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ERICH HEINEMANN


Ijar und Yussuf el Kürkdschü · Joseph Kürschner, Karl May und der Deutsche Literaturkalender




Auch war mein persönliches Verhältnis zu Professor Kürschner ein derartiges, daß es zwischen uns der von Ihnen erwähnten »Zeichen« nie bedurfte.1



Wer mit Ijar, dem im ganzen Morgenland bekannten Teppichweber, und wer mit Yussuf el Kürkdschü, dem ebenso berühmten Musannif gemeint ist, das ist dem Kenner von Karl Mays Biographie kein Rätsel mehr. Ijar ist das türkische Wort für den Monat Mai, der Kürkdschü ist ein Pelzhändler oder Kürschner, und der Musannif ist ein Schriftsteller. Im Jahre 1901 bediente sich May in einer Gleichnis-Erzählung, die (erst nach seinem Tode) unter dem Titel ›Der Zauberteppich‹ veröffentlicht wurde2, dieser Namens-Verschlüsselung, um in Form eines orientalischen Märchens seine Beziehung zu Joseph Kürschner zu schildern und Rechenschaft abzulegen über die Entstehung seiner Erzählung ›Et in terra pax‹, die Kürschner im Rahmen seines großen Sammelwerks ›China‹ abdruckte.


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Der Geheime Hofrat und Professor3 Joseph Kürschner, ein rühmlichst bekannter. . . Bibliograph4, war zweifellos eine bedeutende Persönlichkeit im Literaturbetrieb des ausgehenden 19. Jahrhunderts und ist noch heute durch den nach ihm benannten ›Deutschen Literaturkalender‹5 für alle diejenigen, die mit Literatur zu tun haben, ein Begriff. Sein Wahlspruch: »Welcher der Zeit dient, der dient ehrlich.« Sein Signum: die Schreibende Hand6. Auch in Leben und Werk Karl Mays spielte Kürschner eine bedeutende Rolle. Ekkehard Bartsch hat die Beziehungen May-Kürschner im Zusammenhang mit der Entstehung des Romans ›Und Friede auf Erden‹ näher untersucht.7 Eine Spezialabhandlung, die den gesamten Komplex aufarbeitet, vor allem auch das biographische und bibliographische Material des Literaturkalen-


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ders, steht indessen noch aus. Die vorliegende Arbeit unternimmt den Versuch, diesem Mangel abzuhelfen.

   Joseph Kürschner, geboren am 20. 9. 1853 in Gotha, in Windisch-Matrei am 29. 7. 1902, noch nicht 49, einem Herzschlag erlegen, ein früher Vertreter des literarischen Managements, ein Rastloser, von immer neuen Ideen Beseelter, ja Gehetzter, ein genialer Organisator. Aber auch ein merkwürdiger Mann, nicht ungefährlich, in der Erreichung seiner Ziele unnachgiebig.

   Eigentlich gelernter Uhrmacher, begann er mit 19 als Theaterkritiker. 1875 ließ er sich in Berlin nieder, wo er für eine Reihe von Theater- und Literaturblättern tätig war. 1880 wählte ihn Wilhelm Spemann (1844-1910), der bekannte Stuttgarter Verleger, unter Hunderten von Bewerbern als Schriftleiter für seine neugegründete Monatsschrift ›Vom Fels zum Meer‹8 aus. Kürschner machte auf Spemann einen günstigen Eindruck: »Christ, jung, bescheiden, fleißig, den Plan gleich richtig auffassend«9. Der frischgebackene Redakteur erfüllte die in ihn gesetzten Erwartungen glänzend: Schon in den ersten vier Jahren konnte er die Auflage nahezu verdoppeln. In ihrer glücklichen Zusammensetzung von Unterhaltung und Belehrung, »anspruchsvoller literarischer Rundschau und behaglicher Familienzeitschrift stellten diese Monatshefte im damaligen Deutschland etwas völlig Neues dar«.10


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Bei seiner Suche nach geeigneten Mitarbeitern war Kürschner auch auf Karl May, der damals mit seinen Arbeiten im ›Deutschen Hausschatz‹ hervortrat, aufmerksam geworden. In den Jahren 1883 bis 1888 erscheint May zwar nur mit drei kürzeren Reiseskizzen in Kürschners Zeitschrift11, doch lag dies nicht an dem Redakteur, der sich im Gegenteil eifrig um weitere Beiträge bemühte12, sondern am durch anderweitige literarische Verpflichtungen zu stark in Anspruch genommenen Verfasser selbst. In seinem Brief vom 3.10.188613 beschwert sich Kürschner bei Karl May, weil dieser »inzwischen schon wieder für andere Unternehmungen Beiträge geliefert«, ihn aber »mit dem längst Versprochenen noch immer im Stiche« gelassen habe. Dies zeigt, daß der ›Fels‹-Redakteur die Wege seines säumigen Mitarbeiters, den er gern enger an sich gebunden hätte, eifersüchtig überwachte. Im gleichen Schreiben fragt Kürschner an, ob May gegen ein - dem Anschein nach fürstliches - Honorar von tausend Mark pro ›Fels‹-Bogen »einen recht packenden, fesselnden und situationsreichen Ro-


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man« schreiben wolle. Karl May, in bezug auf die Höhe seiner Honorare vom ›Hausschatz‹ nicht eben verwöhnt, sagte wohl zu, konnte aber auch diesmal sein Wort nicht halten.14

   Ein für die Beziehungen May-Kürschner ziemlich bedeutendes Dokument ist der hier besprochene Brief, den Karl May für seine Selbstbiographie auswählte und mit den Worten einleitete: Professor Josef Kürschner, der bekannte, berühmte Publizist, mit dem ich sehr befreundet war . . .15 Auch das dieser Abhandlung vorangestellte Zitat (Mays Entgegnung an Paul Schumann)1 läßt auf ein freundschaftliches Einvernehmen zwischen May und Kürschner - jedenfalls bis zum Erscheinen der Erzählung ›Et in terra pax‹, auf die wir noch zurückkommen - schließen.

