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HELMUT SCHMIEDT


Literaturbericht




Ein voluminöses Handbuch und ein ›Realienband‹ zur Karl-May-Forschung, zwei Sammelwerke mit Beiträgen verschiedener Autoren zu diversen Bereichen dieses Themas, umfangreiche Aufsätze in unseren renommiertesten Tages- und Wochenzeitungen: das sind die herausragenden Publikationen zu Karl May, die in den beiden Literaturberichten des letztjährigen Jahrbuchs vorgestellt wurden. Diese Arbeiten galten der umfassenden wissenschaftlichen oder journalistisch-feuilletonistischen Bestandsaufnahme bzw. der Durchleuchtung des Phänomens May unter den unterschiedlichsten Aspekten; sie stehen also für eine Form der Analyse und des Kommentars, die der Tendenz nach aufs große Ganze zielt, wie das im ›Karl-May-Gedächtnisjahr 1987‹ naheliegend und angemessen erschien. Ein Jahr später sind demgegenüber in erster Linie viele verstreut erschienene kleine Arbeiten zu registrieren, die jeweils einzelne Gesichtspunkte in den Vordergrund rücken und dabei z. T. das detaillierter ausleuchten, was zuvor gar nicht oder allenfalls im Zusammenhang einer ›Gesamtdarstellung‹ auftauchen konnte. Doch auch diese Texte bestätigen einen Befund, der schon wiederholt formuliert wurde: an May und dem Umgang mit ihm lassen sich manche Erscheinungen der Literatur- und Kulturgeschichte mit besonderer Eindringlichkeit beobachten, da hier vieles in gröberer und schlichterer Gestalt daherkommt und pointierter untersucht wird, als es bei literarischen Koryphäen höheren Rufes geschieht; beispielsweise hat die wissenschaftliche Beschäftigung mit May in wenigen Jahren all das nachzuholen versucht, was ein halbes Jahrhundert lang versäumt wurde, und so kann man in der May-Forschung die Erkenntnisinteressen und methodischen Verfahrensweisen, die von der Literaturwissenschaft im Laufe ihrer Geschichte entwickelt worden sind, in größtmöglicher Konzentration studieren.

   Karl Mays Autobiographie als Zeugnis sozialgeschichtlicher Ereignisse und Entwicklungen: das ist ein Thema, das in den sechziger und siebziger Jahren für die um interdisziplinäres Arbeiten bemühte und speziell an den Verbindungen zwischen Gesellschafts- und Kulturgeschichte interessierte Germanistik der Bundesrepublik geradezu repräsentativ gewesen wäre. Im Jahrzehnt danach enthält eine Publikation


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aus der DDR eine entsprechende Untersuchung über ›Die Widerspiegelung der Industriellen Revolution in Sachsen (1800-1861) in der zeitgenössischen Belletristik.‹1 Rudolf Forberger, der in seinem kleinen Sammelband auch auf Goethe und Gutzkow zu sprechen kommt, liest Mays Schilderung seiner Jugend und der Verhältnisse in seiner Vaterstadt als historisches Dokument - und er glaubt ihm bzw. dem, was er davon in der fünften Auflage des Bandes ›Ich‹ gefunden hat, aufs Wort. Hätte er sich nicht an diese bearbeitete Fassung von ›Mein Leben und Streben‹ gehalten, sondern an den von Hainer Plaul herausgegebenen Nachdruck der Erstausgabe, und hätte er dabei auch den Kommentaren Plauls Aufmerksamkeit geschenkt, wäre er zu manch plausiblerer Einsicht gelangt. Das zeigt sich insbesondere an einer Stelle: Forberger rekapituliert Mays Schilderung vom »Aufbruch der Hohenstein-Ernstthaler nach Dresden, um die Monarchie zu retten«, und er wertet den Vorgang als ein Zeichen dafür, »wie wenig die Bevölkerung in ihrer Lage von den revolutionären Vorgängen begriff« (35); Plaul hat demgegenüber erläutert, daß die Darstellung einer nachträglichen Umdeutung der Ereignisse durch den Autobiographen entspringt und es sich de facto um eine Kampagne gegen König und Adel handelte. Mit der puren Widerspiegelung empirischer Realitäten in der Literatur - auch in autobiographischer - kann man also nicht so selbstverständlich argumentieren, wie sich das programmatisch schon im Titel der Untersuchung Forbergers andeutet.

