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»Meine liebe Frau Gevatterin ...«
Die Korrespondenz der Mays
mit Babette Hohl-Kopp

Einführung und Kommentar von Ulrich Schmid



Die folgenden Briefe Karl, Emma und Klara Mays an die gebürtige Oberpfälzerin Babette Kopp, geborene Hohl (1868-1934), zeigen eine neue Facette im Persönlichkeitsbild des Radebeuler Schriftstellers. Über mehrere Jahrzehnte, auch über Mays Tod hinaus, bestand hier ein einerseits privat-herzlicher, andererseits von Seiten Mays durchaus ambivalenter Kontakt. Er ist intensiver und persönlicher als viele Zufallskorrespondenzen Mays in den Jahren vor und nach 1900, erreicht andererseits aber nicht die ins Intim-Vertrauliche reichende Intensität beispielsweise des Briefwechsels mit Willy Einsle(1) oder die intellektuelle Schärfe des Austauschs mit Sascha Schneider. Vielmehr gehört die Beziehung zu Babette Kopp und ihrer Familie, bei allen privaten Zügen und Kontakten, auch zu dem ›Netzwerk‹, das May in vielfältiger Weise aufbaute und nutzte, um die Verbreitung seines Werks, vor allem nach 1900, zu fördern; bezeichnend ist dabei freilich, wie diese literaturpolitische Funktion aufs engste mit persönlicher Freundschaft und Zuwendung zum Adressaten verknüpft sein kann.

   Den Ausgangspunkt bildete offenbar einer der zahllosen Leser(innen)-Briefe an den aufsteigenden Erfolgs-Autor Karl May, dessen mit dem Fortschreiten der Fehsenfeld-Ausgabe rasch wachsende Berühmtheit in den unterschiedlichsten brieflichen Anfragen ihren Ausdruck fand. Dabei bezeichnet das früheste erhaltene Datum vom 5. 1. 1894 wohl keineswegs den Beginn des Briefwechsels; vorausgegangen waren, so ist aus dem Schreiben zu erschließen, mindestens zwei Briefe an den verehrten Schriftsteller, unter anderem mit der Bitte, zum Bau einer katholischen Kapelle in Gams bei Buchs beizutragen. Dort war die am 15. Oktober 1868 im oberpfälzischen Vilseck geborene Babette Hohl als Hausdame bei einem Kommerzienrat Pohl in Stellung; über dessen Identität, Biographie und gesellschaftliche Stellung war leider, trotz verschiedenster Anfragen bei Schweizer Stellen, nichts Näheres in Erfahrung zu bringen. (2) Ein Kabinettbild des Photographen ›Fr. Müller, Buchs‹, rückseitig auf 1892 datiert, zeigt Babette Hohl, herrschaftlich selbstbewusst mit einer Dogge posierend; auf einer (wohl früheren) Photographie der Firma ›Fr. Neumayer‹ in München präsentiert sie sich elegant im hochgeschlossenen schwarzen


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Kleid mit einem Sonnenschirm in der Hand, auf einen Säulenstumpf gestützt.

   Am 12. Dezember 1896 jedenfalls kam Babette Hohl von Vilseck nach Amberg, wo sie das ›Kolonial-, Spezerei- und Mehl-Geschäft‹ ihrer Schwägerin Kathi Hohl in der Herrnstr. 55 (D 55) übernahm. Der Familienüberlieferung nach hatte Babette Hohl beim Tod ihres Dienstherrn, des Kommerzienrats Pohl in Buchs, (3) ein größeres Legat geerbt; vielleicht hat sie damit die Geschäftsübernahme finanziert. Da auch über dieses Testament, trotz verschiedenster Nachforschungen, nichts in Erfahrung gebracht werden konnte, muss die von Karl May gegenüber Prinzessin Wiltrud von Bayern im Dezember 1909 genannte und von ihr in ihrem Tagebuch überlieferte Summe von 30 000 Mark unwidersprochen bleiben.

   1993 zitierte ich (die persönliche Anmerkung sei erlaubt) diese May-Geschichte vom Tod des ›sehr reichen Herrn‹ bei der Dresdner Tagung der Karl-May-Gesellschaft(4) und war fest davon überzeugt, es handle sich um eine von Mays frei schweifenden Phantasie-Erzählungen. Aber auch hier gilt: ich erzähle nur wirklich Geschehenes ...(5)

   Als ich nämlich den Dresdener Vortragstext an Frau Wohlgeschaffen-Braun, die Enkelin Babette Hohls, schickte, der wir die Bewahrung dieses ganzen aufschlussreichen Briefbestands zu verdanken haben, kam im Antwortschreiben die überraschende und bewegende Auskunft: »Plötzlich hat mich auf Seite 44 etwas erschüttert und zu Tränen gerührt, die ›erste Begegnung‹ mit meiner geliebten Großmutter! Es war für mich ein ganz besonderes Erlebnis, ein ›Gruß aus einer anderen Welt‹! – Ich wusste in diesem Augenblick, jetzt wird es Zeit, den Faden weiter zu spinnen!« In die beigefügte Kopie der Jahrbuchseiten 44/45 hatte Frau Wohlgeschaffen-Braun die näheren Daten zu Mays Geschichte vom Sterben des reichen Mannes eingetragen: »Kommerzienrat Pohl« als der von May genannte sehr reiche Herr, »meine Großmutter Babette Hohl« als seine Köchin, »Johann Kopp« (geb. am 17. Juli 1865 in Fitzendorf) als der Bahnvorstand bei Amberg, den die Köchin nach ihrer 30 000 Mark-Erbschaft geheiratet hat. Obwohl Mays Fassung der Ereignisse möglicherweise dramatisierende Zuspitzungen enthält, sind doch die nachprüfbaren Angaben zutreffend: Babette Hohls Besuch in Radebeul (1898, nach der Rückkehr aus der Schweiz), die Heirat mit einem Bahnvorstand bei Amberg und die Tatsache, dass ihr erster Sohn ... natürlich Karl getauft wurde.

   Die Hochzeit Babette Hohls mit Johann Kopp fand am 21. August 1900 statt, nachdem das Paar sich an Pfingsten 1900 verlobt und dazu die Glückwünsche des Karl-May-Clubs München entgegengenommen hatte. Der Bräutigam war verwitwet und brachte zwei Kinder in die Ehe mit: den Sohn Siegfried und die Tochter Hildegard. Während Siegfried, der später Priester werden wollte, von der neuen Mutter sehr geschätzt


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wurde, war die Beziehung zur Tochter nicht ganz spannungsfrei. Siegfried, auf den sich Klara Mays Brief vom 15. 12. 1915 bezieht, fiel im Ersten Weltkrieg. Er hatte seinen Berechtigungsschein für Heimaturlaub einem Familienvater seiner Truppe überlassen; als er selbst für den Urlauber die Stellung im Schützengraben übernahm, schlug eine Granate ein und tötete ihn.

   Am 16. Oktober 1901 kam in Neukirchen der erstgeborene gemeinsame Sohn Karl zur Welt, für den Karl May die Patenschaft übernahm. Leider sind die erhaltenen Zeugnisse, was die näheren Umstände dieser Patenschaft betrifft, äußerst auskunftskarg; in der Familie, so berichtet Frau Wohlgeschaffen-Braun, habe es zwei kleine Zinnkrüglein gegeben, die in Amberg auf dem Wohnzimmerbüffet standen. Sie hätten das Jordanwasser enthalten, mit dem die Kinder getauft worden seien und das, der Überlieferung in der Familie nach, von Karl May stammte. Zum ersten Geburtstag erhielt Karl von seinem Paten »ein 24-teiliges Hirschhornbesteck (...) in einer Schatulle, schön in grüner Seide« (6).

   In den folgenden Jahren werden dem Paar in Neukirchen weitere Kinder geboren: am 14. Dezember 1902 der Sohn Rudolf und am 5. April 1906 die Tochter Friederike Klara Emilie, deren Patenschaft Klara May übernimmt. Eine Tochter Josefine (das ›Josefinerl‹), geboren vor der zweiten Tochter, stirbt nach acht Monaten (darauf bezieht sich wohl Klara Mays Brief vom Dezember 1906).

   Aus der erhaltenen Korrespondenz der folgenden Jahre, die sich überwiegend auf kurze, familien- oder tagesbezogene Mitteilungen beschränkt, ragt ein Brief besonders heraus, der leider nur in einer Abschrift überliefert ist. Karl Mays Brief vom 11. 3. 1905 fügt sich in eine ganze Reihe von Versuchen, das neue, ›eigentliche Werk‹ der Leserschaft nahezubringen, wobei die Mischung aus Künstlergleichnissen und Anmerkungen zu den Streichen des Patenkindes zwei Seelen-Seiten Mays zu gleicher Zeit offenbart. Zu Weihnachten 1905 soll die Sascha-Schneider-Mappe mit Widmung um weiteres Verständnis für diese Frucht der vollständigen inneren u. äußeren Reife werben.

   Schon vor ihrer Heirat war Babette Hohl offenbar als literarische Vermittlungsinstanz tätig, wobei die erhaltenen Briefe auch Emma May in einem neuen Licht erscheinen lassen. Der Schriftwechsel der beiden Frauen während Mays Orientreise 1899/1900, leider wohl nur fragmentarisch erhalten, widerlegt noch einmal Mays Behauptung in ›Mein Leben und Streben‹, der Zweck und Inhalt seiner Schriften sei Emma ebenso unbekannt und gleichgültig gewesen wie seine Ziele und Ideale überhaupt.(7) Auch nach 1900 ist Babette Kopp vermittelnd tätig: sie schickt Zeitungsartikel nach Radebeul (vgl. z. B. den Brief vom 6. 1. 1905), bietet ihre Hilfe an, um ›Babel und Bibel‹ zu einer Auf-


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führung zu verhelfen (Brief vom September 1906) und wirbt bei Geistlichen in ihrer oberpfälzischen Umgebung für May und sein Werk.

