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THOMAS KRAMER


Lawrence von Arabien vs. Kara Ben Nemsi?





I. Autoren als Medienidole


Die Werke von Karl May (1842-1912) und Thomas Edward Lawrence (1888-1935), letzterer besser bekannt und berühmt unter seinem ›Nom de guerre‹ Lawrence of Arabia, prägen das Bild des Nahen Ostens und seiner Bewohner in ihren Herkunftsländern bis in die Gegenwart. In einer aktuellen Lawrence-Biographie heißt es:


In den Augen der breiten Öffentlichkeit in Großbritannien wie in der ganzen Welt ist und bleibt Lawrence einer der berühmtesten Engländer seiner Generation. (...) Die Begeisterung der Öffentlichkeit für Medienidole ist in der Regel kurzlebig, aber im Falle von Lawrence hält sie nunmehr fünfundsechzig Jahre an. Anstatt zu verblassen, hat sich die Legende weiterentwickelt und dem jeweils herrschenden Zeitgeist angepaßt.1


Arno Schmidt bezeichnete Karl May bereits 1962 in neidvoller Haßliebe als eine »großdeutsche Institution«,2 welche »seit nunmehr 3 Generationen Hunderte von Millionen deutscher Menschen mühelos zu Einwohnern [ihrer] Welt wirbt«.3 Zu May und Lawrence existiert eine inzwischen schwer überschaubare Forschungsliteratur. Ein Vergleich von Werk und Vita der inzwischen zu Klassikern avancierten Autoren, vor allem unter dem Gesichtspunkt ihrer Rezeption in Deutschland, wurde hingegen bislang nicht angestellt.4 Die wissenschaftliche Beschäftigung blieb jeweils vor allem auf ihre Herkunftsgebiete beschränkt, also den deutschsprachigen und angelsächsischen Raum.5 Gründe dafür finden sich in der literarischen, vor allem aber auch in der politischen Sphäre. Aufschlußreich erscheint nun gerade eine Gegenüberstellung der öffentlichen Wahrnehmung von Leben und Werk genannter Autoren vor dem Hintergrund eines politischen Systems wie etwa dem des Nationalsozialismus. May ist der englischsprachigen Öffentlichkeit fast unbekannt.6 Hingegen genießen T. E. Lawrence und sein Werk in Deutschland - und genossen auch besonders zwischen 1933 und 1945, als Hunderttausende der ›grünen Bände‹ verkauft und die ersten Karl-May-Festspiele veranstaltet wurden - ungleich größere Popularität als der geistige Vater des Winnetou in den USA und England.7 Wo ernsthaftere Forschung zu den genannten Autoren betrieben wurde, in Deutschland vor allem in der Karl-May-Gesellschaft, in Großbritannien in der T. E. Lawrence Society, ignorierte man lange die in der Gegenwart tatsächlich massenwirksamen Umsetzungen wie Kinopro-


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duktionen und Fernsehserien und beschränkte sich in erster Linie auf die Originalschriften.

   Es soll deshalb hier exemplarisch demonstriert werden, wie sich gerade das Bild vom Mann als Krieger in Leben und Werk von Lawrence und Karl May in der Rezeption verselbständigte und auf die Wahrnehmung beider Autoren in der Öffentlichkeit zurückwirkte. Die Einflüsse auf die Massenkultur des 20. Jahrhunderts sind in beiden Fällen kaum zu unterschätzen. Gleichzeitig wiesen beide neue Wege der Propagierung und Vermarktung von Männlichkeit, Körperbild und Kriegertum. Besonders die Persönlichkeit von T. E. Lawrence eignet sich - ohne die bei May notwendige Transmission ins Werk - als Idealbesetzung einer kriegerisch ausstaffierten Männerrolle. Die Pose des waffentragenden Barden, einer idealen Symbiose aus Meyerns Jeglid und Dya, Träger von Theodor Körners ›Leyer und Schwert‹, befreit von bürgerlichen Konventionen, scheint ihm auf den Leib geschrieben. Lawrence war in ungleich stärkerem Maße als andere Vertreter der Zunft schreibender Soldaten zum modernen Medienstar prädestiniert. Aufbereitet für ein Massenpublikum, schon 1962 versetzt mit dem männerschweißgetränkten coolen Charme aktueller Video- und Werbeclips, Actionfilme und Militärserien wie ›J. A. G.‹ oder ›Pensacola‹, im Gegensatz zu den Van Dammes und Dudikoffs allerdings nicht Fäuste schwingend, sondern klassisches Bildungsgut zitierend, mit der androgynen Aura von Pop-Diven wie seinem Landsmann Boy George - erinnert sei an den Hit ›Chameleon‹8 - umgeben, verkörpert der Schauspieler Peter O'Toole bis heute im öffentlichen Bewußtsein T. E. Lawrence, wie die Figur des Mayschen Winnetou in den CCC-Produktionen der Sechziger an die Person eines von der Beschreibung der literarischen Vorlage weit entfernten Pierre Brice gebunden ist.9



II. May und T. E. Lawrence - Gemeinsamkeiten und Unterschiede


Im Vergleich von Persönlichkeit und Werk von May und Lawrence ergeben sich wesentlich erstaunlichere Parallelen als der gleiche Handlungstopos Naher Osten unter besonderer Berücksichtigung der Unabhängigkeitsbestrebungen vom osmanischen Joch und die außergewöhnliche Popularität beider.10 Bereits 1989 bemerkte Hanswilhelm Haefs:


Einen berühmten Namen zumindest wüßte ich zu nennen, dessen Träger in den gleichen Regionen [wie May] die im Niederland Ussulistan erlittenen Qualen (deren reale Wirklichkeit in vielen Einzelheiten durchaus umstritten ist, deren psychologische Wahrheit und Erlittenheit jedoch ebenso unbestreitbar hinzunehmen ist) in ein Dschinnistan-ähnliches Hochland umwandelte und für alle sichtbar auf »Die sieben Säulen der Weisheit« stemmte: (...) Lawrence von Arabien, der ruhmvolle Taten tat in Mays unsterblichem Orient, zwischen Bagdad und Stambul wie im wilden Kurdistan, vor Mekka nicht minder als in Kahira, der Siegreichen. Oder tat er sie nicht? War er kein wahrer Thomas Ben Inglesi, sondern ein


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Schwadronneur [!] und bramarbasierender Hochstapler und philosophaselnder Pseudoheiliger auf den Sieben Säulen der Weisheit, ein Säulenheiliger auf Pseudopostamenten, die er sich selbst errichtete (...)?11


Leider beschränkt sich Haefs auf die resümierende Bemerkung, daß die T.-E.-Lawrence-Anhänger wie »auch die Karl-May-Fans noch auf die große umfassende psychoanalytische Studie warten müssen«.12 Auch ich möchte nur einige Schlaglichter auf Gemeinsamkeiten in Leben und Werk, unter besonderer Berücksichtigung der Rezeption beider Autoren, werfen. Geht es in folgendem auch um Männerbilder13 der Autoren, so bezieht sich das auf die Teile ihres Wirkens, die eine mediale Öffentlichkeit wahrnahm bzw. wahrnehmen wollte; bei Karl May vor allem die Reise- und Abenteuererzählungen à la ›Durch die Wüste‹, bei Lawrence vor allem die Kriegserlebnisse in ›Die sieben Säulen der Weisheit‹. Die Geschichten um Shatterhand und Kara Ben Nemsi und nicht das in neuerer Zeit, spätestens seit Arno Schmidts entsprechender Wertung, als literarisch wertvoll apostrophierte Spätwerk prägen bis heute das Bild von Mays Schaffen in der Öffentlichkeit. Winnetou und Silbersee, nicht Ustad und Ardistan setzten sich im Massenbewußtsein fest.14 Das Alterswerk, in welchem mit dem archaischen Kriegermodell des Westmanns konsequent gebrochen wird, erreichte nie die breite Lesergemeinde. Sein literarisch artikulierter Ruf nach ›Friede auf Erden‹ verhallte in deutschen Landen lange ungehört; der schrille Kriegsruf der Apachen - welcher wie ein mit der höchsten Kopfstimme ausgestoßenes, langgezogenes Hiiiiiiiiii, bei welchem man mit der Hand auf den Mund tremuliert,15 klingt - strapaziert hingegen das Nervenkostüm deutscher Erziehungsberechtigter seit Jahrzehnten.

   Mit T. E. Lawrence verbindet sich spätestens seit David Leans Breitwandepos16 bei den meisten Menschen die Vorstellung des burnustragenden Wüstenhelden; die Lebensphase als schlicht khakiuniformierter Luftwaffen- oder Panzersoldat seines ›The Mint‹17 bleibt in dem oscargekrönten Meisterwerk ebenso ausgespart wie in Lawrence' Auftritten in einigen Episoden der ›Young Indiana Jones Chronicles‹ der neunziger Jahre,18 und nur hartgesottene Cineasten denken bei dem Thema ›Karl-May-Film‹ an Helmut Käutner als alternden Autor in Syberbergs Mittelteil seiner ›deutschen Trilogie‹ - nach Ludwig II. und vor Adolf Hitler - von 1974.19

   Ein Vergleich von Lawrence' und Mays Vita offenbart zunächst Gegensätzlichkeiten. Da dieser einige für eine solche Gegenüberstellung wichtige Punkte überspitzt zur Geltung bringt, sei hier Arno Schmidt zu May zitiert:


In der Jugend hatte er bedenklich wenig gelernt (...); und auch in späteren Jahren empfand er kaum etwas wie den Lern= & Forschungszwang des geborenen, bedeutenden Autodidakten : zeit seines Lebens hat MAY nichts ernsthaft studiert; nie an einer, meinethalben biographischen Arbeit, im großen Stil die bibliothekarischen Hülfsmittel kennen & brauchen gelernt; nie Urkunden entziffert;


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nie durch Übersetzungen seinen aktiven und passiven Wortschatz geschmeidig erhalten & erweitert. Ja, man kann fast sagen : nie 1 ernstzunehmendes Buch gelesen (...).20


Wichtig im Verhältnis May/Lawrence ist der Kontrast: Ein völlig entgegengesetztes Bild läßt sich von T. E. Lawrence entwerfen. Von Herkunft und Anlage durchaus »kein armer, verwirrter Prolet«,21 standen ihm die besten Bildungsstätten seiner Zeit offen, brillierte er lange vor seinem Kriegsruhm als Archäologe und Verfasser wissenschaftlicher Schriften im Auftrag der Universität Oxford. Herkunft und Bildungsweg beider Persönlichkeiten sind gegensätzlicher kaum vorstellbar. Ihre Gemeinsamkeiten und damit gewichtige Gründe für ihren Nachruhm auf Bühne, Leinwand und Bildschirm liegen in der modernen Art der Umsetzung - und damit Bewältigung - traumatischer Erlebnisse in Werk und Selbstinszenierung. Folgende, zu May getroffene Einschätzungen Arno Schmidts erinnern nicht minder an Lawrence:


Zunächst einmal ist die unbeugsame Konstitution des Mannes zu bewundern; die erstaunliche, in solchem Ausmaß wahrlich seltene Fähigkeit, sich nicht nur gegen sein eigenes ‹Abrutschen› (und die entsprechende Reaktion der ‹Gesellschaft›), sondern auch gegen sich selbst & sein chronisches Schuldgefühl durchzusetzen. Hing doch für ihn das bloße ‹Überleben› von dem Ausgang eines ununterbrochen=merkwürdigen Zweifrontenkrieges seines armen ‹ICH› ab

   a) gegen eine glücklichstenfalls neutrale, meist feindliche, Außenwelt (...)

   b) gegen sein eigenes, immerfort hochgefährlich veranlagtes Inneres, bedrohlicher, ja ‹verbotener› Triebe übervoll.

