse hingewiesen, denn Klara May bekräftigte nochmals in einem undatierten Schreiben ihr Begehren:

Sehr geehrter, lieber Herr Vorstand!

Ich habe mich nun doch entschlossen dem Wunsche meines Mannes zu entsprechen und ihn hier in seinem Garten wieder rüber zu holen.

   Bitte veranlassen Sie Alles um diesen Wunsch zu verwirklichen.

Ihre dankbar ergebene
Klara May.

»Nach Fühlungnahme mit der Amtshauptmannschaft Dresden wurde mitgeteilt, daß die Erlaubnis, im Garten ein Grab zu errichten, nicht so rasch erteilt werden könne, und daß man den Verstorbenen inzwischen anderweit begraben müssen.«(86) Daraufhin gab Gemeindevorstand Werner den Vorgang ab:

Radebeul am 2. April 1912.

Vorliegenden und den Brief vom 30./3. übersende ich

   Herrn Pfarrer Schmidt hier

zur weiteren Erledigung.

   Nach meiner Ansicht müßte, bevor zu diesem Antrage Stellung genommen werden kann im Kirchenvorstande, die Überweisung des Grundstückes zu dem in Frage kommenden Stiftungszwecke jedenfalls sichergestellt sein.

Hochachtungsvollst
Ihr erg. Werner


//37//

Pfarrer Kurt Schmidt (1866-1949), seit 1909 in der Lutherkirchgemeinde Radebeul tätig, suchte noch am selben Tag die Nachbarin auf:

Pfarramt Radebeul, am 2. April 1912

Nach persönlicher Rücksprache mit Frau May hat diese sich damit einverstanden erklärt, daß ihr Gatte Karl May in dem auf dem hiesigen Friedhofe befindlichen Mausoleum beigesetzt werde. Sie hat sich jedoch für die Zukunft vorbehalten, daß falls das von ihm hinterlassene Grundstück später zu Stiftungszwecken Verwendung findet, der Sarg eventuell dann uns dahin überführt und daselbst beigesetzt werde.

Nachr.[ichtlich]
Pf. Schmidt.

E. A. Schmid beendete 1921 seinen Beitrag ›Karl Mays Grabmal‹ mit den Worten: »So kam die Leiche dennoch in die Gruft, und später wurde von einer nachträglichen Erfüllung seines Wunsches wegen der damit verbundenen Schwierigkeiten abgesehen; mitbestimmend war die Meinung der Freunde des Hauses, man solle den Toten in der ihm durch die Umstände gewordenen schönen letzten Ruhestätte belassen«.(87)

   Obwohl Klara May auch an weitere Freunde die Todesnachricht mit der Bitte sandte, diese bis zur Beisetzung vertraulich zu behandeln, ließ sich das Bekanntwerden der Meldung nicht verhindern.(88) Bereits am Dienstag, dem 2. April, brachten nicht nur die Lokalzeitungen der Lößnitz und in Mays Geburtsstadt, sondern auch überregionale Blätter eine Kurzmeldung über den unerwarteten Tod des Schriftstellers.(89) Die Beisetzung am 3. April 1912 um 12 Uhr nahm Pfarrer Schmidt vor.(90) Marie Hannes (1881-1953), eine der jungen Verehrerinnen des Schriftstellers, überlieferte einen ausführlichen und einfühlsamen Bericht über jenen schmerzvollen Tag:

Es ist ein kühler Frühlingsmorgen – leise, zart, fast behutsam strömt der Regen nieder, als fürchte er, all den herrlichen Blüten, die in das stille Haus getragen werden, etwas von ihrem Schimmer zu nehmen. Wie viele, viele sind es. Jede einzelne findet ein besonderes Willkomm. – Um den Toten steht eine Schar Menschen (. . .) Noch einmal lassen die Worte des Geistlichen dieses wunderbare Leben an uns vorüberziehen (. . .) später stehen wir auf dem kleinen Kirchhof. Noch immer sinkt trüber Regen herab, – alles ist kalt, grau, trostlos, – weiß leuchten allein die Kränze über den braunen Boden hin – ›Dem Edelmenschen und Meister der Phantasie‹, das ist Wien! – Dann ein über mannshohes Kreuz aus weißen Azalienblüten von Marschallnielrosen überrieselt – Es bildet den Eingang zur Gruft. Jetzt wird der Sarg hinabgesenkt. Tiefer immer tiefer. Grausam poltern die Erdschollen darauf


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nieder(91) (. . .) plötzlich strahlendes Licht – die Sonne kommt – im hellen Mittagslicht wollte Karl May begraben sein. Jetzt ist es da und breitet segnend die Hände aus (. . .) Wir wenden uns ab von Grab und Tod und gehen heimwärts – – und wie die Kirchhofspforte hinter uns zuschlägt, da sinkt ein grenzenloses Verlassensein auf uns nieder.(92)

Am Abend des 3. April 1912 nahm Gemeindevorstand Robert Werner auf der Öffentlichen Gemeinderatssitzung »Gelegenheit darauf hinzuweisen, daß Herr Schriftsteller Karl May verstorben sei, welcher für alle Wohltätigkeitsveranstaltungen stets enges Interesse gezeigt und daran tätigen Anteil genommen habe, es sei deshalb die Teilnahme der Gemeinde ausgesprochen worden.«(93) Im Mai 1912 ließ die Witwe mit Genehmigung des Kirchenvorstandes gegenüber dem Grabmal zwei Eckbänke aus Sandstein aufstellen. Die Bänke sind beidseitig flankiert von einer männlichen Sphinx, deren Modell Sascha Schneider in den Jahren 1904/05 schuf.(94) Klara May beabsichtigte außerdem, hinter dem Grabmal – außerhalb des Friedhofes – Bäume anpflanzen zu lassen (möglicherweise die heute sichtbare Tannengruppe).(95)

   Für Klara May begann 1912 eine über drei Jahrzehnte andauernde Zeit als einsame ›Hüterin der Villa ›Shatterhand‹‹. In den Pfarramtsakten ist ein kurzer Schriftwechsel aus dem Jahr 1914 überliefert, der einen kleinen Einblick in die Gewohnheiten und Liebhabereien der Witwe gestattet. Nach einem Vorkommnis auf dem Friedhof wandte sich Klara May an Pfarrer Schmidt:(96)

VILLA SHATTERHAND
RADEBEUL-DRESDEN.

21. 2. 1914

Sehr geehrter Herr Pfarrer!

Seit über einem Jahrzehnt wandere ich oft in stiller Mittagsstunde zum Friedhof um meinem dort ruhenden Lieben einen Besuch abzustatten. Meine kleinen Lieblinge, die einzige Freude, die ich noch vom Leben habe, begleiten mich. An der Pforte des Friedhofs lasse ich sie zurück.

   Jahrelang war das so. Heute meldet mir der Todtenbettmeister [Hempel], daß Sie, Herr Pfarrer, es nicht mehr duldeten! Sie fühlten sich ›gestört‹ und hätten ihm befohlen mich hinaus zu weisen.

   Wie ich Sie zu kennen glaube, zweifle ich daran, daß Sie solch einen Befehl gaben?

   Hätte ich je während einer Beerdigung den Friedhof betreten, könnte eine Möglichkeit zu einer solchen Härte vorliegen, das ist aber nicht der Fall. Ich habe in all den Jahren stets vermieden den Friedhof aufzusuchen, wenn


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ein Begräbnis stattfand und weiß genau, daß ich niemals eine Störung verursacht haben kann.

   Bitte, sehr geehrter Herr Pfarrer, schreiben Sie mir ein paar Zeilen, die ich den Cerberus zeigen kann, daß Sie mir nicht mit so grausamer Härte begegnen und nicht gestatten, daß meine Kleinen am Tor auf mich mehr warten dürfen. Gestatten Sie wenigstens dann Freiheit, wenn keine Amtshandlung vor sich geht.

   Verzeihen Sie, wenn ich in der hochgradigen Erregung, in der ich mich nach diesem Vorkommnis befinde, nicht die rechten Worte gefunden haben sollte und zürnen sie nicht

Ihrer hochachtungsvoll
ergebenen
Klara May.


Pfarramt Radebeul
am 22. 2. 1914

   An Frau Kl. May

- 32 des Regulativs f. d. Gottesacker zu R. vom J. 1906, welches ich zur Kenntnisnahme beilege, besagt, daß das Mitbringen von Hunden auf dem Gottesacker nicht gestattet ist. Dieselbe Bestimmung ist auf den auf dem Friedhof aufgestellten Tafeln ausdrücklich erwähnt, sie gilt soweit mir bekannt ist, wohl für alle Friedhöfe. Es handelt sich somit keineswegs um eine von mir persönlich ausgehende Anordnung oder Härte, die mir natürlich ferne liegt, sondern lediglich in Ausführung obiger Bestimmung des Regulativs, für die der Totenbettmeister Sorge zu tragen hat. Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, daß ein Befehl Sie aus dem Friedhofe herauszuweisen überhaupt nicht gegeben worden ist.

Da Sie nun aber so besonderen Wert darauf legen, mit Ihren Hündchen zu gehen, so möchte ich Ihrem Wunsch und Ihrer Bitte nicht gern entgegen sein und will daher ausnahmsweise bis auf Weiteres gestatten, daß dieselben in der Nähe der Friedhofspforte angebunden werden unter der Voraussetzung, daß Sie dafür besorgt sein wollen, daß nicht durch Gebell etc. die Ruhe des Friedhofes gestört werde.

Pf. Schmidt.


VILLA SHATTERHAND
RADEBEUL-DRESDEN.

22. 2. 1914

Sehr geehrter, lieber Herr Pfarrer!

   Ich danke Ihnen herzlich! Sie wissen gar nicht, wie innig Sie mich durch Erfüllung meiner Bitte erfreut haben. Es ist selbstverständlich, daß ich keine Störungen verursachen werde, wie ich es auch bisher nie getan.

   Ich denke mir das Verhalten des Todtenbettmeisters hatte überhaupt einen anderen Grund.


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   Verzeihen Sie, daß ich Ihre Zeit deshalb in Anspruch nahm und seien Sie versichert, daß dieser Liebesdienst nie vergessen wird.

Ihre dankbar ergebene
Klara May.

Möglicherweise war dieser ›Vorfall‹ Ausgangspunkt der freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Nachbarn, an die sich Pfarrer Schmidt in seiner Autobiographie erinnerte: »Hatte ich ihn [Karl May] selbst bei der Kürze der Zeit, die er nach meiner Versetzung nach Radebeul [1909] noch lebte, nur wenig kennengelernt, so verbanden uns nach seinem Tode mit seiner Witwe, Frau Clara May, freundschaftliche Beziehungen, und wir haben manche anregenden Stunden in ihrem gastlichen Hause verlebt, und viele interessante Bekanntschaften auch mit den von ihr protegierten Künstlern aller Art in ihrer schönen Villa Shatterhand geschlossen«.(97)

   Der berühmte Tote auf dem Radebeuler Friedhof war Jahre später wieder Anlaß, daß die ›Friedhofsruhe‹ gestört wurde: Mit einem großen Presserummel ging die sogenannte ›Indianerhuldigung in Radebeul‹ einher, die zwar den Zweck hatte, Karl May zu ehren, aber auch gleichzeitig eine Werbung für das weltbekannte Dresdner Zirkusunternehmen ›Sarrasani‹ war. Auf Anregung ihres Direktors Hans Stosch-Sarrasani (1873-1934) sprach am 17. Januar 1928 am Grabe Karl Mays der Dakota-Häuptling Susetscha Tanka (Big Snake), der zusammen mit den ihn begleitenden Indianern bei Sarrasani unter Vertrag stand, Worte des Gedenkens an den großen Freund der roten Rasse.(98) Eine weitere Huldigung durch Häuptling White Horse Eagle erfolgte am 18. Juli 1929 am Grabmal Karl Mays. Zur Kranzniederlegung anläßlich des 80. Todestages des Schriftstellers am 30. März 1992 gab es eine unspektakuläre Neuauflage jener ›Indianerhuldigungen‹, als Olaf Hais, Darsteller des Winnetou auf der Felsenbühne Rathen, im Kostüm und hoch zu Roß, nach indianischem Brauch wortlos auf den Steinsarkophag eine Blume niederwarf und wieder davonritt . . .


VI.

Am 11. März 1931 starb in Radebeul Paul Ziller, der Architekt des Grabmals. Wegen seiner Verdienste hatte ihn der griechische Staat im Jahr 1910 mit der Verleihung des Erlöserordens (Ritterkreuz 1. Klasse) geehrt.(99) Sein Bruder Professor Ernst Ziller war bereits im November 1923 in Athen gestorben.(100) Wie schon erwähnt, suchte Klara May auf ihrer Weltreise gemeinsam mit ihrer Freundin Lucia Lieberknecht


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(1879-1972) am 1. Februar 1934 in Athen nochmals den Niketempel auf. Als sie ihre Reiseeindrücke niederschrieb, konnte sie noch nicht ahnen, daß Jahre später infolge der Ideologie der neuen Machthaber das Grabmal in Radebeul ein Politikum werden würde.

   Schon im Sommer 1941 begannen in Radebeul die Vorbereitungen für die Ehrungen Karl Mays anläßlich seines 100. Geburtstages. In der Dienstbesprechung am 28. August 1941 entwickelte dazu der Oberbürgermeister Heinrich Severit (1888–1967) seine Vorstellungen:

Bevor ich eine endgültige Entschließung wegen einer besonderen Ehrung des Volksschriftstellers Karl May aus Anlaß seines 100. Geburtstages am 25. 2. 1942 fasse, ist mit dem Bürgermeister zu Hohenstein-Ernstthal in Verbindung zu treten und festzustellen, was man dort aus gleichem Anlaß beabsichtigt. Auch mit Dr. Schmid ist vorerst dieserhalb Fühlung zu nehmen.

   Besonders kostspielige Veranstaltungen durch die Stadt dürften kaum in Frage kommen. Man könnte aber in Aussicht nehmen, am 25. 2. 1942 in sämtlichen Schulen Radebeuls eine Gedächtnisstunde abzuhalten und gegf. auch einen Gedenkakt im Karl-May Hain unter Mitwirkung der Stadtkapelle zu veranstalten. Weiterhin rege ich an, das Karl-May-Museum in diesen Tagen eine Woche lang für die städtische Jugend und Bevölkerung kostenlos offenzuhalten.

   Schließlich werde ich auch mit Verlagsleiter Dr. Schmid dahingehend verhandeln, daß sich der Karl-May-Verlag bezw. Frau Klara May bereiterklärt, eine größere Summe Geldes aus Anlaß des 100. Geburttages Karl May zu stiften. Dieser Betrag könnte zur Errichtung eines Schwimmbades in Radebeul verwendet werden, dem man u. U. den Namen des Volksschriftstellers geben könnte.(101)

Mit der Kontaktaufnahme zur Stadtverwaltung Hohenstein-Ernstthal wird am 16. September 1941 das Hauptamt in Radebeul beauftragt. In der Geburtsstadt Mays plante man die Aufstellung des Karl-May-Steines im Fuchsgrund und die Ausgestaltung des Geländes als Gedächtnishain. Der Stand der Vorbereitungen in Radebeul geht aus einer Aktennotiz des Oberbürgermeisters Severit vom 12. Januar 1942 hervor:

Die Besprechungen wegen der Ausgestaltung des 100. Geburtstages Karl Mays, insbesondere wegen der Errichtung einer entsprechenden Stiftung durch den Karl-May-Verlag, haben stattgefunden, sind aber bis jetzt zu keinem greifbaren Ergebnis gekommen. Es ist also gegenwärtig noch völlig ungewiß, ob der Karl-May-Verlag eine solche Stiftung errichten wird bezw. in welcher Höhe. Ich habe andererseits bei diesen Besprechungen keinen Zweifel darüber gelassen, daß die Stadt besonders hohe finanzielle Aufwendungen zu Karl Mays 100. Geburtstag nicht machen kann. Für die Stadt kämen lediglich die Veranstaltungen in Frage, die ich in meinem Beschlusse


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aus der Dienstbesprechung mit den Beigeordneten am 28. 8. v. J. (Blatt 53 d. A.) erwähnt habe. Außerdem werde das Stadtbauamt dafür sorgen, daß bis zum Tage der Wiederkehr des Geburtstages Karl Mays der Zugangsweg zum Karl-May-Museum über das Scheumann'sche Grundstück hergestellt und die Eckverbrechung Schildenstraße/Meißner Straße auf Kosten der Frau May durchgeführt werden.

Der Zugang zum Museum von der Meißner Straße (neben der heutigen Tankstelle) wurde eingerichtet, ist aber kaum genutzt worden. Das Schul- und Kulturamt erhielt noch am 12. Januar 1942 den »Auftrag, die von der Stadt geplanten Veranstaltungen zu Karl Mays 100. Geburtstage vorzubereiten und mich [d. i. Severit] vom Fortgang aller Maßnahmen laufend zu unterrichten.« Dieses Amt leitete Stadtrat Oswald Forner, NSDAP-Ortsgruppenleiter in Radebeul-Niederlößnitz, der in den Folgemonaten sämtliche Aktivitäten koordinierte, die Verhandlungen führte und den Oberbürgermeister informierte. Die Modalitäten der Einladung wurden dem Kulturamt vorgegeben und sind auf die kriegsbedingte schlechte Versorgungslage zurückzuführen: »Die auf der Liste einzuladenden Gäste sind auch gleichzeitig für die im Anschluß an die Gedenkfeier in der Sektkellerei stattfindende Zusammenkunft um 19 Uhr mit einzuladen. Dabei ist anzugeben, daß 100 Gramm Fleischmarken, 20 Gramm Fettmarken und 100 Gramm Brotmarken abzugeben sind. Die Einladung muß so gestaltet werden, daß eine schriftliche Zusage notwendig ist. Da genügend Raum für eine Gedenkfeier um 17 Uhr vorhanden ist, soll an die Leiter der Schulen eine Einladung gehen, die auch gleichzeitig für sämtliche Lehrer gilt.«

   Erste Informationen zu den geplanten Veranstaltungen konnte die Bevölkerung am 20. Januar 1942 der Lokalpresse entnehmen.(102) Mit dem Datum 31. Januar 1942 versandte die Stadtverwaltung Radebeul eine große Zahl gedruckter Einladungen des Oberbürgermeisters mit der Bitte um Rückantwort an Persönlichkeiten, Einrichtungen, Dienststellen, Presse und Rundfunk sowie Personen, die mit Klara May und dem Karl-May-Verlag freundschaftlich verbunden waren:


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Als offizielle Veranstaltungen der Gedenkfeier ›Karl May 100 Jahre‹ waren am 25. Februar 1942 eine Ehrung am Grabe Karl Mays (11 Uhr), ein Empfang in der Villa ›Shatterhand‹ (12 Uhr) sowie um 17 Uhr eine Feierstunde im Festsaal der Hans-Schemm-Schule in der Steinbachstraße (heute Gymnasium) vorgesehen.


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Oberbürgermeister Severit lud den Reichsstatthalter in Sachsen, Gauleiter Martin Mutschmann (1879-1948), am 6. Februar 1942 in einem persönlichen Schreiben ein: »Ich gebe mir die Ehre, Sie, hochverehrter Herr Reichsstatthalter, zu dieser Gedenkfeier ganz ergebenst einzuladen. Sie würden mir und damit zugleich der Stadt Radebeul eine hohe Ehre erweisen, wenn Sie an dieser Feier teilnehmen würden.« Selbst in dem Brief an Mutschmann sowie in den gleichlautenden Schreiben an den Staatsminister des Innern und stellv. Gauleiter Dr. Karl Fritsch (1901-?), ebenfalls vom 6. Februar 1942, wird auf die gewünschte Abgabe der Lebensmittelmarken für den vorgesehenen Imbiß in der Abendveranstaltung hingewiesen. Das Büro des Reichsstatthalters teilte am 10. Februar 1942 dem Radebeuler Oberbürgermeister mit: »Der Herr Reichsstatthalter läßt für die Einladung zu der Gedenkfeier anläßlich des 100jährigen Geburtstages von Karl May am 25. Februar 1942 herzlich danken. Seine Teilnahme wird sich infolge anderweiter Inanspruchnahme kaum ermöglichen lassen.«

   Aus den überlieferten Antwortschreiben, die Entschuldigungen wegen Nichtteilnahme enthielten bzw. die Stellvertreter nannten, geht hervor, daß u. a. auch Einladungen an die Schrifttumsabteilung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda, die Reichspressestelle der NSDAP, an das Haus des Rundfunks, sämtlich in Berlin, an den Generalstaatsanwalt von Sachsen, an den Befehlshaber im


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Wehrkreis IV Dresden, an das Zeitungs-Zentralbüro des Deutschen Verlages in Berlin sowie an den Reichsstatthalter für die Bayerische Ostmark, Gauleiter Fritz Wächtler, in Bayreuth verschickt worden waren.

