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EINLEITUNG



Der unverwüstliche Karl May

"Durch die Wüste und so weiter", so nannte Volker Klotz 1962 seinen May-Essay1, und im selben Jahr wurde "Der Schatz im Silbersee", der erste der zehn May-Filme mit Pierre Price und Lex Barker, uraufgeführt.

   "Durch die Wüste und so weiter" gilt gleichermaßen für die May-Erfolgstrends auf den Gebieten der Literatur, des Films, des Fernsehens, Bühne und Forschung.

   1962, mit dem 120. Geburts- und dem 50. Todestag Karl Mays, begann eine "May-Renaissance" von gigantischem Ausmaß. Bereits im nächsten Jahr hatten die eigenen und die Lizenz-Ausgaben des Karl-May-Verlages die Erfolgsziffer von 25156000 Bänden erreicht2. Mit dem 50. Todestag war auch der verlagsrechtliche Zeitpunkt gekommen, in Konkurrenz zu Bamberg die nunmehr frei gewordenen Werke in ursprünglicher Fassung3 oder neu bearbeitet4, auf den Markt zu bringen.

   May erschien in Heftchen-5 und Comicsform6, kam in




1In: Akzente, Heft 4/1962. Wieder abgedruckt in: Trivialliteratur. Hrsg. v. Gerhard Schmidt-Henkel u. a., Berlin, Literarisches Colloquium 1964.
250 Jahre Karl-May-Verlag. Bamberg 1963.
3In erster Linie zu nennen die 74bändige Ausgabe des Pawlak Verlags, Herrsching.
4Z. B. die von Peter Korn neubearbeiteten Bände im Mosaik-Verlag, Hamburg.
5Z. B. im Regensburger Verlagshaus Fritz Vogl.
6U. a. bei: Condor Print & Verlag, Frankfurt; Walter-Lehning-Ver-



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die Warenhäuser7, wie längst auch schon in die Buchgemeinschaften8, und die Verlage Olms, Graff, der Rissener Verlag, der Karl-May-Verlag wetteiferten mit Reprintausgaben, wobei der bei Olms erschienene vollständige Text der Autobiographie "Mein Leben und Streben" einen Markstein der Forschung darstellt9.

   Alles in allem sind die Werke Karl Mays heute in mehr als 50 Millionen Exemplaren verbreitet10, nicht mitgerechnet die zahlreichen Übersetzungen: 431 Titelnennungen allein von 1965 bis 197111, May wurde ins Französische, Holländische, Tschechische, Schwedische, Ungarische, Englische, Slowakische, Rumänische, Polnische, Slowenische, Kroatische, Serbische, Italienische, Litauische, Portugiesische, Dänische, Spanische, Finnische, Norwegische, Georgische, Bulgarische übersetzt. Ferner erschienen Auszüge aus Karl May in Volapük und in Blindenschrift12. Derzeit erscheinen The Collected Works of Karl May in Amerika, May wird dem US-Publikum vorgestellt als "der deutsche Bestsellerautor von mystischen und abenteuerlichen Romanen, dessen Pazifismus Einstein und Hesse beeinflußte13".




lag [Walter-Lehning-Verlag], Hannover; EHAPA-Verlag, Stuttgart; Europress-Verlagsanstalt, Schaan/Liechtenstein; Verlag Erich Pabel, Rastatt i. B.; Unipart-Verlag, Stuttgart. Dazu: Graff-Anzeiger, Heft 4/1975.
7Z. B. die "Original-Textausgaben" aus der Xenos-Verlagsgesellschaft, Hamburg.
8Donauland, Deutscher Bücherbund, Deutsche Buchgemeinschaft, Europäischer Buchklub haben Karl May in ihre Auswahl aufgenommen.
9Dazu: Arnold Busch: Karl Mays Werke als Reprintausgaben. In: Graff-Anzeiger 3/1975. Ferner: Die Bücherkiste aus Schwinge, Nr. 6, Sonderausgabe Karl May, S. 9 ff. Ekkehard Bartsch, Antiquariat und Versandbuchhandel, 1977.
10MgKMG 27/1976, S. 28.
11Die Zeit, 10.10.1974.
12Näheres bei E. Kainz, a. a. O. S. 64 ff. und 103 ff.
13Inform, Dezember 1978.