Da war es kein kleines Dauer=Meisterstück, beide gleichzeitig dadurch zu foppen, daß MAY b) in novellistische Bildungen verwandelte, und zwar so erfolgreich, daß a) gern & gut dafür bezahlte. Denn es handelt sich tatsächlich um den anscheinend leidlichsten Ausweg, den ein Instinkt sich in dem beschriebenen, nicht unheroischen (...) Doppelkampf bereiten könnte : die beiden Gegner gewissermaßen auf einander zu verweisen. Zwischen den beiden Mühlsteinen gleichsam herauszuschlüpfen; den Mahlprozeß aber nicht etwa zu unterbrechen oder zu ignorieren, sondern ihn vielmehr abzubilden - es ist kein Idealzustand, ist keine Erlösung, aber es ist ‹1 Möglichkeit›.22



III. Männerbünde in Realität und Fiktion


Die drei für die Wahrnehmung von May und Lawrence in der Öffentlichkeit seit Beginn der sechziger Jahre wohl entscheidenden Rezeptionserzeugnisse erreichten diese fast gleichzeitig: Die Niederschrift von ›Sitara‹ erfolgte zwischen August 1962 und Februar 1963.23 1962, also in der unmittelbaren Entstehungsphase von ›Sitara‹, hatten die Filme ›Lawrence von Arabien‹ und ›Der Schatz im Silbersee‹ gleichermaßen für Furore gesorgt. David Leans


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Produktion erhielt allein sieben Oscars. Die erste May-Verfilmung mit dem Traumpaar Brice/Barker wurde zum bis dato erfolgreichsten deutschen Nachkriegsfilm überhaupt und leitete eine neue ›Karl-May-Welle‹ ein. Beiden Filmen ist gemeinsam, daß sie, wie bereits erwähnt, das Bild ihrer Protagonisten im öffentlichen Bewußtsein gegenüber der literarischen Vorlage für immer entscheidend veränderten. Daß Arno Schmidt beide Filme nie erwähnt, spricht bei Berücksichtigung seiner Trotzgebärden gegenüber jeglicher Massenkultur erst recht für die Kenntnis beider; daß er sie überhaupt nicht wahrgenommen haben soll, ist aufgrund des damaligen Medienechos schlichtweg ausgeschlossen. Dem Übersetzer englischer und amerikanischer Literatur war natürlich Lawrence' ›The Mint‹ geläufig; daher stammt dann wohl der oben angeführte »Mühlstein« im Schmidtschen Zitat. Beide Autoren reagierten auf Probleme mit ihrer sozialen Umwelt nämlich mit ganz ähnlichen Strategien, die ihnen bis heute eine breite Rezipientengemeinde jeglicher politischer und sozialer Couleur bescheren. Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang der Vorwurf der Homosexualität, dem beide gleichermaßen ausgesetzt waren bzw. sind. Es ist nicht mein Anliegen, diese Ansicht hinsichtlich ihres Realitätsgehaltes zu diskutieren.24

   Die Diskussionen um Mays oder Lawrence' sexuelle Präferenzen sollten jedoch nicht vergessen lassen, daß es hinsichtlich enger Beziehungen zum eigenen Geschlecht eine nicht zu leugnende Gemeinsamkeit gab: Psychologisch beachtlich ist nämlich schon, daß beide in entscheidenden Phasen ihres Lebens in von der sozialen Umwelt isolierte - wie Schmidt zu May schreibt - »‹Männerbünde› hineingezwungen«25 waren. Karl May verbrachte fast acht Jahre in Gefängnis und Zuchthaus. Lawrence war als Soldat in der Wüste - abgesehen von gelegentlichen Aufenthalten in Kairo - von herkömmlichen bürgerlichen Kreisen seiner Zeit isoliert. Seine - im Unterschied zu May allerdings freiwillig gewählten - Aufenthalte in diversen Kasernen und Militärlagern - man vergleiche seine Ausführungen in ›The Mint‹ - sind mit einem ausgeklügelten System von Schikanen und Drill, denen sich T. E. Lawrence, der sich unter Pseudonym als einfacher Soldat eingetragen hatte, ausgesetzt sah, durchaus Mays Erlebnissen in Waldheim und anderen Strafanstalten vergleichbar. Diese Erlebnisse hinterließen bei beiden Autoren deutliche Spuren im Werk. Beide, May und Lawrence, führen in Realität oder literarischer Fiktion Kriegerbünde, unter denen sie als kongeniale Führungspersönlichkeiten herausragen.26 Bei Lawrence, dem historisch gebildeten Homer-Übersetzer, drängt sich der Vergleich zu antiken Vorbildern auf. Seine Leibgarde entspricht in der Schilderung einer Art thebanischer Legion: Schon auf den ersten Seiten der ›Seven Pillars of Wisdom‹ findet sich die Rechtfertigung von Männerliebe im Felde:


The men were young and sturdy; and hot flesh and blood unconsciously claimed a right in them and tormented their bellies with strange longings. Our privations and dangers fanned this virile heat, in a climate as racking as can be conceived. We had


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no shut places to be alone in, no thick clothes to hide our nature. Man in all things lived candidly with man.27


Für May wie Lawrence sind Ethnien männlich dominiert. Es gibt nur ›den Indianer‹, ›den Russen‹, ›den Araber‹28 etc.; zudem wimmelt es - auch bei Lawrence - von Stereotypen:


The Arab was by nature continent; and the use of universal marriage had nearly abolished irregular courses in his tribes. The public women of the rare settlements we encountered in our months of wandering would have been nothing to our numbers, even had their raddled meat been palatable to a man of healthy parts. In horror of such sordid commerce our youths began indifferently to slake one another's few needs in their own clean bodies - a cold convenience that, by comparison, seemed sexless and even pure. Later, some began to justify this sterile process, and swore that friends quivering together in the yielding sand with intimate hot limbs in supreme embrace, found there hidden in the darkness a sensual co-efficient of the mental passion which was welding our souls and spirits in one flaming effort.29


Unverkennbar damit im Zusammenhang steht bei beiden die Lust an hochstapelnder Travestie. Man schlüpft in die Kostüme exotischer Männerträume, die die beiden je 1,65 m30 kleinen Autoren in der eigenen  u n d  der Phantasie der Leser gewaltiger scheinen lassen: 1896, auf dem Höhepunkt der Shatterhand-Legende, läßt sich May für seine Bewunderer als Kara Ben Nemsi und Old Shatterhand kostümiert fotografieren. Nicht minder begeistert zeigt sich Lawrence, von seinen Getreuen der Wüste ähnlich der maurischen Sprachschöpfung ›El Cid‹ ›El Aurens‹ genannt, auf Fotos in weißseidener, golddurchwirkter Beduinentracht.31 Leans Film zeigt dann Peter O'Toole im narzißtischen Tanz; mehr noch als der historische Rudolph Valentino gleicht ihm darin der Ballettänzer Rudolf Nureyev in dessen Rolle in dem fünfzehn Jahre später entstandenen Film ›Valentino‹. Beiden Persönlichkeiten, May wie T. E. Lawrence, ist - bei ihren literarischen Helden oder in der Realität, sei es Kara Ben Nemsi oder Lawrence in seinen autobiographischen Schriften - ein erstaunliches Maß an Anpassungsfähigkeit an die jeweils sie umgebende soziale Gemeinschaft eigen; gerade bei Lawrence ein wichtiges Kriterium seines propagandistischen Erfolges unter Beduinen. Doch auch bei May läßt sich das sowohl in der Realität wie im Werk beobachten, die wie bei Lawrence kaum zu trennen sind. Gerade der sächsische Autor war gezwungen, sich mit steigendem Ansehen, mit dem lawinenartigen Anwachsen seines literarischen Ruhms, in ganz unterschiedlichen sozialen Räumen zu bewegen. Das entsprach auch seinem Anliegen, Wirkung bei möglichst breiten gesellschaftlichen Schichten zu erzielen. Er war Gast bei Angehörigen des österreichischen Hochadels, verstand sich aber auch auf die Sorgen und Nöte des ›kleinen Mannes‹. So war er - u. a. auch ob seiner Großzügigkeit bei der Vergabe von Trinkgeldern - beliebt,


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wenn auch vielleicht weniger gelesen bei den unteren Schichten des Kaiserreiches. May beherrschte ein für das moderne Marktgebaren unabdingbares Geschick, seine Produkte gemäß der Zielgruppe zu verkaufen; chamäleonartig wechselt der Ich-Erzähler je nach Publikum wichtige Identitätsmerkmale: Für das bevorzugt katholische Publikum der Marienkalendergeschichten wird der protestantische Schriftsteller zum eifrigen Katholiken - ein wichtiger Angriffspunkt späterer Kritiker. Mays Romanhelden finden sich sofort in die fremde Umgebung; sie sind schon beim ersten Kontakt indianischer als die gewiefteste Rothaut; und ihre arabischen Reitkünste stellen die des sattelfestesten Beduinen in den Schatten.



IV. »Wahrlich, für gewisse Männer steht nichts geschrieben ...«


Bei May und Lawrence gehört es zu den Einführungsritualen in die fremde Welt, sich den dortigen Ethnien auf ihrem eigenen Feld in den männlichen Ritualen Reiten, Jagen und Schießen als überlegen zu präsentieren; ein dramaturgischer Schachzug, dessen sich auch der Film gern annimmt: Viel eindringlicher als das Buch beschreibt Lean in seinem Film ›Lawrence of Arabia‹, wie sich sein Protagonist den Beduinen überlegen zeigt. Die Einheimischen zögern, die Wüste Nefud zu durchqueren, um das für uneinnehmbar gehaltene, strategisch wichtige Akaba anzugreifen. Doch das Beispiel des ›Inglis‹ reißt sie mit. Und dann überhöht Lean das Ganze nochmals: Nachdem man den ›Glutofen der Sonne‹ durchlitten hat, reitet Lawrence zurück, um einen vom Kamel gestürzten Gefährten zu retten. Und so muß Sherif Ali alias Omar Sharif denn auch bekennen: »›Wahrlich, für gewisse Männer steht nichts geschrieben, solange sie es nicht selber schreiben. (...) Kein Mann hätte das geschafft, was Du geschafft hast.‹« Gleichzeitig ist damit das Initiationsritual in die Männergesellschaft der Beduinen vollzogen. Demonstrativ läßt Ali die englische Uniform verbrennen, um seinem Helden Gelegenheit zur Verkleidung zu geben. Ebenso heldisch führt sich das vermeintliche Greenhorn im ersten ›Winnetou‹-Band ein. Was der erfahrene Westmann Sam Hawkens für unmöglich hält, die Befreiung Intschu tschunas und seines Sohnes Winnetou aus der Gefangenschaft der Kiowas, gelingt dem vermeintlichen Anfänger mühelos. Kurz darauf sieht er sich unversehens in einen Kampf mit dem jungen Apachenhäuptling verwickelt und kann nur durch die Übermacht - zudem einen hinterrücks geführten Kolbenschlag - bezwungen werden. Doch damit nicht genug: Er besiegt auch Winnetous Vater - und schenkt ihm das Leben. Man vergleiche die Reaktion Winnetous auf die Verschonung Intschu tschunas mit der Sherif Alis auf die spektakuläre Rettungsaktion:


»Und konntest ihn doch töten! Er war in deiner Hand!« »Ich töte nicht gern einen Feind, am allerwenigsten aber einen Mann, welcher der Vater Winnetous ist und


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den ich also lieb habe. Hier hast du seine Waffe! Du wirst bestimmen, ob ich gesiegt habe und ob man mir und meinen Gefährten Wort halten wird.« Er nahm den Tomahawk, den ich ihm hinhielt, und sah mich lange, lange an. Sein Blick wurde mild und milder; der Ausdruck desselben steigerte sich zur Bewunderung, und dann rief er aus: »Was ist Old Shatterhand doch für ein Mann! Wer kann ihn begreifen!«32


Doch auch bei den Wüstensöhnen führt sich Kara Ben Nemsi heldenhaft ein. Im Reiten und Schießen macht ihm kein Haddedihn etwas vor; unmittelbar nach seiner Ankunft im Beduinenlager in ›Durch die Wüste‹ beweist er seine Überlegenheit in diesen kriegerischen Künsten. Unversehens führt er eine Beduinenarmee wider einen räuberischen Aggressor, wobei er mehrere Stämme zum gemeinsamen Kampfe eint.