   Die bevorstehenden Veranstaltungen und die erwartete Prominenz sorgte mit Sicherheit für Gesprächsstoff in der Radebeuler Bevölkerung. Ob Mißgunst gegenüber Klara May bzw. dem Verlag im Spiel war oder der Beweggrund im ideologischen Fanatismus eines NSDAP-Parteigängers zu suchen ist, bleibt ungeklärt. Tatsache ist, daß Oberbürgermeister Severit in jenen Februartagen des Jahres 1942 »aus der Einwohnerschaft« einen Hinweis erhielt, daß in der Gruft von Mays Grabmal auch noch Klara Mays erster Mann, der »Halbjude Kaufmann Plöhn« beigesetzt sei. Severit beauftragte daraufhin die ihm unterstehende Ermittlungsabteilung Ost mit einer Recherche, in deren Ergebnis der Ermittlungsangestellte Kießling nach einer Ortsbesichtigung am 14. Februar 1942 festhielt: »Die linke Seitenwand [des Grabmals] wird etwa in der Mitte durch eine Sandsteinplakette unterbrochen, auf welcher noch vor zwei Jahren der Name und die Geburts- und Sterbedaten des verstorbenen Plöhn, des ersten Mannes der Frau May, gestanden haben. Diese Hinweise sind völlig unsichtbar entfernt worden. Es deutet nichts mehr auf den Namen Plöhn hin. Rechts ist in die Seitenwand folgendes eingemeißelt: [es folgen die Namen und Lebensdaten von Karl und Klara May].(103) (. . .) Sonst ist an dem Grabmal weder ein symbolisches Zeichen noch sonst ein Merkmal vorhanden, welches auf einen jüdischen Einlieger hinweisen würde.« Außerdem wurde der Friedhofsinspektor Martin Bossack (1887-1979) von der Friedhofsverwaltung Radebeul-Ost durch einen Angestellten des Rathauses befragt, der am 16. Februar 1942 in einem Aktenvermerk auch das Ergebnis der Einsichtnahme in das Erbbegräbnisverzeichnis festhielt. Der Berichterstatter erbrachte den Nachweis, daß »in der mausoleumartigen Grabstätte« drei Personen bestattet waren, und vermerkte zu Richard Plöhn: »Die Religionszugehörigkeit ist aus den Unterlagen der Kirche und der Friedhofsverwaltung angeblich nicht ersichtlich.« Zu den Inschriften an den Seitenwänden des Grabmales (hier fälschlicherweise der Grabplatte zugeordnet) recherchierte der beauftragte Angestellte: »Nach Mitteilung Bossacks sind die früher auf der Grabplatte sichtbar gewesenen und auf die Personen Plöhn und Beibler hinweisenden Schriftzeichen entfernt worden.«

   In Anbetracht der wenigen Tage, die noch bis zu der geplanten Ehrung am Grabmal verblieben, faßte Oberbürgermeister Severit am 16. Februar den Beschluß: »Aufgrund der umgehenden Gerüchte, daß in


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der Grabstätte des Karl May noch der Jude Plöhn untergebracht ist, habe ich Herrn Stadtrat Forner und Herrn Studienrat Dr. Meyer beauftragt mit Frau Klara May eine Aussprache herbeizuführen, in der diese Angelegenheit geklärt wird.« Studienrat Dr. Erich Meyer war Leiter der Bezirksbildstelle Radebeul, die ihren Sitz in der Hans-Schemm-Schule hatte. In der geplanten Feierstunde im Festsaal jener Schule war Dr. Meyer mit einem Farb-Lichtbildervortrag über Radebeuler May-Stätten und das Karl-May-Museum vorgesehen. Die Aussprache mit Klara May führten die beiden Beauftragten noch am 16. Februar durch und erstatteten darüber einen Bericht, den sie gemeinsam unterzeichneten:

Frau May hat sich in dieser Besprechung bereit erklärt, die Umbettung ihres ersten Gatten, des Juden Plöhn, sofort durch die Friedhofsverwaltung vornehmen zu lassen. Sie wird noch heute bei der Kirchenverwaltung einen entsprechenden Umbettungsantrag einreichen. Sie bittet die Stadt, falls es infolge Leutemangels nicht möglich wäre, diese Arbeiten bis zum 25. d. M. auszuführen, sie zu unterstützen.

   Im Verlaufe dieser Aussprache setzte ich Frau May von der in Aussicht gestellten Stiftung des Herrn Dr. Schmid in Höhe von 10 000,- RM in Kenntnis und legte ihr nahe, den gleichen Betrag zu zeichnen, damit ihr Ansehen gegenüber dem Verlag nicht im Nachteil ist. Sie hielt dem entgegen, daß der Unterhalt des Museums außerordentlich hohe Aufwendungen notwendig machte, da es ihr Wille sei, das Museum bei Lebzeiten noch voll auszubauen.(104) Weiterhin konnte sie nicht verstehen, daß der Karl-May-Verlag, der an sich der Nutznießer des Museums wäre, nie zur Finanzierung dieses Ausbaues mit beitragen würde. Genau so wäre es auch bei den laufenden Unterhaltungskosten. Daraufhin machte ich Frau May den Vorschlag, doch einmal zu prüfen, ob sie nicht die Absicht hat, das gesamte Museum der Stadt zu überlassen. Wegen der laufenden Unterhaltungskosten würden wir uns dann selbst mit dem Verlag und der Karl-May-Stiftung in Verbindung setzen, ob sie bereit wären, einen entsprechenden Beitrag mit zu übernehmen. Dazu erklärte sich Frau May bereit. Ich wiederholte noch einmal diese Vereinbarungen und fragte Frau May, ob es ihr fester Wille sei, in diesem Sinne zu verfahren und dies notarisch festzulegen. Sie bejahte dies.

   Ich schlage nunmehr vor, recht bald mit Frau May einen Vertrag abzuschliessen, damit evtl. anläßlich der Karl-May-Feier die Schenkung der Stadt überreicht werden kann.

16. 2. 42
        Dr. Meyer         Forner

Entsprechend der Absprache mit Stadtrat Forner und Studienrat Dr. Meyer übergab Klara May persönlich noch am gleichen Tag den Antrag auf Exhumierung:(105)


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16. 2. 42

An die Friedhofsverwaltung Radebeul

Die nationalsozialistischen Grundsätze zwingen mich meinen ersten Mann

Richard Alexander Plöhn

aus Karl Mays Gruft zu entfernen, da seine Mutter eine Jüdin war. Ich bitte Sie um diese Erlaubnis und um eine Grabstelle in der Nähe der bisherigen Ruhestätte

In Ergebenheit
Klara May

Pfarrer Straube vermerkte dazu auf dem Schriftstück: »Frau Klara May am 16. 2. 42 persönlich gesagt: Kann erst geschehen, wenn nach Gesuch an Kreiskirchenamt mit Sterbeurkunde Genehmigung des Bezirksarztes vorliegt. Darnach kann der Sarg bis zur neuen Beisetzung in der Interimsgruft ruhen.«

   Den aufgezeigten Verfahrensweg beschritt Klara May unverzüglich unter Nachreichung der geforderten Sterbeurkunde:(106)

Radebeul, den 16. 2. 1942.

An das Kreiskirchenamt Dresden.

Sehr geehrter Herr!

Da es sich nicht mit den nationalsozialistischen Anschauungen verträgt bitte ich um die Genehmigung meinen ersten Mann Richard Alexander Plöhn, dessen Mutter Jüdin war, aus der mit meinem zweiten Mann Karl May belegten Gruft herausnehmen zu dürfen, da sonst die 100 Jahrfeier, die von der Partei veranlaßt werden soll nicht stattfinden könnte, was ich bedauern müßte.

   Da die 100 Jahr Feier in wenigen Tagen stattfindet erbitte ich beschleunigte Erledigung und zeichne in Dankbarkeit mit

Heil Hitler
Ihre ergebene Klara May.

Das Ev.-luth. Kreiskirchenamt Dresden bearbeitete den Antrag umgehend und gab den Vorgang am 19. Februar 1942 »abschriftlich an den Kirchenvorstand der Lutherkirche Radebeul zur Kenntnisnahme und mit dem Veranlassen, die Antragstellerin zu bescheiden, daß nach ei-


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nem Runderlaß des RMdI (d. i. Reichsministers des Innern) vom 29. 12. 1941 IVc 10829/41-3991 im Hinblick auf die durch die Kriegslage bedingte Verhältnisse, bis auf weiteres Genehmigungen zur Wiederausgrabung von Leichen zwecks Umbettung nicht erteilt werden können.« Aus einem Aktenvermerk geht hervor, daß Klara May noch am gleichen Tag den Bescheid über das Pfarramt der Lutherkirche ausgehändigt bekam. Sie verständigte den Oberbürgermeister, der seinerseits nun eine Entscheidung treffen mußte. Severit entschied jedoch nicht, ohne zuvor Rücksprache mit dem Büro Mutschmanns zu nehmen:

Heute habe ich mit dem Referenten für das Heimatwerk Sachsen, Regierungsdirektor Graefe, Büro des Reichsstatthalters, über die Frage der Absage der geplanten Karl-May-Veranstaltungen gesprochen. Nach eingehender Erwägung aller Möglichkeiten und Umstände sind wir zu der Auffassung gekommen, daß es doch richtiger ist, die geplanten Veranstaltungen restlos abzusagen. Für die Absage ist der nachgeheftete Text formuliert worden.

   Auch Stadtrat Dr. Guba, der mich gestern in dieser Sache fernmündlich sprach, ist derselben Auffassung.

   Eine Weiterverfolgung der in umstehender Niederschrift angeschnittenen Frage wegen Übereignung des Karl-May-Museums an die Stadt Radebeul erübrigt sich deshalb.

19. 2. 42.         Severit         Oberbürgermeister.

Die endgültige Entscheidung fiel in einer nichtöffentlichen Beratung des Oberbürgermeisters mit den Ratsherren und Beigeordneten am Donnerstag, dem 19. Februar 1942, 19 Uhr, im Saal des Rathauses, zu der wegen der Dringlichkeit fernmündlich eingeladen wurde. Über den Verlauf und das Ergebnis der eineinhalbstündigen Sitzung gibt das Protokoll Auskunft:

Nach Anhörung der Ratsherren fasste der Oberbürgermeister folgenden Beschluß:

Gedenkfeier aus Anlaß der 100. Wiederkehr des Geburtstages des Volksschriftstellers Karl May am 25. Februar d. J.

   Die von mir in Aussicht genommenen und schon festgelegten Veranstaltungen, wie sie aus Anlage 4 zu dieser Niederschrift ersichtlich sind, und zu denen ich bereits eine große Anzahl hiesiger und auswärtiger Gäste eingeladen hatte (siehe Anlagen 5 und 6) sind sofort abzusagen.

Die Absage hat wie folgt zu lauten:

»Ich gestatte mir, Ihnen mitzuteilen, daß die für Mittwoch, den 25. Februar 1942, festgesetzten Veranstaltungen aus Anlaß der 100. Wiederkehr des Geburtstages des Volksschriftstellers Karl May unvorhergesehener Umstände wegen abgesagt werden müssen. Eine spätere Veranstaltung bleibt vorbehalten.«


Mausoleum, vor 1909 (70,3-Kb-Jpg)


Mausoleum nach der Beisetzung Karl Mays (1912) [73,6-Kb-Jpg]


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Meinen nur nach reiflicher Überlegung und nach vorheriger Aussprache mit dem Referenten für das Heimatwerk Sachsen, Reg.-Direktor Graefe, Büro des Reichsstatthalters, gefaßten Entschluß begründe ich wie folgt:

   Erst vor wenigen Tagen erfuhr ich aus der Einwohnerschaft die inzwischen durch Rückfrage beim Pfarramt der Lutherkirche und bei der Friedhofsverwaltung erhärtete Tatsache, daß in der mausoleumartigen Grabstätte des Volksschriftstellers Karl May auch noch die Leiche des ersten Mannes der Witwe May, des Halbjuden Kaufmann Plöhn, beigesetzt ist und daß zur Verschleierung dieses Tatbestandes erst vor etwa 2 Jahren die auf der Grabplatte angebracht gewesenen, auf die Leiche Plöhns hinweisenden Schriftzeichen entfernt worden sind, ohne daß gleichzeitig die Leiche Plöhns selbst herausgenommen wurde. Darin erblicke ich eine beabsichtigte grobe Irreführung der Öffentlichkeit, wenn nicht gar eine arglistige Täuschung. Bei der Vorbesprechung über die geplanten Veranstaltungen zu Ehren Karl May's bin ich weder von Frau May, noch vom Inhaber des Karl-May-Verlags, Dr. Schmid, auf die Angelegenheit mit dem Halbjuden Plöhn aufmerksam gemacht worden. Ich kann es aber mit meiner nationalsozialistischen Einstellung zum Judenproblem und mit meiner Stellung als Oberbürgermeister der Stadt Radebeul nicht vereinbaren, eine Ehrung Karl May's an einer Grabstätte durchzuführen, in der sich gleichzeitig noch die Leiche eines Halbjuden befindet. Ebensowenig kann ich das den übrigen Vertretern von Partei und Staat zumuten.

   Von dem Runderlaß des Reichsministers des Innern vom 29. 12. 1941 (RMBliV. 1942 S. 19), wonach alle Polizeibehörden bis auf weiteres keine Genehmigung zur Wiederausgrabung von Leichen zwecks Umbettung erteilen sollen, gebe ich Kenntnis.

   Im übrigen habe ich inzwischen auch von einem Brief Kenntnis erhalten, den Frau verw. May an mich zu schreiben beabsichtigte und dessen Inhalt mir ihren Charakter und ihre Einstellung zu den geplanten Veranstaltungen im richtigen Lichte zeigte. Schon mit Rücksicht hierauf halte ich es für geboten, alle Veranstaltungen restlos abzusagen.

   Falls sich der Karl-May-Verlag im Hinblick auf die veränderte Sachlage weigern sollte, die bereits entstandenen Kosten – entgegen der früher gegebenen Zusage – zu übernehmen, ist der Aufwand zu Lasten des städtischen Haushaltsplans zu verbuchen.

   Ich stelle fest, daß mein Entschluß von den Ratsherren im vollen Umfange einmütig gebilligt wird.

Aus der überlieferten Akte ist ersichtlich, daß die gedruckte Absagemitteilung in einer Auflagenhöhe von 350 Exemplaren noch am 20. Februar durch das Schul- und Kulturamt zum Versand kam. Vermutlich wurde dazu der Verteiler der Einladung benutzt, denn das ›Beteiligungs-Verzeichnis Karl-May-Feier am 25./II.1942‹ auf der Grundlage der eingegangenen Zusagen listet insgesamt 110 Personen auf, von de-


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nen z. B. 104 an der Feierstunde in der Hans-Schemm-Schule und 57 an der Kranzniederlegung am Grabmal teilnehmen wollten. In dem ›Beteiligungs-Verzeichnis‹ finden sich u. a. Klara Mays Freundin Lucia Lieberknecht mit Ehemann Richard, Otto Eicke, Heinrich Zerkaulen sowie der Schriftsteller Kurt Arnold Findeisen, Trude Stosch-Sarrasani, Selmar Werner und Max Czopka, der Architekt der ›Villa Bärenfett‹. Aus Hohenstein-Ernstthal sagten Beigeordneter Wildeck als Vertreter der Stadtverwaltung, aber auch Hans Zesewitz und Alfred Münch, der Besitzer von Mays Geburtshaus, ihre Teilnahme zu. In der Liste steht ebenfalls das Ehepaar Hammitzsch aus Dresden. Angela Raubal, geb. Hitler (1883-1949),(107) die Halbschwester Adolf Hitlers, seit 1936 mit dem Architekten Prof. Martin Hammitzsch (1878-1945?) verheiratet,(108) der seit 1918 in Oberlößnitz im ›Haus in der Sonne‹(109) wohnte, unterhielt mit Klara May in Radebeul freundschaftliche Kontakte, die auch nach dem Umzug des Ehepaares nach Dresden (1939) weiterbestanden. Zu einer persönlichen Begegnung zwischen Klara May und Adolf Hitler kam es am 29. Juli 1933 in Bayreuth auf einem Empfang von Winifred Wagner.(110) Martin Mutschmann lernte Mays Witwe im Dezember 1933 kennen, als der Reichsstatthalter gemeinsam mit Ministerpräsident von Killinger(110a) das Karl-May-Museum besuchte.(111) Diese Verbindungen waren Klara May mehrfach – wenn auch nur indirekt – bei der Durchsetzung außergewöhnlicher Wünsche von Nutzen. So erhielt sie z. B. 1937 aus dem Sächsischen Hauptstaatsarchiv Unterlagen zur Verfehlung Mays während des Lichtwochnerdienstes im Lehrerseminar Waldenburg (1859) ausgehändigt, die sie anschließend vernichtete.(112) Auch 1942 war Klara May – wie noch gezeigt werden wird – auf das Wohlwollen der Behörden angewiesen.

   Die Bevölkerung erfuhr über die Presse von der Absage der Gedenkveranstaltungen in Radebeul.(113) Hauptgrund der Absage des Oberbürgermeisters war die beabsichtigte offizielle Kranzniederlegung am Grabmal Karl Mays, die damit verhindert werden konnte. In Radebeul gab es am 25. Februar 1942 trotzdem Ehrungen Karl Mays, die jedoch nicht in Verantwortung der Stadtverwaltung durchgeführt wurden. Grundlage dafür war eine Anordnung des Reichsstatthalters Mutschmann vom 18. Februar 1942: »Am 25. Februar 1942 sind 100 Jahre seit dem Geburtstage Karl Mays vergangen. Ich ordne an, daß an diesem Tage in allen Schulen Sachsens des großen sächsischen Jugend- und Volksschriftstellers Karl May gedacht wird.«(114) In einer Besprechung am 23. Februar 1942 mit den Schulleitern legte Stadtrat Forner Einzelheiten für die Karl-May-Feier fest. So sollten an »würdige strebsame und aufgeweckte Schüler bezw. Schülerinnen« der Radebeuler Schulen


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160 Karl-May-Bände, eine Schenkung des Karl-May-Verlages,(115) als Buchprämie vergeben werden. »Ab 11.30 bis 12 Uhr findet über alle deutschen Sender eine Feierstunde statt.(116) Im Schulunterricht soll in geeigneter Weise des großen Volksschriftstellers Karl May gedacht werden. Ebenso soll die Feier, die in der Hans-Schemm-Schule stattfindet, an einem Sonntage im Lichtspielhaus Capitol oder im Lichtspielhaus Union, Radebeul-Ost, durchgeführt [richtig: wiederholt] werden. Alles Weitere in dieser Angelegenheit wird vom Bezirksbildstellenleiter im Einvernehmen mit Herrn Stadtrat Forner geregelt.«


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In einem redaktionellen Beitrag ›Dem Gedächtnis unseres Volksschriftstellers. Hans-Schemm-Schule feierte den 100. Geburtstag Karl Mays‹ berichtete das ›Radebeuler Tageblatt‹ am 26. Februar 1942: »In einem stimmungsvollen Festakt gedachte gestern vormittag die Hans-Schemm-Schule des hundertsten Geburtstages des Volksschriftstellers Karl May (. . .) Zahlreiche Gäste nahmen an der Feier teil, die Stadt war durch Stadtbaurat Hennig, der für den durch Krankheit am Erscheinen verhinderten Oberbürgermeister Severit an der Feier teilnahm, vertreten.« In die Feierstunde einbezogen war auch der vom Deutschlandsender ausgestrahlte Rundfunkvortrag. Ansonsten hielt man sich an das ursprünglich geplante Programm, nur die Ansprachen wurden von Vertretern übernommen. Ebenfalls durch Krankheit verhindert war Dr. E. A. Schmid, dessen Gattin das Schlußwort für ihn sprach. An der Feierstunde in der Schule nahm auch Klara May nicht teil, die nur in der Rundfunkübertragung zu hören war. Bereits um 10 Uhr »ehrten Betriebsführung und Gefolgschaft des Karl-May-Verlages(117) das Andenken ihres hundertjährigen Karl May durch eine schlichte, weihevolle Gedenkfeier am Grabmal des Dichters. Bei der Kranzniederlegung an der Gruft sprach in Vertretung des erkrankten Verlagsdirektors Dr. Euchar Schmid seine Gattin (. . .) Ein Bläserquintett vertiefte den kurzen Gedenkakt mit Mozarts ›Ave verum‹ und Beethovens ›Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre‹.« Bei den Feierlichkeiten am 28. Februar 1942 in Hohenstein-Ernstthal, zur Weihe des Gedenksteines im Fuchsgrund und der Feierstunde im Gasthof ›Stadt Chemnitz‹, ließen sich Oberbürgermeister Severit und Dr. E. A. Schmid noch immer vertreten.(118) Daß es sich zumindest beim Verlagsdirektor nicht um eine vorgetäuschte Krankheit handelte, belegt ein Brief seiner Sekretärin: »An all diesen Ehrungen konnte Herr Doktor [Schmid] nicht mittun, denn einige Tage vor dem 25. Februar erkrankte er schwer an doppelseitiger Mittelohrentzündung, so daß er gerade während des Erinnerungstages von zwei Ärzten behandelt werden mußte und auch heute [am 8. April] noch jeden zweiten Tag zu einem Spezialisten nach Dresden muß. Das Gehör war für einige Wochen ganz verschwunden.«(119)

   Als charakteristisch für die damals herrschende Ideologie ist festzustellen, daß die mündliche Stellungnahme aus dem Büro des Reichsstatthalters maßgeblich zur Absage der offiziellen Feierlichkeiten in Radebeul beigetragen hat, andererseits Mutschmann sich aber nicht scheute, gönnerhaft Mittel der Karl-May-Stiftung zu verteilen: »Der Reichsstatthalter und Gauleiter in Sachsen hat angeordnet, daß aus Anlaß des 100. Geburtstages von Karl May einer Anzahl älterer und verdienter Schriftsteller und Schriftleiter, die sich in wirtschaftlich ungün-


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stigen Verhältnissen befinden, Ehrengaben aus der Karl-May-Stiftung ausgehändigt werden.«(120) Bereits am 11. Juli 1936 ordnete Gauleiter Mutschmann an, daß die Verteilung der Stiftungsmittel nicht mehr durch den Beirat, sondern ausschließlich durch ihn festgelegt wird.(121) Ihren Stiftungszweck gemäß - 4 der Stiftungsurkunde, u. a. »in Deutschland wohnenden Schriftstellern, Journalisten und Redakteuren, die (. . .) in drückende Notlage gekommen sind, Unterstützung (zu) gewähren«, konnte die Karl-May-Stiftung wirklich unabhängig von politischen Einflüssen nur im Zeitraum zwischen 1917 und 1936 erfüllen.(122)


VII.

Der Vorwurf, mit einem ›Halbjuden‹ verheiratet gewesen zu sein, veranlaßte Klara May zu Nachforschungen, da ihr Angaben zu den Vorfahren ihres ersten Mannes fehlten. Am 28. Februar 1942, am Tag der Gedenkstein-Weihe im Ernstthaler Fuchsgrund, schrieb sie in der Villa ›Shatterhand‹ einen Brief an das Standesamt in Leipzig: »Ich gebrauche die Ihnen seinerzeit gegebenen Unterlagen, oder die genauen Abschriften davon die damals Ihnen zwecks der Eheschliessung mit meinem ersten Manne gegeben wurden (. . .) Nun stellte es sich heraus, dass dessen Mutter einer jüdischen Familie entstammt. Ich habe diese Frau nie gekannt, auch der Vater meines Mannes, der Christ war, wie sein Sohn, war, als ich meines ersten Mannes Frau wurde, schon tot. Nun brauche ich den Nachweis der Geburtsdaten der Eltern Plöhns.«(123) In ihrem Anschreiben verweist Klara May darauf, daß sie »nachzuforschen von der Behörde aus die Pflicht habe«. Das Leipziger Standesamt verwies in seiner Antwort vom 3. März 1942 an das Standesamt Jonitz bei Dessau, vor dem 1881 das Aufgebot beantragt worden sei. Von dort erhielt Klara May schließlich am 9. März ihr Anschreiben »zurückgesandt mit dem Bemerken, dass aus den Aufgebotsakten nur zu ersehen ist, dass die Mutter Ihres 1. Ehemannes Henriette geb. Danziger hiess u. diese in Danzig verstorben ist«.