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   Doch wieder zurück in den deutschsprachigen Raum! Hier wird die Karl-May-Leserschaft, die sich seit dem Erscheinen des ersten Bandes der Gesammelten Werke gebildet hat, auf 175 Millionen Leser geschätzt14.

   Auch demoskopische Untersuchungen belegen die ungebrochene Beliebtheit Karl Mays. Aus vielen anderen Beispielen mit ähnlichen Ergebnissen seien zwei österreichische Leserbefragungen herangezogen, die mehr als zwei Jahrzehnte auseinanderliegen, die erste vom österreichischen Buchklub der Jugend veranstaltet, die zweite vom Internationalen Institut für Jugendliteratur und Leseforschung, das mit dem Buchklub in personeller und sachlicher Hinsicht eng verflochten ist.

   Im Jahr 1952 bezeichneten von 42743 Volksschülern 839 Karl May als ihren Lieblingsschriftsteller (neben 2199 für "Robinson"), von 48854 zehn- bis vierzehnjährigen Schülern sprachen sich 7087 für Karl May aus (5541 für "Robinson")15. Im Schuljahr 1972/73 wurden 2398 Zehnjährige befragt, und eindeutig steht Karl May als Lieblingsautor mit 400 Nennungen (gefolgt von 280 für Enid Blyton und 260 für Erich Kästner) an der Spitze. Das meistgenannte Lieblingsbuch ist "Winnetou" mit 238 Nennungen (gefolgt von 171 Stimmen für die Fünf-Freunde-Bände der Blyton und vor Lederstrumpf mit 160 Nennungen16.

   Mitverantwortlich für die hohen Nennzahlen der zweiten Untersuchung sind Film und Fernsehen. Die Karl-May-Filme wurden zum Kassenschlager der sech-



14Vgl. JbKMG 1978, S. 276.
15Nach Dr. Richard Bamberger, Jugendlektüre. Bonn: Dürrsche Buchhandlung, und Wien: Jugend und Volk, 1955, S. 43.
16Bamberger, Richard, u. a.: Zehnjährige als Buchleser. Wien: Jugend und Volk, 1977, S. 66 und 69.



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ziger [sechziger] Jahre17. Der ersten Serie von Orientabenteuern im ZDF 1973 folgten wegen der hohen Einschaltquoten weitere Sendungen, und die Karl-May-Filme laufen als Reprisen im TV18. Das Filmgeschäft wirkte wiederum auf den Buchhandel zurück: so kamen einige Titel, darunter natürlich "Winnetou", als Filmbücher auf den Markt19.

   Die Popularität Karl Mays geht auch aus den Besucherzahlen der Karl-May-Festspiele hervor: rund 275000 waren z. B. 1976 nach Elspe gekommen, um "Winnetou" (mit Pierre Brice) zu sehen20. Und 1978 zog "Der Schatz im Silbersee" die Massen junger und alter May-Fans in die Wiener Stadthalle.

   Der Karl-May-Erfolg äußert sich auch noch in anderen Erscheinungen. Karl-May-Quartette und Karl-May-Puzzlebilder, Filmkalender, Sammelbildserien, Postkarten und Plastikfiguren sind auf dem Markt, Dias, Tonbänder und Winnetous Silberbüchse werden angeboten. Doch genug der Erfolgskuriosa am Rande! Besorgte May-Forscher sprechen ohnehin längst von "Eskapaden der Warengesellschaft", "von Heftchenhaufen über Spielzeug, Waffen, Schokolade und den Plattschall der Phonoindustrie bis hin zum Filmgefummel, das nach May sich nennt21".

   Daß der beispiellose Erfolg des wahrlich unverwüstlichen Karl May nicht nur als Ware, sondern auch als seriöse Forschungsarbeit zu Buche schlug, wird im folgenden Kapitel zu zeigen sein.




17Dazu: Hansotto Hatzig: Die Karl-May-Filme, 1.-5. Teil, in: MgKMG 9/1971 bis 13/1972.
18Dazu: Michael Petzel: Karl May im Fernsehen, 3 Teile, in: MgKMG 24 bis 26/1975.
19Praesentverlag, Gütersloh, und Phoenix-Verlag, Bern.
20Vgl. Interview mit Pierre Price, in: Kurier tv-Magazin, 28. Mai 1977.
21Hans Wollschläger: Karl May. Zürich: Diogenes 1976, S. 7.