   Wenn der von Kürschner erbetene Roman auch nie geschrieben wurde, so scheinen sich im Anschluß an Kürschners Brief die Beziehungen Mays zum Hause Spemann doch merklich belebt zu haben. May erwähnt an anderer Stelle16, er habe sich damals mit Kürschner auf die Gründung einiger neuer Unternehmungen festgelegt, die seine Zeit und Arbeitskraft weitgehend in Anspruch nahmen; gemeint ist hier wohl seine Mitarbeit an der neuen Wochenschrift ›Der gute Kamerad‹, die Spemann zu dieser Zeit ins Leben rief. Und knapp drei Monate nach Kürschners Beschwerdebrief, am 1. 1. 1887, eröffnet Karl May die erste ›Kamerad‹-Nummer mit seiner wohlgelungenen Erzählung vom ›Sohn des Bärenjägers‹. Spemann rühmte später noch oft, »mit welcher unglaublichen Leichtigkeit dieser Erzähler seine Werke schuf«.17

   Wohl hat Kürschner die Verbindung mit Karl May hergestellt, mit der Redaktion des ›Guten Kameraden‹ aber dürfte er, wie Ekkehard Bartsch18 nachgewiesen hat, kaum etwas zu tun gehabt haben. Und vollends war Kürschner nicht der »Gründer« dieses Blattes.19 Spemann sicherte sich schon bald die Mitarbeit des talentvollen Erzählers durch einen Verlagsvertrag20, auf dessen Grundlage Karl May bis zum Jahre 1897 eine Serie von Jugenderzählungen, die zu seinen besten Schöpfungen zählen, lieferte.


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Kürschner war der geborene Enzyklopädiker. Neben der Redaktion der Zeitschrift ›Vom Fels zum Meer‹ und der ›Collektion Spemann‹, einer Hand- und Hausbibliothek, betreute er ab 1881 den von den Brüdern Hart gegründeten ›Deutschen Literaturkalender‹, ab 1882 die ›Deutsche Nationalliteratur‹, ein Mammutwerk, das schließlich auf


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222 Bände anwuchs, und ab 1884 das von Pierer übernommene Konversationslexikon; alle diese Unternehmungen erschienen künftig mit recht unterschiedlichem Erfolg im Verlag Spemann. Spätestens bei den Verhandlungen mit Kürschner wegen der Herausgabe des Piererschen Konversationslexikons sollte Spemann erkennen, mit was für einem gefährlichen, ja unheimlichen Geschäftspartner er sich da eingelassen hatte. Er begegnete Kürschner fortan mit wachsendem Mißtrauen, das leider allzu berechtigt war: Kürschner trat, ungeachtet seines Kontraktes mit Spemann, zur Deutschen Verlagsanstalt Stuttgart als deren literarischer Direktor und Leiter der Zeitschrift ›Über Land und Meer‹ über. Diese Zeitschrift stand in schärfster Konkurrenz zu Spemanns ähnlich betitelter Zeitschrift ›Vom Fels zum Meer‹. Dieser Bruch vollzog sich 1889. Wilhelm Spemann empfand Kürschners Entscheidung als Verrat und hat ihm dies nie verziehen. Er charakterisierte den »Abtrünnigen« so:


»Kürschner ist einer der merkwürdigsten Menschen, die mir je begegnet sind. Er kann eine große Macht ausüben, denn in seiner Weise ist er selbst eine geistige Macht seltener Art. . . Sein Fehler ist sein rücksichtsloser Egoismus, Herrschbegier und Eitelkeit. . . Sprunghaft, launig, dann sentimental, dann wieder knabenhaft - aber eine eminente Arbeits- und Organisationskraft, eine Spürnase wie keine zweite. . .«21


Auch nach dem Bruch mit Spemann blieb Kürschner mit Karl May in Verbindung. Einige kleinere Arbeiten erschienen ohne Verfassername (denn Spemann durfte nichts merken!) in den von Kürschner redigierten Blättern der Deutschen Verlagsanstalt.22 Jedoch schon 1892 schied Kürschner - wiederum im Streit - auch aus diesem Verlag aus.

   Nach einer fast zehnjährigen Pause - 1901 - fragte Kürschner, der sich inzwischen in seine thüringische Heimat zurückgezogen und oberhalb von Eisenach ein schloßähnliches Besitztum erbaut hatte, bei Karl May an, ob dieser ihm ebenso wie zu früheren Unternehmungen nun auch zu einem großen Sammelwerk über China einen erzählenden Beitrag liefern könne. . .23

   Die literaturgeschichtlich höchst interessante Vorgeschichte des Romans ›Und Friede auf Erden‹, der in Kürschners Sammelwerk unter dem Titel ›Et in terra pax‹ erschien, ist schon mehrfach behandelt worden24, so daß wir uns hier nähere Ausführungen sparen können. Dagegen erscheint ein Eingehen auf bestimmte, von der bisherigen Anschauungsweise abweichende oder nicht ausreichend gewürdigte Einzelheiten angezeigt.

   Nicht zutreffend ist die zuerst von Max Finke24 aufgestellte und bis heute auch von Hans Wollschläger25 übernommene Behauptung


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von der »sehr schlechten Handschrift des berühmten Herausgebers«. Der Schriftverkehr zwischen Kürschner und May, so will man wissen, habe sich auf dem Drahtwege abgespielt, da May sich geweigert haben soll, handgeschriebene Briefe von Kürschner zu lesen. Nach Mays eigener Darstellung hat Kürschner nach einem erzählenden Beitrag über China bei ihm angefragt, und zwar telegrafisch, weil ihm die Sache eilte. Ich zögerte nicht, ihm ebenso telegraphisch eine bejahende Antwort zu senden. . .26 Von einer »sehr schlechten Handschrift« ist aber nicht die Rede. Finke bleibt den Beweis für seine Darstellung schuldig. Kürschners Unterschrift im Literaturkalender 1903 (Frontispiz) und andere noch erhaltene Handschriften sprechen sogar eindeutig gegen die Richtigkeit seiner Behauptung.

