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KARL OTTO SAUERBECK

Name und Anrede – Schema und Bild
Die vielseitige Verwendung
einiger Darstellungsmittel bei Karl May



1. Ziel der Untersuchung

Eines der Kriterien für künstlerische Befähigung ist es, daß ein Autor es versteht, von den Text- und Handlungselementen in seinen Werken einen vielfältigen Gebrauch zu machen, und daß er sie dazu heranzieht, dem fiktiven Geschehen eine dichte Atmosphäre zu verschaffen. Es liegt nahe, auch Karl May dieser Nagelprobe zu unterwerfen. Deshalb seien zunächst zwei Motive in einer größeren Zahl seiner Romane durchverfolgt: die Eigennamen und die Anrede. Sie kommen in allen Sprachkunstwerken vor, werden aber nicht in allen bewußt als Ausdrucksmittel eingesetzt. Es soll festgestellt werden, was und wieviel sie bei Karl May leisten.

   Danach sei ein Gestaltungsmittel auf seine Bedeutung in der Ökonomie von Karl Mays Romanen untersucht, von dem nur ein kleiner Teil der Autoren Gebrauch macht, und zwar für ganz bestimmte Zwecke: die Unterbrechung des sprachlichen Kontextes durch außersprachliche Darstellungsweisen wie Skizzen oder durch das Auflisten von Worten und Lauten, die sich nicht in den Sinnzusammenhang von Sätzen einfügen. Auch hier soll festgestellt werden, ob solche zunächst eher störend wirkenden Unterbrechungen bei ihm einem höheren Zweck dienen oder rein willkürlich vorgenommen werden.

   Folgende Fragen sollen eine Antwort finden: Gebraucht Karl May überlieferte, teilweise bei der Darstellung von Geschehen unentbehrliche Formen in herkömmlicher oder in origineller Weise? Verfährt er immer gleich, oder entlockt er diesen Formen in jedem Fall neue Ausdrucksmöglichkeiten?


2. Namen – nicht Schall und Rauch

Namen, die sich reimen oder sonst einen Teil der Laute gemeinsam haben, sollen den Eigencharakter der beteiligten Personen als gering erscheinen lassen; sie sollen diese gleichsam in eine sprachliche Uniform stecken: die gefallenen Engel Harut und Marut,(1) deren Tun das gleiche


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ist. Bei Tieren desselben Gespanns suggeriert May Übereinstimmung außer im Geschlecht, indem er ihnen Namen gibt, die bis auf den Vokal übereinstimmen: die Bärenhunde Aacht und Uucht (Bruder und Schwester),(2) mit denen dann wieder die Hunde Hu und Hi(3) parallelisiert sind, auch in der appellativen Bedeutung ihrer Namen (Er und Sie). Der Name, der normalerweise persönlich ist, wird hier paradoxerweise überaus unpersönlich, worauf schon Arno Schmidt hingewiesen hat.(4) Ein solcher Bezug von vier Namen aufeinander wiederholt sich im Werk Karl Mays: Die Maultiere Polly und Molly gehören Jim und Tim.(5) Reiter und Reittiere ähneln sich also gleichermaßen; in den Namen steht nur der verschiedene Anlaut für die wenigen Unterschiede: Tim ist im Gegensatz zu seinem Gefährten Jim einsilbig. Die beiden Brüder gleichen sich aber schon durch ihre überdimensionierten Nasen, die sie aus der Masse der übrigen Menschen herausheben und unverwechselbar machen.

   Bei den Vettern Timpe muß die Verwandtschaft erst durch den Übergang von den recht ausgefallenen Vornamen zu deren Koseformen sprachlich manifest gemacht werden. Kas und Has ersetzen Kasimir und Hasael: »Prosit, lieber Has! Aufs Wohl von Kas und Has, den neuesten Erben Timpes!«(6) Künstlerisch raffiniert ist es, daß Karl May eine Ähnlichkeit des Wesens wie des Namens erwarten läßt, wenn er zwei seiner Gestalten Haller und Faller nennt und den Reim dieser Familiennamen dann noch expressis verbis anspricht: »Das ist eine sonderbare Aehnlichkeit der Namen. Hoffentlich seid Ihr auch in andrer Beziehung ähnlich.«(7) In Wirklichkeit ist aber Haller ein Ganove, der dem echten Haller seinen Empfehlungsbrief entwendet hat. Die angebliche Ähnlichkeit der Namen besteht also so wenig tatsächlich wie die zunächst vermutete des Charakters.

   Besondere Kunstfertigkeit verrät es, wenn der Gleichklang der Namen nicht nur als Stilmittel dient, sondern die Handlung erst ermöglicht. Der Leser lernt die schöne, junge und vornehme Hiluja und ihre alte, häßliche Dienerin Haluja kennen. In betrügerischer Absicht werden sie – verschleiert – bei der Hochzeit miteinander vertauscht, und bewußt spricht der Priester den Namen bei der Trauung undeutlich aus.(8)

   Äußerst virtuos und unter Einbeziehung von Ortsnamen werden in Karl Mays Humoreske ›Die Universalerben‹(9) ähnliche Namen verwendet, um in Lustspielmanier Austauschbarkeit sinnfällig zu machen. August und Auguste tragen als Vetter und Base, aber auch als künftiges Paar denselben Namen in männlicher und weiblicher Form. Die nur scheinbare und zeitweilige Entfremdung wird dadurch symbolisiert, daß sie nach einem Zerwürfnis aus Wiesenthal nach Wiesenberg und Wiesenburg verziehen. In einem höheren Sinne sind sie nach wie vor fast an demselben Ort ansässig; nur ein e hier und ein u dort trennt sie voneinander. Ihre Zusammengehörigkeit, die am Ende klar zutage tritt,


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wird noch dadurch potenziert, daß sie sich in der Trennung nahezu gleich verhalten: beide adoptieren ein Kind, und die Namen der Kinder wie deren Vereinigung am Schluß wiederholen ihre eigenen Verhältnisse. Die Namen sind nämlich Paul und Pauline. Zu allem Überfluß gibt es auch bei den Dienstboten Christian und Christine, die das Echo ihrer Herrschaften zu sein scheinen, ein Happy-End; sie führen durch eine liebenswerte Intrige die Verfeindeten wieder zusammen und werden dafür belohnt. Wohlausgestattet brechen sie in eine gemeinsame Zukunft nach Amerika auf.

   Es frappiert auch den aufgeklärten Menschen, der nicht mehr an geheime Zusammenhänge glaubt, wenn nomen omen ist. Einmal wird ein Name besonders hartnäckig auf seinen Sinngehalt durchleuchtet: »... er heißt ... Leveret und ist in Beziehung auf seinen Mut genau das, was sein Name sagt.«(10) Das wird später noch einmal erhärtet: »Er heißt Häschen und ist ein Häschen oder vielmehr ein ganz gewaltiger Hase: Solche Leute hält man in Zeiten der Gefahr am besten ... entfernt von sich.«(11) Der Name kann als magischer Hinweis auf das Wesen verstanden werden; das wird noch heute im wissenschaftlichen Zeitalter anerkannt, wenn auch mehr spielerisch: »Mein Name ist Said; das bedeutet der Glückliche, der Gesegnete.«(12) Die Antwort auf diese Vorstellung lautet: »Ja, Glück bringst Du uns, und wir segnen Dich dafür. Das stimmt zu Deinem Namen ...«(13) Das Unernste zeigt sich schon daran, daß Said die Etymologie in zwei Abwandlungen gibt und sein Gesprächspartner ihn dann einerseits zum Geber des Glücks, andererseits aber zum Objekt des Segens macht.

   Appellativ und Eigenname sind schwer zu unterscheiden, wenn sie sich so ideal entsprechen, daß ein Mädchen mit Namen Merhameh (Barmherzigkeit) diesem Namen alle Ehre macht. Als Merhameh sein Pferd tränkt, fragt der Scheik: »Hat sich die himmlische Barmherzigkeit in irdische Form gekleidet? Oder ist hier Merhameh der Name eines wirklichen Menschenkindes?«(14) Wir stehen ganz in der Nähe des mittelalterlichen Mysterienspiels mit seinen allegorischen Figuren. Auch Merhamehs Vater Abd el Fadl (Diener der Güte) verkörpert den Sinn seines Namens: »... Sein Name sagt, was er ist und was er will. Er kennt keine andere Herrscherin als nur die Güte allein ...«(15) In dem magischen Spätwerk geht die Weissagung einer Ortssage in Erfüllung, aber wie ein antikes Orakel auf andere Weise als vermutet. Dies ist eine Situation, die den Menschen sich klein fühlen läßt. Angeblich sollen Barmherzigkeit und Güte zu den Menschen herabsteigen, wenn die bessere Zukunft hereinbricht. Nun erweist sich die Zeit als erfüllt, da die beiden Menschen dieses Namens in den Tempel herabsteigen.

