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JOHANNES ZEILINGER


»Ich, ein einzelner Mensch gegen ein Land voll von Blut, Mord und Verbrechen«
Dr. Emin Pascha - ein Held Karl Mays





I


Im Frühjahr 1889 musste Dr. Eduard Schnitzer feststellen, dass Heldentum in Überlebensgröße gesteigert durchaus auch praktische Nachteile haben konnte. Alle Kleider nämlich, die ihm Henry Morton Stanley in einer überaus mühevollen Durchquerung des afrikanischen Kontinents mitgebracht hatte, waren deutlich zu groß ausgefallen und allein die Hosen mussten um mehr als 15 Zentimeter gekürzt werden, bis sich der Beschenkte in ihnen einigermaßen bewegen konnte. Sie waren zwar präzise nach Angaben früherer Besucher gefertigt worden, aber die Erinnerung dieser Reisenden hatte nicht nur die Ruhmestaten, sondern auch die Körpergröße des fernen Helden wachsen lassen und so einen schmächtigen Arzt in einen hoch gewachsenen Vorkämpfer europäischer Zivilisation verwandelt. Denn, und dies war die Quintessenz seiner Faszination, der Deutsche Dr. Schnitzer hatte unter seinem orientalischen Nom de guerre Emin Pascha als Gouverneur der ägyptischen Äquatorialprovinz sein Gebiet vor dem Wüten der Mahdi-Revolution bewahrt und so in einem Ein-Mann-Unternehmen das erreicht, was dem mächtigen britischen Empire misslungen war: Er hatte, so Tenor der Meldungen, »als letzte Säule der Zivilisation dem Ansturme des fanatisierten Islam im Herzen Afrikas pflichttreu und von reinstem Idealismus beseelt«1 standgehalten.

   Während also Eduard Schnitzer alias Emin Pascha am Ufer des Albert-Sees seine Hosen auf Normalmaß zurechtschneiden ließ, war in Deutschland Karl May dabei, dem fernen Helden ein ganz anderes Kostüm anzupassen, ihm nur wenig verfremdet in der Gestalt eines Protagonisten seiner Jugenderzählung ›Die Sklavenkarawane‹ ein ungewöhnliches literarisches Denkmal zu setzen. Am 17. Dezember 1888 hatte der Stuttgarter Verleger Wilhelm Spemann von seinem Autor ein neues Werk für die Zeitschrift ›Der Gute Kamerad‹ erbeten: »Wollen Sie nicht den Schauplatz der nächsten Erzählung nach Afrika verlegen?, es wäre vielleicht in Folge der dort in Aussicht stehenden Kämpfe und der ganzen afrikanischen Bewegung angezeigt, ich weiß aber nicht, ob das Thema Ihnen günstig liegt.«2 Der Schauplatz lag dem Autor, das Thema allerdings weniger, zumindest nicht in der vorgeschlagenen Form. Spemann hatte wohl bei den Kämpfen in Afrika an den Aufstand arabischer Sklavenhändler in der neu erworbenen Kolonie


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Deutsch-Ostafrika gedacht.3 May aber widerstand der Verlockung, ein plattes patriotisches Kolonialwerk zu schreiben. Ähnlich wie später in seinem Roman ›Et in terra pax‹ konterkarierte er die Vorgaben des Verlegers und schuf in der Jugenderzählung einen Roman »um Rechte und Freiheiten der Afrikaner und um die Liquidierung eben jenes Kolonialismus und Imperialismus«,4 der möglicherweise die Erzählung dominieren sollte. Das Werk wurde indessen ein bleibender Erfolg und für kolonialistische Jugendliteratur fand der Verleger andere Autoren, die dem Anliegen freudig erlagen.5

   Hauptheld des Romans ist der deutsche Arzt Dr. Emil Schwarz, der als Naturwissenschaftler und Forschungsreisender mit seinem Bruder Ludwig und dem Ornithologen Ignaz Pfotenhauer die Sudanländer durchstreift und das Land untersucht, »um diejenigen Tiere, Pflanzen und Steine zu entdecken, deren Verkauf den Bewohnern Nutzen bringen kann«.6 Sicher spiegelt dieser Held nach der gewohnten »Gleichung Autor = Hauptheld«7 auch Mays Traum von Größe wider und muss daher neben Dr. Sternau, Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi in die Reihe seiner erträumten Ich-Projektionen eingereiht werden. Doch andere Indizien weisen darauf hin, dass für Mays Heldenbild diesmal ganz konkret auch Eduard Schnitzer alias Emin Pascha Modell stand.

   Schon das gemeinsame Monogramm der beiden Figuren - Dr. E. Sch. - ist zu auffällig, um dem Zufall entsprungen zu sein (den es nach Mays wiederholt geäußerter Ansicht sowieso nicht gab). Dr. Schnitzer war bekannt als Freund der Schwarzen, ein Leichtes also für May, hier assoziativ den literarischen Namen seines Helden abzuleiten. Auch weitere Parallelen wie der Arztberuf, naturwissenschaftliche Neigungen, der Sammeleifer nach biologisch-geologischen Objekten und last, not least überhaupt eine täuschend ähnliche Physiognomie - Vollbart und prägnante Brille - lassen Emil Schwarz fast zu einem Doppelgänger Emins werden. Wenn noch das gemeinsame geographische Terrain ihrer Heldentaten und das alles überragende Leitmotiv der Doktoren, ihr Kampf gegen das Unwesen der Sklavenjäger und für die Freiheit der leidenden schwarzen Bevölkerung, hinzugezählt werden, fügen sich die Indizien zu einer schlüssigen Beweiskette. Sicherlich konnte die Phantasie der jugendlichen Leser damals die Verschlüsselung leichter dechiffrieren, als es uns heute möglich ist, zumal letztlich auch in den Illustrationen der folgenden Buchausgabe die Gestalt des Emil Schwarz dem Äußeren von Emin Pascha angeglichen wurde. Schon im Herbst 1889 schrieb Theodor Ertel, ein Gymnasiast aus Wörth in der Pfalz, mit seinem Bruder Emil einen Leserbrief an die Redaktion des ›Guten Kameraden‹, um die Bestätigung seiner Vermutung zu erhalten, dass der Held der ersten beiden Zeitschriftenjahrgänge Old Shatterhand identisch mit dem Autor Karl May sei. Die Anfrage schließt: »Auch möchte ich gern wissen, wie der deutsche Reisende heißt, von dem die ›Sklavenkarawane‹ handelt. Oder ist vielleicht Emil Schwarz sein richtiger Name? Möglich; ich jedoch bezweifle es...«8 May notierte handschriftlich auf die ihm übersandte Anfrage: Th. u. E. Ertel, Wörth. Eure Vermuthung bezüglich


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Old Shatterhands ist richtig, aber die Gebrüder Schwarz heißen anders.9 Veröffentlicht wurde diese Antwort allerdings nie.

   In der Sekundärliteratur zu Mays ›Sklavenkarawane‹ fanden diese Übereinstimmungen bisher kaum eine adäquate Beachtung. Stolte erwähnte zwar in einer Fußnote seiner didaktischen Analyse des Werks Mays Faible für Emin,10 distanzierte sich allerdings im gleichen Atemzug von einer angeblichen Fehleinschätzung Mays - ein Lapsus, der nur mit Stoltes oberflächlicher Kenntnis Emins entschuldigt werden kann. Kurz, und dies soll der folgende biographische Abriss illustrieren, Karl May hatte intuitiv das Lebenswerk Emins treffender erfühlt, als es die Mehrzahl seiner Zeitgenossen vermochte.

   Neben allen unübersehbaren motivischen Anleihen wird aber auch die historische Gestalt Emin Paschas explizit in Mays Roman erwähnt, und dies nicht nur, um der Erzählung authentisches Kolorit zu verleihen. Ludwig Schwarz trifft am Nil den geheimnisumwitterten Elefantenjäger Sejad ifjal, der im Gespräch überraschend präzise Kenntnisse von dem Volk der »Nemsawi«, der Deutschen, offenbart und gleich auch die Quelle seines Wissens nennt:


»Ich liebe die Völker, welche tapfer sind, und ich liebe ganz besonders euch, weil ich einem der eurigen das Leben zu verdanken habe.«

   »Darf ich erfahren, welcher Mann das ist?«

   »Du darfst es. Ich trage seinen Namen stets auf der Zunge, um ihn zu preisen und ihm dankbar zu sein. Er nennt sich Emin Pascha und beherrscht das Land Wadelai. Kennst du ihn vielleicht?«

   »Ja; er ist ein hochberühmter Mann, welcher alles thut, um den Wohlstand seiner Unterthanen zu begründen und zu heben. Besonders duldet er keinen Sklavenhandel, den er in seiner Provinz aufgehoben hat.«

   »Das ist recht von ihm, und darum bin ich doppelt sein Freund, obgleich er einer der Eurigen und nicht ein Anhänger des Propheten ist.«11


Für May war nie das bloße Bekenntnis zu einer Religion allein schon ethischer Maßstab, die Tat erst offenbarte den wahren Glauben. Als Ludwig Schwarz daher dem Elefantenjäger beteuert, nicht nur die christliche Religion, sondern auch sein Herz gebiete humanes Handeln, erkennt der Sejad ifjal sofort:


»Dann seid ihr nicht diejenigen Christen, welche in andre Länder gehen, um die Völker derselben zu unterjochen und auszunützen, sondern wie Emin Pascha, welcher gekommen ist, seine Leute glücklich zu machen.«12


In dieser Kurzbeschreibung Emins irrten allerdings der ernste Elefantenjäger und mit ihm auch der Autor May gleich mehrfach. Die Handlungszeit des Romans wird übereinstimmend auf die Jahre 1879/80 datiert:13 damals trug Emin noch den osmanischen Titel eines Bey; zum Pascha, General also, wurde er erst 1887 ernannt. Auch war in diesen Jahren noch nicht Wade-


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lai, sondern das hunderte von Kilometern weiter nördlich gelegene Ladó Sitz seiner Provinzregierung. Vor allem aber war Emin seinen Untertanen als gläubiger Anhänger des Propheten bekannt, als Türke, der nur durch Erziehung und Ausbildung im fernen Deutschland Sprache und Wissen der »Nemsawi« beherrschte. Jeden Freitag - dies wäre auch dem Sejad ifjal nicht entgangen - verneigte sich Emin vor seinen Untertanen im Gebet nach Mekka und auf allen Reisen war ihm sein Koran ein treuer Begleiter.

   Es ist natürlich müßig, hier Mays historische Fehler kritisieren zu wollen: Er konnte nicht mehr wissen, als ihm die zeitgenössischen Quellen über Emin Pascha berichteten. Und diese Quellen schilderten ihn als einsamen Fackelträger zivilisatorischen Lichtes im dunklen Afrika, als Vorposten europäisch-christlicher Kultur. Im Januar 1889 - die Empfehlung Spemanns über den Handlungsraum der neuen Jugenderzählung lag da noch auf Mays Schreibtisch - erschien im ›Deutschen Hausschatz‹ ein knapper biographischer Abriss über Emin Pascha. Nur wenige Seiten weiter fand die Erzählung ›Der Scout‹ ihre Fortsetzung, ganz sicher hatte May also diese Zeilen gelesen, zumal er ja gerade seine neue Auftragsarbeit über Afrika in Angriff nahm. Der Artikel war mit ›Drei Eroberer‹ überschrieben und schilderte am Beispiel von Henry Morton Stanley, Emin Pascha und Hermann von Wissmann eine neue Spezies von friedlichen Eroberern, »welche mit dazu beitragen, jenen herrlichen Tag nahe zu bringen, wo alle Völker Eins sein werden im Glauben an Jesu Christo«.14 Sicher verdiente keiner der drei dieses pathetische Kompliment, am wenigsten Emin, der doch der friedlichste aus diesem Trio war. Immerhin hatte für ihn der frömmelnde Verfasser ein besonderes Lob parat: »Als ein besonderes Verdienst muß es ihm angerechnet werden, daß er den Sklavenjagden mit Entschiedenheit entgegentrat.«15 Womit Mays neue Jugenderzählung nun einen Helden hatte.

   Anders als viele Autoren seiner Zeit strich Karl May alle hurrapatriotischen Dekorationen aus dem Bild Emins und konzentrierte sich auf das eigentliche Heldentum des Dr. E. Sch., die Befreiung unterdrückter und versklavter Menschen. Und hier fand er auch eine geistige Verwandtschaft zu seinem fernen Helden: seine Leute, seine Leser glücklich zu machen. Gründe gibt es also reichlich, um auch für die Karl-May-Forschung eine Anregung Stanleys zu verwirklichen, der sich nach einer ersten Begegnung mit Emin schon sicher war, »daß der Pascha ein wechselvolles Leben geführt hat, das ruhigen, in der Heimat bleibenden Leuten viel werthvollen und anregenden Lesestoff bieten würde«.16



II


Emin Pascha wurde als Isaak Eduard Schnitzer am 28. März 1840 im schlesischen Oppeln geboren, sein Vater, Ludwig Schnitzer, war Jude und Kaufmann, seine Mutter Pauline, geborene Schweitzer, stammte aus protestan 


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tischem Haus. Bald schon zog die Familie nach Neiße, dort starb der Vater bereits 1845 und knapp ein Jahr später wurde der Junge in der dortigen evangelischen Pfarrkirche getauft, sein voller Name lautete nun Eduard Carl Oscar Theodor Schnitzer. In Neiße besuchte Eduard das katholische Gymnasium, die frühe Wanderschaft durch verschiedene Glaubensgemeinschaften scheint eine gewisse Elastizität in religiösen Dingen vorbereitet zu haben. Seinen späteren Übertritt zum Islam rechtfertigte er - zumindest in Briefen nach Deutschland - gerne mit äußeren Zwängen und auch Stanley, der mit ihm lange Gespräche über Gott und die Welt führte, mochte sich nicht entscheiden, ob er nun Jude, Christ, Muslim oder schlicht ein Heide war. Wenn es denn zunächst ein Glaubensbekenntnis für ihn gab, so waren es die Erkenntnisse der Wissenschaften, genauer der Naturwissenschaften, die den Jungen schon früh in ihren Bann zogen. Als er als Schüler bei Verwandten in Berlin weilte, besuchte er als Erstes das zoologische Museum der Universität und legte sich danach zu Hause gar ein kleines eigenes Museum von ausgestopften Vögeln, gepressten Pflanzen und Muscheln an. Mit achtzehn bestand er das Abitur und begann in Breslau das Studium der Medizin. Gerade die ersten Semester mit Zoologie und Botanik wirkten ungemein anregend, so blieb er Zeit seines Lebens ein leidenschaftlicher Ornithologe und ebenso eifriger Sammler von naturwissenschaftlichen Objekten. Schon früh war seine später so berühmt gewordene pedantische Handschrift fertig, mit der er Naturbeobachtungen notiert und seitenlange Briefe verfasst. Die Gründlichkeit und Sorgfältigkeit seiner weit gestreuten Studien fand aber keine Entsprechung im Privatleben, das, so sein Vetter Georg Schweitzer, von einer »Verständnisslosigkeit für die Forderungen des praktischen Lebens«17 charakterisiert war. Immer wieder schwankend zwischen Optimismus und Pessimismus, zwischen Depression und Überschwang, fiel ihm eine klare Ausrichtung seines Lebensweges schwer. Mal verlor er sich in dem oberflächlichen Freundeskreis einer Breslauer Burschenschaft, dann zog er sich plötzlich in ein selbst gewähltes Eremitendasein zurück, das nur noch dem Studium gewidmet sein sollte. »Wovon er sich heute viel versprach, das verwarf er morgen als völlig aussichtslos. In allen Dingen neigte er zu Uebertreibungen.«18 Echte, dauerhafte Freundschaften schloss er nie, auch später waren Zeitgenossen immer wieder von seinem Schwanken zwischen Offenheit und Misstrauen unangenehm berührt. Eine Leidenschaft aber blieb sein Markenzeichen: saubere und sorgfältig gewählte Kleidung, die bis zum Lebensende wie eine elegante äußere Schale sein rätselhaftes Inneres abschirmte.