   Zweifelhaft erscheint ferner der im Schrifttum bisher übereinstimmend vertretene Standpunkt, daß Karl May von Kürschner gezwungen wurde, den Roman abzubrechen. Man halte sich doch an Mays eigene Ausführungen: Ich hatte mich und das ganze Buch blamiert und wurde bedeutet, einzulenken. Ich tat dies aber nicht, sondern schloß ab, und zwar sofort, mit vollstem Rechte.27 Wenn wir diesen Worten folgen, hat der Herausgeber dem Autor (vermutlich sehr eindringlich) nahegelegt, von der »warmherzigen Vertretung des Friedensgedankens« abzugehen und schleunigst auf den Kurs des militanten Sammelwerkes einzuschwenken. Dies aber lehnte Karl May ab. Er beendete seine Mitarbeit. Aber nicht, weil Kürschner ihn zum Abbruch zwang, sondern weil er mit dieser Art von Gong nichts zu tun haben wollte.23 Im Gleichnis vom Zauberteppich2 läßt Karl May den Teppichhändler Yussuf el Kürkdschü zu Ijar, dem im ganzen Morgenland bekannten Teppichweber, nun allerdings die Worte sagen:»Kürze das Werk und füge schnell den Rand hinzu!« Das ist zwar eine unmißverständliche Aufforderung, das Werk abzuschließen, aber letztlich handelt es sich nur um eine Parabel, in der die Vorgänge stilisiert, nicht unbedingt historisch exakt wiedergegeben werden müssen. Die großzügige Geste Ijars, auf eine Bezahlung verzichten zu wollen, hat - wie Ekkehard Bartsch29 ferner feststellte - einige Forscher ebenfalls zu spekulativen Schlußfolgerungen verleitet.

   Noch zum Verhältnis May-Kürschner: Karl May kannte diesen Herrn als einen Mann, dem ich diese eine, gelegentliche Ausgabe meiner Erzählung gut und gern überlassen könne. 30 In der Parabel vom Zauberteppich hält Ijar (May) Yussuf (Kürschner) für einen Kenner seiner Kunst und glaubt, daß er ihm vertrauen könne. Offensichtlich haben sich beide Herren ineinander getäuscht: Kürschner war nicht der Kenner meiner Kunst , für den May ihn hielt31 (und er


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verkannte wohl, daß May »Träger einer großen sittlichen Sendung«32 sein wollte), und May war nicht (nicht mehr) der kriegerische, auf vaterländischem Kurs reisende Erzähler, als welcher er in der Vorstellung Kürschners lebte. Eigentlich hätte Karl May Zweifel daran haben müssen, daß es sich um ein gewiß unbefangenes, rein geographisches Unternehmen handle33, denn es wird ihm kaum entgangen sein, daß Kürschner auch Herausgeber vaterländisch-chauvinistischer Werke war.34 Wie groß aber die Bestürzung, ja der Groll des Geheimen Hofrats und Professors gewesen sein muß, als er die pazifistische Bescherung erkannte, die Karl May ihm da bereitet hatte, ist leicht vorstellbar, zumal nach der Charakterbeschreibung, die Spemann von Kürschner hinterlassen hat.

   ›China‹ war das im wesentlichen letzte Werk, das unter Joseph Kürschners Händen hervorging. Dann kam jener 29. Juli 1902, an dem ihn, den leidenschaftlichen alpinen Sportler, auf einer Wagenfahrt zwischen zwei Bergtouren in Windisch-Matrei (Tirol) der plötzliche Herztod ereilte. Seine umfangreiche Sammlung von Büchern, Zeitschriften, Handschriften und Fotos gelangte, in schönster Ordnung aufbewahrt, vom 30. 5. bis 4.6.1904 bei C. B. Boerner in Leipzig zur Versteigerung.35 Gewiß befanden sich unter den »massenhaften Briefen der Zeitgenossen«36 auch Mitteilungen Karl Mays. Über das Schicksal dieser »mit so vieler Liebe und Sachkenntnis gesammelten Schätze eines deutschen Bibliophilen«37 konnte ich bisher nichts in Erfahrung bringen. Es muß befürchtet werden, daß Kürschners Sammlung in alle Winde zerstreut ist. Wir wünschten uns solche Nachlässe in öffentliche Hände, etwa in die des Deutschen Literatur-Archivs in Marbach.


2


Im Jahre 1879 erschien, von den Brüdern Heinrich und Julius Hart ins Leben gerufen, der erste Jahrgang des ›Allgemeinen Deutschen Literaturkalenders‹.38 Mit dem 5. Jahrgang (1883) übernahm Joseph Kürschner die Herausgabe, und der Erfolg dieses bis in die Gegenwart erscheinenden, inzwischen im 56. Fortsetzungsband39 vorliegenden großen bio- und bibliographischen Nachschlagewerkes »mit Geburts- und Wohnangaben der lebenden Autoren in alphabetischer Reihenfolge«40 ist eng mit dem Namen Kürschner verknüpft. Unter Kürschners Hand wuchs der Umfang vom »schmächtigen Bändchen in Duodez von 122 Seiten«41 zum stattlichen Lexikon mit 1.800 Seiten. Das Schriftstellerverzeichnis beruhte fast ausschließlich auf Mitteilun-


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gen der Verzeichneten selbst.42 Die Angaben können daher in gewisser Weise als deren Selbstdarstellung gewertet werden.


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Bereits im 2. Jahrgang (1880) taucht erstmals auf Seite 137 folgende (knappe) Eintragung auf:


May, Dr. Karl. Journalist, Redakteur.
Hohenstein-Ernstthal in Sachsen.


Von nun an erscheint der Genannte regelmäßig bis zum 34. Jahrgang (1912), seinem Todesjahr, insgesamt also dreiunddreißigmal. Vom 5. Jahrgang (1883) ab werden die Angaben zwar etwas ausführlicher, die Rubrik »Veröffentlichungen« bleibt jedoch unvollständig. Erst 1890 (12. Jg.) und weiter ab 1894 (16. Jg.) wird die Aufzählung der Werke umfangreicher, was mit der steigenden Zahl der Buchveröffentlichungen zusammenhängt, wohl aber auch mit dem steigenden Selbstbewußtsein des Autors. Im 25. Jahrgang (1903) - dem ersten nach Kürschners Tode - streicht der neue Herausgeber H. Hillger die Liste der Veröffentlichungen, die allerdings auch zu beträchtlicher Länge angewachsen ist, und verweist kurzerhand auf das Vorjahr, zumal May den jährlichen Fragebogen wieder einmal nicht zurückgesandt hatte. In den beiden folgenden Jahrgängen beschränkt sich der Herausgeber H. Klenz unter »Veröffentlichungen« auf den Hinweis: »Zahlreiche ›Reiseerzählungen‹ u.a.« und verzichtet auch auf die Angaben »Erz., Völkerkunde« und Sprachen. Zu solchen eigenmächtigen Kürzungen sieht er sich auch wohl durch das gesunkene Ansehen Mays in der Öffentlichkeit berechtigt.

