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INGWERT PAULSEN

Heinz W. Hass zum Gedächtnis



Wohl kaum einer der Teilnehmer an der Tagung des Mitarbeiterkreises der Karl-May-Gesellschaft im März 1999 in Bovenden bei Göttingen wird sich ohne Wehmut an die für die meisten letzte Begegnung mit einer Persönlichkeit erinnern, die der Gesellschaft in besonderer Weise verbunden war. Heinz W. Hass mag gespürt haben, dass über seiner Anwesenheit als Senior dieses Kreises, schon deutlich gezeichnet vom Alter und einer Krankheit, mit der er in der ihm eigenen Tapferkeit umging, auch ein Hauch von Abschied lag. Mit besonderer Freude wird er daher während der Tagung die folgende Ankündigung vernommen haben: in ›seinem‹ Verlag - diese Formulierung sei dem Altverleger an dieser Stelle in Dankbarkeit gewidmet, auch wenn der Verlag heute als Hans Verlag Ingwert Paulsen jr. firmiert - konnte mit Oliver Gross' ›Old Shatterhands Glaube‹, dem ersten Band der neuen Reihe ›Materialien zum Werk Karl Mays‹, von der KMG ein überaus erfolgreicher Anfang für eine neue Reihe geschaffen werden. Ein Anfang freilich, der nicht vergleichbar ist mit dem Wagnis, das Heinz Hass auf sich nahm, als er am 14. April 1970 als Verleger seine Bindung mit der Karl-May-Gesellschaft einging

   Denn an diesem Tag wurde der Verlagsvertrag über die Jahrbücher unterzeichnet, der die Gesellschaft von jeglicher Verpflichtung freihält, »großzügig und entgegenkommend, wie ihn selten ein Verleger abschließt«, wie auch für künftige Generationen noch nachzulesen ist in Erich Heinemanns Chronik ›Eine Gesellschaft für Karl May‹ - auch dieses Buch erschien notabene in ›seinem‹ Verlag. Und weiter: Heinz W. Hass »hat (...) dabei nicht als gewinnorientierter Geschäftsmann gehandelt; er hat ganz einfach helfen wollen, weil er spürte, daß hier aus Idealismus ein Werk im Entstehen war. Er sah eine schöne Gemeinschaftsaufgabe, an der nicht nur Köpfe, sondern auch Herzen mitwirkten, und ihr fühlte er sich verbunden.«


   Diese Worte sind in der Tat kennzeichnend für die Persönlichkeit Heinz Hass', dessen Lebenslauf wie bei so vielen seiner Jahrgänge geprägt war von den geschichtlichen Ereignissen, die Walter Kempowski in seinem Werk sicher nicht zu Unrecht als die »Tragik des deutschen Volkes« bezeichnete. Vielen seiner Freunde und Weggefährten werden die beharrlich vorgetragenen Ansichten zu politischen un dkulturellen Ereignissen und Entwicklungen in Erinnerung bleiben, mit denen auch der Mut verbunden war, nicht immer dem, was vordergründig als Zeitgeist angesehen wird, zu entsprechen. In einer Zeit, in der allenthalben in den Verlagen das Wort vom »Outsourcing« umgeht und zunehmend ehemals fachkundig besetzte Lektorate


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aufgelöst oder mit Aushilfkräften betrieben werden, war Heinz Hass aber auch ein Idealist darin, nicht von dem Ziel abzuweichen, mit einer fehlerfreien Verlagsproduktion vor seine Leser zu treten. Für die Verifizierung der Schreibweise eines Namens klaglos eine Fahrt zum Hamburger Hauptpostamt mit seinem reichen Bestand an Telefonbüchern in Kauf genommen und tauchte in einer Drucksache dennoch einmal ein Name in zwei Schreibweisen auf, dann wurde als ultima ratio ein korrigierender Neudruck auf eigene Kosten veranstaltet.

   So verwundert es nicht, dass auch nach dem Ausscheiden von Heinz Hass aus der aktiven Tätigkeit als Verleger und Hersteller des Jahrbuchs Jahr für Jahr von seinen Nachfolgern die Frage neu gestellt wurde: »Wie hat Herr Hass das Jahrbuch beurteilt? Stimmte die Satzästhetik, war Papierqualität in Ordnung, konnte die buchbinderische Herstellung vor seinen kritischen Augen bestehen?« Die von ihm vorgenommene Manöverkritik, zu der auch die an der Herstellung beteiligten Mitarbeiter persönlich hinzugezogen wurden, blieb Tradition. So werden wir uns auch zukünftig Jahr für Jahr diese Frage stellen als beweis dafür, dass das Wirken des am 10. Oktober 1911 geborenen Altverlegers Heinz W. Hass mit seinem Tod am 3. April 1999 kein Ende gefunden hat, sondern in jedem neuen Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft weiterhin sichtbaren Niederschlag finden wird. Dafür werden die Mitglieder der Karl-May-Gesellschaft und alle Leser der Jahrbücher ihm und seiner Witwe, die seinen verlegerischen Idealismus aus Überzeugung mit getragen und treue Hilfestellung geleistet hat, über die Zeiten fort dankbar sein.




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