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JÜRGEN SEUL


Karl May und die Justiz
Vorläufige Bemerkungen zum Stand der juristischen Karl-May-Forschung





Die zahlreichen juristischen Auseinandersetzungen, in die Karl May zeitlebens verwickelt war, sind bis heute in ihrem gesamten Umfang noch nicht erforscht. Ausgerechnet von Mays schlimmstem Feind, dem Journalisten Rudolf Lebius (1868-1946), ist das umfangreichste kommentierte Aktenkonvolut zu Mays Prozessen unter dem Titel ›Die Zeugen Karl May und Klara May. Ein Beitrag zur Kriminalgeschichte unserer Zeit‹1 veröffentlicht und überliefert. Das Buch ist jedoch aufgrund seiner prozesstaktisch bedingten feindseligen Intention mit wissenschaftlicher Vorsicht zu betrachten.


Lebius' Buch vermag daher, recht gelesen, durchaus zur Auffindung der historischen Wahrheit beizutragen (...). Als Faustregel folgt daraus, daß Passagen in Frakturschrift (...) mit Skepsis aufzunehmen sind und keinesfalls ungeprüft zur historischen Rekonstruktion herangezogen werden können. Hinsichtlich der Gerichtsakten bleibt zu beachten, daß sich Lebius auf eine Auswahl der Dokumente beschränkt, die durch seine prozessualen Absichten bestimmt ist. Es muß also damit gerechnet werden, daß Material, das May entlastet oder dessen Rechtsstandpunkt bestätigt, stillschweigend weggelassen wird.2


Zu Lebzeiten des Dichters beschäftigte sich fast kein Jurist, auch nicht bekannte und an den konkreten Rechtsfällen beteiligte Rechtsanwälte, wie etwa Oskar Gerlach (1870-1939)3 oder Justizrat Erich Sello (1852-1912),4 wissenschaftlich mit dem Phänomen Karl May und seiner Verstrickung mit der Justiz. Auch der spätere May-Verleger Euchar Albrecht Schmid (1884-1951), der sich seit 1906 vor allem publizistisch, aber auch als juristischer Sachverständiger,5 für den Schriftsteller eingesetzt hatte, verzichtete - obwohl von Haus aus Jurist und May-Kenner - auf eine vertiefte wissenschaftliche Untersuchung der May'schen Prozesse.6 Er trug sich vielmehr mit dem Gedanken, dies anderen zeitgenössisch bekannten Vertretern der Jurisprudenz zu übertragen und bemühte sich darum, Klara Mays


Einwilligung zu erlangen, dass die Straf- und Polizeiakten Karl Mays von einem feinsinnigen und wohlwollenden Gelehrten geprüft und seine Vergangenheit erklärt und psychologisch entschuldigt werde. Der berühmte Jurist und Landgerichtsdirektor Albert Hellwig7 hat sich wiederholt dazu bereit erklärt, Frau May aber lehnte immer wieder ihre Zustimmung ab.8


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So blieb der Nachwelt lediglich ein Jahrbuch-Aufsatz von Hellwig, in dem er sich mit May auseinandersetzt.9 Ein anderer Auserwählter war der Dresdner Kriminalpsychologe, Staatsanwalt und Ministerialdirektor Wolf Hasso Erich Wulffen (1862-1936), der dabei anfangs noch eine distanzierte Haltung zu May einnahm, was möglicherweise auf seine berufliche Beteiligung in einem ›May-Fall‹10 zurückzuführen ist. Aus diesem Grunde widmete Wulffen dem Schriftsteller auch keine fallorientierte Untersuchung, sondern verfasste allgemeine kriminalpsychologische Studien,11 in denen Mays Delinquenz und ihre Ursachen - ohne dass der Schriftsteller namentlich genannt wurde - nur in kurzen Passagen innerhalb des Gesamtkomplexes abgehandelt wurden. Dabei ließ er, wie schon Hainer Plaul zutreffend beurteilte, »jene Vorsicht und Sorgfalt« außer Acht, »wie dies im selbstverständlichen Interesse der Integrität ihres ›Urhebers‹ notwendig gewesen wäre«.12 Allerdings korrigierte Wulffen später seine Haltung zu Karl May und beteiligte sich nach dessen Tod aktiv in der Karl-May-Forschung, wobei er z. B. für die ›Karl-May-Jahrbücher‹, die seit 1918 bei Schottländer in Breslau und von 1920 bis 1933 beim Karl-May-Verlag in Radebeul publiziert wurden, insgesamt vier Beiträge13 verfasste. Bedauerlicherweise stellten diese Arbeiten keine vertieften juristischen Studien und Aufbereitungen zum ›Fall Karl May‹ dar, woraus ihr - aus Sicht der juristischen May-Forschung - Manko entsteht, sich zu allgemein mit der »Problematik des inneren Zusammenhangs zwischen Kunst und Verbrechen«14 und weg vom speziellen Fall May zu beschäftigten. Anders hingegen verhielt es sich mit der bis heute unveröffentlichten Studie ›Karl Mays Inferno‹, auf deren Erscheinen der Karl-May-Verlag noch in den sechziger Jahren hinwies,15 leider ohne der Ankündigung die Umsetzung folgen zu lassen. Da Wulffen Einblick in viele längst vernichtete Originalakten besaß, ist der mutmaßliche Stellenwert dieser Arbeit hoch anzusetzen. Dass Wulffens Beschäftigung mit Karl May - vor allem seiner Delinquenz - das Ausmaß vertiefter wissenschaftlicher Forschungen annahm, lässt sich schon handschriftlichen Skizzen aus seinem Nachlass entnehmen. Auf mehreren Seiten finden sich unter der Überschrift ›Vorläufer: Karl May. Aus den Akten des Kgl. Landgerichtes Mittweida‹ Anmerkungen über einzelne Straftaten Mays.16

   Ein anderer Jurist, Otto Forst-Battaglia (1889-1965), widmete May in den 30er Jahren einen Essay, der die psychologische und soziologische Problematik vor allem auch des Straftäters Karl May beleuchtete und hier manche juristische Überlegung (z. B. Pseudologia phantastica) zu Papier brachte, die später wieder von Claus Roxin aufgegriffen werden sollte.17

   Roxin war es, der die erste umfassende kriminologisch fundierte und richtungsweisende Untersuchung18 der May'schen Delinquenz 1971 vorlegte. Er präzisierte seine Untersuchungen 1978 in seiner zweiten kriminologischen Forschungsarbeit,19 die noch immer als maßgeblich anzusehen ist. Auf Roxins Forschungsergebnisse wird an späterer Stelle noch eingegangen. Ein dritter Beitrag20 des Münchener Strafrechtsgelehrten beleuchtete die


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Hintergründe der Rechtsbeziehungen zwischen Karl May und Rudolf Lebius, insbesondere im Hinblick auf das legendäre Berufungsverfahren von Moabit am 18. Dezember 1911, auf das gleichfalls nachfolgend noch eingegangen wird.

   Nicht nur eine Darstellung zu den Rechtsbeziehungen zwischen May und Lebius, sondern einen Gesamtgrundriss über die Prozesse des Schriftstellers lieferte Maximilian Jacta21 im Rahmen einer mehrbändigen Dokumentation über berühmte Strafprozesse der Weltgeschichte. Der Beitrag stellt die beste juristisch fundierte und komprimierte Gesamtdarstellung des Themas ›Karl May und die Justiz‹ dar. Vom gleichen Autor stammen, allerdings unter seinem bürgerlichen Namen Erich Schwinge erscheinend, die juristischen Vorerläuterungen zur ersten Aktendokumentation eines Karl-May-Prozesses von 1973 durch Fritz Maschke.22 Die Dokumentation belegt ein Fehlurteil gegen den Dichter wegen angeblicher Amtsanmaßung aus dem Jahr 1879, das in die Karl-May-Forschung vor allem als die ›Affäre Stollberg‹ einging. Erst mehr als zwei Jahrzehnte nach des Dichters Tod, so wird berichtet,23 erhielt der Verleger Euchar Albrecht Schmid Kenntnis davon, dass es so etwas wie die ›Stollberg-Akte‹ überhaupt gegeben hat, und erst 1958 gelang es Adolf Stärz, die betreffenden Akten im Sächsischen Hauptstaatsarchiv (HStA) Dresden ausfindig zu machen. In gewisser Weise war das Auffinden eines weiteren Strafprozesses mit anschließender Gefängnisstrafe Karl Mays eine Sensation, hatte die May-Forschung bis dahin doch angenommen, dass der Schriftsteller im Zuchthaus Waldheim seine letzte Strafe verbüßt habe.

   Erstmalig zu Beginn der 80er Jahre legte Gerhard Klußmeier für die Karl-May-Gesellschaft insgesamt drei kommentierte Aktendokumentationen zu einzelnen Karl-May-Prozessen nach der Jahrhundertwende vor. Die beiden ersten Dokumentationen24 waren zudem mit juristischen Nachbemerkungen von Claus Roxin versehen - die dritte25 entstand in Zusammenarbeit mit Hansotto Hatzig. Inhaltlich behandeln die Dokumentationen typische Presseprozesse wegen Beleidigung, die Karl May gegen Journalisten, Verleger und Herausgeber im letzten Lebensjahrzehnt führte. Leider wurde die Reihe der Aktendokumentationen zunächst nicht mehr fortgesetzt. Erst Mitte der 90er Jahre setzte die Karl-May-Gesellschaft mit Schaffung einer eigenen ›Juristischen Schriftenreihe‹ unter der Herausgeber- und Autorschaft des Verfassers dieses Beitrages die juristische Dokumentierung der May'schen Prozesse fort.

   Die beiden ersten Bände26 widmeten sich dabei zwei Presseprozessen des Schriftstellers gegen die Verantwortlichen zweier Zeitungen in Mays Heimatstadt Hohenstein-Ernstthal. Der Unterschied dieser neuen Schriftenreihe zu den von Gerhard Klußmeier dokumentierten Verfahren besteht in erster Linie in einer durchgehend juristischen Kommentierung der einzelnen Akten, weshalb spezielle juristische Nachbemerkungen entfallen konnten. Wichtige biographisch-juristische Ergänzungen zu den ›Hohen-


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stein-Ernstthaler-Verfahren‹ lieferte auch die Schriftenreihe des Karl-May-Hauses: die ›Karl-May-Haus-Information‹27 wie auch die vorbildliche Pressedokumentation von Hans-Dieter Steinmetz ›Karl May in der Hohenstein-Ernstthaler Lokalpresse 1899-1912‹.28 In diesen Beiträgen wurden wesentliche Details vorgelegt, die der Aufklärung wie auch dem Gesamtverständnis der May'schen Prozesse vor Ort sehr dienlich sind.

   Ein dritter Band29 der ›Juristischen Schriftenreihe‹ dokumentiert zwei miteinander in Zusammenhang stehende Verfahren wegen Lebius beleidigender Artikel von Marie Louise (›Lu‹) Fritsch (1890-1959) in der ›Stettiner Gerichtszeitung‹.30

   Von Hans-Dieter Steinmetz stammt auch ein wichtiger kommentierter Beitrag zu den Mittweidaer Untersuchungsakten, von denen ein Teil trotz der insgesamt erfolgreichen Vernichtungsaktion Klara Mays 1922 erhalten geblieben ist.31

   Ein besonderes Dilemma der juristischen May-Forschung besteht nach wie vor darin, dass keine juristisch kommentierten Dokumentationen der Strafprozesse aus Mays Vagantenzeit, der beiden großen Zivilprozesse mit Pauline Münchmeyer (1840-1928) wie auch des berühmten Charlottenburger/Moabiter Strafverfahrens Mays gegen Rudolf Lebius vorliegen.

   Immerhin bietet das Nachwort von Klaus Hoffmann32 zum Waldröschen-Reprint des Olms-Verlags von 1971 auch eine in juristischer Hinsicht außerordentlich informative Gesamtdarstellung zu den Auseinandersetzungen zwischen Karl May und Pauline Münchmeyer. Zuletzt gelang es Hans-Dieter Steinmetz, zwei Urteile zu diesen Verfahren mit ihren umfangreichen Entscheidungsgründen vollständig vorzulegen und zu kommentieren.33

   Daneben lieferte Volker Griese34 eine aufschlussreiche und erläuterte Zusammenstellung bekannter Schriftsätze und Pressemitteilungen über das erstinstanzliche Verfahren in Charlottenburg, während Rudolf Beissel35 (1894-1986) einen Augenzeugenbericht von der Berufungsverhandlung in Moabit vorlegte und sich auch Roxin36 in einem bereits angesprochenen Essay mit Mays wichtigstem Prozess-Sieg gegen Lebius auseinander setzte.

   Nicht vergessen sei an dieser Stelle eine lesenswerte Zusammenfassung der Justizkampagnen gegen Karl May, die Gert Ueding 1996 im Rahmen eines Sammelbandes über die großen Prozesse in der Geschichte präsentierte.37

   Zuletzt legte Gabriele Wolff38 ihre ›Ermittlungen in Sachen Frau Pollmer‹ vor. Die monographische Untersuchung widmet sich Karl Mays literarischer Auseinandersetzung mit seiner geschiedenen Frau Emma Pollmer. In einem eigenen Abschnitt39 wird dabei die May-Studie ›Frau Pollmer, eine psychologische Studie‹40 auf ihre Eigenschaft als Prozess-Schrift untersucht und in dieser Eigenschaft abgelehnt.

   Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass man es hier mit Konvoluten zu tun hat, deren Akten und Einzelschriftstücke teilweise entweder bewusst auf Veranlassung von Klara May (1864-1944) vernichtet wurden, oder aber


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auch der behördlichen Skartierung41 zum Opfer fielen oder in Privatarchiven42 ihrer überfälligen Auswertung harren. So lässt sich gegenwärtig nur ein grober Überblick über den Umfang der May'schen Verfahrenskomplexe wiedergeben, der keinen Anspruch auf Vollständigkeit beanspruchen kann. Zwar verweist Klaus Hoffmann auf ein umfangreiches juristisches ›Repertorium von Akten‹ und spricht für den Zeitraum von 1859 bis 1912 von insgesamt ca. 150 Nachweisen zu Disziplinar- und Strafverfahren, polizeilichen und gerichtlichen Untersuchungen und Verfahren, Privatklage- und Zivilprozessen, die Leben und Werk Karl Mays betreffen,43 doch lässt sich diese Anzahl bislang nicht belegen.44

   Grundsätzlich lassen sich bei Karl May vier größere Lebensabschnitte herausgreifen, in denen er in juristische Verfahren verstrickt war: die Straf- und Disziplinarverfahren während seiner Adoleszenz- und Jungerwachsenenzeit (1860-1870), die weiteren Strafverfahren während der 70er Jahre (1875-1879), die Zivil- und sonstigen Verfahren der Aufstiegsjahre (1888-1892) und schließlich die Altersprozesse (1901-1912). Nachfolgend sollen alle Verfahren benannt werden, zu denen der Karl-May-Gesellschaft Unterlagen vorliegen oder zu denen aus der Sekundärliteratur konkrete Hinweise bekannt sind. Angefügt sind auch Auskünfte über die jeweiligen Aktenbestände, wie sie - zumeist aus dem Bestand des HStA Dresden stammend - der Forschung derzeit zur Verfügung stehen.



1. Straftaten der Adoleszenz- und Jungerwachsenenzeit


Bekanntermaßen beging Karl May als junger Mann eine Reihe von Straftaten, die zu mehreren Haftstrafen führten. Eingeleitet wurde die delinquente Entwicklung allerdings schon durch einen Vorfall während der Lehrerausbildung auf dem Seminar in Waldenburg, der aufgrund seines engen Zusammenhanges mit den nachfolgenden Ereignissen zum juristischen Gesamtkomplex hinzuzurechnen ist. Der genaue Ablauf der einzelnen Taten ist mittlerweile recht umfassend durch die Forschung geklärt und dokumentiert.45 Aus heutiger Sicht werfen die von der zeitgenössischen Justiz und den Disziplinarbehörden geahndeten Verfehlungen Karl Mays während der Adoleszenzzeit einige Fragen hinsichtlich ihrer tatbestandlich korrekten Erfassung und angemessenen Sanktionierung auf: Die Entlassung des siebzehnjährigen Seminaristen May aus dem Lehrerseminar in Waldenburg wegen des so genannten ›Kerzendiebstahls‹ auf Beschluss des sächsischen Ministeriums des Kultus und öffentlichen Unterrichts vom 28. Januar 186046 stellte in jedem Fall eine übermäßige Folge dar. Immerhin blieb May ein Einschreiten der Justizbehörden erspart.

   Die Gesamtumstände bei Begehung des ›Uhrendiebstahls‹ (nebst anderen Habseligkeiten) an der Fabrikschule Solbrig47 in Altchemnitz lassen vermuten, dass sich May der Strafbarkeit seines Handelns nicht bewusst ge-


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wesen war, er also nicht vorsätzlich gehandelt hatte. »Denn da nach Lage der Dinge nur er [May] die Gegenstände an sich genommen haben konnte, wäre er als Dieb von vornherein entlarvt gewesen.«48

   Dennoch kam es im Strafverfahren gegen »C. F. Mai« in der Hauptverhandlung vom Februar vor dem Kgl. Gerichtsamt Chemnitz zu einer Verurteilung Mays zu sechs Wochen Gefängnis. Ob die Verurteilung Mays wegen Diebstahl erfolgte, ist nicht zweifelsfrei geklärt. Das ausgesprochene Strafmaß spricht für eine Verurteilung wegen »widerrechtlicher Benutzung fremder Sachen.«49 Dem steht allerdings entgegen, dass ein amtlicher Beleg existiert, der ausdrücklich von Diebstahl spricht,50 was noch eindeutiger als Fehlurteil zu betrachten ist. Die Berufung Mays gegen das erstinstanzliche Urteil wurde abgewiesen.51 Nachfolgend wurden zwei erfolglose Gnadengesuche gestellt, einmal von May selber, ein weiteres von seinen Eltern. Die Strafverbüßung erfolgte schließlich im Bretturm, dem Chemnitzer Stadtgefängnis, vom 8. September 1862 bis zum 20. Oktober 1862.52

   Der Entlassung und Streichung des nun vorbestraften Karl May aus der Kandidatenliste für das Schulamt53 folgte der soziale Absturz in die Mittellosigkeit. Gelegenheitstätigkeiten, wie Privatstunden, Veranstaltungen als Rezitator, Auftritte als Kapellmeister und erste literarische und kompositorische Arbeiten konnten in der Folgezeit nur unzureichend den Lebensunterhalt gewährleisten und mündeten letztlich in die Vagantenzeit.