   In Berlin setzte Schnitzer sein Studium fort, hörte Vorlesungen bei Langenbeck, Virchow und Graefe und erwarb bald (im neunten Semester) den Doktorgrad der Medizin. In Briefen renommierte er gern mit einem Ruf als glänzender Nachwuchswissenschaftler und schwärmte von seiner Aufnahme in den »anständigsten Kreisen«19 der Stadt. Dann aber berichtete er von seinen trüben Stunden, »›in denen die Schatten vergangener Zeiten an der


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Seele vorbeiziehen; dann hilft das eifrige Arbeiten, rastloses Streben am Besten (...)‹«.20 In solchen Momenten mag die Idee, in einem fernen Land ein neues Leben zu beginnen, feste Form angenommen haben: »›An die Scholle möchte ich mich nicht binden, und die Welt zu sehen, ist kein Verlust. Also?‹«21 Seltsamerweise legte der Student nie das Staatsexamen der Medizin - unabdingbare Voraussetzung für ein selbstständiges Praktizieren im Reich - ab, kein Brief an die Familie gab je eine annähernd befriedigende Erklärung für dieses merkwürdige Versagen. Auch in Königsberg erhielt er nicht die Zulassung zum gewünschten Examen, zurück in Berlin kündigte er noch trotzig an, dass er sich eben vom Minister selbst die Erlaubnis zur Examinierung besorgen würde. Doch dann brachen plötzlich alle Nachrichten ab. Eduard Schnitzer, vierundzwanzig Jahre alt, Doktor der Medizin, hatte sich zu dem Schritt entschlossen, den er sich schon Jahre zuvor als Lösung seines Schwankens zwischen großen Hoffnungen und kläglichem Scheitern erträumt hat: »›Du gehst fort und versuchst Dich selbst zu ernähren, ohne Jemandem zur Last zu fallen (...).‹«22 Die heimliche Flucht aus der Heimat muss für den jungen Doktor überaus befreiend gewirkt haben und bei all seinem inneren Chaos scheint er nie Furcht vor einer ungewissen, abenteuerlichen Zukunft besessen zu haben. Genauso wenig aber auch nur vage Vorstellungen, wo denn eigentlich diese Abenteuer auf ihn warten könnten.

   In England hatte er sich bereits vergeblich für den Dienst in einer afrikanischen Kolonie beworben, und so führte ihn der Aufbruch in ein neues Leben zunächst nach Wien, an die Kaiserlich-Osmanische Botschaft. Doch für eine Anstellung im türkischen Staatsdienst musste er sich in Konstantinopel persönlich vorstellen, für die Reise dorthin fehlten ihm aber die finanziellen Mittel. Immerhin erhielt er den Rat, nach Laibach weiterzufahren: der Erzherzog Ferdinand Maximilian, frisch ernannter Kaiser von Mexiko, warb dort ein Söldnerheer für sein überseeisches Reich an. Aber auch im Hauptquartier der provisorischen Armee Maximilians hatte Eduard Schnitzer kein Glück, selbst seine Bewerbung als einfacher Infanterist wurde abgelehnt. Also doch nach Konstantinopel, und wenn es sein musste, wie er nach Neiße schrieb, eben zu Fuß. Mit dem letzten Geld löste er eine Schiffspassage nach Ragusa und erfuhr von einem Mitreisenden, dass nicht weit weg in Antivari, also schon auf türkischem Boden, ein praktizierender Arzt gesucht werde.

   Am 22. Dezember 1864 betrat Dr. Schnitzer zum ersten Mal türkisches Gebiet, eine ganz andere Welt, wie er sogleich mit Sympathie bemerkte. Schon die Nennung seines Berufes - Arzt, Hakim - ließ ihn für die kontrollierenden Hafenbeamten zur Respektsperson werden. Da tatsächlich in Antivari, dem heutigen in Montenegro gelegenen Küstenort Bar, ein Arzt fehlte, wurde Schnitzer von der ansässigen europäischen Kolonie geradezu mit offenen Armen empfangen. Nach wenigen Tagen schon war er fest angestellter Hausarzt mehrerer Honoratioren des Ortes und bald folgten türkische wie albanische Patienten. Brauchbare Medikamente gab es in Anti-


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vari nicht, die ließ er sich aus Berlin schicken, säuberlich in Zeitungspapier verpackt, um so nebenbei Nachrichten aus der Heimat lesen zu können. Drei Monate waren vergangen, da schrieb er schon ein malerisches Selbstporträt nach Hause: »›Hoch zu Ross, den Revolver im Gürtel, Instrumente und die nöthigsten Medikamente in einer kleinen Umhängetasche, auf der Kruppe des Pferdes den unentbehrlichen langen Regenmantel von Wachstuch mit grosser Kapuze zum Schutze des Fez - so geht hier der Doktor über Land, 5-6 Stunden lang im Sattel, früh von Haus fort, Abends zurück.‹«23 Und bald darauf: »›Ich bin so braun geworden, dass ich gar nicht mehr europäisch aussehe und der Fez und die Tracht vermehren das Fremdartige. Weissleinenes Beinkleid (gelbliche russische Leinwand), statt Hosenträger eine rothe seidene Binde, drei- bis viermal um den Leib geschlungen, mit gefranzten Enden, weisses Hemd, leinener Rock, Fez mit langer Quaste, grosser Schnurrbart: da habt Ihr mein Bild einstweilen (...).‹«24 Während europäische Kleidung (dazu aber immer ein Fez) unter gebildeten und wohlhabenden Türken als Beweis fortschrittlicher, zivilisatorischer Gesinnung galt, wählte Eduard Schnitzer den gegenläufigen Weg und tauchte immer gründlicher in die Welt des Orients ein. Die Metamorphose machte rasche Fortschritte, nach erstem Abstreifen der europäischen Kleidung übernahm er bald den Lebensstil und schließlich auch Gestik und Gebräuche seiner Umgebung. Erleichtert wurde die Anpassung durch seine ungewöhnliche Sprachbegabung. Polnisch hatte er noch als Kind kennen gelernt, Französisch in der Schule. Das Latein und Altgriechische aus dem Gymnasium erleichterten ihm das Erlernen von Italienisch und Neugriechisch, darüber hinaus eignete er sich das Serbische (oder Illyrische, wie damals genannt) und natürlich auch das Türkische an. Später kamen Persisch und Arabisch dazu, in Afrika dann mehrere einheimische Sprachen. Stanley rühmte sein perfektes Englisch, und er selbst dankte Gott, dass er ihm ein so glückliches Sprachgedächtnis gegeben hatte. Am erstaunlichsten aber und wohl die Summe seiner Talente war sein instinktives Erfassen fremder Mentalitäten. Seine Höflichkeit, sein Verhandlungsgeschick, Geduld und Taktgefühl öffneten ihm gerade im Orient oft Europäern gewöhnlich verschlossene Tore und Herzen. Doch andere Utensilien erinnerten bleibend an seine deutsche Sozialisation: ein immer penibel geordneter Schreibtisch und ein allzeit griffbereites Notizbuch. Dazu schien kein Lebewesen, gleichgültig ob Spinne, Schlange oder Vogel, vor seiner Sammel- und Klassifizierungswut sicher. Kurz, schon bald konnte er von seiner erfolgreichen Wandlung nach Schlesien berichten:


»Ich habe mich in Sitten und Gebräuche, Sprache und Menschen in den fünf Monaten, die ich nun hier bin, so vollständig eingelebt, dass ein Jeder mir seine Verwunderung äussert, und ich selbst glaube, dass es mir ein wenig schwer werden würde, sollte ich für immer nach Deutschland zurückkehren und mich in seine steifen, zeremoniellen Formen finden.«25


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Im Sommer 1865 erhielt Schnitzer endlich eine offizielle Anstellung, er wurde zum Kaiserlich-Osmanischen Quarantänearzt des Hafenortes Antivari bestallt. Mit Beharrlichkeit und Energie führte er erste hygienische Verbesserungen ein, die ihn bald für weitere Aufgaben qualifizierten. Brach in der Provinz eine Epidemie aus, gewöhnlich Cholera, so war er immer bereit, vor Ort ärztliche Hilfe zu leisten; bald galt er, wie er stolz schrieb, »›in Albanien für den unterrichtetsten Arzt (...)‹«.26 Besonders zufrieden mit dieser Neuerwerbung war natürlich der türkische Gouverneur Ismail Hakki Pascha, zumal der Hakim auch als Dolmetscher oder Journalist, als diplomatischer Berater wie Geheimkurier erstaunliche Fähigkeiten offenbarte. Nun war Albanien, ja die ganze Balkanregion ein politisches Pulverfass und die türkische Herrschaft schon instabil. Immer wieder kam es zu lokalen Aufständen, zu Grenzgefechten, zu diplomatischen Krisen und Flottenaufmärschen. Dabei wurden auch reichlich alte Rechnungen neu beglichen, mal massakrierten Türken Christen, dann wieder Christen Muslime, der Kampf der Nationen untereinander wurde zu einer alltäglichen Routine. Dazu waren trotz aller beabsichtigter Reformen die Herrschaftsverhältnisse im Osmanischen Reich recht unberechenbar geblieben, häufig wurden Gouverneure abgesetzt, fielen Intrigen zum Opfer oder erlebten wundersame Rehabilitationen. So wurde auch Ismail Pascha nach Konstantinopel zurückgerufen und alle Hoffnungen Schnitzers auf eine Beförderung oder Versetzung endeten kläglich in der verstaubten Ablage einer osmanisch-bürokratischen Behörde. Nach drei Jahren legte er enttäuscht sein Amt als Quarantänearzt nieder, kehrte aber noch einmal für kurze Zeit auf diesen Posten zurück, als sein alter Gönner Ismail Pascha erneut zum Gouverneur von Skutari ernannt wurde. Neben erprobter Loyalität und Hoffnung auf Protektion hatte der alte Pascha inzwischen dem Quarantänearzt einen ganz eigenen Anreiz zu bieten, nämlich seine Ehefrau, eine Ungarin aus Siebenbürgen, die weniger als die Hälfte an Lebensjahren ihres Gatten zählte und immer noch jünger als Schnitzer war. Wie nun genau in praxi Eduard Schnitzer den Spagat zwischen Hausfreund der jungen Ehefrau und Vertrauten des greisen Ehemannes bewerkstelligte, bleibt unklar, die Ehe jedenfalls zwischen dem gealterten Würdenträger und der jungen Ungarin war nicht frei von Unglück. Umso mehr schätzten daher beide den Kontakt mit Schnitzer, der nun sein zukünftiges Schicksal right or wrong mit dem seines Gönners verband.

   Ismail Hakki Paschas Regentschaft in Nordalbanien war nur von kurzer Dauer, noch 1871 wurde er von seinem Posten abgesetzt und nach Trapezunt verbannt. In seinem Gefolge, oder Harem, wie Schnitzer ironisch schrieb, war auch er an die Schwarzmeerküste verschlagen worden, schien aber das Exil nach einer ersten Eingewöhnungszeit recht entspannt genossen zu haben. Seine Metamorphose zu einem waschechten Orientalen war inzwischen erfolgreich abgeschlossen; er war zum Islam konvertiert und hatte auch seinen Namen geändert: Briefe an ihn mussten nun an ›Monsieur


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le Docteur Hairoullah Efendi à Trebizionde‹ adressiert werden. Neben dem türkischen Namen besaß er auch einen türkischen Pass, ließ aber regelmäßig auch seinen preußischen immer wieder erneuern - ein früher Fall von Doppelstaatsbürgerschaft, der ihn beiden Kulturkreisen verhaftet bleiben ließ. Außer der täglichen Visite im Harem bei Madame Ismail hatte er wenig Aufgaben.


»Der Pascha (...) ist alt aber sehr wohlauf und mir sehr zugethan. Die Kinder, mit deren Erziehung ich mich beschäftige, hängen an mir beinahe mehr, als an den Eltern. Zur Familie gehören noch 6 Sklavinnen, Tscherkessen-Mädchen, die alle Hausdienste verrichten, und eine Köchin von Wien. Ausserdem fünf Diener.«27


Die Idylle blieb allerdings nur von kurzer Dauer, denn schon 1872 wurde Ismail Hakki Pascha rehabilitiert, und der ganze Hausstaat zog in Erwartung neuer Aufgaben nach Konstantinopel. Dr. Schnitzer alias Dr. Hairoullah Efendi wurde als Arzt des Haidarpascha-Krankenhauses (das durch Florence Nightingale Berühmtheit erlangt hatte) angestellt, quittierte aber ein Jahr später wieder den Dienst, als sein Gönner zum Gouverneur von Epirus ernannt wurde. Ein unerwarteter Glücksfall, denn das


»Land, welches der Verwaltung des Paschas anvertraut, ist durch seine klassischen Reminiscenzen wohl bekannt und ausserdem einer der reichsten und ergiebigsten Theile des Reiches: es ist demnach unser Aller feste Absicht, uns endlich einmal die Taschen gründlich zu füllen, um bei einer etwaigen Abberufung Etwas zum Leben zu haben. Gott gebe, dass unsere Hoffnungen uns nicht trügen.«28


Doch die Hoffnungen sollten sich nicht erfüllen, nach nur wenigen Monaten starb Ismail Pascha, zu rasch, um von den Segnungen einer Provinzverwaltung profitieren zu können. Immerhin hatte Schnitzer als Sekretär des Gouverneurs Einblicke in die osmanische Verwaltungsbürokratie gewinnen können, ohne nun schon ahnen zu können, dass eine Laune des Schicksals ihn einst auf eben solch einen Posten verschlagen würde.

   Das eigentliche Problem war aber die Witwe des Paschas. Schnitzer hatte - da lebte der Gouverneur freilich noch - in Briefen zum Entsetzen seiner Familie angekündigt, er werde sie einst ehelichen: jetzt hieß es Farbe zu bekennen! Die Kinderschar war inzwischen auf sechs angewachsen und Frau Hakki Pascha war fest entschlossen, sie außerhalb des Osmanischen Reiches aufwachsen zu lassen, ohne aber allzu große Abstriche an ihrem recht bequemen Lebensstil hinnehmen zu wollen. Zunächst musste Schnitzer die Erbangelegenheiten seiner Stiefkinder in spe regeln, denn die Witwe durfte nicht beliebig über das Vermögen des Verblichenen verfügen; der größte Teil wurde treuhänderisch für die noch unmündigen Kinder angelegt, die lediglich Zinsen aus der Erbschaft erhielten. Als neuer Wohnsitz war Oberitalien erwählt worden und im Spätsommer 1874 bezogen die Orientmüden


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ein Haus in Arco oberhalb des Gardasees. Nun war auch die alte Heimat endlich in geographische Nähe gerückt und im Sommer 1875 besuchte nach jahrelanger Abwesenheit Dr. Schnitzer erstmals wieder seine Verwandten in Neiße. Mit ihm war auch die Witwe Hakki Paschas gekommen, die der Familie als legitime Ehefrau vorgestellt wurde, dazu alle Kinder und eine merklich geschrumpfte Dienerschar. Gewiss wird die orientalische Großfamilie in der schlesischen Kleinstadt für reichlich Aufregung gesorgt haben, die ihren makabren Höhepunkt erreichte, als ihr Oberhaupt plötzlich und unerklärlich verschwand. Eduard Schnitzer war am 18. September in das nahe Breslau gefahren, um alte Bekannte aus der Studentenzeit zu treffen, hatte mit ihnen einige Abende verbracht, alte und neue Geschichten erzählt und gehört und sich dann verabschiedet. Keiner, nicht Freund, Familie oder Frau, sah ihn je wieder.

   Anfang Dezember 1875 tauchte mit einer Karawane aus dem Norden kommend in Khartum eine ungewöhnliche Person auf, ein bescheidener, völlig mittelloser Arzt, der sich als Türke namens Mehmet vorstellte. Er gab an, in Deutschland erzogen und ausgebildet worden zu sein, und hielt die Fiktion auch dann noch aufrecht, als der deutsche Vizekonsul dem vorgelegten Pass entnehmen konnte, dass sein Besitzer ein Dr. Eduard Schnitzer war. Die europäische Kolonie nahm den Arzt gerne auf und besorgte ihm eine bescheidene Unterkunft, in der er bald eine kleine Praxis eröffnen konnte. Er erwies sich als angenehmer Gesellschafter, der ebenso gut Schach wie Klavier spielen konnte und sich vor allem mit jedem mühelos in seiner Muttersprache unterhielt. Auf Fragen über die sonderbaren Umstände, die ihn in den Sudan verschlagen hatten, antwortete er ausweichend, er habe in Konstantinopel für ein jungtürkisches Oppositionsblatt geschrieben und sei daher nach Alexandria verbannt worden. Es dauerte nicht lange, und der Gouverneur der Äquatorialprovinz, Gordon Pascha, hörte von dem vielseitigen Neuankömmling und bat ihn, in seine Dienste zu treten. Sein einziger Truppenarzt, ein Emin Efendi, war nämlich nach Kairo abkommandiert worden und Ersatz bitter nötig. Schnitzer zögerte keinen Moment und sagte zu, so entschieden und gründlich, dass er neben dem Posten auch gleich den Namen seines Vorgängers übernahm: Emin - der Hilfreiche. Wie hilfreich aber der Hakim tatsächlich werden könnte, erfasste Gordon rasch. Schon zwei Monate nach seiner Bestallung zum Truppenarzt sandte er Emin in einer diplomatischen Mission weit in den Süden, nach Uganda.