   Auf der anderen Seite bieten die erhaltenen Briefe keine Anhaltspunkte dafür, wann und wo es nach 1898 noch einmal zu einer persönlichen Begegnung zwischen der Frau Gevatterin in der Oberpfalz und den Paten aus Radebeul gekommen ist. Besuche der Familie Kopp in Radebeul sind ebenso denkbar wie Treffen in München oder Besuche der Mays auf dem Weg in den Süden. Von 1907 bis zum Tod Mays sind die erhaltenen Zeugnisse äußerst spärlich; schwer zu entscheiden ist dabei, inwieweit die Lücken auf Mays Erschöpfung in diesen letzten Lebensjahren und inwieweit sie auf Verluste in der Überlieferung zurückzuführen sind. Dass die im Folgenden mitgeteilten Texte nur Reste des einst Vorhandenen sind, ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen und ergibt sich auch aus den Lücken in den Briefinhalten. (8) Nach Klaras Brief von 1915 werden nur noch höchst sporadisch Lebenszeichen ausgetauscht; schon am 5. 11. 1908 war die Familie von Neukirchen bei Sulzbach-Rosenberg nach Amberg umgesiedelt (neue Adresse: Kasernstr. 4 (= D 162)) (9). Als Karl Kopp dort 1911 ins Gymnasium kam, »hat mir Karl May seine alte Schulgeige geschenkt« (10), eine Angabe, die durch Klara Mays Brief an »Frau Klara Braun« von »Ostern 1941« bestätigt wird:

Vielen Dank für Ihren lieben Brief. Natürlich erinnere ich mich an Ihr Mütterchen. Wann starb sie? Wie kamen Sie zu Dr. Krapp, er war jetzt hier. Senden Sie mir doch auch ein Bild von sich, vieleicht sehen Sie Ihrer guten Mutter ähnlich? Was macht Ihr Bruder Karl? Hat er noch die alte Geige die ich mal sandte? Gern möchte ich sie mal in Karl May Bücher austauschen. Können Sie das vermitteln?
Mit lieben Grüßen
Ihre alte K. May.

Schon 1934 hatte Klara Babette Kopp am 18. Januar »für Ihren lieben Brief« gedankt: »Es ist ein Stück Jugend damit erwacht. Alte Erinnerungen. Was hat unser Karl mit der Geige gemacht? Existiert sie noch?« Babette war inzwischen, nachdem Johann Kopp am 31. 1. 1933 in Amberg gestorben war, zu ihrer Tochter nach Berchtesgaden gezogen; dort starb sie selbst am 29. April 1934. Klara May, die den Kontakt in sehr losen Abständen bis 1941 fortsetzte, widmete ihr Porträtfoto »Ostern 1941« »Frau Klara Frieda Braun meinem nie gesehenen Patenkind«; auch schon vorher, am 3. März 1937 hatte sie geschrieben, sie werde, wenn sie der Weg nach Berchtesgaden führe, »nicht versäumen, Sie aufzusuchen und so noch Gelegenheit haben meine lieben Patenkinder kennen zu lernen«. (11)


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1 Publiziert im Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft (Jb-KMG): Karl und Klara May: Briefwechsel mit Adele und Willy Einsle. In: Jb-KMG 1991. Husum 1991, S. 11-96; dies.: Briefwechsel mit Adele und Willy Einsle II. In: Jb-KMG 1992. Husum 1992, S. 34-108. Siehe auch: Ulrich Schmid: ›Um die Wahrheit‹. Wilhelm Einsle und das Vermächtnis Karl Mays. In: Jb-KMG 1993. Husum 1993, S. 46-57.

2 Sowohl Nachfragen bei den Schweizer Gemeinden Gams, Buchs und Grabs wie bei anderen Schweizer Archiven und Amtsstellen blieben ohne Ergebnis. – In der ›Todes-Anzeige‹ von Babette Hohls Vater Johann H. vom 12. Oktober 1895, erstattet durch die ›Ortspolizeibehörde Vilseck‹, werden als großjährige Kinder des Verstorbenen angegeben: Georg Hohl, Krämer in Amberg (geb. Vilseck, 26. 07. 1857), Johann Hohl, Reisender (geb. Vilseck, 18. 03. 1863), »Barbara Hohl, Haushälterin in Buchs/Schweiz« (nach freundlicher Auskunft des Staatsarchivs Amberg, das den Nachlassakt unter der Signatur NA Vilseck 77/1895 verwahrt und dem für seine umfassenden Auskünfte herzlich zu danken ist). – Zum Kirchenbau in Buchs ergibt sich aus Auskünften der Politischen Gemeinde Gams (herzlichen Dank an den nimmermüden Herrn Kurath!), dass der Ort Gams »seit jeher katholisch« war und »immer eine Pfarr- und eine Kaplaneipfründe« besaß. Infolgedessen musste Babette Hohl in ihren ersten Schweizer Jahren mit Sicherheit zum katholischen Gottesdienst nach Gams; in Buchs wurde dann am 21. Juli 1894 eine Katholische Missionsstation gegründet und ein Bauplatz für eine Kapelle gekauft. Diese ›Missionskirche‹ wurde am 20. Dezember 1896 ›benediziert (gesegnet)‹ und am 11. November 1898 feierlich geweiht (Angaben nach dem ›Pfarrblatt für den katholischen Seelsorgeverband Buchs-Grabs-Sevelen‹, 17. Jg., N. 24, vom 24. 12. 1996). In der Zeitung ›Werdenberger und Obertoggenburger‹ vom 22. Dezember 1896 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, ›keine Kanzel, keine Statue, kein Altarbild, keine Fahne, keine (Kreuzweg-)Stationen, kein Taufstein, keine Glocken, keine Orgel‹ schmückten die neugeweihte Kirche.

3 Dieser selbst, am 7. 5. 1820 in Stegenthumbach als unehelicher Sohn der Barbara Groß geboren, führte, der Sterbeurkunde zufolge, den Namen seines außerehelichen Vaters Hohl und war verheiratet mit Eva Pröls; er kaufte 1865 das Anwesen Vilseck Nr. 8 und starb am 12. 10. 1895 in Vilseck. (Nach freundlicher Auskunft der Stadtverwaltung Vilseck vom 13. 1. 1997, der dafür herzlich gedankt sei.) – Kathi Hohl, am 26. 02. 1864 als Tochter des Dachdeckers Johann Hirsch in Amberg geboren, heiratete am 10. 09. 1889 in Amberg den Kaufmann Georg Hohl. »Aus dieser Ehe stammen zwei Kinder, Frieda Hohl (geb. 30. 09. 1890, gest. 31. 07. 1908) und Heinrich Hohl (geb. 16. 08. 1891). Katharina Hohl verstarb am 19. 02. 1897 in Amberg«. Am 30. 01. 1896 wurde die ›Krämerei‹ Katharina Hohl im Anwesen D 55 in Amberg angemeldet; am 15. 05. 1897 »wurde der Betrieb dann auf ihre Schwägerin Babette Hohl umgemeldet«, die in den Akten als ›Geschäftsführerin‹ bezeichnet wird (alle Angaben nach den Auskünften des Stadtarchivs Amberg). Den Grundsteuer-Unterlagen des Staatsarchivs Amberg zufolge besaß die Familie Hohl keinen Grundbesitz an dem Anwesen D 55 (Herrenstraße 55); die ›Krämerei‹ befand sich offenbar in angemieteten Räumen.

4 Ulrich Schmid: Kupferstecher, Kuhhirt, Seelenführer. Nachdenken über Willy E. und Wiltrud von B. In: Jb-KMG 1994. Husum 1994, S. 30-50 (S. 44)

5 Karl May an einen unbekannten Leser am 9. 12. 1892; zit. nach Siegfried Augustin: Karl May in München. Eine Dokumentation seiner Besuche in den Jahren 1897/98 und seiner Verbindung mit dem »May-Club-München«. In: Karl-May-Jahrbuch 1978. Bamberg/Braunschweig 1978, S. 49

6 S. Augustin/M. Fährmann/A. Mittelstaedt: »Er war ein gütiger, feiner Mann ...« Karl May und sein Patensohn. Unterhaltung mit Karl K. (Karl May in Augenzeugenberichten I). In: Graff-Anzeiger 9 (März 1976), S. 11-14

7 Karl May: Mein Leben und Streben. Freiburg o. J. (1910), S. 243f.; Reprint Hildesheim-New York 1975. Hrsg. von Hainer Plaul

8 Frau Wohlgeschaffen-Braun erinnert sich, es sei immer von »mehreren Schachteln« mit May-Briefen und Erinnerungsstücken die Rede gewesen.

9 Nach freundlicher Auskunft des Stadtarchivs Amberg, dem dafür herzlich gedankt sei.

10 Augustin u. a., wie Anm. 6


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11 Zweifel sind gegenüber vielen Aussagen angebracht, die Karl Kopp, der Patensohn Karl Mays, bei dem Interview von 1975 (wie Anm. 6) machte. Zwar ist es möglich, dass May »natürlich zur Taufe [1901] gekommen« sei und die Familie Kopp »noch ein paarmal besucht« habe, »das letztemal 1911«, aber die Angabe, dass May, »wenn er bei uns war, immer auf die Jagd gegangen« sei, dürfte ungenauer Erinnerung entspringen. Ähnlich dürfte die Aussage, dass der Radebeuler Pate seinem Patensohn »fast lieber als mein Vater selbst« war und dass sie »besser zueinander gestanden (haben) als nur patenschaftlich«, eher seelische Idealbildungen als reale Beziehungen beschreiben. Nicht nachprüfbar sind vorläufig seine Angaben über »Kommerzienrat Pohl in Buchs in der Schweiz«, wo seinem Zeugnis zufolge »Prinz Max von Baden, Fürst Windischgrätz, Dr. Krapp und Dr. Hanfstaengl aus München und auch Karl May« verkehrten. Zumindest für Dr. (Lorenz) Krapp dürfte diese Angabe unzutreffend sein: der 1882 in Bamberg geborene Krapp war bei Babette Hohls Umzug nach Amberg 1896 gerade 14 Jahre alt. Dass Krapp allerdings zumindest als Name im Hause Kopp bekannt war, belegen Klaras Brief vom Dezember 1906 und das spätere Schreiben von Ostern 1941. Leider sind die 1975 offenbar noch vorhandenen Originalzeugnisse im Besitz Karl Kopps damals weder erfasst noch gesichert worden; derzeit sind sie jedenfalls nicht ausfindig zu machen.



Redaktionelle Notiz:

Die folgenden Briefe wurden von Annelotte Pielenz und Irene Frankenstein transkribiert, denen dafür herzlich zu danken ist; ebenso Wolfgang Hammer für die Schlußdurchsicht. Die Texte werden zeichengetreu wiedergegeben; Orthographie und Interpunktion der Briefe bleiben unkorrigiert und werden nicht kommentiert. Leider ließen sich (noch) nicht alle Fragen klären, die die Korrespondenz aufwirft.


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Brief vom 5. 1. 1894

Oberlössnitz-Dresden, d. 5./1. 94.

Liebes Fräulein.