   In diesem Lebensabschnitt präsentierte sich ein ganz anderer Straftäter Karl May als noch während der Adoleszenzphase: Der wesentliche Unterschied bestand darin, dass May nunmehr offenkundig bewusst und willentlich agierte, wofür die sorgfältige Planung und das kaltblütige Auftreten, kurz: das Vorsätzliche seines Tuns sprechen.54 Es waren keine moralischen Leichtfertigkeiten, wie noch zuvor, die May verschiedene Eigentumsdelikte begehen ließen, sondern seine grundsätzliche Entscheidung für die Illegalität.

   Zwischen Juli 1864 und März 1865 betätigte sich May in mehreren hochstaplerischen Rollen und erbeutete als Dr. med. Heilig, als Seminarlehrer Lohse und Herr Hermes zahlreiche Pelze und andere Kleidungsstücke.55 Das Kgl. Bezirksgericht Leipzig verurteilte May dafür in der Hauptverhandlung vom 8. Juni 1865 wegen »mehrfachen Betrugs«56 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und einem Monat Arbeitshaus. Die Strafverbüßung erfolgte im Arbeitshaus Schloss Osterstein, in das er am 14. Juni 1865 eingeliefert wurde.57

   Nach der Begnadigung und damit bedingten frühzeitigen Haftentlassung am 2. November 1868 nahm May seine frühere Vagantentätigkeit wieder auf. Erneut trat er wieder zwischen März und Juli 1869 als betrügerischer Hochstapler in mehreren Fällen, zuletzt aber auch als Dieb auf. Das Kgl. Bezirksgericht Mittweida verurteilte ihn für diese Straftaten in der Hauptverhandlung vom 13. April 1870 wegen einfachen und ausgezeichneten Diebstahls, Betrugs und Betrugs unter erschwerenden Umständen sowie


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wegen Widersetzung gegen erlaubte Selbsthülfe und Fälschung unter Berücksichtigung seiner Rückfälligkeit zu einer Zuchthausstrafe von 4 Jahren und zur Übernahme der Untersuchungskosten.58 Mays Pflichtverteidiger, der Advokat Karl Hugo Haase (1827-1873), reichte mit Datum vom 17. Mai 1870 Berufung gegen das Urteil ein. Wie Klaus Hoffmann zu Recht konstatiert hat,59 zeichnet sich der Schriftsatz durch ein fatales Desinteresse und Lustlosigkeit aus:


Die dem Angeklagten in erstinstanzlicher Erkenntniß zuerkannte Strafe halte ich nur deßwillen für zu hoch, weil nicht sowohl Schlechtigkeit und Böswilligkeit den Angeklagten zu den Verbrechen getrieben zu haben scheinen, als vielmehr grenzenloser Leichtsinn und die angeborene Kunst, den Leuten etwas vorzumachen und daraus Gewinn zu ziehen. Die ganze Persönlichkeit des Angeklagten machte in der Hauptverhandlung den Eindruck eines komischen Menschen, der gewissermaßen aus Übermuth auf der Anklagebank zu sitzen schien. Und auch in den Acten kennzeichnen sich die meisten seiner Verbrechen in ihrer Ausführung mehr als leichtsinnige Streiche wie als böswillige Verbrechen, wennschon ich anerkenne, daß der Angeklagte ein gemeinschädliches Individuum ist ... Hiermit glaube ich, das Wenige, was für den Angeklagten spricht, herangezogen zu haben ...60


Das Kgl. Sächsische Oberappellationsgericht Dresden wies in seiner Entscheidung vom 16. Mai 1870 die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil ab. Auf das Gnadengesuch Mays antwortete das Justizministerium am 30. April 1870: »S. Kg. Hoheit der Kronprinz im Auftrag und Stellvertretung Sr. Maj. des Kgs haben auf Anrufen Allerhöchster Gnade sich nicht bewogen gefühlt (...) Begnadigung eintreten zu lassen.«61 Aus diesem Grunde musste May am 3. Mai 1870 seine vierjährige Freiheitsstrafe im Zuchthaus Waldheim antreten, die am 2. Mai 1874 endete.62

   Mays Delinquenz fand bislang durch Auflistungen und Kurzbeschreibungen der Einzeldelikte Eingang in die Forschungsliteratur.63 Von den mutmaßlich umfangreichen Strafakten blieben nur noch Bruchstücke des ›Mittweidaer Verfahrens‹ in Abschriften erhalten, die erst in jüngster Zeit aufgefunden wurden.64

   Die mangelhafte Aktensituation ließ bislang nur vorsichtige Erklärungsversuche für die Kriminalitätsursachen bei Karl May zu. Grundlegend sind bis heute die schon erwähnten Arbeiten von Claus Roxin.65 Er entwickelte ein mehrfaktorelles kriminologisches Modell, bestehend aus sozial- und tiefenpsychologischen Erklärungsansätzen. In diesem Zusammenhang sind auch die tiefenpsychologischen Überlegungen von Gabriele Wolff66 zu einem Organminderwertigkeitskomplex Mays zu beachten.

   Ausgehend von diesen tiefenpsychologischen Ansätzen lässt sich mutmaßen, dass bei dem jungen May durch mütterliche Vernachlässigung wie auch organische Fehler eine entscheidende Ausgangssituation geschaffen wurde, in deren Zuge schwere Sozialisationsdefekte eintraten. Insbesonde-


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re führte dies schon in frühen Jahren dazu, dass sich May zu einer ausgeprägt narzisstischen Persönlichkeit mit schwerwiegenden Minderwertigkeitskomplexen entwickelte. Man wird jedoch auch unterscheiden müssen zwischen den Taten und Vorkommnissen der Adoleszenzzeit und jenen der Jungerwachsenenzeit. Das Vergehen in Waldenburg stellte eine Bagatelle dar, und auch in dem ›ersten Delikt‹ wird man eine Tat mit eher geringem kriminellen Tatbewusstsein anzunehmen haben. Die schlechten sozialen Umstände, aus denen May stammte, werden hier vorrangige Triebfeder bei der Tatausführung gewesen sein. Die fatalen gesellschaftlichen Folgen der letzten Adoleszenztat schufen im Zusammenwirken mit Mays Narzissmus und seinem Minderwertigkeitskomplex die emotionalen Voraussetzungen zum Ausleben seiner pseudologischen Gemütsneigungen. Mit der ihm eigenen ausgeprägten Phantasie und Intelligenz agierte May seine Neigungen in der Folgezeit als Hochstapler aus. Dass er überhaupt den illegalen Weg zur Kompensation wählte, hing damit zusammen, dass ihm der legale Weg durch die Überreaktionen des Staatsapparates nach 1862 nicht mehr durchführbar erschien. Den Bruch in seinem Lebensentwurf (als Volksschullehrer zu arbeiten und Anerkennung zu finden) konnte er zeitweise mit keinem neuen Entwurf beantworten. Die Hilflosigkeit, die May nach seiner Entlassung aus dem Schuldienst wie auch nach Verbüßung der ersten Freiheitsstrafe empfunden haben mag, ließen die gesamte Lebensperspektive in einem düsteren Licht erscheinen. Persönliche Belohnung erfuhr May während seiner Vagantenzeit alleine durch die erfolgreiche Durchführung seiner Hochstapeleien und kleineren Diebstähle, während ihm die Teilnahme am legalen Erwerbsleben der Gesellschaft entweder verschlossen blieb oder nicht lohnend erschien. Vieles spricht auch dafür, dass sich May zeitweilig in einer anomischen Situation befand, einem Zustand sozialer Desintegration, in dem die Werte und Normen der Gesellschaft für ihn nicht mehr konditionierbar waren. Dies änderte sich erst wieder, nachdem er als Redakteur und Schriftsteller eine neue lohnende Lebensperspektive gefunden hatte.

   Die Frage, ob der Schriftsteller bei Begehung seiner Straftaten unzurechnungsfähig gewesen war, lässt sich bis heute nicht beantworten. Er selber glaubte: Heut würde man mich freisprechen,67 und berief sich dabei konkret auf seelische Spaltungserscheinungen und Dämmerzustände, die zu Bewusstseinstrübungen und späterem Gedächtnisschwund geführt hätten. Betrachtet man die Durchführung und den Ablauf der Serienstraftaten, so zeigen sie jedoch recht gelungene Inszenierungen eines Betrügers, der wusste und wollte, was er tat, um an das Eigentum seiner Opfer zu gelangen. Auf diesen Umstand wies bereits Wolff zutreffend hin, als sie formulierte: »In einem ›Dämmerzustand‹ wird May seine Straftaten nicht begangen haben, dagegen sprechen die sorgfältige Planung und das kaltblütige Auftreten, kurz: das Vorsätzliche seines Tuns.«68 Dennoch verleiteten Mays Selbstbeschreibungen den Mediziner William E. Thomas dazu, bei May dissoziative Identitätsstörungen durch Auftreten multipler Persönlichkeiten zu dia-


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gnostizieren.69 Während schon medizinische Einwände gegen diese Diagnose erhoben wurden,70 lässt sich auch grundsätzlich darauf verweisen, »dass in der modernen forensischen Psychiatrik die Diagnose einer multiplen Persönlichkeit, wie sie im diagnostischen Manual der Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft früher angewandt wurde, als ein iatrogenes Artefakt und (...) zur Begutachtung innerhalb eines Strafverfahrens nicht mehr als diskussionswürdig betrachtet (wird).«71

   Zudem widerlegen Mays Geständnisse der Taten wie auch sein Einräumen, der gesuchte Straftäter Karl Friedrich May zu sein, vor dem Kgl. Bezirksgericht Mittweida72 das von Thomas diagnostizierte Krankheitsbild. Er bestätigte seine hochstaplerische Rollen, war sich ihrer also stets bewusst gewesen. »Als multiple Persönlichkeit hätte ihm nie und nimmer die Einsicht kommen können«, konstatierte folgerichtig der Mediziner Johannes Zeilinger.73

   Manches spricht allerdings dafür, dass der Dichter in den Zeiten seiner Delinquenz unter Persönlichkeits- und affektiven Störungen gelitten hat. Auch diese Möglichkeit muss aufgrund jüngster medizinischer Thesen74 durchaus ernsthaft in die kriminologische Betrachtung einbezogen werden. Insgesamt bleibt jedoch für die normative Feststellung einer Unzurechnungsfähigkeit Mays festzuhalten: Es fehlen nach wie vor authentische Untersuchungsmaterialien, d. h. spezielle psychiatrische und psychologische Testbefunde zu Karl May; ebenso wenig vorhanden sind zuverlässige psychologisch ergiebige Laienbeobachtungen oder Vernehmungsprotokolle. Die einzigen zur heutigen Begutachtung vorliegenden Quellen bestehen neben den überlieferten Steckbriefen in den autobiographischen Schilderungen Mays. Es mangelt demnach an wesentlichen Essentialen, die für eine gutachterliche Beurteilung der Schuldfähigkeit bzw. Zurechnungsfähigkeit Mays zwingend vorhanden sein müssen.


Die einzelnen Verfahren dieser Epoche:


1860

Disziplinarverfahren: Kgl. Sächsisches Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Beschluss vom 28. Januar 1860:75 Entlassung Mays aus dem Lehrerseminar in Waldenburg wegen widerrechtlicher Ansichnahme von sechs Kerzen aus dem Eigentum des Lehrerseminars.


1861

Strafverfahren ./. C. F. Mai. 1. Instanz: Kgl. Gerichtsamt Chemnitz. Verurteilung Mays im Februar 186276 wegen Diebstahls einer Taschenuhr und einer Zigarrenspitze eines Zimmergenossen in der Fabrikschule Solbrig in Altchemnitz zu sechs Wochen Gefängnis. - Die Berufung wurde abgewiesen.77 Nachfolgend wurden zwei erfolglose Gnadengesuche gestellt, einmal von May selber, ein weiteres von seinen Eltern.


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Die Strafverbüßung erfolgte schließlich im Bretturm, dem Chemnitzer Stadtgefängnis, vom 8. September bis 20. Oktober 1862.


1865

Strafverfahren ./. Karl May. Kgl. Bezirksgericht Leipzig. Az.: II/IV M 64. Verurteilung Mays am 8. Juni 1865 wegen »mehrfachen Betruges« in Penig,78 Chemnitz79 und Leipzig80 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und einem Monat Arbeitshaus. Die Strafverbüßung erfolgte im Arbeitshaus Schloss Osterstein, in das er am 14. Juni 1865 eingeliefert wurde.81
Aktenbestand: Stadtarchiv Leipzig Nr. 7, Akten des Polizeiamts der Stadt Leipzig, Carl Friedrich May aus Ernstthal betreffend, Az.: I 80463.


1870

Strafverfahren ./. Karl May. 1. Instanz: Kgl. Bezirksgericht Mittweida. Az.: Abt. II Nr. 771. Verurteilung Mays am 13. April 1870. Er wird »wegen einfachen und ausgezeichneten Diebstahls, Betrugs und Betrugs unter erschwerenden Umständen, sowie wegen Widersetzung gegen erlaubte Selbsthülfe und Fälschung unter Berücksichtigung seiner Rückfälligkeit mit Zuchthausstrafe in der Dauer von 4 Jahren belegt und in die Untersuchungskosten verurteilt.«82 Die Taten ereigneten sich in Wiederau,83 Ponitz,84 Ernstthal,85 Limbach,86 Bräunsdorf,87 Mülsen St. Jakob88 und Hohenstein.89 - 2. Instanz: Kgl. Sächsisches Oberappellationsgericht Dresden. Az.: unbekannt. Abweisung der Berufung durch Urteil vom 16. Mai 1870.90 Auch das Gnadengesuch Mays wurde mit Schreiben des Justizministeriums vom 30. April 1870 abgelehnt.91 Aus diesem Grunde musste May am 3. Mai 1870 seine vierjährige Freiheitsstrafe im Zuchthaus Waldheim antreten,92 die am 2. Mai 1874 endete.

Aktenbestand: HStA Dresden

A)Verwaltungsakten (Kap. VII No. 19 Vol III), Akten des HStA Dresden, die Benutzung der Archivbestände durch Privatpersonen, deren Namen mit dem Buchstaben M beginnen (1918-22), laufende Nummer 41;
B)Zuchthaus Waldheim Nr. 55 (Verzeichnis der in den Monaten Mai und Juni 1874 zu entlassenden Inländer), Nr. 63 (die  I s o l i e r h a f t  betreffend [1863-1897]), Nr. 353 (Personaltabelle über die in der Strafanstalt zu Schloss Waldheim in dem I. Halbjahre vom 1. Januar bis mit 30. Juni 1870 detenierten männlichen und weiblichen Züchtlinge - A. Männliche Züchtlinge), Nr. 388 (Personaltabelle auf das 1. Halbjahr 1870), Nr. 391 (die Anstalts-Bibliothek betreffend [1862]) und Nr. 408 (Bericht über den Gesundheitszustand des Katecheten Johannes Kochta [1882]);


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C)Landratsamt Chemnitzer Land, Kreisarchiv (Bestallungs-Decretangezeit für das Personal der Landesanstalt zu Waldheim - Signatur: Ministerium des Innern Nr. 17026).



2. Weitere Strafverfahren zwischen 1875 und 1879


Mit Verbüßung der Zuchthausstrafe verließ May auch seine kriminelle Laufbahn, da er sich fortan erfolgreich als Redakteur und Schriftsteller, zunächst für den Dresdner Verlag Münchmeyer, etablieren konnte. Dennoch blieb ihm auch in den ersten Jahren nach Waldheim der Kontakt mit der Justiz nicht erspart.

   Schon 1875 kam es zu einem Strafverfahren, in das ›Carl May‹ als Privatkläger gegen einen Kollegen verwickelt war.93

   Ein Jahr später fand ein Strafverfahren gegen den Verleger Friedrich Louis Münchmeyer (1829-1897) und Genossen (u. a. Karl May) wegen Vergehen gegen die Sittlichkeit statt. Das Verfahren richtete sich gegen den Druck mehrerer Bücher mit zweifelhaftem Inhalt. May wurde aber von der Anklage, »unsittliche Bücher für Verlag Münchmeyer«94 geschrieben zu haben, freigesprochen. Über die Vorgänge berichtete Gernot Kunze in einer speziellen Untersuchung.95

   Im April 1878 wurde Karl May als Detektiv tätig, als er in Niederwürschnitz den Tod eines Familienmitgliedes seiner damaligen Verlobten Emma Pollmer untersuchte und polizeiähnliche Erkundigungen und Befragungen durchführte. Das Kgl. Gerichtsamt Stollberg verurteilte ihn daraufhin in der Hauptverhandlung vom 9. Januar 1879 wegen unbefugter »Ausübung eines öffentlichen Amtes«96 zu drei Wochen Gefängnis. Es handelte sich hierbei allerdings um ein eindeutiges Fehlurteil, da May keine amtliche Handlung ausgeübt, sondern lediglich - was jedermann erlaubt ist - Erkundigungen eingezogen hatte. Selbst die Anmaßung eines Titels nach § 360 Nr. 8 StGB97 war ihm nicht vorzuwerfen gewesen, da er sich keinen amtlichen Titel beigelegt hatte. Die 2. Instanz, das Kgl. Bezirksgericht Chemnitz, wies in der Hauptverhandlung vom 12. Mai 1879 den Einspruch (die Berufung) Mays ab. Ein am 2. Juli 1879 beim Justizministerium in Dresden eingereichtes Gnadengesuch an den sächsischen König Albert wurde gleichfalls am 13. August 1879 abgelehnt.98 Die Strafverbüßung erfolgte im Gefängnis des Gerichtsamtes von Hohenstein-Ernstthal vom 1. bis 22. September 1879.99


Die einzelnen Verfahren dieser Epoche:


1875

Strafverfahren: Carl May ./. Johann Schumann100 wegen Beleidigung. 1. Instanz: Kgl. Amtsgericht Dresden, Az.: unbekannt; 2. Instanz: Kgl. Landgericht Dresden, Az.: unbekannt.