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Aufgabe, Methoden, Material und Gliederung


Das Ausmaß eines Erfolges in dieser Breite, mit dieser Nachhaltigkeit, aber auch, wie aus Hunderten von Leserstimmen hervorgeht, mit dieser Tiefenwirkung, gibt zu denken. Wodurch konnte dieser Schriftsteller solchen Staat machen, einen Staat, wie gesagt, von 175 Millionen Lesern? Aus welchen Quellen und Kräften wurden und werden Werke gespeist, die eine derartige Faszination auszuüben vermögen?

   Es geht um das Warum der Massenwirkung. Aufgabe ist die Klärung der Erfolgsgründe Karl Mays22. Diese sollen sine ira et studio aus dem Werk, seinen Voraussetzungen und Begleiterscheinungen herausgeholt werden. Streben nach Objektivität erscheint um so wichtiger, als die bisherige May-Forschung gezeigt hat, daß ideologische Vorurteile allzuoft dem Urteil und den Tatsachen im Wege stehen. Freilich müssen, um der Aufgabe gerecht zu werden, auch sittliche Aussagen über die Absichten, politische über die Ansichten, ästhetische über die literarische Durchführung und pädagogische über die Wirkung Karl Mays herangezogen werden.

   Die Untersuchung schließt zwar Werk- und Produktionsanalyse ein, begnügt sich aber nicht damit, sondern setzt sie mit den Rezeptionsbedingungen und Rezeptionsweisen in Beziehung. Somit liegt die Untersuchung im Schnittfeld verschiedener Wissenschaftsbereiche,



22Schon 1930 schreibt Paul Rilla: "Von seiner Wirkung, von seinem Publikum her ... gehört Karl May zu den interessantesten literarischen Erscheinungen der letzten fünfzig Jahre. Wer heute daran geht, diese Wirkungen und Voraussetzungen systematisch zu untersuchen, braucht sich nicht mehr zu entschuldigen. Er leistet wichtige Arbeit." (Karl May - Leben und Traum, Breslauer Neueste Nachrichten vom 22.12.1930).



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deren spezielle Fragestellungen, Vorgangsweisen und Ergebnisse zu berücksichtigen waren.

   Zunächst Wissenschaftsbereiche, die sich, der alleinigen Beschäftigung mit elitärer Literatur überdrüssig, mit Massenliteratur befassen. 1964 lenkte Schmidt-Henkel die Aufmerksamkeit der Literaturwissenschaftler auf die Probleme der Trivialliteratur23, und Gustav Sichelschmidt veröffentlichte 1969 eine Geschichte der deutschen Abenteuerliteratur24. 1973 unterbreitete Jochen Greven "Grundzüge einer Sozialgeschichte des Lesers und der Lesekultur25". Und 1977 erschien das Standardwerk "Volk ohne Buch - Studien zur Sozialgeschichte der populären Lesestoffe 1770-191026".

   Inzwischen hat sich auch eine eigene "Bestsellerforschung" herausgebildet; Werner Faulstich faßte 1978 ihren aktuellen Stand zusammen27. Bestsellerforschung wird auch im großen Rahmen der "Massenkommunikationsforschung" betrieben. Einen guten Überblick gibt Dieter Prokop in dem Reader über Produktanalysen und Rezipienten: Inhalte und Formen populärer Produkte werden zu den Bedürfnissen, Interessen und Erfahrungen des Publikums in Beziehung gesetzt28.


23Schmidt-Henkel, Gerhard, u. a. (Hrsg.): Trivialliteratur. Berlin: Literarisches Colloquium, 1964.
24Sichelschmidt, Gustav: Liebe, Mord und Abenteuer. Eine Geschichte der deutschen Unterhaltungsliteratur. Berlin: Haude & Spener, 1969. (Zu Karl May, S. 204 ff.).
25Greven, Dr. Jochen: Grundzüge einer Sozialgeschichte des Lesers und der Lesekultur. - In: Lesen - Ein Handbuch. (Hrsg.) von Alfred Clemens Baumgärtner. Hamburg: Verlag für Buchmarktforschung, 1973.
26Schenda, Rudolf: Volk ohne Buch. Studien zur Sozialgeschichte der populären Lesestoffe 1770 bis 1910. dtv 4282, 1977.
27Faulstich, Werner: Der aktuelle Stand der Bestsellerforschung. In: Bertelsmann Briefe, Oktober 1978, S. 37 ff.
28Prokop, Dieter (Hrsg.): Massenkommunikationsforschung 3: Produktanalysen. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1977.



