//291//

GUDRUN KEINDORF

Formen und Funktion des Reisens bei Karl May.
Ein Problemaufriß*



Es ist eine bekannte Tatsache, daß Karl May ein Mann war, der Reiseerzählungen schrieb, der, abgesehen von seinem letzten Lebensjahrzehnt, selbst nicht in ferne Länder reiste und der trotzdem bzw. gerade deshalb den Nimbus des Reisenden pflegte. Diesen letzten Eindruck festigt der Karl-May-Verlag in Bamberg, indem auf der letzten Umschlagseite der Taschenbücher bzw. auf den Vorsatzblättern der ›grünen Bände‹ Kartenausschnitte oder Weltkarten mit Kennzeichnung der Schauplätze erscheinen.(1) Diese Karten suggerieren, es handele sich um eine Art Reiseführer, der es den Lesern ermöglicht, die Reisen des Helden nicht nur passiv-lesend, sondern auch aktiv-touristisch nachzuerleben.

   In der Vergangenheit mangelte es nicht an Versuchen, May als ›Baedeker-Ersatz‹ zu verwenden. In den sechziger Jahren verfolgte Peter Groma die Route des Orientzyklus und begab sich auf Winntous Spuren;(2) zehn Jahre später reisten die Journalisten um Braumann gleich 13 Bänden hinterher,(3) wobei sie einmal mehr durch Kartenbeilagen Authentizität suggerierten.

   Insgesamt wird die Tatsache, daß in Karl Mays Werken gereist wird, allenfalls konstatiert, in der Regel aber nicht weiter beachtet. Zwar stellt sich Annette Deeken die Frage nach dem Abenteuertourismus Karl Mays; ihre Hypothese, daß »er aber zu weiten Teilen die Gewohnheiten und gewohnheitsmäßigen Wunschmuster des Touristen reproduziert«,(4) beleuchtet den Schriftsteller aus der Sicht der modernen Tourismuskritik in der Nachfolge Enzensbergers(5) und unterschlägt dabei die Tatsache, daß er zunächst als Kind seiner Zeit zu betrachten ist. Unabhängig davon, ob die oben zitierte Hypothese haltbar ist oder nicht, kann sie doch allenfalls rezeptionsgeschichtlich (›Hat Karl May einen Einfluß auf den modernen Touristen?‹) angewandt werden, denn der Tourismus als gesamtgesellschaftliche Erscheinung ist zu Mays Zeiten erst im Entstehen. An dieser Nahtstelle setzen die folgenden Überlegungen an. Karl May wird als Zeitzeuge verstanden, der zeitgenössische Reiseformen und -möglichkeiten in seine Bücher integriert und sie seinen Intentionen gemäß verwendet. Zudem werden methodische Fragestellungen, z. B. in bezug auf Möglichkeiten und Grenzen einer Quel-

* Vortrag, gehalten am 13. 10. 1995 auf der 13. Tagung der Karl-May-Gesellschaft in Bad Segeberg.


//292//

lenforschung, angeschnitten. Der vorliegende Beitrag versteht sich als ›Problemaufriß‹, der ohne Anspruch auf Vollständigkeit einen Überblick schaffen will. Auf eine ausführliche Diskussion der Sekundärliteratur mußte aus Platzgründen verzichtet werden; es wird aber auf sie in den Anmerkungen verwiesen.

   Bei seiner Haftentlassung am 2. 5. 1874 gibt May als Lebensplan ›Auswanderung‹ an. Angesichts seiner Vergangenheit ist dieser Wunsch durchaus verständlich; wer möchte nicht möglichst viel räumlichen Abstand zwischen unangenehme Erinnerung und Gegenwart bringen? In der Realität kehrt May in seinen Heimatort zurück, um von dort aus nicht nach Amerika, sondern nach Dresden abzuwandern.

   Vielleicht gerade deshalb spielen Auswanderer immer wieder eine entscheidende Rolle in seinen Erzählungen. Die Zirkusreiterin Miß Ella wird in der ›Juweleninsel‹ von der Rache nach Amerika getrieben, wo sie als Bowie-Pater den Spuren vergangenen Unrechts nachspürt – ein trivial-romantisches Motiv jenseits der Realität. Auch Mays Alter ego Old Shatterhand startet seine amerikanische Karriere als Auswanderer: Unerquickliche Verhältnisse in der Heimat und ein, ich möchte sagen, angeborener Thatendrang hatten mich über den Ocean nach den Vereinigten Staaten getrieben, wo die Bedingungen für das Fortkommen eines strebsamen jungen Menschen damals weit bessere und günstigere waren als heutzutage.(6)

   Mit diesem einen Satz beschreibt May die Motivation des Ich-Erzählers, nach Nordamerika zu reisen. Helmut Schmiedt, der diesen Abschnitt unter einem linear-zeitlichen Aspekt betrachtete, stellte fest, daß dies »aber im wesentlichen schon alles (ist), was wir über seine Vergangenheit erfahren: Der Roman beginnt mit seiner Ankunft in den USA, ausführliche Rückblicke auf die vorhergehenden Lebensabschnitte gibt es nicht, die ›Unerquicklichkeit‹ wird nicht näher erläutert«.(7) Ein Grund hierfür ist in der Gesamtanlage des Romans zu finden. Das Kapitel ›Ein Greenhorn‹ hat erzähltechnisch die Funktion, den Ich-Erzähler möglichst schnell in den äußeren Handlungsablauf zu fügen und ihn zugleich von der Masse der Neuankömmlinge abzuheben.

   Ein etwas ausführlicheres Bild entwirft May in ›»Weihnacht«!‹. Während einer mehrtägigen Fußwanderung treffen der Ich-Erzähler und sein Freund Carpio auf eine Auswandererfamilie, bestehend aus einem alten Mann mit einer jüngeren Frau und einem etwa 16 Jahre alten Jungen. Der einige Jahre zuvor ausgewanderte Ehemann der Frau hatte ihnen Schiffspapiere geschickt, und sie hatten sich zu Fuß auf den Weg nach Bremen gemacht, um dort das Schiff zu erreichen. Die bezahlten Schiffslegitimationen waren von einem New Yorker Agenten der damals erst ein Jahr bestehenden Bremer Lloyd ausgestellt, und die Fahrt war für die ersten Tage des Februar festgesetzt.(8)

   Auch in diesem Fall entfallen weitere Einzelheiten. May bevorzugt


//293//

in ›»Weihnacht!«‹ den längeren Prolog und vermeidet auf diese Weise Rückblenden, die den Handlungsverlauf hemmen würden. Die Überleitung zum Geschehen in Amerika gelingt mit einem einzigen Satz: Eine Reihe von Jahren war nach dem bisher Erzählten vergangen ...(9)

   Im Westen trifft der Ich-Erzähler – jetzt nicht mehr der Schüler Sappho, sondern der Westmann Old Shatterhand – erneut auf die Auswanderer. Deren Gründe, die Heimat zu verlassen, werden nur angedeutet. Es war ihnen ein großes Unrecht geschehen, dem sie wehrlos gegenübergestanden hatten. Man hatte eine, wie es schien, sehr schwere Schuld auf sie geworfen, deren Folgen, also der Bestrafung, zu entgehen, sie geflüchtet waren.(10)

   Dieses Fluchtmotiv ist erzähltechnisch bedingt und nicht unbedingt als typisch für die Motive realer Auswanderer zu betrachten. Anders sieht es mit der politisch motivierten Flucht aus: Klekih-petra in ›Winnetou I‹(11) und Old Firehand in ›Winnetou II‹(12) verlassen Deutschland im Anschluß an die 48er Revolution, deren Scheitern durchaus als Auslöser für Auswandererpläne anzusehen ist. Wieder anders sieht es mit der Reisegruppe der Steinschneider aus dem Fichtelgebirge in ›Winnetou III‹(13) aus. Diese hatte sich am Heimatort zusammengefunden, die gesamte Reise gemeinsam vorbereitet und unternommen und versucht dann am Zielort, eine neue Existenz aufzubauen.

Auswanderer schiffen sich ein(14) [41-Kb-Jpg]


//294//

   Genau solch eine Reisegruppe war es, die in Mays Jugend von Hohenstein-Ernstthal aus nach Amerika aufbrach. Wenn auch die in der Selbstbiographie aufgezählten Leistungen in punkto Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen einem gewissen Rechtsfertigungsbedürfnis entsprechen und als wohl übertrieben angesehen werden müssen, so bleibt doch die Tatsache bestehen, daß Mays eigene Erfahrungswelt die Realität der Auswanderung einschloß. Er entwirft in ›Winnetou III‹ ein idyllisches Bild von einer eingeschworenen Gemeinschaft, die die gesamte Reise zusammen macht und sich auch am Ziel nicht auflöst. Hinter dieser scheinbaren Idylle versteckt sich das Wissen um die Härten der Reise, die sich nur durch festen Zusammenhalt mildern ließen. Epidemien wie Cholera, Ruhr oder Typhus waren auf den großen Schiffen(15) an der Tagesordnung.

   Hatte man diesen Transport überlebt, so zwangen finanzielle ebenso wie sprachliche Schwierigkeiten den einzelnen dazu, sich auch in der Neuen Welt der Gruppe anzuschließen.(16)

   Zusammenfassend läßt sich sagen, daß May keinen ›Auswandererroman‹ schreibt. Das Motiv ›Auswanderung‹ dient ihm als Mittel, um Personen von A nach B, an den Handlungsort zu bringen. Diese Personen erscheinen entweder einzeln (als Helden) oder in Gruppen (als von den Helden zu rettende Masse). Einzelheiten über Reisedauer, Kosten, soziale Hintergründe oder Erwartungshaltungen(17) spielen dabei kaum eine Rolle. Gleichzeitig aber ist in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Auswanderung ein gesellschaftliches Phänomen, das allgemein geläufig und präsent ist. Es sind häufig die sozial Schwachen, die alle Brücken abbrechen, um sich in Amerika ein neues Leben aufzubauen. Analphabetismus und finanzielle Schwierigkeiten am Zielort sind oft genug Gründe, warum der Kontakt zur Heimat nur sporadisch hergestellt werden kann oder ganz abbricht.(18) Es muß also in bezug auf das Thema Auswanderung mit einer gewissen Lesererwartung gerechnet werden, denen Mays Erzählungen entgegenkamen.

