//268//

KLAUS-PETER HEUER


Karl May vor dem Turm zu Babylon
Über die polnische Karl-May-Biographie




Leben und Werk Karl Mays sind insbesondere in den letzten beiden Jahrzehnten Gegenstand intensiver Forschung der deutschen Literaturwissenschaft. In der Bundesrepublik Deutschland ist May eines Handbuchs für würdig befunden worden; die ersten Bände einer historisch-kritischen Ausgabe seines Gesamtwerks liegen vor. Im Ausland hingegen, wo er, seit über 100 Jahren mannigfaltig übersetzt, gern gelesen wird, sind seine Lebensgeschichte und sein Schicksal, sind auch Erforschung und Analyse seines Erfolges und seines Werks weitgehend unbekannt. Einige biographische Informationen finden sich in Vor- und Nachworten; umfangreichere Lebensbeschreibungen Mays in Buchform gab es 1923 in der Tschechoslowakei und 1955 in den Niederlanden.

   In einer ersten Auflage von 30 000 Exemplaren ist in Polen ein beachtenswertes Buch über Karl May herausgekommen, eine Anatomie des Erfolges eines Schriftstellers, dessen Werke in polnischer Übersetzung allein bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs eine Auflage von einer halben Million erreicht hatten:


Norbert Honsza, Wojciech Kunicki:
Karol May - Anatomia sukcesu. [.Z]ycie - twórco[´s][´c] - recepcja. (Karl May Anatomie eines Erfolges. Leben - Werk - Rezeption.)
Katowice (Kattowitz) 1986. Wydawnictwo »[´S]l[,a]sk« (»Schlesien«-Verlag). 302 S., 40 S. Bildteil


Die beiden Autoren stellen ihrer Publikation ein Vorwort voran, das deren Zweck nennt: den Nur-Leser wie den weniger oberflächlich Lesenden heranzuführen an die Persönlichkeit und das Schaffen des sächsischen Autors. Natürlich war sich das Autorenpaar klar darüber, daß ein solcher Versuch der Annäherung zwischen Leser und Autor nicht ohne kritische Reflexion, nicht ohne Eindringen in dialektische Zusammenhänge und schon gar nicht ohne literaturwissenschaftliche Analyse gelungen wäre. Sie sagen auch, was sie nicht wollten: es sollte keine Monographie sein mit homogener und umfassender Information.




*Probleme bei der Darstellung von diakritischen Zeichen wurden zunächst dadurch gelöst, daß sie vor den Buchstaben gesetzt wurden, sofern es nicht anders möglich war. Außerdem wurden dann beide Zeichen fett und in [ ] gesetzt. Wenn also ein Sonderzeichen und ein Buchstabe in [] und fett gesetzt sind, sind sie als ein Zeichen zu lesen; die Internet-Redaktion


//269//

   Honsza und Kunicki beginnen die Annäherung sanft. Sie lassen ihrem Vorwort Mays ›Märchen von Sitara‹ folgen, mit dem dieser schon die Leser in seinen Lebens- und Strebensroman hineingeleitet hatte. Kunicki hat das Märchen sorgfältig und poetisch übersetzt. Die zitierten Verse aus ›Babel und Bibel‹ sind gekürzt wiedergegeben. Wohl um den polnischen Leser mit der fremden Begriffswelt Mays nicht zu verwirren, ist der Name Märdistan durch Ardistan ersetzt.

   Wer May nur als Erzähler von Winnetou-Abenteuern und Orienterlebnissen kennt, wird nach der Lektüre des Märchens etwas nachdenklich sein, bevor er im ersten großen Teil des Buchs mit dem Leben des Autors vertraut gemacht wird - ein Effekt, den auch May selbst schon erreichen wollte, als er ›Mein Leben und Streben‹ mit dem Märchen einleitete.

   Die beiden Verfasser haben die Biographie Mays sehr geschickt aufgebaut. Sie liest sich wie ein Quipu. Die Hauptschnur folgt, so gut es geht, der Chronologie der Ereignisse. Daran geknüpft sind die einzelnen Knotenfäden, die, abgeschlossen jeder für sich, jeweils Jahre aus Mays Leben behandeln, die durch gleichartiges Geschehen verknüpft sind, wie die Spanne der Erziehung und Ausbildung, die Haftzeit, die ersten literarischen Versuche, der Weg zum Ruhm, die Popularität in Beliebtheit und Ablehnung, der Einfluß der Frauen, die Orientreise, der Komplex der Freunde, die letzten Jahre, die literarischen Paten. In dieser Lebensdarstellung spiegeln sich die umfangreichen Forschungsergebnisse wider, die Plaul und Wollschläger, Schmiedt und Kainz, Roxin, Stolte und Hatzig erzielt haben - für den polnischen Leser wertvolle, objektive Informationen.