   1906 (28. Jg.) liefert der Autor der Redaktion endlich wieder einmal eigene, wenn auch äußerst kurzgefaßte Angaben, die dann im nächsten Jahr unverändert übernommen werden. Eine ausführliche Bibliographie läßt er 1908 folgen, die auch für 1909 steht. Die letzten Eintragungen, die May wieder ohne eigene Mitteilungen erscheinen läßt, sind von lapidarer Kürze; so schließt der letzte zu seinen Lebzeiten erschienene 34. Jahrgang des Kürschner, ähnlich wie die erste Eintragung, kurz und knapp:


May, Karl. Dresden-Radebeul, Villa Shatterhand
(Hohenstein-Ernstthal 25. 2. 42). V: Zahlreiche
Reiseerzählungen u.a. ( ).


1913 meldet der Kürschner unter den »Toten des letzten Jahres« mit dem 30. 3. 1912 Karl May43.


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Kürschners Deutscher Literaturkalender 1896
(18. Jahrgang) Spalten 820/21


Für den Forscher sind diese 33 Jahreseintragungen, von denen vorstehend eine in Faksimile wiedergegeben ist, jedenfalls aufschlußreich. Sie geben Auskunft über Leben und Werk und besitzen dokumentarischen Wert. Da die Bände von 1880 bis 1912 heute nicht mehr in jeder, selbst größeren öffentlichen Bibliothek vollzählig vorhanden sind, erscheint ihre zusammenfassende Auswertung und Kommentierung zweckmäßig, ja geboten. Die Angriffe der gegnerischen Presse zu Anfang unseres Jahrhunderts stützten sich oft auf Angaben (wie Doktortitel, Geburtsort, Konfession, Sprachkenntnisse), die dem Literaturkalender entnommen waren.



Z u m  D o k t o r t i t e l

Bereits im Kalender von 1880 führt Karl May den Doktortitel (ab 1884 »Dr. phil.«), 1904 jedoch zum letztenmal.

   Er wurde 1898 wegen der Führung dieses Titels behördlich vernommen, gab sich aber weiterhin als Doktor der Philosophie aus. Dem Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts in Dresden legte er 1903 ein von der sogenannten »Deutsch-Amerikanischen Universität« Chicago am 9. 12. 1902 ausgestelltes Doktordiplom zur Prüfung vor. Es wurde nicht anerkannt.44

   Der »Redakteur für Kunst und Wissenschaft am Dresdner Anzeiger«, Prof. Dr. Paul Schumann, der diese und andere umstrittene Angaben im Kürschner mehr polemisch als sachkritisch beleuchtete,45 griff den Streitfall öffentlich auf. May gab in einer ebenfalls öffentlichen Erwiderung, die er in mehreren Dresdner Zeitungen abdrucken ließ,46 den Sachverhalt zwar zu, lehnte es aber kategorisch ab, die Redaktion des »Kürschner« seinerseits zu benachrichtigen, daß sie ihn fortan nicht mehr als »Dr.« zu führen habe; überhaupt nahm er die regelmäßige Unterrichtung des Kalenders nicht sehr wichtig.


D i e  P s e u d o n y m e

Von 1883 bis 1904 werden folgende drei Pseudonyme genannt: Karl Hohenthal47, Ernst von Linden, Latreaumont48; ab 1906 sind alle Pseudonyme jedoch entfernt. Es fällt auf, daß die übrigen, von May verwendeten Verfassernamen49 unerwähnt bleiben. Das Verschweigen des »Kapitän Ramon Diaz de la Escosura«, hinter dem sich May als Verfasser des Romans »Waldröschen« verbarg, hatte Paul Schumann ihm ebenfalls vorgehalten.50 Es sei allerdings begreiflich, spottete er, »denn mit diesem Kolportageroman ist natürlich kein Staat zu machen«. Karl May ging in seiner öffentlichen Entgegnung46 auf diesen Vorwurf jedoch nicht ein.


G e b u r t s o r t

Die Angaben wechseln wie folgt: 1880-1882 Hohenstein-Ernstthal, 1883 Ernstthal, 1884 Hohenstein, 1885 Hohenstein-Ernstthal, 1886-1895 Hohenstein, 1896-1904 Hohenburg, 1905-1912 schließlich Hohenstein-Ernstthal. Tatsächlich wurde Karl May in Ernstthal geboren,51 das am 1.1.1898 mit der Nachbarstadt Hohenstein zu dem Kommunalwesen Hohenstein-Ernstthal vereinigt wurde. Unerklärlich bleibt, warum Karl May die verschiedenen Ortsnamen angibt.

   Ein Ort namens Hohenburg (s. oben) gibt es in der Oberpfalz (PLZ 8451). Nach Schumann45 hat Karl May diesen Ort genannt, »um



Nachforschungen über sein Vorleben zu erschweren«. May führte als Begründung die seinerzeit (1896) bevorstehende Vereinigung der beiden Städte zu einer Stadt an, die den Namen Hohenburg erhalten sollte.52 Der Vorwurf seiner Gegner, er habe mit der falschen Angabe seines Geburtsorts seine Herkunft verschleiern wollen, erweist sich schon auf den ersten Blick als abwegig. Dieser Versuch einer »Verdunkelung« hätte nicht der einfachsten Nachprüfung standhalten können, ihn im Gegenteil erst recht verdächtig gemacht. Zudem hätte es ja nur eines Zurückblätterns in frühere Jahrgänge des »Kürschner« bedurft, um den Widerspruch aufzudecken. Daß Karl May gerade in einer Zeit, nämlich 1896, als er aus seiner bisherigen Zurückhaltung hervortrat, die Spuren nach Hohenstein-Ernstthal unkenntlich gemacht haben sollte, ist in hohem Maße unwahrscheinlich. Nein, er war wieder einmal leichtfertig und voreilig und übernahm Informationen, die ihm zuflogen, ungeprüft und unbestätigt als Tatsachen. Über Mays Mangel an exakter Berichterstattung an Kürschner wird auf diesen Seiten überdies wiederholt eingegangen.