Ich war Ihnen gar nicht bös darüber, daß Sie sich wegen des Kapellenbaues an mich wendeten; ja, ich war sogar willens, Ihren Wunsch zu erfüllen. Als ich im vergangenen Sommer 4 Wochen in Interlaken war, wollte ich Sie aufsuchen, um mit Ihnen mich persönlich zu besprechen; da kam Ihr Brief nach, in welchem Sie verzichteten; ich unterließ also den Abstecher nach Buchs, obgleich ich Sie so gern gesehen hätte. Es wäre mir eine Freude gewesen, Ihnen dienen und Sie kennen lernen zu können. Bitte, haben Sie nicht eine Photographie von sich, die Sie mir schenken könnten? Da ich Sie nicht persönlich sehen konnte, möchte ich Sie so gern im Bilde sehen.

   Verzeihen Sie, daß ich nicht mehr schreibe! Ich habe über 1100 Weihnachts- und Neujahrsbriefe zu beantworten. Herzlichsten Dank für Ihre freundlichen Wünsche! Gott segne Sie nicht nur im neuen Jahre sondern stets und zu aller Zeit.

   Ihr Ihnen für Ihre Zeilen dankbarer

        Dr. Karl May.

Es liegt die gedruckte Bitte Karl Mays bei: Bei den vielen Tausenden von Zuschriften, mit denen ich seitens meiner Leserinnen und Leser förmlich überschwemmt werde und deren grössere Hälfte Bitten enthält, welche ich erfüllen soll, ist es mir unmöglich, die an mich gestellten Wünsche zu befriedigen, wenn nicht folgende Bedingungen berücksichtigt werden ... (Vollständiger Text in Gerhard Klußmeier/Hainer Plaul: Biographie in Dokumenten und Bildern. Hildesheim u. a. 21992, S. 155)

Interlaken: Karl und Emma May reisten im Sommer 1893 mit der Familie Fehsenfeld in die Schweiz. Sie logierten in Böningen am Brienzer See, einem Nachbarort von Interlaken. Vgl. dazu: Ekke W. Günther: Karl May und sein Verleger Fehsenfeld. In: Jb-KMG 1978. Hamburg 1978, S. 159ff.

Photographie: In Mays Leseralbum findet sich tatsächlich eine Aufnahme ›Babette Hohl, Amberg‹, die aus den Jahren zwischen 1896 und 1900 stammen muss. Neben dem Bild hat Karl Mays Patensohn bei einem Besuch im Karl-May-Verlag in das Album notiert: »17. X. 79 [ein Tag nach seinem Geburtstag] / Hier habe ich meine Mutter gefunden / Karl Kopp. Traunstein«.

Kapellenbau: Dass derartige Bitten in Mays Leserpost keine Seltenheit waren, zeigen die Zitate in in seiner Skizze ›Freuden und Leiden eines Vielgelesenen‹ (Deutscher Hausschatz, XXIII. Jg., 1896/97, S. 19. Reprint in: Karl May: Kleinere Hausschatz-Erzählungen. Hrsg. von Herbert Meier. Hamburg/Regensburg 1982).


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Brief vom 13. 1. 1898

Radebeul-Dresden, d. 13./1. 98.

Liebes Fräulein!

Da ich Tausende von Briefen zu beantworten habe, kommt der Ihrige leider erst jetzt an die Reihe.

   Herzlichen Dank für Ihre Gratulation zum Namensfeste! Sie meinen, seit Sie in Buchs waren, sei ich ein berühmter Mann geworden; Sie irren sich, denn das war ich schon damals; Sie wußten es nur nicht. Kommen Sie getrost zu mir, wenn Sie in Frankenberg sind; aber bitte, melden Sie sich einige Tage vorher an. Wenn ich da nicht antworte, bin ich verreist.

   Gruß!
   Ihr Dr. Karl May.

Frankenberg: Ort zwischen Chemnitz und Dresden


Postkarte vom April 1898

Vorderseite: Ansicht des Restaurants ›Schillergarten‹ mit »Gruß aus dem Schillergarten zu Blasewitz«.
Poststempel vom 15. 4. 1898
Adresse: Familie / Kaufmann Hohl / Amberg / Herrnstr. Bayern

Ich bin vor 65 Jahren
Per Schiff nach Blasewitz gefahren.
Und fahr nach 65 munter
Nach Dresden Altstadt wieder nunter.
Babette Hohl         Dr. Karl May.

Handschrift Babette Hohls, Unterschrift Mays eigenhändig

›Schillergarten‹: Ansichten des ›Etablissement Schillergarten‹, Dresden-Blasewitz, in: Peter Richter/Uwe Neßler: Bilder aus Ardistan. Ubstadt 1986 (Sonderheft der Karl-May-Gesellschaft Nr. 61-63), S. 153 und 181. 1883/84 wohnten Karl und Emma May in Blasewitz



Brief Josef Weigls vom 3. 1. 1899 (?)

Dr. med. Josef Weigl
prakt. Arzt und Kassenarzt
München, Auenstrasse 72.

den 3. I. 1899.

Sehr geehrtes Fräulein!

Ich danke herzlichst für Ihre Glückwünsche, die ich meinen Herren u. Damen vom Club übermitteln werde. Wir haben am 6. d. ein sehr nettes


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Fest, nemlich die Bescherung von 6 braven Kindern; für dieses Fest haben unsere Clubdamen reizende Arrangements getroffen.

   Dr. May ist zur Zeit auf Sumatra, von wo ich mehrere Zuschriften erhielt.

   Mit herzlichem Gruße
   Ihr ergebener
   J. Weigl
   Praesident des Carl May Club.

Josef Weigl: Josef Weigl war der Vorstand des Karl-May-Clubs München. Nähere Angaben bei Siegfried Augustin: Karl May in München. In: Karl-May-Jahrbuch 1978. Hrsg. v. Siegfried Augustin und Thomas Ostwald. Bamberg 1978, S. 44-110.

Sumatra: May hatte seine Orientreise am 3. 1. 1899 noch nicht angetreten. Denkbar ist, daß der Brief am 3. 1. 1900 geschrieben wurde. In der Datumsangabe sind die ersten drei Ziffern (›189.‹) vorgedruckt; die letzte, handschriftliche Ziffer ist allerdings eindeutig eine »9«.


Brief von Anfang 1899 (?)

Vorderseite mit gedrucktem Text (vgl. Abb. in Klußmeier/Plaul, a. a. O., S. 156):

Radebeul-Dresden, Datum des Poststempels.
Villa »Shatterhand.«
P. P.

Ihre w. Zuschrift kann leider nicht von meinem Manne beantwortet werden, weil er gegenwärtig auf einer Reise um die Erde von hier abwesend ist.

Hochachtend
Emma May.

Rückseite mit handschriftlichem Text Karl Mays:

Liebes Fräulein!

Aus den Reisevorbereitungen heraus herzlichen Dank für Ihre Weihnachtsgabe. Was haben Sie sich für große Mühe gemacht, und zwar – – ganz umsonst! Oder haben Sie wirklich geglaubt, Old Shatterhand sei ein so alter, schwacher, abgelebter und empfindlicher Greis, daß er seinen Kopf in eine wattirte Kappe stecken muß? Nie! Denken Sie: Ein Westmann! Schon ich selbst würde mich auslachen! Aber Sie haben es herzlich gut gemeint, und so danke ich Ihnen ebenso herzlich, wie wenn Sie mich durch diese Mütze gegen 1000 Schnupfen und Katarrhen verteidigt hätten. Dafür jetzt 1000 Grüße, 500 von mir und 500 von meiner Emmeh!         Ihr Dr. Karl May


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Brief vom 13. 3. 1899

Radebeul, d 13./3. 99.

Liebe Freundin!

Ich sandte Ihnen einen Brief aus München zur Ansicht, in welchem ich dringend und herzlich eingeladen wurde, sofort an den Königlichen Hof zu kommen, wo ich allerdings schon früher gewesen bin. Ich wollte Ihnen diesen Brief zu lesen geben, um Sie und auch Andere zu überzeugen, daß ich es nicht nöthig habe, auf dumme Zeitungsangriffe einzugehen. Ich legte auch Marken zur Rücksendung bei. Dieser mir so werthvolle Brief ist also nicht bei Ihnen angekommen? Da werde ich sofort recherchiren lassen!

   Inzwischen will ich Ihnen einen andern senden oder gar drei. Der Absender ist Dr. Weigl, Vorsteher meines Karl May-Klub in München. Ich will nicht etwa damit prahlen, denn derartige Briefe erhalte ich sehr oft; aber ich weiß, welchen Antheil Sie an dem Erfolge meiner Werke nehmen, und will Ihnen also eine persönliche Freude machen. Bitte, senden Sie sie baldigst zurück, denn in nächster Woche geht das Schiff, und ich muß schon viel eher fort.

   Dem hochwürdigsten Herrn Stadtprediger Lehner sage ich herzlichen Dank für die mir so gütigst zugestellte Photographie und bitte ihn, heut die meinige entgegenzunehmen.

Gruß!

May.

Der Brief trägt links oben die Ziffer »3«, nicht von Mays Hand.

Königlichen Hof: Am 26. März 1898 war Karl May auf Veranlassung der Prinzessinnen Wiltrud, Helmtrud und Gundelinde, der jüngsten Töchter des späteren bayerischen Königs Ludwigs III., am bayerischen Königshof, wo er, seinem brieflichen Bericht an Emil Seyler zufolge, in einer langen, langen Audienz alle Glieder des Bayerischen Königshauses um mich versammelt sah und mit ihnen wie ein lieber, alter Bekannter verkehren durfte. In einem weiteren Brief an Emil Seyler vom 4. 3. 1899 erwähnt er die im Brief an Babette Hohl angesprochene erneute Einladung nach München (Fritz Maschke: Karl May und Emma Pollmer. Die Geschichte einer Ehe. Bamberg 1973, S. 241 und 246).

Dr. Weigl: s. Brief vom 3. 1. 1899.

Stadtprediger Lehner: »Franz Xaver Lehner war 1898-1902 Stadtpfarrprediger in Amberg, St Martin. Er wurde am 15. 07. 1869 in Gleitisch als Sohn eines Lehrers geboren und am 16. Juni 1895 in Regensburg zum Priester geweiht. Er starb am 12. 04. 1949 als pensionierter Stadtpfarrer und Dekan in Waldmünchen.« (Freundliche Auskunft des Bischöflichen Zentralarchivs in Regensburg, dem dafür herzlich zu danken ist.)


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Postkarte vom Juli 1899

Vorderseite: Bild der Augustusbrücke, Dresden
Poststempel vom 28. 7. 1899
Adresse: An Fräulein Babette Hohl / in Amberg

Mein liebes, gutes Fräulein!