   Während die Auswanderung eine lineare Reise, d. h. von einem Ort zum Ziel ist, hat die Handelsreise in der Regel einen zirkulierenden Charakter; der Weg führt zurück zum Ausgangspunkt der Reise. Unter den Handelsreisenden in Mays Erzählungen fällt ein Kolporteur, Ali der Buchhändler, auf,(19) der selbstgeschriebene Zettel mit heiligen Sprüchen verkauft, die er als aus dem heiligen Mekka stammend ausgibt. Eigentlich hätten die Hüter der Kaaba diese Zettel schreiben sollen, aber Ali hat sie selbst hergestellt und macht nun Geschäfte mit der Gutgläubigkeit der Leute. Was May an anderer Stelle sicher als üblen Betrug gebrandmarkt hätte, erhält in diesem Fall seine Berechtigung dadurch, daß Ali seinen gelähmten Vater ernähren muß. Der fromme Betrug wird noch weiter dadurch gemildert, daß Ali von den Reichen mehr für seine Zettel verlangt als von den Armen.


//295//

   Mit der Einführung des Kolporteurs in die Handlung schafft May für die Leser ein vertrautes Element, das es ermöglicht, sich im exotischen Rahmen zurechtzufinden. Der Orientzyklus entstand in dem gleichen Zeitraum, in dem May das zweite Mal für Münchmeyer arbeitete. Die Einführung des Wanderbuchhändlers Ali hat also wohl biographische Hintergründe; diese Überlegung wird durch die Tatsache gestützt, daß der Beruf Alis für den weiteren Handlungsablauf völlig belanglos ist. Aus diesem Grund liefert May auch keine weiteren Informationen, etwa über Wanderungskreis, Reisegeschwindigkeit oder gar die Motivation, den Beruf zu ergreifen.(20) Für eine biographische Spiegelung spricht zudem die Szene um die Uhr. Der Kolporteur Ali (May May als Kolportageschriftsteller) ist überzeugt, ein Meisterwerk zu erschaffen. Kara Ben Nemsi (Mays Wunsch-Ich) führt ihm mit seiner ›High-tech-Repetieruhr‹ die wahren Möglichkeiten des Berufes vor Augen.(21)

   Auch ein anderer Handelsreisender des Orientzyklus ist wohl biographisch bedingt, wie Walther Ilmer 1984 ausführte. »In Martin Albani manifestiert sich nämlich der Anfang 1870 als angeblicher A-l-b-i-n W-a-denbach herumstreunende May«.(22) Ilmer erklärt die Entstehung der Madi Arnaut/Martin Albani-Episode nicht nur aus einer reinen Buchstabenspielerei, sondern als Exotisierung des eigenen Erlebens und Positivierung des eigenen Ichs in der Phantasie. Im konkreten Fall werden die negativen Aspekte auf Albani übertragen, den May alsbald ertrinken läßt, um so ein Stück bösen Teil-Ichs versinken zu lassen.

   Anders als die Handlungsreisenden, die man ihrer Produkte wegen frequentiert und dann wieder vergißt, finden die Forschungsreisenden im 19. Jahrhundert ein reges Interesse in der breiten Öffentlichkeit: »Ich heiße Emil Schwarz und bin hier, um die Fauna und Flora des Landes zu studieren und in möglichst vielen Präparaten mit nach Hause zu nehmen.«(23)»Der letzte Bote, der mir aus der Seriba ... Omm et Timsah ... gesandt wurde, teilte mir mit, daß dort zwei Weiße, ein junger und ein alter, eingetroffen sind, welche Gewächse suchen, um sie zwischen Papierblätter zu legen, und Käfer, Schlangen und allerlei Gewürm fangen, welches sie in Flaschen stecken.«(24)

   Mit diesen knappen Sätzen kennzeichnet May die Gründe für den Aufenthalt der drei Gelehrten Emil und Joseph Schwarz und Ignatius Pfotenhauer im Sudan. War in ›Winnetou I‹ die Auswanderung der Grund für die Ankunft des Helden am Schauplatz der Abenteuer, so ist es in der ›Sklavenkarawane‹ der Wissensdurst. Die Erzählung entstand auf Anregung des Verlegers Spemann, den Schauplatz nach Afrika zu verlegen. Vor dem zeitgenössischen Hintergrund der »Kämpfe um Ausrottung des Sklavenhandels im südlichen Ägypten und im Sudan«(25) zeigt die Erzählung eine Aktualität, die der damaligen Diskussion Rechnung trägt. Der Sklavenhandel wird aufs schärfste verdammt, und May gibt sich alle Mühe, die Farbigen als – zumindest auf seelischem


//296//

Gebiet – gleichwertige Menschen darzustellen, um gegen das zu seiner Zeit geläufige Vorurteil, es handele sich um ›eher den Tieren als den Menschen vergleichbare Wesen‹, vorzugehen. Der Kampf um die Menschenrechte der Farbigen wurde vor allem von Dr. Emin Pascha geleitet, der auch in Deutschland sehr populär war – nicht zuletzt deshalb, weil das seine Heimat war.

   Erst 1862 hatten Speke und Grant die Nilquellen entdeckt, 1865-67 durchquerte Rohlfs Nordafrika von Tripolis nach Lagos, 1867-73 erforschte Livingstone das Kongogebiet, und 1869-74 durchquerte Nachtigal die Sahara und den Sudan. Während May an der ›Sklavenkarawane‹ schrieb, durchquerte Stanley Zentralafrika.(26) All diese Expeditionen wurden international mit starkem Interesse verfolgt – ein Grund mehr, den Schauplatz einmal nach Schwarzafrika zu verlegen.

   Die gesamte Erzählung ist nach didaktischen Überlegungen konzipiert; ethisch-humanitäre Überzeugungen in bezug auf die Sklavenfrage sind ebenso bruchlos in die Handlung integriert wie erdkundlicher, völkerkundlicher, botanischer und zoologischer Lehrstoff.(27) Interessant ist in diesem Zusammenhang Mays Umgang mit den Quellen. 1981 hat Bernhard Kosciuszko die Quellen der Sudanromane herausgearbeitet.(28) Eines der wesentlichen Werke, die May benutzte, ist ein 1874 in Wien erschienenes Buch von Ernst Marno, das sich unter der laufenden Nummer 501 in Mays Bibliothek befindet.(29) May verwendet Marnos Werk als Informationsquelle bezüglich Naturkunde, Ethnologie und Geographie; in bezug auf die Sklavenfrage argumentiert er jedoch völlig anders. Während Marno als Darwinist die Sklaverei als Teil der Naturgesetze ansieht und sich lediglich für eine Milderung der Härten einsetzt, veröffentlicht May ein glühendes Credo gegen die Sklaverei. Er vertritt sogar die heute noch modern klingende Vorstellung einer ›Hilfe zur Selbsthilfe‹, indem er Schwarz vorschlagen läßt, bei den Niam-niam eine Forschungsstation anzulegen, um neue Beschäftigungsfelder für die einheimische Bevölkerung zu schaffen, denn: »Wenn sie mit Hilfe eines solchen Handels das verdienen, was sie brauchen, so werden sie von dem verderblichen Sklavenhandel lassen.«(30)

   Die Quellenzitate machen nur einen Bruchteil des Gesamtumfanges der ›Sklavenkarawane‹ aus und haben den Zweck, knappe Realitätsmale für die Abenteuerhandlung zu setzen. Dabei legt May sein Vorwissen der unterprivilegierten Schicht als Selbstdarstellung in den Mund, ein in der europäischen Reiseliteratur seit der frühen Neuzeit gängiges Verfahren.

   Neben den mehr oder weniger wörtlichen Zitaten muß man bei May jedoch noch mit anderen Quellen rechnen. Seine Kindheit nach der Wiedererlangung des Augenlichtes ist geprägt von dem umbarmherzigen Einpeitschen von Wissen seitens des Vaters. May beschreibt in seiner Selbstbiographie eindrucksvoll, wie er gezwungen war, unnützes


//297//

Wissen auswendig zu lernen, ohne daß er die Chance gehabt hätte, zu lernen, wie man mit dem erworbenen Wissen umgeht. Somit ist gerade bei ihm mit einem hohen Prozentsatz an erinnertem Wissen zu rechnen. Zwar hat die Lehrerausbildung das genannte Manko aufgedeckt; es ist jedoch davon auszugehen, daß May sich von der in der Jugend eingeübten Art der Wissensaufnahme nicht vollständig lösen konnte. Entsprechend wird er oft erinnertes Wissen verwandt haben, ohne sich über dessen Herkunft Rechenschaft abzulegen. Dieses erinnerte Wissen entstammt zwangsläufig dem zeitgenössischen Diskurs über das entsprechende Thema. Zeitungsberichte,(31) Vorträge und Gespräche mit Bekannten sind als Quellen ebenso in Rechnung zu setzen wie seine Bibliothek.(32) Greift er also, wie in der ›Sklavenkarawane‹, ein aktuelles Thema auf, so tritt er gewissermaßen in Dialog mit seinen Lesern, die ebenso wie er an der zeitgenössischen Diskussion teilhaben.

   In diesem Zusammenhang dürfen Bildquellen als Träger assoziativen Wissens nicht unerwähnt bleiben. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind populärwissenschaftliche Zeitungen wie der ›Globus‹ sehr beliebt.(33) Eine dort abgebildete Zeichnung von Sklaven, die von Händlern zurückgelassen wurden, korrespondiert mit Mays Beschreibung der Zustände auf der Reise vom zerstörten Dorf der Farbigen zur Seriba der Sklavenjäger.