   Lawrence und May verachteten beide das Berufssoldatentum - wenn auch aus verschiedenen Perspektiven und Erfahrungshorizonten. Immer wieder demonstriert Lawrence, wie ihm das militärische Zeremoniell widerstrebt. Erkennt er auch deutlich, daß eine Guerilla allein nichts Kriegsentscheidendes zu bewirken vermag, so gehört ihr doch seine Symphatie. Die Abscheu vor militärischem Brauch wurde dem Kinopublikum 1962 immer wieder deutlich, wenn ein irritiert blinzelnder Peter O'Toole sich in schlechtsitzender Uniform in teilweise chaplinesk anmutenden Szenen den Rüffeln seines ergrimmten Vorgesetzten ausgesetzt sieht.

   Bei der Beurteilung regulärer Verbände33 in Auseinandersetzung mit aufständischen Indianern oder unterdrückten orientalischen Völkerschaften läßt May keinen Zweifel an der Verteilung seiner Sympathien. In Karl Mays Wildem Westen kommt das Militär nicht gut weg. Besonders aufschlußreich ist in dieser Hinsicht der erste ›Old Surehand‹-Band, in dem eine Strafexpedition der US-Kavallerie gegen die Komantschen nur durch den Einsatz von Old Shatterhand, der sich neben Winnetou an die Spitze einer irregulären (!) Apachenstreitmacht stellt, vor der völligen Vernichtung gerettet wird.34 Vollends Verachtung für die Praktiken der US-Kavallerie schlägt einem arroganten Offizier im - nach ›Winnetou I‹ - meistverkauften Roman, dem ›Schatz im Silbersee‹, seitens Old Shatterhands entgegen.35 Erst recht geht es in Mays Orient auch Lawrence' Gegnern - damit sozusagen literarischen Erbfeinden -, der türkischen Armee, an den Kragen. Und hier sind die Parallelen von reiner Fiktion und Realität überraschend: Auch Kara Ben Nemsi unterstützt nämlich Araber und Jesidi im Kampf gegen die türkischen Streitkräfte. Zu Beginn von ›Durchs wilde Kurdistan‹ wird unter seiner Führung eine ganze türkische Armee gefangengenommen, anschließend schleicht er sich in das Vertrauen des Mutesselim der türkischen Feste Amadijah ein. Dieser ist, im Unterschied zum Kommandanten von Dera, der Lawrence gefangennehmen läßt und mißhandelt, ein mehr dem Alkohol denn hellhäutigen Gefangenen zugetaner Offizier, weshalb es Kara ohne bleibende Schäden an Leib und Seele gelingt, den Sohn Mohammed Emins, Amad el Ghandur, zu befreien.36


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V. »... von Fremdkörpern, Weitschweifigkeiten und Unstimmigkeiten befreit ...«


Zu untersuchen wäre die Widersprüchlichkeit der Rezeption von T. E. Lawrence und Karl May im Dritten Reich. Für Hitler war das britische Empire das heimlich bewunderte Vorbild, das es zu überflügeln galt. Hetztiraden gegen England gehörten im Dritten Reich zur Tagesordnung. Auch May lehnte den britischen Imperialismus strikt ab; ja geißelte ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit. So äußert der Ich-Erzähler im ›Boer van het Roer‹:


»Ich bin während meiner weiten Reisen vielfältig mit den Söhnen Englands zusammengetroffen und habe da manche Freundschaft geschlossen, welche wohl für das ganze Leben andauern wird; doch hier muß man den Einzelnen vom Ganzen wohl unterscheiden. Ich habe kein persönliches Interesse an den hiesigen Verhältnissen, doch gestehe ich, daß ich ohne Zaudern zur Büchse greifen würde, wenn Ihr [ein Bure], solange ich an Eurer Seite bin, derselben gegen einen Eurer Feinde bedürftet.«37


Antibritische Ressentiments finden sich, aus dem Ungeist der Zeit gewachsen, auch in einer der vielgescholtenen Bearbeitungen des Karl-May-Verlages. In dem 1930 erschienenen Band ›Allah il Allah‹ stellt nämlich das ›perfide Albion‹ Waffen für eine Rebellion gegen den Khediven zur Verfügung, um seinen Einfluß nach Schwächung beider Parteien zu stärken: »Der Umstand, daß die Gewehre englischen Ursprungs waren, legte den Verdacht nahe, daß auch England seine Hand im Spiele hatte - wie immer, wenn es galt, über die ›Wahrung der englischen Belange‹ zu wachen.«38 Verkürzte hier Bearbeiter Kandolf lediglich originär Maysche Aussagen? Der der Radebeuler Version zugrundeliegende Kolportage-Text ›Deutsche Herzen, deutsche Helden‹ spricht in seiner strikten Ablehnung imperialer britischer und russischer Ambitionen eine deutliche Sprache. Interessanterweise nimmt der sächsische Autor hier einmal mehr auf heute äußerst aktuelle Krisengebiete Bezug. So liegt das Fürstentum Nubrida in Nenas Erzählung


»hoch im Norden Indiens ..., da wo die Riesen des Himalaja hoch in den Himmel ragen. Dort berühren sich die Interessen der Engländer und der Russen. Dort kämpfen sie still und heimlich gegen einander wie die zwei Klingen einer Scheere, welche nicht sich selbst vernichten, sondern Alles, was zwischen sie geräth. Jedes dieser beiden Völker sendet seine Beauftragten, welche nichts Anderes sind als Spione. Wehe Dem, der in ihre Hände geräth. Auch zu Banda, dem Maharadscha von Nubrida kamen Engländer und Russen. Sie wollten ihn glücklich machen, aber Jeder auf eine andere Weise. Er wollte ihr Glück nicht, denn er war bereits glücklich.«39


Durch die - allerdings inoffizielle - Intrige eines Russen gerät der Maharadscha schließlich sogar in sibirische Verbannung.


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   Die ausführlichste Auseinandersetzung mit kolonialer Praxis Englands im Rahmen Mayscher Kolportage- und Abenteuerromane findet sich indessen in ›Die Liebe des Ulanen‹ - gepaart mit einer erstaunlich sachlichen Einschätzung der Französischen Revolution und Napoleons.40

   Die May- wie Lawrence-Rezeption im Dritten Reich bediente sich geschickt der Weglassung: May verurteilte nämlich jeglichen, auch den deutschen Imperialismus, was zu umfänglichen Bearbeitungen des in diesem Sinne verfaßten ›Und Friede auf Erden!‹ führte. Durch Unterschlagung von Textstellen stutzte man sich auch T. E. Lawrence, einen entschiedenen Gegner des überholten Kolonialreich-Gedankens,41 passend zur NS-Ideologie zurecht. Doch auch das sich von Hitlerdeutschland zunehmend bedroht sehende Großbritannien benötigte in den dreißiger Jahren einen Helden, der keinen Zweifel an der Außenpolitik des Empire aufkommen ließ. A. W. Lawrence, der Bruder des Schriftstellers, beschreibt im Vorwort zu dem Band mit ausgewählten Briefen ›Oberst Lawrence geschildert von seinen Freunden‹ sein editorisches Vorgehen wie folgt:


Meine Aufgabe als Herausgeber bestand darin, einige wenige sachliche Irrtümer zu berichtigen und Wiederholungen und Unwichtiges auszuschließen. Ich habe die Meinung der Beiträger auf keine Weise geändert oder gar unterdrückt und auch nicht an ihre Ausdrucksweise gerührt. Nur Weitschweifigkeiten habe ich beseitigt und die Interpunktion normalisiert.42


Das erinnert an die editorische Notiz einer Radebeuler Bearbeitung. Ein Jahr nach Erscheinen von ›Oberst Lawrence geschildert von seinen Freunden‹ präsentierte man die Bearbeitung eines Textes aus dem Kolportagezyklus ›Der verlorne Sohn‹ als abschließenden Band 65 der Gesammelten Werke: ›Der Fremde aus Indien‹. Der Verlag verweist darauf, daß »der Roman sorgfältig durchgefeilt und tunlichst von Fremdkörpern, Weitschweifigkeiten und Unstimmigkeiten befreit«43 wurde - mit dem Ergebnis, daß er bis in Nachkriegsauflagen u. a.  n i c h t  von May, sondern von Otto Eicke stammende antisemitische Äußerungen enthielt.44

   Doch zurück zu ›Lawrence geschildert von seinen Freunden‹: Gerade dieser von ›Weitschweifigkeiten‹ befreite, 1938 in Deutschland erschienene Band trug zu einer der bis heute zählebigsten Legenden bei, nämlich, daß Lawrence Sympathien für die Nationalsozialisten gehegt und ein Treffen mit Hitler in Erwägung gezogen habe.45 Der Autor Henry Williamson äußert darin nämlich folgendes:


Ein neues Zeitalter muß beginnen. Europa ist reif für den Frieden. Lawrence war der geborene Führer in dieses Zeitalter. Ich träumte von einer deutsch-englischen Freundschaft. Hitler und Lawrence müßten zusammentreffen. Ich schrieb ihm das, kurz nachdem er die Fliegertruppe verlassen hatte. Er antwortete mir umgehend mit einem Telegramm, bat mich, am nächsten Tag ihn zu besuchen, bei jedem Wet-


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ter. Aber wie er auf dem Rückweg von der Poststelle war, wo er das Telegramm aufgegeben hatte, sausend auf seinem Motorrad, sah er plötzlich (...) zwei Jungen auf Fahrrädern vor sich, und bremste und fuhr zur Seite, um sie nicht zu verletzten.46


Nationalsozialisten griffen die Legende begeistert auf. Unter der Überschrift ›Hitler und Lawrence‹ schrieb Josef Rick im Dezember 1939: »In diesen Wochen, wo wir das Wort ›Krieg‹ immer noch nicht recht auszusprechen wagen, (...) suchen wir Jüngeren nach Parallelen und fragen: ›Wie war das denn damals?‹«47 In Beantwortung dieser Frage war der Schriftsteller Rick auf den genannten Sammelband gestoßen. Nach dem Zitieren der Briefzeilen von Williamson schreibt Rick weiter:


Welche Tragik liegt in diesen knappen Zeilen aufgezeichnet! Sie kennzeichnen den edlen Geist des Frontsoldaten Lawrence, des ›Helden von Arabien‹, des Verfassers der ›Sieben Säulen der Weisheit‹, des meisterhaften Übersetzers der ›Odyssee‹, des genialen Strategen, der wie Adolf Hitler den Krieg haßte und verabscheute und ihn für Europa als überwunden betrachtete.48


Einen wichtigen Hinweis auf die NS-Kompatibilität des Briten Lawrence gibt eine Verlagswerbung für ›Die Sieben Säulen der Weisheit‹:


Eine so einzigartige Erscheinung wie Thomas Edward Lawrence kann unserem Volke nicht eindringlich genug vor Augen gestellt werden. Man mißversteht Lawrence (...), wenn man ihn als einen jener frisch-fröhlichen Abenteurer betrachtet, die, von Gedanken unbelastet, die Welt zu erobern ausziehen, um als Helden glühender Knabenphantasien fortzuleben. (...) »Ich ging zu den Fliegern«, schrieb er, »(...) um der Mechanik zu dienen, nicht als Führer, sondern als Teil der Maschine. (...) Einen Vorteil hat es, Teil der Maschine zu sein: man lernt, daß es nicht auf den einzelnen ankommt.« Diese Sätze sind gleichsam Bruchstücke einer Philosophie der Technik, die bei näherem Zusehen überraschende Ähnlichkeit mit den Denkergebnissen eines Lawrence in vielen Zügen verwandten deutschen Aktivisten, Ernst Jünger, aufweisen. Das ist kein Zufall, sondern Ausdruck eines typischen Vorgangs. Der handelnde Mensch, der das Diesseits durch seine Tat auszufüllen trachtet, ist ein geschichtlicher Typus, den die Antike zuerst geprägt und der an der Gestaltung des Abendlandes immer erneuten Anteil hatte, ist in unserer Zeit in der Gestalt des von der Maschine besessenen Menschen gewandelt wiedererstanden.49


Hier liegt wohl der Schlüssel für das Verständnis der Begeisterung für Lawrence, wobei sich wie im Falle May Pragmatismus und Eklektizismus einmal mehr als nützliche Instrumentarien erwiesen.50 Mühelos ignorierten die Nazis zumeist T. E. Lawrence' Sympathie für den Zionismus,51 persönliche Freundschaften mit dessen Führern,52 seine sexuellen Präferenzen oder pazifistischen Neigungen. Hingegen samplete man für die Öffentlichkeit einen Übermenschen, welchen das deutsche Reich selbst in dieser idealen