   Vorsorglich verfügte Klara May am 7. März 1942: »Sollte ich sterben, bevor die beiden Särge von meinem ersten Mann und meiner Mutter entfernt sind, nach den erschütternden Ereignissen vom 100 Geburtstag Karl Mays, dann lassen Sie gelegentlich meiner Beisetzung diese beiden, mir einst lieben Menschen, heraus nehmen und auf dem Radebeuler Friedhof bestatten. Damit K. M. allein mit mir die Gruft teilt.«(124) In dieser Situation schrieb Klara May an Gauleiter Mutschmann, ohne jedoch den Brief abzusenden:(125)


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Radebeul d. 11. 3. 1942

Mein lieber hochverehrter Herr Reichsstatthalter!

Anbei sende ich Ihnen das Ergebnis meiner Forschungen über die sagenhafte Mutter meines ersten Mannes, der nun auch schon über 40 Jahre tot ist, er würde heute über 88 Jahre alt sein und seine Mutter wäre über 100 Jahre! Nachkommen sind nicht da. Damals und bis zu unserer Zeit galten andere Gesetze und von Rassenfrage wusste man nichts.

   Beim besten Willen ist es mir nicht möglich, noch mehr in der über mich hereingebrochenen, mir gänzlich unfassbaren Sache zu tun, die mich so schwer getroffen hat, dass ich vollkommen zusammengebrochen bin, wozu allerdings auch die furchtbare Kohlennot kommt, die die Centralheizung zum Einstellen zwang, so bin ich seelisch und körperlich am Ende meiner Kräfte, wenn ich nicht wenigstens Heizmaterial bekomme, um was ich Sie herzlich bitten möchte.

   Mir ist's ganz wirr im Kopf, ich möchte Ihnen nur noch sagen, dass ich die Namen meiner Mutter und meines ersten Mannes vor Jahren entfernen liess, um nicht immer und immer wieder Auskunft geben zu müssen, wie die zu Karl May kamen, ob es Gestalten aus seinen Werken etc. seien? Bestimmt aber habe ich nie daran gedacht, dass diese Tatsache einmal von 3 Nationalsozialisten zu einem Schlag gegen mich verwendet werden könnte.

   Um nun zum Schluss in dieser Sache zu kommen, bitte ich noch mir zu gestatten, dass ich meinen ersten Mann und meine Mutter, gleich jetzt herausnehmen lassen darf, damit Ruhe in der Angelegenheit kommt.

   Die Kirchenbehörde sagt, es dürfe im Kriege nicht gemacht werden, aber ich hörte, die Behörde könne es verfügen, und um diese Verfügung möchte ich Sie bitten.

   Auch hier hat das Sprichwort wieder einmal recht behalten:

   »Es kann der Beste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt.«

   Im Vertrauen auf die Gerechtigkeit, Güte und so oft bewährte Treue unseres geliebten, verehrten Oberhauptes unseres Reichsstatthalters grüsst Sie in alter Liebe mit

Heil Hitler!
Ihre Klara May.


Ende Februar 1942 wandte sich Klara May wegen der Ausstellung eines beglaubigten Trauscheines an das Ev.-luth. Pfarramt St. Matthäi in Leipzig, in dessen Kirche sie am 22. Juni 1881, dem 28. Geburtstag Richard Plöhns, getraut worden war.(126) Den erbetenen Trauschein stellte am 12. März 1942 Kirchenbuchführer A. Thürmer aus, dem Klara May daraufhin in einem längeren Brief die jüngsten Vorgänge schilder-


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te. In dem Schreiben geht die Witwe auch auf die Vorgeschichte des Grabmals ein und bestätigt das Zusammentreffen mit Prof. Ernst Ziller im Juli 1900 in Athen:

Villa Shatterhand
14. 3. 42

Radebeul b. Dresden

Sehr geehrter Herr Thürmer!

Wir leben in einer eigenartigen Zeit. – Sie werden wie so viele kaum glauben, dass Folgendes möglich ist:

Ich bin die Frau Karl Mays, der jetzt seinen 100. Geburtstag hatte. Da kam wie ein Blitz aus heiterm Himmel, von, Gott weiss welcher Seite, die »Erleuchtung« irgend eines Menschen, dass, die von der Ehrung am Grabe Karl Mays von Radebeul vorgesehener Seite nicht stattfinden könne, wenn ich meinen ersten Mann Richard Plöhn, der die Gruft mit meiner Mutter und Karl May teilt, nicht sofort herausnehme, da Plöhn eine jüdische Mutter gehabt hätte, – die ich ja nie gekannt habe. –

   Ich war bereit, diesem Befehl Gehorsam zu leisten, aber die Kirchenbehörde verweigerte die Herausnahme. Ich erlitt einen leichten Schlaganfall, dem ich die miserable Schrift verdanke. Nun ist die Sache so:

   Mein erster Mann, Plöhn, war schon 15 Jahre lang, vor seinem Tode, ein treuer Kamerad Karl Mays und vertrat seine Karl-May-Interessen, bei der Abwesenheit Karl Mays, die oft lange Zeit war, und auch ich half, wo ich konnte. Karl May hatte viel zu leiden im Leben und von ganzer Seele standen wir zu ihm, und er zu uns. Meinen ersten Mann liebte ich innig, er war auch ein lieber guter Mensch, aber jahrelang schwer leidend. Er hatte sich beim zu langen, kalten Baden und Schwimmen im Meere eine Nierenerkrankung zugezogen, die sogenannte Brightsche Nierenschrumpfung, an der er nach jahrelangem Leiden starb.

   Das Ehepaar May und wir waren auch einmal mit meinem schon sehr leidenden Manne Plöhn und anderen in Athen gewesen und hatten da – dank der Vermittlung des aus Radebeul stammenden Prof. Ziller – eine Mondnacht auf der Akropolis zugebracht. Da entstand in mir der Gedanke, den Niketempel als Gruft in Radebeul entstehen zu lassen. Bald darauf starb Plöhn. Er wurde in Radebeul begraben. Täglich wanderte ich zu seiner Ruhestätte.

   Um mich abzulenken, griff der treuste der Freunde meinen, ihm bekannten Gedanken mit dem Tempel auf und schenkte mir den Grabtempel, als er fertig war, ließ ich meinen ersten Mann dahin überführen. Wie ich dann die zweite Frau Karl Mays wurde, beschreibt er besser als ich es könnte in seinem Band ›Ich‹.

   Karl May selbst wollte nicht da ruhen, und auch ich sollte es nicht. Es existiert ein liebes nicht veröffentlichtes Gedicht von ihm, in dem er sagt, nie und nimmer mehr ein Leichenstein.

   Es kam sein Heimgang. Ich sagte, wie er es gewollt. Da waren die Freun-


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de einstimmig dafür, ihn nicht – wie er es gedacht – in seinem Garten zu bestatten, sondern in dem schönen Tempel. Einem jedem müsse es möglich sein, an sein Grab treten zu können. Er dürfe nicht hinter verschlossenen Türen ruhen. So kam er dort mit hinein. Oft wurde ich nun im Verlauf der Jahre gefragt, wie die beiden anderen zu Karl May kommen, und um den Erklärungen zu entgehen, ließ ich vor ein paar Jahren die Namen Plöhn und Beibler entfernen. Nie hatte ich ein Geheimnis aus Herkunft und Geburt gemacht, aber als die neuen Gesetze über Rassenfrage aufkamen, deren Richtigkeit eingesehen und mich bereitfinden lassen, diesen neuen Gesetzen Rechnung zu tragen, obgleich die Sache wie ein toller Streich anmutet.

   Ich danke Ihnen sehr für Ihre gütige Hilfe und werde – sollte es notwendig werden – gern darauf zurückkommen.

Mit einem lieben Dankesgruß und Heil Hitler!

Ihre ergebene
Klara May.


In jenen Märztagen dankte Klara May separat mit einem Handschreiben den Mitarbeitern des Verlages, die am 25. Februar eine Ehrung des Autors an dessen Grab veranstalteten:

Unseren lieben Angestellten

möchte ich heute, nachdem die Fremden erledigt sind, als den letzten, aber liebsten Freunden und Mitarbeitern, von ganzem Herzen danken für alles, was sie zum 100 Geburtstage Karl Mays getahn und gestiftet haben. Den gedruckten Dank hat jedenfalls jeder und jede. Wer Freude an der Grabkarte hat, soll sie haben, auch das Photo mit den Kränzen, kurz alles was zur Erinnerung gewünscht wird.

In herzlicher Dankbarkeit
Klara May
Radebeul März 1942.


Aus einem der Akte(127) beigefügten undatierten Presseausschnitt aus dem ›Radebeuler Tageblatt‹ geht hervor, daß eine Wiederholung der in der Hans-Schemm-Schule am 25. Februar abgehaltenen Gedächtnisfeier an zwei aufeinanderfolgenden Tagen im März 1942 für die oberen Klassen der Volksschulen in den Lichtspieltheatern ›Capitol‹ (für die Weststadtteile) und ›Goldene Weintraube‹ (Bereich Radebeul-Ost) stattfand. Mit diesen Veranstaltungen waren die Karl-May-Ehrungen des Jahres 1942 in Radebeul im wesentlichen abgeschlossen, und es zeichnete sich in absehbarer Zeit kein Anlaß für eine weitere Kranzniederlegung an Mays Grabmal ab.

   Daß Klara May in dieser Situation erneut einen Vorstoß bei den Behörden zur Exhumierung ihres ersten Gatten unternommen hat,


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stößt seit jeher auf Unverständnis bei den May-Freunden und kritischen Betrachtern der Ereignisse des Jahres 1942. Ein erst kürzlich im Archiv des Karl-May-Verlages aufgefundener Brief der Halbschwester Adolf Hitlers läßt ahnen, woher der Anschub für den zweiten Versuch Klara Mays kam:

4. 4. 1942

ANGELA HAMMITZSCH

DRESDEN-A. 16
COMENIUSSTR. 61
FERNRUF: 65377

Meine liebe, liebe gute Frau May!

Wie herrlich, wie schön! Wir haben den ›30. 3.‹ überwunden! Und nun komt [– über dem "m"] der Frühling, den Sie, meine liebe Frau May in Ihrem wundervollen Garten, so recht aus vollem Herzen genießen mögen.

   Dies und ein recht frohes, gesegnetes Osterfest mit tausend herzlichen Grüßen wünscht Ihnen

Ihre dankbare und Sie
verehrende
Angela Hammitzsch


Den 30. Todestag Karl Mays verbrachten Klara May und Angela Hammitzsch offensichtlich gemeinsam in Radebeul, sprachen über die Ereignisse der vergangenen Wochen und zogen aus der Sicht der braunen Ideologie daraus die Konsequenz, daß die Exhumierung der Leichen erforderlich sei. Schon zwei Tage später wandte sich die Witwe in einem persönlichen Brief(128) an Pfarrer Karl Friedrich Straube (1889-1962):

Radebeul den 1. 4. 1942

Lieber Herr Pfarrer!

Der eigenartige Zwischenfall, der anläßlich des 100 Geburtstages meines Mannes Karl May an mich heran trat, der zwar gesetzlich keine Bedeutung hat, veranlaßt mich aber die Konsequenzen zu ziehen und meinen Mann Karl May, ein für alle Male vor derartigen Vorkommnissen zu schützen, und zwar dergestalt, daß die Gruft für ihn allein bleibt.

   Er gehört der Öffentlichkeit, gehört Deutschland und jeder Deutsche soll ohne Hemmungen an sein Grab treten können.

   Aus diesem Grunde will ich meinen ersten Mann und auch meine Mutter heraus nehmen. Daher die Bitte beim Kreiskirchenamt erneut die Genehmigung auf Herausnehmeerlaubnis zu erwirken, die durch den Krieg einge-


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tretene Hemmung werde ich auf anderem Wege zu bannen versuchen. Nun kommt eine zweite Sache dazu. Richard Plöhn, mein erster Mann, der Sohn des Ariers Julius Plöhn, am 22 Juni 1853 in Danzig geboren wurde am 4 August des gleichen Jahres christlich, protestantisch getauft und in Danzig 1867 konfirmiert.

   Wir heirateten am 22 Juni 1881 und sind in der Matthäikirche in Leipzig getraut worden. Dann starb Richard Alexander Plöhn hier in Radebeul am 14. 2. 1901 und wurde auf unserem Friedhof bestattet.

   In üblicher Weise kaufte ich dazu eine Grabstelle an der Mauer, die mir mal noch zusteht, aber belegt ist?

   Zwei Jahre ruhte Richard Plöhn an dieser Stelle. Ich hatte inzwischen Karl May geheiratet, der schenkte mir das Mausoleum, wie es heute auf dem Friedhof steht, es sollte eine Ablenkung für mich sein und mir den Wunsch erfüllen den ich in Athen auf der Akropolis ausgesprochen hatte. Die Brüder Ziller, die beide dort waren brachten das Werk zur Ausführung. Radebeul und Athen waren durch Zillers, die die Lößnitz begründeten eng verbunden.

   In diese Gruft nun wurde Richard Plöhn überführt und diesen Platz soll er nun wieder verlassen und zwar mit meinem Willen, weil er, durch seine Mutter, die aus jüdischer Familie stammt nur ein Halbarier ist.

   Nun benötige ich die s. Z. für Plöhn gekaufte Grabstelle. Da dieser Platz aber weiter gegeben wurde, erbitte ich eine Ersatzstelle in ähnlicher Lage und zwar bitte ich um möglichst baldige Erledigung, da bei meinem hohen Alter und der mir auferlegten Aufregungen mit meinem Ableben zu rechnen ist, ich aber diese Sache noch in Ordnung bringen wünsche.

In größter Hochachtung und mit bestem Gruß
Heil Hitler
Klara May

Lutherkirche zu Radebeul

13. April 1942

Post: Radebeul I

Sehr geehrte Frau Klara May!

Endlich können wir Ihnen Antwort geben. Wir mußten erst nachforschen. Hier ist nichts bekannt von einer für J.[ude] Plöhn gelösten Grabstätte. Außerdem wäre diese jetzt verfallen. Es müßte also neu gelöst werden. In Frage kommt bei einem Nichtarier nur ein Reifengrab.

   Ihrem Wunsch nach Exhumierung können wir nicht nachkommen. Die Entscheidung liegt, jetzt erst recht, nur beim ev. Kreisk[irchen]amt in Dr[resden]. Mit dieser Behörde müssen Sie die Verhandl[un]g aufnehmen.

Mit freundlichem Gruß

Heil Hitler!
Ihr Pfarrer Str.


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In ihrem Brief vom 1. April 1942 an Pfarrer Straube deutete Klara May schon an, daß sie »die durch den Krieg eingetretene Hemmung« – sprich: das durch Runderlaß verfügte Verbot der Exhumierung von Leichen – »auf anderem Wege zu bannen versuchen« will. Noch am gleichen Tag richtete sie einen Antrag an das Städtische Bestattungsamt Dresden. Der Vorgang wurde am 7. April 1942 von dieser Behörde mit einem an den »Herrn Polizeipräsidenten – Abteilung G –« gerichteten Schreiben weitergereicht:

Frau Klara M a y, Radebeul I, Karl-May-Straße 5, beabsichtigt, die Leiche ihres ersten Mannes und ihrer Mutter aus der in Radebeul befindlichen Gruft, in welcher der Schriftsteller Karl May mit beigesetzt worden ist, wieder auszuheben und die Überreste zwecks anderweiter Beisetzung einäschern zu lassen.

   Die Gründe hierfür sind aus dem beiliegenden Schreiben der Frau May vom 1. 4. d. J., um dessen Rückgabe gebeten wird, ersichtlich.

   Bevor weitere Schritte eingeleitet werden, wird um Entschließung gebeten, ob im vorliegenden Falle und insbesondere, da die Ruhezeit der Leichen abgelaufen ist und es sich mithin nur noch um Knochenreste handeln dürfte, Genehmigung zur nachträglichen Einäscherung erteilt wird.(129)

Mit Schreiben vom 15. April 1942 teilte Polizeirat Säuberlich im Auftrag des Polizeipräsidenten dem Städtischen Bestattungsamt Dresden in der Angelegenheit Plöhn/Beibler mit, daß »nach Überprüfung der Verhältnisse die Ausnahmebewilligung (. . .) Genehmigung zur nach-träglichen Einäscherung« erteilt werde; die Friedhofsverwaltung der Lutherkirche Radebeul erhielt den Entscheid des Polizeipräsidenten zur Kenntnisnahme zugesandt. Zwangsläufig kam es zu Irritationen bei Pfarrer Straube, denn dieser fühlte sich an den abschlägigen Beschluß des Kreiskirchenamtes vom 17. Februar gebunden und fragte nun am 21. April dort an: »Wie haben wir uns zu verhalten?« Inzwischen richtete Klara May am nächsten Tag einen Antrag an das Kreiskirchenamt Dresden unter Beifügung der Mitteilung des Polizeipräsidenten: »Ich bitte deshalb: um die Genehmigung zur Wiederaushebung vorstehender genannten zwei Leichen zwecks Einäscherung und anderweiter Beisetzung der Aschenreste auf dem Friedhofe zu Radebeul (. . .) Ich bitte, mein Gesuch als dringend zu behandeln, da die Angelegenheit bereits Ende des Monats ihren Abschluss finden soll.« Mittlerweile hatte die Radebeuler Friedhofsverwaltung eine andere Vorstellung von dem Ort der ›anderweitigen Beisetzung‹ und teilte ebenfalls am 22. April dem Kreiskirchenamt mit: »Gegen eine Herausnahme der Särge zur


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nachträglichen Einäscherung bestehen von hier aus keine Bedenken. Die Beisetzung der Urnen muß dann auch in Dresden-Tolkewitz erfolgen.« Das Kreiskirchenamt holte noch kurzfristig vom Gesundheitsamt ein Gutachten ein und erteilte schließlich die von Klara May gewünschte Genehmigung. Die daran geknüpfte Bedingung des Gesundheitsamtes: »sicheres Behältnis« zur Überführung konnte erfüllt werden, da nach Aussage der Witwe »die Leichen in Zinksärgen gebettet (. . .) und (. . .) durch Metallschild gekennzeichnet sind«.

   Die Hebung der Särge und der Transport nach Dresden erfolgte vermutlich in Gegenwart des Friedhofinspektors Bossack in den Morgenstunden des 28. April 1942.(130) In der Grabstellenkartei der Friedhofsverwaltung Radebeul und den Pfarramtsakten steht übereinstimmend unter diesem Datum als Aktenvermerk: »Zur Einäscherung nach Dresden überführt«.(131) Diese erfolgte im Krematorium Dresden-Tolkewitz.

Akten aus dem Jahr 1942 sind im Krematorium nicht überliefert, jedoch das ›Einäscherungsregister‹. Nach dieser Quelle ist mit den Einäscherungen der Leichenreste von Richard Plöhn und Wilhelmine Beibler am 28. April 1942 um 8.15 Uhr bzw. 8.30 Uhr begonnen worden. Das Register enthält zu beiden Einträgen den Vermerk »Exhumierte Leiche«.(132) Die Überreste von Richard Plöhn und seiner Schwiegermutter fanden ihre nun endgültige letzte Ruhestätte im benachbarten Urnenhain Tolkewitz. Hier wurden die beiden Urnen gemeinsam in der Heckenwandstelle 45 an der Friedhofsaußenmauer zur Wehlener Straße am 13. Mai 1942, wohl im Beisein Klara Mays, beigesetzt.(133) Die Grabstelle erhielt keinen Grabstein, und ihre Lage ist nur anhand der Grabstellenkartei zu ermitteln. Der heutige Besucher findet die Ruhestätte nach Angaben der Kartei zwischen zwei gepflegten Gräbern, steht aber vor einer hohen Birke und fragt sich zweifelnd, ob er wohl an der gesuchten Stelle stehe. Es ist aber die Wahrheit: die Urnen von Richard Plöhn und Wilhelmine Beibler wurden 1942 im Wurzelbereich dieser Birke beigesetzt. Dafür, daß Klara May nur äußeren Zwängen nachgab, unglücklich darüber war und Richard Plöhn bis zuletzt ein ehrendes Gedenken bewahrte, gibt es noch ein Zeugnis. Wohl auf Bitten von Klara May schuf ihre Freundin Marta Uhlig aus Dresden-Bad Weißer Hirsch zwei Aquarelle.(134) Während die erste Arbeit Karl Mays Grabmal auf dem Radebeuler Friedhof in künstlerisch verfremdeter Umgebung (auf einer Anhöhe stehend) darstellt, sieht man auf dem zweiten Aquarell eine Gräberreihe mit Weg und links im Vordergrund dominierend eine Birke. Dieses Bild hing in der Villa ›Shatterhand‹, und noch heute klebt auf der Rückseite des Rahmens ein Zettel Klara Mays:


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Letzte Ruhestätte von:

Richard Plöhn * 22. 6. 1853. † am 14. 2. 1901.

exhumirt am 28. 4. 1942, weil seine Mutter Jüdin war und Nationalsozialisten deshalb dort keine Feier halten könnten Karl May zu ehren.

und meiner Mutter Wilhelmine Beibler geb Höhne * 31. Juli 1837 † 27. 7. 1909 [richtig: 27. 6. 09] weil Karl May allein in der Gruft liegen solle. Beide am 28. 4. 42 in Tolkewitz verbrannt und beide Urnen hier, unter der Birke beigesetzt. Bild gezeichnet von Frl. M. Uhlig, meiner lieben Freundin in Dankbarkeit für dieses Bild

Klara May

Daß die Exhumierung am Ende nichts bewirkte, zeigte eine musikalische Gedenkfeier der Radebeuler Gesangvereine für Karl May am 10. Mai 1942. Zu dieser Feier hielt Oberbürgermeister Severit eine Ansprache – vermutlich die für den 25. Februar vorbereitete –, und auch E. A. Schmid sprach zu den Anwesenden.(135) Die Ehrung geschah aber nicht auf dem Radebeuler Friedhof, sondern gegenüber der Villa ›Shatterhand‹ im Karl-May-Hain . . .