   Da May den entsprechenden Jahrgang des ›Globus‹ besaß, könnte das Bild durchaus eine Inspiration geboten haben. Andererseits löst die


Aus ›Innerafrika I‹ (Globus. 29. Jg. (1876)), S. 164


//298//

Lektüre seiner Erzählung wiederum Assoziationen bei den Lesern aus. Zeitschriften wie die ›Gartenlaube‹ arbeiten sehr stark mit Abbildungen, die beim Lesen erinnert werden. Es ist gerade diese Art des Autor-Leser-Dialogs, die als eine wichtige Grundlage für den Erfolg der Erzählungen angesehen werden muß. Diese Aussage ist keineswegs auf die Orient-Romane beschränkt. Zu Mays Zeiten sind die Indianer-Kriege in Nordamerika wenn nicht Tagesgespräch, so doch zumindest in der Öffentlichkeit präsent. Zu einem Zeitpunkt, an dem der Ausspruch vom ›toten Indianer, der ein guter Indianer ist‹ weitgehend unwidersprochen bleibt, macht May einen Angehörigen der nordamerikanischen Urbevölkerung zum Haupthelden.

   Das südamerikanische Pendant zur ›Sklavenkarawane‹ bildet ›Das Vermächtnis des Inka‹. Wissenschaft und die Fähigkeit, allen Gefahren zu trotzen, sind hier nicht in einer Person vereint, wie es bei den Brüdern Schwarz und bei Pfotenhauer der Fall ist, sondern aufgeteilt zwischen dem kühnen, alles überblickenden Vater Jaguar – der sich später als Mann herausstellt, der in der Wissenschaft durchaus mitsprechen kann – und dem Paläontologen Dr. Morgenstern, dem ein skurriler Zug nicht abzusprechen ist. Einerseits ist er so von seiner Wissenschaft durchdrungen, daß er seine Umwelt vergißt, andererseits hält er ein geheimes Waffenlager für das Skelett einer Riesenschildkröte. Dabei kommt die Wissensvermittlung keineswegs zu kurz. Neben eingestreuten lateinischen Vokabeln gibt es immer wieder Einschübe zur Entwicklungsgeschichte der Erde, die durchaus dazu geeignet sind, jugendliche Leser zu einer weitergehenden Beschäftigung mit dem Thema anzuregen. Über der liebevollen Schilderung des Dr. Morgenstern darf – das gilt auch für die ›Sklavenkarawane‹ – nicht übersehen werden, daß May keinesfalls das Ziel einer Forschungsreise beschreibt. Wo z. B. bei Jules Vernes ›Reise zum Mittelpunkt der Erde‹ Wissensdurst, Reise und Abenteuer(34) sich wechselseitig bedingende Elemente der Erzählung sind, bildet hier die Forschungsreise nur den Anlaß, einen Akteur an den Schauplatz des Geschehens zu bringen. Die Hauptreise dient dazu, einen Knaben namens Anton Engelhardt auf dem Weg von Buenos Aires zu seinem Vater nach Lima zu begleiten. Dieser Reisegruppe schließt sich Morgenstern an. Daß er schließlich sein Megatherium findet, ist nicht Ergebnis seiner Reise, sondern eine List des Vaters Jaguar, um den lästigen, weil ungeschickten, Reisebegleiter loszuwerden: Der Vater Jaguar aber sagte zu Geronimo, als sie mit den andern nach dem Lagerplatz zurückgekehrt waren und sich dort niederließen: »Ich habe meinen Zweck erreicht. Dieser Gelehrte wird uns mit seinem Diener keinen Schaden mehr machen. Die beiden bleiben hier fest kleben. Ich glaube, sie ließen sich von zehn Pferden nicht fortziehen. Wir können also ruhig hinauf in die Berge, ohne befürchten zu müssen, daß sie uns wieder einen ihrer Eulenspiegelstreiche spielen«.(35)


//299//

   Auch die moslemische Pilgerreise, die Hadsch, bildet für May eine Möglichkeit, Abenteuerhandlung in Szene zu setzen. Im ersten Band des Orientzyklus bedient er sich des Streitgesprächs, um Informationen über das moslemische Weltbild – insbesondere in bezug auf Himmel und Hölle – an die Leser zu bringen(36) und um so religiöse Toleranz zu wecken. In der Erkenntnis, daß Vorurteile im wesentlichen auf Unkenntnis oder Falschinformation(37) beruhen, bemüht sich May, durch teilweise seitenlange Informationen, diese Unkenntnis zu verringern. So läßt er Scheik Malek erklären, wie ein ordnungsgemäßer Besuch in Mekka auszusehen hat.(38) Die darauf folgende Pilgerreise Halefs, im wesentlichen vom Ablauf her korrekt beschrieben,(39) bildet den Auslöser für ein neues Abenteuer und bleibt im Gesamtkontext des Bandes eine Episode.

   Die wohl berühmteste Reise eines Europäers nach Mekka stellt die von Burton, Anfang der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, dar. Damals war es für einen Christen lebensgefährlich, eine solche Reise zu unternehmen. Genauso gefährlich aber war es für einen Moslem, Christen bei der Ausführung behilflich zu sein. So entschuldigt sich ein anderer europäischer Mekkareisender, Heinrich Freiherr von Maltzan, für das späte Erscheinen seiner Reisebeschreibung mit dem Hinweis, er habe das Leben seines arabischen Helfers nicht gefährden wollen und erst dessen natürlicher Tod habe ihn bewogen, das Buch mit vierjähriger Verspätung zu veröffentlichen.(40) Maltzan hatte, nachdem er 1853 Burton in Kairo getroffen hatte, beschlossen, ebenfalls diese Reise zu unternehmen. Nach Vervollständigung seiner Sprachkenntnisse schloß er sich mit falschem Paß einer Pilgerkarawane an und besuchte Mekka während des Wallfahrtmonats.

   Der Reisende Kara Ben Nemsi muß sich ebenfalls verstellen, um die heilige Stadt betreten zu dürfen. Das stellt auch Amscha, die Tochter Scheik Maleks und Karas Mitwisserin, fest: »Du gleichst ganz und gar einem Eingeborenen; aber trägt ein Araber solche Waffen? Laß deine Flinte hier und nimm die meinige dafür«.(41)

   Damit hören die Parallelen zu Maltzan weitgehend auf. Während dieser sich vollständig assimiliert, weigert sich Kara, dieses zu tun. Seine Motivation offenbart er in einem Gespräch mit dem Triester Kaufmann Martin Albani, von dem bereits weiter oben die Rede war: »Und Sie wissen auch, wie sich die Pilger zu benehmen haben?« »Auch das; doch ist gewiß, daß mein Benehmen nicht genau das der Pilger sein würde. Wollte ich ihren Gebräuchen folgen, mich den vorgeschriebenen Ceremonien unterwerfen und gar zu Allah beten und seinen Propheten anrufen, so würde dies gewiß eine Versündigung gegen unsern heiligen Glauben sein.« ... »Darf man der Wissenschaft nicht ein Opfer bringen?« »Doch, aber kein solches. Uebrigens bin ich gar kein Mann der Wissenschaft. Sollte ich Mekka je erreichen, so hat es nur den Wert, daß ich es gesehen habe und unter Bekannten einmal davon erzählen kann«.(42)


//300//

   Diese Motivation – auf den ersten Blick rein touristische Neugierde – hat ihren Grund in der Struktur des Handlungsmusters, das die Abenteuerreise in einzelnen Erlebnishöhepunkten abhandelt, so daß auf das spezielle Erlebnis Mekka nichts weiter als nur ein Schlaglicht fallen kann. Der Versuchung, den eigenen Glauben doch noch zu verleugnen, kann Kara nicht erliegen, denn kaum an der Kaaba angekommen, wird er erkannt – von Abu Seïf, dem Räuber, dem er erst kurz vorher entkommen war. Mit dem Moment des Erkennens setzt eine wilde Verfolgungsjagd ein, die aus dem Stadtbild Mekkas wieder herausführt. Damit ist das Thema Pilgerreise abgehandelt. May erledigt sozusagen im Vorbeiritt, was er den Lesern schuldig ist – die Bestrafung des Räubers und Mädchenschänders Abu Seïf. Die Flucht aus Mekka bildet dann wiederum den Anlaß zu einem abrupten Schauplatzwechsel, der May der Mühe enthebt, eine Reiseroute zu beschreiben, und der direkt in das nächste Abenteuer führt: Ich war mit den Ateïbeh bis in die Wüste En Nahman gezogen, da ich es nicht wagen konnte, mich im Westen des Landes sehen zu lassen. Die Nähe von Maskat verlockte mich, diese Stadt zu besuchen.(43)

   Mays Hauptpersonen bewegen sich stets einzeln oder in kleinen Zusammenschlüssen auf ungebahnten Wegen; interessant ist also die Frage nach der Bewertung des Reisens. Im ersten Band des Orientzyklus legt May Kara Ben Nemsi ein eindeutiges Bekenntnis zum Individualtourismus in den Mund: »Man hört und liest jetzt sehr oft, daß das Leben immer nüchterner werde und es gar keine Abenteuer mehr gebe. Vor nun wenigen Wochen sprach ich mit einem viel gereisten Gelehrten, welcher geradezu die Behauptung aufstellte, man könne die alte Welt von Hammerfest bis zur Capstadt und von England bis nach Japan durchreisen, ohne nur eine Spur von dem zu erleben, was man Abenteuer nennt ... Eine Reise per Entreprise oder mit Rundreisebillet wird sehr zahm sein, selbst wenn sie nach Celebes oder zu den Feuerländern gehen sollte. Ich ziehe das Pferd und das Kamel den Posten und Bahnen, das Kanoe dem Steamer und die Büchse dem wohl visierten Passe vor; auch reise ich lieber nach Timbuktu oder Tobolsk als nach Nizza oder Helgoland; ich verlasse mich auf keinen Dolmetscher und auf keinen Bädeker ...«(44)