   Manchmal wählt man einen Namen bewußt, so daß er mehr das Wesen des Namengebers als das des Benannten widerspiegelt. So sagt ein in Bagdad ansässiger Pole:»Wie glücklich ich war, können dir die Namen


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sagen, welche ich meinen Kindern gegeben hatte. Mein Sohn hieß Ikbal* [*Glück] und meine Tochter Sefa* [* Wonne] (16) Bei Übernamen wie bei Junak im ›Schut‹ versteht es sich von selbst, daß sie den Träger charakterisieren: Der Name ist serbisch und bedeutet soviel wie das deutsche Wort Held, welches ja auch als Name gebraucht wird.(17) Hier mochte es ein ehrender Beiname sein.

   Namen können aber auch im Widerspruch zu den Eigentümlichkeiten des Benannten stehen, die dann viel krasser hervortreten. Darüber stellt Abd el Fadl Betrachtungen an. Der Anlaß ist, daß er die Weisheit der Einheimischen preist, die ihrem Mir (Emir) keinen Namen geben: »Es gibt Länder, in denen der unverträglichste Mensch Friedrich heißen kann; ein Ungläubiger wird Gottlieb und Gottlob genannt und Einer, der vor lauter Kummer ... nicht weiß, wohin, wird Felix gerufen; das heißt ›der Glückliche‹. Das kommt in Dschinnistan nicht vor. Dort ist der Name wahr.«(18) Über ihren Namen klagt Tante Droll, die eigentlich Pampel heißt: »Was nun meinen Namen betrifft, so würde ein Dichter über denselben erschrecken; er ist ... ungeheuer unpoetisch.«(19) Soll man hier also mit Wolf-Dieter Bach von der »Hampel-Pampel-Muse des Dichters May«(20) sprechen? Doch bleiben wir im Text! Sofort wird der Klage nüchtern und verständig entgegengehalten: »Niemand ist schuld an seinem Namen.«(21) Der Kanada-Bill wählt aus werbepsychologischen Gründen als Kurpfuscher einen anderen Namen: »... der Name wurde umgeändert, weil White gelehrter klingt als Walker.«(22) Nun entspricht nicht so sehr der gehobene Name dem gehobenen Anspruch als vielmehr der verfälschte Name der verfälschten Existenz. Mindestens fraglich ist es, ob sich der Name mit den Tatsachen deckt, wenn die Frau des Scheiks eines primitiven Stammes Taldscha (Schneeglöckchen) heißt: Sollte dieser Mann eine Frau besitzen, die an Schönheit ... mit einem Schneeglöckchen zu vergleichen war?(23) An anderer Stelle bei Karl May heißt es: Und dieser Abd el Barak, zu deutsch Diener des Segens! Wie wenig harmonierte sein Name mit seinen Thaten!(24)

   Kara Ben Nemsi dämpft den Stolz Nassyrs, der seinen Namen von arabisch Nassr (Sieger) ableitet und sich viel auf ihn zugute tut: »Mein Name wird Ihnen das schon sagen.«(25) Der Deutsche aber führt ihn auf das türkische Wort für Hühnerauge zurück. Nassyr reagiert natürlich beleidigt, lenkt aber doch wieder ein.

   Der Inkongruenz von Namen und Träger im europäischen Kulturkreis steht der Gebrauch der Namen bei den Indianern als viel vernünftiger gegenüber. Sie geben ihren Kindern nicht in Unkenntnis ihrer Eigenschaften gleich nach der Geburt Namen. Bei ihnen muß sich der Krieger seinen Namen durch seine Taten verdienen, und folglich stellt dieser zugleich einen Ehrentitel dar. Doch verzichtet der Dichter weise darauf, den Zeigefinger zu erheben und den Weißen das als ein Zeichen für die Überlegenheit der unverdorbenen Naturvölker nach Art von


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Seumes »Kanadier, der noch Europens übertünchte Höflichkeit nicht kannte«(26) hinzustellen. Er überläßt es seinem Publikum, solche Schlüsse spontan selbst zu ziehen.

   Die Verwendung von Appellativen als Eigennamen kann bei Karl May Überlegungen des Helden notwendig machen und also für die Handlung relevant werden: »Und wir wissen nun, daß Ghulam bloß ein Name und keine Standesbezeichnung ist.«(27) An anderer Stelle werden die Namen Eagle-nest und russisch Orjeltschasta mit viel Scharfsinn als Übersetzungen von Adlerhorst erkannt und damit die Zusammengehörigkeit von Familienmitgliedern festgestellt.(28) Ganz entsprechend werden im ›Schut‹ die Namen Hamd el Amasat, Abu en Nassr und Hamd en Nassr als die derselben Person entlarvt.

   Erstaunlich ist, wie sehr Karl May Freuds freie Assoziation und Fehlleistungen vorausahnt. In ›»Weihnacht!«‹ nimmt der Dichter und Ich-Erzähler zu dem an May phonetisch anklingenden Allerweltsnamen Meier seine Zuflucht, da er inkognito bleiben will. In ›Satan und Ischariot‹ assoziiert die Jüdin Judith Silberberg Namen von vergleichbarer Bedeutung zum bürgerlichen und zum Übernamen von Karl May, der im Wilden Westen Old Shatterhand genannt wird: »Ich muß Ihnen gleich ... gestehen, daß ich Ihren Namen vergessen habe. Ist das nicht unverzeihlich? ... Es war wohl Hand oder Fuß dabei!«(29) Weiter wird berichtet: Als er den Namen Old Shatterhand nannte, war ihr eingefallen, daß dies der meinige sei und daß ich nicht Old Firefoot heiße.(30) Hier ist also in der ersten Worthälfte der Westmann mit einem ähnlich tüchtigen durcheinandergebracht, in der zweiten die obere Extremität mit der unteren. Karl May führt Judith bewußt in die Irre, nachdem sie immerhin das richtige Wortfeld gefunden hatte: »Wenn ich mich nicht irre, hießen Sie wie einer von den zwölf Monaten?«(31) Karl May nennt ihr nun schlagfertig den einzigen Monat außer Mai, der als Familiennamen häufig vorkommt: »März,« sagte ich.(32) Dieses scheinbar belanglose Spiel mit Wörtern dient dazu, wieder einmal die Lebensklugheit und die rasche Reaktion des Helden hervorzuheben.

   Assoziationen dieser Art bekommen im Kolportageroman ›Die Liebe des Ulanen‹ sogar eine Doppelfunktion zugeteilt. Einem deutschen Agenten im kriegslüsternen Frankreich wird eine verschlüsselte Depesche ausgehändigt. In ihr sind Anweisungen, wie der Spion sich verhalten soll, als Bestellungen in dessen angeblichem Weinhandelsunternehmen getarnt. Er läßt seinen Diener den Klartext erraten, um dessen Scharfsinn zu üben. Bei der Chiffrierung wechseln die Verfahren: bei Reichenberger statt Richemonte Transposition in eine andere Sprache, bei Risparger statt Pariser ein hysteron proteron, bei Metzheimer statt Metz totum pro parte.(33) Bei ihm selbst setzen seine Auftraggeber in Berlin voraus, daß sich die Gedankenverbindungen einstellen, die zur Dechiffrierung führen. Im Grunde hat Karl May an der Auflösung des Wi-