   Die internationale Popularität Mays trägt dazu bei, daß neuerdings ein weiterer Forschungszweig blüht, bei dem sich die May-Spezialisten auf dominierende Tendenzen in der Literaturwissenschaft der sechziger und siebziger Jahre berufen könnten: die Rezeptions- bzw. Wirkungsforschung. Im ersten Literaturbericht des vorigen Jahrbuchs (S. 426) wurde kurz auf eine polnische May-Monographie hingewiesen, die von Norbert Honsza und Wojciech Kunicki stammt (siehe auch den Beitrag Heuers in diesem Jahrbuch) und eine nach hiesigen Maßstäben ganz ungewöhnliche Auflagenhöhe erreichte; sie ist mithin Beleg für ein Interesse an May, das sich anscheinend mit dem hierzulande verbreiteten recht gut messen kann. Die ›Weimarer Beiträge‹, eine der wichtigsten literaturwissenschaftlichen Zeitschriften der DDR, haben eine Besprechung dieses Buches veröffentlicht.2 Darin wird zunächst sein Inhalt referiert, der offenbar nach dem klassischen Dreischritt Biographie - Werk - Wirkung strukturiert ist, dabei aber manche originellen Akzente setzt, etwa mit semiotischen Ansätzen und der Orientierung »am Bachtinschen Begriff der ›Lach- und Karnevalskultur‹« (308), die Kunicki inzwischen auch an anderer Stelle ausgearbeitet hat


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(vgl. Jb-KMG 1988, S. 248ff.). Die Wertung fällt dann, bei einigen Hinweisen auf Fehlendes, überwiegend positiv aus: Es handle sich »um ein mutiges und notwendiges Buch ( ... ), das der Diskussion um Karl May neue Impulse vermitteln könnte« (311).

   Honsza und Kunicki haben mittlerweile auch selbst noch einen kleinen Text zur May-Rezeption in Polen veröffentlicht.3 Sie legen dar, daß May dort im ersten Jahrzehnt nach 1900 so präsentiert wurde, wie es seinem damaligen Selbstverständnis entsprach: nicht als Volks- oder Abenteuerschriftsteller, sondern »als Denker, der seine Sendung in vornehm-interessanter Verpackung verwirklichen will« (439f.) und mit Friedrich Nietzsche und Ernst Haeckel zu vergleichen ist. Aber: »der Erfolg blieb aus«; Mays Werk verkaufte sich unter diesen Vorzeichen so schlecht, daß man eine Wende vollzog und fortan »das Spannende und Abenteuerliche« in den Vordergrund rückte. Zudem bemühte man sich um eine »›Entdeutschung‹ Mays« (441): Die polnischen Übersetzungen integrierten z. B. Gedichte polnischer Klassiker in den Text und machten aus dem Preußen im ›Cordilleren‹-Roman, der ein Opfer der dänischen Soldateska wird, einen Dänen, der unter preußischen Greueln leidet. Einige Hinweise auf die heutige Verbreitung von May-Texten und ihren Wert vor dem Hintergrund der modernen Unterhaltungselektronik schließen den Aufsatz ab.