   Das Veranlassen der Beseitigung der Grabstätten-Inschrift durch Klara May sowie das Verschweigen der Tatsache, daß noch ein ›Halbjude‹ in der Gruft beigesetzt sei, wertete nicht nur Oberbürgermeister Severit als »eine beabsichtigte grobe Irreführung der Öffentlichkeit«.(136) Offensichtlich stand Dr. E. A. Schmid fortan bei den Machthabern unter dem Verdacht der Mitwisserschaft. Zur Abwehr der unberechtigten Vorwürfe erhielt der Verlagsleiter Unterstützung von Klara May und seinen Angestellten:(137)

Eidesstattliche Versicherung

Seit Jahren stellten Freunde Karl Mays die Frage, wer die Personen seien, die mit ihm die Gruft teilten. Ich hatte immer wieder zu sagen: meine Mutter und mein erster Mann, der nun schon über 40 Jahre tot ist. Um diesen Auskünften zu entgehen, beschloß ich bereits vor längerer Zeit, bei einer Überholung der Gruft die allen – außer mir – gleichgültigen Namen löschen zu lassen.

   Im Sommer 1939 beauftragte ich die Firma Stilbach & John, Dresden-N, Königsbrücker Straße, mir ihren Gehilfen zu senden, um Ausbesserungen an der Gruft vorzunehmen,(138) die nötig waren, und bei dieser Gelegenheit die Schrift zu löschen. Die Firma hatte wegen Arbeitsmangels den Betrieb eingestellt, nannte mir aber den Arbeiter Josef Wahl, Dresden, Kamelienstraße. So verzögerte sich die Ausbesserung, und erst im Frühjahr 1940 kam die geplante Ausbesserung und das Verlöschen der Namen zustande, was wohl auch dem Personal des Friedhofs bekannt sein dürfte.


//62//

24.












May, Friedrich Karl, Schriftsteller
und

Ploehn, Frau Klara Auguste Wilhelmine
verwitw.



Umgeschrieben auf: die Witwe
Klara Auguste May,
Radebeul 1
Karl-May-Str.5,

Nach dem Tode der Wwe May
ist die Karl-May-Stiftung
Inhaber der Grabstelle geworden.

Gruft
19.III.01

24.II.02

- s.a. St.-Verz. 1798 -
Platz f. 2 Steinbänke

† 31.12.1944
in Radebeul

700 Dm
Nachl. bis
18.3.2011 bez.
12.9.
1961
Jetzt

II













N.

21,00
+
3,50
 m.







Bestattet

a., nach erfolgter Exhumierung am ..... 01
ansäss. Kaufm. Ploehn.
b., 30.VI.09 Frau Wilhelmine
Beibler, Castellans Witwe, wohnh.
hier, des Mitinhabers vormalige
Schwiegermutter
c) ....... 1912 der Inhaber Karl M.
d) 5.1.45 Witwe May
die Särge a) u. b) sind am 28.4.42
auf Antrag der Ww. May's entfernt
und zur Einäscherung durch das
Städt. Bestattungsamt nach Dresden
überführt worden.         Arnold
700cm + 2 Bänke


//63//

   Mit der 100-Jahr-Feier hatte die Namensentfernung also nicht das Geringste zu tun, denn sie lag ja schon zwei Jahre zurück. Daß die Partei eine Ehrung am Grab plante, erfuhr ich selber erst kurze Zeit zuvor. Aus dem anliegenden Programm ist das nicht ersichtlich.(139)

   Herrn Dr. Schmid hatte ich seinerzeit keine Kenntnis von meinem Vorhaben betreffend die Schriftentfernung gegeben, denn die Gruft betreue ich von jeher selbständig, und er hatte nie etwas damit zu tun. Erst etwas später erfuhr er von dritter Seite, daß die Schrift entfernt sei, und hat mich dann um Auskunft befragt.

   Die vorstehenden Angaben bekräftige ich damit an Eidesstatt.

Radebeul, den 26. November 1942


[Geschäftsbogen des KMV]

31. Dezember 1942

Eidesstattliche Versicherung

Die unterzeichneten langjährigen Gefolgschaftsmitglieder des Karl-May-Verlags haben die eidesstattliche Versicherung der Frau Klara May vom 26. November ds. Js. gelesen und bestätigen ihrerseits an Eidesstatt, daß die Erklärungen über die Schriftentfernung, insbesondere über den ungefähren Zeitpunkt, zutreffen.

   Herr Dr. Schmid war seinerzeit völlig überrascht, als er von dritter Seite darüber unterrichtet wurde. Herr Josef Wahl ist uns allen unbekannt. Es befindet sich auch keine Rechnung von ihm in unsern Akten; Frau Klara May hat die entsprechenden Vergütungen, wie sie uns mitteilte, selber vorgenommen.

gez.Richard Vicum
Johanna Wächtler
Trude Grosse
Lydia Gasch
Friedel Reinhardt
Hildegart Reichstein

Wir schließen uns der obigen eidesstaatlichen Versicherung an, mit der Einschränkung, daß wir beide Herrn Josef Wahl kennen, denn er hat schon öfter im Auftrag von Frau May Arbeiten im Grundstück Karl-May-Str. 5 durchgeführt. Mit dem Verlag hatte er allerdings niemals etwas zu tun.

gez. E. Tobis Patty     Frank         Marie Tobis
Radebeul, den 31. Dezember 1942.


Eine erst kürzlich im Stadtarchiv Radebeul erschlossene Akte(140) belegt, daß Klara May infolge der Ereignisse des Jahres 1942 nicht mehr das Wohlwollen des Reichsstatthalters genoß. Ihre Freundin Angela Hammitzsch wandte sich am 16. Juni 1944 in guter Absicht an Oberbürgermeister Severit, und dieser machte die Aktennotiz:


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Soeben rief mich Frau Professor Hammitzsch, Dresden, an und teilte mir mit, daß wegen des am 4. Juli d. J. zu erwartenden 80. Geburtstages von Frau Klara May (. . .) von ihrem engeren Freundes- und Bekanntenkreis eine gewisse Ehrung geplant sei. Sie regte bei mir zunächst an, Frau

Auguste Wilhelmine Clara May,
geboren am 4. 7. 1864 in Dessau,
wohnh. Radebeul 1, Karl-May-Str. 5,

zur Ehrenbürgerin der Stadt Radebeul zu ernennen. Ich wies darauf hin, daß jetzt im Kriege eine Ernennung von Ehrenbürgern auf Grund bestehender Bestimmungen nicht erwünscht und, wenn die Ratsherren eine solche Ehrung beschließen sollten, dazu die Ausnahmegenehmigung des Herrn Reichsstatthalters notwendig sei. Ich versprach ihr, die notwendigen Schritte sofort einzuleiten.

Zunächst faßte Oberbürgermeister Severit den Beschluß: »Nach den Bestimmungen in - 21 DGO [Deutsche Gemeindeordnung] muß sich der zu Ehrende entweder um Volk und Staat oder um die Gemeinde besonders verdient gemacht haben. Im vorliegenden Falle kann man dies ohne weiteres annehmen, da anerkanntermaßen Frau May am Schaffen des Volksschriftstellers Karl May wesentlich beteiligt war und sich um die Verbreitung seiner Werke und die Bewahrung des Andenkens an Karl May besondere Verdienste erworben hat. Deshalb nehme ich in Aussicht, Frau Klara May anläßlich ihres 80. Geburtstages zur Ehrenbürgerin der Stadt Radebeul zu ernennen.« Weiterhin legte Severit fest, daß Beigeordnete und Ratsherren sowie der Beauftragte der NSDAP zu einer gemeinsamen Sitzung am 20. Juni 1944, 19 Uhr, einzuladen sind.

An den
Beauftragten der NSDAP für die
Stadt Radebeul,
Herrn Kreisleiter Pg. Walter,
D r e s d e n – A. 1
Wiener Straße 13

I/U.

16. 6. 1944

Sehr geehrter Parteigenosse Walter!

Wie Sie heute bereits fernmündlich durch meinen Verwaltungsdirektor unterrichtet wurden, hat Frau Hammitzsch, Dresden, angeregt, Frau


[Vier Farbbilder von Mays Grab: Bild 1 (96,5-Kb-Jpg), Bild 2 (80-Kb-Jpg), Bild 3 (84,6-Kb-Jpg) und Bild 4 (86,7-Kb-Jpg)]


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Klara M a y, geb. 4. 7. 1864 in Dessau,

anläßlich ihres 80. Geburtstages das Ehrenbürgerrecht der Stadt Radebeul zu verleihen.

   Hierzu habe ich vorher nach den Bestimmungen der Deutschen Gemeindeordnung die Ratsherren zu hören und ihre Zustimmung einzuholen.

   Die gemeinschaftliche Beratung soll Ihrem Wunsche entsprechend nun am

Dienstag, dem 20. 6. 44, 17 Uhr,

im Ratsherrenberatungssaale des Rathauses Radebeul 1, Adolf-Hitler-Str. 6, stattfinden.

   Ich darf Sie bitten, hierzu sich einfinden zu wollen.

Heil Hitler!
Ihr gez. Severit
Oberbürgermeister.


Weshalb es doch nicht zu der angesetzten Beratung kam, darüber gibt eine Aktennotiz Severits vom 16. Juni 1944 Auskunft: »Heute rief mich Kreisleiter Pg. Walter an und teilte mit, daß der Gauleiter, mit dem er wegen der beabsichtigten Ehrung von Frau Clara May gesprochen habe, der Auffassung gewesen sei, daß eine solche Ehrung nicht in Betracht käme. Pg. Walter bat deshalb, die anberaumte Ratsherrenberatung abzusetzen und die Einladung zurückzuziehen. Das habe ich schon angeordnet.« Ob Klara May jemals von dem Ehrenbürger-Vorschlag und dessen Ablehnung am 16. Juni 1944 Kenntnis erhalten hat, ist nicht bekannt. Möglicherweise wollte man ihr Aufregungen ersparen.

   Klara May konnte am 4. Juli 1944 ihren 80. Geburtstag in der Villa ›Shatterhand‹ feiern, jedoch nicht in bester Gesundheit. Schon seit 1942 litt sie unter einer Lähmung ihres rechten Arms. Am 4. November 1944 brach sie sich bei einem Sturz im Zimmer den linken Arm und das Schlüsselbein.(141) Schon zuvor, am 27. September und 16. Oktober 1944, traf sie letztwillige Verfügungen in Ergänzung ihres Testaments vom 7. April 1941:

Zur Gruftfrage. Als sie beschlossen wurde, waren wir auf dem edelsten jahrtausende alten heiligen Boden grosser Geister und gedachten der heimatlichen hässlichen Gebilde deutscher Friedhöfe. Da regte sich das Verlangen einmal der Heimat zu zeigen was Schönheit ist und so entstand die Form. Alle waren wir begeistert und mit der Schöpfung einverstanden. Gemeinsam sollte die Gruft uns dienen, Freundschaft verband die verwandten Seelen. Die Fügung setzt ein (. . .) Keiner von uns ahnte wie es geworden (. . .) Die in der Gruft Einzug hielten, entfernte ein eisern Geschick (. . .) Ob Recht oder


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Irrtum ich halte alles für Bestimmung und bin überzeugt davon das KM mit mir einverstanden ist nun in der umstrittenen Gruft zu ruhen. Allen es recht zu machen ist eine Kunst die niemand kann und so bitte ich dieses Kapitel als beendet und beschlossen zu betrachten.(142)


Zehn Wochen später, am 31. Dezember 1944, starb Klara May um 22 Uhr in der Villa ›Shatterhand‹. Ihre Beisetzung erfolgte durch Pfarrer Wolfgang Legler (1898-1974) am 5. Januar 1945 um 9 Uhr in der Gruft an der Seite Karl Mays.(143) Dazu verfügte sie: »Mein Wunsch und Wille ist es, daß ich sofort nach meinem Ableben in einen Metallsarg komme, der in aller Stille zum R. Friedhof gebracht wird, ohne ihn noch einmal zu öffnen dann neben den Sarg meines Mannes gestellt wird und zwar in aller Stille früh, wo noch kein Betrieb auf dem Friedhof ist. Eine Einsegnung erbitte ich von einem meiner lieben geistlichen Nachbarn. Einer ist mir so lieb wie d. Andere, die Gruft ist dann für immer zu schließen. Mein Tod ist dann erst bekannt zu geben.«(144)

   Ein Teilnehmer an der Beisetzung, Oberregierungsrat Dr. Egon Albert Groß, im Sächsischen Ministerium für Volksbildung zuständig für die Karl-May-Stiftung, erinnerte sich: »Da es der ausdrückliche Wunsch von Frau May gewesen war, daß das Begräbnis in aller Stille stattfinden und vorher niemand mitgeteilt werden solle, hatten sich nur wenige Personen eingefunden. Vom Verlag war der engste Freundeskreis von Frau May noch rechtzeitig verständigt worden; u. a. waren erschienen die Schwester des Führers, Frau Prof. Hammitzsch, die Gattin des Stabschefs der SA Schepmann, Herr Reg.-Dir. Graefe, der für den Reichsstatthalter einen Kranz am Sarge niederlegte, Stadtrat Forner für die Stadt Radebeul, Frau Lieberknecht, Oberlungwitz, Lehrer Zesewitz Hohnstein-Ernstthal; den Kranz der Karl-May-Stiftung habe ich mit kurzen Worten des Dankes an die Stifterin niedergelegt.«(145)

Der Nachruf der ›Dresdner Zeitung‹ vom 6. Januar 1945 erwähnte auch den Ausgangspunkt der Geschichte des Mausoleums auf dem Radebeuler Friedhof: »Wie Frau Klara mehrmals Karl May auf Reisen nach dem Orient und durch Nordamerika begleitet hatte, so hat sie auch nach seinem Tode ausgedehnte Pilgerfahrten auf den Spuren Karl Mays unternommen und in einem fesselnden Buche und in Reisebriefen davon berichtet. Wenn Klara May von ihren Reisen erzählte, dann pflegte sie auch meistens den Zauber der mondhellen Nacht zu schildern, die sie mit Karl May und Freunden im Gespräche in der Nähe des Niketempels auf der Akropolis verbrachte. In Erinnerung an das unvergeßliche Erleben wurde Karl Mays Grabmal auf dem Friedhof


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in Radebeul dem Niketempel nachgeschaffen. Dort ist Klara May am Freitagvormittag beigesetzt worden – unter dem Niketempelchen ruht sie an der Seite Karl Mays aus von einem schaffensfrohen Leben.«(146)


VIII.

Um die Rechtsverhältnisse um das Grabmal zu ordnen, ausgelöst durch eine Zuschrift des Pfarramtes Radebeul vom 3. November 1932, beantragte E. A. Schmid im Auftrag Klara Mays am 17. Januar 1933 »zunächst [die] Umschreibung des Benutzungsrechts der Gruft auf Frau Mays Namen«.(147) Dies erfolgte in einem ›Nachtrag zu(r) Verleihungsurkunde Nr. 24‹, der am 23. Januar 1933 ausgefertigt und von Pfarrer Straube unterzeichnet wurde. Zu dem Wunsch Klara Mays, daß nach ihrem Tod die Karl-May-Stiftung Inhaber des Erbbegräbnisses wird, erhielt E. A. Schmid den Bescheid: »Nach der Friedhofsordnung vom 14. Oktober 1930 kann nur eine physische Person Inhaber eines Erbbegräbnisses sein. In Ausnahme von dieser Bestimmung erklärt sich der unterzeichnete Kirchvorstand damit einverstanden, daß nach dem Tode der Frau Klara verw. May (. . .) das auf ihren Namen eingetragene Erbbegräbnis Karl Mays auf die Karl-May-Stiftung,


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rechtsfähige Stiftung im Sinne von - 80 fg. des BGB, umgeschrieben werde unbeschadet der sonstigen Bestimmungen in - 13 der Friedhofsordnung.«(148)

   In ihrem Testament erneuerte Klara May »die bereits im zweiten Erbvertrag vom 26. Januar 1926 zugesagte Bitte, die Karl-May-Stiftung möge die Gruft auf dem Friedhof in Radebeul (. . .) dauernd in gutem Zustand erhalten«.(149) Die Erblasserin präzisierte 1944 ihre Vorstellungen: »Die Pflege des Mausoleums muß in eine bestimmte besoldete Hand Emma gegeben werden und jeweilig aus der Stiftung vergeben und bezahlt werden. Vor der Hand ist es, so lange als möglich meiner guten Emma Elsner anzuvertrauen.«(150) Klaras Haushälterin erhielt testamentarisch auch lebenslanges mietfreies Wohnrecht im Dachgeschoß der Villa ›Shatterhand‹. Die Karl-May-Stiftung, 1948 eingegangen in die Sammelstiftungen des Bezirkes Dresden,(151) übernahm die Pflegekosten für das Grabmal.

   Nach über fünfzig Jahren Standzeit des Mausoleums waren trotz der 1938 durchgeführten Reinigungs- und Reparaturarbeiten Anfang der fünfziger Jahre erneut Schäden am Bauwerk erkennbar. Die Verlegerwitwe Katharina Schmid (1898-1974) konnte den Stiftungsvorstand der Karl-May-Stiftung, Herrn H. Kotte, von der Notwendigkeit einer Reinigung des Halbreliefs überzeugen und stellte den Kontakt zum Dresdner Bildhauer Werner Hempel (1904-1980) her. Dieser reinigte im Frühjahr 1955 anläßlich der bevorstehenden Schillerfeier im Auftrag der Stadt Dresden durch handwerkliches Abschleifen die Reliefs und das Schillerdenkmal, Selmar Werners Hauptwerk. »Die Reliefs sollen durchaus nicht auf Neu gemacht, sondern nur die, den plastischen Eindruck störenden, schwarzen Karten entfernt werden.«(152) Die Reinigungsarbeiten am Mausoleum wurden im Juni / Juli 1955 durchgeführt und gingen über den zunächst vereinbarten Umfang hinaus. »Meine Mitarbeiter haben zuerst die ganz dunklen, störenden Pläne entfernt. Dabei kam der helle zartgeaderte Marmorton zum Vorschein. Dadurch sind wir aber jetzt gezwungen, das gesamte reich detailierte Relief mit den gesamten Hintergrund (. . .) gewissenhaft abzuschleifen, denn das Relief ist in seiner Gesamtheit mit einer mir unbekannten Schutztünche überzogen worden, die im Laufe der Jahre einen unschönen, gelblich-braunen Schmutzton angenommen hat. Dieser Schmutzton steht jetzt zu den hellen Stellen des freigelegten Marmors in einem unangenehmen Kontrast.«(153) Außerdem wurden am Mausoleum die morschen Eingangsstufen ersetzt sowie die Verwitterungsschäden an Teilen des Unterbaues restauriert. Auf Wunsch von Frau Schmid ist zusätzlich der stark verschmutzte Sarkophag abgeschliffen worden. Der Bildhauer bot auch das


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Ersetzen der verwitterten vier Säulen- und der beiden Lisenenfüße an, doch wollte die Karl-May-Stiftung davon »zunächst aus finanziellen Gründen absehen, zumal die Verwitterungsschäden an den Säulen im Vergleich zu den Stufen und dem Unterbau nur geringfügig sind.«(154)

   Diese Einschätzung mag 1955 noch zugetroffen haben, doch sind in den Folgejahren von der Karl-May-Stiftung keine weiteren Werterhaltungsmaßnahmen veranlaßt worden. Ursächlich dafür waren wohl weniger finanzielle, sondern kulturpolitische Zwänge, die sich aus der ideologischen Einschätzung von Karl Mays Gesamtwerk in der DDR ergaben. Der Gesamteindruck des an den Außenwänden mit Efeu bewachsenen Mausoleums rief die Kritik der Besucher des Radebeuler Friedhofes hervor, doch nur ein May-Freund fand den Mut zu einer Eingabe, die von den ›verantwortlichen Herren‹ letztendlich eine grundsätzliche Entscheidung verlangte:

Leipzig, den 15.11.70

An den
Rat des Bezirks Dresden
806 Dresden             [Eing.-Stempel:] 18. Nov. 1970
Dr. Rudolf-Friedrichs-Ufer
– ›Karl – May – Stiftung‹ –

An die verantwortlichen Herren
der KARL – MAY – STIFTUNG !

Nahezu 30 Jahre besuche ich des öfteren die Grabstätte Karl Mays. Mir ist dabei nicht entgangen, daß die Pflege dieser Grabstätte, zu der Sie lt. Testament des Stifters und seiner Gattin verpflichtet sind, in grober Weise vernachlässigt wird.

   Ich mache Sie jetzt darauf aufmerksam, daß der augenblickliche Zustand der Anlage zum ›Himmel stinkt‹. Das Kupferdach ist aufgerissen und über einen Quadratmeter umgeschlagen. Die Rückseite müßte ausgebessert werden, damit die Feuchtigkeit nicht noch größeren Schaden anrichtet. Die Marmorfiguren könnten nun endlich auch einer Reinigung unterzogen werden.

   Wenn nicht unverzüglich, noch in diesem Jahr, die Grabstätte Karl Mays vor weiteren Beschädigungen geschützt wird, werde ich in der nächsten Aussprache im DSV(155) und dem Ministerium für Kultur diesen Zustand zur Sprache bringen.

   Weiterhin wird von mir das Staatssekretariat Walter Ulbricht und die Öffentlichkeit von diesem skandalösen Zustand, in Wort und Bild unterrichtet werden.