S p r a c h k e n n t n i s s e

Seit 1883 zeigt der Kürschner an: Übersetzt aus dem Arabischen, Türkischen, Persischen, Indianerdialekten. 1899 gesellt sich noch Chinesisch hinzu. Von 1904 ab wird May nicht mehr als Übersetzer ausgewiesen. Als literarischer Übersetzer ist Karl May in den angeführten Sprachen indessen niemals tätig geworden.53 Auch über die außerordentlichen Sprachkenntnisse machte sich Schumann54 lustig. Zumal die Indianerdialekte wies er zurück, da es eine Literatur in diesen Mundarten »ganz wahrscheinlich« nicht gäbe. Karl May warf seinem Gegner Kenntnislosigkeit vor und nannte ihm 14 Verfasser von . . . ganz vorzüglichen Werken46, die für eine indianische Literatur Zeugnis ablegten. - Die Ergänzung mit »Chin.« (1899) stammt nach May nicht von ihm, sondern ist von Kürschner eigenmächtig hinzugesetzt worden, allerdings, wie er betont, mit Recht46.

   Ein Wort verdienen noch die zahlreichen Übersetzungen. Im Kalender 1890 beginnt eine längere Aufstellung von Titeln Mays55, die hauptsächlich in französischer Übersetzung erschienen. Ihre Anzahl überwiegt bis 1894 bei weitem die der deutschsprachigen Veröffentlichungen. Der damalige Benutzer des Kalenders mußte in Verbindung mit den Angaben über die angebliche eigene Übersetzertätigkeit den Eindruck gewinnen, daß es sich bei May vorwiegend um einen Fremdsprachenautor handele. Zu dieser Zeit aber hatte sich Karl May als (deutschsprachiger) Reiseschriftsteller durch die Erzählungen im



›Hausschatz‹ und die Buchveröffentlichungen bei Fehsenfeld bereits einen Namen gemacht.


D e r  K o n f e s s i o n s s t r e i t

Erstmals im Kürschner von 1894 tauchte das konfessionelle Symbol, ein Kreuz, auf und an seiner Stelle ab 1897 ein »k«, das bis 1904 dort seinen Platz behauptete. Es bedeutete, »daß der Betreffende katholischer Schriftsteller ist und zwar in Hinsicht auf seine litterarische Richtung«.

   Diese konfessionelle Kennzeichnung ist schon zu damaliger Zeit auf Ablehnung gestoßen.56 Sie ist von Kürschner 1892 nach dem Erscheinen von Keiters Literaturkalender57 - wohl zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit - eingeführt worden, um den Redaktionen eine Orientierungshilfe zu geben. Nach Kürschner sollte damit nur angedeutet werden, daß »der Betreffende in katholischem Sinne schreibt«, nicht aber, daß er der katholischen Kirche angehöre. Wer auf diese Kennzeichnung keinen Wert lege, könne das »k« auf dem jährlich übersandten Formular einfach wegstreichen.58

   Auch in diesem Falle war es wieder Paul Schumann, der den Hinweis im Kürschner aufgriff:59 »May hat diese Angabe, da ein entgegengesetztes Zeichen fehlt, selbst gemacht! May hat sich selbst als katholischer Schriftsteller ausgegeben!« Dieser Vorwurf, wenn er überhaupt einer sein konnte, trifft nicht den Kern. Denn das erwähnte Zeichen bedeutete im Falle Mays nur soviel, daß er »in katholischem Sinne schreibt«, was durchaus richtig war und von niemandem bestritten werden konnte. May stellte überdies richtig: nicht er sei es gewesen, sondern Kürschner, der das Krenz vor meinen Namen setzte, genau wie bei allen Andern, die er in Heinrich Keiters Kalender57 stehen fand.46 Den von Schumann erhobenen Vorwurf, er hätte sich aus geschäftlichen Gründen als Katholik ausgegeben, wies er empört zurück.

   Gründer und erster Herausgeber des Katholischen Literaturkalenders, in dem Karl May seit 1892 verzeichnet stand, war Heinrich Keiter (1853-1898). Er stand als Redakteur des katholischen ›Deutschen Hausschatzes‹ mit Karl May in enger Verbindung. Für den Hausschatz-Verleger Pustet und seinen Redakteur galt Karl May unbestritten als Katholik.60 Tatsächlich wird es aber Kürschner gewesen sein, der, als er May im Kalender von Keiter entdeckte, das Kreuz vor seinen Namen setzte, und die Darstellung von Ansgar Pöllmann61 geht insofern an den Tatsachen vorbei. May, dem das Kreuz bzw. das »k« nicht entgangen sein konnte, unternahm nichts zu dessen Tilgung,



woraus ihm als im katholischen Sinne Schreibenden jedoch auch kein Vorwurf gemacht werden konnte. Wie er noch im Jahre 1910 bekannte, hielt er es für seine Pflicht, sich im Kürschner als innerlich zum Katholizismus gehörig zu bezeichnen.62 Übrigens tauchte das besagte Zeichen nach dem Streit mit Schumann im Kürschner fortan nicht mehr auf.


W o h n u n g e n

(laut Kürschner)


1880-1883Hohenstein-Ernstthal in Sachsen, Marktstraße 2, I.
Nach der Vermählung (17.8.1880) wohnte das Ehepaar May zunächst in Hohenstein in einer Etage des oberen Marktes.63 Bemerkenswert ist die Angabe Hohenstein-Ernstthal im Kürschner, obwohl diese Ortsbezeichnung erst ab 1. 1. 1898 gültig wurde.51
1884Dresden-Blasewitz, Sommerstr. 7
(ab 7. 4. 1883, vgl. Plaul, Anhang LuStr. 408)
1885Dresden, Prinzenstr. 4
(ab Frühjahr 1884; Plaul a. a. O. 408)
1888Dresden, Schnorrstr. 31
(ab Frühjahr 1887; Plaul a. a. O. 408)
1889Dresden-Kötzschenbroda, Schützenstr. 6, Villa »Idylle«
(ab 1. 10. 1888; Plaul a. a. O. 408)
1892Oberlößnitz b. Dresden
(ab Frühjahr 1890 zunächst Nieder-Lößnitz, Lößnitzstr.11, ab 8.4.1891
Ober-Lößnitz, Nizzastr. 13, Villa »Agnes«; Plaul a. a. O. 408 f.)
1900Dresden-Radebeul, Villa »Shatterhand«
(ab 14.1.1896 Radebeul, Kirchstr.5, Villa »Shatterhand«; Plaul a.a.O. 409)