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derspruchs zwischen significans und significatum sogar vier Instanzen beteiligt: den Absender, den Empfänger, dessen Gefährten und – seine Leser, die zusammen mit dem Diener durch Denkhilfen an das Verständnis herangeführt werden. Raffinierterweise kommen im gleichen Roman an anderer Stelle die sprachliche Transposition und das pars pro toto als Gegenstück zum totum pro parte je für sich allein vor. Wir erfahren, daß Bas-Montagne ständig unter dem entsprechenden deutschen Namen Untersberg in Berlin lebt.(34) Emma von Königsau wiederum verbirgt ihr Adelsprädikat – wie sich anderswo Adlerhorst hinter Adler als halbiertem Namen versteckt – gelegentlich hinter dem bürgerlich klingenden Namen König.(35) Zu allem Überfluß jongliert Karl May auch noch mit dem etymologischen Hintergrund des Vornamens des angeblichen Fräuleins König. Er läßt den dicken Maler Schneffke von einer ehelichen Verbindung mit der verkannten Aristokratin träumen: »Emma heißt: die Emsige, die Fleißige. Sie könnte mir die Farben reiben.«(36)

   In ähnlicher Weise wird auch in einem anderen Werk gehäuft und in wechselnder Form von den Namen als von einem Stilmittel Gebrauch gemacht. Bei der Tungusenfürstin Kalyna (die Dicke) besteht eine Kongruenz zwischen Person und Namen, gerade als hätte der Taufname die Korpulenz nachträglich auf magische Weise herbeigeführt: »Findest Du nicht, daß dieser Name sehr richtig ist?«(37) Der Name von Gökala dagegen ist sehr bewußt im Hinblick auf die körperlichen Eigentümlichkeiten der Trägerin gewählt worden. Übrigens wurde er (die Himmelblaue, d. h. Blauäugige) von einer orientalischen Sprache in die andere transportiert, was die Identität der Person verdunkelt. Hier also ist die Harmonie zwischen dem Mädchen und seinem Namen nicht so unerklärlich: »Auch Du trägst ihn [den Namen] mit vollem Rechte. Ob es wohl noch ein zweites Paar so herrlich blauer Augen giebt ...?«(38) Bei Karpala (die im Schnee, wie Schnee Glänzende), der Ziehtochter des Tungusenfürsten, ist das Verhältnis zwischen Eigennamen und Eigenschaften besonders verwickelt. Das Mädchen, das als Säugling scheintot aufgefunden wurde, ist nach den Fundumständen benannt worden. Es glänzte im Schnee. Der rational gewählte Name wurde nun magisch umgedeutet. Karpala glänzte wie Schnee, als hätte der Name ihr Wesen beeinflußt oder als wären mindestens bei der Benennung ganz andere Erwägungen angestellt worden: »Ja, dieser Name ist bezeichnend ... Du hast ihn sehr gut gewählt.«(39) Später wird übrigens auf diesem geheimnisvollen ›Bedeutungswandel‹ des Namens noch einmal leitmotivisch beharrt: »Du trägst ihn mit vollem Rechte. Du gleichst dem Schnee, auf welchem das Morgenlicht seinen leisen, zarten Purpur wirft.«(40)

   Es ist oft wunderbar, wie genau der Name zur Person paßt. Hier verläuft überdies eine Verbindungslinie zwischen einem Werk Karl Mays und einem anderen: Der schönen Karpala entspricht jener Herr


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Schneeberg im Roman ›Die Liebe des Ulanen‹, der als gekidnappter Sohn der Goldbergs ebenfalls im Schnee aufgefunden, später dann an einem ihm umgehängten Löwenfangzahn wiedererkannt wird – das antike Romanmotiv des Gnorisma. Der Dreiheit von Kalyna, Gökala und Karpala als Menschen mit passenden Namen steht kontrastierend gegenüber, daß der Tungusenherrscher sich vergeblich anschickt, drei anderen Personen passende, aber ungern gehörte Spitznamen anzuhängen: dem Westmann Sam Barth Tjikwa (Kürbis), Jim Planka (Latte), Tim Rogatjina (Stange).(41) So tritt gleichsam eine gescheiterte chthonische Trinität neben die geglückte himmlische.

   Ausdrucksstark kann neben dem Namen auch die Namenlosigkeit sein. Man denke an den Unbenannten in Neidharts von Reuental Liedern, Ernst Wiecherts ›Missa sine nomine‹ oder an Bruckners Symphonie Nr. 0. Gerade in seinem hochkarätigen Spätwerk erzählt Karl May, der Mir (Emir) habe in seinem utopischen Idealland keinen Namen, da er sein Herrscheramt sachlich richtig auszuüben habe und seine persönlichen Eigentümlichkeiten hinter seiner überpersönlichen Funktion vollkommen zurücktreten müßten: »Wozu da noch andere Namen [als Mir](42)

   Hier ist die Entpersönlichung im Dienste der Versachlichung der Staatsmacht auf die Spitze getrieben. Man denkt unwillkürlich an den israelitischen Gott, der es ablehnt, benannt zu werden: »Ich bin der ich bin«, und an Goethes Glaubensbekenntnis: »Gefühl ist alles; Name ist Schall und Rauch / Umnebelnd Himmelsglut.«(43)


3. »Ich sage Sie zu dir und denk immer du«(44)

Die Spracheigentümlichkeit des Arabischen, das im allgemeinen nur das Du kennt, wird oft ins Gedächtnis gerufen. So heißt es: Der Lord nannte mich, da er arabisch sprach, natürlich du.(45) An anderer Stelle wird uns über den Gesprächspartner Dschafar mitgeteilt: Man hört, daß er mich mit dem vertraulichen orientalischen Du anredete ... ich freute mich darüber, obgleich ich in der Heimat kein Freund desselben bin; ich habe nie mit irgend jemandem Brüderschaft gemacht.(46) Das letztere Zitat hat gewiß logische und sprachliche Mängel: Karl May bezeichnet das morgenländische Du als vertraulich, obwohl es als die alleinige Sprachform so wenig vertraulich wirkt, wie das englische you steif. Daß Araber im Gespräch mit Europäern zuweilen unsere pluralische Anredeweise aus Entgegenkommen nachahmen, kann nicht als echter Usus angesehen werden. Im Arabischen wäre ein Sie nun einmal gestelzt und eine Konzession an die Mentalität der Fremden, so daß der Perser Dschafar es mit gutem Grund vermeidet.(47) Der Angesprochene nimmt das positiv auf, weil er den Unterschied der Sprachen berücksichtigt und weiß, daß


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dieses Du dazu dient, ihn nicht als Europäer zu diskriminieren. Das Wort desselben soll sich nur auf das Du beziehen, weist aber in Wirklichkeit auf das Syntagma dem vertraulichen orientalischen Du insgesamt zurück. Entsprechendes gilt für die Indianer. So wird vom Haciendero gesagt: Er bequemte sich dabei dem Gebrauche der Wilden an, indem er ihn ›Du‹ nannte.(48)

   Durch einseitiges Duzen wird der Altersunterschied betont, wie allgemein gebräuchlich ist, so im ›Old Surehand‹ zum sechzehnjährigen Sohn eines Farmers.(49) Dadurch wird aber auch die Ehrfurcht der Genossen gegenüber einem bedeutenden Westmann demonstriert: Es muß erwähnt werden, daß sich die Umgangsform zwischen ihm und seinen drei Gefährten in der Weise herausgebildet hatte, daß er sie mit dem vertraulichen Du anredete, während sie bei dem achtungsvollen Sie oder, falls englisch gesprochen wurde, dem gebräuchlichen You, Ihr, geblieben waren.(50) Um selbst seriös zu wirken, will der Quacksalber Hartley eine Zufallsbekanntschaft als Assistenten einstellen; er hat vor, den Abstand zu der untergeordneten Hilfskraft durch die Anrede hervorzuheben: »Freilich müßt Ihr es Euch gefallen lassen, daß ich Euch dabei Du nenne.«(51) Der Mestize Ik Senanda ist als Mischling empfindlich und will nicht als Indianer gelten. Deshalb möchte er nicht einseitig geduzt werden: »Bin ich etwa eine Rothaut, Sir, daß Ihr glaubt, mich du nennen zu dürfen?! ... wer mich du nennt, den nenne ich ebenso.«(52) Old Shatterhand besteht aber gerade auf diesem Rangunterschied, indem er duzt und sich gleichzeitig nicht duzen läßt: »... wenn ein Lump, wie du bist, es wagen sollte, mich du zu nennen, lasse ich ihm ... den Rücken ... mit dem Lasso bearbeiten ...«(53) Das Halbblut lenkt ein und antwortet, ohne das angekündigte Du zu wagen. Welche Autorität Old Shatterhand ausstrahlt, wird dem Leser bei einem solchen verbalen Schlagabtausch viel eindrucksvoller vor Augen geführt als in dürren Worten. Auch den zweifelhaften Evangelisten in ›»Weihnacht!«‹ duzt Old Shatterhand plötzlich, nachdem er ihm ein Plagiat an seinem eigenen Gedicht nachgewiesen hat; so will er ihm seine Geringschätzung deutlich machen.(54)