Bitte senden Sie mir doch die Broschüre von Karl Muth, ich bin neugierig sie zu lesen. Ob mein Gatte im nächsten Jahr nach München kommt ist sehr fraglich, noch ist er nicht zurück und wenigstens 1 Jahr wollte er fort bleiben. Seit 6 Wochen fehlt mir jede Nachricht, die letzte kam aus Nubien, er schrieb mir, ich würde ein paar Monate ohne Nachricht sein, er verließe die geebneten Wege. Empfangen Sie die herzlichsten Grüße Ihrer ergebenen

   Emma May

Links unten in der Ecke des Textes, ganz klein geschrieben: »17. 7. 99«

Broschüre: wohl Karl Muths Schrift ›Die literarischen Aufgaben der deutschen Katholiken‹, die unter der Autorangabe ›Karl Muth (Veremundus)‹ 1899 in Mainz erschien. Vgl. Franz Cornaro: Karl Muth, Karl May und dessen Schlüsselpolemik. In: Jb-KMG 1975. Hamburg 1974, S. 200-220 (v. a. S. 202).


Postkarte vom August 1899

Von der Karte, die die Westfassade des Dresdner Schlosses zeigt, ist nur die rechte Texthälfte erhalten.
Poststempel: Amberg 16. Aug. 99

Mein liebes Fräulein!

[...] regt mich nicht auf, Die Herren Kritiker überfliegen in Hast / [...]s, denn ihnen liegen eine große Za[h]l vor, sie müssen den / [... sin]d aber meines Mannes Bücher nicht solche, die ein so flüchtiges / [... I]nhaltes erst kennen und schätzen, wenn man sich hineinlebt; / [... h?]eit und sie bilden sich ein Urtheil, wie es im Verimundus oft / [...] haben und mit Ruhe ein Maybuch zur Hand nehmen, dann ändert [?] / erlebt. Nochmals vielen Dank und einen herzlichen Gruß

   Ihre E. May

Abbildung der Kartenansicht des Schlosses nach der Umgestaltung durch Gustav Dunger 1889-91 in: Das Dresdner Schloss. Monument Sächsischer Geschichte und Kultur. Dresden 21989, S. 102. (Freundliche Auskunft von Hans-Dieter Steinmetz, Dresden, dem dafür herzlich zu danken ist.)

Verimundus: recte Veremundus – Pseudonym Karl Muths, der in seiner Schrift: ›Steht die katholische Belletristik auf der Höhe der Zeit‹ (Mainz 1898) Mays Werke stark kritisierte. Vgl. Franz Cornaro: Karl Muth und dessen Schlüsselpolemik. In: Jb-KMG 1975. Hamburg 1974, S. 200-19.


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Postkarte Babette Hohls vom 16. 8. 1899

Adressenseite: Bild »Kaiser Wilhelm / Regimentsinh[a]ber v. 2. Jan. 1861 bis 9. März 1888«, darüber Stempel »80jähriges Garnisons-Jubiläum d. k[öniglich] b[ayerischen] Infanterie-Regiment ›Kaiser Wilhelm, König von Preußen‹ Amberg 12.-14. August 1899«
Adresse: Frau Dr. Emma May / Schriftstellersgattin / Radebeul b. Dresden / Villa »Shatterhand[«]
Poststempel von Amberg nicht lesbar, Radebeul 17. 8. 1899
Amberg, d. 16. 8. 99
Hochverehrte, gnädige Frau!

Schönsten Dank für Ihre herrliche Karte und bin ich herzlich froh, daß Sie die Broschüre nach ihrem wahren Werte zu schätzen wissen. Sie haben vollkommen recht ich selbst habe Ihre Erfahrung schon öfters geteilt, ich erinnere nur an Dr. Eser, einer der jetzigen größten Verehrer Ihres Gatten! Herzl. Gruß Ihre ergebene Babette Hohl

   Auf Wiedersehen in Ambergs Mauern

Dr. Eser: siehe Anm. zum Brief vom 6. 1. 1905


Brief Josef Weigls vom 7. 6. 1900

Carl May Club

München, den 7. Juni 1900

Sehr geehrtes Fräulein!

Der Club sendet Ihnen aus Anlass Ihrer zu Pfingsten freundlichst ihm mitgeteilten Verlobung die aufrichtigsten Glückwünsche für eine jederzeit glückliche und gottgesegnete Ehe, indem er Sie zugleich herzlichst grüßt!

Der Carl May Club München
J. Weigl, Praesident


Postkarte vom September 1901

Vorderseite: Bild Gnadenkapelle »Gruss aus Einsiedeln«
Poststempel: Einsiedeln 20. IX. 01
Adresse: Fräulein / Babette Hohl. / Amberg / Bayern.

Wie Sie sehen, sind wir (meine Frau, Frau Plöhn und ich) an diesem Ihnen wohlbekannten Ort. Warum senden Sie uns Ihren Namen und Adresse nicht nach Radebeul? Muß deshalb noch Ihren Mädchennamen und Amberg adressieren.

Ihr May.


Babette Hohl (1868-1934) um 1890 (Aufnahme: Atelier Neumayer, München)


Babette Hohl 1892 als Hausdame in Buchs (Aufnahme: Fr. Müller)


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Faksimile eines May-Briefes


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Brief vom 31. 12. 1901

Radebeul, d. 31./12. 1.

Liebe Freundin!

Nein! Sie sollen keine gedruckte Karte sondern einen Brief bekommen! Wenn es auch nur fünf Zeilen sind! Also: die herzlichsten Wünsche meines Hauses an das liebe Ihrige!

   Fröhlicher Gruß!
Ihr     May.

Ihr Mütterlein ging nicht von Ihnen,
Wie Sie in Ihrem Schmerz gedacht.
Sie ist nicht todt, hats nur geschienen,
Und hält bei Ihnen Seelenwacht.

        May.


Postkarte von Ende 1902

Vorderseite: Ansicht Lago di Garda Riva
Poststempel nicht mehr vorhanden, da Briefmarke herausgeschnitten
Adresse: Frau Babette Kopp geb. Hohl / Expeditors-Gattin / Neukirchen b) S. / Oberpfalz

Liebste Gevatterin!

Die Auswanderung ist die neuste Erfindung unserer »Freunde«, lassen wir sie dabei. Meinem Herzensmann geht es gut, ebenso mir, er arbeitet fleißig am IV. Band »Im Reiche des silb. Löwen«, ein Theil desselben wird noch vor Weihnachten erscheinen. Viele herzliche Grüße Ihnen Allen von Ihren nicht auswandernden Radebeuler Freunden.

Handschrift Klara Mays

Zeitpunkt der Karte wohl während des Riva-Aufenthaltes Oktober bis Dezember 1902; für diese Datierung spricht die fehlende (vermutlich italienische) Briefmarke.


Brief vom 20. 12. 1903

Radebeul, d. 20./12. 03

Verehrteste Frau Gevatter!

Auch in unserem Hause wohnte in den letzten Monaten das Leid und die bange Sorge. Mein guter Mann lag auf den Tod krank. Zehn Tage lang mußte ich auf das Schlimmste gefaßt sein. Er bekam Influenza; dieser gesellte sich eine doppelseitige Lungenentzündung hinzu, und als beides überwunden war, erkrankte das Herz. Zwei Monate hat er zugebracht, und noch ist nicht Alles vorüber; er muß sehr geschont werden. Seine


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herrliche Arbeit »Friede auf Erden« welche Weihnachten erscheinen sollte, wurde durch die Krankheit jäh unterbrochen. Hoffendlich kann er sie im neuen Jahr vollenden. Rührende Beweise der Liebe und Verehrung gingen uns während der Krankheit zu, so, daß man so recht sah, wie tief Karl May in der Seele des Volkes wurzelt. Der Verleger hatte die Erkrankung bekannt geben müssen, weil der schon genannte Band, welcher überall angekündigt war, nicht erscheinen konnte.

   Sie glaubten, das Jahr sei ohne Kampf an meinem guten Mann vorüber gegangen – Sie irrten sich. – Doch ist er zu groß, um zu klagen, und mir erlauben Sie, seinem Beispiel zu folgen. –

   Mit lebhaftem Bedauern hören wir von den unausgesetzten Krankheiten Ihrer lieben Kleinen. Von ganzem Herzen wünschen wir Ihnen, daß das neue Jahr Sie von dieser Unbill verschonen möge und daß Ihnen die Weihnachtsfeiertage frohe Stunden im Kreise Ihrer lieben Kleinen bringen mögen.

   Herzliche Grüße Ihnen und Ihren Lieben von

Ihren Mays

Handschrift Klara Mays


Postkarte vom Juli 1904

Vorderseite: Ansicht des Forum Fridericianum mit Blick auf das Prinz-Heinrich-Palais (heute die Humboldt-Universität), links im Kreis ›Denkmal Kaiserin Augusta‹. Drucktext: »Gruß aus Berlin«
Poststempel: Radebeul 27. 7. 04
Adresse: Frau / Expeditor Kopp / Neukirchen b) Sulzbach / Bayern

Es geht uns Gott sei Dank gut. Wir treffen Vorbereitungen zur Reise. Mein Herzensmann geht mit mir zum Geographencongreß.

   Viele herzliche Grüße

Ihre Mays.

Soeben schreibt eine befreundete Dame, auch sie hätte einen bösen Traum von uns gehabt. Ich bat sie uns mitzutheilen wie er war und bitte Sie hierdurch um dasselbe. Von 2 Seiten dasselbe zu hören macht mich bedenklich. Vielleicht hat die Reise Gefahren. Bitte schreiben Sie uns sofort. Die herzlichsten Grüße

Ihre Mays

Handschrift Klara Mays


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Fotokarte vom 27. 10. 1904

Vorderseite: Foto von Karl May, im Freien stehend; in diesem Jahrbuch als Frontispiz wiedergegeben

Bad Nauheim
den 27. Okt. 1904.

Weder Karl noch Klara Mays Handschrift. Vgl. Brief vom 6. 1. 1905.


Postkarte vom November 1904

Poststempel: Radebeul 7. 11. 04
Adresse: An Frau Babette Kopp geb. Hohl / Bahnvorstandsgattin / in Neukirchen i) Bayern
Liebste Frau Gevatterin!