   Der zweite Teil des Buchs öffnet dem Neugierigen den Zugang zu Werk und Werksgeschichte, Handlungsabläufen und Figuren Mays. Wie schon auf die deutschen Karl-May-Forscher üben die Kolportageromane auch auf Kunicki und Honsza große Faszination aus. Diese »Schönheit des Kitsches«, die da May bei aller Mittelmäßigkeit der psychologischen Motivation, trotz Sentimentalität, Pathos und Mißbrauch der Adjektive gelungen ist, wird unter dem Blickwinkel des Geschichtsabschnittes, in dem sie entstanden ist, ausführlich und sinnerschließend sichtbar gemacht. Anerkennung finden Ueding, Klotz und Lorenz, die auf dem Gebiet grundlegende Forschungsarbeit geleistet haben. Von den fünf Kolportageromanen Mays ist nur einer ins Polnische übersetzt worden: das ›Waldröschen‹.

   Die Erzgebirgischen Dorfgeschichten Mays sind in Polen bisher nicht herausgegeben worden. Um so verdienstvoller ist es, daß das Verfasserpaar sich dieser Erzählungen Mays annimmt. Die Bedeu-


//270//

tung, die sie für May selbst hatten mit dem wiederkehrenden Motiv der ungerechtfertigten Beschuldigung und Verurteilung, arbeiten die Verfasser ebenso heraus wie den literarischen Rang im Vergleich zu ähnlichen Stücken Immermanns, Kellers und Stifters; messen sie auch an den Theorien Berthold Auerbachs.

   Die Gestalt des Winnetou hat wohl den Ruhm Mays ganz entscheidend mitbegründet. Folgerichtig untersuchen die beiden Verfasser diese Figur vom ersten literarischen Prototyp bis zum Edelmenschen der Mayschen Symbolik. Sie untersuchen dabei gleichzeitig und zwangsläufig auch die Beweggründe Mays, eine solche Figur zu schaffen. Seine Amerika-Romane kann man ja nicht mit ›Za chlebem‹ von Sienkiewicz vergleichen oder mit Fontanes ›Quitt‹. Winnetou, zunächst ein Wilder, wird zum ›Aristokraten christlicher Religion‹ (so genannt während einer Zusammenkunft von Absolventen eines österreichischen Konvikts im Jahr 1898). Seine für Gold und Reichtum, auch für Reputation gezeigte Verachtung reflektiert die Sehnsüchte und Träume seines literarischen Vaters. Aus Winnetou, dem »Romantiker des Wilden Westens«, ist schließlich die Symbolfigur geworden; mit dieser Wandlung hat auch May die Unterhaltungsliteratur hinter sich gelassen und den Aufstieg zum Symbolschriftsteller vollendet.

   Im Wilden Westen Winnetou - im Orient Hadschi Halef Omar: »Man sieht, daß ich ein echt deutsches, also einheimisches Rätsel in ein fremdes orientalisches Gewand kleide, um es anschaulicher lösen zu können.« Mit diesem leicht gekürzten Zitat aus ›Mein Leben und Streben‹ leitet das Verfasserpaar das Kapitel über Halef ein - Untertitel: ›Unsterbliche Welt der Karnevalskultur‹. Auch diese Figur wird in ihrer Entwicklung vom Vor-Halef, dem Hassan el Kebihr aus ›Die Gum‹, zur ›Anima‹ ihres geistigen Vaters vergnüglich ausgeleuchtet. Ein Spot-light ist dabei auf das Lachen Halefs gerichtet. Es wird gedeutet als später, jedoch deutlicher Reflex der mittelalterlichen Karnevalstradition, als ein für die damalige Weltanschauung typisches Karnevalslachen, das sich in der Literatur beispielsweise in ›Gargantua, Vater von Pantagruel‹ von Rabelais, im ›Lob der Torheit‹ von Erasmus von Rotterdam und in ›Don Quijote‹ von Cervantes manifestierte. Ein erhalten gebliebenes Lachen: über den Harlekin der Commedia dell'arte hat es sich fortgesetzt bis zum deutschen Hanswurst. Honsza und Kunicki fußen hierbei auf den Ideen Michail Bachtins, aufgestellt in dessen Schrift über Francois Rabelais und die Volkskultur des Mittelalters und der Renaissance. Eines glauben sie nicht: daß Halef todt sei, wie May 1909 an das Bayerische Königshaus schrieb. In den Büchern Mays jedenfalls sei er unsterblich.