   Offensichtlich braucht der Mensch das Abenteuer; da das Leben selbst immer ›zahmer‹ wird, muß er auf Reisen gehen, um so etwas wie einen ›thrill‹ mitzubekommen: »Die Recken früherer Zeiten zogen aus, um Abenteuer zu suchen; die jetzigen Helden reisen als Commis-voyageurs, Touristen, Sommerfrischler, Bäderbummler oder Kirmeßgäste; sie erleben ihre Abenteuer unter dem Regenschirme, an der Table d›hôte, bei einer imitierten Sennerin, am Spieltische und auf dem Scating-Ring.«(45)

   Allerdings sind es nicht solche Durchschnittstouristen, die in Mays Erzählungen eine Rolle spielen. Als Tourist in Reinkultur taucht immer wieder der Typus vom reisenden Engländer auf, dem Geld nichts bedeutet und der nur durch die Welt reist, um Abenteuer zu erleben, die


//301//

er dann zu Hause im Reiseclub erzählen kann. Sir David Lindsay (›Durch Wüste und Harem‹, ›Durchs wilde Kurdistan‹, ›Von Bagdad nach Stambul‹, ›Der Schut‹, ›Im Reiche des silbernen Löwen III‹), Sir Emery Bothwell (›Die Gum‹, ›Satan und Ischariot II/III‹) und Sir John Raffley (›Der Girl-Robber‹) sind die drei Gentlemen, die dem Ich-Erzähler in verschiedenen Episoden immer mal wieder über den Weg laufen, ihn durch ihre Eigentümlichkeiten in zahlreiche Abenteuer reißen, ihn andererseits aber auch durch ihre Großzügigkeit aus pekuniären Engpässen retten.

   Um die Verwendung des ›Typus vom reisenden Engländer‹ einzuordnen, ist ein kleiner Exkurs zur Geschichte der Reise nötig.(46) Bis weit in das 18. Jahrhundert hinein bedeutet Reise nicht Vergnügen, sondern Beschwerlichkeit. Entsprechend ist das Reisen zweckorientiert und wird als notwendiges Übel betrachtet. Ende des 18. Jahrhunderts sorgen technische Verbesserungen im Kutschenbau für mehr Komfort, die Einrichtung von regelmäßig befahrenen Postlinien vermindert die Risiken der Reisen. Der Ausbau dieses Verkehrssystems sorgt in der Folgezeit für eine gewisse Demokratisierung des Reisens, indem nun auch Bevölkerungsschichten, die traditionellerweise nicht oder zu Fuß reisten, die Möglichkeit bekamen, den Postwagen zu benutzen. Zudem kommt ein kulturelles Antriebsmoment hinzu. Im Zuge der Aufklärung wird das Reisen in bürgerlichen Kreisen als Muß bewertet und damit salonfähig. In England setzt dieser Prozeß – bedingt durch die frühere Industrialisierung mit der damit verbundenen Entstehung einer


Engländer fahren mit Extrapost in Deutschland (Radierung Deutsches Postmuseum, Frankfurt a. M.)(47)


//302//

neureichen Bürgerschicht – wesentlich eher ein als in Deutschland. Entsprechend sind es zuerst reisende Engländer, die den Kontinent besuchen, die Alpen als Ziel entdecken und aus sportlichem Ehrgeiz zu Gipfelstürmern werden. Eine zeitgenössische Radierung spiegelt den Eindruck wider, den diese frühen Touristen gemacht haben.

   Mit seinen reisenden britischen Gentlemen verwendet May also ein den Lesern geläufiges Motiv. Addiert werden angeblich nationaltypische Attribute wie Wettleidenschaft, Wortkargheit und ein Hang zu ›Eigentümlichkeiten‹. Dazu gesellt sich ein auf kolonialistische Erfolge gegründeter Nationalstolz, der bei Lindsay und Raffley – dessen Entwicklung in ›Und Friede auf Erden‹ in diesem Zusammenhang unberücksichtigt bleibt – zu einer Unfähigkeit führt, sich den jeweiligen Situationen anzupassen. So reist Lindsay mit einer eigenen Dampfjacht, zwei Dienern und umfangreichem Gepäck; die Pferde kommen gleich beim ersten Abenteuer abhanden, weil Lindsay, statt Wache zu halten, auf einem weit entfernten Hügel nach ›Fowling-Bulls‹ Ausschau hält.(48) Nach der glücklichen Wiedererlangung der Pferde verlangt Kara Ben Nemsi eine Reduzierung der Ausrüstung: Lindsay wollte anfangs sehr viel Gepäck und auch Proviant mitnehmen, ich aber hatte ihn zu einer andern Ansicht gebracht. Wer ein Land kennen lernen will, der muß auch lernen, sich auf die Gaben desselben zu beschränken, und ein Reiter darf nie mehr bei sich haben, als sein Tier zu tragen vermag.(49)

   Es wird nicht weiter erläutert, was Lindsay alles mit sich führen wollte, man erfährt nur von einer rätselhafte(n) Hacke,(50) die im Ernstfall nicht zu gebrauchen ist, und an anderer Stelle von einer Hat-Box, von der sich der Lord nicht trennen will.(51)

   Diese Beschränkung auf das Allernotwendigste entspricht in keiner Weise dem üblichen Verhalten europäischer Reisender um die Jahrhundertwende. So zählt ein 1910 erstmals ins Deutsche übersetzter britischer Ratgeber(52) auf 40 Seiten die notwendigen Kleinigkeiten einer solchen Reise auf: Wollene Unterkleidung, Hemden, Westen, Leibbinde, Tropenhelm, weicher Hut, Sonnenschirm mit weißem Überzug und ein bis zwei Ersatzüberzügen, Strümpfe und Socken aus ungebleichter Wolle, Stiefel, Nägel zum Benageln der Sohlen, Schuhe, Gamaschen, Hausschuhe, Moskitonetz, Schnürsenkel, Leder, Handwerkszeug zum Besohlen der Stiefel, Tropenanzüge in verschiedenen Variationen, Gesellschaftsanzüge, Hosenträger, Gürtel, wasserdichter Regenmantel, warmer wollener Überzieher, Poncho, wollene Pyjamas mit Verschluß vorne gegen Erkältungen, Schlafsack, Wolldecken, baumwollene Laken, Zelt mit Doppeldach, Bettstelle, zusammenlegbare Roßhaar- oder Korkmatratze, Kopfkissen, Leinenbezüge, fester Tisch mit hölzerner Platte und zusammenlegbaren eisernen Füßen, tragbare Stühle, mit Waschständer kombinierte Badewanne aus Segeltuch oder Aluminium, zusammenlegbare Lampen, Kochgeschirr (Kessel, Kochtöpfe,


//303//

Backapparat, Bratpfanne, Kuchenbleche, Küchenbesteck, Schüsseln, Gewürze), Speisegeschirr für sechs Personen, Tischtuch, Servietten, Büchsenöffner, Korkenzieher, Streichhölzer, Spirituskocher, Proviantkisten (konzentrierte Nahrungsmittel, Tee, Kaffee, Kakao, Fleischkonserven, getrocknetes Gemüse, Mehl, Zwieback), Reiseapotheke, Filter, Handtücher, Schwämme, Seife, Zahnbürsten, Zahnpasta, Aluminiumkämme, Rasierzeug, Nagelbürsten, Haarschneidemaschine, zusammenlegbarer Spiegel, Reisetoilette, Klosettpapier (vor der Verwendung von Zeitungspapier wird wegen der Infektionsgefahr gewarnt), Desinfektionsmittel, photographische Ausrüstung, Feldstecher, Taschenuhren mit Weckvorrichtung, Barometer, Thermometer, Kompasse, Entfernungsmesser, Landkarten, Nähausrüstung, Sattelzeug, Reitausrüstung, Jagdausrüstung, Eingeborenenartikel zum Tausch und als Geschenk.

   Diese sicher noch nicht vollständige Aufzählung gibt einen bezeichnenden Einblick in den Gepäckumfang europäischer Reisender auf fremden Kontinenten und läßt erahnen, was der ›reisende Engländer‹ auf seiner Jacht transportierte. Die Manie, alles immer dabei haben zu müssen, um so wenig wie möglich auf die Erzeugnisse des bereisten Landes angewiesen zu sein, war schon in der Mitte des 19. Jahrhundert weit verbreitet und sorgte für einen wirtschaftlichen Ausschwung der Zulieferindustrien, die sich gegenseitig mit immer praktischeren und


Reise-Stiefelknecht (Eiche) mit integriertem Werkzeug (Schuhanzieher, Korkenzieher, Schraubenzieher kombiniert) England, 19. Jahrhundert(53)

Klappstuhl einer Tisch- und Stuhlgarnitur als Reisezubehör, Mitte 19. Jahrhundert. Bügel der Lehne nach unten geklappt(54)


//304//

komprimierteren Reisegerätschaften zu überbieten versuchten, wie der Reise-Stiefelknecht mit integriertem Werkzeug oder der Klappstuhl illustrieren.