Gestern Abend kamen wir heim. Ja, wir hätten Sie bald besucht, aber die Zeit wurde zu kurz, doch hoffen wir, sobald sich Gelegenheit bietet, das Versäumte nachzuholen. Nach Donauwörth rief uns nur eine geschäftliche Angelegenheit. Bitte, senden Sie uns doch die Zeitung, die eine Bemerkung über unseren Besuch brachte. Mein Mann möchte sie gern haben. Das zuletzt herausgekommene Werk meines guten Mannes »Friede auf Erden« sende ich Ihnen anbei. Das kleine Werkchen »Karl May und seine Schriften« von Max Dittrich haben Sie jedenfalls schon gelesen? Es ist im Verlage von G. Weiske, Dresden herausgekommen.

   Es freut mich, daß es Ihnen und Ihren Lieben gut geht. Von uns kann ich nicht in allen Fällen dasselbe sagen. Die hin und wieder kommenden Anfeindungen meines lieben, guten Mannes, der doch nur und nur Liebe giebt und nur und nur das Beste will, schmerzen mich unsagbar. Wenn er auch von Hunderttausenden geliebt wird, so schmerzen doch die Skorpionstiche der Unverständigen, denn nur solche sind es; wer ihn kennt, muß ihn lieben.

   Viele, viele herzliche Grüße Ihnen Allen von uns beiden

Ihre Mays.

Handschrift Klara Mays

Donauwörth: Am 24. Oktober 1904 besuchten Mays den Publizisten, Pädagogen und Verleger Ludwig Auer in Donauwörth/Bayerisch Schwaben. In dessen Zeitschrift ›Stern der Jugend‹ war ein Angriff auf May erschienen, den Auer bedauerte und gegen den May gerichtlich vorging.


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Postkarte vom November/Dezember 1904

Poststempel: Radebeul 1. 12. 04
Adresse: Frau Babette Kopp / geb. Hohl / Neukirchen b) Sulzbach / Bayern

Meine liebe Frau Gevatter!

Hoffentlich ist es mit Karlchen nichts Schlimmes? Wir wünschen recht guten Erfolg. – Vielen Dank für Ihre Mühe. An solche schönen Reden bin ich schon von Seiten der Herren Redacteure gewöhnt. Mein guter Mann bedauert schon überhaupt geantwortet zu haben. Freilich würde es ihm ein leichtes sein alle todzuschreiben, schon deshalb weil auf seiner Seite das Recht ist und diese Herren nur mit dem Schein kämpfen. Mein Mann hat nur das Gute erstrebt in all den vierzig Jahren seines Schaffens, man wird sich vergeblich bemühen ihm etwas Unreines oder Unedles in Schrift oder Handel nachweisen zu können.

   Viele herzliche Grüße

von Haus zu Haus Ihre KM

Handschrift Klara Mays


Brief vom 6. 1. 1905

Radebeul d. 6. 1. 05.

Meine liebe Frau Gevatter!

Von unseren Besuch in Nauheim schrieb ich Ihnen mit Absicht nicht, weil die Herrschaften nicht darauf reagirten als wir von Ihnen und unserem Patchen sprachen. Der jungen Frau sind Sie eine Fremde, und das Zusammenwirken geistiger Kräfte ist ihr unbekannt, zumal sie keine Mayleserin ist, unseren Empfindungen also fremd gegenübersteht. Es freut mich aber umsomehr, daß Herr Baurath Ihnen unsere Bilder gesandt hat.

   Sie haben sehr Recht, Sie hätten mehr Ansprüche, zuerst und direct von uns aufgesucht zu werden. Fühlen Sie nicht, daß es seelisch auch geschieht? Muß denn der Körper dabei sein? Den Platz, den Sie sich in unseren Herzen erobert haben, der bleibt Ihnen allezeit. Mag Raum und Zeit uns auch trennen.

   Wir haben gar sehr Ihrer gedacht, als wir so in Ihrer Nähe waren, aber wie unbequem hätten wir Ihnen werden können, wenn wir Ihnen so plötzlich ins Haus gefallen wären. Sie haben jetzt hunderterlei nöthigere Dinge zu erledigen und können sich nicht ad libitum losreißen. Erst kommen Ihre Lieben, dann erst können Sie an Andere denken. Wenn die lieben Kleinen erst etwas fester auf eigenen Füßen stehen und Karlchen sich nicht mehr gar so gern in fremde Stiefeln verkriecht, dann


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kommen wir, um Sie einmal ein wenig Ihren Pflichten und Ihren Lieben zu entziehen, oder noch viel besser, – Sie kommen zu uns, vielleicht mit Ihrem Herrn Gemahl.

   Unsere Reise war geschäftlich; wir waren durchaus nicht zum Vergnügen in Nauheim, und in München hielten wir uns überhaupt nicht auf; dazu kam, daß wir durch die lange Abwesenheit von zuhause und durch das kalte, regnerische Wetter, recht sehr den Schluß der Reise herbeisehnten.

   Besten Dank für den Zeitungsausschnitt. Sie haben Recht; man kann es den Herren Rezensenten um keinen Preis recht machen. Nun soll Karl May gar ein Freimaurer sein! Was wird man ihm noch Alles andichten? Mögen sie! Die echten, rechten Mayleser wissen besser, was ihr May will und was er ihnen war und tausenden nach ihnen sein wird; das vermag aller Haß und Neid nicht zu tilgen. Alle diese kleinlichen, schwachen und irregeleiteten Seelen werden sich einst vor Karl May zu schämen haben. Denn er erstrebte nur das rein Gute – und jene bekämpften es. – In alter Liebe sendet die herzlichsten Grüße von Haus zu Haus

Ihre K. May

Handschrift Klara Mays

Nauheim/Herr Baurath: Gemeint ist Baurat Eser. Der Geheime Baurat Dr. Karl Eser wurde am 8. August 1854 geboren und studierte in München Chemie und Tiefbaukunde. Nach der Promotion zum Doktor der Philosophie war er zunächst im bayerischen Staatsdienst tätig, aus dem er anfangs der neunziger Jahre in den hessischen Staatsdienst überwechselte. Am 22. Mai 1901 wurde er zum Vorstand des Großherzoglichen Tiefbauamtes Bad Nauheim ernannt; 1902 wurde er darüber hinaus Vorstand der Großherzoglichen Badedirektion. In diesen beiden Positionen hatte er den Abbruch fast aller alten Kur- und Badeanlagen in Bad Nauheim sowie die Neuerrichtung der überregional bekannten Jugendstilanlagen sowie weitere Um- und Neubauten verantwortlich zu leiten. Das gesamte Projekt hatte ein Volumen von 10 Millionen Goldmark; der Badebetrieb lief während der Bautätigkeit ununterbrochen weiter. Dr. Karl Eser starb am 7. Februar 1915 in Bad Nauheim (alle Angaben nach den freundlichen Auskünften von Herrn Ernst Dieter Nees, Bad Nauheim, dem dafür herzlich zu danken ist).

Dr. Esers Beziehung zu Karl May ist bisher noch ungeklärt; der einzige Hinweis auf ihn in den Publikationen der May-Forschung ist offenbar ein Eintrag im zweiten Reisetagebuch der Orientreise: Tschibuks. Rechnung für Dr. Eser. (Hans Wollschläger / Ekkehard Bartsch: Karl Mays Orientreise 1899/1900. Dokumentation. In: Jb-KMG 1971. Hamburg 1971, S. 209; hier auch der Vermerk: »folgt Aufstellung über Pfeifenköpfe und -spitzen«.) Auch die Erwähnung Dr. Esers in der Karte Babette Hohls an Emma May vom 16. 8. 1899 weist darauf hin, dass May mit dem Bad Nauheimer Baurat bereits vor der Orientreise Kontakt hatte.

Zeitungsausschnitt: noch nicht identifiziert


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Brief vom 11. 3. 1905

Herzle an Frau Babette Kopp geb. Hohl
Neukirchen b) Sulzbach Bayr.

R. d. 11. 3. 05

Liebe Frau Gevatterin!

Heute schreibe ich Ihnen wieder einmal selbst. Wir stecken noch tief in der Beantwortung der zahllosen Weihnachts-Neujahrs und Geburtst[ags]-Briefe. Sie wissen, das erfordert Monate. Klärchen braucht ihre ganze Zeit zu meiner Korrespondenz, denn ich kann nur das allerwichtigste beantworten. Dieses Mal aber soll nicht sie an unsere Gevatterin schreiben, sondern ich. Und warum? Weil Sie mir die Freude gemacht haben, in ihrem letzten Brief den hochwürdigen Herrn Beneficiat I. Beer zu erwähnen, und das muß doch belohnt werden.

   Dieser Herr ist mir nämlich nicht so unbekannt, wie Sie zu denken scheinen. Ich kenne ihn und seine Werke, seine Wirksamkeit. Wer den Friedensnamen Irenikus führt, der ist mir geistig verwandt; das versteht sich ganz von selbst. Nur glaube ich nicht, daß dieser hochverehrte Herr mich ebenso genau kennt, wie ich ihn.

   Wer kennt mich überhaupt! Wer giebt sich die Mühe, mich kennen zu lernen! Man ist außerordentlich überzeugt, mich ganz genau zu kennen, und braucht mich also gar nicht erst kennen zu lernen. Die Niederen hassen mich, und die Höheren behaupten doch wenigstens, daß ich einem Indifferentismus huldige, der schlimmer als die ärgste Feindschaft sei. Aber kein Einziger von ihnen hat Recht, kein Einziger!

   Meine liebe Frau Gevatterin, hören Sie, was ich Ihnen sage:

   Denken Sie sich einen Maler. Der ist zwar noch sehr jung, aber doch verständiger als andere Künstler seines Alters. Er sieht, daß sie zwar Großes wollen, aber das wirklich und in sich abgeschlossene Große nicht erreichen, weil sie selbst noch nicht in sich abgeschlossen sind. Sie wollen hochhängende Früchte pflücken, noch ehe sie selbst so hoch gewachsen sind, daß sie sie erreichen können. Wer der Menschheit reife Geistesfrüchte bieten will, der thue es nicht eher, als bis er selbst geistig reif geworden ist.

   Das sieht der junge Maler ein, den Sie sich denken sollen, und darum macht er es nicht so, wie es die anderen Maler machen. Er strebt zwar auch nach einem hohen, herrlichen Ideal, aber er ist so vernünftig, einzusehen, daß er jetzt noch viel zu klein für eine solche Größe ist. Er macht es nicht wie die Andern, die sich für klug und weise für ausgelernt u. fertig halten, sondern er lernt und lernt immer weiter. Ihm schwebt ein großes, herrliches Meisterwerk vor, welches er malen will, den Menschengeist und die Menschenseele vorstellen. Darum sucht er nach diesem Geist u. nach dieser Seele, bei Tag und Nacht, in der Heimath und bei fremden Völkern und wo er eine Spur von ihnen findet, da greift er schnell zum


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Stifte, um diese Spur zu zeichnen, damit er sie nicht vergesse, sondern durch mehrere und viele solcher Spuren den richtigen Weg entdecke, der ihn zum Ziele führt.