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   Neben dieser soziologischen Literaturbetrachtung konsolidierte sich eine Literaturpsychologie. Norbert Groeben etwa stellte die Fragenkomplexe einer psychologischen Produktionsanalyse und einer psychologischen Werkinterpretation eindrucksvoll dar. Er setzte sich dabei auch mit der Anwendung tiefenpsychologischer Verfahren auf Literatur kritisch auseinander29.

   Von der Literaturpsychologie führt der Weg zum Leser und zur Frage der Buchwirkung. Hier sind besonders die Arbeiten von Alexander Beinlich30 und Hans E. Giehrl31 zu nennen, dann die Beiträge von Dahrendorf32, Liebhart33 und Kühnel34. Kühnel wies besonders darauf hin, welche Bedeutung dem "realen Leser" mit seinen Reaktionen für die Wirkungsforschung zukommt. Hieraus folgt der Wert von empirisch-statistischen Untersuchungsergebnissen und von Zeugnissen einzelner Leser.

   Die Umfragemethode wurde frühzeitig auch vom Karl-May-Verlag angewendet. Der Vorteil dieser Art der Verhaltens- und Meinungsforschung liegt in der Erfas-



29Groeben, Norbert: Literaturpsychologie. Stuttgart: Kohlhammer, 1972.
30Beinlich, Alexander: Die Entwicklung des Lesers, und: Zu einer Typologie des Lesers. In: Lesen - Ein Handbuch.
31Giehrl, Hans E.: Der junge Leser. Einführung in Grundfragen der Jungleserkunde und der literarischen Erziehung. Donauwörth: Auer, 2. Aufl. 1968. - Vgl. dazu auch Greven, Dr. Jochen: Grundzüge einer Soziologie des heutigen Lesers. In: Lesen - Ein Handbuch.
32Dahrendorf, Dr. Malte: Literarische Wirkung und Literaturdidaktik. - In: Lesen - Ein Handbuch.
33Liebhart, Dr. Ernst: Ergebnisse, Probleme und Methoden der Wirkungsforschung. In: Lesen - Ein Handbuch. Dazu auch: Lerg, Wilfried B.: Wirkungsforschung im Widerstreit. In: Bertelsmann Briefe, Januar 1979, S. 25 ff.



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sung [Erfassung] breiter Leserschichten35. Ihr zur Seite tritt die Beachtung und Auswertung von Einzelaussagen, sowohl vom Autor als auch von Lesern36. Eine solche Selbstbeobachtung wird, auf May bezogen, häufig zur Rückerinnerung an die eigene, frühere Lektüre während eines bestimmten Alters37. Die Fremdbeobachtung bietet eine andere Möglichkeit, Aussagen über individuelles Leseverhalten zu gewinnen. Sie schließt zum Teil die subjektiven Fehlerquellen der Selbstbeobachtung aus: Der Beobachter ist nur das Medium, das Sprachrohr für die Leseneigungen38.

   Bedeutendes hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten auch im engeren Bereich der May-Forschung getan. Dissertationen wurden geschrieben39, Hans Wollschlägers und Thomas Ostwalds May-Biographien erschienen und liegen bereits in 2. Auflage vor40.1978 brachte Olms



34Kühnel, Walter: Die Entdeckung des Lesers. Wege der Literatur-und Kommunikationswissenschaft zu einer Buchwirkungsforschung. In: Buch und Lesen, hrsg. v. d. Deutschen Lesegesellschaft, Bonn, 1978.
35Zu Aufgabe, Methode und Ertrag siehe: Gerhard Unholzer: Komrnunikationsverhalten und Buch. 2 Teile. In: Bertelsmann Briefe 96/1978 und 97/1979.
36Vgl. Elisabeth Lippert: Der Mensch als Leser. In: Begegnung mit dem Buch. Ratingen: Aloys Henn, 1950, S. 59.
37Vgl. Heiner Schmidt: Die Lektüre der Flegeljahre. Duisburg-Beeck, 1954, S. 46.
38Schon Charlotte Bühler stützt sich in ihrer Untersuchung "Das Märchen und die Phantasie des Kindes", Leipzig 1918, auf die Beobachtungen von Eltern, die diese an ihren zuhörenden oder lesenden Kindern gemacht haben.
39U. a. Ingrid Bröning: Die Reiseerzählungen Karl Mays als literaturpädagogisches Problem. Ratingen: A. Henn, 1973. - Gertrud Oel-Willenborg: Von deutschen Helden. Eine Inhaltsanalyse der Karl-May-Romane. Weinheim: Beltz, 1973. - Schmiedt, Helmut Heinrich: Karl May, Studien zu Leben, Werk und Wirkung eines Erfolgsschriftstellers. Königstein/Ts.: Hain, 1979.
40Wollschläger bei Rowohlt bzw. Diogenes, Ostwald bei A. Graff.