   Nominell stand Ägypten noch immer unter der Oberherrschaft des osmanischen Sultans. Die Verbindungen allerdings waren locker geworden, eine jährliche Tributzahlung, der weiße Halbmond auf rotem Grund als Flagge und ansonsten höfliche Informationen über größere Staatsgeschäfte waren letzte formale Reste dieser Verbindung geblieben. Der Herrscher von Ägypten trug den Titel Khedive oder Vizekönig, und der Khedive Ismail hatte ganz andere, eigene Pläne für sein Reich. Der Bürgerkrieg in


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Nordamerika hatte den Wert der Baumwollernte um ein Fünffaches steigen lassen, dazu wurde am 17. November 1869 mit ungeheurem Pomp - Verdi hatte eigens eine Oper für diesen Anlass geschrieben - der Suez-Kanal eröffnet, der eine ungeahnte Rendite versprach. Ismail träumte von einer Erweiterung seiner Herrschaft bis in das Herz Afrikas, ein Plan, der sich umso leichter verwirklichen ließ, wenn die Expansion als Kampf gegen den Sklavenhandel gerechtfertigt werden könnte. Zusätzlich konnte dieser Kampf, der in Europas Presse und von seinen Regierungen zur Herzensangelegenheit humanistisch gesinnter Kreise hochstilisiert wurde, dem Vizekönig mehr als alle anderen Maßnahmen den Ruf eines aufgeklärten, zivilisierten und kreditwürdigen Herrschers sichern. Der Khedive ernannte also Sir Samuel White Baker, einen ausgewiesenen Kenner und Erforscher Äquatorialafrikas, zum General, und Baker eroberte im Süden des Sudans eine neue Provinz, Äquatoria, die bis zu den großen Seen Ostafrikas reichte. Nach jahrelangem Kampf gegen das Unwesen der arabischen Sklavenhändler konnte Baker 1873 stolz vermelden, dass Disziplinlosigkeit und Anarchie nun einer neuen gütigen Ordnung gewichen waren. Der Khedive hatte damit seine Reifeprüfung in Sachen Zivilisation erfolgreich bestanden und konnte jetzt die Europäer mit stolzem Blick um jene Darlehen bitten, die ihn und sein Land später in den Ruin führten.

   Nur zeigte sich bald, dass die Herrschaft in Äquatoria wenig gefestigt und der Sklavenhandel keineswegs ausgerottet war. Im Gegenteil, das Schicksal der verschleppten Schwarzen hatte sich deutlich verschlechtert. Das Los der Sklaven, einmal beim Endbesitzer angekommen, war eigentlich erträglich; sie wurden als mindere Mitglieder in den Hausstand des neuen Herren integriert und genossen in der Regel einen angenehmeren Lebensstandard als zuvor im heimischen Dorf. Das eigentliche Problem war der Transport bis zu dem Käufer. In Zeiten des offenen Sklavenhandels waren die Unglücklichen, in Schiffen eingepfercht, die Wasserstraßen nach Kairo hinaufgeschafft worden, wobei ungefähr zehn Prozent der menschlichen Ware umkam. Nun aber mussten die Sklavenkarawanen in unendlich langen Märschen durch Wüstengebiete den Weg bis zum Verkaufsort zu Fuß zurücklegen, die Todesrate stieg auf über dreißig Prozent. Für die Sklavenjäger und -händler war dies jedoch kein echter Verlust, denn das offizielle Verbot des Handels hatte den Preis für schwarze Sklaven mehr als verdoppelt. Um jetzt die Kreditgeber in England und Frankreich von seiner lauteren und energischen Haltung im Kampf gegen den Sklavenhandel zu überzeugen, musste der Khedive einen Nachfolger für Baker Pascha finden, der ihn an Härte und Energie, vor allem aber auch an Klugheit und Fingerspitzengefühl übertraf. Als geeigneter Mann für diese Aufgabe bot sich Oberst Charles George Gordon an, kurz ›Chinese Gordon‹ genannt. Gordon hatte sich in China einen legendären Ruf bei der Niederschlagung des Taiping-Aufstandes erworben, einer der blutigsten Revolten der Weltgeschichte überhaupt, die an die zwanzig Millionen Menschen das Leben gekostet ha-


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ben soll. Trotzdem war Gordon keineswegs ein imperialistischer Schlagetot, sondern ein recht komplexer, ja empathischer Charakter, der anders als viele seiner Zeitgenossen ein intuitives Verständnis für die Probleme unterdrückter Völker besaß und dazu völlig frei von materiellen Interessen war. So hatte er jegliche finanzielle Belohnung des chinesischen Kaisers für seine Verdienste abgelehnt und war, anstatt im Dienste der Majestät eine glänzende Karriere anzutreten, als einfacher Festungskommandant an die Themsemündung zurückgekehrt.

   Gordon Pascha war also nicht der Mann, der dem Khediven nur ›getürkte‹ Erfolgsmeldungen überbringen wollte, ihm schwebte ein echtes Reformprogramm vor, das seine Untertanen von Willkür und Korruption der ägyptischen Behörden genauso befreien sollte wie von der Gier und Grausamkeit der Sklavenhändler. »›Ich habe es allgemein bekannt gegeben‹«, schrieb er nach England, »›daß das Motto für diese Provinz heißt: Hurriyat, d. i. Freiheit‹«.29 Als erste Amtshandlung verbot er für seine Provinz die Einfuhr von Feuerwaffen und die Bildung von bewaffneten Banden. Der Handel mit Elfenbein, traditionell Zwilling des Sklavenhandels, wurde unter staatliches Monopol gestellt und die Provinz mit einer Reihe von befestigten Stützpunkten überzogen, um so die noch recht labile Herrschaft zu sichern. Schon bald aber musste Gordon erkennen, dass er mit seinen ehrgeizigen Reformbestrebungen auf verlorenem Posten stand, denn in Khartum, in Kordofan, in Dafur residierten genauso unabhängige und mit eben den gleichen Machtbefugnissen ausgestattete ägyptische Gouverneure, die weiterhin mehr oder weniger offen den Sklavenhandel unterstützten (und vor allem von ihm auch finanziell profitierten). So verließ er Äquatoria und reiste über Kairo, wo er seinen Dienst offiziell quittierte, zurück nach England. Dem Khediven allerdings kam die Demission Gordons außerordentlich ungelegen, da sie seinen Ruf als vertrauenswürdiger und westlich orientierter Herrscher untergrub. So rief er 1877 Gordon zurück und erteilte ihm die volle Machtbefugnis über den gesamten Sudan, ein Gebiet, das sich über eineinhalb Millionen Quadratkilometer bis zum Äquator erstreckte. Gordon aber hatte Lehren aus seiner ersten missglückten Herrschaft gezogen und übte sich nun in Realpolitik: Per Dekret gestattete er bis auf weiteres noch den Besitz von Sklaven (allerdings nicht für Europäer), der Handel mit ihnen aber wurde jetzt verstärkt bekämpft. Bei diesem Spagat zwischen Tradition und Fortschritt, zwischen Restauration und Reform konnte er allerdings auf den vorhandenen ägyptischen Verwaltungsapparat wenig zählen, so besetzte er entscheidende Vertrauens- und Machtpositionen seines Gouvernements mit Europäern, die als Forscher oder Abenteurer, als Militärs oder Wissenschaftler mit der Region vertraut waren.

   Gordons Reich bestand aus recht ungleichen Teilen; der Norden, der traditionelle Sudan, war arabisch-islamisch dominiert, die südlichen Provinzen, unter anderem Äquatoria, bestanden aus einer Vielzahl ethnisch und


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religiös divergierender Völker, die von den nördlichen Nachbarn seit Jahrhunderten traditionell als lebende Handelsware, als natürliches - und neben Elfenbein als einziges - Reservoir für Wohlstand angesehen wurden. Die ägyptische - oder im Sprachgebrauch des Sudans: türkische - Oberherrschaft mit ihrer oft willkürlichen und despotischen Steuereintreibung war da immer schon verhasst gewesen; jetzt, da europäische aufgeklärte Idealisten an Stelle der unbequemen, aber immerhin berechenbaren, weil korrupten Turkokratie traten, verschärfte sich der Gegensatz zwischen Staatsführung und Staatsvolk. Denn Freiheit für die zahlreichen indigenen Völker bedeutete ganz konkrete ökonomische Einbußen für den arabischen Sudan. Dazu kam aber nun ein neues Moment: Die Verursacher all dieser neuen Übel waren Ungläubige. Der Nominalherr im fernen Konstantinopel war immerhin noch de jure Kalif, also Rechtsnachfolger des Propheten, die neue Herrscherclique bestand aber aus Vertretern einer Religion, die für einen gläubigen Muslim überhaupt keine politische Legitimation besaß. Kurz, die gut gemeinten Reformen mussten eine Spannung erzeugen, die den Funken überspringen ließ und zu einer Explosion führte, die die labile Ordnung der ganzen Region ins Chaos stürzte.

   Am 3. Juni 1876 verließ Emin die Bezirkshauptstadt Ladó und reiste nach Uganda, um dort am Nordwestufer des Victoria-Sees dem König Mtesa einen diplomatischen Höflichkeitsbesuch abzustatten, also Geschenke und Komplimente auszutauschen und sich gegenseitiger Wertschätzung und dauernder Freundschaft zu versichern. Mtesa, gerade zum Christentum konvertiert, war zunächst recht irritiert, dass Gordon, ebenfalls ein christlicher Herrscher, ihm einen Muslim als Botschafter gesandt hatte, dann aber, als er in längeren Gesprächen Emins Vertrautheit mit der christlichen Lehre kennen lernte, war seine Verwirrung vollkommen: Emin musste schließlich ganz feierlich seine Identität als muslimischer Gesandter eines christlichen Herrn bekräftigen. Die höflichen, gewandten, dabei gar nicht unterwürfigen Umgangsformen Emins müssen Mtesa so sehr imponiert haben, dass er den Gesandten bat, auf Dauer an seinem Hofe zu bleiben. Ungewöhnlich waren ja auch dessen ärztliche Fähigkeiten, von denen nicht nur Angehörige seiner eigenen Truppe, sondern auch Angehörige des ugandischen Hofstaates profitierten.

   Zurück in Ladó traf Emin erstmals mit dem aus St. Petersburg stammenden deutschen Afrikaforscher Dr. Wilhelm Junker zusammen, eine Begegnung, die sich für beide recht vorteilhaft entwickeln sollte. Emin konnte Junker zunächst unbürokratisch mit den nötigen Empfehlungsschreiben und Direktiven für seine Reisen durch die Provinz versehen, und dieser fand rasch Gefallen an dem ungewöhnlichen Arzt, der ihm als perfekte Synthese von Orient und Okzident erschien:


»Nach dem endlosen Ceremoniell des arabischen Empfanges mit dem unvermeidlichen Kaffee, Scherbet, den immer wiederkehrenden Fragen nach dem Be-


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finden u. s. w., trat mir Dr. Emin freundlich und herzlich entgegen und sagte: Jetzt, da dem Ceremoniell genügt ist, begrüsse ich Sie in deutscher Sprache (...).

   »Dr. Emin ist ein schlanker, fast magerer Mann, von etwas mehr als Mittelgrösse, mit schmalem, von einem dunklen Vollbart umrahmten Gesicht und tief liegenden Augen, welche durch die starken Krystallgläser der Brille beobachtend hervorschauen. Seine starke Kurzsichtigkeit zwingt ihn zur Anstrengung und Konzentrirung seines Sehvermögens auf die vor ihm befindliche Person, was seinem Blick einen harten, mitunter scheinbar lauernden Ausdruck verleiht. Der auch malerisch interessante Kopf, in welchem sich unverkennbar eine bedeutende Intelligenz ausspricht, lässt in Nichts den Deutschen vermuthen; das unleugbar orientalische Gepräge desselben erleichterte Dr. Emin wesentlich die Rolle eines Türken, welche er gegenüber der Beamtenwelt und dem Volke angenommen hatte (...). An jedem Freitag sah man ihn nach der Moschee gehen, wo er die vorgeschriebenen Gebete sprach. In seiner Haltung wie in seinen Bewegungen drückte sich eine beabsichtigte, stets kontrollirte Gemessenheit aus, welche berechnet ist, würdevoll und selbstbewusst zu erscheinen. Insbesondere konnte man das beobachten, so oft Dr. Emin in seiner Eigenschaft als ägyptischer Beamter mit den Untergebenen verkehrte. Sein äusserer Mensch verrieth eine fast peinliche Sauberkeit, bei grosser Sorgfalt des Anzuges.«30


Ein knappes Jahr später schon wurde Emin von Gordon mit einer zweiten diplomatischen Reise nach dem Süden beauftragt, die nun - neben einem erneuten Treffen mit Mtesa - auch einen Besuch bei dem Häuptling (oder König) Kabrega von Unyoro, südlich des Albert-Sees, umfassen sollte. Für Gordon war dies eine rein formelle Mission, für Emin dagegen endlich eine willkommene Gelegenheit, als Wissenschaftler wie als Diplomat zu brillieren. Und gerade diese Doppelrolle als Forscher und Staatsmann sollte einen Großteil seiner persönlichen Faszination ausmachen; schwer zu sagen, welche er selber bevorzugte. Ehrgeizig und arbeitswütig betrieb er beide, als wolle er damit das Versagen in seinem früheren Leben als zielloser Medizinstudent kompensieren. Wissenschaft zu betreiben hieß jetzt zunächst positivistisches Sammeln von Daten und Gegenständen jeder Art: penibel gemessene meteorologische Daten wie ethnographische Artefakte, Tiere, Pflanzen, Gesteins- und Erdproben, kein Detail entging seiner Aufmerksamkeit. Natürlich katalogisierte und bestimmte er seine Funde, freute sich auch über bisher unbekannte Insekten, Kräuter oder Vögel, stellte aber seine Funde vor allem wissenschaftlichen Instituten in Europa zur weiteren Bestimmung und Einordnung zur Verfügung. Schon während seiner Tätigkeit auf dem Balkan war er korrespondierendes Mitglied von geographischen Gesellschaften aus Deutschland geworden, jetzt bei seinen Reisen durch das Herz Afrikas wurden seine Berichte zunehmend wichtiger. Natürlich sollten die Leser im fernen Europa dabei auch erfahren, wie gefährdet zuweilen ein Forscherleben in Afrika war:


»Ich war um Mittag mit Sammeln von allerlei Gethier und Gewürm beschäftigt, als auf einmal eine Lanze neben mir in den Boden fuhr. Zur selben Zeit knallten


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auch schon Schüsse durch die Bananen, und als ich mich völlig unbewaffnet nach meinem Hause zurückbegab, wurde beinahe an unserer Thür ein Mann durch einen Lanzenstich in die rechte Niere niedergestreckt. Zwei andere schwere Verletzungen durch Schüsse erfolgten bald darauf. Jeder zog sich nun klüglich in unsere Seriba zurück, die in einigen Minuten einer Festung glich.«31


Erst Ende Mai 1878 kehrte Emin von dieser Reise zurück, und kaum hatte er sich von den Strapazen etwas erholen können, als wieder eine entscheidende Wendung in seinem Leben eintrat. Der Gouverneur von Äquatoria, ein gewisser Ibrahim Fauzi, war gerade von Gordon amtsenthoben worden, der Posten somit vakant. Gordon suchte also nach einem geeigneten Nachfolger und es war Junker, der sich gerade in Khartum aufhielt und der den Namen Emins ins Gespräch brachte. Nach einigem Zögern - stimmte Gordon zu und ernannte Dr. Emin zum Gouverneur der Äquatorialprovinz, zum ›Mudir umum bilad Chatt el Estiva‹. Dazu erhielt der frischernannte Obermudir den osmanischen Rang eines Bey.

   Schon bald aber machten sich unüberbrückbare Gegensätze zwischen Emin und Gordon bemerkbar. Während Emin im Überschwang seiner neuen Machtfülle das Gebiet der Provinz immer weiter ausdehnen wollte, dachte Gordon als Militär in erster Linie strategisch. Was nützte ein großes Herrschaftsgebiet, wenn die vorhandenen Kräfte für eine vernünftige Kontrolle nicht ausreichten. Gerade im Süden, der weichen Flanke der Provinz, brachen immer wieder lokale Revolten aus, und so befahl Gordon, dort die unsichere Front zu begradigen, also gefährdete Stationen aufzugeben. Da Emin trotz aller Direktiven keine Anstalten machte, die Anordnungen durchzuführen, blieb Gordon keine andere Wahl: er setzte Emin als Gouverneur von Äquatoria ab. Doch bevor dieser Befehl ausgeführt werden konnte, geschah eine überraschende Wendung: Gordon trat von all seinen Ämtern zurück. Eine dramatische Entwicklung in Ägypten hatte seiner Reformpolitik den politischen Boden entzogen.