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Strafverfahren ./. Friedrich Louis Münchmeyer und Genossen (u. a. Karl May)101 wegen Vergehen gegen die Sittlichkeit; 1. Instanz: Kgl. Amtsgericht Dresden, Az.: unbekannt; 2. Instanz: Kgl. Landgericht Dresden, Az.: unbekannt.

1879

Strafverfahren ./. Karl May wegen unbefugter Ausübung eines öffentlichen Amtes. 1. Instanz: Kgl. Gerichtsamt Stollberg, Az.: Cap. II Set. I Lit. M Nr. 213; 2. Instanz: Kgl. Bezirksgericht Chemnitz. Ablehnung des Gnadengesuches am 13. August 1879. Strafverbüßung im Gefängnis des Gerichtsamtes von Hohenstein-Ernstthal vom 1. bis 22. September 1879.
HStA Dresden, AG Stollberg Nr. 21.



3. Zivilverfahren der Aufstiegsjahre und sonstige Verfahren der Renommierepoche


Bekanntlich fiel in die 80er Jahren des 19. Jahrhunderts Mays literarischer Aufstieg. So schrieb er für die führende Wochenzeitschrift ›Deutscher Hausschatz‹ in Regensburg seine Reiseerzählungen, die den Grundstein seines Erfolges legten. Von Januar 1887 an erschien im Stuttgarter Verlag von Wilhelm Spemann (1844-1910) die Knabenzeitung ›Der gute Kamerad‹, für die May äußerst erfolgreiche Jugendromane publizierte.

   Trotz des schriftstellerischen Erfolges befand sich der Schriftsteller noch bis zu Beginn der 90er Jahre finanziell in einer keineswegs gesicherten Position. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, lassen sich aus dieser Zeit zahlreiche Zivilverfahren, die May als säumigen Mieter, Käufer oder Darlehensnehmer zur Verantwortung ziehen, zeigen.

   So erging gegen Karl May u. a. 1890 ein Versäumnisurteil wegen rückständigen Mietzinses seiner Vermieterin, der Freifrau Alma von Wagner, der Eigentümerin der Kötzschenbrodaer Villa ›Idylle‹, die May mit seiner Ehefrau Emma vom 1. Oktober 1888 bis Anfang April 1890 bewohnte.102 Ein anderes Versäumnisurteil etwa, durch den Kaufmann Johann Schwarz beantragt - der May zwei Darlehen gewährt hatte -, verurteilte den Schriftsteller 1891 zur Zahlung von 125 Mark nebst 5 % Zinsen.103 Alle Zivilverfahren dieser Epoche deuten an, dass May über seine Verhältnisse lebte, dass Lebensstil und finanzielle Ermöglichung auseinander klafften. Bislang lassen sich insgesamt acht Verfahren nachweisen, die meist mit einer Niederlage Mays endeten.

   Einige der fragmentarisch erhalten gebliebenen Aktenstücke einzelner Verfahren sind unkommentiert abgedruckt bei Fritz Maschke.104 Hinweise bezüglich der aufgeführten Verfahren fanden sich in den Findbüchern des Dresdner Hauptstaatsarchivs. Gerhard Klußmeier veröffentlichte die Hin-


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weise in seiner Dokumentation von 1980.105 Spezielle juristische Dokumentationen zu den Verfahren dieser Epoche liegen - auch mangels ausreichenden Aktenmaterials - bis heute nicht vor. Immerhin sind den Nachforschungen von Hans-Dieter Steinmetz die Kenntnis einiger Biogramme wie auch biographische Hintergründe der Auseinandersetzungen zu verdanken.106

   Das Ende der finanziellen Misere und damit auch das Ende von Zahlungsklagen fallen eng mit dem Abschluss des Vertrages mit Friedrich Ernst Fehsenfeld (1853-1933) vom 17. November 1891 zusammen. Der Freiburger Verleger brachte ab 1892 Karl Mays ›Gesammelte Reiseromane‹ heraus und bescherte damit auch dem Schriftsteller ein gesichertes Auskommen.

   Neben diesen Zivilverfahren musste sich May 1892 auch einer Beleidigungsklage stellen, die sein Schriftstellerkollege Moritz Lilie gegen ihn angestrengt hatte. Lilie wusste um die Autorschaft Mays an den Münchmeyer-Romanen; er ließ sich von May mit Geld aushelfen und erwartete von ihm - offenbar im Jahr 1892 - auch die Rettung wegen einer Ehrenschuld, die Lilie zu begleichen hatte. Der Weigerung Mays folgte eine Verleumdungsklage, deren genaue Einzelheiten allerdings noch unklar sind.107 Die Klage wurde nach einer Erklärung Mays zurückgezogen.108

   In einer weiteren Angelegenheit, die jedoch nie den Weg zu den Justizbehörden gefunden hat, bewegte sich Karl May auf strafrechtlich relevantem Parkett: Seitdem H. G. Münchmeyer (1832-1892) im März 1875 den anwesenden Gästen den neuangestellten Redakteur als »Herr Doktor Karl May!«109 vorgestellt hatte, gab sich May im Laufe der nächsten Jahre und Jahrzehnte regelmäßig als Doktor aus, obwohl ihm der akademische Grad nicht zustand. Schon am 10. November 1898 hatte ihm die zuständige Amtshauptmannschaft in Dresden-Neustadt die Führung des Doktortitels untersagt.110 Als der Schriftsteller wenige Jahre später ein von der ›Universitas Germana Americana‹ (Deutsch-Amerikanische Universität) am 9. Dezember 1902 ausgestelltes Doktordiplom erworben hatte, zog er sich erneut die behördliche Missbilligung zu. So wurde May im März 1903 durch Schreiben des Ministeriums des Kultus und öffentlichen Unterrichts die Genehmigung zur Führung des Doktortitels verweigert. Dass der Schriftsteller lange Zeit unbehelligt als Doktor auftreten konnte, hängt mit dem Umstand zusammen, dass es »weder in Sachsen noch in Preußen ausdrückliche Bestimmungen darüber gab, wer zur Führung des Doktortitels befugt sei, um daran eine unbefugte Annahme (...) feststellen zu können.«111


Die einzelnen Verfahren dieser Epoche:


Zivilverfahren: Alma Eulitz ./. Dr. Carl May (vermutlich) wegen Lohnforderungen. Kgl. Amtsgericht Dresden, Az.: Cg. VI 919/18.112
Zivilverfahren: Johann August Nitsche ./. Dr. phil Karl May wegen rückständiger Mietzinsen. Kgl. Amtsgericht Dresden, Az.: Cg. VI 1247/88.


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Zivilverfahren: A. Stiebitz & Co.113 ./. Dr. C. F. May wegen unbezahlter Weinrechnungen. Kgl. Amtsgericht Dresden, Az.: Cg. VI 13/89.
Zivilverfahren: Dankegott Leuschner114 ./. Dr. phil. Carl May wegen rückständiger Zahlungen. Kgl. Amtsgericht Dresden, Az.: Cg. VI 1831/89.
Zivilverfahren: Freifrau Alma von Wagner ./. Dr. Carl May wegen rückständiger Mietzinsen. Kgl. Amtsgericht Dresden, Az.: Cg. VI 1859/89.
HStA Dresden, AG Dresden Nr. 299.
Zivilverfahren: Julius Balder ./. Dr. Carl May wegen unbezahlter Zigarrenrechnung. Kgl. Amtsgericht Dresden, Az.: Cg. VII 1043/90.
HStA Dresden, AG Dresden Nr. 299 (fragmentarisch).
Zivilverfahren: Johann Schwarz ./. Dr. Carl May wegen Darlehensschulden. Kgl. Amtsgericht Dresden, Az.: Cg. VII 1595/ 91.
HStA Dresden, AG Dresden Nr. 299 (fragmentarisch).
Zivilverfahren: Louis Vogel ./. Dr. Carl May wegen rückständiger Mietzinsen. Kgl. Amtsgericht Dresden, Az.: Cg. VII 1892/91.
HStA Dresden, AG Dresden Nr. 299 (fragmentarisch).
Strafverfahren: Moritz Lilie ./. Karl May wegen Beleidigung. Kgl. Amtsgericht Dresden, Az.: unbekannt.



4. Altersprozesse


4.1. Die Prozesse um die Münchmeyer-Romane


Ab 1901 veröffentlichte der Verleger Adalbert Fischer (1855-1907) erneut die Kolportageromane Karl Mays, die dieser zwischen 1882 und 1888 für den Verlag Münchmeyer geschrieben hatte. Dieser Vorgang löste eine Vielzahl von Verfahren aus. Der erste juristische Schwerpunkt dieses Komplexes rankte um seine Rechtsposition gegenüber Fischer. So vertrat Karl May den Rechtsstandpunkt, dass eine Wiederveröffentlichung der Romane gegen sein Urheber- und daraus resultierendes Verwertungsrecht verstoßen würde. Es habe einen mündlichen Kontrakt mit H. G. Münchmeyer gegeben, der eine Rückgabe dieser Rechte nach der Erstveröffentlichung in den 80er Jahren vorgesehen habe. Der Weiterverkauf des Verlages einschließlich der Rechte an den Kolportageromanen Mays an Adalbert Fischer verstieß seiner Auffassung nach gegen diese Vereinbarung. Es kam zu zwei Zivilverfahren 1901 und 1907 vor dem Kgl. Landgericht Dresden wegen unbefugten Nachdrucks der Romane. Zwischenzeitlich hatten beide Parteien im Februar 1903 einen Vergleich geschlossen, der Fischer unter bestimmten Voraussetzungen den Weitervertrieb der Romane gestattete. Die Bereitschaft Mays zu einem solchen Vergleich lag begründet in seiner Furcht vor Enthüllungen über seine Vorstrafen, von denen auch Fischer aufgrund sei-


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ner geschäftlichen Verbindung zum Verlagshaus Münchmeyer unbestimmte Kenntnisse besaß.

   Nachdem sich der Verleger jedoch in der Folgezeit nicht an die Abmachung gehalten hatte, war es zu einer Anfechtung des Vergleiches durch May wie auch zu einer erneuten Unterlassungsklage gekommen. Das zweite Verfahren endete erst am 8. Oktober 1907 mit der Vereinbarung, dass die Fischer-Erben (Adalbert Fischer war am 7. April 1907 verstorben) Mays Kolportageromane anonym drucken und vertreiben durften.

   Der zweite Schwerpunkt der juristischen Auseinandersetzungen betraf Mays Rechte gegenüber Ida Pauline Münchmeyer als Erbin ihres verstorbenen Ehemannes H. G. Münchmeyer und letzte Inhaberin des Verlages. Vor der 6. Zivilkammer des Kgl. Landgericht Dresden erhob der Schriftsteller am 12. März 1902 eine Auskunftsklage gegen die Verlegerin Ida Pauline Münchmeyer115 und forderte


(...)  R e c h n u n g  z u  l e g e n  über die Anzahl der von Firma H. G. Münchmeyer in Dresden bis zum 16. März 1899 (...) gedruckten und verkauften Exemplare der Romane »Waldröschen« (...), sowie den hierdurch erzielten Reingewinn, ferner über die Anzahl der Jahrgänge des »Deutschen Wanderers«, in denen der Roman »Die Liebe des Ulanen« nach seinem erstmaligen Abdruck 1884/85 gedruckt und verbreitet worden ist (...), endlich über die Anzahl der Jahrgänge, in denen die Erzählungen »Aus der Mappe eines Vielgereisten« (...) in Münchmeyerischen Zeitschriften gedruckt und verbreitet worden sind (...).116


Hintergrund war u. a. die von May behauptete Vereinbarung zwischen ihm und dem verstorbenen Verleger Münchmeyer, dass Mays Rechte an den Romanen nach dem 20 000ten verkauften Exemplar wieder an den Schriftsteller zurückfallen sollten. Das Gericht entschied in der Hauptverhandlung vom 26. September 1904, dass May den Parteieneid als Wahrheitsbeweis für seinen Klageanspruch ablegen musste. Der 2. Zivilsenat des Kgl. Oberlandesgerichts Dresden bestätigte das erstinstanzliche Urteil im Berufungsverfahren am 5. Februar 1906 ebenso wie schließlich auch der 1. Zivilsenat des Reichsgerichts am 9. Januar 1907.117 Der erste Münchmeyer-Prozess war somit zugunsten Mays entschieden worden. Die Ableistung des Eides erfolgte am 11. Februar 1907. Im Anschluss an dieses Verfahren folgte ein Schadensersatzprozess. Wegen seiner Ansprüche gegen Ida Pauline Münchmeyer klagte May ursprünglich vor dem Kgl. Landgericht Dresden auf Zahlung von 300 000 Mark.

   Zahlreiche Zeugenvernehmungen und unterschiedliche Gutachten wie auch die Winkelzüge und taktischen Finessen der beteiligten Rechtsanwälte zogen das Verfahren in die Länge und verhinderten eine eindeutige Klärung der Sachlage wie auch eine gütliche Einigung. Erst Mays Witwe Klara konnte diesen Prozess in der Berufungsinstanz vor dem Kgl. Oberlandesgericht Dresden mit einem Vergleich am 31. Januar 1913 beenden und erhielt von Pauline Münchmeyer 25 000 Mark als Schadens-


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ersatz ausgezahlt. Klara May verzichtete auf alle weiteren Ansprüche, die ihr gegen die Beklagte oder die anderen Erben des im Jahre 1892 verstorbenen H. G. Münchmeyer zustanden oder zugestanden haben könnten.

   Neben der zivilrechtlichen Komponente brachten die Auseinandersetzungen Mays mit Pauline Münchmeyer auch vier weitere bislang feststellbare strafrechtliche Verfahren mit sich, die eng mit dem zivilrechtlichen Hauptgeschehen verknüpft waren.

   Schon im Zuge des ersten Prozesses (Auskunftsklage) kam es vor dem Kgl. Amtsgericht Dresden zu einer Beleidigungsklage Mays gegen die jüngste Münchmeyer-Tochter, Flora Böhler (1873-1961). Dieses Verfahren stand in einem engen prozesstaktischen Zusammenhang mit dem ›Hauptverfahren‹ Mays gegen Ida Pauline Münchmeyer. Der Gegenseite, geschickt beraten durch den Rechtsanwalt Dr. Oskar Gerlach, ging es um eine Untergrabung der Glaubhaftigkeit des Schriftstellers.


»Wenn er uns verklagt, so machen wir ihn durch die Veröffentlichung seiner Vorstrafen in allen Zeitungen durch ganz Deutschland kaput. Was May mit Münchmeyer ausgemacht hat, ist gleichgültig. Hauptsache ist, wer den Eid bekommt. Und daß May ihn nicht bekommt, dafür wird man zu sorgen wissen«.118


Tatsächlich kam es im Laufe dieses Strafverfahrens zur Herbeiziehung der Strafakten Karl Mays. Nachdem der Zweck erreicht war, zog Flora Böhler die Behauptungen wieder zurück.

   Zu einer besonderen Tragik entwickelte sich ein Meineidsverfahren, das die Münchmeyer-Partei 1907 anstrengte. Aufgrund einer Strafanzeige gegen »May & Genossen« (Max Dittrich, Marie Johanna Spindler, Bertha Margarethe Freitag, Emma Pollmer) von Gerlach am 15. April 1907 wurde am 12. Juli 1907 die Voruntersuchung wegen Meineids und Verleitung zum Meineid eröffnet.119

   Die Strafanzeige richtete sich gegen die Personen, die im ersten Münchmeyer-Prozess zugunsten Mays ausgesagt hatten, und gegen den Schriftsteller selber, weil er angeblich diese Zeugen zum Meineid verleitet hatte. Im Rahmen dieser Voruntersuchung, die erst noch Beweise sammeln musste, kam es am 9. November 1907 zur Hausdurchsuchung in der Villa ›Shatterhand‹, durchgeführt von Staatsanwalt Seyfert, Untersuchungsrichter Larrass, einem Protokollführer und drei Kriminalbeamten. Trotz einer insgesamt achtstündigen Aktion, die sich »auf alle Räume der Wohnung des Angeschuldigten May und sämtliche darin befindlichen Möbel«120 erstreckte, und der Beschlagnahme zahlreicher Prozessakten, Privatpapiere, Schriftstücke und Urkunden ließen sich keine Beweismittel sichern, die eine Anklageerhebung rechtfertigen konnten. So musste das Kgl. Landgericht Dresden durch Beschluss vom 26. Januar 1909 Karl May und die vier Zeugen mangels Beweise außer Verfolgung setzen.


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   Zwei weitere Strafverfahren runden nach bisherigen Erkenntnissen das juristische Spektakel der Auseinandersetzungen zwischen dem Schriftsteller und der Münchmeyer-Partei ab. Es handelt sich zum einen um ein Beleidigungsverfahren des Münchmeyer-Verlages gegen den May-Verleger Friedrich Ernst Fehsenfeld aus der Anfangszeit der Konfrontation, zum anderen um ein Privatklageverfahren Mays gegen den Münchmeyer-Anwalt Oskar Gerlach aus dem Jahr 1909, ebenfalls wegen Beleidigung. Die juristische Aufarbeitung des Gesamtkomplexes ist bis heute nicht vorgenommen worden. Auf die möglichen Gründe verwies Hans Wollschläger schon vor langer Zeit: »Die Einzelheiten auch nur flüchtig zu umreißen, ginge bereits ins Ausmaß einer Spezialarbeit: sie bilden (...) ein Chaos, zu dessen - allerdings längst überfälliger - Darstellung niemandem zu gratulieren wäre.«121

   Im Vorgriff auf das mögliche Fazit einer derartigen Darstellung lässt sich auch schon heute konstatieren, dass alle Vor- und Nachteile der juristischen Auseinandersetzungen zwischen Karl May und dem Hause Münchmeyer wie auch Fischer eindeutig ein anderes Vorgehen angeraten hätten. Die Rechtsberatung und Prozessbetreuung des Schriftstellers durch die Rechtsanwaltskanzlei Bernstein, Klotz & Langenhan stellte angesichts der Gesamtumstände bereits zu Beginn der Querelen kein berufliches Ruhmesblatt dar.