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den Großen Karl-May-Bildband heraus; er enthält u. a. die Abbildungen der diversen Werkausgaben aus Mays Lebzeiten41. Auch die lange erwartete Reprintausgabe der Autobiographie liegt vor, Hainer Plaul hat den ebenso kenntnis- wie detailreichen Anhang verfaßt42.

   Außer dem Karl-May-Verlag gibt es heute noch andere Institutionen, die sich um den Schriftsteller und sein Werk bemühen: den Verein der Freunde der Volksliteratur43, den Arbeitskreis klassische Abenteuerliteratur44 und die Karl-May-Gesellschaft. Besonders sie gab der May-Forschung Auftrieb und Grundlagen mit den seit 1970 erscheinenden Jahrbüchern, den Mitteilungen einschließlich der Beilage Inform, mit ihren Sonderheften, Erstdrucken und Materialienbänden45. Auch der Karl-May-Verlag war nicht untätig. Er brachte u. a. Beiträge zur Karl-May-Forschung heraus46 und beteiligte sich am Zustandekommen einer neuen Folge der Karl-May-Jahrbücher. Das erste erschien 1978 und enthält u. a. den Beitrag Anton Haiders "Karl Friedrich May - Grundriß einer Biographie nach den literarischen 'Spiegelungen'"47.

   Aus den angeführten Aktivitäten der Forschung und



41Klußmeier, Gerhard, und Hainer Plaul (Hrsg.): Karl May. Biographie in Dokumenten und Bildern. Hildesheim: Olms, 1978.
42May, Karl: Mein Leben und Streben. Hildesheim: Olms, 1975. Das Buch wurde kurz nach seinem Erscheinen 1910 verboten und galt als Rarität. Den ursprünglichen Text bringt inzwischen auch Band 74 der Pawlak-Ausgabe.
43Mit dem Sitz in Graz. Mitgliederzeitschrift: Blätter für Volksliteratur, 1962 ff.
44Abgekürzt AKKA, 1975 gegründet, Sitz in München.
45Dazu: Erich Heinemann: Karl-May-Forschung und Karl-May-Gesellschaft. In: JbKMG 1978, S. 292 ff.
46Siehe unter Forst-Battaglia, Hatzig und Maschke im Literaturverzeichnis.
47In Gemeinschaft mit dem Verlag A. Graff, 1. Band, 1978.



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der Publizistik ergibt sich für das Quellen- und Literaturverzeichnis eine Dreiteilung.

1.Für die Ergründung des Erfolgs wurden diejenigen Bände bevorzugt, die von der Statistik als Bestseller ausgewiesen werden, also vor allem die Werke der zweiten Schaffensperiode, von denen Forst-Battaglia sagt, sie "könnten ... von einem vielreisenden Gelehrten stammen, der zu sein Karl May so lange vorgegeben hat, bis er selbst an diese seine Maske glaubte"48. Die Bände der 1. und der 3. Periode49 sowie die sogenannten Münchmeyer-Romane wurden nur dann herangezogen, wenn dies zur Erklärung oder Beweisführung erforderlich war.