B i b l i o g r a p h i s c h e  A n g a b e n

Sie sind leider unvollständig und unzuverlässig. Laut Kürschner 1884 sollen die ›Geographischen Predigten‹ bereits 1880 in der dritten Auflage vorliegen. Soweit bis heute bekannt, erschienen die ›Predigten‹ nur im ersten (und einzigen) Jahrgang der Zeitschrift ›Schacht und Hütte‹ 1875/76. Dieser Jahrgang befand sich (in einem nicht ganz kompletten Exemplar) auch in Karl Mays Bibliothek und wurde von ihm im Rahmen des großen Münchmeyer-Prozesses zu den Akten gereicht.64

   Auffällig das Fehlen der von 1882-87 im Verlag Münchmeyer, Dresden, erschienenen fünf umfangreichen Kolportageromane; ein Umstand, der seinen Gegnern Raum für Spekulationen bot.65

   Wie wenig genau Karl May es mit den Angaben im Kürschner nahm, beweist der Titel ›Durch Wüste und Harem‹. Etwa seit 1896 hieß der



Band ›Durch die Wüste‹66; im Literaturkalender wird aber bis zuletzt der alte Titel beibehalten.

   Die Entwicklung der letzten Jahre schlägt sich auch in dem Vermerk, den er 1906 für den Kürschner schreibt, nieder. Dort heißt es: »V: Zahlreiche figürliche Reiseerzählungen als Vorstudien für seine eigentlichen Werke«. Während in der Kahl-Broschüre67 aus diesen Worten der Schluß gezogen wird, daß May »die für ihn so wichtigen Positionen geräumt hat«, schreibt der Essayist und Schriftsteller Rudolf Kurtz (1884-1960) in einem »Offenen Brief« hierzu: »Gestatten Sie mir noch, die ungewohnte Bescheidenheit zu rühmen, die einen Schriftsteller von umfassender Popularität veranlaßt, in einer fachlichen Notiz seine Werke mit dieser ruhigen Geste inäquater ästhetischer Kritik zu entziehen. . . «68

   Für das Jahr 1908 rafft Karl May sich noch einmal auf und sendet eine umfangreiche Liste seiner Veröffentlichungen ein. Der Titel Winnetou, der seit 1904 ohne den Zusatz der rote Gentleman erscheint69, wird berichtigt. Auch ein nie erschienener Roman wird bibliographisch registriert: Abu Kital70.


In dem 1936 erschienenen Nekrolog zu Kürschners Literaturkalender, umfassend die Zeit von 1901 bis 1935, ist noch einmal über Karl May zu lesen.

   Der Jahrgang 1973 enthält in dem Teil »Literarische Gesellschaften« (S. 1218) folgende Eintragung:


Karl-May-Gesellschaft e.V., 2 Hamburg 72, Swebenbrunnen 8c, Tel.0411/6 43 33 07. - Gegr. 1969. - Pflege und Erforschung des Werkes; Sammlung biographischen Materials; Veröffentlichung noch unbekannter oder unzugänglich gewordener Originaltexte; Überlieferung eines gesicherten, historisch zuverlässigen Bildes von K. M.; Interpretation des künstlerisch-symbolischen Alterswerkes. Herausgabe von Jahrbüchern und viertelj. Mitteilungsblättern. - Mitgl.: 400*. - Vorstand: Prof. Dr. Claus Roxin, Hans Wollschläger, Erich Heinemann, Alfred Schneider, Prof. Dr. Heinz Stolte; Pressereferenten: Kurt Morawietz, Karl Serden.


*Inzwischen mehr als 700 Mitglieder



1Aus dem ›Offenen Brief‹ Karl Mays an Paul Schumann vom 18. 11. 1904 (zitiert nach Jb-KMG 1972/73, 138)
2Von Karl May bezeichnet als Gleichnis für Zieger (Hermann Zieger, Leipzig, Verleger des ›China‹-Werkes). Erstdruck u. d. T. ›Der Zauberteppich‹ in: KMJB 1923, 12 ff., heute GW 48, 317 ff.; vgl. auch Jb-KMG 1972/73, 105 f.
3Nach Wilhelm Kosch, Deutsches Literatur-Lexikon, 2. Bd., Bern 1953, war Joseph Kürschner mit dem Titel eines Professors und Geheimen Hofrates ausgezeichnet.
4Karl May, Und Friede auf Erden, Ges. Reiseerzählungen Bd. XXX, Freiburg (1904), S. 490