   Lange Zeit war Ägypten für alle, die Geld zu Wucherzinsen zu verleihen hatten, ein wahres Paradies gewesen, bis schließlich die buchstäblich mit der Peitsche eingetriebenen Steuern nicht mehr ausreichten, auch nur die laufenden Kosten der Staatsverwaltung zu begleichen. Verzweifelt noch hatte der Khedive Ismail seine 176 602 Aktien der Suezkanal-Gesellschaft an die englische Regierung verkauft und per Dekret dann Ägypten aus dem schwarzen Kontinent gelöst und in das zivilisierte Europa eingegliedert - den Staatsbankrott konnte er damit nicht mehr aufhalten. Die europäischen Gläubiger waren deshalb in Sorge um ihre Investitionen, und so wurde eine internationale Kommission eingesetzt, die alle Staatsausgaben kontrollieren sollte. Noch einmal versuchte Ismail eine Revolte anzuzetteln, die ihm die frühere absolute Macht zurückgeben sollte, doch für die Engländer und Franzosen war dies nur der ersehnte Anlass, endlich den Pleitier in den vorgezogenen Ruhestand zu schicken. Eine Demarche bei der Hohen Pfor-


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te hatte rasche Wirkung: Am 26. Juni 1879 erhielt Ismail ein unerwartetes Telegramm, das an den ›Ex-Khediven von Ägypten‹ adressiert war und ihm lakonisch seine Absetzung wie auch den Namen seines Nachfolgers, des jetzt einzig rechtmäßigen Khediven Taufik, mitteilte. Dessen Inthronisation hatte allerdings in den Augen national gesinnter Ägypter einen fatalen Makel: sie war ein Diktat der europäischen Kabinette, und so regten sich mehr und mehr Animositäten, ja Feindseligkeiten gegen die nun verhassten Ausländer, egal ob Engländer, Franzosen oder Türken. Die Wellen dieser neuen Ausländerfeindlichkeit erreichten auch bald den Sudan und fanden dort in dem dürren Boden besonders fruchtbare Aufnahme. Dazu lebte südlich von Khartum auf einer Nilinsel ein überaus frommer Asket, ein Heiliger, von dem die Bevölkerung munkelte, er sei der wahre Gesandte Allahs, der Erwartete, der Mahdi.

   Gordons Nachfolger als Generalgouverneur des Sudans, Reuf Pascha, bestätigte Emin Bey in seinem Amt als Obermudir von Äquatoria, sicher ein bequemer, geschickter Schritt, da Emin als Türke und Muslim sowie bewährter Diplomat galt. Und Emin begann sofort mit der Reorganisation seiner Provinz. Sie sollte, so sein Ziel, ein Muster an Ordnung und Rechtschaffenheit werden, ein Gebiet, in dem Gerechtigkeit, Wohlstand und Friede ihre Heimstatt finden würden. Doch der Gegensatz zwischen seinen hochgestimmten Plänen und der deprimierenden Realität konnte anfänglich kaum größer sein. Er selbst war ganz und gar unbestechlich und von einer schlichten, für sudanesische Verhältnisse fast fanatischen Ordnungsliebe. »Der unbedingte Verzicht auf alle persönlichen Vorteile«, so später der deutsche Wissenschaftler Franz Stuhlmann, »war seine charakteristischste Eigenschaft. Er war der uneigennützigste und aufopferndste Mensch, der sich denken ließ.«32 Dies aber im krassen Kontrast zu den ägyptischen Beamten und Soldaten, die Emin bei der Organisation unterstützen sollten. Für sie war in der Regel der Dienst in Äquatoria die nur denkbar unterste Stufe einer Beamtenlaufbahn und oft genug Ergebnis von Bestrafung oder Verbannung: die südliche Provinz galt ihnen als Strafkolonie. So waren Erpressung und Bestechung, Betrug und Raub alltägliche, gewohnheitsmäßige Mittel ihrer Machtausübung. Daher hatte auch Emin keinerlei Illusionen über die Qualität seiner ›Stützen‹; eine »Rotte von Trunkenbolden und Spielern« nannte er sie einmal, und weiter: »›Ungehorsam ist diesen Menschen zur Natur geworden.‹«33 Neben diesen Beamten hatte aber auch die Provinz unter einer weiteren Geißel zu leiden, den aus der Nordprovinz Dongola stammenden Danakil oder Dongolanern, die sich teils als Kleinhändler, teils als Regierungsbedienstete, oft auch als eine Art irreguläre Miliz in den Dörfern festgesetzt hatten und dort in der Regel von dem lebten, was sie den Eingeborenen abpressten. Dazu waren sie auch in den Sklavenhandel verwickelt, und so ist Emins Bitterkeit verständlich, wenn er in einem Brief an den Afrikaforscher Schweinfurth feststellt: »›(...) und dass noch Neger existieren, ist wahrhaftig nicht der Protektion des Gouvernements zuzuschreiben.‹«34 Ge-


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gen die Dongolaner griff Emin deshalb rasch und energisch durch: wer ohne Beschäftigung oder geregelte Einkünfte war, wurde ohne Federlesen der Provinz verwiesen, den Übrigen das gleiche Schicksal, sollten sich Klagen gegen sie erheben, in Aussicht gestellt. Und einem Prinzip blieb sich Emin dabei treu: wo immer er Sklaven fand, ließ er sie frei, sandte sie in ihre Heimat zurück oder gliederte sie seinen Stationen an.

   Wie schwierig aber und mühsam, ja auch deprimierend für Emin dieser beständige Kleinkrieg gegen Sklavenjagd und -handel war, lässt sich aus einem Bericht über eine Reise in den Distrikt Rohl ermessen:


»Mord, Raub und Sklavenhandel scheinen hier Asylrecht genossen zu haben. Ein vor mich gebrachtes Atot-Mädchen erzählte mir, sie sei von ihren Eltern geraubt, dann von ihrem ersten Herrn, einem sogenannten Dragoman, um eine Flasche Branntwein an einen gewissen Suleiman Dongolaui verhandelt worden, der hier als Branntweinbrenner fungiert, und dieser habe sie um eine Unterhose an ihren gegenwärtigen Herrn verkauft. Ein Vergnügen war es, die Freude einer alten Frau zu sehen, als ich ihr ihre drei geraubten Knaben zurückgab. (...) Seit gestern habe ich 84 Sklaven befreit und in ihre Heimat gesandt (...). Die Leute fangen nun an zu begreifen, daß auch hier eine neue Zeit angebrochen (...).«35


Dann zitierte er die Äußerung eines Eunuchen, der dem besuchten Distrikt vorstand: »›Als man uns raubte und verstümmelte und im Basar ausgestellt wie Vieh betastete und begriff, erbarmte sich unser kein Mensch. Wie müssen sich doch die Zeiten geändert haben, daß man um ein paar geraubte Neger so viel Wesens macht!‹«36

   Hauptsitz der Provinz war Ladó, aber Emin war hier eher selten anzutreffen. Einen Großteil seiner Zeit verbrachte er unermüdlich auf Inspektionsreisen, die ihn durch ganz Äquatoria oder, wenn sich die Gelegenheit ergab, auch jenseits seines Herrschaftsbereiches führten. Diese Inspektionsreisen waren gleichzeitig Forschungsunternehmungen, die für den militärischen Ausbau, die wirtschaftliche Entwicklung und geographische Erschließung wichtig waren. Penibel notierte er auf diesen mindestens jede Viertelstunde die zurückgelegte Distanz, skizzierte die Form der Berge und nahm so oft wie nur möglich Kompasspeilungen vor, sammelte sorgfältig die beschriebenen Notizen und sandte sie nach Deutschland zur kartographischen Auswertung. Auf diesen Reisen wurden neue Verbindungswege angelegt, bewaffnete Stationen gegründet, Streitigkeiten unter einzelnen Stämmen geschlichtet und Ackerbau wie Viehzucht gefördert. Sein wichtigster Helfer während dieser Zeit wurde Vita Hassan, ein jüdischer Apotheker aus Tunis, der ihm zugeordnet wurde und ähnlich wie Emin bald die Grenzen seines eigentlichen Berufes überschritt. Von ihm ist die Schilderung eines typischen Alltags von diesen Reisen erhalten, wie


»Emin Bey die Bücher der Magazine controlierte, Uniformen an die Truppen verteilen liess und sich über die Lage der Dinge orientierte, indem er jeden fragte, ob


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er eine Ursache zur Unzufriedenheit habe. Er bekam so Beschwerden und Reclamationen zu hören, untersuchte sie und schaffte Recht, wo es not that; er ließ die Truppen defiliren, ermahnte sie, der Regierung treu und gehorsam zu dienen, beförderte verdiente Soldaten, um sie aufzumuntern und die anderen anzuspornen, ihrem Beispiel zu folgen; mit einem Worte, er bekümmerte sich mit geradezu wunderbarem Eifer und väterlicher Fürsorge um die geringsten Sachen zu dem Zwecke, unter den Truppen und der Bevölkerung Zufriedenheit und Ordnung zu erhalten.«37


Noch zu Gordons Zeiten musste die Äquatorialprovinz von Khartum aus mit Getreide versorgt werden. Unter Emins Regie erblühten die Stationen bald im buchstäblichen Sinne mit Gärten voller Zitronen, Orangen, Papayas, Guajaven und Weintrauben. Daneben ließ er Zuckerrohr anbauen, auch Reis und Baumwolle, experimentierte mit der Herstellung von Kautschuk, ließ aus Pflanzenölen Seife herstellen und begann mit der Anpflanzung von Kaffee - kurz, seine Doppelbegabung als Wissenschaftler und Politiker ließ die Provinz in wenigen Jahren zu einem ungewöhnlichen Wohlstand kommen. Bald war Äquatoria nicht mehr auf finanzielle Unterstützung aus Ägypten angewiesen und Emin konnte redlich erwirtschaftete Überschüsse nach Kairo abführen. Zu diesem Zeitpunkt erstreckte sich die Provinz sechshundert Kilometer von Ost nach West und vierhundert Kilometer von Nord nach Süd. Als Emin 1882, vier Jahre nach Antritt seines Amtes, von einer Dienstreise nach Khartum in sein ›Musterländle‹ zurückkehrte, notierte er stolz in einem Brief an Junker: »›Soviel weiss ich, dass gegenwärtig meine Provinz die einzige ist, in der Ruhe herrscht und die dem Gouvernement etwas einträgt.‹«38 Im gleichen Brief hatte Emin, eher nebensächlich und in Form einer Anekdote, dem Forscher von einem Vorfall aus dem Sudan berichtet, der bald die Grundfesten seiner Provinz erschüttern, ihn selbst aber zu einem der großen Helden seiner Zeit erwachsen lassen sollte:


»Kommen wir nun zum Sudan. Im August des Jahres 1881 hatte ein auf der Insel Aba, nahe bei Kaua wohnhafter Fakir Muhammed Ahmed das Gerücht verbreitet, er sei der ›Mahdi‹ (der muselmännische Messias) und alle Welt aufgefordert, sich seiner geistlichen Hoheit zu fügen. Hätte der General-Gouverneur Reuf Pascha damals sofort eine starke Truppen-Abtheilung gesandt und sich des Menschen bemächtigt, so wäre Alles gut geworden; er beauftragte statt dessen den berüchtigten Abu Saïd (er ist seitdem gestorben), mit etwa vierzig bis fünfzig Soldaten den Fakir zu bringen; die Soldaten, unter ungeschickter Leitung, wurden aber sämmtlich von den fanatischen Arabern niedergemacht und der Fakir, nun im Besitze von Waffen, warf sich auf das West-Ufer. Zugleich aber nahm die Bewegung von jetzt ab einen politischen Charakter an und in den Briefen, welche vom Fakir an alle Mudirien, alle Fakirs etc., die Berber, Dongola etc. gesandt wurden, erklärte er die Vernichtung Aller, die sich ihm nicht anschlössen, und den Tod aller Weissen (Türken, Aegypter etc.).«39


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Emin konnte zu diesem Zeitpunkt nicht wissen, dass jener Fakir Ahmed nicht nur den Häuptlingen im Sudan, sondern auch dem Khediven in Kairo, dem Sultan in Konstantinopel und selbst der Königin Victoria im fernen London einen ähnlichen Brief geschrieben hatte, in dem er die ihm bekannten gekrönten Häupter zur Unterwerfung bzw. zur Bekehrung zum Islam aufforderte, andernfalls ihnen Vernichtung und ewige Verdammnis androhte. Und natürlich auch nicht, dass er selbst bald einen solchen in Händen halten sollte. Und schon gar nicht, dass damit der selbsternannten zivilisierten Welt eine ganz neue Bedrohung erwuchs, die auch jetzt beim Niederschreiben dieser Zeilen mehr als hundert Jahre später die Weltpolitik dominieren würde: der islamische Fundamentalismus.

   Im Jahr 1844 wurde Mohamed Ahmed als Sohn eines Schiffsbauers in der Gegend von Dongola geboren. Seine Familie, die dem Stamm der Danagla, einem Teilvolk der Nubier, angehörte, führte ihren Stammbaum zurück bis auf den Propheten, und Mohamed Ahmed fing schon in früher Jugend an, sich dem Studium der Religion zu widmen. Zunächst besuchte er Koranschulen, schloss sich später islamischen Bruderschaften an, überwarf sich aber mit seinen religiösen Lehrern, da sie sich, wie er fand, zu weit von der ursprünglichen Lehre des Propheten entfernt hatten. Früh schon entwickelte er einen Hang zur Askese und zur Meditation, und wie viele Propheten und Religionsstifter vor ihm suchte er in der Einsamkeit der Wüste und als Einsiedler auf einer Nilinsel Erleuchtung. Bald schon verehrte ihn die dortige Bevölkerung als Heiligen, sprach von Wundern, die er vollbracht hatte, und rühmte seine persönliche Integrität. Um ihn scharten sich Schüler, die seinen Segen erbaten und seinen Predigten lauschten, seinen Ruf verbreiteten und natürlich mit immer neuen Legenden ausschmückten. Trotzdem wäre seine Tätigkeit allenfalls eine Fußnote in der Geschichte des Sudans geblieben, hätte nicht einer seiner Schüler, Abdullah ibn el Sayid Mohammed, in ihm den lang ersehnten Mahdi, den Retter und Erneuerer des islamischen Glaubens, erblickt.

   Die Erlöserfigur des al-Mahdi wurzelt tief in der islamischen Tradition und Lehre. Der Zeitpunkt seiner Ankunft, seine Herkunft wie sein Aussehen und seine Gestalt und auch sein Wirken wurden vom Propheten selbst in zahlreichen Sätzen, Ermahnungen und Prophetien charakterisiert und beschrieben, sie finden sich jedoch nicht im Koran. Diese zahlreichen Worte, Sentenzen und Sprüche aus dem Munde des Propheten, Hadith (Erzählung) genannt, wurden zu seinen Lebzeiten von Anhängern und Gefolgsleuten eifrig gesammelt und sind Bestandteil des islamischen Glaubenskanons geworden, wobei natürlich zwischen authentischen und falschen Hadithen unterschieden wird - ein Problem, das islamische Rechtsgelehrte Jahrhunderte lang beschäftigt hat und auch heute noch für exegetische Differenzen sorgt.40 Als Nachkomme des Propheten soll der Mahdi vor dem Jüngsten Tage nicht nur den Islam einen, sondern auch die ganze Welt dem wahren Glauben zuführen. Ob allerdings der Asket ursprünglich selbst die


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Berufung zum Mahdi verspürt oder erst von seinen Schülern in diese Rolle gedrängt wurde, ist unklar geblieben, wahrscheinlich ergänzten sich beide Elemente: die Heilserwartung seiner Anhänger und das Bewusstsein Ahmeds, in der Reform des Islams eine besondere Mission erfüllen zu müssen. Am 21. Juni 1881 jedenfalls eröffnete Ahmed der ganzen Welt seine wahre Identität als Mahdi und nun wandelte sich die bis dahin lokale Rebellion mehr und mehr zu einer allumfassenden Erhebung. Denn das eigentliche Ziel des Mahdis war damit nicht länger eine bloße Erneuerung des Glaubens, sondern die Bekehrung der ganzen Welt zum Islam - eine Aufgabe, die mit friedlichen Mitteln allein freilich nicht zu bewältigen war. So wurde der Jihad ausgerufen, der Heilige Krieg, der legitimes Mittel war, ja Verpflichtung zur Durchsetzung des Islam als einzig rechtmäßiger Religion. Nur richtete sich dieser Jihad in erster Linie gegen Glaubensgenossen, gegen die Ägypter und Türken, die nun kurzerhand zu Feinden Gottes erklärt wurden. Und für abgefallene Muslime kannte der Koran nur eine Strafe: den Tod.