   Andererseits kann dem Duzen (aus Überlegenheitsgefühl) und dem Sichduzenlassen (aus Verachtung) ungleiche Bedeutung beigemessen werden, so daß das Verhalten nur scheinbar reziprok ist. Während Thibaut, ein weißer Taschenspieler und Mörder, der bei einem Indianerstamm als dessen Medizinmann lebt, gegen den gefangenen Old Shatterhand auftrumpft und ihm großmütig gestattet, das Du zu erwidern, mit dem er ihn anredet, stichelt er noch: »Aergert es dich vielleicht, daß ich dich duze? Du kannst dich gegen mich auch des traulichen Du's bedienen.«(55) Aber selbst in seiner mißlichen Lage weiß Old Shatterhand sein Gesicht zu wahren, indem er das Sichduzenlassen als Großmut aus Mitleid umdeutet: »... Brüderschaft mache ich nie, am allerwenigsten aber mit stupiden, blödsinnigen Idioten, von denen ich mir das Du gefal-


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len lasse, weil sie nicht anders lallen können.«(56) Auch im Wortstreit behält Old Shatterhand grundsätzlich die Oberhand, und hier kann er seine Unerschütterlichkeit in gefährlichen Situationen, ja in äußerster Lebensgefahr erkennbar werden lassen.

   Ins Groteske gezogen ist das Motiv des einseitigen Duzens – wie könnte es anders sein? – bei dem bizarren Hobble-Frank, der sächselnd und mit ständigen Stilblüten verkündet, er wolle das Du einführen, doch den Unterschied beibehalten, der die beiden Personen trennt und keine Brüderschaft zuläßt: »Für eenen Mann, wie ich bin, gehört sich das ehrfurchtsvolle Sie, das französische Wuh oder das englische Juh; aber aus Ihrem Munde thut es meinem gefühlvollen Herzen wehe. Ich bin mit Ihnen durch dick und dünn geritten und geloofen; ich habe mit Ihnen gehungert und gekummert; wir haben mit eenander nich nur in Todes-, sondern sogar ooch in Lebensgefahr geschtanden; ich bin, so zu sagen, Ihr geistiges Kind und Ihr leiblicher Vater geworden; unsre Seelen sind sich so innig verschwägert, verschwistert und verwandt, daß ich von Ihnen das Wuh, das Juh und das Sie nich hören mag. Thun Sie mir also den Gefallen und nennen Sie mich ergebenst nich andersch als nur Du! ... Meine Bitte kommt vom Herzen und is gar nich so schwer zu erfüllen. Werden doch sogar große Herren Du genannt, warum also von Ihnen nich ooch ich.«(57)

   Die Ungleichheit im Umgang, gleichgültig in welcher Richtung, soll um jeden Preis aufrechterhalten werden. So sagt der Hobble-Frank mit umwerfender Komik: »Heeßen Sie mich Sie, so nenne ich Sie Du; verehren Sie mir aber das obligate Du ..., so schteht es ... angeschrieben, daß ich Ihnen Ihr ... Sie ... nicht vorenthalten werde ... Sie nennen mich Du?«(58) Das ist nun einmal die Logik des Hobble-Frank: Er will seinen Freund mit dem Sie ehren, und zwar dafür, daß er von ihm mit der entgegengesetzten Anrede ausgezeichnet wird. Er gibt für die Ehre des Vertrauens die Ehre der Hochachtung zum Tausch. Das ist das genaue Gegenstück zu Hobble-Franks Gespräch mit dem Bloody-Fox: »Good day, my boy!« grüßte Frank. »Bist du in dieser Gegend bekannt?« »Very well,« antwortete er, indem er ein leises, ironisches Lächeln sehen ließ, wohl darüber, daß der Frager ihn du genannt hatte. Frank merkt das: »... Du zürnst mir wohl, daß ich dich du genannt habe?« Bloody-Fox besteht jedoch nur auf Gleichheit: »... Mit der Anrede mag es ein jeder halten, wie er will, nur muß er sich dann auch die meinige gefallen lassen.«(59)

   Vom allgemeinen Du sind nach dem ›Schatz im Silbersee‹ aus Respekt selbstverständlich Old Firehand, Old Shatterhand, Winnetou, Lord Castlepool und der Ingenieur Butler ausgenommen.

   Im Abenteurertum ist es lebenswichtig, aus allen Beobachtungen Rückschlüsse zu ziehen. Das gilt natürlich auch für die Anrede, die man gebrauchen hört. Personen, die sich duzen, stehen sich nahe. Dies ist etwa bei Lindsay und dem englischen General der Fall: Sie nannten sich du. Sie waren also ... Freunde, vielleicht gar Verwandte.(60) Ganz entspre


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chende Rückschlüsse werden in einem anderen Roman gezogen, wo das Duzen allerdings umschrieben wird: Diese Männer hatten sich jedenfalls nicht erst hier auf dem Steamer zusammengefunden, denn sie nannten einander »du« ...(61) So wird die Lektüre von Abenteuerromanen zur fortwährenden Schulung der Konzentration und inneren Datenverarbeitung für den Leser.

   Verwandte wie die beiden Vettern Timpe, die sich erst kennenlernen, haben Mühe, sich an das Du zu gewöhnen: »Sie – Sie – Sie? Ist es nicht eine Dummheit, Vetter, uns Sie zu nennen, da wir so nahe Verwandte und Schicksalsgenossen sind?«(62) Zugleich wird von der Anrede »Vetter« zu dem Vornamen Hasael und dann zu der Koseform Has übergegangen; außerdem tritt ein Adjektiv hinzu, das den Angesprochenen näher rückt: »Prosit Vetter, oder vielmehr: Prosit, lieber Hasael!«(63)

   Umgekehrt bezeichnet es einen hohen Grad von Ablehnung, wenn in ›Old Surehand‹ der Vetter von seinem Verwandten, der zum Landstreicher abgesunken ist, nicht geduzt werden will. Er grenzt den Drop-out aus: »Ich begreife nicht, wie ich dazu komme, von Euch du genannt zu werden. Das duldet man doch nur von Gentlemen, nicht aber von Menschen, welche ihre Ehre, ihre Reputation so weit von sich geworfen haben, daß sie sich nicht schämen, unter die Tramps gegangen zu sein!«(64) In diesen Worten ist das einseitige Duzen anderer Art: Man siezt nicht aus Hochachtung und Verehrung, sondern um Abstand zu halten und keine Kameraderie aufkommen zu lassen. Pitt, der einst von der Mutter des Vetters als armer Verwandter äußerst rigoros aufgezogen worden ist, erscheint diesem dagegen deshalb als überheblich: »... den Vetter Pitt, der es nicht zugiebt, daß ich ihn du nenne.«(65)

   Von einer großen Persönlichkeit wie Lincoln das Du angeboten zu bekommen, betrachtet Kroner, der einen indianischen Spion erschlagen hat, als eine so hohe Ehre, daß er dafür sogar seinen ärgsten Feind, den Kanada-Bill, laufen läßt.(66)

   Von Pekala heißt es, sie habe in ehrfurchtsvoller Duzbrüderlichkeit gesprochen.(67)

   Beim Duzen gibt es ›Trittbrettfahrer‹: Der ›Vater der elf Haare‹ hatte Schwarz, den er liebte und verehrte, gebeten, ihn doch du zu nennen, da er von Wagner, seinem früheren Herrn, auch geduzt worden sei ...(68) Als Pfotenhauer sich dann wie Schwarz verhält – nur ohne Aufforderung –, ist der Kleine beleidigt; er meint, daß der Bayer kein Recht dazu besitze.(69)

   Ein Zeichen der Zerstreutheit, vielleicht der Verwirrung, ist es, wenn May von Lord Eagle-nest, der gerade wieder einmal ein Mädchen entführen möchte, schreibt, daß dieser ganz in Gedanken seinen Steuermann bald Du, bald Sie nennt: Von seinen Amouren beansprucht, hatte der Lord für so kleine Aeußerlichkeiten keine Aufmerksamkeit übrig.(70) Hier ist Karl May eine doppelte Unstimmigkeit unterlaufen. Im


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ganzen Gespräch nennt der Lord seinen Steuermann stets ›Du‹, und außerdem ist anzunehmen, daß der englische Globetrotter seinen englischen Angestellten mit dem unterschiedslosen angelsächsischen ›you‹ angeredet hat.