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Kombination kaum aufzuweisen hatte. Als Autor, Ästhet und Philosoph wie sein Frontkämpferkollege Ernst Jünger praktizierte Lawrence im Unterschied zu diesem Technikphilosophie: Er konstruierte und testete selbst Hochgeschwindigkeitsmotoren. Dem Rausch der Geschwindigkeit immer schnellerer Motorräder verfallen, ist er den Rennfahreridolen des Dritten Reiches vergleichbar.53 Bernd Rosemeyer,54 dem ›Blonden aus Lingen‹, sogar äußerlich ähnlich, stirbt T. E. Lawrence wie dieser am Steuer, wenn auch eines Motorrads und nicht eines Rennautos, seiner ›Maschine‹.55 Trat in Deutschland »(a)n die Stelle des Rennkampfwagens (...) von 1939 an der Tank, an die Stelle des Rennfahrers der Panzerfahrer«,56 so war der Brite auch da Trendsetter: Er diente bereits in Friedenszeiten bei den Panzertruppen. Auch als Idealbild des unbarmherzigen Kriegers war Lawrence zu gebrauchen. Hitler und seine Paladine bewunderten zwar die englische Kolonialpolitik. Doch gerade  d i e  wüstenerfahrenen Offiziere Gordon und Kitchener - Lean zitiert sie natürlich in seinem Film - entsprachen mitnichten der Phantasie von durch die Wüste ›schweifenden Bestien‹. Gordon, Kitchener oder Allenby waren Vorzeigemilitärs: vollendete britische Gentlemen.57 Die genannten Attribute fehlen Lawrence weitestgehend; er empfand sich selbst als einen Paria, einen Bastard; für ihn galten verbindliche Regeln nicht.

   Nur wenige der Soldaten des Ersten Weltkrieges schienen als Beispiel für das Ideal des ›zäh wie Leder, hart wie Kruppstahl, schnell wie Windhunde‹ so vorbildlich geeignet wie T. E. Lawrence. Die ihm verschworene Leibgarde aus tatsächlichen oder potentiellen Kriminellen der verschiedenen Stämme - wie bei der Fremdenlegion schützte sie der Beitritt vor Strafverfolgung - erinnert hinsichtlich ihrer Brutalität und Schlagkraft ohnehin an die Waffen-SS.58 Die Bewunderung für ›jugendlich-reinlich schreitende Männerkörper‹ teilt T. E. Lawrence mit Walter Flex.59

   Zudem haftet Lawrence noch das Flair des exotischen Abenteurers an, erinnerten die Schauplätze seiner Kriegserlebnisse auch an Kara Ben Nemsis Ritte durch die Wüste, durchs wilde Kurdistan, von Bagdad nach Stambul usw. Lawrence scheint so ungleich besser als die Helden Mays, über deren Tauglichkeit als Vorbilder für die Jugend im Dritten Reich es kontroverse Auffassungen gab,60 zum Ideal für kriegszubegeisternde Heranwachsende prädestiniert. Bislang unberücksichtigt blieb, daß ein Vertreter der mayfeindlichen Fraktion, Fritz Steuben, T. E. Lawrence sogar als veritables Gegenmittel gegen die Mayschen Orientromane ins Spiel brachte. Mit seinen Tecumseh-Romanen, deren rassistische und nationalistische Tendenz trotz inzwischen erfolgter Bearbeitungen nach wie vor unverkennbar ist, versuchte Steuben erfolgreich, dem Wild-West-Kosmos Karl Mays mit ›völkischen Indianerbüchern‹ entgegenzutreten. Ähnlich wie er den wohl populärsten nordamerikanischen Häuptling und dessen tragisches Schicksal den erfundenen Winnetou-Geschichten61 entgegensetzte,62 suchte und fand er in T. E. Lawrence einen nicht minder spektakulären Helden für den Na-


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hen Osten als realistisches Gegenstück zu Kara Ben Nemsi. 1931 erschien in der Franckh'schen Verlagsbuchhandlung Stuttgart Fritz Steubens ›Emir Dynamit‹ auf der Grundlage der 1927 in England erschienenen Bio- oder eher Hagiographie des Lawrence-Freundes Robert Graves. Ebenso wie bei den Steubenschen Indianerbüchern suchte man mit zahlreichen Kunstdrucktafeln und Kartenskizzen den Anschein historischer Authentizität zu erwecken.63 1934, ein Jahr nach der Machtergreifung der Nazis, erschien mit ›Der Strahlende Stern‹ Steubens vierter Tecumseh-Roman. Im gleichen Jahr legte er ›Die Karawane am Persergolf. Eine abenteuerliche Kriegsfahrt durch die arabische Wüste‹ vor. Um nämlich nachzuweisen, daß dem Engländer Lawrence auf deutscher Seite ebenbürtige, wenn nicht gar überlegene, Gegner gegenüberstanden, erschien seit den zwanziger Jahren eine Reihe von Schriften, die den Anstrengungen der Mittelmächte im Nahen Osten während des Ersten Weltkriegs gewidmet waren, wobei die Feldzüge des Asienkorps unter Falkenhayn und die geheime Mission von ›Wilhelm Waßmuß, dem deutschen Lawrence‹ - so einer der verbreitetsten Titel64 - und einigen anderen deutschen Agenten im Mittelpunkt standen.65 Mit der ›Karawane am Persergolf‹ konnte Steuben auf Hunderttausende jugendliche Leser66 seiner Indianergeschichten zählen, für die im Nachsatz dieses Buches auch geworben wurde. Steubens Intentionen sind längst nicht so harmlos, wie es eine äußerst wohlmeinende Darstellung noch 1990 vermuten läßt.67 Dem Autor Steuben


genügt es, wenn diese Erzählung die deutsche Öffentlichkeit und vor allem die Jugend darauf hinweist, daß wir keine Veranlassung haben, Gestalten wie den englischen Oberst Lawrence ins Sagenhafte zu vergrößern - es gab auch bei uns Leute seines Formates (...). Sie hatten nichts als ihre Persönlichkeit, Oberst Lawrence (dessen Leistung und Persönlichkeit ganz gewiß nicht - und von mir zu allerletzt! - verkleinert werden sollen) hatte außerdem das Geld Englands (...). Wenn vom Oberst Lawrence die Rede ist, so wollen wir doch in Deutschland nicht jene vergessen, die von unserem Blute waren und dasselbe (oder mehr!) taten wie dieser Engländer, wenn der Enderfolg auch nicht bei ihnen war.68


Gibt ein Held in einem Roman Mays noch Befehle ... mit der Ruhe und Kaltblütigkeit eines Unteroffiziers, welcher auf dem Kasernenhofe seine Leute instruiert,69 so kämpfen hier endlich Mannschaften, Unteroffiziere und Offiziere, und keine missionierenden Weltenbummler oder Privatgelehrte, an den orientalischen Schauplätzen der ersten beiden Bände des Mayschen Orientzyklus. Dabei ist das Buch ein Amalgam aus Karl May, T. E. Lawrence und Walter Flex. Schon der Titel ›Die Karawane am Persergolf. Eine abenteuerliche Kriegsfahrt durch die arabische Wüste‹ assoziiert zugkräftige M›ay‹sterstücke wie ›Durch die Wüste‹, ›Die Sklavenkarawane‹ und ›Der blau-rote Methusalem. Eine lustige Studentenfahrt nach China‹.70 Obwohl einer der Romanhelden sich sogar über den Radebeuler Fabulierer mokiert,71 kommt Steuben auch im Text nicht ohne kräftige Anleihen bei May


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aus, wobei nur einige ganz auffällige Beispiele genannt werden sollen. Die einführende Beschreibung der nach einem Regenguß blühenden Wüste entnimmt er Mays ›Durch die Wüste‹. Ebenso wie im ersten Kapitel von ›Die Sklavenkarawane‹ wird zu Beginn des Romans ein Löwenpärchen bis in Einzelheiten nach Mayschem Muster erlegt, wobei die dortige Rolle der zwei Knallchargen aus Ungarn bzw. dem Orient zwei deutschen Soldaten unterschiedlicher regionaler Herkunft zufällt. Das Vorbild der Beschreibung eines Wüstenritts durch Steuben findet sich bei May in ›Old Surehand I‹, anstelle eines Scheichsohnes aus einer türkischen Festung (›Durchs wilde Kurdistan‹) wird nun ein deutscher Offizier aus englisch-arabischem Gewahrsam in Kuweit befreit, was in beiden Fällen durch Alkoholisierung der solcher Genüsse ungewohnten muslimischen Wachen erleichtert wird. Und wie in der ›Sklavenkarawane‹ finden sich ein Vater und sein Sohn nach langjähriger Trennung. Walter Flex darf in Anlehnung an seinen heldischen Theologiestudenten Ernst Wuche einen seinen Glauben nicht minder gelassen verteidigenden Schlesier beisteuern. In der Endphase des Krieges wurde natürlich May und nicht Lawrence, der zur Standardlektüre britischer Kampfeinheiten gehörte,72 in Ermangelung von Papier- und Druckkapazitäten für Hitlers letzte Aufgebote als Leitfaden gepriesen.73

   Zur Erhellung der problemgeladenen Rezeption Karl Mays in der DDR wurde in den vergangenen Jahren Entscheidendes geleistet.74 Doch auch T. E. Lawrence war im Osten Deutschlands durchaus nicht wohlgelitten.

   Bekanntlich wandten sich nicht nur DDR-Autoren, sondern auch in die DDR zurückgekehrte ehemals exilierte Schriftsteller ohne besonderen Zwang gegen May. Rainer Gagelmann, damals Auszubildender in Braunschweig, schrieb 1965 und 1966 an verschiedene Autoren und Autorinnen und bat sie um ihre Meinung zu seiner Karl-May-Begeisterung. Die neben Erich Kästner mit Abstand ablehnendste Stellungnahme lieferte der damals bereits achtundsiebzigjährige Arnold Zweig. Seine starke Identifizierung mit seiner Wahlheimat DDR kommt selbst bei einem so scheinbar abgelegenen Gegenstand zum Ausdruck, wenn er dem Schüler nach einführender May-Schelte nahelegt: »Vor allem empfehle ich Ihnen aber jetzt erst einmal, sich ein Buch von unserem Egon Erwin Kisch zu leihen oder bei uns zu kaufen ›Paradies Amerika‹«.75 Als authentische Lektüre zum Nahen Osten empfiehlt Zweig ›Aufstand in der Wüste‹ von T. E. Lawrence. Augenscheinlich war Zweig nicht bewußt, daß dieser in der DDR ähnlich May nun gerade nicht  u n s e r  war, sondern als »ein grausamer, pervertierter Agent des britischen Imperialismus«76 galt. Als Westdeutschem waren Gagelmann natürlich dessen in Zweigs Heimat DDR nie verlegte Werke zugänglich. Erst allmählich, bezeichnenderweise vor dem gleichen kulturpolitischen Hintergrund Ende der Siebziger und zu Beginn der Achtziger, erfuhr auch T. E. Lawrence eine objektivere Einschätzung. Das dreibändige DDR-›Lexikon fremdsprachiger Schriftsteller‹ von 1979 wird der literarischen Qualität seines Hauptwerkes mit der Einschätzung als »einer ein-


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drucksvollen Darstellung des Wüstenkrieges«77 gerecht und würdigt u. a., daß Lawrence »(a)us Protest gegen die doppelzüngige brit. Nahostpolitik, die in den Friedensverhandlungen offenbar wurde (...), 1922 aus dem Staatsdienst« austrat.78 Seine endgültige Rehabilitierung erfuhr der Brite erst gegen Ende der DDR in einem semidokumentarischen Heftroman.79