   Die in der DDR um Karl May geführte Auseinandersetzung hat sich fortgesetzt mit einem Beitrag von Gerhard Henniger, der ebenfalls in den ›Weimarer Beiträgen‹ erschien.4 Henniger - dessen Verdienste um die Rehabilitierung Mays in seinem Land unbestritten sind - antwortet direkt auf Franz Hofmanns Plädoyer für eine Beschäftigung mit dem ›ganzen‹ Karl May, das kurz zuvor in der gleichen Zeitschrift veröffentlicht worden war (vgl. Jb-KMG 1988, S. 415ff.). Gegen Hofmanns zentrales Anliegen hat Henniger nichts einzuwenden, wohl aber gegen eine damit intensiv verknüpfte Argumentation: Mays Werk sei als Einheit im Sinne einer kontinnierlich fortschreitenden Entwicklung zu sehen, gestützt auf einen frühzeitig entworfenen »große(n) Plan« (306) und gekrönt durch das alles andere überstrahlende Alterswerk. Henniger faßt seine Bedenken in vier Punkten zusammen: Er betont, das Aufbegehren »gegen tiefempfundene Ungerechtigkeit, Ausbeutung und Verlogenheit« (303), das Mays Reiseerzählungen kennzeichnet, sei etwas ganz und gar Eigenes, das man nicht zum geplanten »Durchgangsstadium beim Bau des ›Hohen Hauses‹« (304) degradieren dürfe; das Spätwerk habe auf fatale Weise jenes Aufbegehren preisgegeben, es gehe darin nur noch um »eine durch vieldeutige, verschlungene Symbolismen getarnte Rechtfertigung vor den Angriffen


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seiner [= Mays] leibhaftigen Gegner«, der es überdies »an Originalität und an geistigem Tiefgang« fehle, so daß die von Hofmann angestellten Vergleiche mit Angelus Silesius, Jakob Böhme und Pestalozzi völlig unangebracht seien; die vagen Gemeinsamkeiten in der »didaktische(n) Note« (305) der ›Geographischen Predigten‹ und des Spätwerks reichten nicht so weit, daß man daraus den Schluß auf ein von Anfang an geplantes Gesamtwerk ziehen könne; die von Hofmann zu Recht diagnostizierte »Friedensgesinnung« (306) des Spätwerks zeichne auch schon Mays Abenteuerromane aus, so daß sich hier ebenfalls keine stichhaltige Begründung für die einzigartige Qualität der letzten Texte finden lasse. Henniger schreibt einleitend, er halte »die These vom ›Höhepunkt‹ der symbolischen Alterswerke ( ... ) im Sinne einer von marxistischen Positionen ausgehenden Wertung des Mayschen Werkes für nicht gerechtfertigt« (303), und das ist wohl ein entscheidender Satz: Unter diesen speziellen Vorzeichen müssen die rebellischen Züge der ›klassischen‹ Abenteuergeschichten Mays ein größeres Gewicht gewinnen als in den etwas anders, d. h. weniger pointiert an »marxistischen Positionen« orientierten Gedanken Hofmanns.

   Eine besondere, auch besonders traditionsreiche Form der Rezeptionsforschung ist die Analyse der Beziehungen zwischen den Werken verschiedener Schriftsteller. Zu denjenigen, die zur Suche nach den Spuren Karl Mays im Werk anderer Autoren aufgefordert haben, gehört Arno Schmidt, und eine entsprechende Untersuchung hat sich jetzt mit seiner eigenen ›Schule der Atheisten‹ befaßt.5 Martin Lowsky legt dar, daß dieser Text in vielen Einzelheiten auf Mays Kolportageroman ›Die Liebe des Ulanen‹ reagiert: in bezug auf diverse Motive und Motivkreise, aber auch in dem »zentralen Punkt« der »innere(n) Atmosphäre in Schmidts Romangeschehen« (26). Es zeigt sich nämlich, daß Schmidts greise Hauptfigur Kolderup in ähnlicher Weise wie Mays neunzigjähriger Hauptschurke Richemonte immer wieder durch sein Haus schleicht, einerseits von voyeuristischer Neugier getrieben, andererseits Angst und Schrecken verbreitend. Lowsky begnügt sich nicht mit der Feststellung oberflächlicher Ähnlichkeit; er weist nach, daß Mays Trivialroman lediglich »als Ausgangspunkt für ein zentrales Sujet in der ›Schule der Atheisten‹« (30) gedient hat, daß »Schmidt Mays Vorgaben reflektorisch und poetisch weiterführt« (27), indem er sie im Licht psychoanalytischer Thesen zum Verhältnis Vater-Gott-Teufel fruchtbar macht. Ferner erläutert Lowsky, daß Kolderup neben seinen bedrohlichen Zügen auch die des hinfälligen Alten trägt, die uns nicht bei May, sondern in den Komödien Molieres begegnen, und so ergibt sich schließlich ein facettenreiches Bild zu einigen literaturgeschicht-


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lichen Vorgaben wie auch der Struktur des Romans: »Schmidt nimmt also den Kolportagestoff so ernst, daß er hieraus ein psychoanalytisches Modell macht, ist aber doch so selbstironisch gelassen, daß er alles ins Komödienhafte einmünden läßt« (45).