   Mit seinen Getreuen zog sich Mohamed Ahmed in die Nuba-Berge zurück und schlug sein Quartier am Fuße des Jebel Gedir auf, eines Berges, den er jetzt als heiligen Berg Masa bezeichnete, von dem einer Legende nach der Mahdi herabsteigen würde. Hier wuchs die Zahl seiner Anhänger rasch, und von hier sandte er Boten in alle Teile des Sudans aus, um für seine Mission zu werben: die Vernichtung aller Ungläubigen, die Befreiung Ägyptens, Mekkas und Konstantinopels und die Bekehrung der ganzen Welt. Ganz in der Tradition des Islam, der die ersten vier Kalifen (Nachfolger, wörtlich: Stellvertreter des Propheten) als rechtmäßige Kalifen bezeichnete, setzte er ebenfalls vier Stellvertreter, Kalifen, ein, deren wichtigster Abdullah wurde. Ein Kalifat blieb allerdings unbesetzt, der Führer der Senussi-Brüderschaft aus der Oase Kufra im fernen Libyen lehnte diese Berufung ab, da er sich selbst den Beinamen al-Mahdi verliehen hatte. Seine Anhänger bezeichnete Mohamed Ahmed als Ansar, als Helfer, eine wohlüberlegte Wortwahl, denn mit diesem Namen hatte einst auch der Prophet nach der Flucht aus Mekka seine Getreuen bezeichnet.

   Die ägyptische Verwaltung in Khartum reagierte auf den Aufstand zu spät, und als sie es endlich tat, zu lahm: zwei Expeditionsheere, das letzte immerhin mit 6000 Soldaten, wurden niedergemetzelt. Damit aber hatte sich endgültig der Mahdi seine Legitimation als der Erwartete erworben, denn, so Slatin Pascha, »nun trat ein bettelarmer, frommer, bisher gänzlich unbekannter Fakir auf, Mohamed Ahmed, und erfocht mit einer Hand voll halbverhungerter, fast unbewaffneter Anhänger Sieg auf Sieg! Ja, es konnte nicht anders sein! Er hatte wahr gesprochen! Er mußte der erwartete, der von Gott gesandte Meister, el Mahdi el Monteser sein!«41 Schließlich fiel El-Obeid, Sitz der Provinzregierung von Kordofan, am 17. Januar 1883 in die Hände der Mahdisten. Man schrieb nach islamischer Zeitrechnung das Jahr 1300, just in dem nach der Überlieferung der Mahdi erscheinen sollte. Dazu


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war als bestätigendes Zeichen des Himmels ein Komet gesichtet worden, der von Mekka aus kommend den Nachthimmel überzog. Die Regierung in Kairo war fassungslos und der Khedive Taufik bat vergebens den liberalen Premier Englands Lord Gladstone um Hilfe. Obwohl Gladstone die britische Besetzung Ägyptens zu verantworten hatte, stand er der Entwicklung im Sudan mit Desinteresse gegenüber und wurde so paradoxerweise zum besten Verbündeten des Mahdi. Denn allein auf sich gestellt, konnte die ägyptische Regierung nicht mehr den Brand im Sudan löschen. Zwar wurde der in ägyptischem Dienst stehende englische General Hicks an die Spitze einer Armee von etwa 10 000 Soldaten gestellt, um El-Obeid wieder zu erobern, aber das Unternehmen endete in einem furchtbaren Fiasko: Wenige Tagesmärsche von El-Obeid entfernt wurde Hicks' Armee von dem in jeder Hinsicht weit überlegenen Gegner bis auf den letzten Mann niedergemacht.

   Damit war endgültig der Sudan, bis auf Khartum und einen Küstenstreifen, in der Hand des Mahdis und nun konnte das Land die Praxis der theokratischen Ordnung erfahren, die der Erwählte als allein gottesfürchtige Lebensform im Diesseits vorgesehen hatte. Als erstes wurden alle Sklaven, die von der ägyptischen Regierung freigelassen worden waren, wieder in die Sklaverei zurückgeführt. Der Genuss von Alkohol und Tabak wurde verboten, Zuwiderhandelnde ausgepeitscht. Ebenso Frauen, die unverschleiert gingen oder Schmuck trugen. Musik und Tanz waren geächtet, auch übermäßige Mitgift bei Hochzeiten oder zu lautes Jammern bei Beerdigungen. Gotteslästerung und mangelnder Glaube an den Mahdi wurden mit dem Tode bestraft, Mörder ohne große Umstände sofort enthauptet. Den Dieben wurde je nach Umfang ihres Diebstahls Hand oder Fuß abgehackt, Ehebruch mit der Enthauptung des Mannes und Steinigung der Frau bestraft.

   Lediglich Khartum war noch als letzter Posten ägyptischer Herrschaft geblieben, doch es war nur eine Frage der Zeit, bis der Erwählte mit seinen Kalifen die Stadt einnehmen würde. Eine Rückeroberung des Sudans, die eine gewaltige militärische Operation bedeutet hätte, kam nicht mehr in Frage, Lord Gladstone gab daher alle Gebiete südlich von Assuan oder wenigstens Wadi Halfa auf. Als Kompensation versprach er für das eigentliche Ägypten militärischen Schutz und, quasi als Zeichen seiner humanen Gesinnung, eine geordnete Evakuierung der europäischen und ägyptischen Bevölkerung Khartums. Nun gab es ja in England noch einen ausgewiesenen Experten in Sachen Sudan, den General i. R. George Gordon, der jetzt von der Regierung mit allen nur möglichen Vollmachten ausgestattet den Auftrag erhielt, die Evakuierung Khartums zu leiten.

   Kaum jemand aber, weder in London noch in Kairo, wollte sich dabei erinnern, dass noch tief im Süden eine Provinz existierte, die bisher nicht in die Hände der Mahdisten gefallen war. Da jedoch weder militärische noch überhaupt Hilfe denkbar war, überließ man das Gebiet einfach seinem ungewissen Schicksal. Das wurde dem Gouverneur der Provinz, Dr. Emin


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Bey, erst allmählich offenbar, und er sah sich vor die schier unlösbare Aufgabe gestellt, mit seinen Schutzbefohlenen zwischen Hammer und Amboss zu überleben. Denn für den nördlichen Sudan mag der Mahdi-Aufstand auch Elemente einer nationalen Erhebung gegen eine verhasste Fremdherrschaft enthalten haben, für die Äquatoria galt diese positive Lesart aber gar nicht: Eine Ausdehnung der Mahadiya nach Süden hätte die Provinz wieder zu einem Tummelplatz arabischer Sklaven- und Elfenbeinjäger verkommen lassen. Emin hatte selbst immer wieder vehement darauf hingewiesen, »›dass die Negerländer (...) mit dem arabischen Sudan gar keinen Konnex haben‹«,42 er wollte Äquatoria aus der unglücklichen Verbindung mit Khartum lösen und als eigenständige Provinz etablieren. Die Ironie der Geschichte allerdings wollte, dass gerade sein lang erfolgreicher Kampf ums Überleben Äquatorias letztendlich dazu führte, dass ein Großteil der Südprovinz dauerhaft dem Sudan erhalten blieb mit allen tragischen Konsequenzen für seine schwarzen Bewohner: Der blutige Guerillakrieg im Süden Sudans, der schon seit mehr als vierzig Jahren zahllose Opfer unter der einheimischen Bevölkerung gekostet hat, ist - überspitzt ausgedrückt - auch Emins verhängnisvolles Erbe.

   Die Nachrichten aus dem Norden wurden immer deprimierender, der Verbindungsweg nach Khartum war schon bald unterbrochen, und dann erfuhr Emin von der Gefangenschaft seiner Weggefährten Slatin Pascha und Lupton Bey, die ihr Leben nur durch einen Übertritt zum Islam retten konnten. Trotzdem wurde Äquatoria selbst lange von direkten Invasionsversuchen der Mahdisten verschont; zwar erhielt Emin regelmäßig die dringende Aufforderung, sich endlich den siegreichen Gottesstreitern anzuschließen, aber die militärische Bedrohung glich zunächst eher einem Unwetter, das fern im Norden ganze Provinzen verwüstete, aber noch zu weit entfernt war, um Emins Reich in Brand zu setzen. Gravierender waren die indirekten Folgen. Denn die schleichende Erosion der Zentralmacht in Kairo und Khartum destabilisierte auch die Legitimität und Autorität Emins, es traten gehäuft Unruhen in der Provinz und schließlich auch unter Emins buntgewürfelter Helferschar auf, die nun, Morgenluft witternd, ihre alten bequemen Einnahmequellen wieder entdeckte.

   Inzwischen hatte Emin seine Provinzhauptstadt Ladó befestigt, hatte Gräben, Mauern, Bastionen und Zugbrücken erbauen lassen: »›Wenn es nun einmal ans Sterben gehen soll, so wollen wir wenigstens einen ehrlichen Soldatentod sterben. Und weit ist das nicht von uns, glaube ich‹«,43 schrieb er an Professor Georg Schweinfurth. Ansonsten führte er seinen Alltag wie gewohnt weiter, präzise eingeteilt in naturwissenschaftliche Studien und Regierungsgeschäfte. Die meteorologischen Daten wurden fortgesetzt und schon morgens mit seiner zierlichen Schrift ins Tagebuch eingetragen. Für das Herzstück seiner Sammlungen, die Ornithologie, hatte Emin eigens einen Araber angestellt, der regelmäßig Aufträge für die Jagd erhielt und dann später sorgfältig die Beute präsentierte. Emin, der auf Grund seiner


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Kurzsichtigkeit schon auf zehn Schritte keine Person mehr erkannte, nahm die genauen Maße der Vögel, verglich, bestimmte, etikettierte und verpackte dann die Trophäen für den Versand nach Europa. Ihnen galt seine ganze Sorge: »›(...) es wäre ja eine Sünde, wenn all die schönen Sammlungen zu Grunde gingen.‹«44 Diese naturwissenschaftlichen Studien wurden nun ruhender Punkt im chaotischen Alltag, beim Klassifizieren der Vogelbälger oder Pflanzen fand Dr. Emin jene Ordnung und Ruhe, die in der Provinz allmählich verloren ging. Da war es nicht verwunderlich, dass auch die Wohnung Emins eine ungewohnte, ja fast deplatzierte Idyllik ausstrahlte: »›Alle Tische,‹« so Junker, »›hatten saubere Decken, auch ein zwei Ecken ausfüllender Divan wies Kissen und geblümte Ueberzüge auf, und selbst an Thüren und Fenstern waren geblümte Vorhänge angebracht‹«.45

   Weit weniger ist aber über das häusliche Glück überliefert, das in dieser geblümten Umgebung erblühte. Denn Emin hatte eine Frau mit Namen Safaran, die, eine befreite Sklavin, aus dem äthiopischen Volk der Galla stammte. Frauen der Galla standen seit altersher bei Sklavenjägern besonders hoch im Kurs, da, wie schon 1820 Johann Ludwig Burckhardt notierte, »›sich die Abyssinierinnen vor allen anderen schwarzen Frauenzimmern durch ihre Schönheit und durch die Stärke und Beständigkeit ihrer Liebe zu dem Herren auszeichnen, der ihnen einmal Liebe zu sich eingeflößt hat‹«.46 Eine solche liebevolle Zuneigung scheinen auch Emin und Safaran füreinander empfunden zu haben, wenn auch nach orientalischer Sitte Emin sein Privatleben vor Besuchern und Berichterstattern eher verbarg. Mit großem Stolz vermeldete er aber Ende 1881 die Geburt seines ersten Sohnes, Fahri, der jedoch bald nach seinem dritten Geburtstag starb. Im November 1884 kam ein zweites Kind zur Welt, eine Tochter, die den Namen Ferida erhielt und später zum Zentrum von Emins Zuneigung wurde, vor allem da Safaran im März 1887 an einem Fieber verstarb, kurz nach der Geburt eines zweiten Sohnes, der die Mutter nur um wenige Tage überlebte. In einem Brief an Junker beklagte Emin sein Leid: »›Wenn es wahr ist, dass Gott diejenigen, die er liebt, züchtigt, so gehöre ich zu den Auserwählten.‹«47 Als einzige Vertrauenspersonen blieben in dieser Zeit nur noch Junker und der italienische Forscher Gaetano Casati, der auf seiner Forschungsreise im Südsudan vom Mahdiaufstand überrascht Zuflucht in Ladó suchte. Junker schaffte schließlich den beschwerlichen Durchbruch nach Osten und erreichte im Dezember 1886 endlich den Indischen Ozean. Sofort begann er die Öffentlichkeit Europas über das Schicksal des vergessenen Doktors zu informieren.

   Inzwischen war aber Khartum gefallen und Gordon tot. Zwar hatte Gordon kurz nach seiner Ankunft 1884 in einer theatralischen Geste vor dem Gouverneurssitz ein Feuer anfachen lassen, in das die alten Schuldverzeichnisse und Peitschen geworfen wurden, mit denen die Steuern einst eingetrieben wurden. Aber zugleich offenbarte er unfreiwillig die Hilflosigkeit seiner Mission: »›Ich bin gekommen ohne Soldaten, aber mit Gott an mei-


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ner Seite, um die Leiden des Sudan zu heilen. Ich werde nur mit den Waffen der Gerechtigkeit kämpfen.‹«48 Aber allein Soldaten und Waffen hätten ihn und die Bewohner Khartums noch retten können. Die Mahdisten hatten jedoch alle Telegraphenmasten und damit die letzte Verbindung nach Kairo gekappt und begannen langsam und stetig den Belagerungsring um Khartum enger zu schnüren. In den Morgenstunden des 26. Januar 1885 erstürmten schließlich die Gotteskrieger die Stadt, und Gordon, in weißer Uniform gekleidet und die Linke auf seinen Degen gestützt, trat vor die Eroberer und verlangte zum Mahdi geführt zu werden. Doch da traf ihn eine Lanze, gleich darauf eine zweite, und dann hieben die Angreifer mit Schwertern auf den hingestreckten Körper ein. Schließlich wurde sein Kopf abgehackt und im Triumph zum Mahdi gebracht.

   Erst sehr viel später, Anfang März 1886, erfuhr Emin von dem Tode Gordons. Mit gleicher Post war auch ein Brief Nubar Paschas, des ägyptischen Regierungschefs, angekommen, der nun keinen Zweifel mehr an der dramatischen Lage ließ:


»Die aufrührerische Bewegung im Sudan zwingt die Regierung Seiner Hoheit, diese Gegenden aufzugeben. Infolgedessen können wir Ihnen keine Hilfe senden. Andererseits wissen wir nicht genau, in welcher Verfassung Sie sich befinden, sowohl Sie, als Ihre Garnisonen. Wir können Ihnen auch nicht Instruktionen darüber geben, was Sie zu thun haben, und wenn wir Sie auffordern wollten, uns über Ihre Lage und die Ihrer Garnisonen zu unterrichten, um Ihnen darauf einen Befehl zukommen zu lassen, würde dies zu viel Zeit wegnehmen und der Zeitverlust könnte Ihre Lage verschlimmern.«49


Kurz, Emin wurde aufgefordert, möglichst rasch seine Haut und vielleicht auch die seiner Getreuen zu retten und sich irgendwie Richtung Ostküste durchzuschlagen. Wie, das läge jetzt ganz in seiner Hand. Emin reagierte zögernd und vorsichtig. Seinen Regierungssitz hatte er schon kurz vorher in das südlicher gelegene Wadalai verlegt und nun beauftragte er Casati, einen möglichen Durchbruch nach Osten zu erkunden. Aber eine Evakuierung hätte bedeutet, eine Karawane von 10 000 Männern, Frauen und Kindern tausende von Kilometern durch Urwald, Sumpf und Steppe, durch verfeindete Königreiche und feindliche Stämme zu führen - ein Exodus, der nur in einer Katastrophe enden konnte.

   Mit dem Fall Khartums und der Aufgabe des Sudans war zunächst auch das Interesse Europas an den Kämpfen in Afrika erloschen. Allenfalls einige Gelehrte erinnerten sich, dass noch Forschungsreisende überfällig waren, und so appellierten Anfang 1885 die deutschen geographischen Gesellschaften an Bismarck, er möge doch auf diplomatischem Weg Nachforschungen über das Schicksal des verschollenen Dr. Junker anstellen. Im Juli des gleichen Jahres erhielt dann das Auswärtige Amt ein Telegramm des Generalkonsuls aus Alexandria, »dass ›die Afrikareisenden Dr. Emil Junker und Casati sich in Ladó bei Dr. Schnitzer in Sicherheit befinden‹«.50


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Dem ansonsten gut unterrichteten Amt war allerdings entgangen, dass zu diesem Zeitpunkt Dr. Schnitzer schon mehr als sieben Jahre das Amt des Gouverneurs der Äquatorialprovinz innehatte. Der Bruder Junkers, ein Bankier aus St. Petersburg, finanzierte gar eine Hilfsexpedition, die von Sansibar aus seinen Bruder (und die beiden Forscherkollegen) retten sollte, doch das Unternehmen endete in einem Fiasko, der Expeditionsleiter, ein Dr. Fischer, erkrankte und starb kurze Zeit nach seiner Rückkehr. Erst als die ›Kölnische Zeitung‹ am 17. November 1887 einen Brief Emil Junkers, der schließlich glücklich die Ostküste Afrikas erreicht hatte, an Schweinfurth veröffentlichte, erfuhr die deutsche Öffentlichkeit von dem wahren Schicksal Emins.