//271//

   Mit Hermann Hesses Ausspruch: »In dicken Büchern erfüllt er sich alle Wünsche, die das Leben ihm unerfüllt ließ« gehen die beiden Autoren zu einer Analyse der Bedeutung der übrigen Helden der May-Romane über. Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi werden unter Hesses Motto betrachtet: Reisende, deren Erlebnisse, Ausstattungen und Ziele kompensieren, was ihren Schöpfer daheim gefesselt hält. Ihnen beigeordnet ist der »Zauberkreis der Hilfshelden«, nicht so sehr als Helfer des Old-Shatterhand-Kara-Ben-Nemsi, als ausschmückende Nebenfiguren, sondern vielmehr als Auch-Helden mit eigenen Handlungssträngen. Kunicki und Honsza stimmen Volker Klotz zu: Auf dem Abenteuerweg des Helden wachsen Freundes- und Feindesschar nach Schneeballart. Zunächst ohne individuellen Umriß, Statisten, vermögen sie als einzelne wieder zu fesseln, wenn nach und nach ihre Schicksalsrätsel gelöst werden. Eine Charakterisierung Old Shatterhands führt die Gedanken weiter, die Otto Forst-Battaglias Bild vom frisch-fromm-fröhlich-freien Übermenschen, von der Lichtgestalt, dem Sonnen-Ich gezeichnet haben. Sie resümieren am Porträt des alten Old Shatterhand schließlich mit den Thesen Bernd Steinbrinks: Ein Pilger ist dieser Reisende, ein homo viator, der das Ziel der Vervollkommnung sucht in einem Leben unaufhörlicher Wanderung.

   Ein eigenes Kapitel behalten die beiden Verfasser ihrer Untersuchung der Frage vor, die schon Ansgar Pöllmann aufgeworfen hatte, ob nämlich May plagiiert habe. Sie konzentrieren ihr Interesse auf einen ›Lieferanten‹: Gustav Rasch. May kannte mindestens zwei Bücher dieses, so die Autoren, »Demokraten, guten Schriftstellers und Menschen«. May zitiert Raschs Bezeichnung ›dunkles Haus‹ für Strafanstalt in seinen ›Geographischen Predigten‹, in ›Des Kindes Ruf‹ und im 3. Band von ›Old Surehand‹. Gustav Rasch wurde in Berlin um 1820 geboren, studierte vermutlich zunächst Jura, beteiligte sich dann an der Revolution 1848 in Berlin, floh nach Paris, lernte dort Marx, mit dem er sich später überwarf, und Engels kennen, kehrte 1849 nach Preußen zurück, wurde wegen Aufwiegelung zu Festungshaft verurteilt; die Erlebnisse als Gefangener verarbeitete er zu dem Buch ›Aus meiner Festungszeit‹. Gustav Rasch wurde ein berühmter Reiseschriftsteller. Er zeichnete sich durch hervorragende Beoachtungsgabe und lebendige Beschreibungen aus; seine Erzählungen schrieb er als aufmerksamer Tourist, so waren sie spannend zu lesen. Die Schicksale Mays und Raschs ähneln sich: beide saßen im Gefängnis, beide beschäftigte die Situation des Eingeschlossenseins und der Isolierung, beide wünschten aus dem engen Rahmen ihres Milieus zu entkommen. Das allerdings glückte nur Rasch; May hingegen blieb in Sachsen, wo er die Gefan-