   Was er da Alles aufzeichnet daheim [, ?] in Amerika, in Afrika, oder Asien, das sind nicht etwa große Künstlerwerke, sondern nur Skizzen, Vorübungen und kleine Vorarbeiten, durch welche er seine Fertigkeit von Jahr zu Jahr vergrößern will und die man also auch nur als Studienarbeit, nicht aber als selbstständige oder gar fertige Werke zu betrachten hat.

   Während dieser fortgesetzten Uebungen wird der junge Maler immer älter, immer erfahrener u. immer bedachtsamer, bis er sich endlich sagt: »So, jetzt habe ich gelernt, was ich zu lernen hatte, und nun kann ich mit meinem großen Bild beginnen!« Er ist inzwischen 63 Jahre alt geworden und fängt also mit seiner Arbeit in einem Alter an, in welchem andere Maler längst schon aufgehört haben. Aber dafür ist er nun auch überzeugt, daß dieses sein Lebenswerk, mit dem er nun beginnt, keine Stümperei sein wird, sondern eine Frucht der vollständigen inneren u. äußeren Reife.

   Meine liebe Frau Gevatterin, dieser Maler bin ich, nur daß ich nicht mit Farbe und Pinsel, sondern mit Tinte und Feder zu arbeiten habe. Ich habe bisher nur skizzirt, mich geübt, mich vorbereitet. Jeder halbwegs gebildete, unbefangene Mann, der meine bisherigen Bände liest, muß vom ersten Blicke an immer deutlicher u. deutlicher erkennen, daß alle diese meine Erzählungen nichts weiter sind als nur Experimente, Proben und Versuche, das Richtige zu treffen. Wer das nicht sieht, der ist unbedingt litterarisch blind. Um ein anderes Beispiel zu gebrauchen: Ich habe mich bisher in den verschiedenen Tonarten, Tonleitern und Klangfarben geübt und werde nun beginnen, wirklich zu komponiren: Sie können sich also denken, was ich von den superklugen Leuten halte, welche diese Vorübungen für vollendete Compositionen ausgeben und über mich raisonniren, weil ihnen die Töne nicht gefallen, die ich dem Resonanzboden ihrer eigenen Seele entlocke. Jeder Mensch ist eine Taste. Drücke ich sie nieder, so erklingt aus seiner Seele ein Ton, den ich mir merke. Hierin habe ich mich geübt bis heute, u. nun glaube ich daß ich kein Schüler mehr bin u. endlich anfangen kann, an meiner Partitür zu schreiben.

   Wie freue ich mich auf diese meine liebe, liebe Arbeit! Ich lerne nun schon seit 30 Jahren an ihr. Wie hat man sich in diesem Karl May geirrt, dem Heuchler, dem Lügner, dem Charlatan, dem Taxil! Und wie haben mich die letzten Jahre gefördert, diese Jahre der Verachtung, der Verspottung, des Hohnes und der Schande! Welch ein Haß wurde über mich ausgegossen! Ich schwimme förmlich in ihm, um nicht in ihm zu ertrinken! Die Spatzen schwatzen von mir. Die Staare pfeifen von mir, und die Frösche quaken von mir! Und ich habe diese Wesen und diese Menschen doch alle so lieb, und ich zürne ihnen nicht, denn sie schwatzen, pfeifen, und quaken den Unsinn über mich doch nur, weil sie mich nicht kennen.


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Und weil ich sie liebe, so fasse ich meine ganze fürchterliche Rache in die Worte zusammen: Sie sollen mich kennenlernen! Ich habe Liebe für ihren Haß, Güte für ihren Zorn, Wohlwollen für ihre Feindseligkeit und Verzeihung für ihre Unversöhnlichkeit. Ich will doch sehen, wer da siegt, sie oder ich!

   Also meine liebe Frau Gevatterin, ich habe noch nicht geschrieben, sondern nur probirt. Wenn ich nun nicht mehr probire sondern wirklich anfange, was meinen Sie wohl, was da herauskommen wird, etwas Gutes oder etwas Schlechtes? Ich weiß, was Sie hierauf antworten werden, und sage Ihnen schon jetzt: Sie haben Recht. Ueber ein Kleines, so wird man sich schämen, den Mann so tief in den Schmutz getreten zu haben, der selbst den größten Schmutz an andern stets verzeiht!

   Und nun zum Schlusse, warum sagen Sie nichts vom Herrn Gevatter? Man will doch auch von ihm wissen, wie es ihm geht! Wenn Sie dem H[errn] Beneficiaten schreiben, so bitte, sagen Sie ihm einen herzlichen Gruß von mir! Und wenn mein Pathe wieder einmal beim Essen vom Stuhle purzelt, so soll er nicht in die Gabel fallen sondern in die Stube! Ueberhaupt gewichste Stiefel schmieren und dann die Finger an die Fenster! Ich sehe schon, ich muß nach Neukirchen, um zu zeigen, daß ich als Pathe auch mit schmieren will!

   Bis dahin herzlichen Gruß, auch von Ihrer Frau Gevatterin an meinen Herrn Gevatter!

   Ihr alter treuer         May

Der Brief ist im Nachlass nur durch eine Abschrift Klara Mays überliefert; siehe ihre zu Beginn des Briefes wiedergegebene Überschrift. Karl Mays Original war möglicherweise im Besitz des Bruders von Frieda Kopp, Karl Kopp. (Zwei Schreibfehler Klaras – ›so so fasse ich‹ und ›Unversönlichkeit‹, Briefzeilen 23. u. 20 v. u. – wurden korrigiert.)

Beneficiat J. Beer: Nach Auskunft des Bischöflichen Zentralarchivs Regensburg, dem dafür herzlich gedankt sei, wirkte Joseph Beer von 1885 bis 1906 als Benefiziat (d. h. als Geistlicher auf einer durch Stiftung entstandenen Kirchenstelle) in Paulsdorf, das zur Pfarrei Amberg St. Martin gehörte. Er wurde am 2. 11. 1844 als Sohn eines Ökonomen in Neuhaus bei Windischeschenbach geboren und am 13. Juni 1869 in Regensburg zum Priester geweiht. Er starb am 3. 12. 1915 als Benefiziat in seinem Geburtsort Neuhaus.

Taxil: Leo Taxil (eigentlich Gabriel Jogand-Pagès, 1854-1907) erzielte großes Aufsehen bis in höchste kirchliche Kreise durch angebliche Enthüllungen aus dem Freimaurertum, die sich später als reine Erfindungen erwiesen; Hermann Cardauns hielt öffentliche Vorträge über Taxil und nannte May in Zusammenhang mit diesem Betrüger, was zur Pressekontroverse May ./. Cardauns führte (vgl. Bernhard Kosciuszko: Im Zentrum der May-Hetze. Die Kölnische Volkszeitung. Ubstadt 1985, S. 72f. (Materialien zur Karl-May-Forschung Bd. 10)).


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Brief vom 11. 3. 1905 (?)

Meine liebe Frau Gevatterin!

Soeben las ich den Brief den mein Mann Ihnen schrieb. Er enthüllt darin einen Haupttheil seiner inneren Welt, der von größter Wichtigkeit ist und von welchem ich lebhaft wünschte, daß die Allgemeinheit Kenntnis davon erhielte. Vielleicht könnten Sie diesen Brief einem anständigen Blatte zum Abdruck geben. Schade, daß er nicht selbst einmal in dieser Weise über sich schreibt. So lernen ihn eben nur seine Freunde kennen, die mit ihm in Berührung kommen.

   Er weiß nicht, daß ich Ihnen schreibe. In Eile. Viele herzliche Grüße

   Ihre Klara May

Dieser Brief Klaras ohne Datum dürfte am 11. 3. 1905 geschrieben worden sein; er war sicher Begleitbrief bzw. Parallelschreiben zu dem vorhergehenden Brief Karl Mays.


Brief vom Dezember 1905

Liebe Frau Gevatterin!

Da sie allezeit eine so treue Jüngerin unseres Karl May waren, wird es Ihnen Freude bereiten, in Professor Sascha Schneider und Professor Werner gleichgestimmte Freunde zu finden. Deßhalb sind Sie auch mit eine der Ersten, die dieses Werk erhalten. Profes. Schneider gilt jetzt für einen der größten lebenden Meister. Sie haben vielleicht gelesen, daß er auch den Staatspreis erhielt. Er verehrt seinen K. M. unendlich; deshalb hat er diese Zeichnungen gemacht; er wünscht, man möchte doch endlich einmal einsehen, daß Karl May mehr will, als nur unterhalten. Für Geld sind ja so große Meister nicht zu einer solchen Arbeit zu bestimmen, da sprechen andere Factoren.

   Der Text zu diesen Zeichnungen ist von Professor Werner geschrieben. Dieser Herr ist Prof. der Theologie an der Universität Leipzig. Er ist ein Freund Ihres großen Namensvetter des Bischofs Kopp. – – –

   Dieses Werk zieht die Grenze, wo alle kleinlichen Parteilichkeiten und der Unverstand Halt machen müssen. Es ist die große, eine, göttliche Macht, die hier in die Erscheinung tritt. In dem kleinen Artikel, den ich Ihnen hier beilege, ist so treffend darüber gesprochen.

   Hoffentlich geht es Ihnen und Ihren Lieben gut. – Wir wünschen Ihnen Allen ein recht frohes, gesundes Weihnachtsfest und ein ebensolches neues Jahr,

   Ihre Mays

Handschrift Klara Mays, geschrieben um den 20. 12. 1905 (vgl. die folgende Widmung)

Namensvetter: Georg von Kopp, Kardinal und Fürstbischof von Breslau (1837-


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1914). Der Sohn eines Bandwebers aus Duderstadt machte nach seiner Priesterweihe (1862) innerhalb der katholischen Kirche rasch Karriere. 1872 Generalvikar der Diözese Hildesheim, war er 1881-87 Bischof von Fulda und wurde als Fürstbischof von Breslau (1887-1914) 1893 zum Kardinal erhoben. Ihm »unterstand damit die größte und reichste Diözese Deutschlands mit jährlichen Einnahmen von mehr als einer Million Gulden«. Seine herausragende Bedeutung in der Kirchenpolitik verdankte er vor allem seiner ausgleichenden Haltung im Kulturkampf, die ihn in die Nähe Bismarcks, aber dadurch auch in scharfen Gegensatz zu den rheinischen Bischöfen und zur Zentrumspartei brachte. Auch als Fürstbischof von Breslau setzte er sich für den deutsch-polnischen Ausgleich in Schlesien ein; von 1900 an bis zu seinem Tod hatte er die Leitung der Fuldaer Bischofskonferenz inne. (Nach: Neue deutsche Biographie. Hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 12. Berlin 1980, S. 570f.)