   Sir John Raffley mit seiner geliebten ›Chair-and-umbrella-pipe‹, die er vom ›Travellers-Club‹ in London geschenkt bekommen hatte, ist in ›Der Girl-Robber‹ eine gelungene Karikatur diese Typus eines Reisenden.(55) Auch sein Reiseclub ist keineswegs eine Maysche Fiktion, sondern bereits 1872 als einer von 78 Clubs in London belegt. Eine der Clubregeln gab an, »that no person be considered eligible to the Traveller's Club who shall not have travelled out of the British Islands to a distance of at least 500 miles from London in a direct line«.(56)

   Der ›echte Held‹ reist natürlich nur mit dem Nötigsten versehen. Allerdings unterlaufen May gelegentlich Flüchtigkeitsfehler. So hat Kara Ben Nemsi in ›Durch Wüste und Harem‹ bei der Flucht vom Schiff des Abu Seïf die Uhr, den Kompaß, das Geld bei sich und rettet die unersetzlichen Gewehre;(57) nach nur wenigen Stunden in Dschidda, die völlig mit der Bekannschaft Martin Albanis ausgefüllt sind, führt er bei den Ateïbeh Papier und Schreibzeug mit sich, ohne daß man zu sagen wüßte, woher er es gezaubert haben könnte. Ohne Reiseschreibzeug hätte auch das Abenteuer um die Aladschy(58) nicht stattfinden können. Hier ist der Drang, sich als Reiseschriftsteller zu präsentieren,(59) stärker als die Einsicht, daß ein solches Reiseschreibzeug (siehe Tafel I) nur bedingt in dem Gepäck eines Abenteurers Platz findet, als den er sich ausdrücklich bezeichnet: Freilich war dies nicht so leicht, als es sich erzählen läßt. Welche umständlichen und umfangreichen Vorbereitungen trifft der Schweizerreisende, ehe er sich anschickt, einen der Alpenberge zu besteigen! Und was ist sein Unternehmen gegen dasjenige eines einsamen Westmannes, der es wagt, im Vertrauen auf nur sich allein und seine gute Büchse Gefahren entgegen zu gehen, von denen der zahme europäische Tourist gar keine Ahnung hat! Aber gerade diese Gefahren sind es, die ihn locken und bezaubern.(60)

   Der Abenteurer Kara Ben Nemsi/Old Shatterhand bewegt sich also ebensowenig auf gebahnten Pfaden wie die zahlreichen anderen Helden seiner Erzählungen. Hauptfortbewegungsmittel ist das Pferd. Hier ist an erster Stelle der berühmte Rih zu nennen. May hat die Schwierigkeit, einem Publikum den Genuß eines Rittes auf einem edlen Araberhengst beschreiben zu müssen, das – ebenso wie er selbst – wohl zu großen Teilen ein solches Pferd noch nicht einmal zu Gesicht bekommen hatte: Die Geschwindigkeit einer Lokomotive oder eines Eilkameles hätte nicht vermocht, diejenige dieses Pferdes zu erreichen, und dabei war der Lauf desselben überaus glatt und gleichmäßig.(61)»Er flog erst wie ein Pfeil und dann wie ein Gedanke.«(62)Für Rih genügte das Wörtchen ›kawahn – schnell!‹ Kaum hatte ich es gesprochen, so flog er wie ein Pfeil dahin. In kaum einer Minute hatte ich die enge Schlucht erreicht. Der Rap-


Tafel I: Reiseschreibzeug um 1850, Holz, Leder, Samt, Messing und andere Materialien [55,8-Kb-Jpg]


Tafel II: Plakat von Carl Flemming, Glogau, vor 1893 [158-Kb-Jpg]


Tafel III: Kolorierter Plan des Schwenkpropellerflugzeugs ›Deutscher Adler‹ von Wilhelm Bauer, 1870 [60,6-Kb-Jpg]


//305//

pe schoß zwischen den engen Felsen dahin wie ein Bolzen im Blasrohr.(63)Bei diesen Worten schoß ich an ihm vorüber. Es war, wie wenn ein Eilzug an einem langsamen Güterzug vorübersaust.(64)

   Diese vier Zitate haben ihren Ursprung in der zeitgenössischen Eisenbahn-Rezeption. Ursprünglich werden Tier und Maschine als Gegensatz gesehen. »Das Tier bewegt sich nicht gleichmäßig und kontinuierlich vorwärts, sondern auf unregelmäßig humpelnde Weise (...) Dies ist deutlich spürbar beim Reiten (...) Eine Maschine kennt derartige Beschränkungen nicht; die Lokomotive fährt gleichmäßig und schnell auf den Schienen, nicht im geringsten eingeschränkt durch die Geschwindigkeit ihrer Bewegungen«.(65) Diese Faszination von Geschwindigkeit, Gleichförmigkeit, Regelmäßigkeit und beliebiger Dauer entwickelt sich im Verlauf der folgenden Jahrzehnte zu einem feststehenden Topos, den die Generation Mays bereits verinnerlicht hat. Indem May nun Rih mit den Attributen ausstattet, die eigentlich der Maschine zustehen, beweist er zum einen, daß seine Pferdekenntnis äußerst gering ist. Zum anderen – und das ist der entscheidende Punkt – erhebt er Rih in den Status modernster Technologie; ja Rih ist dieser sogar überlegen, weil er nicht an die Schienen gebunden ist. Diese Beobachtung gründet sich nicht nur auf die Zitate, in denen Pferd und Eisenbahn direkt miteinander verglichen werden, sondern auch auf die übrige Bildersprache. So vergleicht der englische Politiker Thomas Creevy 1829 die Zugfahrt mit einem Flug.(66) Die Eisenbahn wird zudem immer wieder als Projektil beschrieben, in dem die Reisenden durch die Landschaft geschossen werden. Noch 1889, als die Eisenbahn kulturell vollkommen assimiliert ist, hat die Projektilmetapher nicht an Attraktivität verloren. »›Fünfundsiebzig Meilen die Stunde‹«, heißt es in einem technischen Text aus diesem Jahr, »›das sind hundertundzehn Fuß pro Sekunde, und die Energie von vierhundert Tonnen, die sich mit dieser Geschwindigkeit bewegen, ist fast doppelt so groß wie die eines 2000-Pfund-Schusses, der von einem 100-Tonnen-Armstronggeschütz abgefeuert wird‹«.(67) In diesen Rahmen lassen sich die von May verwandten ›Pfeil‹- und ›Bolzen im Blasrohr‹-Vergleiche problemlos einfügen.

   Die Technologie Eisenbahn hat noch weitere Auswirkungen. Immer wieder beschrieben wird der Verlust von Zeit und Raum. Es kommt zu der Entwicklung eines ›Panoramablicks‹, der darauf zurückzuführen ist, daß, vom Zugfenster aus betrachtet, die nächstgelegene Landschaft nur unscharf zu erkennen ist und das Auge daher gezwungen wird, sich einen weiter entfernten Punkt zu suchen, der scheinbar langsamer passiert wird. Die Reisenden nehmen darum – im Gegensatz zur herkömmlichen Reise – Landschaft nicht als kontinuierlichen Raum wahr, sondern als einen Bereich, in dem das Raum-Zeit-Kontinuum außer Kraft gesetzt ist. Die Eisenbahnreise wird nicht als Strecke empfunden, sondern als Verbindung zweier Stationen.


//306//

   Diese Beobachtung korrespondiert in auffälliger Weise mit Mays Erzähltechnik, die, wie oben angedeutet, Abenteuer in Erlebnishöhepunkten abhandelt, dem Weg zwischen diesen Punkten aber kaum Beachtung schenkt: Wollten wir die gerade Richtung nach Menlik einhalten, so hätte uns der Weg nach Boltischta geführt. Aber der gerade Weg ist nicht stets der kürzere. Es lagen uns da eine Menge Höhen und Querthäler im Wege. Um die unausbleiblichen Beschwerden und Zeitversäumnisse zu vermeiden, bogen wir nach Norden ab, damit wir über die Kruschemahöhe hinweg das Thal des Domus oder Karlyk erreichten.(68)

   Die durchreiste Landschaft wird en passant erwähnt, ins Detail geht May nur, wenn er eine bestimmte Landschaftsform für die Abenteuerhandlung benötigt, sei es als Kulisse für Begegnungen, Verfolgungen, Beschleichungen oder Kämpfe: Gegen Mittag befanden wir uns auf einer Hochebene, welche sich dann steil nach Dospad-Dere hinabsenkte. Es gab da keinen eigentlichen Weg, und es wurde uns schwer, uns durch die zahlreichen und dichten Buschgruppen zu winden, welche uns hinderten. Als wir an einer dieser Gruppen vorüberkamen, that Rih ganz plötzlich einen Seitensprung.(69) Es folgt die Szene, in der die tote Christin aufgefunden wird. Die Büsche werden nicht als reale Landschaftselemente beschrieben; sie sind Teil der Handlung.

   Neben der genannten Rezeption der zeitgenössischen Diskussion um die Eisenbahn finden sich auch Belege für eine direkte Bewertung.(70) Die Eisenbahn ist einerseits in der Wildnis Verbindung zur Zivilisation,(71) andererseits aber Mittel zum Zweck bei der Vertreibung der amerikanischen Urbevölkerung, die in ›Winnetou I‹ durch die Ermordung Klekih-petras und den Kampf mit Kiowas und Apachen thematisiert wird.

   Die Erschließung von Eisenbahnstrecken verläuft im 19. Jahrhundert in Europa und Amerika äußerst unterschiedlich. In Amerika sind Arbeitskräfte teuer, Land ist jedoch billig zu haben, da die Eigentumsrechte der ansässigen Urbevölkerung negiert werden. Die amerikanischen Eisenbahngesellschaften nehmen daher lieber Umwege in Kauf, als daß sie die Kosten durch Brückenbauten bzw. Einebnungen in die Höhe treiben würden.(72) Diesem Fakt trägt May Rechnung, wenn er die Arbeit des Vermessungstrupps beschreibt, dem Old Shatterhand angehört: Die Bahn sollte durch die Prairien dem Laufe des südlichen Canadian folgen; die Richtung war also bis zum Quellgebiete desselben vorgezeichnet, während sie von New-Mexiko an durch die Lage der Thäler und Pässe ebenso vorgeschrieben wurde. Unsere Sektion aber lag zwischen dem Canadian und New-Mexiko, und wir hatten die geeignete Richtung also erst zu entdecken.(73)

   Dann aber schwenkt er plötzlich auf den europäischen Standpunkt um. Die Argumente, die Intschu tschuna gegen das Handeln des Vermessungstrupps anbringt, entsprechen ganz der zeitgenössischen europäischen Diskussion: »Besitzen wir denn nicht dasselbe Recht, welches


//307//

du in deinem Hause, in deinem Garten besitzest?«(74) In Europa ist Land äußerst knapp und entsprechend teuer, die industrielle Revolution hat Arbeitskräfte freigesetzt, die entsprechend billig zur Verfügung stehen. Demgemäß bemühen sich die europäischen Eisenbahngesellschaften um eine möglichst gerade Streckenführung und nehmen dafür aufwendige Gleisbauarbeiten in Kauf. Gleichzeitig setzt eine Diskussion um die neue Technologie ein, deren Argumente – heute wie damals – sind: ›Neue Technologie ja – aber nicht vor meiner Tür‹.