Hochachtungsvoll!
gez. Hans Thalmann

Abs.: [Stempel:]
Ing. Hans Thalmann
Leipzig N 24
Taubestraße 7


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Martha Schreiber, Geschäftsführerin der Sammelstiftungen, bestätigte am 1. Dezember 1970 nach Besichtigung der Grabstätte in einer Notiz für Hans Berninger (1922-85), Leiter der Abteilung Finanzen beim Rat des Bezirkes Dresden und seit 1957 Vorsitzender der Stiftungsvorstände der Sammelstiftungen: »Der Zustand ist wirklich sehr schlecht«.(156) Da Hans Berninger von der Abteilung Kultur des Rates des Bezirkes Dresden zum kulturpolitischen Aspekt der Grabstätten-Renovierung keine Stellungnahme erhielt, wandte er sich an die ihm benannte ›kompetente Stelle‹:

An den
Ministerrat der Deutschen Demo-
kratischen Republik
– Ministerium für Kultur –
z. Hnd. des Stellv. d. Ministers
für Verlage und Buchhandel
Genossen Haid
108 Berlin
Klara-Zetkin-Str. 90
Be/Schr.

8.12.1970


246
Betr.: Schriftsteller Karl May

Werter Genosse Haid,

wir verwalten die Karl-May-Stiftung. Die Witwe des 1912 verstorbenen Karl May, Frau Klara May, hat den Wunsch geäußert, daß entsprechend des Testamentes ihres verstorbenen Mannes die Gruft auf dem Friedhof in Radebeul von den künftigen Verwaltern der Karl-May-Stiftung »dauernd in einem guten Zustand« zu erhalten sei. Entsprechend dieser letztwilligen Verfügung haben wir bislang die laufende Pflege der Grabstätte durchführen lassen.

   Jetzt macht sich aber eine grundlegende Renovierung der Gruft notwendig. Die hohen Kosten einer solchen Generalüberholung stehen aus den Erträgen der Karl-May-Stiftung zur Verfügung.

   Bei uns bestehen jedoch Zweifel, ob es politisch vertretbar ist, dem früheren und heute noch bei einem Teil der Bürger vorhandenen Kult um die Persönlichkeit Karl May's durch die Renovierung des Grabmales auf Jahre hinaus Vorschub zu leisten. Wir müssen auch damit rechnen, daß eine solche Renovierung, die natürlich auch äußerlich auffallend ist, als gewollte Aufwertung des schriftstellerischen Schaffens May's verstanden werden könnte. Andererseits wäre bei Nichtinstandsetzung eine Beseitigung der Grabstätte unvermeidbar, weil die Bevölkerung Radebeuls, aber auch Verehrer May's aus der Republik und darüber hinaus ein allmähliches Verfallen des Grabmals mit Recht kritisieren.

   Es ist also unumgänglich zu diesem Problem kurzfristig (zum Komplex


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liegt auch eine Eingabe vor) eine kulturpolitisch prinzipielle Entscheidung zu treffen, die natürlicherweise unsere Kompetenz übersteigt.

   Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir kurzfristig Ihre Auffassung dazu mitteilen würden. Falls erforderlich, würde ich auch gern den Geschäftsführer der Sammelstiftungen, Kollegin Schreiber, zu einer Beratung mit einem von Ihnen Beauftragten dorthin entsenden.

Mit sozialistischem Gruß!
gez. Berninger
(Berninger)
Stiftungsvorstand

Als nach über fünf Wochen keine Antwort aus Berlin eintraf, schrieb Hans Berninger am 18. Januar 1971 einen zweiten Brief an den Stellvertreter des Ministers und erinnerte daran, daß »zum Problem Grabpflege eine Eingabe vorliegt, die innerhalb der im Eingaben-Erlaß des Staatsrats vom 20. 11. 69 gesetzten Frist noch endgültig bearbeitet werden muß«. Erst auf diese Nachfrage erhielt die Geschäftsführerin am 1. Februar 1971 aus dem Ministerium für Kultur einen Anruf, in dem der Bearbeiter Dr. Müller im Vorgriff auf die Stellungnahme bemerkte: »Das Werk Karl Mays wird in der DDR als nicht humanistisch abgelehnt, es darf weder verlegt, noch verliehen, verkauft oder eingeführt werden. Karl-May-Bücher sind von der Zollbehörde entschädigungslos zu beschlagnahmen. Es besteht Druckverbot (. . .) Der Name Thalmann / Leipzig sei in Berlin bereits bekannt.«(157)

   Nicht so offen, aber mit gleicher Grundaussage formulierte Dr. Müller den Minister-Brief:

MINISTERRAT
DER DEUTSCHEN DEMOKRATISCHEN REPUBLIK
Ministerium für Kultur
Stellvertreter des Ministers

Rat des Bezirkes Dresden
Leiter der Abt. Kultur
Gen. Münchenhagen
806 D r e s d e n
Dr. Rudolf-Friedrich-Ufer 1-2

Dr-Mü/Trogd.

108 B E R L I N
Clara-Zetkin-Straße 90
1. 2. 1971

Sehr geehrter Genosse Münchenhagen!

Im Zusammenhang mit der Grabpflege bzw. einer Renovierung der Gruft


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Karl Mays wurden wir vom Stiftungsvorstand, Sammelstiftungen des Bezirkes Dresden, Genossen Berninger, gebeten, eine kulturpolitisch-prinzipielle Stellungnahme zum schriftstellerischen Schaffen Karl Mays abzugeben.

   Kollegin Schreiber, Geschäftsführer der Sammelstiftungen, erklärte uns, daß die Abteilung Kultur beim Rat des Bezirkes sie an uns verwiesen habe. Wir geben Ihnen unsere Antwort mit der Bitte um Kenntnisnahme und Weiterleitung an die genannte Adresse.

   Das literarische Werk von Karl May wird von uns prinzipiell als nicht humanistisch abgelehnt. Es diente in starkem Maße dem deutschen Imperialismus. Insbesondere trug es dazu bei, die heranwachsende Jugend im Geiste eines »Übermenschentums« und von Gewalttätigkeit zu erziehen. Die in seinen Büchern enthaltenen Bezüge zu Arabien und zu den Indianern sind falsch und voller Mißachtung jeder nationaler Eigenständigkeit. Unerträglich ist Karl Mays herablassende Gönnerhaftigkeit gegenüber diesen Völkern.

   Die Pflege des Grabes bzw. seine Rekonstruktion ist vom literarischen Gehalt des Werkes her nicht erforderlich. Ob familiäre oder lokale Erwägungen auf Grund von Hinterlassenschaft und eventuelle Stiftungen zu berücksichtigen sind, kann von hier aus nicht beurteilt werden.

Mit sozialistischem Gruß
gez. Haid
Haid

»Familiäre oder lokale Erwägungen« scheinen bei der Entscheidungsfindung von Stiftungsvorstand Berninger keine weitere Rolle gespielt zu haben. In einer Hausmitteilung vom 1. April 1971 teilte er dem amtierenden Leiter der Abteilung Kultur, Genossin Scheibner, seinen Standpunkt mit:

Wir stehen aufgrund der Stellungnahme des Ministeriums auf dem Standpunkt, die Grabstätte einebnen zu lassen, da sich stiftungsverpflichtende Aufgaben zur Erhaltung der Grabstätte über den Zeitraum von nunmehr fast 60 Jahren hinaus für uns nicht mehr ergeben, zudem nach Teilung des Stiftungsvermögens mit der Bamberger Interessengruppe des Karl-May-Verlages der hiesige Teil illiquid geworden war. Erst nach Modernisierungsarbeiten im Indianer-Museum und seine völkerkundlich und politisch richtige Gestaltung mit Hilfe von Zuschüssen aus anderen Stiftungen ist dieses zu einem großen Anziehungspunkt geworden. Durch die Überschüsse des Museums trägt sich die Karl-May-Stiftung wieder selbst.

   Sowohl in- und ausländische Besucher als auch die örtliche Bevölkerung verbindet mit dem Indianer-Museum noch persönliche Empfindungen für das literarische Schaffen Karl Mays.

   Wir bitten Sie deshalb unter dem Gesichtspunkt territorialer Zuständigkeit nach Abstimmung mit den zuständigen Parteiorganen um ihre Auffassung zu unserem Vorhaben.


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   Sollte die Beseitigung der Grabstätte nicht für zweckmäßig gehalten werden, müssen von uns umfangreiche und kostspielige Restaurierungsarbeiten eingeleitet werden, die natürlich einer gewissen Aufwertung des Schaffens von Karl May gleichkommen.

Erst nach mehrfacher Mahnung erhielt Berninger am 3. August 1971 von der Abteilung Kultur beim Rat des Bezirkes Dresden mitgeteilt: »Nach Rücksprache mit der Abteilung Kultur der SED-Bezirksleitung bestätigen wir hierdurch, daß unsererseits keinerlei Interesse daran besteht, die Grabstätte Karl Mays zu renovieren. Auch unsererseits wird die Stellungnahme des Ministeriums für Kultur voll bestätigt.« Der Stiftungsvorstand gab das Schreiben an die Geschäftsführerin mit dem Vermerk weiter: »Bitte Vorschlag machen, wie der Abbruch usw. nun erfolgen soll.«

   In einer Niederschrift vom 12. August 1971 faßte Martha Schreiber die sich aus den Stiftungs-Unterlagen ergebenden Fakten zusammen, die es bei einer Entscheidung über den Abbruch des Mausoleums zu berücksichtigen galt. Unklarheit bestand aber bei der Frage, ab wann die 60 Jahre Benutzungsrecht am Erbbegräbnis anzusetzen sind. »Nach unserer Auffassung sind maßgeblich die erstmalige Belegung im März 1912(158) (. . .) Daraus würde folgen, daß das Benutzungsrecht – das wir natürlich nicht nachlösen würden – im März 1972 erlischt und das Erbbegräbnis an die Kirche ›automatisch‹ zurückfällt. Aus Ziff. 1-3 ergibt sich m. E. zwingend, daß wir ohne eine Aussprache mit dem Kirchenvorstand Radebeul nicht weiterkommen (. . .) Beim Rückfall des Erbbegräbnisses an den Friedhof infolge Erlöschens des Benutzungsrecht[es] wäre die Wiederherstellung des alten Zustands, d. h. die Beseitigung der Anlage, materiell und finanziell an sich Sache der Kirche. Wir sollten jedoch erwägen, die Kosten des Abbruches ganz oder teilweise zu übernehmen.«(159) Warum nicht, wie vorgeschlagen, kurzfristig zum Kirchenvorstand der Lutherkirchgemeinde Kontakt aufgenommen wurde, geht aus der Akte nicht hervor.

   Die Grabmal-Angelegenheit wurde von Hans Berninger erst wieder aufgegriffen, als er am 22. Dezember 1971 von Paul Siebert, dem Leiter des Indianermuseums, eine Rezension des Radebeuler Museumsführers in der Zeitschrift ›Neue Museumskunde‹(160) zugereicht bekam. Siebert hatte den Sonderdruck vom Autor, dem Berliner Karl-May-Forscher Hainer Plaul, erhalten. Die Tatsache, daß eine mayfreundliche Rezension in einer vom Ministerium für Kultur herausgegebenen Fachzeitschrift erscheinen konnte, irritierte Berninger. Der Entwurf eines weiteren Briefes an den Genossen Haid mit dem


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Vermerk »Nicht abgesandt, bleibt aber beim Vorgang Karl-May-Stiftung für den Fall, daß es nochmal Einschätzungsprobleme gibt«, macht deutlich, warum Karl May in der DDR möglichst totgeschwiegen werden sollte:

E n t w u r f

An den
Ministerrat der DDR
Ministerium für Kultur
z. Hnd. des Stellv. Minister
für Verlage und Buchhandel
Gen. Haid
108 Berlin
Klara-Zetkin-Str. 90

Betr.: Schriftsteller Karl May
Bezug: Ihr Schr. vom 1.2.71 an d. Rat d. Bez. Dresden, Abt. Kultur

Werter Genosse Haid!

Wir danken Ihnen für die prinzipielle Einschätzung des literarischen Werkes von Karl May, wie sie in Ihrem Schreiben an die Abt. Kultur des Rates des Bezirkes Dresden vom 5. 2. 71 zum Ausdruck kommt. Sie ist klar und eindeutig und hat uns bei unserer Entscheidung über das künftige Schicksal der Gruft Karl Mays und über die daraus abzuleitenden konkreten Maßnahmen geholfen.

   Wir gestatten uns aber, Ihre Aufmerksamkeit auf die Nr. 4/71 (Sonderdruck) der Zeitschrift ›Neue Museumskunde‹ zu lenken, die vom Rat für Museumswesen beim Ministerium für Kultur herausgegeben wird. Auf der Seite 311 dieses Sonderdrucks, der etwa zur gleichen Zeit erschienen sein dürfte, zu der Sie uns Ihre prinzipielle Stellungnahme übermittelten, ist eine Begutachtung der 8. Auflage unseres Führers durch das Indianer-Museum Radebeul enthalten, in der der Verfasser, ein Herr H. Plaul – Berlin, u. a. anregt, in künftige Auflagen »als Ausdruck der Dankbarkeit gegenüber dem Stifter von Sammlung und Domizil« Karl May einen geeigneten biografischen Abriß zu widmen. Wir meinen, daß schon der Abdruck der Anregung, in der uns der versteckte Vorwurf der Pietätlosigkeit und mangelnder Dankbarkeit gemacht wird, geeignet ist, den noch bei vielen Bürgern vorhandenen Kult um Karl May zu nähren und sein schriftstellerisches Schaffen über Gebühr aufzuwerten. Gerade um das zu vermeiden, haben wir es bewußt unterlassen, eine biografische Abhandlung über Karl May aufzunehmen. Wir wollen das entgegen der Empfehlung des Herrn Plaul auch künftig so halten.


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   Da Herr Plaul seine Anregung aber ausdrücklich als ein durchaus legitimes Ansinnen bezeichnet und wir davon ausgehen müssen, daß die in Ihrem Organ kommentarlos abgedruckte diesbezügliche Auffassung des Verfassers der offiziellen Meinung des Min. f. Kultur entspricht, machen wir auf den u. E. bestehenden offensichtlichen Widerspruch zu Ihrem Schreiben vom 5. 2. 71 aufmerksam und bitten Sie um Prüfung und Stellungnahme.

Mit sozialistischem Gruß

Eine Radebeuler Bürgerin, Frau Annemarie Kneisel, wies am 26. Juli 1972 in einer Eingabe an das Sachgebiet Denkmalpflege des Rates der Stadt Radebeul auf die dringend erforderliche Reinigung des Mausoleums und auf dessen ungepflegte Umgebung hin. Die Abteilung Kultur des Rates der Stadt Radebeul sandte am 28. Juli 1972 mit einem Begleitschreiben ›Grufthaus Karl May. Denkmalgeschütztes Objekt Gruppe III‹(161) zur weiteren Bearbeitung an die Sammelstiftungen des Bezirkes Dresden: »Bitte teilen Sie uns mit, was Sie zur Instandsetzung dieses Objektes unternehmen werden.« Der Stiftungsvorstand sah ein, daß eine Entscheidung herbeigeführt werden mußte. Deshalb wandte sich Geschäftsführerin Schreiber am 5. September 1972 an die Friedhofsverwaltung der Lutherkirchgemeinde: »In diesem Jahr ist entsprechend Ihrer Friedhofsordnung die Lösungsfrist für die Grabstätte ›Karl May‹ abgelaufen. Wir haben Ihnen trotzdem die Pflegekosten für das ganze Jahr 1972 überwiesen. Wir möchten aber ausdrücklich darauf hinweisen, daß die Zahlung der vollen Pflegekosten 1972 kein Einverständnis unsererseits mit einer Nachlösung der Grabstätte auf weitere 60 Jahre bedeutet. Wir werden noch in diesem Jahr eine Entscheidung herbeiführen, ob die Karl-May-Stiftung an der weiteren Beibehaltung der Gruft interessiert bleibt.«

   Kirchenoberinspektor Wallesch antwortete daraufhin am 12. September 1972 nach Dresden: »Der Inhalt dieses Schreibens ist uns dahingehend unverständlich, als am 8. September 1961 die entsprechende Nachlösegebühr für eine 50-jährige Verlängerung der Erbbegräbnisstelle Karl May uns überwiesen worden ist. Das oben bezeichnete Erbbegräbnis ist erstmalig am 19. März 1901 auf 60 Jahre gelöst worden (bis 18. März 1961). Wir nehmen an, daß es sich bei Ihrem Schreiben um ein Mißverständnis handelt.«

   Das Ergebnis der Recherche im Archiv des Rates des Bezirkes Dresden faßte Martha Schreiber am 3. Oktober 1972 in einer Aktennotiz für Hans Berninger zusammen:

Am 24. 8. 61 übersandte die Friedhofsverwaltung eine Mitteilung, nach der die Lösung der Grabstätte Karl May am 18. 3. 61 erloschen war. Gleichzeitig


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fügte sie für den Fall, daß das Grab auf weitere 50 Jahre bis zum 18. 3. 2011 gelöst werden sollte, eine Rechnung bei i. H. von M 1.100.–.

   Auf der Rechnung steht eine Aktennotiz des Koll. Müller, die aussagt, daß ›lt. Absprache mit Koll. Berninger am 1. 9. 61 das Grab für weitere 50 Jahre gelöst wird‹.

   Daraufhin wurde die Grabstätte Karl May tatsächlich auf weitere 50 Jahre, d. h. bis zum 18. 3. 2011, gelöst.

Damit brach die gesamte Strategie der Befürworter des Grabmal-Abbruches zusammen, die bekanntlich auf das vermeintlich bevorstehende Ende des Benutzungsrechtes setzten. Zur selbstverschuldeten Blockierung gesellte sich noch ein weiteres Hindernis. Spätestens am 13. Oktober 1972 war bei den Sammelstiftungen ein Schreiben eingegangen, das die Geschäftsführerin »vereinbarungsgemäß dem Amt für Rechtsschutz im Original«(162) zustellte. Inhalt und Absender des Briefes sind unbekannt, da für die Akte keine Abschrift oder Kopie angefertigt wurde. Nach Kenntnisnahme des Schriftstückes forderte Berninger von der Geschäftsführerin: »Bitte in Sachen ›Grabstätte Karl May‹ nichts mehr unternehmen!« und nochmals bekräftigend am 26. Oktober 1972: »Bitte bis zu unserer Rücksprache keinerlei Aktivitäten im Zusammenhang mit Grabstätte KM. Gibt neue Überlegungen«.(163) Da die Akte keine weiteren Niederschriften aus dem Jahr 1972 enthält und auch die beiden Stiftungs-Verwalter inzwischen verstorben sind, konnten die Hintergründe für den plötzlichen Sinneswandel nicht erfragt und dokumentiert werden. In den Folgejahren stand das Grabmal nie mehr zur Disposition.

   Im Frühjahr 1973 gaben die Sammelstiftungen bei der Friedhofsverwaltung die Beseitigung der Fliederbäume hinter den Steinbänken und eine Neuanpflanzung in Auftrag. Die Abteilung Denkmalgestaltung des VEB Elbenaturstein Dresden wurde aufgefordert, Vorschläge zu unterbreiten, »um dem Verfall Einhalt zu gebieten und die Gruft so in Ordnung zu bringen, daß sie bei laufender Pflege erhalten bleibt.«(164) Der Betrieb erhielt schließlich den Auftrag, das Marmor-Hochrelief zu reinigen sowie den Sarkophag und den Marmor-Fußboden des Mausoleums leicht zu überschleifen. Die Arbeiten sind mit einem Kostenaufwand von etwa 1350 Mark Ende August 1973 ausgeführt worden. Die beabsichtigte dringende Reparatur des Glasdaches scheiterte an der dazu erforderlichen Einrüstung des Bauwerkes und wurde zurückgestellt.

   Wenn sich auch der Gesamteindruck des Mausoleums durch die Reinigungsarbeiten verbesserte, blieb den Besuchern des Friedhofes die mangelnde Pflege des Grabmales nach dem Tod (1971) von Klara Mays Haushälterin Emma Elsner nicht verborgen. Der Unmut darüber


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äußerte sich in einer anonymen handschriftlichen Zuschrift, die am 20. November 1975 Paul Siebert im Briefkasten des Indianermuseums vorfand: »Jedes kleinste Grab auf dem Friedhof ist am Totensonntag schön geschmückt, nur das Karl-May-Mauseleum [sic!] nicht. Die Vorübergehenden schütteln die Köpfe und sagen: Es ist eine Schande. Hat die Stiftung bei diesen Einnahmen nicht 20, – M für einen Kranz übrig!« Entgegen bisherigen Gepflogenheiten vergab die Geschäftsstelle der Sammelstiftungen ohne vorherige Rückfrage bei der Abteilung Kultur kurzfristig an die Friedhofsverwaltung den Auftrag »jährlich zum Totensonntag für unsere Rechnung auf die Grabstätte Karl May 1 Kranz oder ein Gebinde mit der Aufschrift ›Karl-May-Stiftung‹ i. H. v. rd. M 50.– niederzulegen«.(165) Über die allgemeine Grabpflege hinausgehend wurde die monatliche Säuberung des Sarkophags und des Simses unter dem Relief vertraglich vereinbart.(166)

   Der bisher arg vernachlässigte Zustand der Grabstätte Karl Mays war auch mehrfach der Karl-May-Gesellschaft gegenüber von Freunden in der DDR und bundesdeutschen Mitgliedern beklagt worden.(167) Die Karl-May-Gesellschaft wandte sich deshalb mit einem Vorschlag direkt an das DDR-Kulturministerium:(168)

KARL-MAY-GESELLSCHAFT e.V.

Herrn
Dr. Helmut Tautz
Leiter der Abt. Internationale
Beziehungen beim Minister für
Kultur der DDR
102 Berlin
    Molkenmarkt 1 – 2

2000 Hamburg 72, den 16. 1. 1976
Swebenbrunnen 8 c

Sehr geehrter Herr Dr. Tautz,

als Vorsitzender der Karl-May-Gesellschaft, über deren wissenschaftliche Arbeit ich eine kleine Informationsschrift beifüge, erlaube ich mir, Sie bei folgendem Anliegen um Ihre freundliche Hilfe zu bitten:

   Das Grabmal des Schriftstellers Karl May († 1912) befindet sich in Radebeul bei Dresden. Nachdem seit dem Tode Karl Mays mehr als 60 Jahre verflossen sind, ist die Grabstätte naturgemäß erneuerungsbedürftig. Da keine Angehörigen Karl Mays mehr am Leben sind, das Grab also keine familiäre Fürsorge erfährt, würde die Karl-May-Gesellschaft gern das Grab in Stand setzen lassen. Wir hoffen, den dazu erforderlichen Geldbetrag in der Bundesrepublik (vornehmlich bei den Mitgliedern unserer Gesellschaft) sammeln zu können. Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie, sehr


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geehrter Herr Dr. Tautz, oder die sonst in der DDR zuständige Behörde, der Karl-May-Gesellschaft die Erlaubnis erteilen würden, ggf. auf dem Friedhof zu Radebeul die erforderlichen Instandsetzungsarbeiten vornehmen zu lassen.