Eigenhändige Widmung zur Sascha-Schneider-Mappe vom 20. 12. 1905

Seiner lieben Frau Babette Kopp geb. Hohl
mit herzlichem Weihnachtsgruß
von ihrem alten, treuen May.
Radebeul, Dresden,
d. 20./12. 5.


Brief vom 15. 9. 1906

Villa Shatterhand

d. 15./9. 6.

Radebeul-Dresden
Meine liebe Frau Gevatter!

Herzlichen Dank für Ihren Brief! Aber bitte, setzen Sie sich nun doch gleich noch einmal hin, und schreiben Sie mir den Namen des hochwürdigsten Bischof von Eichstätt so deutlich hin, daß ich ihn lesen kann, Ich brauche das sehr nothwendig und sehr schnell. Heißt er Leo von Mangel? Oder Mengel? Oder Margel? Oder Mergel? Oder Marpel? Oder Merpel? Oder Manzel? Oder Menzel?

   Und wie heißt Ihr Herr Schwager? Pempel? Oder Penzel? Oder Plinzel? Oder Panzl?

   Es ist ein Kreuz, daß ich das Lesen so schwer erlerne!

Sobald die Namen kommen, schreiben wir mehr!

   Ihr wüthender Gevatter!

Leo von Mergel: 1847-1932. Nach der Priesterweihe und der Tätigkeit als Religionslehrer in Ingolstadt trat der in Rohrbach bei Neuburg/Donau Geborene 1882 in das Benediktinerkloster Metten in Niederbayern ein, wo er 1898 Abt wurde. 1905 wurde er zum Bischof von Eichstätt berufen, wo er bis zu seinem Tod im Amt war.


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Schwager: In Frage kommen, nach freundlicher Auskunft des Diözesanarchivs Eichstätt, dem dafür herzlich gedankt sei, zwei Brüder Pemsel, die beide Geistliche und Verwandte von Babette Hohl waren: Joseph Pemsel (1861-1945) wurde 1885 zum Priester geweiht; nach Stellen in Allersberg, Wemding, Ingolstadt und Eichstätt übernahm er 1891 die Stelle als Pfarrer (und ab 1893 Schuldekan) in Staadorf (Oberpfalz). 1899 ging er als Anstaltsvikar an die Ursberger Anstalten (Diözese Augsburg) und wurde gleichzeitig Benefiziat in Breitenthal bei Krumbach/Schwaben. Ab 1908 war er als Erster Wallfahrtskooperator in Wemding tätig, später erneut in Ingolstadt und zuletzt wieder in Ursberg, wo er gestorben ist. Er war in vielfältiger Weise schriftstellerisch tätig, u. a. mit Lebensbeschreibungen, Erzählungen, Gebetbüchern, Katechismen und Wallfahrtsbeschreibungen; daneben veröffentlichte er zahlreiche Aufsätze in Zeitschriften und Wochenblättern, so daß May wahrscheinlich ihn meint. – Sein Bruder Alexius Pemsel (1863-1940) wurde 1888 zum Priester geweiht und war dann ebenfalls in Wemding tätig. Nach Stadtpfarrstellen in Altdorf bei Nürnberg und in Abenberg ging er als ›Pflegepräfekt‹ nach Ursberg, wo sein Bruder Joseph seit 1899 lebte. 1907 übernahm er die Pfarrei Gimpertshausen in der Oberpfalz, die Nachbarpfarrei von Staadorf, wo sein Bruder 1891-99 Pfarrer gewesen war. Den Ruhestand verbrachte er in Dietfurt im Altmühltal, wo er auch gestorben ist. – Die Nachfragen nach den Namen stehen vermutlich im Zusammenhang mit der Versendung der Presse- und Werbeexemplare von ›Babel und Bibel‹, wie die folgenden Briefe erkennen lassen.


Brief vom Herbst 1906 (?)

Villa Shatterhand
Radebeul Dresden
Meine liebe Frau Gevatter!
Nun waren die Namen doch zu lesen und der Brief bis zum Ende, mit einigen Ausnahmen, auch.

   Es freut mich, daß die Geschenke den lieben Kleinen Freude machen. Hoffentlich gehts beim Kegeln künftig ohne Nasenstüber ab.

   Wie lieb von Herrn Direktor Blossner, daß er nicht blind in den Maykampf einstimmte. Ich glaube, ein wirklich guter Mensch hat auch nie den Glauben an Karl May verloren. Es kehren so nach und nach Alle um, die sich von einer gewissen neidischen und oberflächlichen Gesellschaft irre leiten ließen. Das Gute muß doch siegen.

   Sie würden also nach München kommen, wenn »B. u. B.« dort zur Aufführung käme? Vielleicht würden wir uns dann treffen!

   Das Werk macht Ihnen also zu schaffen. Sie sehnen eine Aufführung herbei. Hunderte von Lesern auch, und ich nicht in letzter Reihe. Es werden viele Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen sein, bis das Werk die Bühne erreicht, und ich denke, man läßt nichts außer Acht, was zur Verwirklichung des allgemeinen Wunsches führen kann.

   Von diesem Gesichtspunkt betrachtet, würde es auch gut sein, wenn Sie an die Herrschaften in München schreiben, falls Sie glauben, daß sie


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Verbindung mit in diesem Falle in Frage kommenden Kreisen haben. Man soll nichts unversucht lassen. Wie würde es mich freuen, wenn dieses, so hoch über allen modernen Bühnenkram stehende Werk zuerst in München über die Bühne ginge. »B. u. B.« zeigt seine gewaltigen Gedanken erst im »Spiel mit lebenden Figuren.« Beim Lesen erfast man es kaum im ganzen Umfang. Welch [...] treuen [...] zum ersten Mal mit seinem reichen Können und Wollen auf der Bühne zu sehen.

   Gott gebe Gelingen!

   Wie immer, in herzlicher Liebe, viele Grüße, Ihnen und Ihren Lieben von

   Ihren Mays

Handschrift Klara Mays; die Lücken sind durch eine ausgerissene Briefecke entstanden.

Herr Direktor Blossner: Nach Auskunft des Stadtarchivs Amberg, dem dafür herzlich zu danken ist, handelt es sich wohl »um den Bischöflichen Geistlichen Rat und Direktor des Studienseminars in Amberg, Georg Blössner« (1859-1950). 1884 zum Priester geweiht, kam er 1889 als Kooperator und Stadtpfarrprediger nach Amberg, wo er von 1894 bis 1926 Direktor des Studienseminars war. 1949 wurde ihm das Ehrenbürgerrecht der Stadt Amberg verliehen.


Brief vom Dezember 1906 (?)

Liebste Frau Gevatter!

Das thut uns sehr leid, daß Sie Ihr liebes, kleines Töchterchen so plötzlich verloren haben. Wie war es nur möglich, daß es so schnell ging?

   Wissen Sie noch, Sie hatten solche Todesgedanken, bevor das kleine Wesen zur Welt kam. Nur glaubten Sie, Sie würden abgerufen werden, das wäre schrecklich gewesen. Sie müssen Ihren Lieben erhalten bleiben. So ist das kleine Engelchen zum Himmlischen Vater gegangen und bittet nun für Sie Alle. Geben Sie dem kleinen Wesen nicht ein zu schweres Thränenkrüglein mit auf den Weg.

   Es ist zwar für die beraubten Eltern hart, ihren Liebling so plötzlich hinweggerafft zu sehen, aber es ist doch eine Gnade, daß langes Leid und schwere Qualen erspart blieben. Die alles lindernde Zeit wird auch in Ihr wundes Herz Balsam träufeln.

   Gott gebe, daß das neue Jahr Ihnen und Ihren Lieben Gutes im reichsten Maße bringen möge. Sie sind ja so ein gutes, liebes Menschenkind. Aber danach geht es eigentlich nicht. Richtig ist, wen Gott lieb hat, den züchtigt Er. Wir haben es wenigstens an uns gemerkt. Uns muß Er auch sehr lieb gehabt haben.

   Über Herrn Dr. Krapp haben auch wir uns sehr gefreut. Dieser liebe, liebe edle Mensch. Ich erbitte Gottes reichsten Segen für ihn. Er wird sicher ein großer Mann werden. Möchte ihm der aufreibende Kampf erspart bleiben, der sich leider an solche Leute hängt.


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   Nun Gott mit Ihne[n] und Ihren Lieben, meine liebe Frau Gevatter.

   In aufrichtiger Liebe immer
   Ihre alten Mays

Handschrift Klara Mays

Töchterchen: die Tochter Josefine, die mit acht Monaten starb (vgl. die Einleitung)

Dr. Krapp: Lorenz Krapps Artikel ›Das Problem Karl May‹ erschien in zwei Folgen Ende November 1906 in der ›Literarischen Beilage‹ der ›Augsburger Postzeitung‹ (vgl. Ulrich Schmid: Ein Vortrag zwischen den Fronten. Karl May im Augsburger Schießgrabensaal, 8. Dezember 1909. In: Jb-KMG 1990. Husum 1990, S. 84f.).


Brief von Mitte Juni 1907

Liebste Frau Gevatter!

Da muß ich aber gleich schreiben! Wie können Sie sich mit solchen trüben Gedanken tragen! Was fällt Ihnen ein! Sie haben unter allen Umständen diesen Gedanken sofort aus sich heraus zu schaffen, sonst kann er stärker werden als Sie selbst und Sie mit fort reißen. Daß das nicht sein darf, brauche ich Ihnen doch nicht erst zu sagen. Sie haben sich Ihrer Familie zu erhalten. Sie dürfen nicht sterben! Sie müssen neben dem festen Gottvertrauen auch den gleichen Willen haben zum Leben. Sie wissen doch, was der Mensch ernstlich will, das geht auch in Erfüllung. Also, meine Liebe, froh in die Zukunft schauen und Gottvertrauen!