   So war von Anfang an zu erwarten gewesen, dass sich ein Schadensersatzprozess mit Pauline Münchmeyer angesichts der unklaren Rechtssituation über viele Jahre hinziehen würde. Dass eine solche Auseinandersetzung zudem juristische ›Nebengeräusche‹ herausfordern würde, war für einen berühmten, aber auch vorbestraften Mann wie May von vornherein zu befürchten und zu vermeiden gewesen. Finanziell brachten die Prozesse May persönlich ohnehin nichts ein, da er das Ende des Schadensersatzprozesses mit Pauline Münchmeyer nicht mehr erlebte, aber auch im Überlebensfalle das Geld nicht unbedingt benötigt hätte.122

   Das ursprüngliche Hauptziel - die Feststellung von Manuskriptveränderungen an den ›Münchmeyer-Romanen‹ und die Herausgabe der Originalmanuskripte - hat er nie erlangt - und es war, aus verschiedenen Gründen, nie erreichbar gewesen. Der Abschluss von Vergleichen sowohl mit Fischer als auch mit Pauline Münchmeyer bereits im Anfangsstadium der Konflikte hätte in jedem Fall spätere kostspielige und nervenaufreibende Verfahren erspart. In diesem Sinne empfand schon Euchar Albrecht Schmid das Prozessieren Mays als fatale Fehlberatung der May'schen Anwälte.123


Die einzelnen Verfahren dieses Epochenteils:


1901

Zivilverfahren: Karl May ./. Adalbert Fischer. Kgl. Landgericht Dresden. Az.: unbekannt. (Erste) Unterlassungsklage vom 10. Dezember 1901


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wegen unbefugten Nachdrucks der Münchmeyer-Romane verbunden mit einem Arrestprozess zur Erweiterung einer einstweiligen Verfügung.

1902

Zivilverfahren: Karl May ./. Ida Pauline Münchmeyer. Auskunfts- bzw. Rechnungslegungsklage vom 12. März 1902. 1. Instanz: Kgl. Landgericht Dresden. 6. Zivilkammer, Az.: Cg 6 276.02; 2. Instanz: Kgl. Oberlandesgerichts Dresden, 2. Zivilsenat, Az.: 74 20. 288/04; 3. Instanz: Reichsgericht, 1. Zivilsenat, Az.: 8. I. 174/1906.
Bibliothek des Bundesgerichtshofs, Kap. 0703 Tit. 511 01 (fragmentarisch; vorhanden ist das Urteil des Reichsgerichts).
Strafverfahren: Münchmeyer Verlag ./. Friedrich Ernst Fehsenfeld und Karl May. Beleidigungsklage. Kgl. Amtsgericht Dresden, Az.: unbekannt.

1903

Strafverfahren: Karl May ./. Flora Böhler. Beleidigungsklage. Kgl. Amtsgericht Dresden, Az.: unbekannt.

1905

Zivilverfahren: Karl May ./. Adalbert Fischer. (Zweite) Unterlassungsklage wegen unbefugten Nachdrucks der Münchmeyer-Romane (vermutlich erneut verbunden mit einem Arrestprozess zur Erweiterung einer einstweiligen Verfügung). Kgl. Landgericht Dresden. Az.: unbekannt.

1907

Strafverfahren ./. Karl May & Genossen [Max Dittrich, Marie Johanna Spindler, Bertha Margarethe Freitag, Emma Pollmer]. Kgl. Landgericht Dresden, Az.: 2 V. 21/07. Staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen Meineids und Verleitung zum Meineid.124
Zivilverfahren: Karl May ./. Ida Pauline Münchmeyer. Schadensersatzklage. 1. Instanz: Kgl. Landgericht Dresden. Az.: Cg. 6. 276/02; 2. Instanz: Kgl. Oberlandesgericht Dresden. Az.: 6 Cg 432/12.



4.2. Die Prozesse gegen Rudolf Lebius


4.2.1. Die Lebius/May-Verfahren


Vor allem die Auseinandersetzungen mit dem Journalisten Rudolf Lebius erschütterten Mays Physis und Psyche im letzten Lebensjahrzehnt in ganz besonderem Maße. »Die juristische Durchleuchtung der von Lebius betrie-


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benen Pressepolemik und Prozeßführung würde eine selbständige Monographie erfordern«,125 urteilte schon Roxin.

   Lebius war es, der die Vorstrafen des Dichters ab Weihnachten 1904 in seinem Dresdner Blatt ›Sachsenstimme‹ auszuschlachten begann.126 Hintergrund seines Vorgehens und Auslöser der persönlichen Feindschaft war der vergebliche Versuch des Journalisten gewesen, von May Geld für eine publizistische Propaganda, vor allem aber zur Unterstützung des finanzschwachen Blattes zu erhalten. Insbesondere die Zusendung einer anonymen erpresserischen Postkarte, die, einem Privatgutachten zufolge, von Lebius stammte, löste letztlich eine erste Phase juristischer Konsequenzen aus.

   Vor dem Kgl. Amtsgericht Dresden kam es zwischen 1904 und 1905 zu mehreren Verfahren Mays, die aufgrund von Privatklagen oder Anzeigen wegen Beleidigung in dem Lebius-Blatt, der ›Sachsenstimme‹, wie auch versuchter Erpressung gegen Lebius anhängig wurden. Während das Verfahren in der ›Postkarten‹-Affäre letztlich nicht zur Eröffnung der öffentlichen Anklage führte, sorgten die Privatklagen Mays wegen der Artikel für rechtshängige Verfahren, die spätestens in der Berufungsinstanz zu Freisprüchen des Angeklagten führten.

   Eine zweite Phase heftiger juristischer Auseinandersetzungen zwischen May und Lebius setzte 1907 ein, als May durch ungewollte Zeugenbenennung in die parteipolitischen ›Vorwärts‹-Prozesse127 hineingezogen wurde. Die öffentlichen Auseinandersetzungen in der ersten Phase hatten die Aufmerksamkeit der von Lebius verklagten Berliner ›Vorwärts‹-Redakteure Carl Wermuth (1878-[?]) und Hans Weber (1874-[?]) hervorgerufen, die fälschlicherweise annahmen, dass der Schriftsteller sehr bereitwillig als Zeuge gegen den gemeinsamen Gegner aussagen würde.

   Für Lebius wiederum spielte die Frage, ob May, freiwillig oder nicht, als Zeuge der ›Vorwärts‹-Redakteure benannt worden war, keine Rolle. Fortan bemühte er sich, durch diffamierende Artikel, Flugblätter und Broschüren die Glaubwürdigkeit Karl Mays zu zerstören. Dieses Ziel verfolgte er u. a. mit der am 1. April 1908 in der Berliner Verlagsbuchhandlung GmbH Hermann Walther erschienenen Broschüre ›Karl May, ein Verderber der deutschen Jugend, von F. W. Kahl-Basel‹. Die im Zusammenhang mit den ›Vorwärts‹-Prozessen und Mays angekündigter Zeugenstellung publizierte Schrift hatte wie das spätere Pamphlet ›Die Zeugen Karl und Klara May‹ alleine das Ziel verfolgt, Mays Glaubwürdigkeit zu untergraben. Vor dem Kgl. Amtsgericht Berlin-Schöneberg fand aus diesem Grunde ein Strafverfahren wegen öffentlicher verleumderischer Beleidigungen gegen den Verfasser, Verleger und Drucker128 statt. Mit dem Geschäftsführer und Besitzer des Verlages, Friedrich Bechly (1869-[?]), schloss der Schriftsteller am 19. Januar 1909 einen Vergleich.129 Der Strafantrag wurde zurückgezogen und Bechly gab in einem Drei-Punkte-Protokoll u. a. zu, »daß Lebius mit wissentlich gefälschten Tatsachen operiert hat, indem er nach der


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schriftlichen Angabe des Herrn Kahl dessen Namen in bezug auf die Broschüre gemißbraucht hat«.130 Nach dem Charlottenburger Urteil widerrief Bechly dieses Protokoll und gab am 11. Mai 1910 eine Gegenerklärung ab, die er mit dem nunmehr vermeintlich erwiesenen Verbrechertum Mays begründete. Der Vergleich blieb hiervon unangetastet. Rudolf Lebius als der wahre Verfasser (zumindest des größten Teils der Broschüre) einigte sich mit May am 19. Mai 1909 auf einen Vergleich, worin der »Angeklagte bedauert die Broschüre nach Form und Inhalt veranlaßt zu haben«.131 May zog seine Privatklage zurück. Zudem versprachen beide Parteien »in Zukunft Frieden zu halten«.132 Der offizielle Verfasser der Broschüre, Friedrich Wilhelm Kahl (1887-1963), gab am 10. September 1908 eine eidesstattlichen Versicherung133 ab, in der er Lebius als eigentlichen geistigen Urheber demaskierte und sich von der Schmähschrift distanzierte. May zog daraufhin den Strafantrag gegen Kahl zurück.134 Ein Vergleich beendete die Auseinandersetzung am 19. Mai 1909.

   Doch selbst als die ›Vorwärts‹-Prozesse durch Klagerücknahmen beendet waren, hatte sich eine Eigendynamik entwickelt, die zwischen May und Lebius zu einer Kette von Strafanzeigen und Klagen wegen Beleidigung führte. Während die Taktik von Lebius darauf zielte, in Karl May den vorbestraften Verbrecher zu zeigen, dem man aufgrund seiner Vergangenheit wie auch seiner Vergehen in der Gegenwart keine Glaubwürdigkeit schenken durfte, bemühte sich May wiederum, dasselbe Ziel bei seinem Gegner zu erreichen, indem er dessen zweifelhafte journalistische Berufsauffassung und Unehrenhaftigkeit darzulegen versuchte. In diesem Bemühen wurde er u. a. von einer jungen Verehrerin aktiv unterstützt. So lösten mehrere Anti-Lebius-Artikel von Marie Luise Fritsch in der ›Stettiner Gerichtszeitung‹ im August135 und September 1910136 zunächst eine Privatklage wegen Beleidigung vor dem Kgl. Amtsgericht Stettin aus. In einem ersten Privatklageverfahren wegen Beleidigung vor dem Kgl. Amtsgericht Stettin hatte Lebius neben dem Herausgeber, dem verantwortlichen Redakteur und dem Drucker der Zeitung auch Karl May verklagt.137 In der Privatklageschrift vom 16. September 1910 wurde der Schriftsteller beschuldigt, er sei der eigentliche »Verfasser der Artickel oder er hat dieselben zum mindesten veranlasst und das erforderliche Material hergegeben«.

   In Ermangelung einer schlüssigen Darlegung von Mays Beschuldigteneigenschaft wurde das Strafverfahren gegen ihn erst gar nicht eröffnet; aus den Gesamtumständen in Verbindung mit den einschlägigen presserechtlichen Bestimmungen ergab sich wiederum die alleinige Verantwortlichkeit des Redakteurs Wilhelm Durschnabel. Da gegen die Verfasserin der Artikel keine Privatklage erhoben worden war, eröffnete das Kgl. Amtsgericht Stettin das Strafverfahren lediglich noch gegen besagten Wilhelm Durschnabel. Dieser wurde schließlich am 14. Dezember 1910 zu drei Mark Geldstrafe verurteilt; zudem hatte er den Tenor des Urteils auf seine Kosten


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in der ›Stettiner Gerichtszeitung‹ zu veröffentlichen. Lebius legte gegen das Urteil Berufung ein. Die 5. Strafkammer des Stettiner Landgerichts als Berufungsinstanz verurteilte seinerzeit Wilhelm Durschnabel zu 300 Mark Geldstrafe bzw. einem Monat Gefängnis.138

   Insgesamt lassen sich bislang Belege und Hinweise für 18 Straf- und Ermittlungsverfahren vorlegen, die von 1904 bis 1912 zwischen den Kontrahenten an- und rechtshängig bzw. von ihnen wechselseitig beantragt wurden. In fast allen Fällen wurden inkriminierte öffentliche Äußerungen zum Anlass von Privatklagen wegen Beleidigung genommen. Zur Anzeige durch May kamen auch gerichtliche Falschaussagen von Lebius139 wie auch eine versuchte Verleitung zum Meineid.140 Der weitere Verlauf der Verfahren lässt sich bei den letztgenannten Verfahren jedoch bis heute nicht feststellen, so dass anzunehmen ist, dass die Ermittlungen ohne Ergebnis blieben und von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurden.

   Die meisten Privatklagen Mays wegen Beleidigung wiederum, die aufgrund der Rechtsnatur dieses Rechtsinstrumentes ohnehin ohne staatsanwaltschaftliche Mitwirkung eröffnet werden konnten, endeten durch Vergleich und Klagerücknahmen. Eine Ausnahme bildete ausgerechnet das bekannteste Beleidigungsverfahren gegen Lebius wegen dessen Bezeichnung des Schriftstellers als ›geborenen Verbrechers‹. Die Verhandlung vor dem Kgl. Amtsgericht Charlottenburg erbrachte am 12. April 1910 nach ungewöhnlichem Verlauf das überraschende Urteil eines Freispruches für den Angeklagten. Erst die Berufungsinstanz der 4. Strafkammer des Kgl. Landgerichts Berlin-Moabit III verurteilte Lebius am 18. Dezember 1910 zu 100 Mark Geldstrafe, ersatzweise zwanzig Tage Gefängnis.141

   Neben den strafrechtlichen Streitigkeiten führten beide Parteien auch zivilrechtliche Auseinandersetzungen miteinander. So hatte Karl May die Erstfassung seiner Autobiographie ›Mein Leben und Streben‹ im Oktober 1910 abgeschlossen. Nach einer Vorankündigung im ›Börsenblatt des Deutschen Buchhandels‹, Nr. 270 vom 22. November 1910, war der Band im Dezember des gleichen Jahres erschienen. Einige Passagen innerhalb des Buches veranlassten Rudolf Lebius zur Erwirkung einer einstweiligen Verfügung, die den Weitervertrieb untersagte. May wiederum erhob gegen die einstweilige Verfügung die Anfechtungsklage, die Ende Januar 1911 zur Verhandlung kam. Mays Klage wurde abgewiesen. Stattdessen wurde das Gebot erteilt, die Verbreitung des Buches auf Dauer zu unterlassen. Dieser Rechtszustand änderte sich zu Lebzeiten des Schriftstellers nicht mehr.142

   Ende November 1910 erschien das Lebius-Buch: ›Die Zeugen Karl May und Klara May. Ein Beitrag zur Kriminalgeschichte unserer Zeit‹, Berlin-Charlottenburg 1910. Die oberflächlich und eilig konzipierte Materialsammlung von teilweise gekürzten, gefälschten und gehässig kommentierten Gerichtsakten Mays sowie Pressepolemiken wurde als Prozess-Schrift zur Beeinflussung der Öffentlichkeit und der Gerichte verfasst. Sie diente


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vor allem für das Berufungsverfahren in Moabit, kam jedoch auch als ›Beweismittel‹ in anderen Verfahren zum Einsatz.143 Karl May erwirkte am 13. Dezember 1910 ein Weiterverbreitungsverbot.144


Die einzelnen Verfahren dieses Epochenteils:


1904

Strafverfahren: Karl May ./. Rudolf Lebius. Kgl. Landgericht Dresden, Az.: St. A. V. 653/04. Staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung und versuchter Erpressung. Es schloss sich nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens am 14. März 1905 ein Klageerzwingungsverfahren vor dem Kgl. Oberlandesgericht Dresden, Az.: 5 Reg. 318/05, an.

1905

Strafverfahren: Karl May ./. Rudolf Lebius. Kgl. Amtsgericht Dresden. Az.: unbekannt. Privatklage wegen Beleidigung durch einen Artikel in der ›Sachsenstimme‹, Nr. 12 vom 27. März 1905: ›Wer sind die Hintermänner der Dresdner Rundschau?‹
Strafverfahren: Karl May ./. Rudolf Lebius. Kgl. Amtsgericht Dresden. Az.: unbekannt; Privatklage wegen Beleidigung durch einen Artikel in der ›Sachsenstimme‹, Nr. 13 vom 3. April 1905: ›Da unser Streit mit der Rundschau ...‹

Sowohl im Lebius-Buch145 als auch in der Lebius-Zeitschrift ›Nationaldemokrat‹146 sind insgesamt sechs verschiedene Aktenzeichen zu Verfahren zwischen May und Lebius aufgelistet, die jedoch nicht ausdrücklich bestimmten Verfahren zugeordnet werden. Es handelt sich um die Aktenzeichen: 3 P 53.05; 3 P 111.05; 3 P 64.05; BP 125.05; BP 167.05; 3 P 110.05. Nicht auszuschließen ist allerdings, dass Lebius hiermit auch Aktenzeichen angab, die Verfahren mit anderen Gegnern, wie z. B. Max Dittrich oder Rudolf Bernstein, kennzeichnen.

1908

Strafverfahren: Karl May ./. Rudolf Lebius, Friedrich Bechly, Friedrich Wilhelm Kahl. Kgl. Amtsgericht Berlin-Schöneberg, Az.: 20 B. 254. 08. Privatklage wegen Beleidigung durch die am 1. April 1908 in der Berliner Verlagsbuchhandlung GmbH Hermann Walther erschienene Broschüre ›Karl May, ein Verderber der deutschen Jugend, von F. W. Kahl-Basel‹.
Strafverfahren: Karl May ./. Rudolf Lebius. Strafanzeige wegen verleumderischer Beleidigung, Bedrohung und versuchter Erpressung.147 Hintergrund des Verfahrens war ein Treffen zwischen Klara May und Martha Lebius am 22. September 1908. Dabei soll letztere


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versucht haben, die Schriftstellerfrau dazu zu bewegen, ihren Mann zu einer Falschaussage in einem ›Vorwärts‹-Prozess zu veranlassen.