   Anders verhält es sich, wenn White bei einer Aufforderung an Gromann sich verbessert und das frühere Verhältnis ins Gedächtnis ruft: »... setzt Euch nieder, oder, um das Vergangene festzuhalten, setz' dich nieder.«(71) In einem anderen Roman wechselt die Anrede mit der Sprache, also mit gutem Grund: Er nannte mich jetzt du, weil er Halefs wegen arabisch sprach,(72) oder: Wenn wir deutsch sprachen, nannten wir uns Sie; redeten wir aber arabisch, so brauchten wir das in dieser Sprache geläufigere Du.(73) Ein Goldsucher geht gegenüber einem Mestizen bewußt nachträglich zum Du über, um ihn einzuschüchtern. Damit stuft er den Mischling als Indianer ein. Hier ist die Wahl der Anrede also unstreitig Handlungselement.(74)

   Wohl kein echter Wechsel ist eingetreten, wenn es im ›Schatz im Silbersee‹ heißt: »... hier habt Ihr mich wohl nicht vermutet! Und was den Inhalt deiner Taschen betrifft, so habe ich auf ihn wohl mehr Recht als du selbst.«(75) Entweder ist ›ihr‹ versehentlich mit Majuskel geschrieben, oder es wird englische Rede wiedergegeben, in der du und Ihr zusammenfallen. Ganz klar ein Flüchtigkeitsfehler Karl Mays ist es, wenn er von Carpio berichtet: »Du bist – – bist – – bist – – Ihr seid – – seid Old Shatterhand?« stotterte er in seinem Schulbuch-Englisch.(76) Hier versuchte der Dichter zwei Charakteristika zu geben, die sich ausschließen: der Schulkamerad von einst im Übergang zur Höflichkeitsform sich selbst korrigierend und andererseits im Gebrauch der in der Praxis unbrauchbaren Unterrichtssprache, in der dieser Übergang gar nicht erfolgen konnte.

   In ›Am Rio de la Plata‹ duzt der gefangene Old Shatterhand den General, in dessen Gewalt er sich befindet, ungeniert, um seine innere Überlegenheit zu zeigen. Dieser hatte ihn geduzt, als er ihn verhörte. Old Shatterhand hatte zunächst keine Antwort gegeben und sich dann verwundert gestellt, daß er gemeint sei; er habe sich über den ungezwungenen Ton zwischen einem General und seinem Major gefreut; er habe gemeint, die Rede sei an den Major gerichtet. In diesen Passagen ist ganz besonders viel Charakterisierung in den Streit um die Anrede hineingelegt. Der Wettstreit der Zungen läßt die Prinzipien aufeinanderprallen: Duzen als Respektlosigkeit, Duzen als Zeichen der Zuneigung. Es heißt: »... Dieser Halunke [gemeint ist der Ich-Held] duzt mich!« »Das ist noch lange nicht so unglaublich, als daß ein General einen Halunken duzt.«(77) Hier folgen sich gleichsam Service und Abschlag; die verbalen Tennisbälle fliegen in atemberaubender Geschwindigkeit hin und her. Der Major will den Profos rufen; aber der General gibt nach und geht zum Sie über. Der Ich-Held soll erschossen werden. Er


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erreicht es jedoch, daß er dem obersten Heeresführer Lopez Jordan vorgeführt wird. Von Lopez wird er ebenfalls mit Du angeredet, und zwar ostentativ: » Ich heiße Lopez Jordan. D u hast verlangt, mit mir zu sprechen. Ich hoffe, daß ich meine kostbare Zeit nicht grundlos an d i c h verschwenden muß ...« Er legte einen ganz besondern Ton auf das Du und Dich. Der General hatte also erzählt, daß ich ihm sofort sein Du zurückgegeben hatte, und nun wollte Jordan sehen, ob ich das bei ihm auch wagen werde ... Hatte ich dieses Du vorhin nicht gelitten, so brauchte ich es mir auch jetzt nicht gefallen zu lassen.(78) Er duzt den Revolutionär ohne weiteres. Dieser braust auf, und er erklärt ihm gelassen: »Ich folge ja nur deinem eigenen Beispiele.«(79) Er beansprucht also Gleichheit mit dem hochgestellten Mann und setzt sich so in Achtung. Die Botschaft, die er überbringt, macht ihn schließlich selbst zu einer wichtigen Person, die Lage hat sich zu seinen Gunsten verändert.

   Wie bei den Eigennamen sei auch hier abschließend darauf hingewiesen, daß Karl May oft im gleichen Roman mehrmals und zu Recht unterschiedlichen Zwecken von ein und demselben Motiv Gebrauch macht. In dem Kolportageroman ›Die Liebe des Ulanen‹ fühlt sich die Kellnerin Sally geschmeichelt, daß der Gast, in den sie vernarrt ist – Belmonte, vermeintlich ein Changeur (Wechselfälscher) –, sie in der Spelunke siezt. Für sie als Animiermädchen stellt das eine Rangerhöhung dar, da das Du nicht reziprok war: Das Mädchen eilte fort, stolz darauf, daß er sie jetzt mit dem ehrbaren ›Sie‹ angeredet hatte.(80) Nicht so sehr die Anrede als solche, sondern vor allem die Änderung der Anrede freut sie; sie zeigt ihr, daß sie aufgewertet ist. Im gleichen Werk aber ist das ›Sie‹, das der Lumpensammlerkönig Lemartel gegenüber dem flüchtigen Bajazzo gebraucht, der sich bei ihm vergeblich um Unterstützung bemüht, ganz im Gegenteil ein Mittel, Distanz zu schaffen und eine frostige Atmosphäre entstehen zu lassen. Der Bajazzo begehrt auf; er seinerseits stellt die frühere Freundschaft auf eine weit höhere Stufe: »... so intim, daß wir uns Du nannten, obgleich Sie mich jetzt mit dem ehrenvollen Sie beehren.«(81) In bitterer Ironie nennt er ehrenvoll, was in diesem besonderen Fall abweisend gemeint ist und was er auch so versteht. Zusammen mit dem Kaschemmenwirt Vater Main, der ebenfalls auf der Fahndungsliste steht, versucht er, den arrivierten Lumpensammlerkönig, einen zwielichtigen ehemaligen Diener, mit Hilfe eines verfänglichen Kästchens im Besitz des Wirtes zur Hilfeleistung zu nötigen. Lemartel aber gelingt es, das Corpus delicti an sich zu bringen. Nun kann er der Erpressung trotzen: Aus dem Umstande, daß er Euch anstatt Ihnen sagte, hätten sie sehr leicht auf die Aenderung seiner Gesinnung schließen können. Sie beachteten das nicht.(82) Wie die Billardkugel gleich zwei Kugeln treffen muß, so läßt May an dieser Änderung des Verhaltens bei der Anrede zwei Tatsachen gleichzeitig aufscheinen. Bei dem betrügerischen neureichen Domestiken bedeutete das anfängliche Sie


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frostiges noli me tangere; später verwandelte es sich in Servilität aus Furcht. Das plötzlich an seine Stelle tretende Du drückt Geringschätzung für den ausmanövrierten Gegner aus, den er bei seiner niedrigen Gesinnung schonungslos demütigt. Zugleich wird aber der Mangel an Feinfühligkeit bei der Gegenpartei manifest. Diese ist zu stumpfsinnig, um zu merken, daß die Änderung absichtsvoll ist, ihre Position sich also verschlechtert haben muß. Zwar ist es auffällig, daß sich der Bajazzo zuerst bei dem ›Sie‹ etwas dachte, nun bei dem ›Euch‹ nicht. Aber Karl May setzt bei seinen Lesern angesichts der prallen Handlungsfülle seiner Erzählungen kein so gutes Gedächtnis voraus, daß er solche psychologische Widersprüche vermeiden müßte.