VI. John Wayne, Indiana Jones und Tom Clancy -
die Instrumentalisierung des Mythos


Die Wahrnehmung von T. E. Lawrence und Karl May bzw. deren Helden im öffentlichen Bewußtsein breiter Massen ist gänzlich verschieden von der, die ihnen Literaturwissenschaftler, aber auch Militärhistoriker und -theoretiker beizumessen bereit sind. So erklärt sich Morsey die Lawrencesche »Bedeutung bis auf den heutigen Tag«,80 ja, seine »zeitlose Bedeutung«81 ausschließlich aus »dem Stellenwert, der seiner Kleinkriegstheorie für die Geschichte des Guerillakrieges zukommt«.82 Tatsächlich nimmt nämlich im Zeitalter eines von den Medien in Videoclipmanier vermittelten Bildes vom Krieg Lawrence als ein »in den zwanziger Jahren kreierte(r) Prinz von Mekka, der noch in dem aufwendigen Lawrence-Breitwandfilm der sechziger Jahre in weißen Beduinenkleidern posierend über die Dächer eines entgleisten Zuges stolziert (...), der aus masochistischen Motiven sich bis an die letzte Grenze der körperlichen Leistungsreserven schindende Wüstenkrieger«,83 einen dominierenden Platz im öffentlichen (Unter)-Bewußtsein ein. Man denke nur an die von den amerikanischen Medien erzeugte Fiktion des klinisch reinen Feldzuges ›Desert Storm‹. Noch treffender vielleicht die Darstellung der NATO-Schläge gegen Serbien: Anstelle türkischer wurden serbische Züge und Eisenbahnbrücken zerstört - und, wie zunächst behauptet, ohne Verluste für die eigenen Kräfte und für die Zivilbevölkerung. Daß Illusionen über den ›sauberen‹ Krieg dann wieder unter Staraufgebot auf der Leinwand demontiert werden - man denke an die US-Produktionen ›Wag the Dog‹ (1997) bzw. ›Three Kings‹ (1999) -, gehört ebenso zu den Rezeptionsmechanismen wie die Erzeugung neuer Legenden. Das bedeutet mitnichten, daß der militärtheoretische Aspekt der Rezeption gering zu achten wäre, doch bleibt er auf eine - im Vergleich zu Millionen von Kinogängern - geringe Anzahl von Spezialisten beschränkt. Morsey erläutert, wie im amerikanischen Fort Bragg (N. C.) »in den Ausbildungsunterlagen (...) Lawrence' 27 Artikel bezüglich der Verhaltensmaßregeln der ausländischen Berater die größte Beachtung«84 finden. »Die Amerikaner sehen darin geradezu das ›Ideal einer Kontrolle, welche Sondereinheiten (Special Forces Teams) bei ihren Beziehungen zu eingeborenen Guerillas suchen‹.«85 1968 produzierte John Wayne den Film ›The Green Berets‹ (dt. ›Die grünen Teufel‹) nach dem Bestseller von Robin Moore‹.86 Die Handlung setzt in Fort Bragg ein, wo Journalisten von der Ehrenhaftigkeit des


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Karl May als
Kara Ben Nemsi
T.E. Lawrence, 1916/17
Wilhemlm Waßmuß


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Einsatzes der Amerikaner in Vietnam überzeugt werden sollen, und sie steigert sich im weiteren zu einer - damals auch von der deutschen Antikriegsbewegung verurteilten - Apotheose der ›Special Forces‹ im Einsatz gegen den Vietkong, also gegen Guerillas. Hier kämpft der Held  g e g e n  den Vietkong, wobei im Verlauf des Streifens mehrfach demonstriert wird, wie sich die Amerikaner dessen Strategien bedienten: der ›Geist‹ von Lawrence also wohl beide Seiten beeinflußte. Wie Lawrence bei Lean hat Colonel Mike Kirby (John Wayne) mit seinen Vorgesetzten ständig um die Zurverfügungstellung von wichtigem Kriegsmaterial, vor allem Artillerie, zu ringen, genießt aber die uneingeschränkte Anerkennung der mit den Amerikanern verbündeten offiziellen südvietnamesischen Seite,87 wobei damit tatsächliche historische Sachverhalte noch in ungleich stärkerem Maße strapaziert wurden als in Leans Lawrence-Film.88

   Neuere Adaptionen von Romanen Karl Mays vermeiden Kriegerisches. Stärker noch als in den sechziger Jahren versuchen wenig erfolgreiche europäische TV-Serien wie ›Mein Freund Winnetou‹ (1980) und ›Winnetous Rückkehr‹ (1998), aber auch die Dramatisierungen zahlreicher Bühnen, am populärsten wohl Bad Segeberg, Rathen und Elspe,89 das humanistische, völkerverbindende und antirassistische Potential zu unterstreichen. Nun ließe sich trefflich darüber streiten, ob gerade der Mißerfolg der TV-Produktionen beim Publikum auch auf die eben weniger actionbezogene, desto mehr um langatmige Dialoge bemühte Handlung zurückzuführen sei. In der den Weltmarkt weiter dominierenden angelsächsischen Populärkultur der neunziger Jahre hingegen wird - wohl auch als Folge aktueller Konflikte in der Region - das Bild vom exotischen Wüstenhelden Lawrence inzwischen weit weniger kritisch hinterfragt als zu Beginn der sechziger. Als aufschlußreich erweist sich da ein Blick auf die neuere Spannungsliteratur zum Thema ›Naher Osten‹. In ›The Young Indiana Jones Chronicles‹90 von 1991 ist Lawrence, verkörpert von Dougie Henshall, in Episode 15, ›Daredevil of the Desert‹, wieder ein edler Ritter ohne Fehl und Tadel.91 Bemühungen von europäischen Künstlern wie dem Comiczeichner Hugo Pratt, das Phänomen Lawrence sarkastisch zu spiegeln, stießen hingegen gerade bei dem deutschen Publikum auf wenig Interesse und blieben ein Geheimtip für eine - im Unterschied zu Frankreich oder Italien - kleine Hugo-Pratt-Fangemeinde.92

   In Frederick Forsyths ›The Fist of God‹93 tritt SAS-Major Mike Martin in die Fußtapfen von Lawrence: Er reist, beraten von seinem Bruder, einem - wie Lawrence - erfolgreichen Arabisten, in geheimer Mission als Araber verkleidet durch Kuweit, wo er u. a. die Einheimischen bei der Organisation des Widerstands gegen die Iraker unterstützt. Schließlich koordiniert er die Zerstörung einer irakischen Riesenkanone zum Verschießen von Nuklearmunition durch SAS-Einheiten und Luftstreitkräfte. Bis in Details ist der Held T. E. Lawrence nachempfunden. So zieht er sich beispielsweise nach vollbrachtem Kriegshandwerk wie dieser in ein kleines Landhaus »in


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den Hügeln von Herfordshire«,94 eindeutiges Pendant zum Lawrence-Anwesen Cloud's Hill, zurück.

   In Tom Clancys, eines v. a. durch die Verfilmungen seiner Romane ›The Hunt for »Red October«‹ (1984), ›Patriot Games‹ (1987) sowie ›Clear and Present Danger‹ (1989) auch in Europa populären US-Autors, Buch ›Executive Orders‹95 sind es die CIA-Agenten Clark und Chavez, die in einem literarisch fiktiven Kriegsszenario, getarnt als russische Botschaftsangehörige, einen gezielten Luftschlag gegen den Hauptschurken vom Boden aus in Teheran koordinieren.

   Im vierten der ›OP-Center‹-Romane aus Clancys Schreibfabrik - ähnlich der Dumasschen Manufaktur des 19. Jahrhunderts - mit dem Titel ›Acts of War‹96 wird geschildert, wie sich ein Offizier der titelgebenden US-Spezialeinheit mental auf seinen Einsatz vorbereitete: Bevor er in den Nahen Osten gekommen war, hatte Mike Rogers, einer alten Gewohnheit folgend, Bücher über die Region studiert. Immer, wenn er die Gelegenheit dazu hatte, las er, was andere Soldaten über eine Nation oder ein Volk geschrieben hatten. Bevor er bei den Unternehmen Desert Shield und Desert Storm zum Einsatz gekommen war, hatte er ›Seven Pillars of Wisdom‹ von T. E. Lawrence und ›With Lawrence in Arabia‹ von dem Journalisten Lowell Thomas97 gelesen. So hatten sich ihm zwei unterschiedliche Perspektiven zur selben Person und zur selben Region eröffnet.98

   Die Verselbständigung des Mythos ist hier ganz offensichtlich: Der Reportageroman von Lowell Thomas, der, hierin den Bemühungen einiger durchaus wohlmeinender früher Karl-May-Biografen ähnlich, vor allem mit Berichten aus zweiter Hand ab ca. 1919 maßgeblich zur Begründung der Legenden um ›Lawrence of Arabia‹ beitrug, wird hier dem Originalwerk, welches selbst literarische Fiktion ist, in einem modernen Politthriller gleichgestellt.99

   ›Acts of War‹ ist allein schon deshalb von Interesse, weil er die Tragfähigkeit und nicht zuletzt Aktualität Mayscher Konzepte der Umsetzung spannender Handlung vor exotischem Hintergrund unter Berücksichtigung ethnischer Konflikte verdeutlicht. Im amerikanischen Roman fällt eine von Mike Rogers geführte US-Spezialeinheit auf türkischem Territorium in die Hände kurdischer Terroristen. Natürlich bedienen sich Amerikaner in der Wüste nicht mehr windgeschwinder Araberhengste, sondern eines mit allen technischen Raffinessen, v. a. ausgefeilten Möglichkeiten rechnergestützter Satellitenübertragung, ausgestatteten gepanzerten Fahrzeuges, dessen Besitz entscheidende strategische Vorteile sichert.100 Wie einst Kara Ben Nemsis Rih oder der Henrystutzen wird diese moderne Symbiose aus Fortbewegungsmittel und Waffensystem nun zum Objekt der Begierde der Konfliktparteien. Das Buch, dessen Schauplätze denen der ersten drei Bände des Mayschen Orientzyklus entsprechen - eine Landkarte im Vorsatz erleichtert zudem das Verfolgen der Handlung101 -, spart nicht mit ausführlichen Erläuterungen ethnologischer, naturkundlicher und historischer Sachver-


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halte. Dabei reflektiert, entgegen landläufiger Vorbehalte gegen solcherart moderne ›Bahnhofskioskliteratur‹, das Autorenteam beispielsweise das Kurdenproblem durchaus nicht politisch eindimensional.

   Der Mythos ›Lawrence of Arabia‹ wird wie der Mythos ›Karl May‹ auch zukünftig neue Interpretationen erfahren.102 Es lohnt sich, sie zu verfolgen.



Bei diesen Ausführungen handelt es sich um die überarbeitete, erweiterte und aktualisierte Fassung eines früheren Aufsatzes (Thomas Kramer: Karl May und T. E. Lawrence. Bemerkungen zur Rezeption. In: Passagen. Literatur - Theorie - Medien. Festschrift für Peter Uwe Hohendahl. Hrsg. von Manuel Köppen/Rüdiger Steinlein. Berlin 2001, S. 331-354).