1909

Strafverfahren: Karl May ./. Rudolf Lebius. Privatklage wegen Beleidigung durch die briefliche Bezeichnung ›geborener Verbrecher‹. 1. Instanz: Kgl. Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, Az. 35. B. 295/09; 2. Instanz: Kgl. Landgericht Berlin-Moabit III, 4 Strafkammer, Az.: 16 P. 221/10.
Strafverfahren: Rudolf Lebius ./. Friedrich Bechly und Karl May. Kgl. Amtsgericht Berlin-Schöneberg, Az.: unbekannt. Privatklage wegen Beleidigung durch die Erklärung Friedrich Bechlys vom 19. Januar 1909 im Zusammenhang mit dem Zustandekommen der ›Kahl-Broschüre‹.148
Strafverfahren: Karl May ./. Rudolf Lebius. Kgl. Amtsgericht Berlin, Az: unbekannt. Dem Verfahren liegt eine Strafanzeige Mays gegen Lebius wegen einer wahrheitswidrigen Aussage im Privatbeleidigungsverfahren May ./. Pollmer (Großherzoglich Sächsisches Amtsgericht Weimar, Az.: B. 39.09) zugrunde, deren weitere Einzelheiten noch der Aufklärung harren.149


1910

Strafverfahren: Karl May ./. Martha Lebius, Rudolf Lebius, Hugo Nathanson. Kgl. Amtsgericht Dresden, später Kgl. Amtsgericht Kötzschenbroda. Az.: 10 P 2/10 und 10.P.73/10. Privatklage wegen Beleidigung durch den Artikel ›Hinter den Kulissen‹ in ›Der Bund‹, Nr. 51 vom 19. Dezember 1909 sowie Klageerweiterung durch beleidigende Flugblätter.150
HStA Dresden, AG Radebeul Nr. 4.
Strafverfahren: Rudolf Lebius ./. Karl May. Kgl. Amtsgericht Dresden, Az.: 6 P 187/10. Privatklage wegen Beleidigung durch einen Leserbrief in der ›Dresdner Woche‹.
Strafverfahren: Rudolf Lebius ./. Hans Friedrich Durschnabel und Genossen [u. a. May]. Kgl. Amtsgericht Stettin, Az.: 16 B. 420/10. Privatklage wegen Beleidigung durch zwei Artikel der ›Stettiner Gerichtszeitung‹ vom 26. August und 2. September 1910 von Marie Louise Fritsch.
HStA Dresden, AG Radebeul Nr. 5 (fragmentarischer Bestand der Prozessakte).
Strafverfahren: Rudolf Lebius ./. Emil Horn und Genossen [u. a. May]. Kgl. Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal, Az.: P 47/10. Privatklage wegen Beleidigung durch einen Leserbrief im ›Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger‹, Nr. 194 vom 23. August 1910.
HStA Dresden, AG Hohenstein-Ernstthal Nr. 73-76.


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Strafverfahren: Rudolf Lebius ./. Karl May. Kgl. Amtsgericht Kötzschenbroda, Az.: P 97/10. Privatklage wegen Beleidigung durch die beiden ›Lu-Fritsch-Artikel‹ in der ›Stettiner Gerichtszeitung‹.
HStA Dresden, AG Radebeul Nr. 5.
Strafverfahren: Rudolf Lebius ./. Karl May. Kgl. Amtsgericht Kötzschenbroda, Az.: P 104/10. Privatklage wegen Beleidigung durch einen Leserbrief von Karl May in ›Deutsches Volksblatt‹, Nr. 7779 vom 30. August 1910.
HStA Dresden, AG Radebeul Nr. 6.
Strafverfahren: Karl May ./. Rudolf Lebius. Kgl. Landgericht Berlin-Moabit, Az. 24. G. 539/10. Staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren aufgrund einer Strafanzeige Karl Mays,151 wobei der Hintergrund unbekannt ist.
Zivilverfahren: Rudolf Lebius ./. Karl May. Kgl. Landgericht I Berlin, Az.: unbekannt. Unterlassungsklage gegen den Abdruck von Mays Autobiographie ›Mein Leben und Streben‹ im Oktober 1910. Einige Passagen des Buches veranlassten Rudolf Lebius zur Erwirkung einer einstweiligen Verfügung, die den Weitervertrieb untersagte.152
Zivilverfahren: Karl May ./. Rudolf Lebius. Kgl. Landgericht, Az.: unbekannt. Unterlassungsklage gegen den Abdruck des Lebius-Buches ›Die Zeugen Karl May und Klara May. Ein Beitrag zur Kriminalgeschichte unserer Zeit‹.
Strafverfahren: Karl May ./. Rudolf Lebius. Der Hinweis auf ein weiteres Verfahren findet sich bei Klußmeier,153 ohne dass weitere Einzelheiten bislang ermittelt worden sind. Es könnte sich um ein Verfahren wegen Verleitung zum Meineid im Zusammenhang mit dem Krügel-Prozess handeln. May hatte im August 1910 eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft am Landgericht III in Berlin-Moabit eingereicht.154



4.2.2. Nebenverfahren

Im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen May und Lebius kam es auch zu juristischen Konflikten zwischen den Kontrahenten und Dritten. Diese Verfahren lassen sich, im biographischen Kontext betrachtet, als Nebenverfahren bezeichnen. Hierzu zählt u. a. das zivilrechtliche Vorgehen Mays gegen die bereits erwähnte ›Kahl-Broschüre‹. May wendete sich vor dem Kgl. Landgericht Berlin II gegen die Firma Hermann Walther GmbH mit einer Unterlassungsklage erfolgreich gegen den Weitervertrieb der ›Kahl-Broschüre‹.155 Bereits einer einstweiligen Verfügung gegen Weiterverbreitung der Broschüre wurde vom Gericht stattgegeben.156

   Vor dem Kgl. Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal verfolgte Karl May mit seiner Privatklage vom 21. Mai 1910 gegen den Gartenarbeiter Richard Krügel ein wichtiges Vorverfahren zum Berufungsverfahren gegen Lebius


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in Moabit. Krügel hatte, wie schon Emma Pollmer, zahlreiche Anekdoten und Legenden vom angeblichen Räuberhauptmann Karl May an Lebius verkauft. Die ›gesammelten Räubermärchen‹ waren von dem Redakteur zu einem bösartigen Artikel mit dem Titel ›Hinter die Kulissen‹ in ›Der Bund‹, Nr. 51 vom 19. Dezember 1909 verwendet. Nachdem Krügel Abstand von Lebius und den in dem Artikel verbreiteten Unwahrheiten genommen hatte, zog May seine Privatklage zurück. Es erfolgte die Einstellung des Verfahrens nach außergerichtlichem Vergleich am 9. August 1910.157

   Neben dem Verfahren gegen Krügel fanden vor dem Kgl. Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal noch drei weitere Strafprozesse mit Beteiligung Karl Mays statt. Bekanntlich hatte im Zuge des skandalösen Charlottenburger Freispruches für Lebius die deutschsprachige Presse die beleidigenden Behauptungen des May'schen Intimfeindes zumeist als wahre Tatsachen wiedergeben. Auch die Heimatpresse in Hohenstein-Ernstthal hatte hier keine Ausnahme gebildet, so dass May gegen die verantwortlichen Redakteure des ›Hohenstein-Ernstthaler Tageblattes‹ und des ›Hohenstein-Ernstthaler Anzeigers‹, Wilhelm Lippacher und Emil Horn, Privatklagen einreichte.158 Angesichts der wahren Artikel-Flut,159 die im Anschluss an das Charlottenburger Urteil über die deutschsprachige Zeitungsleserschaft hereinbrach, scheint es auf den ersten Blick erstaunlich, dass May ›nur‹ gegen die beiden Blätter seiner Heimatgemeinde juristisch vorging. Die Mehrzahl der Zeitungen hatte unkritisch die Lebius'schen Denunziationen als wahre Begebenheiten wiederholt, und ihre verantwortlichen Redakteure ebenso wie Emil Horn und Alban Frisch hatten sich wegen verleumderischer Beleidigung strafbar gemacht. Man wird es daher wohl Mays besonderer Beziehung zu seiner Heimatgemeinde, dem Umstand, dass Verwandte und Bekannte hier wohnten, zuschreiben können, dass ihm gerade hier an der Aufrechterhaltung seiner bürgerlichen Reputation besonders gelegen war. Beide Verfahren endeten durch Klagerücknahmen aufgrund von Vergleichsvereinbarungen und Widerrufen.

Die einzelnen Verfahren dieses Epochenteils:

1908

Zivilverfahren: Karl May ./. Firma Hermann Walther GmbH. Kgl. Landgericht Berlin II, Az.: 26.0.56.08. Unterlassungsklage gegen Weitervertrieb der Broschüre ›Karl May, ein Verderber der deutschen Jugend, von F. W. Kahl-Basel‹. Einer einstweiligen Verfügung gegen Weiterverbreitung der Broschüre wurde stattgegeben.160

1910

Strafverfahren: Karl May ./. Richard Krügel. Kgl. Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal, Az.: P 22/10. Beleidigungsklage wegen des Artikels


//300//

›Hinter die Kulissen‹ in ›Der Bund‹, Nr. 51 vom 19. Dezember 1909.161
HStA Dresden, AG Hohenstein-Ernstthal Nr. 80.
Strafverfahren: Karl May ./. Emil Horn. Kgl. Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal. Az.: P 23/10 und P 26/10. Beleidigungsklage wegen zweier Artikel im ›Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger‹ vom 13. und 14. April 1910.162
HStA Dresden, AG Hohenstein-Ernstthal Nr. 72 und 71.
Strafverfahren: Karl May ./. Dr. Alban Frisch und Genossen [Wilhelm Lippacher]. Kgl. Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal, Az.: P 40/10. Beleidigungsklage wegen zweier Artikel im ›Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt‹ vom 26. August und 2. September 1910 sowie eines weiteren Beitrages (Klageerweiterung) vom 24. August 1910.163
HStA Dresden, AG Hohenstein-Ernstthal Nr. 56.



4.3. Die Prozesse mit Emma Pollmer

Einen dritten Verfahrenskomplex stellen die zivil- und strafrechtlichen Verfahren zwischen Karl May und seiner ersten Ehefrau Emma Lina Pollmer (1856-1917) dar. Den juristischen Anfang bildete die Ehescheidung. Der Schriftsteller hatte vor dem Kgl. Landgericht Dresden Klage auf Ehescheidung eingereicht. Zunächst wurde auf Antrag des Schriftstellers vom 3. Oktober 1902 durch einstweilige Verfügung »den Parteien für die Dauer des Rechtsstreits das Getrenntleben gestattet«.164 Das Urteil der 11. Zivilkammer am 14. Januar 1903 erkannte schließlich darauf, dass die »am 17. August 1880 geschlossene Ehe der Parteien  g e s c h i e d e n  (wird). Die Beklagte trägt die Schuld an der Scheidung und wird verurteilt, die Kosten des Rechtsstreits einschließlich derjenigen der vorausgegangenen einstweiligen Verfügung (...) zu tragen.«165 In einer Erklärung vom 13. August 1903 erfolgte eine Untersagung an Emma Pollmer, den Namen Mays fortan tragen zu dürfen. Eine solche Erklärung war nach damaligem Recht nur dann möglich, wenn die geschiedene Frau für allein schuldig am Scheitern der Ehe erklärt worden war.166 Der für May reibungslose Ablauf seiner Scheidungsklage ließ sich vor allem auf das Schuldbekenntnis der Beklagten zurückführen, die ihrerseits dafür eine jährliche Rente von 3000 Mark ausgesetzt bekam.

   So schmerzlich die Scheidung von May und die dubiosen Begleitumstände für Emma Pollmer gewesen waren, so ist doch anzunehmen, dass sie von sich aus vermutlich keine gerichtlichen Schritte gegen ihn unternommen hätte. Tatsächlich eskalierte die juristische Situation dadurch, dass von dritter Seite aus die Rechtmäßigkeit der Scheidung in Frage gestellt wurde. Ausgangspunkt war eine Strafanzeige des mit Emma Pollmer befreundeten Ehepaares Häußler gegen Karl May vom 15. Oktober 1903 wegen betrügerischer Handlungen zur Ermöglichung der Ehescheidung bei der Staatsanwaltschaft Dresden. Das Ermittlungsverfahren wurde wegen der Zeugnis-


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verweigerung Emma Pollmers am 30. Dezember 1903 eingestellt.167 An Emma Pollmer scheiterte am 24. September 1909 endgültig auch die Wiederaufnahme des Verfahrens, da nach Feststellung des auch im Beschwerdeverfahren zuständigen Staatsanwaltes Erich Wulffen »ihre Gemütsverfassung, wie der Sachverhalt ergibt, keine ganz normale zu sein scheint«,168 was letztlich ihre Glaubwürdigkeit erschütterte.

   Im Jahre 1909 wurden vier weitere Verfahren zwischen Karl May und Emma Pollmer rechtshängig, und erneut lag die Ursache in der Intervention von dritter Seite: Rudolf Lebius.

   Dieser hatte die in Weimar lebende Emma Pollmer aufgesucht und als Informantin ausgehorcht. Das Material mündete in einen gehässigen ›Bund‹-Artikel169 gegen Karl wie vor allem auch gegen Klara May, die in die Auseinandersetzungen ebenfalls verwickelt worden war. Es folgte am 16. April 1909 eine Privatklage wegen Beleidigung Karl Mays gegen Emma Pollmer vor dem Großherzoglichen Sächsischen Amtsgericht Weimar.

   Am 14. April 1910 gab Emma Pollmer eine von May vorbereitete Erklärung ab, in der sie sich von »den wahrheitswidrigen Behauptungen und bodenlosen Kombinationen«170 des Artikels distanzierte und um Rücknahme der Klage gegen sie bat. In dem darauf folgenden gerichtlichen Vergleich vom 15. Februar 1910 nahm May die Klage zurück.171

   Das erste Mal, dass Emma Pollmer selber juristische Schritte gegen ihren geschiedenen Ehegatten einleitete, geschah in Zusammenhang mit der Rentenvereinbarung. Karl May hatte Ende März 1909 einen Dauerauftrag zur Rentenüberweisung löschen lassen, als er feststellte, dass sich Emma Pollmer von Lebius als Informantin hatte benutzen lassen. Es handelte sich um eine Privatklage wegen Rentenverweigerung der geschiedenen Ehefrau Mays Emma Pollmer gegen den Schriftsteller. Im Sühnetermin am 15. Februar 1910 kam es zu einem Vergleich, der May wieder zur Zahlung einer jährlichen Rente von 2400 Mark verpflichtete, wohingegen die Klägerin auf ihre weitergehenden Ansprüche verzichtete.172 Vor allem ökonomische Gründe hatten die mittellose Emma Pollmer zu diesem Vergleich bewogen. Zuvor hatte Emma Pollmer auch eine Zahlungsklage über 36000 Mark gegen Karl und vermutlich auch Klara May erhoben, die diesen Anfang Januar 1910 zugestellt worden war.173 Der tatbestandliche Hintergrund dieser Zahlungsklage ist offen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sie im Zusammenhang mit dem angesprochenen Vergleich zurückgezogen wurde.

   Aber auch diese neuerliche Vereinbarung war nicht von Dauer. Durch Vermittlung von Louise Achilles gelangte Lebius in den Besitz eines Briefkonvolutes, das er veröffentlichte.174 Karl Mays Reaktion bestand in einer neuerlichen Einstellung der Rentenzahlung. Mit Hilfe von Oskar Gerlach, der schon Pauline Münchmeyer gegen Karl May vertrat, verklagte Emma Pollmer den Schriftsteller auf Rentenzahlung in Höhe von 3000 Mark.175


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Während des Verfahrens starb Karl May. In einem weiteren Verfahren Karl Mays gegen seine geschiedene Ehefrau im Oktober 1909 vor dem Großherzoglichen Sächsischen Amtsgericht Weimar wurde Emma Pollmer, unter Androhung einer Geldstrafe bis zu 1500 Mark oder einer Haftstrafe bis zu sechs Monaten für jeden Zuwiderhandlungsfall, verboten den Namen des Klägers weiterzuführen und sich Frau Emma May oder Emma May geb. Pollmer zu nennen. Emma Pollmer hatte, obwohl es ihr aufgrund einer Untersagungserklärung verboten gewesen war, weiterhin, zuletzt auch in den Schriftsätzen des anhängigen strafrechtlichen Verfahrens vor dem Amtsgericht Weimar, den Namen May geführt.176

Die einzelnen Verfahren dieses Epochenteils:

1902

Zivilverfahren: Karl May ./. Emma Pollmer. Kgl. Landgericht Dresden, 11. Zivilkammer, Az.: E 505/02 und C Ar VII 240/02 (einstweilige Verfügung). Ehescheidungsklage.

1903

Strafverfahren ./. Karl May. Kgl. Landgericht Dresden, Az.: St. VIII 556.03. [Erstes] Staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen betrügerischer Handlungen zur Ermöglichung der Ehescheidung.177

1909

Strafverfahren: Karl May ./. Emma Pollmer. Großherzogliches Sächsisches Amtsgericht Weimar, Az.: B. 39/09. Privatklage wegen Beleidigung durch den Artikel ›Ein spiritistisches Schreibmedium als Hauptzeuge der Vorwärts-Redaktion‹, Bund, Nr. 13 vom 28. März 1905, 2. Beilage.178
Strafverfahren ./. Karl May und Klara May. Kgl. Landgericht Dresden, Az.: St. VIII 201.09. [Zweites] Staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen betrügerischer Handlungen zur Ermöglichung der Ehescheidung.179 Gegen die Einstellung des Verfahrens am 8. Juli 1909 legte das Ehepaar Häußler Beschwerde ein. Staatsanwalt Dr. Erich Wulffen bestätigte mit Beschluss vom 24. September 1909 den Einstellungsbeschluss.180
Zivilverfahren: Karl May ./. Emma Pollmer. Großherzogliches Sächsisches Landgericht Weimar, I. Civilkammer, Az.: unbekannt. Klage Karl Mays gegen seine geschiedene Ehefrau Emma Pollmer mit dem Antrag, »zu erkennen (...) der Beklagten wird, unter Androhung einer Geldstrafe bis zu 1500 M. oder einer Haftstrafe bis zu 6 Monaten für jeden Zuwiderhandlungsfall, verboten, den Namen des Klägers weiterzuführen und demnach sich Frau Emma May oder Emma May oder Emma May geb. Pollmer, zu nennen (...)«.181


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Zivilverfahren: Emma Pollmer ./. Karl May und Klara May. Kgl. Landgericht Dresden, Az.: unbekannt. Privatklage wegen Rentenverweigerung.182

1910

Zivilverfahren: Emma Pollmer ./. Karl May und Klara May. Kgl. Landgericht Dresden, Az.: unbekannt. Privatklage auf Zahlung von 36000 Mark.



4.4. Sonstige Beleidigungsverfahren

Karl May führte zwischen 1904 und 1912 fünf weitere Strafprozesse, von denen man nachweislich vier als sogenannte Pressprozesse, also Auseinandersetzungen mit den Verantwortlichen verschiedener Zeitungen, bezeichnen kann.