Faksimile einer May-Handschrift


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   Ihr Brief hat mich wehmütig gestimmt. So wars Ihnen jedenfalls ums Herz, als Sie schrieben. Und nun die Kleeblätter. Ich glaube grad an's Gegenteil. Dem Besitzer bringen sie kein Glück. – –

   Über »Babel und Bibel« haben wir bis jetzt nichts gehört. Vorgestern schrieben mir die lieben Prinzessinnen einen langen Brief, aber das Theater war nicht dabei erwähnt. – Es war doch recht häßlich, wie über Dinge gesprochen wurde in breiter Öffentlichkeit, die keinem Menschen außer den Betreffenden etwas angingen. Wie mag solch eine fein empfindende Künstlerseele gelitten haben, wie der Direktor. Die Zeitungen können doch grausam sein.

   Uns geht es hier im Ganzen und Großem gut. Die Kur greift sehr an, und man merkt erst hier, wie die Leidensjahre in den Körper hinein gewüthet haben.

   Mein armer, lieber, guter Herzensmann hat doch zu viel leiden müssen im Leben. Wenn ihm doch nur nun ein sonniger Lebensabend beschieden sein möchte.

   Innige Grüße Ihnen und Ihren Lieben

Ihre alten Mays

Sterben, Frau Gevatter? Nein! Das giebt es für uns beide noch lange nicht! Wir haben hier noch viel zu thun, und vor Entbindungen haben wir uns erst recht nicht zu fürchten, Sie nicht und ich auch nicht. Das sind wir nun gewohnt. Also Kopf hoch! Ob Junge oder Mädel oder Beides zusammen, wir halten uns stramm!

   Ihr alter Gevatter         May.

Im Hauptteil Handschrift Klara Mays

Prinzessinnen: am 31. 5. 1907 schrieb die bayerische Prinzessin Wiltrud (mit Grüßen von ihrer Schwester Helmtrud) an Klara May, die den Brief aber erst Mitte Juni in Bad Salzbrunn erhielt, wo sich Mays zur Kur aufhielten (22. 5. – 8. 7. 1907). Klara beantwortete den Brief der Prinzessin am 19. 6. 1907. Vgl. Karl May: Briefe an das bayerische Königshaus. In: Jb-KMG 1983. Husum 1983, S. 103f., und Ulrich Schmid: »Mein höheres und eigentliches Vaterland ist Bayern«. Zu den Briefen Karl Mays an das bayerische Königshaus. In: ebd., S. 126; ferner: Claus Roxin: Mays Leben. In: Karl-May-Handbuch. Hrsg. von Gert Ueding in Zusammenarbeit mit Reinhard Tschapke. Stuttgart 1987, S. 117.


Postkarte vom Juni 1907

Vorderseite: Ansicht Fürstenstein bei Bad Salzbrunn
Poststempel: Görbersdorf 10. 6. 1907
Adresse: Herrn & Frau Bahnvorstand Kopp / Neukirchen b) Sulzbach / Bayr.

Herzlichsten Glückwunsch.
Ihre alten Mays

Handschrift Klara Mays


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Postkarte vom Juli 1907

Vorderseite: Ansicht »Riesengebirge«, »Riesenbaude und Schneekoppe«
Poststempel: Schneekoppe 5. Juli 07
Adresse: Frau / Babette Kopp / Vorstandsgattin / Neukirchen / Oberpfalz

Herzlichste Grüße

Ihre Mays

Handschrift Klara Mays


Postkarte vom September 1907

Vorderseite: Ansicht Tempelruinen bei Korinth
Poststempel: München 16. 09. 07
Adresse: Frau Bahnvorstand Kopp / Neukirchen / b) Sulzbach, Pfalz

Liebste Frau Gevatter!

Vielen Dank! Wir wissen, was Prozeß heißt und fühlen mit Ihnen. Kann die Sache nicht noch durch einen Vergleich beigelegt werden? Es ist immer besser als ein langer Prozeß.

   Innige Grüße aus der lieben bayerischen Hauptstadt Ihnen allen
   Ihre alten Mays

Handschrift Klara Mays

Das Bildmotiv ist abgebildet in Klußmeier/Plaul, a. a. O., S. 190.


Brief vom September 1907

Heute habe ich Ihnen eine Mittheilung zu machen, die Ihnen Freude bereiten wird.

   Herr Rat Denk, der Redakteur des »Hausschatz«, kam hierher nach München und bat meinen Mann, doch wieder für den »Hausschatz« zu schreiben. Die Herren in Regensburg haben eingesehen, wie bitter Unrecht man Karl May gethan. Nicht leicht, aber doch ließ sich mein Herzensmann bewegen, wieder zu schreiben, und nun wird schon in der nächsten Nummer ein Beitrag von Karl May sein.

   So weit war ich in München mit meiner Mittheilung für Sie gekommen.

   Sie haben jedenfalls schon inzwischen die »Postzeitung« und den »Hausschatz« gelesen. Vielleicht schreiben auch [Sie den Red?]aktionen ein paar Zeilen, [?] Aner[kennung] freut immer und muntert auf.

   Nun aber zu Ihnen. Ich habe, wie Sie gewünscht, an Ihren Prozeß gedacht. Ist nun Alles glücklich vorüber? Wir wünschen es von Herzen.


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   Vielen Dank für Ihre Bemühungen. Sie liebe, treue Seele.

   Herzliche Grüße von

Ihren alten Mays

Handschrift Klara Mays

Der obere Teil des Briefes ist abgerissen; daher fehlen Anrede und Datum sowie – die andere Lücke – einige Worte der Rückseite. Der Brief ist wohl Mitte September in München geschrieben worden, zumindest im ersten Teil (»hierher«). Unabhängig vom Brieftext ist auf dem Bogen das Wort »Neukirch« notiert (wohl für »Neukirchen«).

Herr Rat Denk: Die Münchner Vereinbarung mit dem Hausschatz-Redakteur Otto Denk (1853-1918) am 13. September 1907 hatte zur Folge, dass »ab November 1907 Mays letzter Großroman ›Der Mir von Dschinnistan‹ (›Ardistan und Dschinnistan‹) im ›Deutschen Hausschatz‹ zu erscheinen begann« (Claus Roxin: Mays Leben. a. a. O., S.117). Otto Denk war von 1898 bis 1911 Schriftleiter beim ›Deutschen Hausschatz‹.


Postkarte vom Dezember 1908

Vorderseite: Foto mit Text (in vervielfältigter Handschrift, wohl von Klara May) »Karl May und Frau auf der Heimreise von Amerika, auf der ›Kronprinzessin Cecilie‹«
Poststempel: Radebeul 31. 12. 08
Adresse: Frau Bahnvorstand / B. Kopp & Familie / Amberg / Kasernenstr. D 162./a

Ihnen Allen viele, herzliche Glück- und Segenswünsche zum Jahreswechsel

   Ihre alten Mays

Es geht meinem Herzensmanne wieder besser, wenn er auch noch bis zum Halse in Bandagen steckt.

Handschrift Klara Mays
Kasernenstr.: recte Kasernstr.
Ausschnittvergrößerung des Bildes in Klußmeier/Plaul, a. a. O., S. 256, Abb. 606


Postkarte vom März 1909

Vorderseite: Foto mit der gedruckten Bildunterschrift »Karl May bei den Tuscarora Indianern«
Poststempel: Radebeul Oberlößnitz 31. 03. 09
Adresse: Frau / Vorstand Kopp / Amberg Bayr.

Liebste Frau Gevatter!

Nehmen Sie heute nur einen kurzen Dank und herzlichste Grüße für Ihre lieben Wünsche zum 25. Februar. Es warten noch zu viele!

   Ihr KMay.


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Handschrift Klara Mays mit Mays eigenhändiger Unterschrift

Das Bildmotiv ist wiedergegeben in: Klaus Hoffmann: Karl May. Leben und Werk. Ausstellung in der ›Villa Shatterhand‹. Radebeul 1988, S. 40. Auch in: Christian Heermann: Der Mann, der Old Shatterhand war. Eine Karl-May-Biographie. Berlin 1988, S. 334


Rundbrief von 1912

Vorderseite: Foto Karl Mays mit seinem gedruckten Namenszug

Im Text des nicht datierten gedruckten Rundbriefes bedankt sich Klara für die Beileidsbekundungen zum Tode Karl Mays am 30. 3. 1912 und weist auf die von ihr herausgegebene 2. Auflage von Karl Mays ›Mein Leben und Streben‹ hin.


Brief vom 15. 12. 1915

Villa Shatterhand

15. 12. 15

Radebeul-Dresden

Meine liebe Frau Gevatter!

Dieser grauenhafte Krieg! Wie oft schon entlokte er auch mir bittre Tränen, mir, die ich, Gott sei Dank, kein eignes Kind im Felde habe.

   Konnte so eine Zeit kommen? Sind es Christen, die da aufeinander losschlagen? Man möchte verzweifeln an der Menschheit, die da glaubt auf einer »hohen« Kulturstufe zu stehen.

   Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, daß ich innigen Anteil an Ihrem Leid nehme. Sie wissen es. Ihr liebes, heiteres Kind. Ich denke noch an Ihren Brief, wie Sie berichteten, daß der kleine Mann mit seinem Stülchen umgefallen war und sich so verletzt hatte.

   Auch an all Ihre heiteren, lebensfrohen Briefe denke ich noch zurück. Wie oft hat der muntere Ton uns erfreut.

   Nun ist unsere liebe Frau Babette eine ganz andere geworden, durch die harte Schule des Lebens. –

   Wissen Sie Liebe, als einmal recht viel Kummer und Leid über uns hereinbrach, sagte ich, die Hand meines lieben, guten Mannes fassend, unter Tränen:

   »Herzensmann, sage mir, warum grad ein Mensch wie Du, der doch nur Güte und Liebe ist, so leiden muß?«

   Karl May antwortete: »Weil Gott mich liebt. Er hämmert mich rein von den Schlaken die mir anhaften. Liebte Gott mich nicht, würd Er mir nicht so viele Leiden als Prüfungen senden.«

   Gott liebt auch Sie meine liebe, gute Frau Babette. Sie waren ein gutes frommes sonniges Kind. Vielleicht weiß unser Herrgott gar wol was er getan, daß er Ihnen auch dieses Kind nahm.


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   Wie wird sich all Ihr Leid in Freude wandeln, wenn Sie dereinst Ihre Kinder an der Pforte zur ewigen Heimat wiedersehen.

   Der Glaube ist ja unser einziger Trost, der Sonnenschein, der unser Dasein erhellt.

   Gott steh Ihnen bei – uns Allen!

   In Liebe

Ihre alte K. May.

Handschrift Klara Mays

Ihr liebes, heiteres Kind: Siegfried, der Junge aus Johann Kopps erster Ehe (vgl. die Einleitung)


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