Mit verbindlichen Empfehlungen
Ihr sehr ergebener
gez. Claus Roxin
(Prof. Dr. Claus Roxin)

Zur Bearbeitung ging der ›Vorgang‹ zuständigkeitshalber an den Rat des Bezirkes Dresden. Doch erst am 14. April 1976 bekam Hans Berninger von der Abteilung Kultur das Schreiben Prof. Roxins zur Kenntnis. Ursprünglich wollte der Abteilungsleiter selbst ein Antwortschreiben verfassen, doch schließlich wurde damit die Geschäftsführerin beauftragt:(169)

SAMMELSTIFTUNGEN DES BEZIRKES DRESDEN

KARL-MAY-GESELLSCHAFT e.V.

1. VorsitzendenDresden, d. 17. Mai 1976
Prof. Dr. Claus Roxin
2 Hamburg 72
Swebenbrunnen 8c

Sehr geehrter Herr Prof. Roxin!

Sie haben sich wegen der Grabstätte des 1912 in Radebeul verstorbenen Schriftstellers Karl May an Herrn Dr. Tautz gewandt.

   Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, daß die von uns betreute Karl-May-Stiftung die Erhaltung und Betreuung dieser Grabstätte gewährleisten. Ihre diesbezügliche Besorgnis ist daher unbegründet.

Hochachtungsvoll
gez. Schreiber
im Auftrag: Schreiber

[Nur auf dem Durchschlag:]
Die vorstehende Fassung wurde
von mir gebilligt.

gez. Berninger
Berninger
Stiftungsvorstand

Nach dieser »in schroffem Ton gehaltene(n) Antwort«(170) sah die Karl-May-Gesellschaft keine weitere Möglichkeit, sich für den Erhalt der Grabstätte zu engagieren. Erst im September 1985, Jahre nach dem Be-


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ginn der May-Renaissance in der DDR und nachdem mit einem Aufwand von etwa 1 Mio. DDR-Mark aus Stiftungsmitteln die Villa ›Shatterhand‹ renoviert und darin die Ausstellung ›Karl May. Leben und Werk‹ eingerichtet war, ließ die Karl-May-Stiftung(171) das Glasdach des Mausoleums erneuern.

   Aber erst anläßlich des 150. Geburtstages von Karl May konnte mit der Sanierung des Bauwerkes begonnen werden. Dank vereinzelter zweckgebundener Privatspenden und Beteiligung der Stadtverwaltung Radebeul mit 20 000 DM wurden in einem ersten Abschnitt bis Ende Januar 1992 das Dachgebälk vollständig saniert, eine neue Kupferdeckung angebracht sowie die Stirnziegel und der Giebelaufsatz durch originalgetreue Nachbildungen ersetzt.(172) Auf ein Schreiben der Karl-May-Stiftung vom 26. Oktober 1992 entsprach der Kirchenvorstand der Ev.-Luth. Lutherkirchgemeinde Radebeul der geäußerten Bitte und beschloß, daß die Grabstätte Karl Mays nicht der normalen Nutzungsdauer unterliegt.(173) Ein neues Kapitel in der wechselvollen Geschichte dieses ungewöhnlichen Bauwerkes ist aufgeschlagen worden, von dessen Fortgang spätere Chronisten berichten werden.

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Der vorstehende Text ist die Druckfassung eines Vortrages, den ich am 7. Oktober 1993 in Leipzig auf Einladung des Freundeskreises Karl May Leipzig e. V. gehalten habe.

Ich widme diese Arbeit Herrn Andreas Vogt-Leppla, Verfasser von ›Grabstätten der Dichter und Schriftsteller deutscher Zunge‹ (Sankt Michael 1981/82), dessen jahrzehntelange Forschungsarbeit nicht nur einer Grabstätte galt.

Es sei in Dankbarkeit darauf hingewiesen, daß mir in der Schlußphase jahrelanger Recherchen freundlicherweise von Herrn Lothar Schmid Kopien der im Archiv des Karl-May-Verlages aufgefundenen Unterlagen zur Geschichte des Grabmales ausgehändigt wurden, die als wichtige Quellen in diese Arbeit eingingen.

Für wertvolle Hinweise, Auskünfte, Fotoarbeiten und Genehmigungen, Unterstützung bei der Beschaffung von Material in Form von Mikrofilmen, Foto- und Xerokopien zum Verbleib in meinem Besitz bin ich nachgenannten Bibliotheken, Archiven, sonstigen Einrichtungen und Einzelpersonen zu herzlichem Dank verpflichtet: Archäologisches Seminar der Universität Münster; Deutsche Bücherei, Leipzig; Deutsches Archäologisches Institut Athen; Ev.-Luth. Kirchenbuchamt Dresden; Ev.-Luth. Landeskirchenamt Sachsens, Dresden; Ev.-Luth. Pfarramt Lutherkirche Radebeul; Hotel Grande Bretagne, Athen; Institut für Denkmalpflege (Meßbildarchiv), Berlin; Karl-May-Stiftung, Radebeul; Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Dresden; Ministerium für Kultur, Athen; Sächsische Landesbibliothek, Dresden; Sächsisches Hauptstaatsarchiv, Dresden; Stadtarchiv Dresden; Stadtarchiv Radebeul; Städtisches Friedhofs- und Bestattungswesen Dresden (Urnenhain und Krematorium Tolkewitz); Universitäts- und Landesbibliothek


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Sachsen-Anhalt, Halle; Zentralbibliothek der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden; den Damen Anette Filip, Berlin; Annette Karnatz, Dresden; Brunhilde Koberling, Kühlungsborn; Irene Quadejakob, Gera; Lisbeth Werner, Oldenburg; sowie den Herren Ekkehard Bartsch, Bad Segeberg; Jörg-Michael Bönisch, Leipzig; Klaus Eggers, Köln; Walter Haak, Neubuckow; Wolfgang Hallmann, Hohenstein-Ernstthal; Hansotto Hatzig, Oftersheim; Dr. Christian Heermann, Leipzig; Erich Heinemann, Hildesheim; Joachim Kaubisch, Leipzig; Jürgen Mäser, Dresden; Siegfried Mager, Radebeul; Gert Morzinek, Radebeul; Dr. Dimitrios Papastamos, Koropi; Dr. Hainer Plaul, Berlin; Prof. Dr. Claus Roxin, Stockdorf; Henning Schmidt-Brücken, Grumbach; Dr. Dieter Sudhoff, Paderborn; Siegfried Thiele, Pappritz; Andreas Vogt, Schweinfurt; Hermann Wiedenroth, Eldingen-Bargfeld; Herbert Wieser, München; Hans Wollschläger, Bamberg; Reinhold Ziller, Wien.


1 Brief Klara Mays an Pfarrer Friedrich Straube vom 1. 4. 1942. In: Ev.-Luth. Pfarramt Lutherkirche Radebeul. Akten des Kirchenvorstandes zu Radebeul, Friedhof betreffend (1928-55), Bl. 167f.

2 Plöhn litt an einem schweren Nierenleiden (Morbus Brightii). Vgl. Fritz Maschke: Bausteine zur Klara-May-Biographie. In: Karl-May-Jahrbuch (KMJB) 1978, Bamberg-Braunschweig 1978, S. 258f.; Christian Heermann: Karl May, der Alte Dessauer und eine ›alte Dessauerin‹. Dessau 1990, S. 96, sowie Brief Klara May an A. Thürmer vom 14. 3. 1942 (Archiv des Karl-May-Verlags, Bamberg (KMV)).

3 Karl May: Reisetagebuch. Zit. nach Hans Wollschläger/Ekkehard Bartsch: Karl Mays Orientreise 1899/1900. Dokumentation. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft (Jb-KMG) 1971. Hamburg 1971, S. 165-215 (210; die unten folgenden Tagebuch-Zitate 212f.)

4 Das Gebäude wurde 1842/43 von dem Architekten Theophil Hansen errichtet, diente zunächst als Palast für höhere Gäste der Monarchie und bildete den Grundstock des Grand-Hotels, das die Familie Lampsas 1872 in den bestehenden Prunkräumen klassizistischen Stils einrichtete; es wurde mehrmals vergrößert. Im Zweiten Weltkrieg diente es als Hauptquartier erst den griechischen, dann den deutschen und schließlich den britischen Truppen. Ein Attentat auf Churchill, Weihnachten 1944, welches das ganze Hotel zu zerstören drohte, konnte im letzten Moment verhindert werden. (Ursula Spindler-Niros: Athen von A-Z. München 1989, S. 102)

5 Karl Baedeker: Griechenland. Handbuch für Reisende. Leipzig 41904, S. 92 – In Mays Bibliothek (Kat.-Nr. 1412) befindet sich die 2. Auflage (1888) mit zahlreichen Anstreichungen (u. a. Nike-Tempel).

6 Ebd., S. 36

7 Brief Klara May an Willy Einsle vom 23. 5. 1912. In: Klara May und ›Karl Mays Kinder‹. I Briefwechsel 1912. In: Jb-KMG 1993. Husum 1993, S. 28f.

8 Ludwig Roß/Christian Hansen/Eduard Schaubert: Die Akropolis von Athen nach den neuesten Ausgrabungen. Abt. I: Der Tempel der Nike Apteros. Berlin 1839

9 Zur Darstellung der Baugeschichte des Nike-Tempels wurden ältere Griechenland-Reiseführer (Baedeker, wie Anm. 5, S. 38ff.), aber auch neuere Literatur herangezogen: Spindler-Niros, wie Anm. 4, S. 103; Otto Gärtner: Baedekers Allianz Reiseführer Athen. Ostfildern 51991, S. 74, und Grieben Reiseführer Griechisches Festland. Ostfildern 81989, S. 69.

10 Wollschläger/Bartsch, wie Anm. 3, S. 165

11 Walther Ilmer: Werkartikel ›Reiseskizzen und Briefe der Orientreise‹. In: Karl-May-Handbuch. Hrsg. von Gert Ueding in Zusammenarbeit mit Reinhard Tschapke. Stuttgart 1987, S. 544

12 Vgl. Karl May: Von Baalbek nach Stambul. In: Der Rabe. Nr. 27. Zürich 1989, S. 103-19.

13 Wollschläger/Bartsch, wie Anm. 3, bzw. Karl May's Gesammelte Werke Bd. 49: Lichte Höhen. Bamberg 93. Tsd., S. 353-86; die Angaben zur Quellenlage stützen sich auf eine mündliche Mitteilung von Ekkehard Bartsch.


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14 Carl Lippmann, Bruder von Johann Daniel Gottlob Lippmann, der Besitzer des Gasthofes ›Weißes Roß‹ in Serkowitz, wanderte 1880 nach Palästina aus (Mitteilung von Gert Morzinek, Radebeul); vgl. Karl May. Biographie in Dokumenten und Bildern. Der große Karl May Bildband. Hrsg. von Gerhard Klußmeier und Hainer Plaul. Hildesheim, New York 1978, S. 176f.

15 Ebd., S. 252f.

16 Klara May: Unter dem Hakenkreuz um die Welt (Reihentitel). In: Der Freiheitskampf. Amtliche Tageszeitung der NSDAP. Gau Sachsen, Dresden. 4. Jg., Nr. 48 (18. 2. 1934)

17 Dies erkannte wohl auch Roland Schmid, der als Herausgeber des Bandes 49 ›Lichte Höhen‹ den Satz nur als Fußnote verwendete: »Frau Klara May bekam dazu freie Hand«; vgl. May: Lichte Höhen, wie Anm. 13, S. 382.

18 Wie Anm. 1 (Brief vom 1. 4. 1942 an Straube)

19 Vgl. Hans-Dieter Steinmetz: Die Villa ›Shatterhand‹ in Radebeul. In: Jb-KMG 1981. Hamburg 1981, S. 300-38. – Der Zeitpunkt des Verkaufs (»November 1895«) wurde im ›Bilanzbuch für Besitzungen und Unternehmungen‹ (1895) der Firma Ziller benannt (Archiv Morzinek, siehe Anm. 28). Das Grundbuchblatt 105 der Gemarkung Radebeul enthält den Besitzervermerk: »16. Mai 1896 Carl Friedrich May, Dr. phil. in Oberlößnitz kaufte das Grundstück um 37300 Mk ein lt. Vertrag vom 30. Dez. 1895«.

20 Nach Recherchen in Kirchenbüchern gingen aus der Ehe fünf Söhne und drei Töchter hervor: Ernst Moritz Theodor (1837-1923), Moritz Gustav Ferdinand (1838-95), Otto Heinrich (1840-1914), Gustav Ludwig (1842-1901), Elise Ottilie Clementine (1842-?), Helene Mathilde Angelika (1843-?), Pauline Henriette Antonie (1845-1937), Paul Friedrich (1846-1931).

21 Die folgende Darstellung von Leben und Werk Ernst Zillers stützt sich auf Hans Hermann Russack: Deutsche bauen in Athen. Berlin 1942, S. 129-68, sowie auf Dimitrios Papastamos: Ernestos Tsiller (Ernst Ziller). Athen 1973 (mehrsprachig, mit Bibliographie und großem Bildteil).

22 Vgl. Steinmetz: Villa, wie Anm. 19, S. 303.

23 Oberlößnitz, Radebeul und Serkowitz gehörten zu dieser Zeit zur Kirchgemeinde (Dresden-)Kaditz. Es gab seit dem Einwohnerzuwachs in den Lößnitzgemeinden in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts Bestrebungen, eine eigene Kirche zu erbauen. Am 1. 7. 1890 wurde schließlich für die genannten drei Ortschaften eine neue Parochie Radebeul errichtet. Sie legte 1890 einen Friedhof an und ließ 1891/92 die Lutherkirche erbauen.

24 Vgl. Russack, wie Anm. 21, S. 153. Veröffentlichung dazu siehe Ernst Ziller: Ausgrabungen am Panathenäischen Stadion. Berlin 1870

25 Zitiert nach: Russack, wie Anm. 21, S. 153; daß Ziller vor ihm in Troja grub, erwähnt Schliemann in seinem Werk ›Ithaka, Peloponnes und Troja‹. Leipzig 1869, S. 143.

26 Vgl. George Stylianos Korrés: Heinrich Schliemann. Berlin 1990, S. 11; Ernst Meyer (Hrsg.): Heinrich Schliemanns Briefwechsel. 2. Band (1876-1890). Berlin 1958, S. 289, 365 f., 462; Irving Stone: Der griechische Schatz. München, Zürich 1976, S. 393 ff.

27 Georgios Stylianos Korrés: Heinrich Schliemanns Iliou Mélatron in Athen. In: Das Altertum. Bd. 34 (1988), Heft 3, S. 164-73 (164); Ziller entwarf auch die Mosaikfußböden im Erdgeschoß des Schliemann-Hauses. Vgl. auch Korrés: Schliemann, wie Anm. 26, S. 30f.; Wolfgang Richter: Heinrich Schliemann. Leipzig 1992, S. 358-62. Die griechische Post hat am 4. Oktober 1993 vier Sondermarken mit Gebäuden des Neoklassizismus und der Moderne in Athen herausgegeben, darunter das Iliou Mélathron (Wert zu 60 Drachmen); Abb. in: Deutsche Briefmarken-Zeitung. sammler-express Nr. 23/93 (5. 11. 1993), S. 1851.

28 Inventurbuch der Firma Ziller, Band I (1864-1887), Berichtsjahr 1868, Nr. 113, und Zeugnisse Paul Zillers; die Geschäftsbücher der Baufirma sind heute nebst anderen Teilen des Ziller-Nachlasses im Besitz von Gert Morzinek, Radebeul, einem guten Kenner der Lößnitz, der das Material erschließt, das Leben und Werk der Baumeister-Dynastie Ziller erforscht und eine Publikation vorbereitet.

29 Diese Zeichnungen befanden sich im Nachlaß des Bautechnikers Paul Richard


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Tannenhauer (1878-1958), der ab etwa 1904 bei Paul Ziller bis zu dessen Tod beschäftigt war und Teile des Architekten-Nachlasses bewahrte (heute Archiv Mager).

30 Vgl. Georg Korrés: Das Mausoleum Heinrich Schliemanns auf dem Zentralfriedhof von Athen. In: Boreas. Band 4 (1981), S. 133-73; Ders.: Neues zum Mausoleum Heinrich Schliemanns in Athen. In: Boreas. Band 7 (1984), S. 317-25; Emil Bierey: Das Mausoleum Schliemann's in Athen. In: Illustrirte Zeitung. Leipzig und Berlin. 108. Bd., Nr. 2795 (23. 1. 1897), S. 111f.

31 Vgl. Joachim Hermann: Heinrich Schliemann. Wegbereiter einer neuen Wissenschaft. Berlin 1990, S. 239f. (Testament v. 10. 1. 1889, - 29)

32 Vgl. Korrés: Mausoleum 1981, wie Anm. 30, Tafel 16,1-2.

33 Bierey, wie Anm. 30

34 Wie Anm. 1; der Standort jener Grabstelle läßt sich nicht mehr ermitteln. Im Begräbnisbuch des Friedhofes zu Radebeul (1899-1955) steht: »Abt. B, An der Westmauer Erbbegräbnis«, doch bezieht sich dieser Eintrag schon auf das geplante Erbbegräbnis (1. Lösestelle), vgl. Anm. 36. Todesursache von Richard Plöhn war laut Bestattungsbuch (1890-1921) des Ev.-Luth. Pfarramtes Lutherkirche Radebeul, Jg. 1901, Nr. 23: »Morbus Brightii (Schrumpfniere), Lungenödem«.

35 Pfarramt Radebeul. Acta, die Protokolle der Kirchenvorstandssitzungen (Sitzungen vom 22. 8. 1893 – 29. 4. 1909), unpag.

36 Akten des Kirchenvorstandes zu Radebeul, Verleihungs-Urkunden für Erbbegräbnisse (1892 – März 1934), Bl. 26

37 Adreßbuch der Lößnitz-Ortschaften 1897, S. 25 (heute: Bernhard-Voß-Straße)

38 Stadtarchiv Radebeul. Akte 797: Gewerbemelderegister Radebeul 1862-1930, Bd. II (1879-1930), lfd. Nr. 28/1901

39 Adreßbuch für Dresden und Vororte 1902, VI. Teil, S. 539 und 542 (Serkowitz); 1907 verlegte P. Ziller das Geschäft und die Wohnung in das Grundstück Rosenstraße 20.

40 Wie Anm. 35

41 Wie Anm. 36, Bl. 26/26b

42 Ordnung (Kirchliches Ortsgesetz) für den Friedhof zu Radebeul vom 14. 10. 1930, Abschnitt V (Aufstellung von Denkmälern), - 24

43 Heute in Privatbesitz (vgl. Anm. 29); auch fanden sich bisher im Nachlaß May noch keine Bauzeichnungen vom Grabmal. Die Bau-Ausschuß-Protokolle der Jahre 1901-05 fehlen im Bestand des Stadtarchivs Radebeul, und auch im Stadtbauamt Radebeul sind keine Unterlagen zu Bauten auf dem Friedhof vorhanden.

44 Euchar Albrecht Schmid: Karl May's Grabmal. In: KMJB 1921. Radebeul 1920, S. 88-93, sowie Hansotto Hatzig: Karl May und Sascha Schneider. Bamberg 1967, S. 238 (Anm. 25)

45 Fotograf: E. Kuppe, Radebeul, Carolastr. 5, Format 176x127 mm (Archiv Mager); Erstveröffentlichung des Fotos (ohne handschr. Zusatz) siehe Hans-Dieter Steinmetz: Antike-Nachbildung in der Lößnitz. Karl Mays letzte Ruhestätte. In: Sächsische Neueste Nachrichten, Dresden. 33. Jg., Nr. 172 (23. 7. 1984), S. 6.

46 Hatzig, wie Anm. 44, nennt Rechnungen Paul Zillers an Klara Plöhn vom 12. 9. 1901, 4. 2. 1902 und 23. 4. 1902 mit einer Gesamtsumme von 4500 Mark.

47 Baumaterialbuch Firma Ziller, S. 18 (Eintrag unter Juni 1901): je eine Fuhre Knack und Klar; über den Bau der späteren Villa ›Shatterhand‹ sind noch alle Geschäftsunterlagen vorhanden (Archiv Morzinek, siehe Anm. 28), doch waren sie 1980 noch nicht zugänglich. Vgl. Steinmetz: Villa, wie Anm. 19, sowie Klaus Hoffmann: Karl May. Leben und Werk. Radebeul 1988, S. 56ff., und Klaus Hoffmann/René Wagner: Karl May in Radebeul. Zur Geschichte der Villa ›Shatterhand‹. In: Sächsische Heimatblätter. 38. Jg. (1992), H. 2, S. 137f.

48 Vgl. Hatzig, wie Anm. 44

49 Klara May: Tagebuch 1902-1916 (Nachlaß May); die Schreibweise Klara Mays wird in allen zitierten Dokumenten zeichengetreu wiedergegeben.

50 Roß u. a., wie Anm. 8

51 Vgl. Alfred Kleinberg: Karl Friedrich May. In: Biographisches Jahrbuch und Deutscher Nekrolog. 18. Bd. (1917), S. 265-70, bzw. Nachdruck dieses Nekrologes bei Ludwig Gurlitt: Gerechtigkeit für Karl May. Radebeul 1919, S. 9ff.


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52 Auch wenn Klara Plöhn formal als Auftraggeber und Rechnungsempfänger in Erscheinung trat, zeigt sich hier, daß Karl May maßgeblichen Einfluß auf die Errichtung und Gestaltung des Grabmales genommen hat.