   Zum Kennzeichen dieser Verfahren gehört, dass die von May verklagten Redakteure und Herausgeber jedes Maß an journalistischer Korrektheit hatten vermissen lassen. So hatte der ›Stern der Jugend. Illustrierte Zeitschrift zur Bildung von Geist und Herz‹ in einer Briefkastenantwort in Nr. 25 vom 12. Dezember 1903 unter anderem behauptet, May sei »tatsächlich in eine Irrenanstalt verbracht« worden.183 Das Ergebnis des Verfahrens war, dass Redaktion und Verlag in allgemeinen Erklärungen die »gerichtlich inkriminierten Worte« widerriefen. Der Autor Beßler nahm die »Notiz über Krankheitserscheinungen des Schriftstellers« zurück. Die Beßler'sche Erklärung kam in der Selbstbiographie Mays zum Abdruck.184 1910, ein Jahr, das ganz unter den Wirkungen des Charlottenburger Urteils stand und zahllose Besprechungen, Erwähnungen und Kommentierungen zu Karl May und seinem Werk hervorrief, führte May Privatklage gegen den Herausgeber Expeditus Schmidt. Dieser hatte May in der ›Augsburger Postzeitung‹ mit Oscar Wilde verglichen: Der Leserbrief war von ihr im Feuilletonteil des Blattes Nr. 104, am 10. Mai 1910 veröffentlicht worden. Die bedeutsame Textpassage lautet:

»Auf der einen Seite ein Mann [Wilde], der freilich zeitweise tief in den Sumpf der Unsittlichkeit versank, sich aber in schwerster Buße innerlich wieder erhob, und seine spätesten Werke aus diesem Geiste der Erhebung heraus schrieb, ohne dabei eine neugierige Leserschaft im Auge zu haben. Auf der anderen Seite ein Mann [May], der  z u  g l e i c h e r  Z e i t  unsaubere Kolportage-Romane und frömmelnde Muttergottesgeschichten schrieb. Diese Gleichzeitigkeit wirft das bezeichnende Licht auf die ›Echtheit‹ der frommen Stimmung in dieser 2. Klasse seiner Arbeiten. Ich glaube, es bedarf nicht weiterer Worte, um das Unzutreffende des von Ihnen angezogenen Vergleiches zu erweisen.«185


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Mays Privatklage wegen Beleidigung gegen Schmidt scheiterte an dem unzulänglichen juristischen Vorgehen, da sowohl das Kgl. Amtsgericht Dresden als auch das Kgl. Amtsgericht Kötzschenbroda ihre örtlichen Unzuständigkeiten feststellen mussten. Das gleiche Schicksal ereilte auch die Privatklage wegen Beleidigung Mays gegen Ansgar Pöllmann.

   Der Benediktinerpater hatte schon seit Januar 1910 eine Artikelserie über May in ›Über den Wassern‹ veröffentlicht und dabei ein Konglomerat aller öffentlichen Vorwürfe - ob nun wahr oder unwahr - minutiös zusammengefasst.

   May hatte den Angriffen mit literarischen Repliken in der Wiener ›Freistatt‹186 geantwortet, Pöllmann wiederum in einem weiteren Forum, der ›Bücherwelt‹, seine Attacken fortgesetzt.187 Bis dahin war Pöllmann demnach in drei verschiedenen Organen gegen Karl May vorgegangen, und es war sein angekündigter Wille gewesen, die genannten Blätter weiterhin mit Pamphleten gegen den Schriftsteller zu beliefern. U. a. sah sich May durch die Bezeichnungen und Diffamierungen wie »literarischer Dieb«, »Schwindler der Villa Shatterhand« und »Mays Dreckromane« oder »Allerweltsschwindler« beleidigt. Erneut misslang es May, seine Privatklage beim örtlich zuständigen Amtsgericht einzureichen, weshalb die Klage letztlich als unzulässig abgewiesen blieb.188

   Auch in Österreich kam es 1910 zu einem Privatklageverfahren Mays wegen Beleidigung gegen Dr. Stefan Hock. Leider liegen hierzu bis heute keine Einzelheiten vor.

Die einzelnen Verfahren dieses Epochenteils:

1904

Strafverfahren: Karl May ./. Dr. Johannes Praxmarer, Ludwig Auer, Willibrord Beßler. Kgl. Amtsgericht Friedberg u. a., Az.: unbekannt. Privatklage wegen Beleidigung durch eine Briefkastenantwort in ›Stern der Jugend. Illustrierte Zeitschrift zur Bildung von Geist und Herz‹, Nr. 25 vom 12. Dezember 1903, worin unter anderem behauptet wurde, May sei »tatsächlich in eine Irrenanstalt verbracht« worden.189
Strafverfahren: Karl May ./. Unbekannt. Es handelte sich um eine Beleidigungsklage, deren Hintergründe und prozessuale Einzelheiten nicht bekannt sind. Außer der Angabe »Karl May, Schriftsteller« befinden sich keine weiteren Angaben im Findbuch des HStA Dresden.190

1909

Strafverfahren: Karl May ./. Dr. Oskar Gerlach. Kgl. Amtsgericht Kötzschenbroda. Az.: unbekannt. Beleidigungsklage wegen einer Vielzahl von beleidigenden Ausdrücken und Vorwürfen Gerlachs im Zusammenhang mit den früheren oder anhängigen Verfahren.191


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Strafverfahren: Dr. Oskar Gerlach ./. Karl May. Kgl. Amtsgericht Dresden, später Kgl. Amtsgericht Kötzschenbroda. Az.: unbekannt. Es handelt sich hierbei um eine Widerklage im Rahmen des vorgenannten Verfahrens, auf die May in seiner Autobiographie hinweist.192

1910

Strafverfahren: Karl May ./. Expeditus Schmidt. Kgl. Amtsgericht Dresden, Az.: unbekannt. Beleidigungsklage wegen einer abgedruckten Leserzuschrift in ›Über den Wassern. Halbmonatsschrift für schöne Literatur‹ Nr. 104 vom 10. Mai 1910.193
Strafverfahren: Karl May ./. Ansgar Pöllmann. Kgl. Amtsgericht Dresden, Az.: 5 P 181/10 und Kgl. Amtsgericht Kötzschenbroda, Az.: P 87/10. Privatklage wegen Beleidigung durch mehrere Artikel in ›Über den Wassern‹ vom 25. Januar 1910f.194
HStA Dresden, AG Radebeul Nr. 9.

1912

Strafverfahren: Karl May ./. Dr. Stefan Hock. Gerichtsort: Wien: Möglicherweise war der Ausgangspunkt dieses Verfahrens ein Artikel Stefan Hocks in der Zeitschrift ›Wissen für Alle‹, Nr. 9 von 1910. Auch Lebius wies auf den Artikel hin.195 Die Klage wurde von Klara May nach Mays Tod 1913 zurückgezogen.196

4.5. Sonstige Zivilklagen

Es ist davon auszugehen, dass Karl May noch in weitere Prozesse verstrickt war. Anhaltspunkt dafür sind z. B. eigene Äußerungen, wie jene in einem Brief an Pauline Münchmeyer, worin er erklärte:

Es gibt gegenwärtig keinen Schriftsteller, dessen Werke so viel ohne Berechtigung nachgedruckt werden wie die meinigen. Gutmütig, wie ich bin, habe ich mir das bisher ausnahmslos gefallen lassen; aber da die mir dadurch entzogenen Honorare sich auf Hunderttausende belaufen, sehe ich mich auf Drängen meines Buchverlegers, welcher ebenso wie ich an diesem Verluste beteiligt ist, jetzt gezwungen, den betreffenden Firmen nun endlich einmal Halt zu gebieten.

In welch kräftiger Weise wir das thun, mögen Sie aus der beiliegenden Prager Zeitung ersehen. Ich habe den Prozeß gegen den Verlagsbuchhändler Vilimek binnen 5 Tagen gewonnen.

... Jetzt nun richten wir unsere weiteren gerichtlichen Klagen gegen einen Brünner, einen Wiener, einen Luxemburger und einen Dresdner Verleger. Dieser letztere ist die Verlagsfirma H. G. Münchmeyer.197

Der Hinweis auf den Prozess gegen den Verlagsbuchhändler Vilimek ist missverständlich. Tatsächlich hatte May wegen der unberechtigten Heraus-


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gabe seiner Bücher Ansprüche gegen den tschechischen Verleger geltend gemacht; ob dies auch auf gerichtlichem Wege geschah, ist nicht belegt, und auch der Hinweis auf eine erfolgreiche Klage binnen fünf Tagen widerspricht den tatsächlichen juristischen Möglichkeiten eines solchen Vorgehens. Belegt ist allerdings ein Verfahren des Schriftstellers gegen denselben Verleger 1908 vor dem Handels-Gericht Prag.198 May hatte Klage wegen Gestattung der Büchereinsicht beim Verlag des Beklagten erhoben, da zuvor Unstimmigkeiten über die wirkliche Tantiemenhöhe entstanden waren. In der Verhandlung vom 2. Juni 1908 kam es zu einem Vergleich. Der Vergleich sah u. a. eine Anerkennung des Klägerbegehrens sowie eine gegenseitige Kostenaufhebung vor.199

Das Verfahren:

1908

Zivilverfahren: Karl May ./. Firma Josef Richard Vilimek. Handels-Gericht Prag, Az.: Cg IV 31/8. Klage auf Gestattung der Büchereinsicht zur Feststellung der Tantiemenhöhe.200



1 Rudolf Lebius: Die Zeugen Karl May und Klara May. Ein Beitrag zur Kriminalgeschichte unserer Zeit. Berlin 1910; Reprint Lütjenburg 1991

2 Jürgen Wehnert: Einführung. Zur Biographie von Rudolf Lebius. In: Ebd., S. XV

3 Von Gerlach ist immerhin bekannt, dass er sich später um eine »Erforschung der menschlichen und literarisch ernsten Karl-May-Fragen« (Oskar Gerlach: Brief an die Polizeidirektion der Stadt Leipzig vom 22. 5. 1921, zit. nach: Stadtarchiv Leipzig Nr. 7, Akten des Polizeiamtes der Stadt Leipzig, Carl Friedrich May aus Ernstthal betreffend, Az.: I. 80463, ergangen im Jahre 1865, Blatt 22) bemühte, ohne dass es allerdings zur Fertigstellung vorweisbarer Studien etc. gekommen ist.

4 Gerhard Klußmeier vermutet, dass die Mandatsübernahme Sellos auf Vermittlung seines Freundes Maximilian Harden erfolgte. Ein erstes persönliches Treffen zwischen May und Sello soll am 24. 8. 1910 stattgefunden haben; vgl. Gerhard Klußmeier: »Ein Wind niedriger Gesinnung weht durch Deutschland«. Karl May und Maximilian Harden. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft (Jb-KMG) 1977. Hamburg 1977, S. 103-113 (108).

5 Schmid fungierte im Schadensersatzprozess Karl May ./. Pauline Münchmeyer vor dem Kgl. Sächsischen Oberlandesgericht Dresden als Sachverständiger. Seine Vernehmung erfolgte auf Ersuchen des Prozessgerichts beim Amtsgericht Stuttgart, in dessen Bezirk Schmids Wohnsitz damals lag. Vgl. Euchar Albrecht Schmid: Karl Mays Münchmeyer-Romane. In: Karl-May: Deutsche Herzen - Deutsche Helden. Dresden 1885-87; Reprint Bamberg 1976, S. VIIf.

6 Von Euchar Albrecht Schmid stammen immerhin einige juristisch relevante Aufsätze in den alten Jahrbüchern des Karl-May-Verlages, wie z. B.: Die Münchmeyer-Romane. In: Karl-May-Jahrbuch (KMJb) 1919. Breslau 1918, S. 147-164; Die Vorgeschichte der Münchmeyer-Romane. In: KMJb 1926. Radebeul bei Dresden 1926, S. 223-237 und Die verfälschte Handschrift. In: Ebd., S. 245-256, wie auch eine kurze juristischer Zusammenfassung ›Die Prozesse‹. In: Karl May's Gesammelte Werke Band 34: »Ich«. Bamberg 391995, S. 335-345. Zu beachten ist auch seine Schrift ›Eine Lanze für Karl May‹. Radebeul 1919, die von Schmids erfolgreicher Beendigung laufender Verfahren berichtet.


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7 Albert Hellwig veröffentlichte hiervon unabhängig seine ›vorläufigen‹ Bemerkungen zu den Straftaten Mays in Albert Hellwig: Die kriminalpsychologische Seite des Karl-May-Problems. In: KMJb 1920. Radebeul bei Dresden 1919, S. 187-250.

8 Euchar Albrecht Schmid: Mein Leben und Streben. In: 50 Jahre Karl-May-Verlag. Bamberg 1963, S. 13-22 (18)

9 Vgl. Hellwig, wie Anm. 7.

10 Strafverfahren ./. Karl May und Klara May. Kgl. Landgericht Dresden, Az.: St. VIII 201.09. [Zweites] Staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen betrügerischer Handlungen zur Ermöglichung der Ehescheidung von Karl May und Emma Pollmer.

11 Erich Wulffen: Psychologie des Verbrechers. Ein Handbuch für Juristen. Berlin-Lichterfelde 1908. Band II; ders.: Gauner- und Verbrecher-Typen. Berlin-Lichterfelde 1910

12 Hainer Plaul: Vorwort, Anmerkungen, Nachwort, Sach-, Personen- und geographisches Namenregister. In: Karl May: Mein Leben und Streben. Freiburg o. J. (1910); Reprint Hildesheim/New York 31997, S. 374* Anm. 119

13 Erich Wulffen: Der Läuterungsgedanke bei Karl May. In: KMJb 1923. Radebeul bei Dresden 1922, S. 109-122; ders.: Kunst und Verbrechen. In: KMJb 1925. Radebeul bei Dresden 1924, S. 267-318; ders.: Im Reich der Schelme. In: KMJb 1926. Radebeul bei Dresden 1926, S. 63-130; ders.: Das Kriminelle in der Weltliteratur. In: KMJb 1927. Radebeul bei Dresden 1927, S. 238-295

14 Plaul: Vorwort, Anmerkungen, wie Anm. 12, S. 376* Anm. 119

15 Vgl. z. B. die Verlagsankündigung in Hansotto Hatzig: Karl May und Sascha Schneider. Dokumente einer Freundschaft. Bamberg 1967, S. 271.

16 Erich Wulffen: Vorläufer Karl May. Aus den Akten des Kgl. Landgerichtes Mittweida (Skizzen). In: Nachlass Erich Wulffen, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Mscr. Dresd. App. 1932, Nr. 1324a. - Der Nachlass Wulffens befindet sich in der Sächsischen Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden. Die Auffindung für die May-Forschung ist Hans-Dieter Steinmetz zu verdanken; vgl. Hans-Dieter-Steinmetz: Ein vielseitiger Staatsanwalt. In: Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft (M-KMG) 39/1979, S. 27-29.

17 Otto Forst-Battaglia: Karl May. Ein Leben, ein Traum. Zürich u. a. 1931; spätere überarbeitete Fassung unter dem Titel: Karl May. Traum eines Lebens. Leben eines Träumers. Bamberg 1966 - Erstaunlicherweise hatte bereits Euchar Albrecht Schmid in einem Brief an Erich Wulffen vom 26. 6. 1928 geurteilt: »Ich selber war, unter uns gesagt, stets der Meinung, daß May pathologisch zu werten sei, wenigstens in der Richtung der ›pseudologia phantastica‹«. In: Nachlass Erich Wulffen, wie Anm. 16, Nr. 571.

18 Claus Roxin: Vorläufige Bemerkungen über die Straftaten Karl Mays. In: Jb-KMG 1971. Hamburg 1971, S. 74-109; Wiederabdruck bei Claus Roxin: Karl May, das Strafrecht und die Literatur. Hrsg. von Gert Ueding. Tübingen 1997, S. 11-47

19 Claus Roxin: Karl May, das Strafrecht und die Literatur. In: Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht (1978); wiederabgedruckt in: Jb-KMG 1978. Hamburg 1978, S. 9-36; ebenso bei: Roxin: Karl May, das Strafrecht und die Literatur, wie Anm. 18, S. 48-81; auch in: May: »Ich«, wie Anm. 6, S. 537-572

20 Claus Roxin: Ein ›geborener Verbrecher‹. Karl May vor dem Königlichen Landgericht in Moabit. In: Jb-KMG 1989. Husum 1989, S. 9-36

21 Maximilian Jacta: Zu Tode gehetzt. Der Fall Karl May. In: Berühmte Strafprozesse. Deutschland. III. München 1972, S. 9-50 (auch Sonderdruck des Karl-May-Verlages, Bamberg 1972)


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22 Fritz Maschke: Karl May und Emma Pollmer. Die Geschichte einer Ehe. Bamberg 1973, S. 129-196

23 Ebd., S. 129

24 Gerhard Klußmeier: Die Gerichtsakten zu Prozessen Karl Mays im Staatsarchiv Dresden. Mit einer juristischen Nachbemerkung von Claus Roxin (I). In: Jb-KMG 1980. Hamburg 1980, S. 137-174; ders.: Die Gerichtsakten zu Prozessen Karl Mays im Staatsarchiv Dresden. Mit einer juristischen Nachbemerkung von Claus Roxin (II). In: Jb-KMG 1981. Hamburg 1981, S. 262-299

25 Hansotto Hatzig/Gerhard Klußmeier: Pöllmann versus May - May versus Pöllmann. Dokumente zum Ende einer Kontroverse ohne Schluß. In: Jb-KMG 1982. Husum 1982. S. 245-284

26 Jürgen Seul: Karl May ./. Emil Horn. Juristische Schriftenreihe der Karl-May-Gesellschaft. Bd. 1. Hrsg. von Jürgen Seul. Ahrweiler 1996; ders.: Karl May ./. Dr. Alban Frisch & Wilhelm Lippacher. Juristische Schriftenreihe der Karl-May-Gesellschaft. Bd. 2. Hrsg. von Jürgen Seul. Ahrweiler 1997

27 U. a. Hans-Dieter Steinmetz: Schatten in der Heimat. Prolog zu den Prozessen gegen die Hohenstein-Ernstthaler Lokalpresse. In: Karl-May-Haus-Information (KMHI) Nr. 11/1998, S. 51-56; ders.: Zwischen Krankenbett und Amtsgerichten. Zu Karl Mays Aufenthalt Mitte Dezember 1910 bis Anfang Mai 1911. In: Ebd., S. 56-70; Manfred Hecker: Karl May in St. Joachimsthal [1911]. In: KMHI Nr. 13/2000, S. 27-49

28 Hans-Dieter Steinmetz: Karl May in der Hohenstein-Ernstthaler Lokalpresse 1899-1912. Hohenstein-Ernstthal 2001

29 Jürgen Seul: Rudolf Lebius ./. Karl May: Die Lu-Fritsch-Affäre. Juristische Schriftenreihe der Karl-May-Gesellschaft. Bd. 3. Hrsg. von Jürgen Seul. Bad Neuenahr-Ahrweiler 1999

30 Vgl. auch Hans-Dieter Steinmetz: Unbekannter Ausgang der ›Lu-Fritsch-Affäre‹? In: M-KMG 122/1999, S. 66f.; Jürgen Seul: Die Zeugin Marie Luise Fritsch. In: M-KMG 124/2000, S. 4-14.