1Jeremy Wilson: Lawrence von Arabien. Die Biographie. München 1999, S. 12 (Erstausgabe: Jeremy Wilson: Lawrence of Arabia: The Autorized Biography of T. E. Lawrence. London 1989); es sei vorausgeschickt, daß der vorliegende Aufsatz keinen Beitrag zur Klärung des Begriffs ›Öffentlichkeit‹ geben will und kann (vgl. zu dieser Problematik Peter Uwe Hohendahl: Einleitung. In: Öffentlichkeit - Geschichte eines kritischen Begriffs. Hrsg. von Peter Uwe Hohendahl unter Mitarbeit von Russel A. Berman, Karen Kenkel u. Arthur Strum. Stuttgart/Weimar 2000, S. 1-7). Es wird lediglich der Versuch unternommen, exemplarisch ›Öffentlichkeit‹ in ihrer Reaktion auf literarhistorische Phänomene zu diskutieren.
2Arno Schmidt: Sitara und der Weg dorthin. Bargfeld 1993, S. 168 (Bargfelder Ausgabe. Werkgruppe III. Essays und Biografisches. Bd. 2) (Erstausgabe 1963)
3Ebd., S. 11
4Ein Artikel unter der Überschrift ›Karl May, Lawrence von Arabien und der Israel-Konflikt. Ein Vortrag von Hassan Hamdan über den arabischen Nationalismus und die Sehnsucht nach Einheit in der arabischen Welt‹ in der Frankfurter Rundschau vom 8. April 1983 benutzt die Popularität der Namen lediglich als Aufhänger. Nach der Feststellung, daß »Karl May, Lawrence von Arabien und der Israel-Konflikt (...) sicherlich noch immer einen entscheidenden Anteil am Zustandekommen und Weiterbestehn dieser Mißverständnisse« (S. 14) in Europa bezüglich der Araber haben, tauchen die Namen im Rest des Artikels nicht mehr auf. George L. Mosse führt zwar T. E. Lawrence' und Mays Helden als Repräsentanten männlichen Abenteuergeistes an, vergleicht sie aber nicht direkt (vgl. George L. Mosse: Das Bild des Mannes. Frankfurt a. M. 1996, S. 151f.). Interessanterweise nimmt Mosse nur die Figur des Old Shatterhand, nicht die Kara Ben Nemsis zur Kenntnis (vgl. ebd., S. 181f.).
5Rana Kabbanis Untersuchung ›Mythos Morgenland. Wie Vorurteile und Klischees unser Bild vom Orient bis heute prägen‹ (München 1993) beispielsweise findet May im titelgebenden Diskurs nicht einmal der Erwähnung wert.
6Zu Gründen vgl. Peter Uwe Hohendahl: Von der Rothaut zum Edelmenschen. Karl Mays Amerikaromane. In: Karl Mays ›Winnetou‹. Hrsg. von Dieter Sudhoff/Hartmut Vollmer. Frankfurt a. M. 1989, S. 214-238 (zuerst in: Amerika in der deutschen Literatur. Neue Welt - Nordamerika - USA. Hrsg. von Sigrid Bauschinger/Horst Denkler/Wilfrid Malsch. Stuttgart 1975, S. 229-245). Zu Hohendahls »umfassende(r) und originelle(r) Deutung« vgl. auch Claus Roxin: Literaturbericht. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft (Jb-KMG) 1976. Hamburg 1976, S. 287-301 (299).


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7So erschien zwischen 1933 und 1945 in den USA und Großbritannien lediglich je eine - auszugsweise und bearbeitete - Karl-May-Übersetzung (vgl. Wolfgang Hermesmeier/Stefan Schmatz: Karl-May-Bibliographie 1913-1945. Bamberg/Radebeul 2000, S. 356). Zur breiten Rezeption von T. E. Lawrence in jener Zeit in Deutschland vgl. Uta Beiküfner: »Ein Kritiker mitten im Kampf« - Zur Rezeption von T. E. Lawrence im Dritten Reich. In: Zwischen den Zeiten. Junge Literatur in Deutschland von 1933 bis 1945. Hrsg. von Uta Beiküfner/Hania Siebenpfeiffer. Berlin 2000, S. 81-95. Allerdings irrt Beiküfner mit der Einschätzung, die Rezeption von T. E. Lawrence ende mit dem Kriegseintritt Großbritanniens am 3. September 1939 (vgl. S. 82). Noch zwei Jahre später wird dieser in einem von Rassenhetze dominierten Buch als Vertreter »der anständig gesinnten und von gutem Willen geleiteten Engländer« präsentiert, »der die arabische Sache aufrichtig zu der seinen machte (...) und an ihr mit seinem Leben scheiterte«. (Iwan Kirchner: Sperrfeuer um Nahost. Der Kampf um Vorderasien und Ägypten vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Brünn u. a. 1941, S. 638)
8T. E. Lawrence schien begeistert von diesem Tier (vgl. T[homas] E[dward] Lawrence: Selbstbildnis in Briefen. München/Leipzig 1948, S. 64).
9»Pierre Brice (...) verkörperte den Winnetou so glaubwürdig, daß er selbst das von Karl May geschaffene Bild überlagerte.« (Michael Petzel: Karl-May-Filmbuch. Bamberg/Radebeul 1998, S. 38) Peter O'Toole präsentiert Zweigeschlechtlichkeit in einer Person. Bei den bezüglich ihrer schauspielerischen Ausdrucksmöglichkeiten ungleich bescheideneren Helden der Leinwand sind, wie in der literarischen Vorlage, die Rollen geteilt: der hünenhafte Lex Barker und der eher schmächtige, langhaarige, samtäugige Pierre Brice als Pärchen. Wurde das in den eigentlichen Karl-May-Filmen der Sechziger nicht thematisiert, so wird 1996 in einer aufwendig produzierten Kinowerbung für die Bild-Zeitung mit Old-Shatterhand-Melodie sogar »für einen abschließenden Gag (...) Arno Schmidt bemüht (›Winnetou liebt dich‹)«. (Ebd., S. 451) Wütende Proteste von in »ihren Empfindungen verletzte(n) Karl-May-Fans« (ebd.) blieben nicht aus. Im May-Film ist Old Shatterhand stets nur eindimensional Westmann - wohl auch mit Blick auf ein internationales Publikum -, nie der Autor aus Deutschland.
10Ein Vergleich muß einer späteren Publikation vorbehalten bleiben.
11Hanswilhelm Haefs: Kopfidentitäten II. In: Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft (M-KMG) 82/1989, S. 26-33 (30f.)
12Ebd., S. 32
13»Das Männerbild kann als ein soziopsychologisches Konstrukt angesehen werden, ein Bild, das ein Mann über seine männliche Rolle in der Gesellschaft erwirbt, ebenso ein Bild, welches er von anderen Männern und ihrer Rolle in der Gesellschaft besitzt, und schließlich ein Bild, das andere Gesellschaftsmitglieder, vor allem andere Männer, über ihn haben.« (Michael Berthold Müller: Das Männerbild Adolf Hitlers. Frankfurt a. M. 1999, S. 12)
14Für die Produzenten der Karl-May-Filme war der Erfolg beim Massenpublikum, nicht Lob oder Kritik eines Bargfelder Eremiten von Interesse. So unterwarf sich der Rialto-Chef Horst Wendlandt im Vorfeld der Herstellung - so er ihn überhaupt kannte - nicht der mühsamen Prozedur einer Bitte um Audienz bei Herrn Arno Schmidt, sondern beobachtete in Buchabteilungen Berliner Kaufhäuser den Absatz der Bamberger Bände und befragte Kellner - als besonders repräsentativ für die Öffentlichkeit - in Berliner und Münchner Cafés nach ihrer Einstellung zu Karl May (vgl. Petzel, wie Anm. 9, S. 100).
15Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. XIV: Old Surehand I. Freiburg 1894, S. 473; Reprint Bamberg 1983
16›Lawrence of Arabia‹, Regie David Lean, in der Hauptrolle Peter O'Toole. GB 1962


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17T. E. Lawrence: The Mint: A Day-Book of the R. A. F. Depot between August and December 1922 with later notes by 352087 A/c Ross. London 1955 [Ross ist das Pseudonym von Lawrence]
18Die US-Fernsehproduktion ›A Dangerous Man: Lawrence After Arabia‹ (1990), die T. E. Lawrence (Ralph Fiennes) und Feisal (Alexander Sitting) bei den Friedensverhandlungen 1919 in Paris zeigt, präsentiert Lawrence nach zeitgenössischen Fotografien noch mit Kopftuch.
19Vgl. Petzel, wie Anm. 9, S. 389-395.
20Schmidt, wie Anm. 2, S. 154; natürlich spiegelt sich ein narzißtischer, von Komplexen gebeutelter Arno Schmidt hier - wie so oft - selbst; er, der (aller)letzte Großmystiker verkörpere ja genau das Gegenteil ...
21Ernst Bloch: Erbschaft dieser Zeit. Frankfurt a. M. 1962, S. 170 (Gesamtausgabe Bd. 4)
22Schmidt, wie Anm. 2, S. 153f.
23Vgl. Anhang. In: Schmidt, wie Anm. 2, S. 287-295 (291). - Heinz Stolte stellte 1973 fest, Sitara hätte »schon vor zehn Jahren eine erbitterte öffentliche Kontroverse hervorrufen müssen. Erstaunlicherweise ist es nicht dazu gekommen. Eine öffentliche Kritik, mit den Fakten, um die es hier ging, nicht vertraut, hat das Buch weithin ganz naiverweise als ›wissenschaftlich‹ aufgefaßt und die darin dargelegten Hypothesen für bare Münze genommen. (...) Und nicht nur der auf das schärfste von Schmidt angegriffene Karl-May-Verlag in Bamberg hüllte sich in öffentliches Schweigen (...).« (Heinz Stolte/Gerhard Klußmeier: Arno Schmidt & Karl May. Eine notwendige Klarstellung. Hamburg 1973, S. 9) Schon 1963 lieferte ›Sitara‹ anläßlich der Premiere von ›Winnetou I‹ am 11.12. Munition fürs Feuilleton: »Die Entwicklung der parallel laufenden Liebesgeschichten Shatterhand/Winnetou und Shatterhand/Nschotschi (Marie Versini) bekräftigt die Theorie des Schriftstellers und May-Deuters Arno Schmidt, Mays Werke seien der Ausfluß seiner verdrängten homoerotischen Komplexe.« (Film. Neu in Deutschland. In: Der Spiegel 17 [1963], H. 52, S. 88.) Wie für Lawrence gilt auch für May: »Anfang der sechziger Jahre wurde Lawrence zum Freiwild für Amateurpsychologen; indem sich die Aufmerksamkeit der ›tabufreien Gesellschaft‹ auf die Privatsphäre konzentrierte, kam es zu einer Schwemme schlüpfriger Mutmaßungen.« (Wilson: Biographie, wie Anm. 1, S. 15)
24Zumindest hinsichtlich May ist der Vorwurf gleichgeschlechtlicher Neigungen inzwischen ohnehin als literarische Inszenierung Arno Schmidts ohne einen tatsächlich haltbaren Beweis entkräftet. Vgl. dazu z. B. Michael Sagorny: Harte Attacken & warme Gefühle. Wie Arno Schmidt Karl May verarztet. [Umschlagtitel: Arno Schmidt & Karl May.] Paderborn 1994.
25Schmidt, wie Anm. 2, S. 169
26Im immerhin viereinhalbstündigen Lawrence-Film von 1962 gibt es keine einzige Frauenrolle.
27T. E. Lawrence: Seven Pillars of Wisdom. A Triumph. London 2000, S. 28 (Erstausgabe: London 1926); Übers.: »Die Männer waren jung und kraftvoll; ihr heißes Blut verlangte unbewußt sein Recht und peinigte den Leib mit unbestimmtem Verlangen. Entbehrungen und Gefahren, dazu ein Klima, das denkbar marternd war, entfachten die männliche Glut nur noch mehr. Wir hatten nirgends einen Platz für uns allein, kein dickes Kleid, das unser Menschliches verbarg. In jeder Hinsicht lebten wir ohne Geheimnis voreinander.« (T. E. Lawrence: Die sieben Säulen der Weisheit: Lawrence von Arabien. Dt. von Dagobert von Mikusch. München 1991, S. 2)
28Zum »personifizierenden und allegorisierenden Singular«-Artikel vgl. Victor Klemperer: LTI. Notizbuch eines Philologen. Leipzig 1975, S. 209; speziell bei Karl May siehe Hohendahl: Von der Rothaut zum Edelmenschen, wie Anm. 6,