   Auch in ›Deutsche Herzen, deutsche Helden‹ wertet der Dichter die Expressivität der Anrede gleich mehrmals aus. Als sich der hohe Stand des Sträflings Orjeltschasta herausstellt, zieht Sam Barth seine Konsequenzen: »Also Offizier! Da werde ich mir das Du sofort abgewöhnen.«(83) Gerade umgekehrt besteht der ehrpusselige sibirische Kreishauptmann auf Wechselseitigkeit der Ehrenbezeigung: »Sie sind Graf, und so nenne ich Sie Sie. Ich bin Kreishauptmann, und mein Sohn ist Rittmeister. Wir müssen dieses Sie auch für uns in Anspruch nehmen.«(84) Solche Arroganz erweist sich freilich später als unberechtigt, da sich der Kreishauptmann, wie sich herausstellt, seinen Aufstieg durch die Verurteilung eines Unschuldigen an seiner Stelle erkauft hat. Er pocht auf etwas, was ihm nicht zusteht. Gegen Schluß des Romans wird der Ausdruckskraft des Anredewechsels in einer ergreifenden Erkennungsszene eine ganz andere Aufgabe zugewiesen als in den erwähnten Gesprächen des anderen Romans zwischen dem Lumpensammler und dem Bajazzo. Georg von Adlerhorst steht der Mutter gegenüber, die für ihn eine Unbekannte geworden ist, so daß er sich zu dem Du, das am Platze ist, erst durchringen muß: »Irre ich mich oder nicht?« rief er aus. »Sie sind – – Du bist – – ?«(85) Es sei noch einmal auf die Stelle in ›»Weihnacht!«‹ zurückverwiesen, wo der Held und sein Schulkamerad sich in Amerika wiederbegegnen und Karl May Carpio ähnliche Worte in den Mund legt, ohne Rücksicht auf die Eigentümlichkeiten der englischen Sprache.


4. Collagen: Schema und Bild

Im Abenteuer- und Kriminalroman liegt es näher als bei anderen sprachlichen Kunstwerken, gelegentlich das Medium Wort durch das Medium Bild zu ersetzen und dadurch die Einheitlichkeit in der Übermittlung von Daten zu verletzen. Solche Romane wollen ja die Fiktion ausnutzen, keine Fiktion zu sein. Dichtung maskiert sich als Reportage. Es soll der Anschein erweckt werden, als sollte der Leser über Wirk-


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lichkeit unterrichtet, nicht mit Erfundenem unterhalten werden. Da ist dann ein Übersprung zu einem Darstellungsmittel, das in bestimmten Punkten besser informiert, als das zu Sätzen verbundene Wort, gelegentlich kein Verstoß – er scheint nicht den kontinuierlichen Eindruck zu stören, sondern die Auffassung durch den Leser zu fördern. So ist es kein Wunder, wenn Karl May von dieser Möglichkeit hie und da Gebrauch macht, um Authentizität seines Berichts vorzutäuschen. Dabei erweist er sich einmal mehr als ein gewandter, charmant verspielter Gestalter, der sein Publikum zu unterhalten weiß.

   In einer schalkhaften Rechtfertigung in direkter Apostrophe an seine Leserschaft begründet er einmal den Einschub einer einfachen Skizze in den Text mit der Möglichkeit, sein Buch könnte in die Hände eines Fachmanns für Feuerspritzen geraten, und mit seiner Eitelkeit, die ihn dränge, mit seinen Kenntnissen in Geometrie zu glänzen. Beides wirkt ironisch, da die Zahl der Besitzer von Spritzenfabriken sehr klein und die zur Schau gestellte Zeichenkunst nicht der Rede wert ist. Mit solchen Angaben will der Ich-Erzähler nur sein Publikum amüsieren und zum Lächeln bringen, sogar ohne weiteres auf eigene Kosten. Er erklärt dann die rohe Skizze in der Art, wie Leser es aus Lehrbüchern gewöhnt sind:  a b ist eine Wagenachse, an welcher sich in a und b zwei sehr hohe Räder drehen; auf ihr ruht das ... Gestell c a d b, dessen Widerstandsfähigkeit durch den Balken c d erhöht wird. Das Ganze bildet also einen zweiräderigen Wagen ...(86)

Der Zweck, weshalb der Dichter einen Augenblick das Wort durch die bildhafte Anschauung ersetzt und diese dann wieder in Worten kommentiert, ohne die sie gar nicht verständlich wäre, ist nicht Verdeutlichung, sondern einfach Abwechslung, die etwa erlahmendes Interesse wachhalten soll, besonders, da an der betreffenden Stelle spannende Erzählung durch weniger kurzweilige Beschreibung unterbrochen werden muß.

   Zu einem bildhaften Einschub nimmt Karl May auch im ägyptischen Teil seines Romans ›Im Lande des Mahdi‹ seine Zuflucht. Dort begleitet den Text ein Grundriß: Infolge der beiden Bretterverschläge ... hatte jeder ... Sklavenraum die Gestalt eines regelmäßigen Rechteckes, in welchem die Schwarzen in folgender Weise unterzubringen waren ... In der Mitte ..., da, wo ... das L steht, befand sich eine Luke.(87) Auch hier geht es


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mehr darum, dem angespannt auf die Worte achtenden Leser eine Ruhepause zu gönnen, während der er anders als gewöhnlich beansprucht wird. Daß das Bild mehr leistet als das Wort, läßt sich auch in diesem Fall kaum behaupten.

   Im letzten Kapitel von ›Satan und Ischariot III‹ wird ein Plateau bildlich dargestellt: Es bildete ein Dreieck ... Die hintere Seite a ist die ... felsige Höhe, hinter welcher ein Teil unserer Krieger versteckt lag. Die vordere Seite b deutet den Wald an ... Das c bezeichnet den tiefen Cañon ... Bei e ist die Oeffnung des Hohlweges ... und bei d führt der Weg jenseits wieder hinab ... Der Plan war nun, die Mogollons bei e heraufkommen und längs des Cañons c ... weiterreiten zu lassen.(88)

Hier geht es darum, Exaktheit und den Eindruck des strategischen Planspiels vorzutäuschen und zugleich dem Leser das Schauen auf die Fläche als ›Ausgleichssport‹ zu gönnen. Die Anschauung ist aber in Wirklichkeit unanschaulicher als der Text, da das Wort sich in Vorstellungen umsetzt, während das »abstrakte Dreieck«(89) mit seinen nüchternen Linien die Aufmerksamkeit festhält und kein klares Bild aufkommen läßt. Doch verräumlicht die Zeichnung die Angaben im Text. Dieser wirkt lange nach, da der Leser immer wieder von der Textstelle zur Skizze zurückblickt, die außerdem die Daten im Text zu einer Gesamtvorstellung verschweißt. Wohlweislich hat Karl May die Buchstaben für die Geländeteile dem Text und dem Bild gemeinsam zugeteilt, so daß der Leser in einer Art ›Phasenwechsel‹ hin und her pendelt.

   In einem weiteren Fall erlebt der Leser nicht so sehr die Zeichnung als vielmehr das Zeichnen. Ähnlich, wie Homer die Herstellung von Achilles' Schild statt Achilles' Schild beschreibt und so in die Statik des Bildhaften das zeitliche Element einbringt, geht auch Karl May vor. Wir lauschen dem Zwiegespräch zweier Männer, von denen der eine dem anderen die Lageverhältnisse in einem Gebäude begreiflich macht, indem er einen Grundriß zeichnet: »... Auch hast du von noch drei Räumen gesprochen, ohne zu erwähnen, in welcher Weise sie zusammenhingen ...« ... »Wie lagen die drei Räume zu dem ersten?« ... »Also bildeten diese fünf ... eine ganz regelmäßige Figur von gleichgroßen Vierecken,


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welche in Form eines Kreuzes aneinander stießen?« »Ja; ich will es dir zeigen.« Er ... zeichnete ... die nebenstehende Figur vor sich hin.(90)

Hier ist also die primitive Skizze nicht ein Stück – armseliger – Beschreibung, sondern ein integrierter Teil der Handlung; sie wird als Geschehen miterlebt. Schließlich dient sie der Verständigung der Beteiligten. Das hindert nicht, daß sie zugleich als Übergang in eine andere Darstellungsweise den Leser aus seinem Trott aufschreckt; sie hat – unter anderem – gewissermaßen auch die Funktion des Paukenschlags in Haydns Symphonie Nr. 94.