   Noch einmal ist der Bezug zwischen Karl May und Polen herzustellen: In einem in Lodz 1985 veröffentlichten Aufsatz, der mir erst jetzt zugänglich geworden ist, geht es um ›Das polnische Mädchen in der deutschen Literatur‹ und dabei en passant auch um Mays frühe Erzählung ›Wanda‹.6 Die Untersuchung fällt in den Bereich der motivgeschichtlichen Forschung, die bei May ebenfalls in zunehmendem Maße fündig wird, und setzt dabei ideologiekritische Akzente. Besprochen werden Texte von Seume, Zacharias Werner, Eichendorff, Immermann, Lenau, Christa Wolf sowie der »Singsang deutscher Biedermänner, die mit einem ebenso schlüpfrigen wie brutalen Lied ihre erotische Gesinnung bloßstellen« (31) - und in eben diesem Zusammenhang kommt die Sprache auch kurz auf Mays wilde Polin Wanda. Sie sei »halb Dämonin, halb Engel« und werde »das hohe Ziel des superpotenten Mannes« (29), vielleicht auch das des Autors, der damit »seine durch einen siebenjährigen Zuchthausaufenthalt verdrängte Potenz zur literarischen Explosion bringt« (30). Arendt setzt hinter die zuletzt zitierte Formulierung ein Fragezeichen, und damit deutet sich an, daß er keine erschöpfende Textanalyse, ja nicht einmal eine genaue Durchleuchtung der weiblichen Hauptfigur intendiert; man wird bei genauerer Prüfung Verbindungslinien von der ›Wanda‹ nicht nur zu jenem widerwärtigen Lied, sondern auch zu freundlicheren Aspekten seines Themas finden können, über die Arendt vorher berichtet hat.

   Mit der Frage, welche Funktion solche wissenschaftlich-analytischen Bemühungen im Falle Karl Mays überhaupt haben und in welchem Verhältnis sie zum ›naiven‹ Lektüregenuß stehen, befaßt sich ein kleiner Beitrag in jener Ausgabe von Rowohlts ›Literaturmagazin‹, die ›Imagination - Krankheit - Poesie‹ überschrieben ist.7 Er tut das freilich nicht seinerseits auf dem Wege der wissenschaftlichen Reflexion, sondern in einer Form, die ihn eher dem ›literarischen‹ Teil von Harald Eggebrechts Sammelband (vgl. Jb-KMG 1988, S. 413) verwandt erscheinen läßt. Am Anfang wird ein ›Du‹ zitiert, das behauptet, es könne Karl May »heute nur aus einem Wunsch nach Rückverwandlung lesen ( ... ) fast alles, was ich an kulturellem Niveau, an Lesefähigkeit, an Erkenntnisanspruch im Laufe meines Literatur-Lebens entwickelt habe und bewahren möchte, wurde zurückgedrängt zugunsten dieser souveränen Lust am Schwadronieren, am Schondagewesenen« (85). Am Ende tauchen »voluminöse Menschen des Geistes« (87) auf, die in


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einem ›Wir‹ verbunden sind und sich ganz anders verhalten: Von einem »Jahrbuch« ist da die Rede, von der Angst, »daß gerade noch diese drei Tage im Jahr das Lodern unserer Augen zu währen vermag«, und davon, daß wir schließlich »mit einem Packen neuer Aufsätze und Ausgaben unterm Arm« dastehen (88). Die Herausgeber des Bandes mögen sich zu diesem Text nicht näher äußern; während sie in ihrer Vorbemerkung beispielsweise knapp zusammenfassen, was über Proust und Rainald Goetz zu lesen sein wird, heißt es zu Dittberners Artikel lapidar: »Oder: Karl May. Dazu: Hugo Dittberner« (7). Vielleicht sollte man tatsächlich einmal ausführlicher über das Verhältnis zwischen dem naiven und dem sentimentalischen Umgang mit Karl May nachdenken.