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S. 219 (›Winnetou‹); Helmut Schmiedt: Der Jude Baruch. Bemerkungen zu einer Nebenfigur in Karl Mays ›Von Bagdad nach Stambul‹. In: Karl Mays Orientzyklus. Hrsg. von Dieter Sudhoff/Hartmut Vollmer. Paderborn 1991, S. 185-194 (185).
29T. E. Lawrence: Pillars, wie Anm. 27, S. 28; Übers.: »Der Araber ist von Natur enthaltsam; und der allgemeine Brauch, früh zu heiraten, hatte in den Stämmen ungeregelte Gewohnheiten fast ganz ausgeschaltet. Die öffentlichen Mädchen in den wenigen Siedlungen, die wir in den langen Monaten unseres Umherschweifens antrafen, bedeuteten unseren Leuten nichts, selbst wenn ihr übertünchtes Fleisch schmackhaft gewesen wäre für einen Mann mit gesunden Sinnen. In Abscheu vor solcher schmuddeligen Angelegenheit begannen die Jungen unter uns unbekümmert ihr weniges Verlangen einander an den eigenen sauberen Körpern zu löschen - mehr als nüchternes Sichabfinden, das, vergleichsweise, unleiblich und selbst rein erschien. Später suchten einige dieses leere Beginnen zu rechtfertigen und beteuerten, daß Freunde, gebettet im schmiegsamen Sand in erhabener Umschlingung der glühenden Körper gemeinsam erbebend, dort im Dunkel verborgen einen sinnlichen Widerhall fänden für die geistige Leidenschaft, die unsere Seelen zu großem Tun entflammte.« (T. E. Lawrence: Säulen, wie Anm. 27, S. 2f.)
30Vgl. Karl May: Freuden und Leiden eines Vielgelesenen. In: Deutscher Hausschatz XXIII. Jg. (1897), S. 20; Reprint in: Karl May: Kleinere Hausschatz-Erzählungen. Hrsg. von Herbert Meier. Hamburg/Regensburg 1982: »...ich bin 166 Centimeter hoch ...« Zu Lawrence' Körpergröße vgl. Wilson: Biographie, wie Anm. 1, S. 41. - Müller konstatiert, »daß es für die Entwicklung, Entstehung oder Modifizierung eines Männerbildes natürlich ebenso wichtig sein kann, welche physische Konstitution das jeweilige männliche Individuum besitzt. Allerdings bin ich der Meinung, daß man nicht generell und gleichsam automatisch einen Zusammenhang zwischen einer bestimmten Körperlichkeit und einem bestimmten Männerbild herstellen sollte. Allerdings gilt zu bedenken, daß die Körperlichkeit, in der Regel, eine vom Individuum nicht beeinflußbare Konstante darstellt und ihr insofern tatsächlich eine besondere Rolle bei der Gestaltung eines Männerbildes zukommen kann. In meiner Sicht ist deshalb wichtig, welche Bedeutung die Gesellschaft der Körperlichkeit beimißt und welchen Stellenwert sie derselben in ihrem Männerideal einräumt.« (Müller, wie Anm. 13, S. 17)
31Vgl. z. B. bei Werner Koch: Lawrence von Arabien. Leben und Werk in Text und Bildern. Frankfurt a. M./Leipzig 1995, S. 119.
32Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. VII: Winnetou der rote Gentleman I. Freiburg 1893, S. 364; Reprint Bamberg 1982
33Auch dies ist unter dem Blickwinkel der Rezeption zu beachten: In den weniger populären Kolportageromanen wird die Ambivalenz des Mayschen Soldatenbildes besonders deutlich. Wie der Titel verrät, stehen in ›Die Liebe des Ulanen‹ drei Generationen schneidiger Kavallerieoffiziere im Mittelpunkt des turbulenten Geschehens. Allerdings sind gerade diese Bücher viel weniger verbreitet als Mays Reiseerzählungen; wurden - vor allem aus politischen Rücksichten - auch kaum verfilmt. Außerdem fehlt es auch da nicht an antimilitaristischer Kritik - natürlich an französischen Kolonialtruppen, deren Vorgehen in Nordafrika differenziert gezeichnet wird.
34Bezeichnenderweise in der Wüste des Llano estacado!
35Vgl. Karl May: Der Schatz im Silbersee. In: Der Gute Kamerad. 5. Jg. (1890/91), S. 407-410; Reprint der Karl-May-Gesellschaft. Hamburg 1987. - Eröffnete der Film ›Der Schatz im Silbersee‹ 1962 auch die populäre Reihe, so kommt Militär darin nicht vor. Ansonsten wird die Kavallerie in den Filmen zumeist recht positiv bewertet. In ›Winnetou II‹ (1964) verzichtet der Apache sogar zugunsten von Leutnant Merril (Mario Girotti; später bekannt als Terence Hill) im Interesse des


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Friedens zwischen Weiß und Rot auf seine große Liebe Ribanna. In ›Old Shatterhand‹ (1964) - ein Film, der allerdings außer dem Titelhelden und den Namen einiger Figuren ohnehin nichts mit Karl Mays Vorlagen zu tun hat - müssen Winnetous Apachen das Fort eines verbrecherischen Kommandanten stürmen.
36Es beteiligt sich sogar ein Engländer, Sir David Lindsay, an der Rettungsaktion.
37Karl May: Der Boer van het Roer. In: Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXIII: Auf fremden Pfaden. Freiburg 1897, S. 63 ; Reprint Bamberg 1984
38Karl May's Gesammelte Werke Bd. 60: Allah il Allah. Bearbeitet von Dr. E. A. Schmid und Franz Kandolf. Radebeul 1930, S. 84
39Karl Mays Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abteilung II. Bd. 21: Deutsche Herzen, deutsche Helden. Zweiter Band. Hrsg. von Hermann Wiedenroth und Hans Wollschläger. Bargfeld 1996, S. 1021
40Karl Mays Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. II Bd. 13: Die Liebe des Ulanen. Fünfter Band. Hrsg. von Hermann Wiedenroth und Hans Wollschläger. Bargfeld 1994, S. 2445-2456 - vgl. auch Gudrun Keindorf: Ein Deutscher Traum? Überlegungen zu Karl Mays Verhältnis zum ›Kaiserreich‹. In: Jb-KMG 1999. Husum 1999, S. 204-247.
41»Do make clear to your lads, whoever they are, that my objects were to save England, & France too, from the follies of the imperialists, who would have us, in 1920, repeat the exploits of Clive or Rhodes. The world has passed by that point.« (T. E. Lawrence an D. G. Pearman, undatiert [Februar 1928]. In: The Letters of T. E. Lawrence. Hrsg. von David Garnett. London 1938, S. 576; »Machen Sie (...) klar, (...) daß es mein Ziel war, England - und auch Frankreich - vor dem Wahnsinn der Imperialisten zu bewahren, die uns 1920 die Taten von Clive und Rhodes wiederholen lassen wollten. Darüber ist die Welt jetzt hinaus.« (T. E. Lawrence an D. G. Pearman, 16. Februar 1928; so zitiert in Wilson: Biographie, wie Anm. 1, S. 149)
42A. W. Lawrence: Oberst Lawrence geschildert von seinen Freunden. Leipzig 1938, S. IX
43Karl May's Gesammelte Werke Bd. 65: Der Fremde aus Indien. Bearbeitet von Dr. E. A. Schmidt und Otto Eicke. Radebeul 1939, Vorsatz
44Vgl. dazu u. a. Hermesmeier/Schmatz, wie Anm. 7, S. 278. - Um Mißverständnissen vorzubeugen, macht sich der Hinweis notwendig, daß seit den neunziger Jahren, doch in einigen Fällen bereits in den sechziger einsetzend, gerade und auch der Karl-May-Verlag mit beachtlichen Ergebnissen bei Neuauflagen um Werktreue bemüht ist.
45Wilson weist in seiner Biographie die Haltlosigkeit der Vermutung, Lawrence hätte Sympathien für faschistische Bewegungen empfunden, stichhaltig nach. Vgl. Wilson: Biographie, wie Anm. 1, S. 641f.
46Henry Williamson. In: A. W. Lawrence, wie Anm. 42, S. 273
47Josef Rick: Hitler und Lawrence. In: Deutscher Kulturwart 12 (1939), H. 7, S. 30
48Ebd.
49A. W. Lawrence, wie Anm. 42, Vorsatz
50»Für einen geborenen Eklektiker wie Hitler ließ sich gleichwohl mühelos über die Gegensätze zwischen Mays Gesamtwerk und dem Nationalsozialismus hinweglesen.« (Rolf-Bernhard Essig/Gudrun Schury: Karl-May-ABC. Leipzig 1999, S. 54) - Zum Verhältnis May-Jünger vgl. Günter Scholdt: Sitara und die Marmorklippen. Zur Wirkungsgeschichte Karl Mays. In: Jb-KMG 1982. Husum 1982, S. 158-169. - Hamerski schreibt zutreffend: Aus May »las jeder (...) heraus, was ihm beliebte, und ›bewies‹ die Fehlhaltung der Andersdenkenden«. (Baruch Hamerski: »Fatal Attraction«. Mißdeutet und mißbraucht: Karl May im Nationalsozialismus. In: Exemplarisches zu Karl May. Hrsg. von Walther Ilmer/Christoph F. Lorenz. Frankfurt a. M. u. a. 1993, S. 205-228 (214))
51Auf eine Ausnahme verweist Beiküfner, wie Anm. 7, S. 82.
52»Während der Pariser Friedenskonferenz (...) arbeitete [Lawrence] an einem Plan, der eine Finanzierung Feisals (...) durch das Weltjudentum [!] (...) vorsah«. (Colin Simpson/Phillip Knightly: Das geheime Leben des Lawrence von Arabien. Hamburg 1969 [!], S. 11)
53»(...) das einprägsamste und häufigste Bild des Heldentums liefert in der Mitte der dreißiger Jahre der Autorennfahrer (...)«. (Klemperer, wie Anm. 28, S. 10)
54Vgl. zu Rosemeyer: http://home.t-online.de/home/B.Willhardt/Rosemeyer.htm
55»(...) nach seinem Todessturz steht Bernd Rosemeyer eine Zeitlang fast gleichwertig mit Horst Wessel vor den Augen der Volksphantasie.« (Klemperer, wie Anm. 28, S. 10). Rosemeyer war übrigens vor seiner Autokarriere Motorradrennfahrer (vgl. Anm. 54).
56Klemperer, wie Anm. 28, S. 11
57In einer Schlüsselszene konfrontiert Lean in seinem Film den englischen Soldaten in dessen Club in der passenden Dinneruniform mit dem staubverkrusteten Lawrence in Beduinentracht.
58Bedenkenswert scheint in diesem Zusammenhang, daß für Hitler, Jahrgang 1889, und T. E. Lawrence, Jahrgang 1888, in etwa »das Grundmuster der Generation, mit der es Freud zu tun hatte« (Müller, wie Anm. 13, S. 37) paßt. Lawrence wie Hitler »fürchtete(n) (...) die in irgendeiner Form an (sie) herantretende geschlechtliche Realität und flüchtete(n) sich in eine reine Phantasiewelt«. (Ebd., S. 40)
59Vgl. z. B. T. E. Lawrence: Säulen, wie Anm. 27, S. 175, 419. Vgl. auch Walter Flex: Der Wanderer zwischen beiden Welten. München o. J., S. 21-23. (Erstausgabe München 1917)


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60Zur May-Rezeption im Dritten Reich vgl. u. a. Günter Scholdt: Hitler, Karl May und die Emigranten. In: Jb-KMG 1984. Husum 1984, S. 60-91; Barbara Haible: Indianer im Dienste der NS-Ideologie. Untersuchungen zur Funktion von Jugendbüchern über nordamerikanische Indianer im Nationalsozialismus. Hamburg 1998. Aufgrund zahlreicher inhaltlicher Nachlässigkeiten ist Haible allerdings nur unter starkem Vorbehalt zu empfehlen. (Vgl. dazu u. a. Thomas Kramer: Winnetou und Adolf Hitler. Eine Rezension. In: Berliner Blätter. Ethnographische und ethnologische Beiträge. H. 25, 2002, S. 118-124.)
61Vgl. u. a. Eckehard Koch: »Winnetou war geboren 1840 und wurde erschossen am 2. 9. 1874.« Zum historischen Hintergrund der Winnetou-Gestalt. In: Karl Mays ›Winnetou‹, wie Anm. 6, S. 105-147 (117-121); Manfred Durzak: Winnetou und Tecumseh. Literarische Ikone und historisches Bild. In: Ebd., S. 148-176; Manfred K. Kremer: Edle Wilde im ›Dritten Reich‹? Zur Rezeption der Indianer-Romane Karl Mays und Fritz Steubens. In: Begegnung mit dem ›Fremden‹. Grenzen - Traditionen - Vergleiche. Akten des VIII. Internationalen Germanisten-Kongresses Tokyo 1990. Hrsg. von Eijiro Iwasaki. Bd. 7. München 1991, S. 443-450; Winfred Kaminski: Den Osten im Westen erobernd. Überlegungen zum rassistischen Gehalt der Indianerbücher Fritz Steubens. In: Jugendliteratur und Gesellschaft. Für Malte Dahrendorf zum 65. Geburtstag. Hrsg. von Horst Heidtmann. Weinheim 1993, S. 107-114 (Beiträge Jugendliteratur und Medien, Beih. 4, 1993); Rüdiger Steinlein/Thomas Kramer: Geschichtserzählende Jugendliteratur in Deutschland nach 1945. In: GeschichtsBilder. Historische Jugendbücher aus vier Jahrhunderten. Hrsg. von Carola Pohlmann/Rüdiger Steinlein. Wiesbaden 2000, S. 204-222; Kramer: Winnetou und Adolf Hitler, wie Anm. 60; ders.: Tecumseh und Tokei-ihto. Edle Wilde unter roten Brüdern. In: Berliner Blätter. Ethnographische und ethnologische Beiträge. H. 25, 2002, S. 125f.; ders.: Micky, Marx und Manitu. Zeit- und Kulturgeschichte im Spiegel eines DDR-Comics 1955-1990 - ›Mosaik‹ als Fokus von Medienerlebnissen im NS und in der DDR. Berlin 2002.