   Dieser Umschwung in ›Winnetou I‹ ist gewollt. May stellt sich so eindeutig auf die Seite der Urbevölkerung, daß er die amerikanische Position gar nicht weiter verfolgen kann. Er muß sie aber anführen, zum einen, um die Läuterung Old Shatterhands wirkungsvoll in Szene setzen zu können, zum anderen aber, weil sie gleichsam die Folie für die Szene zwischen den Apachen und den Ingenieuren bildet, die wiederum die Voraussetzung für Rattlers Provokation und die anschließende Ermordung Klekih-petras bildet. Indem May sich – in Form des Ich-Erzählers – und die Apachen auf die europäische Position setzt, macht er die Leser gleichsam zu Verbündeten, da ihnen die Argumente durch den zeitgenössischen Diskurs geläufig sind. Oder anders ausgedrückt: Gerade dadurch, daß May seine Apachen in dieser Szene so europäisch argumentieren läßt, schafft er die Grundlage für eine Identifikationsebene zwischen Leser und (rotem) Held, die wiederum unumgänglich notwendig ist, um sein Anliegen glaubhaft zu vermitteln: Ihm [Winnetou] will ich hier das wohlverdiente Denkmal setzen, und wenn der Leser, welcher es mit seinem geistigen Auge schaut, dann ein gerechtes Urteil fällt über das Volk, dessen treues Einzelbild der Häuptling war, so bin ich reich belohnt.(75)

   Zusammenfassend läßt sich sagen, daß May geschickt zeitgenössische Strömungen der Reiseliteratur aufgreift und in seine Werke integriert. Es geht ihm dabei nicht nur darum, seine Helden an den Ort der Handlung zu bringen; vielmehr ist das Hantieren mit zeitgenössischen Topoi notwendig, um Leserakzeptanz zu erhalten, vor allem aber, um sich selbst als einen real Reisenden in Szene zu setzen. Letzteres geschieht nicht nur durch die Belegung der Ich-Helden mit typischen Attributen, wie dem Reiseschreibzeug, sondern auch durch die bekannten Postkartenserien in Verkleidung. Die Selbstinszenierung als Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi beruht nicht auf einer skurrilen Idee, sondern ist als selbstverständlicher Gestus des Gereisten zu betrachten. So stellt sich z. B. der britische Botschafter Gerald H. Portal in seinem Reisebericht über Abyssinien im entsprechenden Kostüm dar, und auch Balduin Möllhausen verschmäht die Selbstdarstellung im Trapperkostüm nicht.(76)

   Der Zusammenbruch dieser Selbstinszenierung Karl Mays führt bekanntermaßen zu dem Phänomen, das allgemein als ›der Umbruch‹ be-


//308//

Gerald H. Portal im abyssinischem Kostüm(77)

zeichnet wird. Einer der auslösenden Faktoren hierfür war sicher die Erkenntnis des – nun real reisenden – May, daß die Wirklichkeit der Wunschräume der Phantasie nicht standhielt. Frappierenderweise gelangt der Mann, der sich nur auf den gebahnten Pfaden des Tourismuswesens bewegte, zu einer Kritik am zeitgenössischen Kolonial- und Orienttourismus, die eine erstaunliche Weitsicht zeigt und sowohl auf moderne Verhältnisse übertragen wie auch verallgemeinert werden darf, vielleicht mit der einen Ausnahme, daß die Souvenirs heute nicht mehr aus Deutschland, sondern aus der sogenannten ›dritten oder vierten Welt‹ stammen:

Da sind zunächst die Touristen. Man gehe einmal durch die Scharia Bab el Hadid nach dem Bahnhofe, um diese Leute bei ihrer Ankunft aussteigen zu sehen. Sie kommen eigentlich nicht, sondern sie werden gebracht; sie steigen nicht aus, sondern sie werden ausgestiegen. Sie bilden Cook- oder Stangen-»Herden« [siehe Tafel II], welche sich jeder Selbständigkeit begeben und ihren Hirten zu parieren haben. Sie sind nicht mehr Personen oder gar Individualitäten, sondern einfach Gegenstände des betreffenden Reisebureaus. Im Bahnhofe aus- und vor den Hotels wieder abgeladen, haben sie die Zimmer zu nehmen, die man für sie bestimmt, zur vorgeschriebenen Zeit zu essen und zu schlafen, um zwischen diesen Zeiten truppweise auf die touristische Weide getrieben zu werden. Sie machen den Eindruck der Unwissenheit und der Hilflosigkeit, und jeder Eingeborene, dessen Dienste sie in Anspruch nehmen müssen, hält es für sein gutes Recht, ihre Unkenntnis möglichst auszubeuten ... er steht dabei, wenn sie bei ihren Einkäufen bei Dingen, welche aus


//309//

Deutschland kommen und dort eine Mark kosten, vielleicht den zehnfachen Preis bezahlen ... Der Tourist, besonders der sogenannte »Herdentourist«, hat seine Individualität daheim gelassen und bringt nichts als nur seine Neugierde und seinen Geldbeutel mit; er ist ein personifiziertes Bakschisch, welches das Abendland dem Morgenlande bringt. Dieses Bakschisch ... bringt dem eigentlichen Oriente wohl keinen, am allerwenigsten aber einen geistigen Nutzen. Seine Seele aber bleibt nicht unberührt.(78)

Der sogenannte ›Umbruch‹ führt in bezug auf die Reiseformen zu einem grundlegenden Umschwung von der Horizontalen zur Vertikalen. Diese Aussage bezieht sich zunächst auf das Ziel der Reise: es geht nun nicht mehr darum, Abenteuer zu erleben, sondern ›dem Frieden entgegenzugehen‹(79) und sich innerlich weiterzuentwickeln: Die Fahrt verlief äußerlich ereignislos, wenn ich die Begegnungen mit anderen Schiffen nicht als Ereignisse bezeichnen will. Dieser Mangel wurde aber mehr als vollständig durch das ausgeglichen, was sich zu inneren, seelischen Begebenheiten entwickelte.(80)

   Die zeitgenössischen Reiseformen werden von May nach wie vor aufgenommen. Dies gilt in besonderem Maße für ›Und Friede auf Erden!‹ und ›Winnetou IV‹, wo die realen Reisen des Autors vor die innere Handlung geblendet werden, speziell für die Reiserouten, die ab einem bestimmten Punkt in Richtung auf eine Traumlandschaft verlassen werden. Es gilt aber auch für bestimmte Plätze, die einen Eindruck auf May hinterließen und die er auch ganz offen benennt. So beschreibt er die Landschaft in ›El Hadd‹, dem Grenzland von Ardistan zu Dschinnistan, als vergrößerte Version des Vierwaldstätter Sees.(81) Und es gilt im besonderen Maße für die allgemeine Reiserichtung, aus der Tiefe in die Höhe des Berglandes.

   Doch auch scheinbare Traumbilder stehen auf einer sehr realen Grundlage, wie das folgende Beispiel zeigt. In ›Winnetou IV‹ wird ein Teil der Handlung am Mount Winnetou durch den Jungen Adler und den von ihm konstruierten Flugapparat getragen. May verstand sich selbst als Aviatiker,(82) besuchte Flugschauen, um sich über technische Neuerungen auf dem laufenden zu halten, und faßte den körperlichen Flug als Sinnbild für einen geistigen Flug auf, wie Hartmut Schmidt herausstellte.(83) Schmidt bemerkt, daß es im Erscheinungsjahr von ›Winnetou IV‹ keine Maschine gab, die als Vorbild hätte dienen können. Es sei aber kurze Zeit später ein durchaus ähnliches Modell entwickelt worden, das allerdings nicht flog.

   Schmidts Ausführungen können den Anschein erwecken, als sei der von May beschriebene Flugapparat des Jungen Adlers eine Neuschöpfung des Schriftstellers. Dies ist nicht der Fall. Bereits 1870 hat Wilhelm Bauer im Auftrag Ludwigs II. von Bayern ein Schwenkpropellerflugzeug zeichnerisch entworfen (Tafel III), das dem Gerät des Jungen Adlers sehr ähnlich sieht:


//310//

Es handelte sich, soviel sah ich sogleich, um einen Flugapparat, aber um keine der bis jetzt bekannten Konstruktionen. Ich sah für heut nur zwei eigenartige flordünne Flügel im Entstehen ...(84)

   Wir traten in den Turm und stiegen die vielen Stufen bis zum platten Dach hinauf. Da stand auf vier Beinen ein großes, vogelähnliches Gebilde mit zwei Leibern, zwei ausgebreiteten, mächtigen Flügeln und zwei Schwänzen. Die beiden Leiber vereinigten sich vorn durch ihre Hälse zu einem einzigen Kopfe, zu einem Adlerkopfe. Sie waren aus federleichten, aber außerordentlich festen Binsen geflochten. Was sie enthielten, sah man nicht, höchst wahrscheinlich den Motor. Im übrigen bestand der Apparat aus fast gewichtslosen Stoffen, die aber unzerreißbar waren und große Tragfähigkeit besaßen. Die Schwänze waren höchst eigenartig gestaltet. Zwischen den Leibern war ein bequemer Sitz angebracht, welcher Platz für zwei Personen gewährte. Es gab verschiedene Drähte, deren Bestimmung nicht gleich beim ersten Blick zu erkennen war, doch konnte man sich denken, daß sie zur Beherrschung und Lenkung des großen Vogels dienten.(85)

Wilhelm Bauer, der sich Mitte des 19. Jahrhunderts vor allen Dingen durch die Konstruktion von Unterseebooten einen Namen machte, hat seinen Flugapparat 1870 entworfen, um ihn als Aufklärer über Paris einsetzen zu lassen, doch fand sich kein Investor. Aus patriotischen Gründen nannte Bauer sein Flugzeug ›Deutscher Adler‹.(86)

   Wenn auch der ›Deutsche Adler‹ und das Flugzeug des ›Jungen Adlers‹ konstruktiv nicht völlig übereinstimmen, so bildet der erstere dennoch ein bis in die Namensebene so ähnliches Gebilde, daß die Vermutung, May habe ihn gekannt, nicht von der Hand zu weisen ist. Die herkömmliche Quellenkunde ist in bezug auf eine Beweisführung sicher überfordert. Mutmaßungen, die auf Mays Bekanntschaft zum bayerischen Königshaus fußen, können allenfalls den Charakter von Indizien haben. Die Tatsache, daß der Vermittlungsweg (derzeit) nicht rekonstruierbar ist, bedeutet weder, daß May den ›Deutschen Adler‹ nicht kannte, noch, daß er im Zuge einer geistigen Neuschöpfung ›aus Versehen‹ einen ähnlichen Apparat entwarf.