»Schreiben Sie, schreiben Sie wieder und wieder fulminante Artikel in der Presse und öffnen Sie den Leuten die Augen! Ich eile, um mein Bestes thun zu können. Emin Bey muss Unterstützung haben. (...) Das Prestige der Europäer geht hier verloren. Es wäre eine ewige Schande, wenn Europa keine Schritte thun würde!«51


Auch in England mehrten sich Berichte über Emins Schicksal, vor allem ein Missionar, Dr. Robert W. Felkin, der den Pascha in Ladó einst selbst getroffen hatte, schilderte geradezu hymnisch die Verdienste des Gouverneurs:


»Sein einziges Ziel ist, das Volk, das ihm anvertraut ist, glücklich und zufrieden zu machen, und es so viel wie möglich zu fördern und zu heben. Wie viel er gethan hat, wird wohl nie bekannt werden; aber Eines kann ich bezeugen: Sklaverei und Misshandlung des Eingeborenen ist aus all seinen Provinzen verschwunden. Die Eingeborenen stehen mit den Soldaten auf gutem Fuss und leben in Frieden und Freude.«52


Die Presse Europas hatte damit in Emin plötzlich einen neuen, einen faszinierenden Helden gefunden: Einen Arzt und Wissenschaftler, der im tiefsten Afrika, umzingelt von Horden fanatischer Wilder, Botanisiertrommel und Schreibfeder beiseite legte und kühl entschlossen zum Gewehr griff, um selbstlos und einsam europäische Zivilisation und Humanität zu verteidigen. Als könne so der schmachvolle Tod Gordons kompensiert werden, konstituierte sich in England rasch ein Komitee, das Gelder für eine Hilfsexpedition sammelte, die Emin entsetzen sollte. Neben all der humanitären Gestik aber standen dabei auch recht praktische Überlegungen im Hintergrund, denn dem Retter Emins würde so ganz nebenbei auch eine einigermaßen intakt gebliebene Provinz in die Hände fallen. Nicht von ungefähr war daher Leiter des Komitees der schottische Reeder Mackkinnon, der die Indisch-Britische-Schiffahrtsgesellschaft gegründet hatte. Dazu munkelte man, Emin habe in den langen Jahren der Abgeschiedenheit Elfenbein im Wert von über einer Million Pfund angehäuft.

   Henry Morton Stanley war gerade im Begriff, eine Vortragsreise durch Nordamerika anzutreten, als ihm ein Telegramm aus London die Leitung


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der Expedition antrug. Die ägyptische Regierung hatte die gleiche Summe zur Verfügung gestellt, die auch das Komitee gesammelt hatte, und so konnte Stanley sofort und entschieden die Arbeit beginnen. Eigentlich hatte das Komitee den Weg von Osten her als Route festgelegt, doch Stanley, einmal zum Expeditionsleiter ernannt, ließ sich von keinerlei Direktiven mehr beeindrucken. Er erklärte, dass die neugegründete deutsche Kolonie in Ostafrika wohl schwerlich einer bewaffneten Karawane unter ägyptisch-britischem Oberbefehl den Durchmarsch durch ihr Territorium erlauben würde, und schlug stattdessen einen ganz anderen Weg vor: den Marsch vom Westen her, also von der Mündung des Kongo bis zu seinem Oberlauf und dann weiter durch unbekanntes Gebiet nach Äquatoria. Natürlich würde dieser Weg, das war allen Beteiligten klar, mehr an Zeit und auch an Material wie Menschen kosten, führte er doch quer durch ganz Afrika. Aber er hatte für Stanley einen entscheidenden Vorteil: Er konnte so ganz nebenbei im Ostgebiet der Kongokolonie für Ruhe sorgen, denn schließlich war er es gewesen, der im Alleingang dieses riesige Gebiet dem belgischen König Leopold II. sozusagen als Privatkolonie erworben hatte. Und vielleicht ergäbe sich da noch eine andere reizvolle Möglichkeit, nämlich Emin die Annexion seiner Provinz durch Leopolds Privatstaat vorzuschlagen. Im Januar 1887 brach Stanley nach Sansibar auf, um dort Träger anzuwerben sowie die unentbehrlichen Geschenk- und Tauschartikel für einheimische Potentaten einzukaufen. Knapp 700 Mann stark war schließlich seine Truppe, die nun das Kap umrundete und im März den Kongofluss erreichte. Die Expedition zog weiter flussaufwärts bis zur Mündung des Arawumi, der heute den Namen Ituri trägt, und hier ließ Stanley am Unterlauf des Flusses einen Teil seiner Mannschaft als Nachhut zurück. Ende Juni brach er zu seinem eigentlichen Ziel, dem Albert-See, auf. Fast ein halbes Jahr dauerte der Marsch durch den Ituri-Wald, er glich einem Zug durch die Hölle: »160 Tage lang, marschierten wir durch den Wald, Busch und Dschungel, ohne auch nur ein einziges Mal ein Stück Rasen von der Größe eines Zimmerbodens gesehen zu haben. Nichts als Meilen um Meilen, endlose Meilen Wald.«53 Unter ungeheuern Strapazen und Verlusten erreichte schließlich Stanley Mitte Dezember den Albert-See, seine Expedition bestand nur noch aus einem Trupp völlig erschöpfter, zerlumpter und ausgehungerter Männer, die dringend einer Erholungspause bedurften. Da auch Stanley jetzt erkrankte, dauerte es noch Monate, bis es zu jenem denkwürdigen Treffen mit Emin kam.

   Am 29. April 1888 war dann Stanley endlich am Ziel seiner Expedition angelangt. Die Sonne war bereits untergegangen, und so konnte er zunächst gar nicht den Gesuchten in der bunt gemischten Schar von Afrikanern, Arabern, Ägyptern und Europäern ausmachen, die sich jetzt im Schein von Grasfackeln unter lautem Triumphgeschrei und Flintenschüssen seinem Lager am Ufer des Albert-Sees näherte. Erst als eine kleine Gestalt, die eine Brille trug, auf ihn zutrat, seine Hände ergriff, ihn in perfektem Englisch


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begrüßte und ihm tausend Dank für all seine Bemühungen aussprach, war sich Stanley sicher, dass nun zum zweiten Mal mitten in Afrika seine Begrüßungsworte in die Geschichte eingehen würden. »›Ah, Sie sind Emin Pascha. Erwähnen Sie des Dankes nicht, sondern treten Sie ein und setzen Sie sich. Es ist hier draußen so dunkel, daß wir uns gegenseitig nicht sehen können.‹«54 Beide setzten sich am Eingang des Zeltes hin und so konnte Stanley im Schein einer Laterne den Geretteten genauer inspizieren:


Ich hatte eine große, hagere Gestalt von militärischem Aussehen in abgetragener ägyptischer Uniform zu sehen erwartet, erblickte statt dessen aber eine kleine, schmächtige Figur mit einem gut erhaltenen Fes und in einem saubern, schön geplätteten und vorzüglich sitzenden, schneeweißen Anzug aus Baumwolldrillich. Ein dunkler, graumelirter Bart umrahmte das Gesicht von ungarischem Typus, obwohl eine Brille demselben ein etwas italienisches oder spanisches Aussehen gab. Das Gesicht zeigte keine Spur von Krankheit oder Sorge, sondern deutete eher gute Körperbeschaffenheit und friedliches Gemüth an.55


Stanley hatte zwar auf dem Weg fast die Hälfte seiner Männer durch Hunger, Krankheit oder in Kämpfen verloren, nicht aber den Sinn für effektvolle Auftritte, er ließ also fünf Flaschen Champagner entkorken, die in Strümpfen eingewickelt quer durch den afrikanischen Kontinent just für diesen Augenblick mitgebracht worden waren. Aber wenn man dann das abgekämpfte Aussehen der Männer Stanleys mit denen des kleinen Paschas verglich, die allesamt mit sauberen Uniformen gekleidet waren, mussten doch erhebliche Zweifel an den zugeordneten Rollen von Rettern und Erretteten aufkommen. Allein für Stanley konnte es kein Schwanken, kein Zögern geben, er hatte der Weltöffentlichkeit geschworen, jenen Emin aus den Klauen der aufständischen Mahdisten zu befreien, und keiner, auch nicht der Gerettete selbst, würde ihn von dieser Tat abhalten können - nicht umsonst hatte er bei den Afrikanern den respektvollen wie furchterregenden Namen Bula Matari, Steinezerbeißer, erhalten. Denn mit dem Erfolg seiner Expedition war weit mehr verbunden als nur etwa die Rettung eines dubiosen ägyptischen Gouverneurs, hier ging es schlicht um die koloniale Neuordnung eines gewaltigen Teiles von Ostafrika.

   Auf Emin und mehr noch auf seine Beamten und Soldaten konnte der desolate Zustand der erhofften Retter nur deprimierend wirken - wie sollte auch dieser heruntergekommene Haufen Hilfe im Kampf gegen die übermächtigen Mahdisten bieten können? Neben 34 Kisten mit Munition und zwei Ballen Kleidungsstücke hatte aber Stanley auch einige Schriftstücke im Gepäck, die Emins Zukunftspläne vollends komplizierten. Eigentlich hatte er ja an seiner Provinz festhalten wollen und in Stanley Unterstützung für dieses Ziel erhofft. Doch schon nach der ersten Unterredung mit seinem ›Retter‹ war ihm klar, dass nun ganz andere Interessen über seine Zukunft entscheiden würden und er vom Akteur zur Marionette degradiert worden war. Der Khedive hatte ihm den Rang eines Paschas verliehen, gleichzeitig


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aber auch mitgeteilt, dass er von Seiten der ägyptischen Regierung keine große Hilfe erwarten könne:


»Sie haben vollständige Freiheit, entweder nach Kairo abzumarschiren oder mit den Offizieren und Mannschaften dort zu bleiben. (...) Versuchen Sie, den Inhalt dieses Befehls genau zu verstehen und machen Sie ihn allen Offizieren und Mannschaften gut bekannt, damit sie wissen, was sie zu thun haben.«56


Brisanter waren natürlich die beiden anderen Vorschläge Stanleys, in den Diensten des Kongostaates Gouverneur seiner Provinz zu bleiben oder, von Stanley mit Emphase unterstützt, im Auftrag der englischen Ostafrika-Gesellschaft die verloren gegangenen Bezirke der Provinz zurückzuerobern und zusätzlich auch die Königreiche Uganda und Unyoro der britischen Krone zuzuführen. Hierfür legte er Emin gar einen unterschriftsreifen Verkaufskontrakt vor, den der frisch ernannte Pascha sorgfältig zusammenfaltete und mit der Bitte um Bedenkzeit in seinen Akten verstaute.

   Denn zunächst, so lautete ja der Befehl seines Vizekönigs, mussten alle Untertanen von dem Brief aus Kairo unterrichtet und um ihre Präferenzen befragt werden. Auch Stanley konnte warten, er musste sich noch um das Schicksal seiner Nachhut kümmern. Um aber der recht unverbindlich abgefassten Order des Khediven Nachdruck zu verleihen, schrieb er eine eigene Proklamation, die in deutlich drastischerem Ton eine Rückkehr nach Kairo unter seiner Führung forderte. Er selbst betrat aber nie Emins Herrschaftsgebiet, sondern beauftragte einen seiner Begleiter, Mounteney Jephson, zusammen mit Emin seinen Willen der Provinz kundzutun. Doch die Provinz befand sich jetzt in offenem Aufruhr, Stanleys Ankunft hatte die verbliebene Autorität Emins destabilisiert. Ein Teil der Mannschaften wollte in Äquatoria bleiben, ein anderer sich doch auf eine Evakuierung einlassen, und nicht wenige schließlich überlegten erneut, ob es nicht klüger wäre, sich doch der Bewegung des Mahdi anzuschließen. Als Emin und Jephson in Dufile, knapp auf halbem Wege zwischen Wadelai und Ladó, eintrafen, wurden beide von meuternden Truppen gefangen gesetzt und Emin seines Amtes enthoben; eine Versammlung aller Offiziere der Provinz sollte über sein Schicksal und das der Provinz entscheiden. In diesem Chaos erhielt Emin plötzlich Hilfe von unerwarteter Seite: Eine Armee von Mahdisten war im Anmarsch und verlangte in einem Brief Emins Unterwerfung, oder genauer, seinen Anschluss an die Bewegung des Erwählten.


»Nun hat der Khalif, der Mahdi, aus Nachsicht für Sie, der Sie in den Händen der Neger allein gelassen sind, und aus Mitleid für ihre verlorene Lage - denn man hat schon seit langer Zeit keine Nachricht mehr von Ihnen und Sie müssen jegliche Hoffnung verloren haben - uns, wie ich schon bemerkt habe, mit einer Armee zu Ihnen gesandt, um Sie aus dem Lande der Ungläubigen zur Vereinigung mit Ihren Brüdern, den Moslems, zu führen. Unterwerfen Sie sich daher mit Freuden den


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Wünschen Gottes und kommen Sie sofort zu mir, wo ich auch sein möge, denn ich bin Ihnen jetzt so nahe, dass ich Sie mit den heiligen Geboten ehren kann. Sie werden dieselben voll von wunderbaren Dingen finden, von denen Ihre Rettung in dieser und der anderen Welt abhängt, und Sie werden darin den Willen Gottes, des Herrschers der Welt finden. (...) Möge Gott Sie bei allem Tun segnen und unterstützen. Salaam.«57


Bei aller bezeugten Friedfertigkeit dieser Nachricht war den Meuterern rasch klar, dass die Herrschaft Emins doch das kleinere Übel wäre, und so wurde der abgesetzte Gouverneur voller Reue rehabilitiert. An eine Rückkehr zur alten Ordnung aber war nicht mehr zu denken, und so zogen sich Emin und seine letzten Getreuen an den Albert-See zurück. Stanley war jetzt ebenfalls wieder mit den Resten seiner dezimierten Nachhut zurückgekehrt und beschloss, jetzt rasch und entschieden zu handeln. Die Person Emins war ihm als einzige Trophäe seiner Expedition geblieben, und dieser musste daher umgehend in Sicherheit, also zur ostafrikanischen Küste und dann weiter nach Ägypten, England oder wo auch immer hingebracht werden. Unter dem Vorwand einer Verschwörung unter den ägyptischen Offizieren befahl er nun einen raschen Aufbruch, ließ schließlich Emins Offiziere und Soldaten mit Knüppeln aus ihren Zelten treiben und drohte jedem, der sich nicht sofort zum Abmarsch entschlösse, Tod durch Erschießen an: »(...) denn als Stanleys Gäste«, so schrieb Vita Hassan lakonisch, »waren wir zugleich seine Gefangenen. Darüber gab es keine Illusionen.«58

   Von den 10 000 Sudanesen und Ägyptern, die ursprünglich gerettet werden sollten, traten nur 600 den Marsch in Richtung erzwungener Freiheit an und noch viele von ihnen starben unterwegs an Entbehrungen. Als schließlich am 4. Dezember 1889 die Rettungsexpedition in Bagamoyo den Indischen Ozean erreichte, konnten gerade noch 260 Gerettete gezählt werden. Über Bagamoyo wehte jetzt die schwarz-weiß-rote Flagge des deutschen Kaiserreiches, der Ort war festlich geschmückt und ein Salut von einundzwanzig Schüssen aus den Rohren der neuen Kolonialmacht begrüßte die Ankommenden. Dann überreichte der Kommandant des Kreuzers ›Sperber‹, der vor Reede lag, dem etwas erschöpften und abgemagerten Pascha ein Telegramm Seiner Kaiserlichen Majestät:


»Für Doctor Emin Pascha.