//272//

genschaft in Waldheim mit der Sklavenarbeit in der »Boulevardfabrik« Münchmeyers vertauschte, wo Raschs authentische Berichte seine Phantasie unterstützten, seine Flucht aus der grauen Wirklichkeit. Karl May verwendet, so wird am Beispiel seiner Erzählung ›Die Gum‹ gezeigt, auf verschiedene Weise Texte Raschs: Er übernimmt Einzelheiten wie Namen von Straßen, Hotels, Flüssen und Bergen. Er flicht in seinen eigenen Text metaphorische Wendungen und Vergleiche ein. Ab und zu verbindet er Textteile, die bei Rasch an voneinander entfernten Stellen stehen, zu einem - nicht immer sinnvollen - Ganzen. Er ahmt die erzählerischen Sequenzen Raschs nach und modifiziert sie auf seine Weise. Um seine Leser in das exotische Klima einzuführen, schreibt er schließlich ganze Absätze von Rasch ab - wie übrigens auch ein ganzes Gedicht von Freiligrath. Von Raschs politischen, demokratischen und humanitären Ansichten geht bei Mays Umsetzungen natürlich viel verloren, wie ja May überhaupt seinen Kollegen nicht wegen dessen Anschauungen gelesen haben dürfte, sondern um sich Informationen zu holen.

   Die polnischen Leser werden sich fragen, wie May ihr Land und die Polen in seinen Reiseromanen schildert. Eine Antwort gibt das Autorenpaar in einem eigenen Kapitel - eigentlich schon in dessen Untertitel ›Stereotypen und Charaktere‹. In Mays ›Wanda‹, ›Von Bagdad nach Stambul‹, ›Im Reiche des silbernen Löwen‹ (Bände 1, 2 und 4) und im 1. Band ›Satan und Ischariot‹ spielen Polen eine besondere Rolle. Kunicki und Honsza sind zu der Ansicht gelangt, daß Mays Polenbild sich in ›Wanda‹ und ›Von Bagdad nach Stambul‹ an dem Verständnis Polens orientiert, das in der deutschen Literatur seit 1807 aus Zacharias Werners ›Wanda, Königin der Sarmaten‹ sowie aus den ›Polenliedern‹ entstanden war. Mit großer Wahrscheinlichkeit sei vorauszusetzen, daß zwei Gedichte Nikolaus Lenaus, ›Der Maskenball‹ und ›Polenflüchtling‹, auf May großen Einfluß ausgeübt haben; im ›Maskenball‹ die Emigration in die exotische Welt der Freiheit des amerikanischen Urwaldes, im ›Polenflüchtling‹ in die exotische Welt der arabischen Wüste. In ›Satan und Ischariot‹ sowie ›Im Reiche des silbernen Löwen‹ knüpfe May an Gustav Freytags Darstellung des polnischen Revolutionärs und an dessen Bewertung des polnischen Volksbefreiungskampfes in ›Soll und Haben‹ an, wobei jedoch May die Umgestaltung in missionarischem Geiste beabsichtigt habe. An den Geschehnissen um Wanda, um den alten Polen in Bagdad und um den polnischen Juden Jakob Silberstein und dessen Tochter Judith veranschaulichen die Verfasser Vorstellungen vom »polnischen Helden«, Vorstellungen, die geprägt waren teils


//273//

vom romantischen, teils vom spießbürgerlichen Bewußtsein im damaligen Deutschland.

   Den zweiten Teil des Buchs beschließt Mays autobiographische Prosa. ›Mein Leben und Streben‹ wird nach Werksgeschichte und Inhalt ausführlich kommentiert. May gibt sich in seiner Selbstbiographie als Büßer, als Erforscher des eigenen Lebens, als das fabulierende ›Ich‹. Die Autoren sehen ›Mein Leben und Streben‹ in der Tradition der ›Confessiones‹ des hl. Augustinus und von Goethes ›Dichtung und Wahrheit‹, und sie versuchen nachzuweisen, daß eine wichtige ästhetische Tendenz, nämlich der Naturalismus, wesentlichen Einfluß auf das Werk ausgeübt hat. In gleicher Ausführlichkeit wird ›Frau Pollmer, eine psychologische Studie‹ als autobiographisches Prosastück eines sich entblößenden May abgehandelt.