53 Vgl. Hatzig, wie Anm. 44, S. 242.

54 In einem Tagebucheintrag, wie Anm. 49, schreibt Klara May am 21. 2. 1905 im Anschluß an die Selmar-Werner-Passage: »Kreises ([späterer Zusatz:] ist Direktor der Akademie in Düsseldorf geworden) sind zu liebe Menschen. Ich glaube, Kreis wird auch noch sehr viel erreichen in der Welt. Von ganzem Herzen wünsche ich es ihm.«

55 Literatur zu Selmar Werner: Thieme-Becker: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler, 35. Bd. Leipzig 1942, S. 418 f.; Hans Vollmer: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts, Bd. 5. Leipzig 1969, S. 115; Karl Josef Friedrich: Künstler, die wir liebten und – sammelten. Masch.schr. Ms. (Seifersdorf, 1954/55), Kapitel: Selmar Werner (Standort: Zentralbibliothek der Staatl. Kunstsammlungen Dresden). Nachrufe und Gedenkartikel: Sächsische Neueste Nachrichten (Dresden) 23. 8. 1953; Die Union (Dresden) 11. 12. 1964 und 6. 9. 1983; Thüringer Tageblatt 12. 12. 1964. Werner schuf etwa 50 Bildnisplastiken, u. a. von den Malern Gotthardt Kuehl, Richard Müller, Hans Unger, dem Sänger Karl Perron, dem Architekten Wilhelm Kreis und von Karl May. – Eine Wiederentdeckung des Künstlers brachte die Sonderausstellung ›Selmar Werner (1864–1953). Plastiken und Gemälde‹ der Städt. Kunstsammlung Freital im Haus der Heimat (8. 4.–5. 6. 1995). In der Exposition und im Katalog (Rolf Günther: Selmar Werner (1864–1953). Freital 1995, 43 S.) wurden die Beziehungen zwischen S. Werner und Karl May dokumentiert.

56 Adreßbuch für Dresden und seine Vororte 1902, Teil I, S. 756; das Atelier (Hintergebäude), zuletzt postalisch Fiedlerstraße 2a, wurde 1945 bei den Bombenangriffen auf Dresden zerstört.

57 Klara May: Tagebuch, wie Anm. 49

58 Maschke, wie Anm. 2, S. 260; das anschließende Zitat ebd., S. 273 (Anm. 21)

59 Die Witwe des Künstlers, Martha Werner, starb 1980 in Berlin-Wedding, wohin sie nach Auflösung des Ateliers in Graupa bei Dresden verzogen war. Die Enkelin, Anette Filip, sowie andere Verwandte Werners besitzen keinerlei Unterlagen zum Mausoleum auf dem Radebeuler Friedhof.

60 Hatzig, wie Anm. 44; vgl. auch Schmid: Grabmal, wie Anm. 44, S. 92.

61 Klara May: Tagebuch, wie Anm. 49; hier irrte Klara May, denn die Beerdigung fand erst am 17. Februar 1901 statt, einem Sonntag, deshalb die Verwechselung.

62 Ebd.; ein späterer Zusatz Klara Mays nennt die Quelle: »s. S. 55 zum Führer d. d. Pergamon Museum, Berlin.«.

63 Briefe Klara May an A. Thürmer vom 14. 3. 1942 (wie Anm. 2), bzw. Straube vom 1. 4. 1942 (wie Anm. 1); zu den Totenbettmeisterrechnungen vgl. Schmid: Grabmal, wie Anm. 44, S. 92.

64 Begräbnisbuch (1899-1955), wie Anm. 34, Jg. 1901, Nr. 19, sowie Verzeichnis der Erbbegräbnisse des Friedhofes zu Radebeul, lfd. Nr. 24

65 Die sieben Briefe Selmar Werners aus dem Nachlaß Karl und Klara Mays wurden freundlicherweise von Herrn Lothar Schmid zur Verfügung gestellt. – Werners Schreibweise wird in allen Briefwiedergaben zeichengetreu beibehalten.

66 Adreßbuch für Berlin und seine Vororte 1903. Erster Band, Theil I, S. 238; Zweiter Band, Theil V, S. 110; Casal hatte im Erdgeschoß ein ›Atelier für Stein- und Marmorarbeiten‹; in dem Gebäude wohnte noch ein Steinmetz.

67 Brief Selmar Werner an Anton Bettelheim vom 17. 11. 1917, zit. nach Schmid: Grabmal, wie Anm. 44, S. 92; nächstes Zitat ebd.

68 Der Brief Werners vom 9. 2. 1903 gehört zu ›Anlage D und G. Die Entstehungsgeschichte von Mays Grabmal‹ des Briefes von E. A. Schmid an de Gruyter vom 18. 12. 1917 (vgl. Euchar Albrecht Schmid: Eine Lanze für Karl May. Radebeul 21926, S. 37).

69 Roland Schmid: Nachwort (zu ›Silberlöwe III‹). In: Karl May: Freiburger Erstausgaben Bd. XXVIII. Hrsg. von Roland Schmid. Bamberg 1984, N19; lt. Brief Klara Mays an Felix Krais vom 18. 12. 1903 war eine erste Besserung des Gesundheitszustandes eingetreten.


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70 Auf der Rückseite des Grabmales kann man heute infolge des herabgefallenen Putzes die Ziegelstein-Ausmauerung und die unbearbeitete Marmorfläche des Reliefs deutlich sehen.

71 Die Durchsicht des ›Radebeuler Tageblatts‹ (November 1903) erbrachte keinen Hinweis auf die Fertigstellung des Mausoleums.

72 Wie Anm. 36, Bl. 35 (Concessions-Urkunde), außerdem Protokoll der Kirchenvorstandssitzung vom 18. 8. 1903 (wie Anm. 35); siehe auch Hans-Dieter Steinmetz: Karl May und Friedrich Eduard Bilz. In: Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft (M-KMG) 89/1991, S. 13-18, und Jürgen Helfricht: Friedrich Eduard Bilz. Radebeul 1992.

73 Friedrich, wie Anm. 55, S. 3; Pfarrer Friedrich (gest. 1965) lernte Selmar Werner in den 20er Jahren kennen und verfaßte den Beitrag über den Künstler im ›Thieme-Becker‹, wie Anm. 55.

74 Christoph F. Lorenz: »Als lyrischen Dichter müssen wir uns Herrn May verbitten«? Anmerkungen zur Lyrik Karl Mays. In: Jb-KMG 1982. Husum 1982, S. 156

75 Zit. nach Christoph F. Lorenz: Dialog und Rollengedicht. Zu Karl Mays Nachlaßmappen. In: M-KMG 51/1982, S. 23; bei Max Finke (›Aus Karl Mays literarischem Nachlaß‹. In: KMJB 1922. Radebeul 1921, S. 44) ist die Zettelnotiz (vermutlich durch einen Druckfehler) mit 17./18. 2. 1912 datiert.

76 Hatzig, wie Anm. 44, S. 20

77 Bestattungsbuch (1890-1921), wie Anm. 34, Jg. 1909, Nr. 85 (Todesursache: ›Nierenkrebs‹)

78 Kleinberg, wie Anm. 51, S. 267; Zitat auch bei Schmid: Grabmal, wie Anm. 44, S. 89

79 Zeugenaussage Selma vom Scheidt am 21. 9. 1909 in Weimar, zit. nach Rudolf Lebius: Die Zeugen Karl May und Klara May. Berlin-Charlottenburg 1910, S. 136; Reprint Lütjenburg 1991. Hrsg. von Michael Petzel und Jürgen Wehnert

80 Manuskript Klara Mays (1932), zit. nach Hans Wollschläger: »Die sogenannte Spaltung des menschlichen Innern, ein Bild der Menschheitsspaltung überhaupt«. Materialien zu einer Charakteranalyse Karl Mays. In: Jb-KMG 1972/73. Hamburg 1972, S. 50

81 Karl May: Himmelsgedanken. Freiburg 1901, S. 341, bzw. Nachdruck: Karl May: Himmelsgedanken. Berlin 1988, S. 163

82 Zit. nach Karl May: Karl May an Klara May. Zwei Gedichte. In: KMJB 1919. Breslau 1918, S. 250; dieses Gedicht, von May am 15. 12. 1902 in Riva niedergeschrieben, manipulierte Klara May so, daß der Eindruck entstehen mußte, Karl hätte es ihr anläßlich der Hochzeit am 30. März 1903 gewidmet. Siehe Roland Schmid: Karl May an Klara May. Aber nicht: ›Am Hochzeitstag‹. Gedanken zur Entstehung eines Karl-May-Gedichts. Bamberg 1983, bzw. Karl Serden: Am letzten Tag in Riva. In: M-KMG 98/1993, S. 9-12.

83 Zit. nach E. A. Schmid: Grabmal, wie Anm. 44, S. 88

84 Bestattungsbuch (1890-1921), wie Anm. 34, Jg. 1912, Nr. 27/28 (Todesursache: ›Herzparalyse, acute Bronchitis, Asthma‹); siehe auch E. A. Schmid: Des Dichters Heimgang. In: Karl May's Gesammelte Werke Bd. 34: »ICH«. Bamberg. 30. Aufl., S. 318f.

85 Ev.-Luth. Pfarramt Lutherkirche Radebeul. Akten des Kirchenvorstandes zu Radebeul, Gottesacker betr. (1909-1920), Bl. 21; die nachfolgend zitierten Briefe ebd., Bl. 22, 23; zu Robert Werners Biographie siehe Steinmetz: Villa, wie Anm. 19, S. 334 (Anm. 13).

86 E. A. Schmid: Grabmal, wie Anm. 44, S. 93

87 Ebd., S. 93; Gurlitt verwies schon 1919 darauf: »Nach seinem Tode wollte die Witwe diesem Wunsch willfahren und ihn in seinem Garten begraben lassen, erfuhr aber im Gemeindeamt, daß die Genehmigung des Gesuches mindestens einige Wochen währen würde, weshalb er also erst anderswo begraben und dann wieder exhumiert werden müsse. So kam die Leiche ›einstweilen‹ in die Gruft, und schließlich wurde von der Erfüllung seines Wunsches ganz abgesehen.« (Gurlitt, wie Anm. 51, S. 56, Anm. 16)

88 In einem Brief, dat. 31. 3. 1912, schrieb Klara May an den Schriftsteller Hans Möller (Berlin, Groß-Lichterfelde-West) widersprüchlich: »In seinem [Mays] Sinne handelnd gebe ich das Ereignis erst nach der Beisetzung kund. Bitte, schreiben Sie hierüber in Ihrer früheren herzlichen Weise und geben Sie die Nachricht durch die Corre-


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spondenzen weiter. Wenn Sie liebe und freundliche Stimmung besonders bei Schweder & Hertsch durchdrücken könnten, dann entschädige ich Sie doppelt gern für all Ihre Güte und Mühe. Ich möchte nicht, daß auch nur ein harter häßlicher Ton in diesen Frieden hinein klingt. Glauben Sie mir mein Mann war ein Heiliger, keiner kannte ihn besser, als ich, sein Weib!« (wiedergegeben in: M-KMG 13/1972, S. 17f.)

89 Pressemeldungen am 2. April 1912: Radebeuler Tageblatt, Kötzschenbrodaer Zeitung, Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt, Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger, Dresdner Neueste Nachrichten, Berliner Neueste Nachrichten, Vorwärts (Berlin). Bereits in der Nr. 91 (1. 4. 1912) brachte die Frankfurter Zeitung die Depesche.

90 Begräbnisbuch (1899-1955), wie Anm. 34, Jg. 1912, Nr. 30; siehe auch Kurt Schmidt: Rede zur Beisetzung Karl Mays. In: KMJB 1932. Radebeul 1932, S. 55-60.

91 Da durch die Schilderung von Marie Hannes der Eindruck entsteht, der Sarg wäre in der Erde beigesetzt worden, sei darauf verwiesen, daß sich im Grabmal unter dem Steinsarkophag eine gemauerte Gruft mit Lüftungsöffnungen befindet, in der die Zinksärge Aufstellung fanden.

92 Marie Hannes: Karl May's Beisetzung. In: Radebeuler Tageblatt, 41. Jg., Nr. 78 (4. 4. 1912), Beilage, S. 1 (enthält die gekürzte Fassung, 60 Zeilen); zitiert wird auszugsweise nach dem Sonderdruck des Beitrages (237 Zeilen), der im KMG-Archiv aufbewahrt wird; kompletter Nachdruck in: M-KMG 69/1986, S. 3ff.; vgl. Hans-Dieter Steinmetz: Mariechen, Ferdinand und Onkel Karl. In: M-KMG 69/1986, S. 6-24. Berichte über die Beisetzung Mays veröffentlichten ebenfalls: Kötzschenbrodaer Zeitung vom 4. 4. 1912 (Karl Mays Begräbnis), Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger vom 5. 4. 1912 (Die Beerdigung Carl Mays), Allgemeine Zeitung (Chemnitz) vom 7. 4. 1912 (Karl Mays Begräbnis).

93 Stadtarchiv Radebeul. Akte 276: Protokolle des Gemeinderates Radebeul (1911-1915), Sitzung am 3. 4. 1912, Punkt ›Mitteilungen‹

94 Vgl. Abbildung im KMJB 1921, Radebeul 1920, gegenüber S. 112, sowie ebd., S. 82. Vgl. ferner Hatzig, wie Anm. 44, S. 212.

95 Wie Anm. 85, Bl. 25 (Auszug aus Protokoll der Kirchenvorstandssitzung vom 9. 5. 1912). Voraussetzung für die Baumbepflanzung war der Erwerb des dazu notwendigen Bodens durch Klara May, was sie akzeptierte.

96 Ebd., Bl. 63-65 (einschl. der nachfolgend abgedruckten zwei Briefe)

97 Auszug aus der Autobiographie von Pfarrer Kurt Clemens Schmidt-Brücken (Masch.schr. Manuskript um 1946), mitgeteilt in einem Brief seines Neffens Henning Schmidt-Brücken vom 22. 6. 1982. Pfarrer Schmidt wirkte bis zum Eintritt in den Ruhestand (1. 10. 1931) in Radebeul und ließ sich anschließend in Dresden nieder, wo er am 11. 10. 1949 verstarb. Die Änderung des Familiennamens erfolgte im Jahr 1942.

98 Vgl. die Beitragsfolge ›Die Indianerhuldigung in Radebeul‹. In: KMJB 1929. Radebeul 1929, S. 7-33.

99 Adreßbuch für Kötzschenbroda (...) 1910, S. 103 (Eintrag Paul Ziller)

100 In der Literatur ist das Sterbedatum Ernst Zillers nicht vermerkt, lediglich bei Papastamos, wie Anm. 21, S. 21, wird ein Bericht des Athener Blattes ›Hora‹ vom 25. 11. 1923 erwähnt, der wenige Tage nach E. Zillers Ableben erschien. In einem griechischen Lexikon (Neoteron Enkyklopaidikon Lexikon, Bd. 17, Hélios, Athen o. J. [um 1955], S. 171) ist ein Beitrag (mit Porträt) über Ernst Ziller gefunden worden, doch nennt er auch nur das Todesjahr 1923. In Deutschland blieb Zillers Lebenswerk unbekannt. Nicht einmal das umfassende Lexikon von Thieme-Becker, wie Anm. 55, 36. Bd., Leipzig 1947, S. 501, kann in dem Beitrag über Ernst Ziller nähere Angaben machen. In Athen fanden 1939 und 1973 Ausstellungen mit Entwürfen Ernst Zillers statt.

101 Stadtarchiv Radebeul. Akte 4682: Karl-May-Museum 1935-1942, Karl-May-Ehrung 1942, unpag.; wenn nachfolgend Schriftstücke aus dem Zeitraum Februar bis Mai 1942 ohne gesonderten Nachweis zitiert werden, sind sie Bestandteil dieser Akte. Enthalten sind auch Presseausschnitte (z. T. ohne bibliographische Angaben) aus dem Jahr 1942, die schon deshalb wichtige Quellen sind, da sich der Jg. 1942 des ›Radebeuler Tageblatts‹ nicht im Bestand sächsischer Bibliotheken und Archive befindet.

102 Radebeuler Tageblatt vom 20. 1. 1942; Ausschnitt im Stadtarchiv Radebeul. Akte 4706: Auszeichnungen und Ehrungen (1931-1944)


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103 Klara May ließ 1940 an der linken und rechten Wand die Inschriften »Familie Ploehn.« bzw. »Familie May.« entfernen sowie links zusätzlich die Namen und Lebensdaten von Richard Plöhn und Wilhelmine Beibler, so daß nur noch auf der rechten Seite die Namen und Daten von Karl May und ihr stehen blieben. Nach der Beisetzung Klara Mays (5. 1. 1945) wurde ihre Inschrift mit dem Todesdatum (auf der rechten Seite) vervollständigt, darüber Mays Inschrift entfernt und links (auf der 1942 erwähnten Sandsteinplakette) neu eingemeißelt. Seitdem befindet sich die Inschrift für den Autor an der linken, für Klara an der rechten Seitenwand. Die Witwe äußerte sich zu den Inschriften: »Die Schrift ließ ich vor 2 Jahren auf der linken Seite entfernen, damals dachte ich nicht an die Hemmungen eines ›Nationalsozialisten‹ der über eine über 100 Jahre tote ›Jüdin‹ stolpern könnte!« (Sächs. Hauptstaatsarchiv Dresden: Landesregierung Sachsen, Ministerium für Volksbildung Nr. 2769 ›Karl-May-Verlag, Karl-May-Stiftung 1945-1951‹, Nachsatz [1942] zum Brief Klara Mays an E. A. Schmid vom 4. 1. 1914, Bl. 10a der Testamenteröffnungs-Abschrift, dat. 5. 5. 1945)

104 Vgl. Jörg-M. Bönisch: Ein Bauplan der ›Villa Bärenfett‹ blieb als Wandzeitung erhalten; in: Karl May in Leipzig. Heft 18 (Sept. 1994), S. 5-7 (mit Skizze).

105 Wie Anm. 1, Bl. 164; wenn nachfolgend ohne Quellenangabe im Zeitraum Februar bis April 1942 gefertigte Schriftstücke von oder an kirchliche Einrichtungen im Zusammenhang mit der beabsichtigten Exhumierung zitiert werden, entstammen sie dieser Akte (Bl. 164-174b).

106 Die Sterbeurkunde, ausgefertigt am 17. 2. 1942, ist in der Akte des Stadtarchives Radebeul, wie Anm. 101, enthalten.

107 Als Alois Hitler (1837-1903) im Jahr 1885 Clara Pölzl heiratete, brachte er zwei Kinder (Alois jun. und Angela Franziska Johanna, geb. 1883) mit in die Ehe, aus der neben Adolf Hitler (geb. 1889) vier weitere Kinder hervorgingen, von denen drei bereits im Kindesalter verstarben. Angela heiratete 1903 den Beamten Leo Raubal. Nach dessen Tod verließ Angela Raubal mit ihrer 17jährigen Tochter Angela (gen. Geli) Wien, um ab 1928 ihrem Bruder Adolf auf dem Obersalzberg den Haushalt zu führen. ›Geli‹ wurde Hitlers Geliebte und wählte 1931 den Freitod. Angela Raubal verließ 1935 den Obersalzberg und heiratete am 18. 2. 1936 in Berlin (im Hause Görings) den verwitweten Radebeuler Architekten Martin Heinrich Hammitzsch. (Nach Werner Maser: Adolf Hitler. Legende – Mythos – Wirklichkeit. München 1983 (Taschenbuchausgabe), und nach den Kirchenbüchern der Lutherkirchgemeinde Radebeul).

108 Sein bekanntestes Bauwerk ist die ›Tabak-Moschee‹ genannte Zigarettenfabrik ›Yenidze‹ (1909) in Dresden-Friedrichstadt, die eine Synthese von Elementen der türkischen und maurischen Kunst sowie des Jugendstils darstellt. Prof. Hammitzsch war langjähriger Direktor der Sächs. Staatsbauschule Dresden und 1942 als Ministerialrat Leiter des Sächs. Landesdenkmalamtes (vgl. auch Dresdner Anzeiger vom 21./22. 5. 1938, S. 16). Prof. Hammitzsch und Gauleiter Mutschmann wohnten beide in der Comeniusstraße in Dresden.

109 Das heute unter Denkmalschutz stehende stattliche zweigeschossige Barock-Bauwerk mit leicht vorspringendem achteckigem Mittelbau (1770) wurde von Martin Hammitzsch 1920/21 ganz für Wohnzwecke umgebaut und erweitert. Seinen Namen hat es durch seine bevorzugte Lage auf einem nach Süden gerichteten Hang, umgeben von Weinbergen und Gärten. Vgl. Dietrich Lohse: Das ›Haus in der Sonne‹. Oberlößnitz, Weinbergstraße 44. In: Vorschau und Rückblick, Radebeul. Heft Juni 1992, S. 12f.

110 Vgl. Joachim C. Fest: Hitler. Eine Biographie, 2 Bde. Berlin, Wien 1976, S. 612. Über die Begegnung mit Hitler auch bei Heinrich Zerkaulen: Geburtstag in Villa Shatterhand. In: Der Freiheitskampf, Dresden. 4. Jg., Nr. 183 (3. 7. 1934).

110a Manfred von Killinger, geb. 14. 7. 1866; seit März 1933 Reichskommissar für Sachsen, einige Monate später Ministerpräsident des Freistaates Sachsen; Ende August 1844 Freitod in Bukarest (Munzinger-Archiv)

111 Radebeuler Tageblatt. 62. Jg., Nr. 298 (22. 12. 1933), S. 2 (›Reichsstatthalter und Ministerpräsident in Radebeul. Im Blockhaus bei Karl May‹); Der Freiheitskampf,


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Dresden. 3. Jg., Nr. 320 (22. 12. 1933), S. 5 (›Im Blockhaus bei Karl May‹, mit Foto), sowie Dresdner Neueste Nachrichten vom 23. 12. 1933 (›Ein Abend bei Karl May‹, mit Foto)

112 Sächs. Hauptstaatsarchiv Dresden: Sächs. Ministerium für Volksbildung Nr. 20023. Beiakte über die Karl-May-Stiftung. Schriftwechsel über die Auslieferung von Akten mit negativer Aussage über Karl May an die Gattin des Schriftstellers, Frau Klara May (1934-1937). Am 16. 7. 1937 wurden Klara May 21 Blatt Aktenteile übergeben.