31 Vgl. Hans-Dieter Steinmetz: Schatten der Vergangenheit. Die Mittweidaer Untersuchungsakten Karl Mays. In: Karl May auf sächsischen Pfaden. Hrsg. von Christian Heermann. Bamberg/Radebeul 1999, S. 194-274.

32 Klaus Hoffmann: Nachwort zum Faksimiledruck des Waldröschen. In: Karl May: Das Waldröschen; Reprint Hildesheim/New York 1971, S. 2618-2686

33 Siehe: Urteil des Kgl. Sächsischen Oberlandesgerichtes Dresden vom 5. 2. 1906 im Münchmeyer-Prozeß mit Anmerkungen von Hans-Dieter Steinmetz. In: KMHI Nr. 14/2001, S. 8-36; Urteil des Reichsgerichts vom 9. 1. 1907 im Münchmeyer-Prozeß mit Anmerkungen von Hans-Dieter Steinmetz. In: Ebd., S. 36-41. Hierzu auch: Hans-Dieter Steinmetz: Blick hinter die Kulissen. Zur Erstveröffentlichung von Urteilen des Münchmeyer-Prozesses. In: Ebd., S. 3-7.

34 Volker Griese: Nimbus zerstört. Der Charlottenburger Prozeß und das Urteil der Presse. In: Jb-KMG 1998. Husum 1998, S. 40-83

35 Rudolf Beissel: »Und ich halte Herrn May für einen Dichter ...«. Erinnerungen an Karl Mays letzten Prozeß in Berlin. In: Jb-KMG 1970. Hamburg 1970, S. 11-46

36 Roxin: Ein ›geborener Verbrecher‹, wie Anm. 20

37 Gert Ueding: ›Abgrundtief unsittlich‹. Die Justizkampagnen gegen Karl May. In: Große Prozesse: Recht und Gerechtigkeit in der Geschichte. Hrsg. von Uwe Schultz. München 1996, S. 289-300

38 Gabriele Wolff: Ermittlungen in Sachen Frau Pollmer. In: Jb-KMG 2001. Husum 2001, S. 11-351

39 Ebd., S. 278-297

40 Karl May: Frau Pollmer, eine psychologische Studie. Prozeß-Schriften Bd. 1. Hrsg. von Roland Schmid. Bamberg 1982


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41 Vgl. Klußmeier: Die Gerichtsakten (I), wie Anm. 24, S. 140ff.

42 Zum Beispiel zeigte Katharina Schmid (die verstorbene Witwe von Euchar Albrecht Schmid) Gerhard Klußmeier anlässlich eines Besuches die verschnürte Folio-Mappe mit dem Hinweis »Hierin ist Karl Mays größter Sieg enthalten«, womit nur das Berufungsverfahren May ./. Lebius vor der 4. Strafkammer des Landgerichts Berlin III in Moabit gemeint sein kann - Mays großer Triumph über Rudolf Lebius. Vgl. Klußmeier: »Ein Wind niedriger Gesinnung«, wie Anm. 4, S. 108 und 112, Anmerkung 24.

43 Hainer Plaul/Klaus Hoffmann: Stand und Aufgaben der Karl-May-Forschung. Dargelegt auf der Grundlage zweier Privatarchive. In: Jb-KMG 1970. Hamburg 1970, S. 192

44 Damit sollen Hoffmanns Angaben nicht in Zweifel gezogen werden. Sie lassen sich nur nicht den Materialien entnehmen, die der Karl-May-Gesellschaft vorliegen, oder zweifelsfrei aus den bisherigen Publikationen ableiten.

45 Klaus Hoffmann: Zeitgenössisches über »ein unwürdiges Glied des Lehrerstandes«. Pressestimmen aus dem Königreich Sachsen 1864-1870. In: Jb-KMG 1971. Hamburg 1971, S. 110-121; ders.: Karl May als »Räuberhauptmann« oder Die Verfolgung rund um die sächsische Erde. Karl Mays Straftaten und sein Aufenthalt 1868 bis 1870. 1. Teil. In: Jb-KMG 1972/73. Hamburg 1972, S. 215-247; ders.: Karl May als »Räuberhauptmann« oder Die Verfolgung rund um die sächsische Erde. Karl Mays Straftaten und sein Aufenthalt 1868 bis 1870. 2. Teil. In: Jb-KMG 1975. Hamburg 1974, S. 243-275; Hainer Plaul: Auf fremden Pfaden? Eine erste Dokumentation über Mays Aufenthalt zwischen Ende 1862 und Ende 1864. In: Jb-KMG 1971. Hamburg 1971, S. 144-164; ders.: Alte Spuren. Über Karl Mays Aufenthalt zwischen Mitte Dezember 1864 und Anfang Juni 1865. In: Jb-KMG 1972/73. Hamburg 1972, S. 195-214; Hans Buchwitz: Ein Dossier mit Geschichte. Die Leipziger Polizeiakte Karl Mays. In: KMHI Nr.11/1998, S. 32-46

46 Vgl. Klaus Hoffmann: Der »Lichtwochner« am Seminar Waldenburg. Eine Dokumentation über Karl Mays erstes Delikt (1859). In: Jb-KMG 1976. Hamburg 1976, S. 92-104; Der Seminarist und Lehrer Karl May. Eine Dokumentation der Aktenbestände. Hrsg. von Bernhard Kosciuszko/Klaus Ludwig. Hamburg 1999, S. 9-174.

47 Vgl. Seminarist, wie Anm. 46, S. 323-394.

48 Claus Roxin: Mays Leben. In: Karl-May-Handbuch. Hrsg. von Gert Ueding in Zusammenarbeit mit Klaus Rettner. 2. erweiterte und bearbeitete Auflage. Würzburg 2001, S. 78

49 Der Feststellung eines solchen Tatbestandes stand im Grunde die mutmaßliche Einwilligung des Eigentümers entgegen - woraus der Schluss auf ein Fehlurteil zu ziehen ist.

50 Vgl. Plaul: Vorwort, Anmerkungen, wie Anm. 12, S. 372* Anm. 108 unter Hinweis auf das Stadtarchiv Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) Akte A I 12/4, Bl. 21.

51 Ebd.

52 Vgl. zu diesem Vorfall die detaillierte und umfangreiche Abhandlung von Klaus Hoffmann: »Nach 14 Tagen entlassen ...« Über Karl Mays zweites ›Delikt‹ (Oktober 1861). In: Jb-KMG 1979. Hamburg 1979, S. 338-354.

53 Vgl. Hans-Dieter Steinmetz/André Neubert: Verspätete Konsequenzen. Zur Streichung Karl Mays aus der Schulamtskandidatenliste. In: KMHI Nr. 10/1997, S. 37-47.

54 Vgl. Gabriele Wolff: Versuch über die Persönlichkeit Karl May. Sonderheft der Karl-May-Gesellschaft (S-KMG) Nr. 45/1983, S. 16

55 Vgl. Hoffmann: Zeitgenössisches, wie Anm. 45; Plaul: Auf fremden Pfaden, wie Anm. 45; ders.: Alte Spuren, wie Anm. 45; Buchwitz: Dossier, wie Anm. 45; Hainer Plaul: »Besserung durch Individualisierung«. Über Karl Mays Aufenthalt im


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Arbeitshaus zu Zwickau von Juni 1865 bis November 1868. In: Jb-KMG 1975. Hamburg 1974, S. 127-199.

56 Leipziger Tageblatt und Anzeiger. 10. Juni 1865; zit. nach: Hoffmann: Zeitgenössisches, wie Anm. 45, S. 113 und S. 121, Anm. 1

57 Plaul: »Besserung durch Individualisierung«, wie Anm. 55

58 Vgl. Mittweidaer Wochenblatt. Amtsblatt für das Kgl. Bezirksgericht, Gerichtsamt und den Stadtrath zu Mittweida. 46. Jg., Nr. 36 vom 26. 4. 1870; ebenfalls abgedruckt in: Egon Erwin Kisch: Im Wigwam Old Shatterhands. In: Hetzjagd durch die Zeit. Berlin 1926.

59 Vgl. Hoffmann: »Räuberhauptmann« I, wie Anm. 45, S. 242.

60 Karl Hugo Haase: Berufungsschriftsatz an das Kgl. Sächsische Oberappellationsgericht Dresden im Strafverfahren ./. Karl May vom 17. 5. 1870; zit. nach: Hoffmann: »Räuberhauptmann« I, wie Anm. 45, S. 242

61 Zit. nach Steinmetz: Schatten der Vergangenheit, wie Anm. 31, S. 230

62 Vgl. Hainer Plaul: Resozialisierung durch »progressiven Strafvollzug«. Über Karl Mays Aufenthalt im Zuchthaus zu Waldheim von Mai 1870 bis Mai 1874. In: Jb-KMG 1976. Hamburg 1976, S. 105-170.

63 U. a. Hans Wollschläger: Karl May. Grundriß eines gebrochenen Lebens. Zürich 1976, S. 24-44; Wulffen: Psychologie des Verbrechers, wie Anm. 11, S. 173, 314f.; Hellwig, wie Anm. 7, S. 187-250; Forst-Battaglia: Traum eines Lebens, wie Anm. 17, S. 41-51; Jacta, wie Anm. 21; Heinz Stolte: Kriminalpsychologie oder Literaturpsychologie. Zwei Hypothesen zum Fall Karl May. In: M-KMG 2/1969, S. 4

64 Vgl. Steinmetz: Schatten der Vergangenheit, wie Anm. 31.

65 Roxin: Vorläufige Bemerkungen, wie Anm. 18; ders.: Strafrecht und die Literatur, wie Anm. 19

66 Wolff: Versuch über die Persönlichkeit Karl May, wie Anm. 54

67 Karl May: Eingabe an den Untersuchungsrichter Larrass. In: Lebius, wie Anm. 1, S. 90

68 Wolff: Versuch über die Persönlichkeit Karl May, wie Anm. 54, S. 16

69 Vgl. William E. Thomas: Karl May und die ›Dissoziative Identitätsstörung‹. In: Jb-KMG 2000. Husum 2000, S. 195-231.

70 Johannes Zeilinger: Autor in fabula. Karl Mays Psychopathologie und die Bedeutung der Medizin in seinem Orientzyklus. Materialien zum Werk Karl Mays Bd. 2. Husum 2000, S. 48f.

71 Vgl. Wilfried Rasch: Forensische Psychiatrie. Stuttgart/Berlin/Köln 21999, S. 61. - Vgl. die andere Meinung von Thomas, wie Anm. 69, S. 216f.

72 Vgl. Steinmetz: Schatten der Vergangenheit, wie Anm. 31, S. 254-263.

73 Johannes Zeilinger in einem Brief an den Verfasser vom 3. 1. 2001

74 Zeilinger: Autor in fabula, wie Anm. 70

75 Vgl. zu diesem ›ersten Delikt‹ von 1859 die detaillierte und umfangreiche Abhandlung von Hoffmann: »Lichtwochner«, wie Anm. 46. - Zu Mays Aufenthalt wie auch Entlassung aus dem Lehrerseminar in Waldenburg siehe auch Der Seminarist, wie Anm. 46.

76 Das exakte Datum ist unbekannt.

77 Vgl. Plaul: Vorwort, Anmerkungen, wie Anm. 12, S. 372* Anm. 109 unter Hinweis auf SA Chemnitz (Karl-Marx-Stadt), Akte A I 12/4, Bl. 21.

78 Am 9. 7. 1864 hatte sich May unter dem Namen Dr. med. Heilig von einem Schneider fünf Kleidungsstücke anmessen lassen, die er eine Woche später abholte. Ohne zu zahlen verschwand er unter einem Vorwand mit den bestellten Kleidungsstücken.

79 Am 16. 12. 1864 ließ sich May als Seminarlehrer Lohse in seinem Hotelzimmer Pelze und Pelzkragen vorlegen, die er angeblich im Auftrag seines Direktors er-


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werben sollte. Erneut verschwand er unter einem Vorwand und nahm die überbrachten Pelze mit.

80 Am 20. 3. 1865 mietete er sich als Herr Hermin in einem Hotelzimmer ein. Noch am selben Tag kaufte er unter dem Namen Hermes bei einem Kürschnermeister einen Pelz. Als der Händler den Pelz auf das Zimmer brachte, verschwand May ohne zu zahlen unter einem Vorwand aus dem Hotel. Er ließ den Pelz einen Tag später durch eine ahnungslose Mittelsperson im Leihhaus versetzen. Bei dem Versuch, den Erlös abzuholen, wurde May am 27. 3. 1865 nach einem Handgemenge mit der Polizei gefasst und verhaftet.

81 Vgl. zum Aufenthalt Mays im Arbeitshaus Schloss Osterstein zwischen dem 14. 6. 1865 und 2. 11. 1868 die detaillierte und umfangreiche Abhandlung von Plaul: »Besserung durch Individualisierung«, wie Anm. 55.

82 Mittweidaer Wochenblatt, wie Anm. 58

83 Am 29. 3. 1869 erschien May als Polizeileutnant von Wolframsdorf und ›beschlagnahmte‹ bei einem Krämer zehn angeblich gefälschte Taler sowie eine angeblich gestohlene Taschenuhr.

84 Am 10. 4. 1869 gab sich May gegenüber einem Seilermeister als ein Mitglied der geheimen Polizei aus. In dieser vermeintlichen Funktion konfiszierte er 30 angeblich gefälschte Taler. Des weiteren forderte er den Seilermeister auf, ihn zum Gerichtsamt nach Crimmitschau zu begleiten. Unterwegs versuchte sich May plötzlich zu entfernen, dabei wurde er jedoch von dem Seilermeister und einem weiteren Mann verfolgt. In letzter Not entledigte sich May des ›beschlagnahmten‹ Geldes und hielt sich die Verfolger mit einem ›Doppel-Terzerol‹ vom Leibe. Die Pistole war, wie er später unwiderlegt angab, ungeladen gewesen.

85 Am 27. 5. 1869 verbarg sich May im Hause seines Paten; von dort nahm er einige geringwertige Gegenstände mit. Wegen der Mitnahme der Gegenstände musste sich May später ebenfalls strafrechtlich verantworten, obwohl der Pate die Mitnahme vermutlich toleriert bzw. vielleicht sogar erlaubt hatte. Die Anzeige hatte demnach aller Wahrscheinlichkeit nach nur den Zweck gehabt, nicht in den Verdacht der Beihilfe und Begünstigung zu kommen.

86 Am 31. 5. 1869 ließ May in einem Restaurant fünf Billardbälle mitgehen, die er in Chemnitz für fünf Taler verkaufte.

87 In der Nacht vom 3. zum 4. 6. 1869 nahm May aus einem unverschlossenen Stall ein Pferd mit, das er wiederum am nächsten Tag für 15 Taler in einem Nachbarort verkaufen wollte. Da der Eigentümer des Pferdes erschien, musste May ohne Pferd und ohne Erlös verschwinden.

88 Am 15. 6. 1869 gab sich May gegenüber einem Bäcker und Weber als Bote eines bekannten Dresdner Advokaten aus. Er teilte der Familie mit, dass ihr eine große amerikanische Erbschaft zugefallen sei, und forderte den Vater nebst den drei Söhnen auf, sich zur Regelung der Angelegenheit nach Glauchau zu begeben. Nach Entfernung der männlichen Familienmitglieder gab sich May den zurückgebliebenen Frauen als vermeintlicher Falschgeldfahnder zu erkennen. Im Zuge seiner angeblichen Stellung beschlagnahmte er 28 Taler und entfernte sich ungehindert.

89 Am 2. 7. 1869 wurde May im verschlossenen Kegelhaus eines Gasthauses schlafend aufgefunden. In seinem Besitz befanden sich ein Handtuch und ein Zigarrenpfeifchen aus dem Eigentum des Gasthausbesitzers. Ebenfalls bei sich trug May zwei gefälschte Legitimationen, die ihn u. a. als einen sächsischen Generalstaatsanwalt auswiesen. Trotz Gegenwehr wurde er mit Hilfe des Hohensteiner Polizeiwachtmeisters festgenommen.

90 Vgl. Steinmetz: Schatten der Vergangenheit, wie Anm. 31, S. 230.

91 Ebd.

92 Vgl. zum Aufenthalt Mays im Zuchthaus Waldheim vom 3. 5. 1870 bis zum 2. 5.


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1874 die detaillierte und umfangreiche Abhandlung von Plaul: Resozialisierung durch »progressiven Strafvollzug«, wie Anm. 62.

93 Vgl. Gernot Kunze: Einführung. In: Karl May. Das Buch der Liebe. Band II (Kommentarband). Reprint der Karl-May-Gesellschaft. Regensburg 1988, S. 7-50 (48 Anm. 116); Dresdener Nachrichten, Nr. 145 v. 25. 5. 1875, S. 2 Sp. 1.