   In diesem Zusammenhang ist ein weiterer Punkt zu bedenken. Das Alterswerk ist voller (Gegen-)Bilder zum wilhelminischen Deutschland: stürzende bzw. nicht fertig gestellte Denkmale (das Reiterstandbild der Ussul, der tönerne Winnetou), Neubauten bzw. wieder entdeckte Bauten, die nur friedlichen Zwecken dienen (Raffley Castle, das alte Ard).(87)

   Vielleicht ist der Apparat des Jungen Adlers, der dreimal um den Berg der Medizinen fliegt, um den Indianern die verlorene Medizin wiederzubringen, das bewußte Gegenbild zum ›Deutschen Adler‹, der dem Krieg dienen sollte. Vielleicht aber ist er die Adaption des ›Deutschen Adlers‹, der »auf die unseren Geschützen noch zu fern liegende Stadt und Regierung einen Druck mittels Dynamit auszuüben [vermag], welcher den Frieden dictieren würde (...)«,(88) denn: »Hat der Krieg eine eiserne Hand, so habe der Friede eine stählerne Faust!(89)

   Diese letzte Überlegung weist über den Rahmen der historischen


//311//

Reiseformen weit hinaus und berührt ein weitgehend ungeklärtes Moment im Werk des späten May, die Frage nach seinem Verhältnis zum wilhelminischen Kaiserreich und nach dessen Spiegelung im Spätwerk. Wie das Beispiel vom Jungen Adler und vom ›Deutschen‹ Adler zeigt, helfen Einzelüberlegungen hier nicht weiter.



1 Der Karl-May-Verlag, Radebeul, gab in den vierziger Jahren eine Serie ›Landkarten mit Reisewegen zu Karl May's Erzählungen‹ heraus: 1. ›Nordamerika‹ 2. ›Der Orient‹ 3. ›Beiderseits vom Äquator‹. Der Karl-May-Verlag, Bamberg, bietet eine Mappe mit ›Karl-May-Landkarten‹ an, die die ›Vorsatzblätter-Karten‹ gesammelt enthält.

2 Vgl. Peter Groma: Auf den Spuren Karl Mays. Frankfurt a. M. 1964; Ders.: Auf Winnetous Spuren. Berlin/Frankfurt a. M. 1965.

3 Vgl. Auf den Spuren von Karl May. Reisen zu den Stätten seiner Bücher. Hrsg. von Randolph Braumann. Düsseldorf/Wien 1976.

4 Annette Deeken: »Seine Majestät das Ich«. Zum Abenteuertourismus Karl Mays. Bonn 1983, S. 7 (Abhandlungen zur Kunst-, Musik- und Literaturwissenschaft 339)

5 Vgl. Hans Magnus Enzensberger: Vergebliche Brandung in der Ferne. Eine Theorie des Tourismus. In: Merkur. 1. Jg. (1958), Heft 8; Wiederabdruck in Ders.: Einzelheiten I. Frankfurt a. M. 1962.

6 Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. VII: Winnetou der Rote Gentleman I. Freiburg 1893, S. 9

7 Helmut Schmiedt: Balduin Möllhausen und Karl May: Reiseziel St. Louis. In: Karl May. Hrsg. von Heinz Ludwig Arnold. München 1987, S. 135 (Sonderband Text + Kritik)

8 Vgl. Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXIV: »Weihnacht!«. Freiburg 1897, S. 113

9 Ebd., S. 117

10 Ebd., S. 198

11 May: Winnetou I, wie Anm. 6, S. 128

12 Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. VIII: Winnetou der Rote Gentleman II. Freiburg 1893, S. 551f.

13 Vgl. Karl May: Gesammelte reiseromane Bd. IX: Winnetou der rote Gentleman III. Freiburg 1893

14 Abbildung aus: Hans-Otto Meissner: Erster Klasse in den Wilden Westen. Abenteuerliche Reiseerlebnisse aus der Pionierzeit der Eisenbahn: München – San Fransisco 1873. München 1987, S. 51

15 Vgl. Heinz Burmester: Rückblick auf die Beförderung von Auswanderern mit Segelschiffen. In: Beiträge zur deutschen Volks- und Altertumskunde. 21. Jg. (1982), S. 93-102.

16 Vgl. hierzu mit weiterführender Literatur: Peter Mesenhöller: »Auf, ihr Brüder, laßt uns reisen fröhlich nach Amerika«. Reisebericht und Reiseliteratur im Kontext der deutschen Amerikaauswanderung des frühen 19. Jahrhunderts. In: Der Reisebericht. Hrsg. von Peter J. Brenner. Frankfurt a. M. 1989, S. 363-82 (suhrkamp taschenbuch 2097)

17 Vgl. Peter Assion: Fremdheitserwartung und Fremdheitserfahrung bei den deutschen Amerikaauswanderern im 19. Jahrhundert. In: Notizen. 28. Jg. (1988), S. 157-67.

18 Vgl. Peter Mesenhöller: Der Auswandererbrief. Bedingungen und Typik schriftlicher Kommunikation im Auswandererprozeß. In: Der große Aufbruch. Studien zur Amerikaauswanderung. Hrsg. von der Hessischen Vereinigung für Volkskunde durch Peter Assion. Marburg 1985, S. 111-24 (Hessische Blätter für Volks- und Kulturforschung 17); Elisabeth Gohrbandt: »Selbst bei einem drei Jahre langen Urbarmachen einer Wildnis wird man nur ein Settler, aber kein Westmann.« Auswanderer und Siedler in Karl Mays Nordamerikaerzählungen. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft (Jb-KMG) 1995. Husum 1995, S. 165-205.


//312//

19 Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd IV: In den Schluchten des Balkan. Freiburg 1892, S. 102f.

20 Vgl. Rudolf Schenda: Volk ohne Buch. Studien zur Sozialgeschichte der populären Lesestoffe 1770-1910. Frankfurt a. M. 1970, hier S. 228-70.

21 May: In den Schluchten des Balkan, wie Anm. 18, S. 220

22 Walther Ilmer: Das Märchen als Wahrheit – die Wahrheit als Märchen. Aus Karl Mays ›Reiseerinnerungen‹ an den erzgebirgischen Balkan. In: Jb-KMG 1984. Husum 1984, S. 97f.

23 Karl May: Die Sklavenkarawane. Stuttgart 1893. S. 33; Reprint Bamberg/Braunschweig 1975 in der ›Sklavenkarawane‹ werden im Sudan herumreisende Händler – Dschelabi – beschrieben (S. 21f.), und zwei davon, Hadschi Ali (der ›Vater des Gelächters‹) und der Ungar Stephan Uszkar, begleiten Emil Schwarz bei seinen weiteren Abenteuern im Sudan.

24 Ebd., S. 64

25 Vgl. Heinz Stolte: Werkartikel ›Die Sklavenkarawane‹. In: Karl-May-Handbuch. Hrsg. von Gert Ueding in Zusammenarbeit mit Reinhard Tschapke. Stuttgart 1987, S. 337-42 (337f.).

26 Vgl. Tim Youngs: Travellers in Africa. British Travelogues, 1850-1900. Manchester/New York 1994; Cornelia Essner: Deutsche Afrikareisende im 19. Jahrhundert. Zur Sozialgeschichte des Reisens. Stuttgart 1985 (Beiträge zur Kolonial- und Überseegeschichte 32); Helmut Lieblang: »Sieh diese Darb, Sihdi ...«. Karl May auf den Spuren des Grafen d›Escayrac de Lauture. In: Jb-KMG 1996. Husum 1996, S. 132-204.

27 Vgl. Stolte: Sklavenkarawane, wie Anm. 24; Ders.: Ein Literaturpädagoge. Untersuchungen zur didaktischen Struktur in Karl Mays Jugendbuch ›Die Sklavenkarawane‹. In: Jb-KMG 1972/73. Hamburg 1972, S. 171-94; Jb-KMG 1974. Hamburg 1973, 172-94; Jb-KMG 1975. Hamburg 1974, S. 99-126 (auch in: Ders.: Der schwierige Karl May. Zwölf Aspekte zur Transparenz eines Schriftstellers. Husum 1989, S. 134-230).

28 Vgl. Bernhard Kosciuszko: »In meiner Heimat gibt es Bücher ...«. Die Quellen der Sudanromane Karl Mays. In: Jb-KMG 1981. Hamburg 1981, S. 64-87.

29 Ernst Marno: Reisen im Gebiete des blauen und weißen Nil, im egyptischen Sudan und den angrenzenden Negerländern in den Jahren 1869 bis 1873. Wien 1874 – Vgl. Karl Mays Werke. Historisch-kritische Ausgabe: Supplemente Bd. 2: Katalog der Bibliothek. Hrsg. von Hermann Wiedenroth und Hans Wollschläger. Bücherhaus Bargfeld. 1995, S. 22.

30 May: Die Sklavenkarawane, wie Anm. 22, S. 181; vgl. auch: Eckehard Koch: Im Lande des Mahdi. Karl Mays Roman zwischen Zeitgeschichte und Moderne. In: Jb-KMG 1995. Husum 1995, S. 262-329 (Koch untersucht den ›Mahdi‹-Roman Mays; dabei geht er ausführlich auf die Problematik des Sklavenhandels ein).