113 Radebeuler Tageblatt (undat., Febr. 1942): »Karl-Mai-Veranstaltungen [sic!]. Der Oberbürgermeister zu Radebeul teilt uns mit, daß die (...) Veranstaltungen (...) unvorhergesehener Umstände wegen abgesagt werden müssen.«; außerdem: Dresdner Nachrichten vom 23. 2. 1942, S. 4, und Dresdner Anzeiger vom 23. 2. 1942, S. 4; dort aber übereinstimmend: »(...) ist infolge der Zeitumstände abgesagt worden und soll später nachgeholt werden.«; ähnlich auch: Der Freiheitskampf. Amtliche Gauzeitung der NSDAP, Dresden. 12. Jg., Nr. 55 (24. 2. 1942), S. 4

114 Zum Gedenken an Karl May. Der Reichsstatthalter in Sachsen – Landesregierung – Ministerium für Volksbildung, 18. 2. 1942; Z: 2, 56/42. Veröffentlicht in VOBl. vom 20. 2. 1942, S. 28; zit. nach einer Abschrift in Stadtarchiv Radebeul, wie Anm. 101.

115 Außerdem erhielten die fünf Filialien der Städtischen Büchereien Radebeul insgesamt 52 Bände aus Mays ›Gesammelten Werken‹ als Geschenk vom Karl-May-Verlag (Brief E. A. Schmid an Stadtrat Thiele vom 25. 2. 1942, wie Anm. 101).

116 Entsprechende Hinweise auf die zu integrierende Rundfunksendung gab es in der Presse, z. B. Radebeuler Tageblatt vom 24. 2. 1942 (›Schulfeiern zu Karl Mays 100. Geburtstag‹).

117 In einem zum Anlaß herausgegebenen KMV-Werbeprospekt ›Karl May zum Gedächtnis 1842-1942‹, der vermutlich kurz vor dem 25. 2. 1942 gedruckt wurde, wird die ursprünglich geplante offizielle Ehrung am Grabe nicht mehr erwähnt: »Die Stadtverwaltung Radebeul (...) ruft am 25. Februar 1942 die Freunde und Gönner Karl Mays, ebenso alle, die der Betreuung seines Werkes irgendwie verbunden sind, zu einer schlichten, würdigen Feier in der Hans-Schemm-Schule Radebeul zusammen«.

118 Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger. 92. Jg., Nr. 51 (2. 3. 1942), S. 1f. (›Hohenstein-Ernstthal ehrt und dankt Karl May. Gedenkweihe im künftigen Karl-May-Hain‹)

119 Friedel Reinhardt in einem Rundbrief vom 8. 4. 1942 an die eingezogenen Verlagsmitarbeiter (»Liebe Feldgraue!«); Archiv des KMV.

120 Radebeuler Tageblatt (undat., Febr. 1942); gleichlautende Mitteilungen u. a. in: Dresdner Neueste Nachrichten vom 25. 2. 1942, S. 4; Dresdner Anzeiger vom 23. 2. 1942, S. 4

121 Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden: Sächsisches Ministerium für Volksbildung Nr. 20017b. Die Karl-May-Stiftung in Radebeul, Bd. 2 (1917-1938), Bl. 304: »Die Karl May-Stiftung gehört zu den Stiftungen, bei denen ich mir die Entschließung über die satzungsmäßige Vergebung der Mittel vorbehalten habe.« (Brief Mutschmann vom 11. 7. 1936 an das Ministerium für Volksbildung) Im Januar 1937 berief Mutschmann als Vertreter der Staatskanzlei ORRat Arthur Graefe (1942 Ansprechpartner von Oberbürgermeister Severit) in den Beirat der Karl-May-Stiftung.

122 Diese Einschätzung bezieht sich auf den Zeitraum bis 1945. Für die Zeit danach kann wegen nicht zugänglichen Aktenmaterials keine Aussage getroffen werden. Stiftungsurkunde zit. nach Karl May: »ICH«, wie Anm. 84, S. 342. »Nachdem die Karl-May-Stiftung seit 1945 durch Eingliederung in eine Sammelstiftung ihre juristische Eigenständigkeit verloren hatte, wurde ihr inzwischen die volle Rechtsfähigkeit wiedergegeben und am 9. Mai 1992 eine neue, im Sinne des Stifterwillens erweiterte Satzung zuteil. Zweck der Stiftung heute ist es, das Andenken an den sächsischen Schriftsteller Karl May und seine Werke zu pflegen, deren erzieherische Absicht der Verbreitung von Toleranz, Völkerverständigung und Friedensliebe galt.« (Zitat und weitere Aufgaben der Stiftung siehe: Vorschau, wie Anm. 109, Heft April 1993, S. 16f.)

123 Nachlaß Klara May, zur Verfügung gestellt von Lothar Schmid; ebenso die nachfolgend zitierten Dokumente (März 1942) ohne Quellenangabe.


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124 Sächs. Hauptstaatsarchiv Dresden, wie Anm. 103, Bl. 10a der Testamenteröffnungs-Abschrift (5. 5. 1945)

125 Lothar Schmid vermerkt in einem Schreiben an den Verf. vom 21. 7. 1993: »Abschrift eines offenbar nicht abgesandten Briefes Klara Mays (steht hier auf dem abgehefteten Originalschreiben) an Mutschmann vom 11. März 1942«.

126 In ihrem Brief vom 28. 2. 1942 an das Standesamt Leipzig gab Klara May fälschlicherweise an, daß die kirchliche Trauung 1881 am 4. Juli (ihrem Geburtstag!) in der Thomaskirche zu Leipzig erfolgte. Diese Verwechselung läßt m. E. auf die Gemütsverfassung Klara Mays in jenen Wochen schließen.

127 Wie Anm. 101

128 Wie Anm. 1

129 Ebd., Bl. 169; die Dokumentation des weiteren Ablaufes des Genehmigungsverfahrens stützt sich auf Bl. 170-174, aus denen nachfolgend zitiert wird.

130 Gustav Martin Bossack war von 1929 bis 1952 auf dem Friedhof Radebeul, zuletzt als Friedhofsinspektor, beschäftigt. Er starb 1979 und konnte selbst nicht mehr zu den Umständen der Exhumierung befragt werden. Die Tochter, Frau Koberling (Jg. 1932), teilte am 17. 8. 1993 mit: »Nur schwach kommt mir ein Vorgang in Erinnerung, der meinen Vater sehr aufgeregt haben muß. Es könnte damit [mit der Exhumierung, H.S.] in Zusammenhang stehen, er mußte schon im Dunkeln – also noch vor normaler Öffnungszeit – zum Friedhof.«

131 Friedhofsverwaltung Radebeul, Grabstellenkartei, betr. Erbbegräbnis 24 (Abteilung F, Reihe Nordmauer, Nummer 20); außerdem in Akten des Kirchenvorstandes zu Radebeul, Tabellarisches Verzeichnis der Erbbegräbnisse (1892-1958), Bl. 8b, Nr. 24: »Die Särge (...) nach Dresden überführt worden. Arnold«.

132 Krematorium Dresden-Tolkewitz, Einäscherungsregister 1942, Eintragungen lfd. Nrn. (gleichzeitig Urnennummer): 82179 (R. Plöhn) und 82180 (W. Beibler); Ausstellungstag und Nr. der Genehmigung (zur Einäscherung): 25. 4. 1942 (Nrn. 1971 und 1972)

133 Urnenhain Dresden-Tolkewitz, Grabstellenkartei: Grabfeld Nr. 103/045 (›Sammelstelle Heckenwandstelle 45‹). Der Urnenhain Dresden-Tolkewitz (01279 Dresden, Wehlener Str. 15) ist ein kommunaler Friedhof und befindet sich neben dem Johannisfriedhof. Die Grabstelle (Birke) befindet sich zwischen den Urnengräbern der Familien Güttler und Balkowski. Am 14. 5. 1942 sandte das Städtische Bestattungsamt Dresden Klara May die Rechnungen über die bei der Wiederaushebung und Einäscherung entstandenen Kosten sowie die beiden Einäscherungsurkunden. Klara May bezahlte am 28. 5. 1942 in der Friedhofsverwaltung Radebeul die Gebühr (10 Reichsmark) für die Überführung der Särge nach Dresden-Tolkewitz. Am 8. 5. 1942 informierte Pfarrer Straube in der Kirchgemeindevertretersitzung über die erfolgte Exhumierung (Pfarramt Radebeul. Niederschriften der Sitzungen der Kirchgemeinde-Vertretung (1935-1955), Bl. 41).

134 Fräulein Johanna Maria Gabriele Marta Uhlig, nach Aussage Klara Mays eine »langjährige Freundin«, wohnte 1944 in Bad Weißer Hirsch, Zeppelinstraße 4 und damit schräg gegenüber der Villa von Lucia Lieberknecht (Zeppelinstraße 7), der anderen Freundin Klaras. Von dem Aquarell des Mausoleums gibt es eine zweite Fassung aus der Hand von M. Uhlig; vgl. die Abbildung auf dem Titelblatt der Zeitschrift ›Karl May in Leipzig‹, Heft 17 (Juni 1994); darin (S. 6ff.): Christian Heermann: Von Athen nach Radebeul. Über den Vortrag zu Karl Mays Grabmal von Hans-Dieter Steinmetz.

135 Radebeuler Tageblatt vom 11. 5. 1942 (›Musikalische Gedenkfeier im Karl-May-Hain‹); Ausschnitt im Stadtarchiv Radebeul, wie Anm. 101

136 Vgl. das S. 48 zitierte Protokoll der Beratung des Oberbürgermeisters vom 19. 2. 1942

137 Archiv des KMV; der Durchschlag ist nicht von Klara May unterzeichnet, doch deren Verfasserschaft durch das nachfolgende Dokument belegt. Da sich das Original in den Akten befindet, ist es vermutlich von Dr. E. A. Schmid nicht verwendet worden.

138 Die 1872 gegründete Firma Stilbach & John, Marmorverarbeitung, hatte zuvor im Herbst 1938 im Auftrag von Klara May Sanierungs- und Reinigungsarbeiten am


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Grabmal durchgeführt. Die Rechnung vom 6. 10. 1938 (Nachlaß Klara May) nennt u. a.: »Marmorgruftplatte erneuern, (...) den Sandsteinbau abschleifen, Fugen und Verwitterungsstellen auszuzementieren und alle Sandsteinteile mit Fluat imprägnieren (...) Marmorfiguren reinigen, Marmorpfeiler, Stufen und Fußboden abschleifen (...)«. Die Notwendigkeit von erneuten Ausbesserungsarbeiten bestand im Sommer 1939 sicherlich nicht.

139 Klara May hatte sicherlich die 2. Fassung des Programms der Gedenkfeier vom 25. 2. 1942 beigelegt (vgl. Faksimile S. 51), die sich nur noch auf die Veranstaltung im Festsaal der Hans-Schemm-Schule Radebeul bezog.

140 Stadtarchiv Radebeul. Akte 4705: Ehrenbürger (1933-1944); nachfolgende Zitate Bl. 44-46b. Eine erste Darstellung erfolgte 1994 durch die Stadtarchivarin Annette Karnatz in der Projektarbeit ›Das Verhältnis zu Karl May und seinem Erbe im Dritten Reich (1933-1945)‹ im Fach Geschichte an der Fachhochschule Potsdam.

141 Im Auftrag Klara Mays benachrichtigte der KMV am 14. November 1944 Fanni Askani (Hohenstein-Ernstthal), eine Nichte Karl Mays, über den Unfall: »Seither muß sie nun unter heftigen Schmerzen immer an einem Fleck sitzen, und es wird bestimmt eine langwierige Sache werden« (zit. nach M-KMG 66/1985, S. 25). An Marie Hannes schrieb E. A. Schmid am 6. April 1945: »Dieser [Bruch] heilte zwar verhältnismäßig rasch, aber sie dämmerte zwei Monate hindurch ihrer Auflösung entgegen«. (Archiv des KMV)

142 Abschrift des von Klara May an E. A. Schmid gesandten Beschlusses über die Gruft, dat. Radebeul, den 16. Oktober 1944 (Archiv des KMV); eine beglaubigte Abschrift aus den Akten des Amtsgerichtes Radebeul IV M8/45 betr. die Verfügung von Todes wegen der Volksschriftstellerswitwe Auguste Wilhelmine Clara May in Radebeul. Ausgefertigt am 5. Mai 1945, Amtsgericht Radebeul, sowie der Schenkungsvertrag Klara Mays vom 12. Dezember 1944, Ausfertigung ausgestellt am 28. Dezember 1944, befinden sich im Sächs. Hauptstaatsarchiv Dresden, wie Anm. 103. Die Testamentseröffnung erfolgte am 16. 4. 1945 vor dem Amtsgericht Radebeul. Den Schenkungsvertrag vom 12. 12. 1944 unterschrieb Marta Uhlig in der Villa ›Shatterhand‹ für Klara May, die ihre Hand nicht mehr bewegen konnte.

143 Bestattungsbuch Pfarramt Lutherkirche Radebeul 1940-1951, Jg. 1945, Nr. 2 (Todesursache: ›Altersschwäche‹)

144 Brief Klara Mays an Dr. E. A. Schmid vom 20. Juli 1944, wie Anm. 103, Bl. 10b der Testamenteröffnungs-Abschrift (5. 5. 1945); in einem undatierten Brief (1944) an M. Uhlig, ebd., Bl. 8b, verfügte Klara May: »Bekanntgabe meines Todes erst nach der Beisetzung. Die Gruft öffnet und schließt Stielbach [richtig: Stilbach] & John, die alles kennen, müssen gleich benachrichtigt werden! (...)«.

145 Niederschrift von Dr. Groß, datiert »Dresden, am 8. Januar 1945«

146 Dresdner Zeitung. 215. Jg., Nr. 5 (6./7. 1. 1945), ›Klara May in Radebeul gestorben. Wahrerin und Mehrerin des Erbes Karl Mays‹; außerdem: Hamburger Fremdenblatt vom 6. 1. 1945 (›Klara May gestorben‹) und NS-Kurier (Stuttgart) vom 11. 1. 1945 (›Klara May gestorben‹). Das Radebeuler Tageblatt hatte 1943 sein Erscheinen eingestellt.

147 Brief Dr. E. A. Schmid vom 17. 1. 1933 an Pfarrer Straube

148 Brief Pfarrer Straube vom 6. 4. 1933 an E. A. Schmid, zit. nach einer Abschrift im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden, wie Anm. 121, Bl. 240; die Umschreibung ist dokumentiert im Tabellarischen Verzeichnis der Erbbegräbnisse (vgl. Faksimile S. 62), wie Anm. 131. Die Friedhofsordnung, wie Anm. 42, ist enthalten in den Pfarramtsakten, wie Anm. 1.

149 Zit. nach Karl May: »ICH«, wie Anm. 84, S. 350; zur Festlegung im - 3 des Zweiten Erbvertrages siehe ebd., S. 344.

150 Brief Klara Mays an E. A. Schmid vom 20. Juli 1944, wie Anm. 103, Bl. 10b der Testamenteröffnungs-Abschrift (5. 5.1945)

151 Gesetz über die Zusammenlegung örtlicher Stiftungen vom 25. 2. 1948 (GVOBl. 1948, S. 137)

152 Archiv der Karl-May-Stiftung Radebeul. Akte: Grabmal Karl May, unpag.; Brief Werner Hempel an H. Kotte vom 5. 5. 1955. Wenn nachfolgend Schriftstücke aus dem


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Zeitraum 1955 bis 1992 ohne gesonderten Nachweis zitiert werden, sind sie Bestandteil dieser Akte.

153 Brief Werner Hempel an H. Kotte vom 27. 6. 1955

154 Brief H. Kotte an Werner Hempel vom 5. 8. 1955. Die Kosten für die bereits durchgeführten Unterhaltungsmaßnahmen hatten schon 2000 Mark überschritten; zunächst waren 500 Mark veranschlagt worden.

155 Deutscher Schriftstellerverband, 1952 gegr. Berufsverband der Schriftsteller der DDR. Ob der Ende der achtziger Jahre verstorbene Hans Thalmann Mitglied dieses Verbandes war, konnte nicht ermittelt werden.

156 Neben Vorschlägen für erste Maßnahmen enthält die Aktennotiz auch den Vermerk: »Herr Thalmann bekommt entsprechenden Bescheid«. Ob dieser ergangen ist, muß bezweifelt werden, da sich in der Akte noch ein Duplikat des Thalmann-Schreibens vom 15. 11. 1970 befindet, das am 22. 12. 1970 in Dresden einging.

157 Gesprächsnotiz von Martha Schreiber, dat. 1. 2. 1971

158 Offensichtlich war den Verwaltern der Karl-May-Stiftung im Jahr 1971 die Bestattung im Mausoleum und spätere Exhumierung von Richard Plöhn und Wilhelmine Beibler unbekannt.

159 Mitteilung Martha Schreiber an Hans Berninger vom 12. 8. 1971

160 Neue Museumskunde. Theorie und Praxis der Museumsarbeit. Hrsg. vom Rat für Museumswesen beim Ministerium für Kultur der DDR. 14. Jg., Heft 4/71, S. 311; die Zeitschrift erschien vierteljährlich.

161 Betreff des Briefes Rat der Stadt Radebeul an Sammelstiftungen des Bezirkes Dresden vom 28. 7. 1972. Zu diesem Zeitpunkt galt die vom DDR-Kulturministerium erlassene Verordnung über die Pflege und Schutz der Denkmale vom 28. 9. 1961; in Gruppe III waren die ›Bau- und Kunstdenkmale von besonderer nationaler Bedeutung und internationalem Kunstwert‹ zusammengefaßt. Nach dem Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Kulturdenkmale im Freistaat Sachsen vom 3. 3. 1993 ist Mays Grabmal ebenfalls als Denkmal eingestuft.

162 Aktenvermerk Martha Schreiber vom 13. 10. 1972

163 Handschriftlicher Aktenvermerk Hans Berninger vom 26.10.1972

164 Brief Sammelstiftungen des Bezirkes Dresden an VEB Elbenaturstein Dresden vom 23. 3. 1973

165 Brief der Geschäftsführerin Martha Schreiber vom 5. 12. 1975. Im Auftrag enthalten war auch ein Kranz mit der Aufschrift ›Karl-May-Stiftung‹ zum 100. Geburtstag von Patty Frank am 19. 1. 1976. Seit dem am 1. 2. 1985 abgeschlossenen Pflegevertrag finanziert die Karl-May-Stiftung jährlich »würdigen Grabschmuck insbesondere zu den Gedenktagen« Geburts- und Todestage von Karl und Klara May sowie zum Totensonntag.

166 Brief der Friedhofsverwaltung der Lutherkirchgemeinde Radebeul vom 29. 1. 1976. Für die Ausführung dieses Auftrages konnte Elisabeth Keil, die Ehefrau des Friedhofsverwalters, gewonnen werden. Die Grabpflege übernahm von Juli 1982 bis Januar 1985 ihre Schwiegertochter Hannelore Keil und ist seitdem in der Hand von Wolfgang Härtelt, ehemals Sammelstiftungen des Bezirkes Dresden.

167 Vgl. INFORM Nr. 10/1974 (Beilage zu M-KMG), S. 42; Zuschrift von Erwin Müller, Berlin: »Die Grabstätte [Mays] befindet sich nicht mehr in einem gepflegten Zustand, ist aber nach meinem Eindruck nicht baufällig (...) Das Grab von Patty Frank hinterläßt einen sehr ordentlichen Eindruck.«

168 Vgl. INFORM Nr. 17/1976, S. 8. Bei dem dort abgebildeten Brief handelt es sich um eine originalgetreue Abschrift, die mit dem 14. 1. 1976 datiert wurde (Auskunft Erich Heinemann).

169 Entwurfsfassung, das Original enthielt nicht den Bestätigungsvermerk; vgl. das Faksimile in INFORM, wie Anm. 168. Von der Veröffentlichung erhielten die Sammelstiftungen Kenntnis; ein Exemplar befindet sich in der Grabmal-Akte, wie Anm. 152.

170 Erich Heinemann: Eine Gesellschaft für Karl May. 25 Jahre literarische Forschung 1969-1994. Husum 1994, S. 122

171 Nach dem Abschluß der Rekonstruktions- und Erweiterungsmaßnahmen im Karl-May-Museum wurden auch Entscheidungen über die Zukunft der Karl-May-Stif-


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tung getroffen: »Aufgrund eines Beschlusses des Rates des Bezirkes vom 23. Januar 1985 erhielt die Karl-May-Stiftung ihre juristische Eigenständigkeit zurück. Seit 1986 wird sie von der Abteilung Kultur des Rates des Bezirkes geleitet. Vorsitzender des Vorstandes der Karl-May-Stiftung ist das Ratsmitglied für Kultur, Dr. Klaus Schumann. Gemäß Ratsbeschluß vom 23. Januar 1985 und Ergänzungsbeschluß vom 10. November 1987 versteht sich die Karl-May-Stiftung Radebeul als alleinige Rechtsnachfolgerin der seit 5. März 1913 bestehenden Stiftung.« (René Wagner: »Alles, was sie von mir erbt ...« 75 Jahre Karl-May-Stiftung / 60 Jahre Karl-May-Museum (2). In: Sächsische Neueste Nachrichten, Dresden. 37. Jg., Nr. 74 (28. 3. 1988), S. 6)

172 Sächsische Zeitung, Dresden. 47. Jg., Nr. 13 (16. 1. 1992), S. 2 u. 11, und Dresdner Neueste Nachrichten, 2. Jg., Nr. 17 (21. 1. 1992), S. 14

173 Brief des Vorsitzenden des Kirchenvorstandes, Dr. Thümmel, an die Karl-May-Stiftung vom 23. 11. 1992. Der Beschluß bezieht sich antragsgemäß auch auf die Grabstätte von Patty Frank.


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Bildnachweise:
Nike-Tempel: Institut für Denkmalpflege, Berlin
Schliemanns Grabmonument: Archiv Steinmetz
Richtfest: Archiv Mager
Grabrelief in S. Werners Atelier: Karl-May-Stiftung Radebeul
Mausoleum, vor 1909: Archiv Mager
Farbphotos: Aufnahmen Steinmetz 1994


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