»Bei Ihrer endlichen Rückkehr von dem Posten, welchen Sie über elf Jahre mit echt deutscher Treue und Pflichterfüllung heldenmüthig behauptet haben, begrüsse ich Sie gern mit Meinem Glückwunsch und Meiner Kaiserlichen Anerkennung. Es hat Mir zur besonderen Freude gereicht, dass die Truppe des deutschen Reichskommissars Ihnen den Weg an die Küste gerade durch unser Schutzgebiet bahnen konnte.

gez. »Wilhelm, Imperator, Rex.
        »Graf Bismarck«59


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Am Abend gab Major Wissmann, Reichskommissar, ein Gala-Diner zu Ehren der Geretteten. Der Held des Abends war indessen Stanley und nicht Emin, der dem Amerikaner freiwillig den Platz zur Rechten des Reichskommissars überlassen hatte. Schließlich erhob sich Emin, wie ein Teilnehmer des Festessens berichtete,


»und brachte ein Hoch auf Se. Majestät aus, in das Alle jubelnd einstimmten. Weiter wurden Trinksprüche vom Gouverneur auf Stanley und von diesem auf Major von Wissmann ausgebracht. Auffallend war es, dass Niemand des Mannes gedachte, dem zu Ehren das Festmahl eigentlich veranstaltet worden war, der zum ersten Male nach elf Jahren wieder unter seinen deutschen Landsleuten sass.«60


Nur wenig später erhob sich Emin von der Tafel und ging in das Nebenzimmer. Von dort öffnete sich ein bis an den Boden reichendes Fenster in die Dunkelheit und Emin mag es für eine Tür zu einem Balkon gehalten haben, er schritt jedenfalls hindurch und stürzte in die Tiefe. Ein Leutnant fand ihn dort bewusstlos liegen, aus einem Ohr tropfte Blut. Vorsichtig trug man ihn in das deutsche Lazarett.

   Zum Glück erwies sich bald die Verletzung als weniger gravierend als ursprünglich befürchtet, für Stanley aber hatte sie fatale Folgen. Bis zuletzt hatte er gehofft, den Gouverneur als Trophäe im Triumph nach Europa begleiten zu können, so aber hatte Emin einen triftigen Grund, die unerwünschte Einladung ausschlagen zu können. Enttäuscht und verärgert verließ Stanley wenige Tage später Bagamoyo und ließ später keinen Zweifel an seiner Theorie aufkommen, dass es wohl ein Gehirnschaden war, der aus dem freundlichen Dr. Emin einen renitenten Patienten werden ließ, der Dankbarkeit wie Anstand vermissen ließ. »Als er ins Hospital kam, trat zwischen ihn und mich ein Schatten so dichter und handgreiflicher Art, dass die angenehmen Beziehungen, welche, wie ich glaubte, beständig zwischen uns herrschen sollten, vollständig verdunkelt wurden.« 61

   Noch am Krankenbett erhielt Emin den Kronenorden zweiter Klasse mit Stern verliehen, andere Gold- oder Stiftermedaillen, Diplome, Doktorwürden, Urkunden und Ehrenmitgliedschaften illustrer Organisationen aus In- und Ausland trafen fast täglich ein. Gerhard Rohlfs fasste in einem Brief die heimische Stimmungslage prägnant zusammen: »›Ganz Deutschland ist stolz auf Sie, ganz Deutschland heisst Sie herzlich willkommen!‹«62 Doch eine Rückkehr nach Deutschland und zur Identität eines Eduard Schnitzer gab es nicht mehr; Emin war, auch im Schriftverkehr mit seinen engsten Angehörigen, Emin geblieben, ein Wanderer zwischen zwei Welten und tief gespalten in seiner Liebe zu Deutschland und Afrika. Er, der sich aus seiner Heimat heimlich und schuldbewußt davongestohlen hatte, war jetzt einer ihrer großen, untadeligen Helden geworden. Doch sein Kismet, wie er in einem Brief erwähnte, war Afrika, hier wollte er bleiben und sterben. Und nur hier konnte er seinen großen Wunsch erfüllen, siegreich in die Äquato-


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rialprovinz zurückzukehren: Das Trauma des Versagens, die unheilbare Wunde seines Lebens, glorreich zu überwinden. Noch im Lazarett begann er also Planungen für eine große neue Expedition und stieß sofort auf Wohlwollen und Interesse des Reichskommissars. Der allerdings hatte natürlich eigene Vorstellungen, wie sich das Reich Ruhm und Talent seines Helden zu Nutze machen sollte, eine Expedition ja, aber unter ganz präzisen Direktiven:


»Eure Exzellenz haben die südlich um den Viktoria-Nyanza-See gelegenen Gebiete von der Kavirondo-Bucht ab, und die Länder zwischen Viktoria-Nyanza und Tanganyika bis zum Muta Nsige und Albert-Nyanza für Deutschland zu sichern derart, dass die Versuche Englands, in diesen Gebieten Einfluss zu gewinnen, scheitern. (...) Jede durch die Verhältnisse erlaubte Erweiterung der beschriebenen Sphäre würde ich als besonderes Verdienst Euer Exzellenz betrachten.«63


In erster Linie also eine politische Mission, aber auch wissenschaftliche Forschungen waren durchaus erwünscht. So erhielt Emin als wissenschaftlichen Begleiter Dr. Franz Stuhlmann, eine glückliche Wahl, da beide in Sammelleidenschaft wie Beobachtungstalent recht gut korrespondierten. Ansonsten stellte der Reichskommissar Offiziere, Unteroffiziere, Soldaten, ein Geschütz, Lebensmittel, Ausrüstung und Träger - für seine Kleidung musste allerdings Emin selbst aufkommen. Denn Berlin, wo Bismarck die koloniale Expansion des Kaiserreiches mit einiger Skepsis betrieb, zögerte noch mit der endgültigen Bestallung des Expeditionsleiters: »›Emin Paschas kommissarische Uebernahme in den auswärtigen Dienst genehmigt vorbehaltlich künftiger Anstellung. Erlass folgt. Graf Bismarck‹«,64 kabelte der Reichskanzler nach Ostafrika. Den endgültigen Erlass wie auch die Genehmigung seiner Honorarvorstellung (20 000 Mark pro Jahr) sollte Emin daher zu Lebzeiten nicht mehr in Händen halten.

   Am 26. April 1890 brach die Expedition von Bagamoyo unter dem Donner der Geschütze auf und hielt sich zunächst an der bekannten, im Jahr zuvor mit Stanley beschrittenen Route. In Mpwapwa kam es knapp zwei Monate später dann zu einer recht delikaten, ja ironischen Begegnung mit Dr. Peters und einer Truppe, die den hochtrabenden Namen ›Deutsche Emin Pascha-Expedition‹ trug. Es hatte sich auch in Deutschland, wenn auch reichlich spät, ein Komitee zur Rettung des verschollenen Landsmannes aus den Klauen der Mahdisten gegründet, freilich mit deutlich patriotischerem Fanfarenklang: »Das deutsche Volk ist berufen, dem Deutschen Dr. Schnitzer Hilfe zu bringen.«65 Leiter der Hilfsexpedition wurde Carl Peters, der furcht- und skrupellos wie Stanley, dabei aber von maßlosem kolonialen Ehrgeiz und persönlicher Selbstüberschätzung, ganz eigene, größere Pläne hegte, nämlich die »überseeische Machtstellung«66 Deutschlands zu erweitern. Als also Peters endlich zur Rettung Emins schritt, befand sich dieser schon in Begleitung Stanleys auf dem Weg nach Bagamoyo, für Peters kein


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Problem, denn nun konnte er sich unbekümmert den Weg nach Uganda freischießen und dort den überraschten wie verängstigten Häuptlingen und Königen Schutzverträge abpressen. Dass er dabei gezwungen wurde, in ›Selbstverteidigung‹ unter anderem die Gallas, die Massai, die Wajogo niederzuschlagen, Völker, mit denen er doch so gern friedlich verkehrt hätte, war eigentlich Schuld der Herren in Berlin, die ihm jede Vermittlung und Unterstützung verweigert hatten. Peters, daher gar nicht unglücklich über seinen verpassten Auftritt als Retter Emins, parlierte angeregt mit dem Pascha über seine grandiosen Erwerbungen, der indessen den Redeschwall nur mit einem liebenswürdigen »›reizend, reizend!‹«67 kommentieren konnte. Beide konnten nicht ahnen, dass exakt zur gleichen Zeit der Reichskanzler Caprivi mit den Engländern einen Vertrag aushandelte, in dem die Engländer Helgoland dem Reich überließen, dieses aber auf eine Ausweitung seiner Herrschaft auf alle Gebiete im heutigen Kenia und Uganda verzichtete, Peters also seine koloniale Rechnung ohne den Wirt zu Hause abgeschlossen hatte.

   Nicht lange danach konnte Emin indessen tatsächlich dem deutschen Reich neues Gebiet zuschlagen, als er in Tabora, dem Hauptsitz der Araber in Ostafrika, ultimativ die Übergabe von Stadt und Land an Deutschland verlangte und sie zu seiner Überraschung ohne Widerstand erhielt. Am 4. August ließ er die schwarz-weiß-rote Flagge hissen und schrieb am gleichen Tag, noch verdutzt ob seiner eigenen Chuzpe, an Schwester Melanie:


»Es ist eigentlich eine Unverschämtheit von mir, den Leuten so ins Haus zu fallen und ihnen ohne Weiteres Land und Leute zu annektiren; es geht aber nicht anders, und wir können hier nicht so sanft verfahren, wie man in Europa wohl thut. (...) Hoffentlich ist man in Deutschland damit zufrieden.«68


Weniger zufrieden, als Emin es einschätzte, war aber die deutsche Kolonialverwaltung mit dem oft eigenwilligen Expeditionsleiter. Vor allem ignorierte dieser großzügig wie verständnislos all die peniblen und überflüssigen Anweisungen, die eine preußische Beamtenbürokratie nach Afrika importiert hatte. Solange sich aber die Expedition noch im gesteckten Operationsgebiet bewegte, blieb es zunächst bei Ermahnungen und kaum verhülltem Tadel, Emin möge doch bitte als ordentlicher Untertan sich an seine Pflichten halten. Der stellvertretende Reichskommissar monierte in einer Depesche:


»Verschiedentlich habe ich es bereits sehr unangenehm und störend gefunden, dass von Ew. Exzellenz so wenig Nachrichten einlaufen und geradezu befremdlich ist es mir erschienen, dass in den von Ew. Exzellenz einlaufenden Dienstschreiben dienstliche Vorgänge, Meldungen über Verlauf der Expedition, über Bestand der letzteren und Gesundheitsverhältnisse, über politische Verhältnisse und weitere Absichten Ew. Exzellenz u. s. w. fast kaum Platz finden.«69


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Noch aber verlief die Expedition erfolgreich, nach der Überquerung des Victoria-Sees gründete Emin am Westufer die Station Bukoba, die gut als Ausgangspunkt einer zukünftigen Kolonisierung dienen konnte. Eine kleine Ortschaft entstand, Häuser aus Ziegeln, Gärten, ja erste Plantagen. Von hier wurden Trupps in die Umgebung ausgesandt, und im November stieß eine dieser Streifen auf einen bisher unbekannten Stützpunkt von arabischen Sklavenhändlern. Diesmal ließ Emin ein Exempel statuieren, er befreite die Sklaven und überließ ihnen aber ihre ehemaligen Peiniger, die nun sämtlich zu Tode geprügelt oder in einem nahen Fluss ertränkt wurden. Die Kunde von diesem Vorfall verbreitete sich rasch unter den übrigen Sklavenhändlern, ja weit bis in den Osten Kongos, denn das Schockierende an dem Vorfall war, dass Emin, ein Moslem, andere Glaubensbrüder einem grausamen Schicksal ausgeliefert hatte und so zum Verräter an der eigenen Religionsgemeinschaft wurde. Aber auch andere Streitigkeiten, nämlich mit englischen Handelsagenten, blieben nicht aus, so dass im fernen Bagamoyo Wissmann erbost nach Berlin meldete: »›Emin Pascha missachtet jeden Befehl (...)‹«,70 und als Konsequenz die Rückkehr der Expedition befahl. Monate später erreichte die Order Emin, der aber, auch um die Gefahr, vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden, den Befehl schlicht ignorierte und jetzt den Weg nach Westen einschlug. Dort lag eine andere deutsche Kolonie, Kamerun, und eine erfolgreich erschlossene Ost-West-Verbindung im deutschen Herrschaftsbereich, quasi als Pendant zur britischen Kap-Kairo-Linie, sollte, so sein Kalkül, dann alle kritischen Stimmen verstummen lassen.

   Der Weg nach Westen führte aber zunächst durch den Itruri-Wald, der beinahe schon zum Grab Stanleys geworden war, und nun häuften sich die Schwierigkeiten: Überfälle, Nahrungsmangel, Krankheiten, Regengüsse. Ende 1891 brach zu allem Unglück eine Pockenepidemie unter den Trägern aus, die rasch die Expedition dezimierte. Emin, selber gerade krank und leidend, befahl Stuhlmann mit dem noch verbliebenen gesunden Rest die Rückkehr nach Bagamoyo. Er selbst wollte bei den Kranken bleiben und nach ihrer Genesung nachfolgen. Vielleicht nur ein Vorwand, um zu retten, was zu retten war. Einen letzten Brief, an Schwester Melanie gerichtet, gab Emin Stuhlmann ins Gepäck: »›Meine Leute haben die Blattern. - Dr. Stuhlmann geht mit den Gesunden und nimmt diesen Brief mit. Gott segne Euch Alle.‹«71

   Nur zwei Jahre zuvor war Joseph Conrad mit einer Handelskarawane den Kongo hinaufgezogen, die Reise, als Abenteuer begonnen, endete in einem Alptraum, in einer Konfrontation mit dem Grauen der Welt. In diesem Herzen der Dunkelheit liegt Emin, krank und schlaflos. Nachts, wenn Trommelklänge und das Rufen aus weit entfernten Dörfern verklungen sind, hört er das Knurren und Scharren von Hyänen, die jetzt die Leichen aus ihren frischen Gräbern hervorwühlen, in den Busch zerren und dann das menschliche Aas zerreißen und zerbeißen. Die Leute um ihn herum, notiert


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er in seinem Tagebuch, sterben wie die Fliegen. Ärztliche Hilfe ist nicht möglich, nur Beobachten und Zählen und Aufschreiben. Er sieht eine pockenkranke Frau, die ein Kind zur Welt bringt, zwei Tage später die dürre Notiz, dass das Neugeborene gestorben ist. Eine andere Frau fängt an zu schreien, tobt, Schaum quillt aus dem Mund, wieder andere liegen besinnungslos am Boden, krampfen und schlagen mit ihren verdrehten Gliedern auf die Erde. Lebensmittel sind knapp, endlich kommen einige Schwarze mit etwas Reis, einigen Ziegen und einer Schar Sklaven. Das Essen ist willkommen, die Sklaven will keiner kaufen, da sie sowieso bald sterben werden. Eines Nachts wartet Emin vergeblich in der Dunkelheit auf das inzwischen vertraute Wühlen der Hyänen, sie haben sich, so seine Erklärung, endlich an dem vergifteten Fleisch der Toten angesteckt. Oder einfach überfressen. Auch die beiden gefangenen Zwerge, die zusammen mit den provisorisch ausgestopften Vogelbälgern, den ausgekochten Tierschädeln und Gesteinsproben die Neugier der europäischen Wissenschaft stillen sollen, sterben, ohne dass jemand ihre letzten in unbekannter Sprache gestöhnten Worte verstehen kann. Zwei Eier einer unbekannten Vogelart, rund und weiß wie Euleneier, werden ihm gebracht, leider sind sie schon stark angebrütet und unbrauchbar.

   Aus eigener Kraft kann Emins Expedition Westafrika nicht mehr erreichen, die meisten Träger sind gestorben oder desertiert, der klägliche Rest kann nur noch mit Prügelstrafen auf den Beinen gehalten werden. Die einzige Rettung besteht im Anschluss an eine der Karawanen arabischer Kaufleute, die den Urwald durchziehen und mit Elefantenstoßzähnen und Sklaven handeln. Sie sind die eigentlichen Herren des Urwalds und haben ihn mit einem groben Netz von Stützpunkten überzogen, sie allein entscheiden jetzt über Emins Rettung. Einer der mächtigsten Händler ist Said bin Abid, er verspricht Hilfe. Zunächst soll sich Ismaïli, einer seiner Partner, um den Pascha kümmern. Doch Emin misstraut ihm, Ismaïli ist ein Säufer.