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Eine besonders große Skizze fügt May in die Erzählung ›Der Kiang-lu‹ ein: er zeichnet den Grundriß eines chinesischen Tempels, der Schauplatz nächtlicher Abenteuer ist, detailliert auf. Mit großer Wahrscheinlichkeit hat er sich hierbei an einer geographischen Quelle orientiert (an welcher, konnte bislang noch nicht eruiert werden). May rechtfertigt sich für den Bildeinschub: ein Rechteck, dessen Riß nebenstehend beigefügt ist, weil der Plan eines chinesischen Götzentempels vielleicht von Interesse sein dürfte.(91) Auch hier ist der Wechsel des Mediums fühlbarer, als wenn eine Illustration beigegeben würde. Es wird ja nicht von Wortkunst zu bildender Kunst übergegangen, was einen Verbleib beim Fiktiven und bei der Welt des Scheins bedeuten würde. Vielmehr wird die Fiktion vorübergehend – scheinbar – verlassen und auf einen Augenblick wissenschaftliche Information vorgetäuscht. Dadurch wird zugleich der Leser gezwungen, seine Haltung zu dem dargebotenen Stoffe einen Moment zu ändern. Halb spielerisch nötigt der Dichter sein Publikum zu einer geistigen Lockerungsübung, indem er für kurze Zeit die Sinnenfälligkeit zugunsten der Abstraktion aufgibt. Nun ist sie nicht mehr selbstverständlich, und deshalb wird sie bewußter genossen.

   Mit seinem gelegentlichen Wechsel vom Wort zum Bild steht May ganz in der Tradition der Romanarten, die gewinnen, wenn die Werke in ihrem Charakter als Kunstwerke verkannt werden, weil gelegentlich das sonst übliche Medium verlassen wird. Bei Poe heißt es einmal: »Die beste Vorstellung von der Gestalt des ganzen Abgrundes wird eine Zeichnung geben.«(92) Auch hier erlebt der Leser mit, wie unvollkommen die bildliche Darstellung ausfiel: »Diese Figur gibt die allgemeinen Umrisse des Abgrundes, ohne die kleinen Höhlen (...)«(93) Von einer zweiten Schlucht heißt es dann: »(...) Felsgemach, das dem soeben verlassenen, abgesehen von seiner länglichen Gestalt, durchaus glich. Ihr allgemeines Bild gibt diese Zeichnung.«(94) Auch hier soll Tatsächlichkeit des Erzählten vorgespiegelt werden.

   Dieser Wunsch, die Schlagbäume zwischen Realität und Fiktion abzubauen und die Erfindung als Widerfahrnis auszugeben, ist bei Karl May ganz besonders ausgeprägt. Man erinnere sich daran, daß er für Kara Ben Nemsi und Old Shatterhand gelten wollte, daß er eigens ein Gewehr nach dem Muster des Henrystutzens anfertigen und Postkarten von sich in orientalischem und Wildwest-Kostüm vertreiben ließ.

   Eine ganz andere Funktion als bei Poe hatte es, wenn in älteren Dichtungen vorübergehend Bilder die Worte vertraten. Bei dem Fräulein de Scudéry ist die Karte des Landes der Liebe als eine Allegorie zu verstehen.(95) Bei Laurence Sterne handelt es sich um romantische Ironie, also um das Zerbrechen der Illusion, wenn er die Eindrücke des sterbenden Yorick, der die Augen für immer schließt, durch eine einheitliche schwarze Fläche wiedergibt.(96)

   Geheimcodes durch Buchstaben und Zeichenlisten dem Verständnis


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des Lesers nahezubringen und also die Textzusammenhänge durch nicht zu Wörtern verwendete Buchstaben zu unterbrechen, hatte in Romanen, die sich an den Scharfsinn und nicht das Gemüt wenden, also im frühen Kriminalroman und ähnlichen Werkgattungen, zu Karl Mays Zeit ebenfalls bereits Tradition. Da bei Karl May sehr oft Verbrecher gejagt und kriminelle Handlungen aufgeklärt werden, sollte man neben der Herkunft vom älteren Abenteuerroman Karl Mays Filiation von der Kriminalstory der Romantik nachgehen, auch in anderen Punkten.

   In einem seiner Bücher ist das Taliq-Alphabet zweimal verschoben untereinandergeschrieben; in deutscher Umschrift lautet dies:(97)

A b c d e f g h i k l m n o p q r s t u
t u v w x y z A b c d e f g h i k l m n
        v    w    x    y    z . - - -
        o    p    q    r    s . - - -

Dies ist als ein Code aufzufassen; die Buchstaben in der zweiten und vierten Reihe treten in der Geheimschrift an die Stelle derer in der ersten und dritten. Es versteht sich, daß Chiffrierungen in Abenteuerromanen so einfach zu knacken sein müssen, daß ein Fachmann in der Abwehr keine Probleme damit hätte. Der Leser muß ja imstande sein, die Gedankengänge des Helden bei der Auflösung mitzuvollziehen. In einem anderen Fall sind Zahlzeichen aus zwei Kulturkreisen kombiniert:(98)

Arabisch:Chinesisch:
Erste Säule32
Zweite Säule47
Dritte Säule26

Eine Parallele dazu findet sich in Poes ›Gold-Bug‹, wo zunächst der chiffrierte Text dargeboten wird. Ganz wie bei Karl May erlebt der Leser mit, wie der Ich-Erzähler verzagt und Legrand ihm die Lösung in statu nascendi vorführt; akkurat wie bei dem Deutschen in dem zweiten Beispiel zweierlei Zahlen sind hier Zahlen, Satzzeichen, sonstige Zeichen wie Asterisken und Kombinationen als Ersatz für Buchstaben verwendet. Legrand benützt die Häufigkeit der einzelnen Buchstaben im Englischen, um den Text lesbar zu machen, dann errät er aus dem Zusammenhang die noch fehlenden Zeichen in ihrer Bedeutung.(99) Hier mag Champollions Entzifferung der Hieroglyphen oder auch Gabelsbergers Kurzschriftsystem Pate gestanden haben; auf jeden Fall aber mutet Poe seinem Publikum mehr Scharfsinn zu als der deutsche Dichter. Leichter hat es der Leser mit dem Skarabäus und der mehrfach – in ältestem Griechisch, normalem Altgriechisch, Latein, Mittelenglisch – transkribierten Tafel in Rider Haggards ›She‹.(100) Dort braucht er die Umsetzung nicht wirklich zu überprüfen; sein Verständnis leidet trotzdem nicht. Es bleibt der Eindruck einer Authentizität,


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den Dichtung mit dem Wort allein nicht in diesem Maß zu erzeugen vermöchte.


5. Ergebnisse

Es hat sich gezeigt, daß Karl May Bestandteile des Textzusammenhangs wie Namen oder Motive wie die Anrede zu ganz verschiedenen Zwecken als künstlerische Ausdrucksmittel gebraucht, daß er ferner recht vielfältige echte Zwecke damit verbindet, wenn er nicht-verbale oder nicht-textuale Darstellungsmittel wie zum Beispiel Skizzen inseriert. In dieser Hinsicht sind ihm bedeutende gestalterische Qualitäten zuzusprechen. Nicht nur, weil er eher mündlich zu ›erzählen‹ als zu ›schreiben‹ scheint, sondern auch, weil er sich bei aller Ähnlichkeit des Erzählguts seiner Werke doch nicht stupide wiederholt, fesselt er ein so großes Publikum. Gerade dadurch läßt er auch vergessen, daß die scheinbar so unerschütterliche Logik seiner Deduktionen oft auf eher schwachen Füßen steht. Er versteht es, ein buntes Bild zu entfalten und damit der Vielfalt der Realität gerecht zu werden.



1Vgl. Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXVII: Im Reiche des silbernen Löwen II. Freiburg 1898, S. 42.

2Vgl. Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXXI: Ardistan und Dschinnistan I. Freiburg 1909, S. 156.

3Vgl. ebd., S. 368.

4Schmidt spricht von ›heulenden Geschlechtlichkeiten‹, »symbolisiert in den bärenstarken Hunden ›Er‹ und ›Sie‹; die aber durch Kreuzung mit Dschinnistanrassen zu ›Bruder‹ und ›Schwester‹ veredelt werden können« (Arno Schmidt: Abu Kital. Vom neuen Großmystiker. In: Ders.: Dya Na Sore. Gespräche in einer Bibliothek. Karlsruhe 1958, S. 154).