48In: Karl May, ein Leben - ein Traum, Zürich: Amalthea, 1931, S. 34. - Dazu neuerdings Stolte: "Was aber den Ruhm auf sein (Mays) Haupt herabzog, was den eigentlichen Kern seines Schaffens ausmacht, das sind seine Reiseerzählungen, deren Genre erfunden zu haben ohne Zweifel sein großes Verdienst genannt werden muß, wenn anders man ihm ein Verdienst um die Literatur zuerkennen will." In Karl May: Der Große Traum, dtv 1034, 1974, S. 18.
49Vgl. Jürgen Hein: Die "Erzgebirgischen Dorfgeschichten". Zum Erzähltyp "Dorfgeschichte" im Frühwerk Karl Mays. JbKMG 1976, S. 47 ff.
Zum Alterswerk: Hans Wollschläger: Das "Hohe Haus". Karl May und das Reich des Silbernen Löwen. JbKMG 1970, S. 118 ff. - Ekkehard Bartsch: "Und Friede auf Erden!" Entstehung und Geschichte. JbKMG 1972/73, S. 93 ff. - Hansotto Hatzig: Et in terra pax - Und Friede auf Erden. Karl Mays Textvarianten. JbKMG 1972/73, S. 144 ff. - Hans Wollschläger: Das "eigentliche Werk". Vorläufige Bemerkungen zu "Ardistan und Dschinnistan." JbKMG 1977, S. 58 ff. - Ekkehard Bartsch: Ardistan und Dschinnistan. Entstehung und Geschichte. JbKMG 1977, S. 81 ff. - Ekkehard Koch: Winnetou, Band IV. Versuch einer Deutung und Wertung. 2 Teile, JbKMG 1970, S. 134 ff. und 1971, S. 269 ff.
50Dazu: Heinz Stolte: "Waldröschen" als Weltbild. Zur Ästhetik der Kolportage. JbKMG 1971, S. 17 ff. - Gert Ueding: Karl Mays "Waldröschen". Sonderheft 1972 d. KMG. - Volker Klotz: Woher, woran



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ursprünglichen Text wiedergibt, oder die bekannten "grünen Bände". Auf der einen Seite bot sich die originaltreue Pawlak-Ausgabe an51. Doch war zu bedenken, daß es sich ja nicht um eine historisch-philologische Untersuchung handelt, sondern um die Ergründung des Erfolgsphänomens, bezogen auf die konkreten, wirkungstragenden Bände. Dies sind die Bände 1 bis 33 der Fehsenfeld-Ausgabe und die Bände 34 bis 65 des Karl-May-Verlags vor dem Zweiten Weltkrieg. Sie enthalten die objektiven, durch spätere Bearbeitungen unbeeinflußten Erfolgsfaktoren und präsentieren in dieser Hinsicht "den echten Karl May", während die Textkorrekturen des Karl-



und wodurch rührt "Der verlorene Sohn"? Zur Konstruktion und Anziehungskraft von Karl Mays Elendsroman. JbKMG 1978, S. 87 ff. - Walter Illmer: Karl Mays "Deutsche Herzen und Helden". Sonderheft 1977 d. KMG. - Helmut Schmiedt: Zur Dialektik der Aufklärung in Karl Mays Kolportageroman "Deutsche Herzen - Deutsche Helden". JbKMG 1978, S. 142 ff.
51Ekkehard Bartsch: Karl-May-Reihe bei Pawlak vollständig erschienen. In: Inform 25/1978, S. 5 ff. - In derselben Nummer stellt die Redaktion von "Inform" fest, "daß hier eine weitestgehend originale, für den Forscher brauchbare und zitierfähige Ausgabe vorgelegt wird". (S. 7). Anschließend gibt die Redaktion eine Zuordnung der Titel der Pawlak-Ausgabe (siehe Literaturverzeichnis!) zu den alten Titeln und Ausgaben: Die Titel der Bände 1 bis 39 folgen den Titeln der Fehsenfeld- bzw. Union-Ausgaben. Auf die Union-Ausgaben gehen folgende Bände zurück: 5, 10, 11, 26, 32 und 36. Bei Band 11 (Die Helden des Westens) handelt es sich um den "Sohn des Bärenjägers". Bd. 40 (Im fernen Westen) enthält: "Old Firehand, Inn-nu-woh", "Der Ölprinz", "Der Gitano", "Wanda". Bd. 41 (Unter heißer Sonne) enthält: "Ein Kaper", "Der Pfahlmann", "Eine Befreiung", "Der Kutb", "Schamah", "Merhameh". Die Bände 42 bis 72 umfassen die gesamte Münchmeyer-Reihe: 42 bis 48 "Das Waldröschen", 49 bis 54 "Deutsche Herzen - deutsche Helden", 55 bis 59 "Die Liebe des Ulanen", 60 bis 65 "Der verlorene Sohn", 66 bis 72 "Der Weg zum Glück". Bd. 73 (Der Dukatenhof) enthält "Erzgebirgische Dorfgeschichten", Bd. 74 folgt wieder dem Titel der Fehsenfeld-Ausgabe.