31 Vgl. Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. V: Durch das Land der Skipetaren. Freiburg 1892, S. 150: Ein angenehmes Gefühl ist es jedoch nicht, zwischen zwei bärenstarken und bis an die Zähne bewaffneten Wegelagerern zu sitzen ... Liest man doch sogar heutzutage in fast jeder Nummer irgend einer Zeitung von gewaltsamen Grenzüberschreitungen, Räubereien und Ausplünderungen.

32 Ich hatte einmal ein altes geographisches Werk über die Türkei in den Händen gehabt. (May: In den Schluchten des Balkan, wie Anm. 18, S. 426)

33 Vgl. Rudolf K. Unbescheid: Globus. Eine Quelle Karl Mays wird vorgestellt. In: Magazin für Abenteuer-, Reise- und Unterhaltungsliteratur. Heft 48 (1985), S. 19-26; Heft 50 (1985), S. 56-63 (Freundlicher Hinweis von Karl Serden, Ubstadt).

34 Vgl. Friedrich Wolfzettel: Jules Verne. München-Zürich 1988, S. 28ff.

35 Karl May: Das Vermächtnis des Inka. Stuttgart 1895, S. 457; Reprint Bamberg/Braunschweig 1974

36 Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. I: Durch Wüste und Harem. Freiburg 1892, S. 3-8

37 So schreibt May in bezug auf die gegenseitigen Vorurteile von Chinesen und Europäern: In unzähligen Büchern, Zeitungen und sonstigen Veröffentlichungen wird dieses billige Urteil breiter und immer breiter getreten ... und bildet ein so unausrottbares


//313//

Bestandteil unserer geistigen Existenz, daß wir gar nicht auf den Gedanken kommen, zu fragen, ob es ein wahres und also berechtigtes sei. (Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXX: Und Friede auf Erden! Freiburg 1904, S. 202)

38 May: Durch Wüste und Harem, wie Anm. 35, S. 290ff.

39 Vgl. Ali Sariati: Hadsch. Bonn 1983.

40 Vgl. Heinrich von Maltzan: Meine Wallfahrt nach Mekka. Reise in der Küstengegend und im Innern von Hedschas. 2 Bde. Leipzig 1865, S. IV-V.

41 May: Durch Wüste und Harem, wie Anm. 35, S. 296f.

42 Ebd., S. 239

43 Ebd., S. 317

44 Ebd., S. 244f.

45 Ebd., S. 245f.

46 Vgl.: Wolfgang Kaschuba: Aufbruch in die Welt der Moderne. Bürgerliches Reisen nach 1800. In: Zeit der Postkutschen. Drei Jahrhunderte Reisen 1600-1900. Hrsg. von Klaus Beyrer. Karlsruhe 1992, S. 222-35.

47 Abbildung aus: Zeit der Postkutschen, wie Anm. 45, S. 133

48 May: Durch Wüste und Harem, wie Anm. 35, S. 320

49 Ebd., S. 332

50 Ebd., S. 325

51 Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. II: Durchs wilde Kurdistan. Freiburg 1892, S. 144

52 Vgl. Charles Forbes Harford: Ratgeber für die Ausrüstung von Reisenden nach Übersee und Tropen. Praktische Ratschläge für Forschungsreisende, Expeditionen, Auswanderer. Berlin 1910; reiches Bildmaterial findet sich in: Reiseleben – Lebensreise. Zeugnisse der Kulturgeschichte des Reisens. Sammlung P.-J. van Tienhoven. Hrsg. vom Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum, Schloß Gottorf. Schleswig 1992.

53 Abbildung aus: Reiseleben, wie Anm. 51, S. 69

54 Abbildung aus: Ebd., S. 85

55 Vgl. Karl May: Der Girl-Robber. In: Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. XI: Am Stillen Ocean. Freiburg 1894, S. 383-476 (389).

56 Vgl. John Timbs, F.S.A.: Clubs and Club Life in London. With anecdotes of its famous coffee houses, hostelries and taverns from the seventeenth century to the present time. London 1872, S. 199; gemeint ist die englische Meile à 1,61 km. (Übersetzung des Zitats: ›daß keine Person bei der Auswahl für den Traveller's Club erwogen wird, welche nicht außerhalb der Britischen Inseln gereist ist, und zwar zumindest 500 Meilen von London entfernt auf direkter Strecke.‹)

57 Vgl. May: Durch Wüste und Harem, wie Anm. 35, S. 220

58 May: Durch das Land der Skipetaren, wie Anm. 30, S. 146

59 Vgl. Andreas Hartmann: Reisen und Aufschreiben 1795. Die Rolle der Aufschreibsysteme in der Darstellung des Fremden. In: Notizen. 28. Jg. (1988), S. 499-505.

60 Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. IX: Winnetou der Rote Gentleman III. Freiburg 1893, S. 357

61 May: Durch Wüste und Harem, wie Anm. 35, S. 418

62 May: Durch das Land der Skipetaren, wie Anm. 30, S. 378

63 Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. VI: Der Schut. Freiburg 1892, S. 206

64 Ebd., S. 632

65 James Adamson: Sketches of our Information as to Rail-roads. New-Castle 1826, S. 51f.; zitiert nach: Wolfgang Schivelbusch: Geschichte der Eisenbahnreise. Zur Industrialisierung von Raum und Zeit im 19. Jahrhundert. Frankfurt a. M. 1989, S. 15

66 Schivelbusch, wie Anm 64, S. 20

67 Vgl. ebd., S. 53.

68 May: In den Schluchten des Balkan, wie Anm. 18, S. 336

69 Ebd., S. 337

70 Vgl. auch Ingmar Winter: »Das eiserne Roß hat eine böse Stimme«. Die Darstellung der Eisenbahn bei Karl May. In: Hartmut Schmidt: »Die Naturkraft ist ihm untertan«. Sonderheft der Karl-May-Gesellschaft Nr. 57/1985, S. 39-50.

71 Vgl. May: Winnetou III, wie Anm. 59, S. 22: Sollte sie [die Linie] das Gleis der bezeich-


//314//

netenBahn bedeuten? ... Auf meinem jetzigen Halte trat ich seit langer Zeit wieder in Beziehung zu der Civilisation. Ich brauchte beim Nahen eines Zuges nur ein Zeichen zu geben, um einsteigen und nach West oder Ost davondampfen zu können.

72 Vgl. Schivelbusch, wie Anm. 64, S. 84ff.

73 May: Winnetou I, wie Anm. 6, S. 36

74 Ebd., S. 123

75 Ebd., S. 5f.

76 Vgl. Balduin Möllhausen: Wanderungen durch die Prärien und Wüsten des westlichen Nordamerika. Neudruck München o. J., S. 530 (Verlag Lothar Borowski).

77 Abbildung aus: Youngs, wie Anm. 25, S. 40

78 May: Und Friede auf Erden!, wie Anm. 36, S. 45ff.

79 Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXXI: Ardistan und Dschinnistan I. Freiburg 1909, S. 22

80 May: Und Friede auf Erden!, wie Anm. 36, S. 451

81 Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXXII: Ardistan und Dschinnistan II. Freiburg 1909, S. 626

82 Vgl. z. B. Wilhelm Kress: Aviatik. Wie der Vogel fliegt und wie der Mensch fliegen wird. Wien 1905; Dieter Sudhoff: Der beflügelte Mensch. Traumflug, Aviatik und Höhenflug bei Karl May. In: Jb-KMG 1986. Husum 1986, S. 110-54.

83 Vgl. Hartmut Schmidt: Anmerkungen zu einer Tagebucheintragung Karl Mays. In: Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft 56/1982, S. 25-29.

84 Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXXIII: Winnetou IV. Freiburg 1910, S. 520

85 Ebd., S. 577

86 Vgl. Jean Louis Schlim: Ludwigs Traum vom Fliegen und andere bayerische Flugphantasien. Oberhaching 1995, S. 54ff.; Herbert Studtrucker: Der Erfinder Wilhelm Bauer. In: Industriedenkmäler des 19. Jahrhunderts im Königreich Bayern. Hrsg. von Klaus-Jürgen Sembach und Volker Hätsch. München 1990, S. 18ff.; ich danke beiden Autoren für ihre freundliche Unterstützung.

87 Vgl. Peter Krauskopf: Von Männern und Müttern, Türmen und Höhlen. Über das Abenteuerliche im nationalen Mythos. Mit Bildern von Thomas Range. In: Die horen. 178. Jg. (1995), S. 55-80; Krauskopf versucht eine erste Annäherung aus rezeptionsgeschichtlicher Sicht.

88 Brief vom 22. 9. 1870 von Wilhelm Bauer an den Badearzt Geheimrat Renz. Schlim, wie Anm. 85, S. 55; Studtrucker, wie Anm. 85, S. 19

89 May: Ardistan und Dschinnistan I, wie Anm. 78, S. 17


Nachweise zu den Bildtafeln:

Tafel I: Reiseschreibzeug um 1850, Holz, Leder, Samt, Messing und andere
Materialien. 6 x 27,5 x 7 cm. Deutsches Postmuseum, Franfurt a. M.
Abbildung aus: Zeit der Postkutschen. Drei Jahrhunderte Reisen 1600 – 1900
Hrsg. von Klaus Beyrer. Karlsruhe 1992, S. 163

Tafel II: Plakat von Carl Flemming, Glogau, vor 1893. 83 x 56,5 cm Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg
Abbildung aus: Zeit der Postkusten, a.a.O., S. 261

Tafel III: Kolorierter Plan des Schwenkpropellerflugzeugs ›Deutscher Adler‹
von Wilhelm Bauer, 1870
Bildarchiv des Deutschen Museums, München
Abbildung aus: Jean Louis Schlim: Ludwigs Traum vom Fliegen und andere bayerische Flugphantasien. Oberhaching 1995, S. 54


Inhaltsverzeichnis


Alle Jahrbücher


Titelseite

Impressum Datenschutz