5Seit 1925 erscheint zusätzlich Kürschners Gelehrtenkalender (durch Herausnahme der Gelehrten aus dem Literaturkalender).
6Emblem Kürschners, abgedruckt auf der Titelseite des Literaturkalenders 1903, 25. Jg., hsg. von Hermann Hillger. Das Emblem trägt die Jahreszahl 1885.
7Ekkehard Bartsch, Und Friede auf Erden! - Entstehung und Geschichte, in: Jb-KMG 1972/73, 93 ff.
8›Vom Fels zum Meer‹, Spemanns Illustrierte Zeitschrift für das deutsche Haus, 1. Jg 1881. Den Titel erfand Spemanns Freund Johannes Scherr.
9Adolf Spemann, Wilhelm Spemann - Ein Baumeister unter den Verlegern Stuttgart 1943, 150
10Adolf Spemann, a. a. O., S. 151
11vgl. Ekkehard Bartsch a. a. O. 117: ›Christi Blut und Gerechtigkeit‹ (Nov. 1882), ›Saiwa tjalem‹ (März 1883), ›Maghreb-el-aksa‹ (Nov. 1887)
12Kürschner scheint überdies großen Wert darauf gelegt zu haben, Karl May als Abonnenten für seine neue Zeitschrift ›Deutsche Schriftstellerwelt‹ (ab 1.1.1885) zu gewinnen. Die gedruckte Einladung dazu übersandte er ihm im Sept. 1884 mit einem besonderen Anschreiben (Mitteilung von Ekkehard Bartsch).
13Karl May, Mein Leben und Streben (Abk. LuStr), Freiburg (1910) S. 197
14Bartsch (a. a. O., S. 94) vermutet (wohl zutreffend), daß daran die Überbeanspruchung durch Münchmeyer schuld war. Karl May selbst stellt den Zusammenhang allerdings so dar, als ob er sich durch ein Treueverhältnis an Pustet gebunden fühlte (vgl. LuStr 197).
15LuStr 196. Die nach 1910 erschienenen Ausgaben weisen von Auflage zu Auflage Abweichungen auf. So fehlt der wichtige Hinweis Karl Mays, daß er mit Kürschner sehr befreundet war. Selbst der von Karl May abschriftlich wiedergegebene Wortlaut des Kürschner-Briefes vom 3.10.1886 wurde stilistisch überarbeitet. Die neueren Auflagen von GW 34 (mir liegt die Ausg. von 1968, 27. Aufl., vor) halten sich wieder an die Erstausgabe von 1910.
Kürschner schrieb seinen Vornamen Joseph mit ph. Karl May schreibt ihn mit f, selbst bei der Abschrift des o. a. Briefes vom 3.10.1886. Diese falsche Schreibweise ist mindestens bis in die 27. Aufl. von GW 34 übernommen worden (vgl. S. 212; S. 393 der gleichen Ausg. jedoch ph, GW 48, 322 wiederum f).
16Karl May, Frau Pollmer. Eine psychologische Studie (ungedrucktes Manuskript, 1908). Den Hinweis verdanke ich Hansotto Hatzig.
17Adolf Spemann a. a. O. 177
18Ekkehard Bartsch a. a. O. 94
19vgl. Adolf Spemann a. a. O., S. 177. Daß Kürschner Gründer des GK gewesen sei, wird im May-Schrifttum wiederholt behauptet (vgl. GW 34, 27. Aufl., 393).
20Vom 1. 12. 1888. Adolf Spemann a. a. O. 178: »Spemann hatte durch den erwähnten Vertrag ein Vorrecht auf eine große Reihe noch nicht geschriebener Romane unter dem Sammeltitel ›Ein Weltläufer‹, aber er hat diesen Vertrag nicht ausgenützt. . .«
21Adolf Spemann a. a. O., S. 186
22Titel der Zeitschriften: ›Über Land und Meer‹, ›Deutsche Roman-Bibliothek‹ ›Illustrierte Welt‹. Karl May lieferte - laut Ekkehard Bartsch a. a. 0.95 - folgende Erzählungen, die in der erst- und letztgenannten Zeitschrift zwischen 1889 und 1892 erschienen: ›Am Kai-p'a‹, ›Die Rache des Mormonen‹, ›Im Mistake-Cannon‹ und ›Der erste Elk‹.
23Karl May, Und Friede auf Erden, a. a. O., S. 490. Das erwähnte »Sammelwerk« trägt den Titel: »China. Schilderungen aus Leben und Geschichte, Krieg und Sieg. Ein Denkmal den Streitern und der Weltpolitik«, Leipzig-Berlin-Breslau (1901).
24Max Finke, KMJB 1923, 17 ff., Ziffer 8; Heinz Stolte, Das Phänomen Karl May, Bamberg 1969, 24; Hans Wollschläger, Karl May, Reinbek 1965, 87; Ekkehard Bartsch a.a.O. 93ff.
25Hans Wollschläger a. a. O.87; auch die Neuausgabe (Zürich 1976) distanziert sich nicht von Finkes Behauptung.



26Karl May, Und Friede auf Erden, Freiburg (1904). S. 490
27wie 26, S. 491
28In diesem Sinne stellt auch Fritz Maschke, Karl May und Emma Pollmer, Bamberg (1973), 96, den Sachverhalt dar.
29Ekkehard Bartsch a. a. O. 105
30Karl May, Und Friede auf Erden, a. a. O., S. 490
31vgl. Hans Wollschläger a. a. O. 87: May ist demnach seit 1900 »im Lexikon« (gemeint ist sicherlich Kürschners Literaturkalender) als »Kenner« verzeichnet. Auch Bartsch (a. a. O.94) erwähnt, daß Karl May seit Erscheinen des ›Methusalem‹ (1889) als China-Kenner galt und bezieht sich auf die im Literaturkalender 1900 (auch schon 1899) angegebenen chinesischen Sprachkenntnisse.
32Max Finke a. a. O., S. 20
33Karl May, Und Friede auf Erden, a. a. O., S. 491
34z. B. ›Der große Krieg 1870/71‹, ›Heil Kaiser Dir‹, ›Das ist des Deutschen Vaterland‹, ›Deutschland und seine Kolonien‹
35Auktion LXXVIII Bibliothek Kürschner-Eisenach. Vorwort zum 2724 Nummern umfassenden Verzeichnis von August Sauer (nachgedruckt in: August Sauer, Probleme und Gestalten, Stuttgart 1933, S. 211)
36August Sauer a. a. O. 219
37ders. 221
38Verlage: ab 1879 J. Kühtmann, Bremen; ab 1881 H. Fischer, Bremen; ab 1883 W. Spemann, Stuttgart; ab 1890 Selbstverlag des Herausg. J. Kürschner, ab 1894 J. G. Göschen, Leipzig, ab 1922 W. de Gruyter & Co., Berlin.
Herausgeber: ab 1879 Brüder Hart; ab 1883 J. Kürschner; ab 1903 H. Hillger, ab 1904 H. Klenz, 1922 G. Lüdtke und E. Neuner, ab 1924 G. Lüdtke, 1952 F. Bertkau; ab 1958 W. Schuder.
39Bis 1917 (39. Jg.) regelmäßig jährlich, danach in ungleichen Zeitabständen, 1973 als 56. Jg. erschienen.
40Wilhelm Kosch, Deutsches Literaturlexikon (Bern 1953)
41August Sauer a. a. O., S. 214
42Eine Doppelklammer ( ) am Schluß des Artikels bedeutet, daß der Autor (trotz Aufforderung) keine Mitteilung eingesandt hat. Auch bei Karl May finden sich Klammern in den Jahren: 1886, 1887, 1893,1898, 1902,1903,1904,1905,1907 1909, 1911, 1912.
43In Karl Mays Bücherei sind (nach dem Verzeichnis KMJB 1931, S. 212 ff) folgende Jahrgänge vorhanden: 1881, 1884-88, 1903 und 1906.
44Rudolf Lebius, Die Zeugen Karl May und Klara May, Berlin-Charlottenburg 1910, S. 17 ff.
45Dresdner Anzeiger Nr. 315 vom 13. 11. 1904, nachgedruckt bei Lebius a. a. O., S. 236 ff.; vgl auch Jb-KMG 1972/73, 109
46Dresdner Neueste Nachrichten Nr. 317 vom 20.11.1904, ferner »im Inseratenteil mehrerer hiesiger Blätter« (Schumann, Dresd. Anz. Nr. 329 vom 27.11.1904). Lt. Lebius (a. a. O., S. 239) »in sechs Blättern darunter auch dem sozialdemokratischen« (Sächs. Arbeiterzeitung). Der Text dieses »Offenen Briefes« von Karl May ist nachgedruckt im Jb-KMG 1972/73, S. 134 ff.
47Kindlers Literaturlexikon (Ausg. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1974, Ss. 2911, 10239) führt dieses Ps. bei ›Durch die Wüste‹ und ›Winnetou‹ zu Unrecht an; May hat diese Romane nicht unter Decknamen erscheinen lassen.
48Literaturkalender 1905 mit dem Anhängsel »usw.«
49Weitere Pseudonyme: P. van der Löwen, Emma Pollmer, M. Gisela, Kapitän Ramon Diaz de la Escosura (nach: Lexikon deutschsprachiger Schriftsteller, Bd. 3/ L-Sa, Kronberg Ts. 1974, S. 78)
50Wie 45; bei Lebius a. a. O., S. 242
51LuStr S. 8. Anhang Hainer Plaul S. 327 (Hildesheim 1975)
52Diese Angabe bestätigte der Bürgermeister von Hohenstein-Ernstthal. Vgl. Ansgar Pöllmann, Über den Wassern, Münster 1910, S. 168.