5Vgl. Karl May: Der Geist des Llano estakado. In: Die Helden des Westens. Stuttgart (1890), S. 297.

6Karl May: Der schwarze Mustang. In: Der Gute Kamerad. 11. Jg. (1896/97), S. 18; Reprint der Karl-May-Gesellschaft. Regensburg 1991

7Karl May: Der Schatz im Silbersee. Stuttgart (1894), S. 228

8Karl May: Deutsche Herzen, deutsche Helden. Dresden 1885-87, S. 256; Reprint Bamberg 1976

9Karl May: Die Universalerben. In: All-Deutschland/Für alle Welt. 3. Jg. (1879); Reprint in: Karl May: Der Waldkönig. Hrsg. von Herbert Meier. Hamburg/Regensburg 1980

10 May: Der schwarze Mustang, wie Anm. 6, S. 199

11 Ebd., S. 214

12 May: Deutsche Herzen, deutsche Helden, wie Anm. 8, S. 318

13 Ebd.

14 Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXXII: Ardistan und Dschinnistan II. Freiburg 1909, S. 33

15 Ebd.

16 Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXVI: Im Reiche des silbernen Löwen I. Freiburg 1898, S. 548

17 Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. VI: Der Schut. Freiburg 1893, S. 68f.


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18 May: Ardistan und Dschinnistan I, wie Anm. 2, S. 555f.

19 May: Der Schatz im Silbersee, wie Anm. 7, S. 51

20 Wolf-Dieter Bach: Sich einen Namen machen. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft (Jb-KMG) 1975. Hamburg 1974, S. 72

21 May: Der Schatz im Silbersee, wie Anm. 7, S. 51

22 Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. XV: Old Surehand II. Freiburg 1895, S. 95

23 May: Ardistan und Dschinnistan I, wie Anm. 2, S. 106

24 Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. XVI: Im Lande des Mahdi I. Freiburg 1896, S. 46

25 Ebd., S. 10

26 Johann Gottfried Seume: ›Der Wilde‹. In: Prosaische und poetische Werke. Fünfter Theil. Gedichte. Berlin o. J., S. 59

27 Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXVIII: Im Reiche des silbernen Löwen III. Freiburg 1902, S. 57

28 May: Deutsche Herzen, deutsche Helden, wie Anm. 8, S. 209

29 Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXII: Satan und Ischariot III. Freiburg 1897, S. 34

30 Ebd., S. 45

31 Ebd., S. 34f.

32 Ebd., S. 35

33 Karl May: Die Liebe des Ulanen. In: Deutscher Wanderer. 8. Bd. (1884), S. 867f.; Reprint Bamberg 1995

34 Ebd., S. 1274

35 Ebd., S. 1042

36 Ebd., S. 993

37 May: Deutsche Herzen, deutsche Helden, wie Anm. 8, S. 1591

38 Ebd., S. 1676

39 Ebd., S. 1592

40 Ebd., S. 1676

41 Ebd., S. 1616

42 May: Ardistan und Dschinnistan I, wie Anm. 2, S. 556

43 Johann Wolfgang von Goethe: Faust. Der Tragödie erster Teil, Vers 3456ff.

44 Schlagerlied aus der Operette ›Diana geht auf die Jagd‹, Musik: Herbert Küster

45 May: Im Reiche des silbernen Löwen III, wie Anm. 27, S. 22

46 May: Im Reiche des silbernen Löwen I, wie Anm. 16, S. 139

47 Siehe auch: Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXIX: Im Reiche des silbernen Löwen IV. Freiburg 1903, S. 399

48 May: Old Surehand II, wie Anm. 22, S. 361

49 Ebd., S. 219

50 May: Der Schatz im Silbersee, wie Anm. 7, S. 292; vgl. auch Thomas M. Scheerer: Karl May: ›Der Schatz im Silbersee‹. In: Jb-KMG 1997. Husum 1997, S. 275-91

51 May: Der Schatz im Silbersee, wie Anm. 7, S. 199; hier ist anzumerken, daß ja wohl englisch gesprochen wird, die Bemerkung also unsinnig ist.

52 May: Der schwarze Mustang, wie Anm. 6, S. 184f.

53 Ebd., S. 185

54 Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXIV: »Weihnacht!«. Freiburg 1897, S. 148

55 Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XIX: Old Surehand III. Freiburg 1896, S. 250

56 Ebd.

57 May: Der schwarze Mustang, wie Anm. 6, S. 127f.

58 Ebd., S. 128

59 May: Der Geist des Llano estakado, wie Anm. 5, S. 249; auch hier ist die Bemerkung unsinnig, da englisch gesprochen wird.

60 May: Im Reiche des silbernen Löwen III, wie Anm. 27, S. 60

61 May: Der Schatz im Silbersee, wie Anm. 7, S. 2

62 May: Der schwarze Mustang, wie Anm. 6, S. 18


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63 Ebd.

64 May: Old Surehand III, wie Anm. 55, S. 233f.

65 Ebd., S. 236

66 May: Old Surehand II, wie Anm. 22, S. 40; wiederum eine unsinnige Konstruktion, da englisch gesprochen wird.

67 May: Im Reiche des silbernen Löwen IV, wie Anm. 47, S. 199; Duzbrüderlichkeit ist hier Metapher: Sie sagte nicht du, sondern sprach nur im allgemeinen vertraulich.

68 Karl May: Die Sklavenkarawane. Stuttgart (1893), S. 348

69 Ebd., S. 348f.

70 May: Deutsche Herzen, deutsche Helden, wie Anm. 8, S. 396

71 May: Old Surehand II, wie Anm. 22, S. 94

72 May: Im Reiche des silbernen Löwen II, wie Anm. 1, S. 423

73 Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXI: Satan und Ischariot II. Freiburg 1897, S. 479

74 May: Der schwarze Mustang, wie Anm. 6, S. 5

75 May: Der Schatz im Silbersee, wie Anm. 7, S. 238

76 May: »Weihnacht!«, wie Anm. 54, S. 364

77 Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. XII: Am Rio de la Plata. Freiburg 1894, S. 459

78 Ebd., S. 471

79 Ebd.

80 May: Die Liebe des Ulanen, wie Anm. 33, S. 888

81 Ebd., S. 935

82 Ebd., S. 940

83 May: Deutsche Herzen, deutsche Helden, wie Anm. 8, S. 1648

84 Ebd., S. 1709

85 Ebd., S. 2518

86 Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XVIII: Im Lande des Mahdi III. Freiburg 1896, S. 217 (Die Zeichnungen – hier und in den folgenden Fällen – sind Faksimiles aus den Maytexten.)

87 May: Im Lande des Mahdi I, wie Anm. 24, S. 165f.

88 May: Satan und Ischariot III, wie Anm. 29, S. 548f.

89 Martin Lowsky: More geometrico oder Der Brotlaib auf dem Schreibtisch. Über Karl Mays Erzählen. In: die horen. Zeitschrift für Literatur, Kunst und Kritik. 178 (1996), S. 39

90 May: Im Reiche des silbernen Löwen I, wie Anm. 16, S. 585f.

91 Karl May: Der Kiang-lu. In: Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. XI: Am Stillen Ocean. Freiburg 1894, S. 214f.

92 Edgar Allan Poe: Die denkwürdigen Erlebnisse des Arthur Gordon Pym (Übersetzung Hedda Eulenberg). München 1970, S. 183

93 Ebd.

94 Ebd., S. 186

95 Madeleine de Scudéry: Clélie, histoire romaine. 10 Bde. 1654-1660, mit der Carte de Tendre

96 Laurence Sterne: Das Leben und die Ansichten Tristram Shandys. München 1967, S. 38

97 May: Im Reiche des silbernen Löwen IV, wie Anm. 47, S. 62

98 May: Ardistan und Dschinnistan II, wie Anm. 14, S. 355

99 Edgar Allan Poe: Der Goldkäfer (Übersetzung Hans Wollschläger). In: Edgar Allan Poe. Das gesamte Werk in zehn Bänden. Hrsg. von Kuno Schumann und Hans Dieter Müller. Bd. 2. Freiburg i. Br. 1976, S. 903f.

100 Henry Rider Haggard: She. München 1984, S. 31f. (Heyne-Taschenbuch 4130)


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