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May-Verlags [Karl-May-Verlags] nach dem Zweiten Weltkrieg den Schriftsteller noch lesbarer und beliebter machen wollen. Oder mit den Worten des Verlagsleiters Joachim Schmid: "Ich meine, daß wir die Werke Karl Mays in unserem Verlag nicht allein für Forschungszwecke herausgeben und betreuen, sondern um die Lesergemeinde Karl Mays mit Literatur, die ihr angenehm ist, zu versorgen52."
Im Literaturverzeichnis wird sowohl die "grüne Serie" als auch die Pawlak-Ausgabe geführt.
2.Die Karl-May-Sekundärliteratur wird, um den Fortschritt seit dem Jahr 1954 deutlich zu machen, zweiteilig geboten: der Liste der ersten Auflage dieser Untersuchung schließt sich eine bis zur Gegenwart reichende Folgeliste an53.
3.Aus demselben Grund erscheint auch das Verzeichnis des leserkundlichen Schrifttums in zwei Teilen. Dadurch sollte auch etwas vom historischen Stellenwert der Erstauflage bewahrt bleiben: 1954 war eben manches Pionierarbeit, was heute die Spatzen von den Dächern pfeifen.
Über die angeführten Werke hinaus wurden, zum Großteil aus dem Archiv Patsch, über 8000 Zeit-



52Zitat aus "Inform" 23/1978, S. 2. Über den Inhalt der Gesammelten Werke gibt Bd. 34 (Ich) Aufschluß. Die bisher auf 73 Bände gediehene Bamberger Ausgabe setzt die 1910 aus 33 Titeln bestehende Fehsenfeld-Ausgabe (Ausgabe letzter Hand) fort. Die Werke wurden bearbeitet, von ethnographischen und sprachlichen Fehlern, kompositorischen Weitschweifigkeiten und stilistischen Schwächen befreit, damit freilich auch in ihrem authentischen Wert gemindert. Zur Bibliographie der Erstdrucke siehe Wollschläger, Karl May, 2. Aufl. 1976, S. 208 ff. und Graff-Anzeiger 1 und 2/1974.
53Zu Vielfalt und Gliederung des Materials für die May-Forschung siehe Heiner Plaul und Klaus Hoffmann: Stand und Aufgaben der Karl-May-Forschung. JbKMG 1970, S. 181 ff.



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schriftenartikel [Zeitschriftenartikel] und Pressestimmen auf ihren Belang geprüft und zum Teil verwertet.

   Die Gliederung der Arbeit ergibt sich aus der Wichtigkeit des Helden: Unter seinem Gesichtswinkel sieht der Autor die Welt, mit ihm identifiziert sich der Leser, er ist der Maßstab, an dem die übrigen Figuren gemessen werden54. So entstanden die Kapitel: Die Bedeutung des Helden, Der Schauplatz, Die Mitspieler, und aus ihrer Verflechtung ein viertes: Die Handlung. Diese Kapitel berücksichtigen das Ausdrucksstreben des Schriftstellers55 . Da der Ausdruck im Hinblick auf die Leser gestaltet werden muß, schließt ein fünftes Kapitel an: Die Darstellung. Und weil die Leser nicht nur durch auf ihre Bedürfnisse abgestimmte, literarische Gestaltung, sondern durch Mittel gewonnen werden wollen, die außerhalb des Werkes stehen, wurde ein Kapitel: "Äußere Gründe des Erfolges" vorangestellt. Innerhalb der Kapitel werden die objektiven Motive des Werkes den seelischen Erlebnissen der Leser zugeordnet.



54Vgl. Friedrich Spielhagen: Beiträge zur Theorie und Technik des Romans. Leipzig: L. Staackmann, 1883, S. 72 f., und Tzvetan Todorov: Die Kategorien der literarischen Erzählung. In: Heinz Blumensath (Hrsg.): Strukturalismus in der Literaturwissenschaft. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 1972, S. 263 ff.
55Zum Problem der Ausdrucks- und Gestaltungsfaktoren im Kunstschaffen vgl. Müller-Freienfels, a. a. O., II. Bd., S. 55 ff.




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