53Wegen seiner Bearbeitung von Gabriel Ferrys ›Waldläufer‹ vgl. Mitt. d. KMG Nr. 5, S. 19.
54Schumann a. a. O., ders. im Dresd. Anzeiger Nr. 329 vom 27.11.1904. Bei Lebius a. a. O. Ss. 243, 246
55Einzelne Titel dürften ziemlich unbekannt und schwer nachweisbar sein.
56Vgl. Allg. Literaturbl. (Wien, 1899, Nr 1), zitiert in: Litterarische Beilage d. Köln. Volksztg. Nr. 6 vom 6. 2. 1902.
57Katholischer Literaturkalender Regensburg (1. Jg. 1891), hg. von Heinrich Keiter
58Kürschner in seiner Erwiderung an die Köln. Volksztg. (abgedruckt in der Beilage Nr. 8, 1902).
59Wie 45; bei Lebius a. a. O., S. 241
60Vgl. Antwort auf eine Leseranfrage im »Deutschen Hausschatz« Nr. 43, Juli 1893: »Herr Dr. Karl May ist Katholik.« Bei: G. Klußmeier, Mitt. d. KMG 18, S. 12.
61Pöllmann a. a. O., S. 273. Daß May zunächst im Kürschner und erst ab 1892 in Keiters Literaturkalender erschien, schließt keineswegs aus, daß Kürschner die Konfessionsangabe aus dem Keiter übernahm.
62Wiener Freistatt vom 30. 4. 1910 (vgl. S. 237 dieses Jahrbuches). Über Mays Katholizismus ferner: Pöllmann a. a. O., S.276 ff; Ludwig Gurlitt, Gerechtigkeit für Karl May! Radebeul 1919, 43 f; G. Klußmeier, Mitt. d. KMG Nr. 25, S. 15 ff.
63LuStr S. 195
64Mitteilung von Ekkehard Bartsch. 1916 konnte E. A. Schmid dann vom Verlag Münchmeyer ein vollständiges Exemplar erwerben (vgl. Vorwort zur ersten Buchausgabe, Radebeul 1916, und E. A. Schmid, Wie ich die ›Geographischen Predigten‹ auffand, in: KMJB 1922,97 ff.); heutiger Standort beider Bände: Archiv Karl-May-Verlag, Bamberg.
65Z. B. Ansgar Pöllmann in: Hist.-politische Blätter, Nr. 127 vom 1.6. 1901, S. 826
66Diese Titel-Verkürzung geschah um 1896 durch Mays Verleger Fehsenfeld und ohne Mays vorherige Einwilligung (Mitteilung von Ekkehard Bartsch), später hat May dieser Änderung jedoch ersichtlich zugestimmt und sich den Titel zu eigen gemacht (vgl. Geburtstags-Danksagung 1903 oder ›Winnetou‹-Nachwort 1904); alle späteren Auflagen und auch die von May nochmal überarbeitete Ausgabe letzter Hand (blaue, illustrierte Ausgabe, Freiburg 1907) erschienen unter dem Titel ›Durch die Wüste‹.
67F. W. Kahl, Karl May, ein Verderber der deutschen Jugend, Berlin 1908, S. 19. Über die Hintergründe dieser Broschüre Näheres in: Jb-KMG 1974, 195
68›Der Sturm‹, Berlin, 12. 5. 1910, nachgedruckt in: Jb-KMG 1971 S. 232
69Vgl. Mitt. d. KMG Nr. 11, S. 7
70Im ›Kürschner‹ 1908 erschien sogar eine - offensichtlich von May selbst verfaßte - Anzeige, in der ein zweibändiges Werk ›Abu Kital‹ als »Bedeutende Neuheit« angeboten wird (vgl. auch Arno Schmidt, Sitara, Karlsruhe 1963, 284, Frankfurt 1969, 206). Über dieses verschollene oder nie geschriebene Werk wird einiges in Zusammenhang mit der Entstehungsgeschichte von ›Ardistan und Dschinnistan‹ zu sagen sein.


Nachsatz:


Ich hatte den Karl-May-Verlag Bamberg unter Bezugnahme auf die Vereinbarung vom 16. 9. 1973 (vgl. Jb-KMG 1974 S.14) um Auskunft über etwaige Briefe zwischen May und Kürschner gebeten, blieb aber, trotz mehrmaliger schriftlicher Erinnerungen, ohne jegliche Antwort.





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