94 Vgl. Klußmeier: Die Gerichtsakten (I), wie Anm. 24, S. 140.

95 Vgl. Kunze, wie Anm. 93.

96 Kgl. Gerichtsamt Stollberg: Urteil vom 9. 1. 1879; abgedr. bei Maschke, wie Anm. 22, S. 172

97 § 360 Nr. 8 StGB: »Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft wird bestraft: (...) 8) wer unbefugt eine Uniform, eine Amtskleidung, ein Amtszeichen, eine Orden oder ein Ehrenzeichen trägt, oder Titel, Würden oder Adelsprädikate annimmt, ingleichen wer sich eines ihm nicht zukommenden Namens einem zuständigen Beamten gegenüber bedient (...).«

98 Vgl. Heinz Stolte: Die Affäre Stollberg. Ein denkwürdiges Ereignis im Leben Karl Mays. In: Jb-KMG 1976. Hamburg 1976, S. 171-190; Maschke, wie Anm. 22, S. 129-196; Jacta, wie Anm. 21, S. 19-31 (17-18).

99 Vgl. Roland Schmid: »Leckerbissen«. Karl Mays Atzung im September 1879 - von ihm selbst überliefert. In: Jb-KMG 1987. Husum 1987, S. 11-19.

100 Vgl. den Hinweis auf dieses Verfahren bei Kunze, wie Anm. 93, S. 48, Anmerkung Nr. 116 und S. 49 Anm. 127.

101 Vgl. ebd., S. 28-32.

102 Freifrau von Wagner ./. Dr. phil. Karl May. Kgl. Amtsgericht Dresden. Az.: G. S. Bg VII 59/90, Urteil vom 24. 1.1890; abgedr. bei Maschke, wie Anm. 22, S. 200f.

103 Johann Schwarz ./. Dr. phil. Karl May. Kgl. Amtsgericht Dresden. Az.: G. S. Cg VII 1595/91, Urteil vom 21. 10. 1891; abgedr. ebd., S. 209f.

104 Ebd., S. 197-210

105 Klußmeier: Die Gerichtsakten (I), wie Anm. 24, S. 140-142

106 Vgl. u. a. Hans-Dieter Steinmetz: Zur »Dienstmädchen-Hypothese«. In: M-KMG Nr. 45/1980, S. 12; ders.: Karl May und Moritz Lilie. In: M-KMG 94/1992, S. 20-22.

107 Vgl. Walther Ilmer: Karl Mays Weihnachten in Karl Mays ›»Weihnacht!«‹ III. Eine Spurenlese auf der Suche nach Fährten. In: Jb-KMG 1989. Husum 1989, S. 51-83 (72-74); Steinmetz: Karl May und Moritz Lilie, wie Anm. 106.

108 Steinmetz: Karl May und Moritz Lilie, wie Anm. 106, S. 20

109 Zit. nach: Hans-Dieter Steinmetz: »Is das nich der Dres'ner Doktor ...?«. Zu Karl Mays freiem Umgang mit dem Doktortitel. In: KMHI Nr. 13/2000, S. 1-27

110 Vgl. Lebius, wie Anm. 1, S. 319-321. - Akten der Kgl. Sächsischen Amtshauptmannschaft Dresden-Neustadt 1898, Az.: 1943 II 98 zu XIV 1. 30.

111 Steinmetz: »Is das nich der Dres'ner Doktor ...?«, wie Anm. 109, S. 8

112 Der Rechtsstreit um Dienstlohn (vgl. Ralf Harder: Karl May auf amourösen Pfaden? - Über angebliche Liebschaften und uneheliche Kinder. In: M-KMG 115/1998, S. 58-69 (66)) des bei May angestellten Dienstmädchens endete einer Information von Klaus Hoffmann zufolge mit einem Sieg Karl Mays; vgl. Klaus Hoffmann: Leben und Werk. Ausstellung in der Villa »Shatterhand«. Radebeul 1988, S. 54.

113 Bei der Klägerin, der Firma A. Stiebitz & Co. aus Dresden-Neustadt, handelte es sich um eine Weinhandlung in der Königstraße 21 und Heinrichstraße 16. Inhaber war Joachim H. Fickel. Vgl. Klußmeier: Gerichtsakten (I), wie Anm. 24, S. 141.

114 Der Kläger Karl Dankegott Leuschner (1821-1892) war Fleischermeister und Gastwirt, aus Stetzsch, einer Ortschaft nordwestlich von Dresden, heute Stadtgebiet von Dresden. Vgl. ebd., S. 142.

115 Historisch-politische Blätter vom 16. 8. 1907, S. 307, und Hoffmann: Nachwort, wie Anm. 32; Ueding: ›Abgrundtief unsittlich‹, wie Anm. 37; Ralf Harder: Karl


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May und seine Münchmeyer-Romane. Eine Analyse zu Autorschaft und Datierung. Materialien zur Karl-May-Forschung Bd. 20. Ubstadt 1996, S. 216-234

116 Karl May ./. Pauline Münchmeyer, Klageantrag im Zivilverfahren vor der 6. Zivilkammer des Kgl. Landgerichts Dresden, Az.: Cg 6 276.02, zit. nach: Lebius, wie Anm. 1, S. 208

117 Karl May ./. Pauline Münchmeyer, Reichsgericht, I. Zivilsenat, Urteil im Revisionsverfahren vom 9. 1. 1907, Az.: 8. I. 174/1906. - Die Bibliothek des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe besitzt eine Abschrift des handschriftlichen Originaltextes. Der Goldbacher Kneip-Verlag veröffentlichte 1997 in der ›Sammlung sämtlicher Erkenntnisse des Reichsgerichts in Zivilsachen‹, die von dem Kieler Universitätsprofessor Werner Schubert herausgegeben wird, den Jahrgangsband 1907, in dem eine Zusammenfassung des Prozesses und des Urteils wiedergegeben wird. Es handelt sich um die nachweislich einzige Aufnahme eines Karl-May-Prozesses in eine juristische Entscheidungssammlung. Die Zusammenfassung ist wiedergegeben bei Jürgen Seul: Der ›Münchmeyer-Prozeß‹ und seine erstmalige Aufnahme in eine juristische Entscheidungssammlung. In: M-KMG 121/1999, S. 45f.

118 May: Leben und Streben, wie Anm. 12, S. 255f. (im Original Fettdruck)

119 Lebius, wie Anm. 1, S. 75-129 (75)

120 Werner Raddatz: Das abenteuerliche Leben Karl Mays. Gütersloh 1965, S. 155

121 Wollschläger, wie Anm. 63, S. 113

122 Zudem verschlangen die Prozesse mit Pauline Münchmeyer - auch ohne dass die Zahlen vorliegen - mit Gewissheit ein ›kleines Vermögen‹.

123 Vgl. E. A. Schmid: Karl Mays Münchmeyer-Romane, wie Anm. 5, S. V-VIII.

124 Vgl. Lebius, wie Anm. 1, S. 18ff., 75-128.

125 Roxin: Vorläufige Bemerkungen, wie Anm. 18, S. 103, Anm. 15

126 ›Pilatus. Sachsenstimme. Sächsische Sonntagszeitung‹, 1. Jg., Nr. 48 vom 25. 12. 1904, S. 2

127 Vgl. Jürgen Seul: Karl May, Lebius und der ›Vorwärts‹. Ahrweiler 1996.

128 Karl May. In: Zuschrift an die Neue Zürcher Zeitung, 129. Jg., Nr. 111 vom 21. 4. 1908; wieder abgedruckt in: Hainer Plaul: Die Kahl-Broschüre. Entstehung und Folgen eines Anti-May-Pamphlets. In: Jb-KMG 1974. Hamburg 1973, S. 195-236

129 Vgl. Deutscher Hausschatz in Wort und Bild, 35. Jahrgang, Heft 13 vom März 1909.

130 Friedrich Bechly: Erklärung vom 19. 1. 1909; wieder abgedruckt in: Plaul: Die Kahl-Broschüre, wie Anm. 128, S. 219. - Die Erklärung wiederum führte zu einer Beleidigungsklage von Lebius ./. Friedrich Bechly und Karl May.

131 Ebd., S. 223

132 Ebd.

133 Ebd., S. 218f.

134 Vgl. Plaul: Vorwort, Anmerkungen, wie Anm. 12, S. 473* Anm. 324.

135 Marie Luise Fritsch: Die Wahrheit über die Prozesse des Schriftstellers Karl May gegen den Gewerkschaftssekretär Redakteur Rudolf Lebius. In: Stettiner Gerichtszeitung, 1. Jg., Nr. 5 vom 26. 8. 1910; wieder abgedruckt in Seul: Rudolf Lebius ./. Karl May, wie Anm. 29, S. 6ff. (transkribiert) und 155f.

136 Marie Luise Fritsch: Die Wahrheit über die Prozesse des Schriftstellers Karl May gegen den Gewerkschaftssekretär Redakteur Rudolf Lebius. In: Stettiner Gerichtszeitung, 1. Jg., Nr. 6 vom 2. 9. 1910; wieder abgedruckt in Seul: Rudolf Lebius ./. Karl May, wie Anm. 29, S. 10-13 (transkribiert) und 157f.

137 Kgl. Amtsgericht Stettin, Privatklageverfahren Rudolf Lebius ./. Friedrich Durschnabel, Wilhelm Durschnabel, H. Peters und Karl May, Az.: 16 B. 420/10

138 Leben im Schatten des Lichts. Marie Hannes und Karl May. Hrsg. von Hans-Dieter Steinmetz/Dieter Sudhoff. Bamberg/Radebeul 1997, S. 329 Anm. 606

139 Vgl. Lebius, wie Anm. 1, S. 139.


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140 Ebd., S. 272

141 Beissel, wie Anm. 35; Jacta, wie Anm. 21, S. 19-31; Lebius, wie Anm. 1, S. 289-319; Uwe Neßler: Lebius-Register. S-KMG Nr. 49/1984; Karl May: An die 4. Strafkammer des Königl. Landgerichtes III in Berlin. Prozeß-Schriften Bd. 3. Hrsg. von Roland Schmid. Bamberg 1982; Roxin: Ein ›geborener Verbrecher‹, wie Anm. 20, S. 9-36; Ueding: ›Abgrundtief unsittlich‹, wie Anm. 37; Griese, wie Anm. 34

142 Vgl. Plaul: Vorwort, Anmerkungen, wie Anm. 12, S. 499*-519*.

143 Zum Beispiel im Privatklageverfahren Rudolf Lebius ./. Emil Horn & Genossen [u. a. Karl May] wegen Beleidigung. Kgl. Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal Nr. 30, Az.: P 47/10, Band 1, Blatt 44 = Begleitschreiben von Rudolf Lebius.

144 Vgl. Wehnert, wie Anm. 2, S. XIV-XVI.

145 Lebius, wie Anm. 1, S. 260

146 N. N.: May-Prozesse und kein Ende. In: Nationaldemokrat, 1. Jg. 1912, Nr. 9, S. 7

147 Vgl. Hinweis auf das Verfahren im Prozessbericht N. N.: Ist Lebius ein Ehrenmann? In: Vorwärts, 25. Jg., Nr. 223, 1. Beiblatt vom 23. 9. 1908, zit. nach: Seul: May, Lebius, wie Anm. 127, S. 91.

148 Vgl. Hinweis auf das Verfahren u. a. May: An die 4. Strafkammer, wie Anm. 141, S. 110.

149 Vgl. Lebius, wie Anm. 1, S. 139.

150 Ebd., S. 150

151 Vgl. Klußmeier: Die Gerichtsakten (I), wie Anm. 24, S. 151.

152 Vgl. Plaul: Vorwort, Anmerkungen, wie Anm. 12, S. 508*.

153 Vgl. Klußmeier: Die Gerichtsakten (I), wie Anm. 24.

154 Vgl. Hinweise in der zeitgenössischen Presse bei Gerhard Klußmeier: Die Akte Karl May. Materialien zur Karl-May-Forschung Bd. 4. Ubstadt 1979, S. 44ff., und Steinmetz: Lokalpresse, wie Anm. 28, S. 59ff.

155 Vgl. Metallarbeiter-Zeitung. Organ für die Interessen der Metallarbeiter, 27. Jg., Nr. 13 vom 27. 3. 1909.

156 Ebd.

157 Klußmeier: Die Gerichtsakten (II), wie Anm. 24, S. 262-299

158 Vgl. Hartmut Schmidt: Die Beziehungen Karl Mays zur Presse seiner Vaterstadt in den Jahren 1899 bis 1912. In: Jb-KMG 2000. Husum 2000, S. 71-93.

159 Vgl. die Angabe von 119 Artikel zum Charlottenburger Prozess im Anhang des Beitrages von Griese, wie Anm. 34, S. 76-79.

160 Vgl. ›Metallarbeiter-Zeitung‹, wie Anm. 155.

161 Klußmeier: Die Gerichtsakten (II), wie Anm. 24, S. 262-299

162 Seul: Karl May ./. Emil Horn, wie Anm. 26

163 Seul: Karl May ./. Dr. Alban Frisch, wie Anm. 26

164 Lebius, wie Anm. 1, S. 38

165 Ebd., S. 37

166 § 1577 Abs. 3 BGB a. F.: »Ist die Frau allein für schuldig erklärt, so kann der Mann ihr die Fortführung seines Namens untersagen. Die Untersagung erfolgt durch Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde; die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben. Die Behörde soll der Frau die Erklärung mittheilen. Mit dem Verluste des Namens des Mannes erhält die Frau ihren Familiennamen wieder.«

167 Vgl. Lebius, wie Anm. 1, S. 129-137.

168 Aus dem Beschluss vom 24. 9. 1909; abgedruckt ebd., S. 131

169 N. N.: Ein spiritistisches Schreibmedium als Hauptzeuge der ›Vorwärts‹-Redaktion. In: Der Bund, 4. Jg., Nr. 13 Beilage S. 2 vom 28. 3. 1909

170 Vgl. Lebius, wie Anm. 1, S. 170.

171 Vgl. ebd., S. 172f.


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172 Vgl. ebd., S. 173.

173 Vgl. Lebius, wie Anm. 1, S. 224.

174 Ebd., S. 212-228

175 Vgl. N. N.: Herr Rudolf Lebius als Engel. In: Dresdner Woche, 4. Jg., Nr. 35 vom 29. 8. 1912, S.3-7 (6-7).

176 Vgl. Lebius, wie Anm. 1, S. 147-150; Hans-Dieter Steinmetz: Marie Baer. Auf der Spur einer Buchwidmung. In: M-KMG 50/1981, S. 22-26; ders.: Ein Treffen in Radebeul. In: M-KMG 54/1982, S. 18-24.

177 Vgl. Lebius, wie Anm. 1, S. 129-137.

178 Plaul: Vorwort wie Anm. 12, S. 476* Anm. 332; vgl. Lebius, wie Anm. 1, S. 140-173.

179 Vgl. Lebius, wie Anm. 1, S. 129-137.

180 Aus dem Beschluss vom 24. 9. 1909; abgedruckt ebd., S. 131

181 Vgl. Lebius, wie Anm. 1, S. 147-150 (148).

182 Vgl. ebd., S. 173.

183 Vgl. Historisch-politische Blätter. Bd. 140, 4. Heft, vom 16. 8. 1907.

184 May: Leben und Streben, wie Anm. 12, S. 291

185 Expeditus Schmidt: In: »Herr Dr. P. Expeditus Schmidt schreibt uns ...«. Augsburger Postzeitung. Nr. 104 vom 10. 5. 1910; Reprint bei Bernhard Kosciuszko: Im Zentrum der May-Hetze - die Kölnische Volkszeitung. Materialien zur Karl-May-Forschung Bd. 10. Ubstadt 1985, S. 236, und abgedruckt in Jürgen Seul: Karl May im Urteil der ›Frankfurter Zeitung‹. Materialien zum Werk Karl Mays Bd. 3. Husum 2001, S. 175, Anm. 257

186 Karl May: Auch »über den Wassern«. In: Die Freistatt, vom 9. 4. 1910, 30. 4. 1910, 14. 5. 1910, 28. 5. 1910, 4. 6. 1910 und 11. 6. 1910; sämtlich wiederabgedruckt in: Karl May: Auch »über den Wassern«. Mit Anmerkungen von Hansotto Hatzig und Ekkehard Bartsch. In: Jb-KMG 1976. Hamburg 1976, S. 230-272 (230-269)

187 Ansgar Pöllmann: Karl May und sein Geheimnis. In: Die Bücherwelt, Nr. 8/Mai 1910. Weitere Artikel innerhalb dieser Zeitschrift folgten unter dem Titel ›Karl May im Lichte der praktischen Pädagogen‹ in den Nr. 9 und 10 vom Juni bzw. Juli 1910. Wiederabdruck der Beiträge in Hatzig/Klußmeier, wie Anm. 25

188 Vgl. General-Anzeiger Kötzschenbroda Nr. 162 vom 5. 10. 1910.

189 Vgl. Historisch-politische Blätter. Bd. 140, 4. Heft, vom 16. 8. 1907 und May: Leben und Streben, wie Anm. 12, S. 291 sowie Plaul: Vorwort, Anmerkungen, wie Anm. 12, S. 482*-484* Anm. 351 bis 353.

190 Vgl. Hinweis bei Klußmeier: Die Gerichtsakten (I), wie Anm. 24, S. 141.

191 May: Leben und Streben, wie Anm. 12, S. 302f. - Außerdem erfolgte eine Anzeige Mays gegen Gerlach bei der Anwaltskammer wegen mehrfacher Verletzung der Amtspflicht.

192 May: Leben und Streben, wie Anm. 12, S. 302

193 Vgl. General-Anzeiger. Nr. 155 vom 27. 9. 1910 und Nr. 153 vom 5. 7. 1910; Hatzig/Klußmeier, wie Anm. 25.

194 Vgl. General-Anzeiger des Amtsgerichtsbezirks Kötzschenbroda. Nr. 162 vom 5. 10. 1910, abgedruckt bei Hatzig/Klußmeier, wie Anm. 25, S. 273.

195 Vgl. Lebius, wie Anm. 1, S. 138.

196 Vgl. Wiener Sonn- und Montags-Zeitung. Nr. 25 vom 17. 6. 1912, S. 3.

197 Karl May, Brief an Pauline Münchmeyer vom 28. 10. 1898, zit. nach: Hoffmann: Nachwort, wie Anm. 32, S. 2631

198 Karl May ./. Firma Jos. R. Vilimek, Handels-Gericht Prag, Az.: Cg IV 31/8, zit. nach: Manfred Hecker/Hans-Dieter Steinmetz: Karl May in Böhmen. In: Jb-KMG 1977. Hamburg 1977, S. 218-230 (227f.)

199 Ebd.

200 Ebd.


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