   Seine Kleider verrotten im Regen und Halbdunkel der Wälder und mit ihnen seine Zuversicht und Hoffnung. Essen kann er kaum und schlafen noch weniger; »›wäre es doch erst vorüber‹«,72 notiert er in seiner zierlichen Schrift, und dann lakonisch, Tag für Tag, nur ein Wort: »krank.«73 Der Körper juckt von zahllosen Bissen unbekannter Parasiten, die Füße sind geschwollen und nässen aus schwarzen Wunden. Allenfalls ein Lichtblick, wenn er seine Sammlungen erweitern kann: »›Endlich eine rothe Maus gefangen! 25 Arten bisher mir unbekannter Vögel gesammelt, ein junges Krokodil geschossen.‹«74

   Doch die Reise wird zum Albtraum. Von Emin


ausgesandte Leute (...) kamen zurück und berichteten, die bei Mbene ansässigen Manyuema hätten ihre Neger bewaffnet (...); sie hätten sie verjagt und ihnen zwei Frauen abgenommen und mitgebracht. »Diese Beiden«, fährt Emin fort, »wurden


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sofort den in den Hütten hinter der Station ansässigen Leuten übergeben zum Essen! Die Frauen sollen sofort getödtet, das Fleisch theilweise frisch gegessen, theilweise im Feuer getrocknet worden sein. Es waren Wassrugara aus dem Walde, und man sagte mir, dass alle Wassrugara hier den Fluss entlang Menschenfleisch essen und damit andere Neger in Furcht setzen.«75


Emin erinnert sich an Erzählungen von Gestaltwandlern, die nachts als Leoparden oder Hyänen Menschen reißen. Es bedarf keiner Nacht mehr, keiner Tiergestalt. Homo homini hyaena. Dann geht es weiter, durch Lianengestrüpp und Sumpf, vorbei an verlassenen Pygmäenhütten und über Felsen, dann hinab in tief eingeschnittene Creeks und vorsichtig watend durch Urwaldströme. Die Lasten sind schwer, endlich gelingt es, schwarze Frauen zu fangen und ihnen Eisen um die Füße und Gepäck auf den Rücken zu legen. Dazwischen plötzlich Pfeile aus dem Dunkel oder Elefanten oder Krokodile. Eine delirante, scheinbar ziellose Reise durch Regen, Schlamm, Hunger und Depression. Am 30. Juni die Frage an das Tagebuch: »›(...) wozu dies Leben?‹«76

   Rast bei einem Händler namens Kinea. Kaum noch Nahrungsmittel vorhanden. Emin verwünscht die leeren Versprechungen seiner großmäuligen Helfer. Weiter im Westen, am Kongofluss, liegt Kibonge, von dort aus könnte er flussabwärts auf Belgier stoßen. Er weiß nicht, dass die Machthaber des Kongostaates derweil entschlossen sind, das Handelsnetz der Araber zu zerreißen. Vorgeblich, um im Hinterhof ihres Reiches endlich für Ordnung zu sorgen, in Wirklichkeit aber, um ihnen den lukrativen Elfenbeinhandel zu entreißen. Im Namen des Fortschritts und der Zivilisation ist ein gnadenloser Vernichtungsfeldzug gegen die Araber im Gange, kein Wunder, dass die Angegriffenen zurückschlagen und alles, was europäisch ist, zerstückeln. In diesem Augenblick erhält Hamadi bin Ali, der Sultan von Kibonge, die Bitte eines Emins um freies Geleit. Emin - war das nicht der Name des abtrünnigen Paschas, der Freunde und Brüder im Handel hinmetzeln ließ, ein Verräter, nichtswürdiger Lakai der verhassten Weißen?

   Am 23. Oktober 1892 kommen Kinea und Ismaïli mit einem Schreiben des Sultans zurück, das ihm Freundschaft und sicheren Weg zu seiner Station anbietet. Schon will Emin erleichtert den Aufbruch anordnen, als sich plötzlich drei andere Männer in die Hütte drängen, seine Arme ergreifen und hinter den Stuhl biegen. Ein dummer Scherz, ein Missverständnis glaubt Emin, doch jetzt hält ihm Kinea einen zweiten Brief vor Augen, in dem seine Ermordung angeordnet ist. Ein kurzes Schweigen, dann ein tiefer Atemzug und Resignation. Wozu dieses Leben? Emin schließt die Augen. Dann heben die Männer Emin aus seinem Stuhl und legen ihn flach auf den Boden. Vier Männer halten Arme und Beine fest, Ismaïli biegt in einem Ruck Emins Kopf nach hinten und einer seiner Leute, er heißt Mamba, schneidet Emins Kehle in einem Zug mit einem Messer durch. Blut spritzt über die Mörder, dann ein zweiter, ein dritter kräftiger Schnitt, der Kopf ist


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lose und wird nun, die Brille darf nicht fehlen, in eine Kiste gelegt, Gruß an Hamadi bin Ali.

   Inzwischen rückten die Belgier unaufhaltsam vor und im Februar 1893 eroberte Capitain Ponthier nach tagelangem Kampf Kirundu, einen befestigten Stützpunkt der Araber. Den Siegern fiel reiche Beute in die Hände, unter anderem auch der Reisekorb Emins, der seine Tagebücher, eine Fülle von Urkunden und Emins Koran enthielt. Unter den Gefangenen, achttausend an der Zahl, wurden Ismaïli und Said bin Abid als Mörder Emins ausgemacht und sofort standrechtlich erschossen. Im April gleichen Jahres wurde schließlich der letzte Schlupfwinkel der arabischen Händler, Kassongo, von belgischen Truppen im Handstreich erstürmt. Einer der Offiziere, Leutnant Scheerlink, gab in einem Brief nach Brüssel eine detaillierte Schilderung des Kampfes und der erbeuteten Waren, schrieb von all dem Elfenbein, den tausend Kilo Pulver, den Gewehren, den zahllosen Turm-, Wand- und Taschenuhren. Und auch von dem letzten Tagebuch Emins, das die Eroberer hier fanden:


»Das mit einer ganz besonderen Sorgfalt geführte Tagebuch ist in deutscher Sprache mit römischen Schriftzeichen geschrieben, aber man muss sich eines Vergrösserungsglases bedienen, um seine Handschrift zu entziffern. Sein letzter Satz lautet: Das Barometer steigt schnell.«77



III


Die Emin-Pascha-Begeisterung flaute in Deutschland so schnell ab, wie sie entstanden war. Schon die Schilderungen Stanleys hatten Emin bei allen persönlichen Sympathiebekundungen als Zauderer, als widersprüchlichen Charakter beschrieben, der im harten Geschäft kolonialer Expansion zu sentimental, zu willensschwach war. Selbst Bismarck, der eher reserviert solchem kolonialen Heldentum gegenüberstand, schloss sich Stanleys Charakterisierung an: »›(...) ein Gelehrter ist er jedenfalls; aber wenn ich sein Profil hier hätte, so würde es sich herausstellen, dass ihm der Hinterkopf fehlt, die volle thierische Energie, auf welche man in Afrika nicht ganz verzichten kann.‹«78 Für kurze Zeit konnte seine Figur immerhin als Legitimation kolonialer Propaganda missbraucht werden, denn was Emin im Kleinen erreicht, das sollten das Reich und seine Nachbarn als »Weltzentrum der Zivilisation«79 im Großen vollbringen: »das spröde Afrika«,80 die »jungfräuliche Festung«,81 aus seinem dunklen, elenden Schlaf befreien. Ein durch und durch gerechter Kampf also, in dem Emin jetzt als leuchtendes Vorbild für all diese idealistischen und humanen Motive vorgeschoben wurde, als Beispiel auch für die kulturformende Kraft deutschen Geistes.

   Die Realität in den Kolonien -»›A taint of imbecile rapacity blew through it all, like a whiff from some corpse‹«82 - fegte bald all diese Rhetorik auf den


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Müllplatz menschlicher Dummheit. Es war eben, wie Peters zynisch feststellte, »mindestens naiv, sich ein Kolonialreich einzuverleiben, gleichzeitig sich aber zu bekreuzigen vor den Mitteln, mit denen es in seinen einzelnen Teilen erworben ist«.83 Mit der gleichen Unverfrorenheit hatte auch Peters das Schicksal Emins vor seinen imperialistischen Karren gespannt. Nannte er noch im September 1888 als Ziel seiner Expedition die vaterländische Pflicht, dem Deutschen Dr. Schnitzer Hilfe zu bringen, so waren 1907 im Rückblick alle Sentimentalitäten vergessen:


Die Emin Pascha-Expedition strebte die Ausdehnung unserer ostafrikanischen Interessensphäre zum Oberen Nil an, die Annexion jener Gebiete, welche den Norden des Viktoriasees und die Hochplateaus von Uganda einschließen (...).84


Emins tragischer wie konsequenter Tod hatte zumindest seinen Ruf als Held gerettet. Wäre er erschöpft, zerlumpt, aber noch halbwegs bei Sinnen von seiner letzten Reise zurückgekehrt, kein kaiserliches Telegramm mehr oder donnernder Salut hätten ihn begrüßt. Vielleicht ein Kriegsgericht, eher eine unspektakuläre Entlassung aus Staatsdiensten mit gequältem Dank. Dazu ein Schreibtisch zum Verfassen von Memoiren, so lange die nachlassende Sehkraft noch eine Feder führen konnte. Mit dem Wachsen der Dunkelheit hätte er dann einsam seinem Traum von einer lichten, freien Insel im Herzen der Finsternis weiter nachsinnen können, die er einst schuf, als Arzt und Sonderling, als Wissenschaftler und Menschenfreund: »(...) ich, ein einzelner Mensch gegen ein Land voll von Blut, Mord und Verbrechen.«85



1Paul Reichard: Dr. Emin Pascha, ein Vorkämpfer der Kultur im Innern Afrikas. Leipzig 1891, S. V
2Brief Spemanns an May vom 17. 12. 1888. Abgedruckt in: Anhang. In: Karl May: Der Sohn des Bärenjägers/Der Geist der Llano estakata. In: Der Gute Kamerad. 1. Jg. (1887)/2. Jg. (1887/88); Reprint der Karl-May-Gesellschaft. Hamburg 1983, S. 267
3Vgl. Erich Heinemann: Ein Plädoyer für die versklavte Menschheit. Einführung (zu ›Die Sklavenkarawane‹). In: Karl May: Die Sklavenkarawane. In: Der Gute Kamerad. 4. Jg. (1889/90); Reprint der Karl-May-Gesellschaft. Hamburg 1984, S. 9 (Anm. 20).
4Heinz Stolte: Ein Literaturpädagoge. Untersuchungen zur didaktischen Struktur in Karl Mays Jugendbuch ›Die Sklavenkarawane‹, 4. Teil. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft (Jb-KMG) 1976. Hamburg 1976, S. 72
5So der Schriftsteller C. Falkenhorst (d. i. Stanislaus von Jezewski), der bei Spemann u. a. auch 1890 eine biographische Erzählung über Emin veröffentlichte: ›Emin-Pascha, Gouverneur von Hatt-el-Estiwa‹.
6May: Die Sklavenkarawane, wie Anm. 3, S. 269
7Heinemann, wie Anm. 3, S. 6
8Brief vom 30. 10. 1889. In: Karl May: Der Sohn des Bärenjägers. Stuttgart o. J. (1890); Reprint Bamberg 1995. Hrsg. von Lothar Schmid, A 58
9Ebd.


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10Stolte, wie Anm. 4, S. 90f.
11May: Die Sklavenkarawane, wie Anm. 3, S. 268
12Ebd.
13Heinemann, wie Anm. 3, S. 7 - Heinemann beruft sich auf Recherchen von Rudolf K. Unbescheid. Vgl. dazu dessen Darstellung des historisch-politischen Hintergrundes der Sudan-Romane: Das Land des Mahdi, Sklavenkarawanen und Karl May. (I. bis V. Teil) Taunusstein 1979-1991 (als Lieferungen der Serie: Winnetou - Old Shatterhand - Kara Ben Nemsi - Hadschi Halef Omar. Hrsg. von Horst Heinke). Unbescheid stellt fest, May habe »Emin Pascha (...) in der ›Sklavenkarawane‹ ein frühes literarisches Denkmal gesetzt« (III. Teil, S. 111): »Keinen Namen nannte Karl May [in der ›Sklavenkarawane‹] so oft wie den von Emin Pascha« (ebd., S. 31), auch erweisen sich Details der von May beschriebenen Reisewege als Anspielungen auf seine Reisen (ebd., S. 22-26).
14Karl Rossbach: Drei Eroberer. In: Deutscher Hausschatz. XV. Jg. (1888/89), S. 244
15Ebd., S. 245
16Henry M[orton] Stanley: Im tiefsten Afrika. Aufsuchung, Rettung und Rückzug Emin Pascha's, Gouverneurs der Äquatorialprovinz. Bd. 1. Leipzig 1890, S. 419
17Georg Schweitzer: Emin Pascha. Eine Darstellung seines Lebens und Wirkens mit Benutzung seiner Tagebücher, Briefe und wissenschaftlichen Aufzeichnungen. Berlin 1898, S. 3
18Ebd., S. 5
19Ebd., S.19
20Ebd., S. 14
21Ebd., S. 17
22Ebd., S. 19
23Ebd., S. 39f.
24Ebd., S. 42
25Ebd., S. 43
26Ebd., S. 58
27Ebd., S. 82
28Ebd., S. 88
29Wilfried Westphal: Sturm über dem Nil. Der Mahdi-Aufstand. Aus den Anfängen des islamischen Fundamentalismus. Sigmaringen 1998, S. 187
30Schweitzer, wie Anm. 17, S. 144f.
31Ebd., S. 133
32Franz Stuhlmann: Charakterbild Emins. In: Emin Pascha: Gefahrvolle Entdeckungsreisen in Zentralafrika. 1876-1892. Hrsg. von Heinrich Schiffers/Peter Simons. Stuttgart 1983, S. 367-373 (369)
33Schweitzer, wie Anm. 17, S. 226
34Ebd., S. 227
35Emin Pascha, wie Anm. 32, S. 181f.
36Ebd., S. 182
37Vita Hassan: Die Wahrheit über Emin Pascha, die ägyptische Aequatorialprovinz und den Ssudan. Berlin 1893, I. Teil, S. 23
38Schweitzer, wie Anm. 17, S. 243
39Ebd., S. 242
40Eine Sammlung der ›authentischen‹ Hadithe über Al Mahdi in: Muhaqddith Abdullah Ibn As-Siddiq: Jesus, Al Mahdi and Anti-Christ. London/New York 1985
41Rudolf Slatin: Feuer und Schwert im Sudan. Meine Kämpfe mit den Derwischen, meine Gefangenschaft und Flucht. Leipzig 1896, S. 137
42Schweitzer, wie Anm. 17, S. 262
43Ebd., S. 294
44Ebd.


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45Ebd., S. 281f.
46Westphal, wie Anm. 29, S. 87
47Schweitzer, wie Anm. 17 , S. 337
48Gianni Guadalupi: Der Nil. Die Geschichte seiner Entdeckung und Eroberung. Erlangen 1997, S. 289f.
49Schweitzer, wie Anm. 17, S. 315
50Ebd., S. 384
51Ebd., S. 388
52Ebd., S. 227f.
53Westphal, wie Anm. 29, S. 317
54Stanley, wie Anm. 16, S. 369
55Ebd., S. 369
56Schweitzer, wie Anm. 17, S. 407f.
57A[rthur] J[ermy] Mounteney Jephson/Henry M[orton] Stanley: Emin Pascha und die Meuterei in Aequatoria. Neunmonatiger Aufenthalt und Gefangenschaft in der letzten der Sudan-Provinzen. Leipzig 1890, S. 234f.
58Hassan, wie Anm. 37, II. Teil, S. 197
59Schweitzer, wie Anm. 17, S. 463f.
60Ebd., S. 465f.
61Stanley, wie Anm. 16, S. XI
62Schweitzer, wie Anm. 17, S. 486
63Ebd., S. 498
64Ebd., S. 483
65Carl Peters: Die deutsche Emin Pascha-Expedition. Volksausgabe. Hamburg/Braunschweig 1907, S. 3
66Ebd., S. 4
67Ebd., S. 430
68Schweitzer, wie Anm. 17, S. 532
69Ebd., S. 551
70Ebd., S. 598
71Ebd., S. 725
72Ebd., S. 740
73Ebd., S. 789
74Ebd.
75Ebd.
76Ebd., S. 742
77Ebd., S. 753f.
78Ebd., S. 761
79Reichard, wie Anm. 1, S. 3
80Ebd.
81Ebd.
82Joseph Conrad: Heart of Darkness. In: J. C.: Heart of Darkness and Other Tales. Edited with an Introduction and Notes by Cedric Watts. Oxford 1998, S. 166; Übers.: »Ein Pesthauch schwachsinniger Habgier durchdrang alles wie der Geruch, der von einer Leiche ausgeht«. Joseph Conrad: Herz der Finsternis. Aus dem Engl. und mit einem Nachw. von Reinhold Batberger. Frankfurt a. M. 2002, S. 48
83Peters, wie Anm. 65, Vorwort, o. S.
84Ebd.
85Emin Pascha, wie Anm. 32, S. 185


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