   Die faszinierenden Aspekte der Rezeption des Mayschen Werkes werden im dritten Teil des Buchs detailliert erörtert. Der polnische Leser erfährt nicht nur, in welchem Ausmaß May im Deutschen Reich Kaiser Wilhelms II. Zustimmung und Ablehnung empfing, wie er im Dritten Reich für die Ziele des Nationalsozialismus eingespannt wurde, sondern auch, wie die Entwicklung in Deutschland nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg verlief. Ein ursprüngliches Verbot, eine Renaissance in den achtziger Jahren, die Namen Franz Neumann und Gerhard Henniger, Klaus Hoffmann und Erich Loest, der Umzug des Karl-May-Verlags von Radebeul nach Bamberg kennzeichnen den Werdegang östlich der Elbe. In der Bundesrepublik Deutschland verhelfen die Aktivitäten des Karl-May-Verlags und die Gründung der Karl-May-Gesellschaft zu einer von literaturwissenschaftlichem Forschungseifer geprägten, erfolgreichen und breitgefächerten Beschäftigung mit Mays Leben und Werk und verschaffen May hier, verbunden mit den Namen Claus Roxin und Heinz Stolte, eine außerordentliche Popularität.

   Gebührenden Platz räumen die Autoren der Karl-May-Rezeption in Polen ein. Nachgewiesen sind May-Übersetzungen ins Polnische ab 1908. Die Herausgabe polnischsprachiger Karl-May-Bücher verlief in mehreren Etappen, die chronologisch und sehr eingehend nachgezeichnet werden. Illegale Ausgaben, starke Bearbeitungen und Kürzungen stehen verlegerisch bestens betreuten Editionen gegenüber; Mays und Fehsenfelds Zusammenarbeit mit den polnischen Verlegern wird hervorgehoben.

   Das Buch mündet mit dem dritten Teil in eine Betrachtung der Sekundärliteratur. Die Vielfalt der dargebotenen Meinungen, die so zahlreichen und unterschiedlichen terminologischen und methodologi-


//274//

schen Situationen, der fehlende Uniformismus, der begrüßenswerte Pluralismus sind für das Autorenpaar der Grund, dieses Kapitel ›Mays Turm zu Babel‹ zu nennen. Das könnte ein Titel für das ganze Buch sein.

   Die drei Hauptteile des Buchs werden nicht nur je durch eine überaus umfangreiche Anzahl von Anmerkungen ergänzt - es sind insgesamt über 260 -, sondern ihnen angehängt sind eine Chronik des Lebens und Schaffens Karl Mays und eine bescheiden Auswahl-Bibliographie genannte Auflistung der Sekundärliteraturautoren und ihrer Schriften. Als ›richtige‹ Anhänge finden wir ein Verzeichnis der 74 Gesammelten Werke des Karl-May-Verlags, eine ausführliche Aufstellung der Kolportageromane Mays, eine Bibliographie der im Orient-Verlag erschienenen May-Bücher und eine solche der von Uszycki besorgten Ausgabe.

   Die Illustrationen sind zumeist dem Plaul-Klußmeierschen Bildband entnommen. Aus dem Archiv des Karl-May-Verlags stammen Abbildungen von Briefen aus dem Schriftwechsel zwischen May und seinen polnischen Verlegern. Abgebildet ist auch eine Illustration aus dem Band ›Durch die Wüste‹ des Uszycki-Verlags von 1908.

   Den beiden Verfassern Honsza und Kunicki ist mit diesem Buch gelungen, was sie sich vorgenommen hatten: Ihre Arbeit ist keine biographische Erzählung, sondern der Versuch einer Kritik, nicht ohne Polemik im positiven, weil weiterführenden Sinne, das Wagnis einer Interpretation psychogenetischer Provenienz und der Bewertung der Kontroversen um Karl May. Ein Werk, für das so bienenfleißig recherchiert wurde, dessen Aussagen so epigrammatisch pointiert sind, kann allerdings nicht nur den ›einfachen‹ Leser ansprechen. Es setzt selbst bei den deutschkundigen Landsleuten der beiden Verfasser fundierte Kenntnisse auch von Mays nicht ins Polnische übersetzten Büchern voraus - und die physische Möglichkeit, sich mit der Sekundärliteratur vertraut zu machen. Da das Buch also zu einer Art ›polnischem Karl-May-Handbuch‹ geworden ist, sollten weitere Auflagen mit Personen- und Sachregistern und einem Verzeichnis der Abbildungen versehen werden. Anzustreben wäre, dieses für die Forschung und Interpretation bedeutsame Werk auch in deutscher Sprache aufzulegen - zumindest die Teile, die sich mit den spezifisch polnischen Bezügen befassen.




Inhaltsverzeichnis


Alle Jahrbücher


Titelseite KMG

Impressum Datenschutz