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62Dabei entsprechen natürlich auch Steubens Bücher nicht den historischen Tatsachen. So übernimmt er u. a. die Legende von Tecumsehs Aufstand als »Versuch der ›Gründung‹ einer einheitlichen indianischen ›Nation‹ gegen die Weißen« und erkennt nicht dessen Charakter als »religiös fundierte Revolte« (Klaus Theweleit: Pocahontas in Wonderland. Shakespeare on Tour. Frankfurt a. M./Basel 1999, S. 413).
63Vgl. Heinz J. Galle: Fritz Steuben. In: Lexikon der Reise- und Abenteuerliteratur. Hrsg. von Friedrich Schegk. Bd. 6. T. 1: Sm-Z. Meitingen 1990, S. 8.
64Dagobert von Mikusch: Waßmuß der deutsche Lawrence. Auf Grund der Tagebücher und Aufzeichnungen des verstorbenen Konsuls, deutscher und englischer Quellen und des unter gleichem Titel erschienenen Buches von Christopher Sykes. Leipzig 1937
65Zu den historischen Fakten vgl. Peter Hopkirk: Östlich von Konstantinopel. Kaiser Wilhelms Heiliger Krieg um die Macht im Orient. Wien/München 1996. Der »eine [Waßmuß] war stärker, klüger und gewandter als das mächtige britische Weltreich!« (Rückseite Schutzumschlag: Mikusch, wie Anm. 64)
66»Schon ein Jahr nach dem Erscheinen erreichte ›Der fliegende Pfeil‹ die 15. Auflage, 1936 wurde das 41. Tausend, 1940 das 46. Tausend gedruckt. Heute liegt die Gesamtauflage bisher bei 233.000 Exemplaren.« (Galle, wie Anm. 63, S. 5)
67»Die Erzähl-Struktur dieses Jugendbuches schwankt zwischen Indianerromantik und Kriegsabenteuer. Der Verfasser stellt den Lesern einen deutschen Offizier und vier Soldaten vor, die zusammen mit einem arabischen Scheich tollkühne Kriegsabenteuer am Persischen Golf erleben. Landsmannschaftliche Eigenarten von Berlinern und Posenern unter den Soldaten sorgen für die humoristische Note, völkerkundliche Fakten schmücken das Buch aus.« (Ebd., S. 11) Die einführenden Zeilen des Steuben-Romans lauten: »Diese Erzählung berichtet von vier jungen deutschen Soldaten, die an einem tollkühnen Streich eines Araberführers teilnehmen. Es lag nicht in meiner Absicht, etwa ein Kriegsbuch zu schreiben. Hier ist von Abenteuern die Rede, nicht von mehr.« (Fritz Steuben: Die Karawane am Persergolf. Stuttgart 1934, S. 5.) Eine realistische Einschätzung des Romans als in der NS-Zeit gefeierte »Mischung von Kriegs- und Abenteuerbuch« trifft Petra Josting: Geschichts- und Jugendliteratur im Nationalsozialismus. In: GeschichtsBilder, wie Anm. 61, S. 182-203 (195).
68Steuben, wie Anm. 67, Verlagsreklame
69Karl May: Die Sklavenkarawane. In: Der Gute Kamerad. 4. Jg. (1889/90), S. 58; Reprint der Karl-May-Gesellschaft. Hamburg 1984
70Der Untertitel stammt nicht von Karl May, sondern ist ein Zusatz des Karl-May-Verlages nach Übernahme des Bandes in die Gesammelten Werke (Anm. d. Redaktion).
71»Wir sind doch hier nicht bei Karl May. Wir sind doch hier in der richtigen Wüste, und da hocken nicht alle fünf Meter Feinde herum«. (Steuben, wie Anm. 67, S. 37)
72Wilson: Biographie, wie Anm.1, S. 15
73In Loests Geschichte ›Kleiner Krieg‹ schließt ein Major eine Ansprache an Werwölfe - unter ihnen Loest - mit den Worten: »Beweisen Sie, daß Sie Karl May nicht umsonst gelesen haben.« (Erich Loest: Kleiner Krieg. In: Ders.: Etappe Rom. Zwölf Geschichten. Berlin 21978, S. 223). Vgl. Scholdt: Hitler, wie Anm. 60, S. 73.
74Vgl. v. a. Christian Heermann: Old Shatterhand ritt nicht im Auftrag der Arbeiterklasse. Warum war Karl May in SBZ und DDR »verboten«? In: die horen. Zeitschrift für Literatur, Kunst und Kritik. Nr. 178 (1995), S. 143-170, als - nicht textidentische - Buchausgabe Dessau 1995; zu spezifischen Aspekten vgl. auch Kramer: Micky, wie Anm. 61. Das Karl-May-Haus Hohenstein-Ernstthal gestaltete 2002 zu diesem Thema eine allein ob der Zahl und Originalität der präsen-


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tierten Objekte und Flachwaren beeindruckende Sonderausstellung. (Flachwaren sind in der Museumswissenschaft alle zweidimensionalen Ausstellungsstücke, also Briefe, Graphiken etc.; Objekte sind dreidimensionale Dinge: Modelle, Skulpturen etc.)
75Rainer Gagelmann: Soll die Jugend Karl May lesen? Bamberg 1967, S. 16; in welcher Beziehung der ein Jahr vor Gründung der DDR verstorbene Kisch ›unser‹ ist, läßt Zweig offen. Angesichts lebenslanger Begeisterung Kischs für May mutet es besonders unpassend an, ihn als ›Gegenmittel‹ aufzurufen. Zwischen 1972 und 1995 erschienen allein in den Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft 15 Beträge zum Verhältnis May-Kisch. (Vgl. auch Egon Erwin Kisch: Wir lasen Karl May. In: Old Shatterhand läßt grüßen. Literarische Reverenzen für Karl May. Hrsg. von Christian Heermann. Berlin 1992, S. 6-8, auch in M-KMG 62/1984, S. 16f.)
76Lothar Stein: Wandervolk der Wüste. Leipzig 1974, S. 257
77Lexikon fremdsprachiger Schriftsteller von den Anfängen bis zur Gegenwart. Bd. 2. Leipzig 1979, S. 271
78Ebd.
79Ruud Brouver: Beduinen greifen an. Berlin 1989
80Konrad Morsey: T. E. Lawrence und der arabische Aufstand 1916/18. Osnabrück 1976, S. 280
81Ebd.
82Ebd.
83Ebd., S. 280f.
84Ebd., S. 286
85Ebd.
86Robin Moore: The Green Berets. New York 1965; deutsch: Die grünen Teufel. Wien 1965
87Wie Lawrence Scherif Ali ist ihm mit Colonel Cai (Jach Soo) ein einheimischer Anführer zur Seite gestellt.
88Bereits 1967 war in der DDR als offensichtliche Antwort auf den in der Bundesrepublik in hohen Auflagen erschienenen Roman von Moore Harry Thürks Vietnam-Roman ›Der Tod und der Regen‹ erschienen. Die umgekehrten ideologischen Vorzeichen machen das handwerklich geschickt gearbeitete Buch zu einem interessanten Zeugnis des Kalten Krieges in der Produktion von Spannungsliteratur.
89Zu diesen Aktivitäten vgl. Peter Krauskopf: Medienbericht. In: Jb-KMG 2002. Husum 2002, S. 335-341 (Anm. d. Redaktion).
90Die Serie lief auch in Deutschland (›Die Abenteuer des Young Indiana Jones‹) und wird inzwischen von Paramount Home Entertainment als Kaufkassette vermarktet. Zur populären Rezeption von T. E. Lawrence in den USA vgl. Joel C. Hodson: Lawrence of Arabia and American Culture: The Making of a Transatlantic Legend. Westport 1995 (Contributions to the Study of Popular Culture, No. 47). Obwohl der Titel der Reihe Gegenteiliges vermuten läßt, weist diese Arbeit erhebliche Lücken auf. So wird die o. g. Serie nicht einmal erwähnt.
91T. E. Lawrence agiert über die gesamte Serie als Lehrer und Freund des Helden, den er während dessen Aufenthalt in Oxford kennengelernt hat. Bezeichnenderweise lautet die Unterschrift zu einem Bild, auf dem Lawrence Indy als Kind den Umgang mit Sprengstoff erklärt, in einem Making of-Buch zur Serie: »T. E. Lawrence (...) looks on as Indy learns a lesson he uses later in life.« (Dan Madsen: The Young Indiana Jones Chronicles. New York u. a. 1992, n. pag.) Im Szenenfoto darunter sieht man dann den erwachsenen Indy, der als Sprengstoffexperte in der mexikanischen Revolution zeigen kann, was er gelernt hat.
92Vgl. die Figur des ›El Oxford‹ in Hugo Pratt: Im Namen Allahs des Barmherzigen. In: Corto Maltese. Die Äthopier. Hamburg 1982, S. 9-30.


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93Frederick Forsyth: The Fist of God. New York 1994; deutsch: Die Faust Gottes. München 1996
94Forsyth: Die Faust Gottes, wie Anm. 93, S. 638
95Tom Clancy: Executive Orders. New York 1996; deutsch: Befehl von oben. Hamburg 1997
96Tom Clancy/Steve Pieczenik: Tom Clancy's Op-Centre 4. Acts of War. Thorndike/Bath 1997; deutsch: Sprengsatz. München 2001
97Lowell Thomas: With Lawrence in Arabia. o. O. [London] o. J.
98Clancy/Pieczenik: Sprengsatz, wie Anm. 96, S. 204
99Zur Legendenbildung durch Lowell Thomas vgl. v. a. Wilson: Biographie, wie Anm. 1, S. 470-475.
100Wie Rih hat auch das moderne Fahrzeug sein Geheimnis - die Bedienung hochkomplizierter Systeme setzt Spezialwissen über Codewörter etc. voraus -, dessen Kenntnis optimale Leistung sichert.
101Die die Lektürebegeisterung unterstützende - und damit umsatzfördernde - Funktion von Landkarten ist auch dem Karl-May-Verlag bewußt: Bereits in den dreißiger Jahren legte er drei aufwendig gestaltete ›Landkarten mit Reisewegen zu Karl Mays Erzählungen‹ (Nordamerika; Der Orient; Beiderseits vom Äquator) vor. Nach dem Krieg ging er dazu über, auch in den Büchern direkt Übersichtslandkarten abzudrucken. Seit 1997 liegt schließlich ein ›Karl-May-Atlas‹ von Hans-Henning Gerlach als ›Sonderband zu den Gesammelten Werken Karl May's‹ vor.
102Erinnert sei hier nur an eine Comicadaption des Lean-Films im (gerade hinsichtlich seiner May-Zitate in schwieriger DDR-Zeit) traditionsreichen ›Mosaik‹ im Oktober 2000 (Loftus' Schatz. Orient-Express. In: mosaik 298, 45. Jg. [2000], H. 10) oder an die ebenso erfolgreiche wie umstrittene Parodie der Karl-May-Filmwelle der Sechziger in ›Der Schuh des Manitu‹ im Jahr darauf.


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