   Mancherlei Defizite im Bereich der medienpädagogischen Beschäftigung mit May hat Franz R. Stuke festgestellt. Deshalb hat er im Wintersemester 1987/88 am Institut für Publizistik der Universität Münster ein Seminar mit dem Titel ›Karl May und die Anfänge der Medienpädagogik‹ veranstaltet; die in diesem Zusammenhang entstandenen schriftlichen Arbeiten - übrigens ausnahmslos von weiblichen Autoren - liegen in einer Broschüre vor, die 1988 in kleiner Auflage an der Fernuniversität Hagen gedruckt wurde.8 Stukes Vorbemerkung weist darauf hin, man habe sich um die »Anwendung spezifisch publizistischer Methoden« und das »Einbringen von Ergebnissen kommunikationswissenschaftlicher Forschung« (unpaginiert) bemüht, und so sind denn Themen behandelt worden wie ›Distributionsformen von Literatur um 1900‹, ›Medienpädagogik um 1900‹ und ›Karl May und Rudolf Lebius. Die Geschichte einer Männerfeindschaft‹. Wie nicht anders zu erwarten war, sind die Ergebnisse von recht unterschiedlicher Qualität, wobei es freilich in keinem Fall zu Erträgen reicht, die die May-Forschung entscheidend weiterführen würden; universitäre Veranstaltungen dieser Art gelten ja in der Regel eher der Sammlung und Sichtung dessen, was da ist, als daß sie dem wissenschaftlichen Fortschritt unmittelbar zugute kommen. Immerhin kann Stuke zu Recht die Erwartung äußern, die Sammlung möge »Anregungen für weitere Arbeiten« auf diesem Gebiet vermitteln, und daß es sich hier um ein wichtiges Terrain handelt, dessen Erkundung noch längst nicht als auch nur halbwegs abgeschlossen anzusehen ist, läßt sich im Blick auf das allgegenwärtige ›Medienereignis‹ Karl May kaum bestreiten.

   ›Mit Goethe durch das Jahr‹ kommt man seit langem: Er hat genug Spruchweisheiten hinterlassen, die zu Rat und Ermutigung in fast jeder Lebenslage taugen. Ernst Seybold gebührt das Verdienst, nun auch Karl Mays Werk entsprechend fruchtbar gemacht zu haben, unter


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theologischen Vorzeichen: Auf den ersten dreißig einer neunzig Seiten starken Broschüre stellt er Sätze Mays unter dem Titel ›Gratulieren und Grüßen mit »Karl May«‹ zusammen, die man etwa zu Geburts-, Hochzeits-, Sterbegedenk- und Ordinationstagen verwenden kann.9 Beispielsweise regt er an, ein Geistlicher möge in einem Brief an seinen Amtsbruder auf den Reverend Heartman aus ›Friede auf Erden‹ zu sprechen kommen, die letzten Sätze des Romans zitieren (»Hinauf zu ihm, zu unserer Kapelle! Gleich ist es Mitternacht; sie soll uns betend - dankend - hoffend finden!«) und die Bemerkung anschließen: »Auch uns soll Gott, gerade auch dann, wenn wir unserer Ordination gedenken, so finden können...« (27). In den übrigen Teilen des Heftes geht es ebenfalls um May als christlichen Schriftsteller, um Überlegungen zu einer neuen May-Ausgabe und den ›Waldläufer‹-Roman, und schließlich wird jene Predigt des katholischen Pfarrers Hermann Wohlgschaft wiedergegeben, die er im November 1987 in einem Gottesdienst während der Wiener Tagung der Karl-May-Gesellschaft gehalten hat. Wenn man die Broschüre flüchtig durchblättert, findet man mehrere Seiten, auf denen die Ausdehnung der Fußnoten diejenige des Haupttextes bei weitem übertrifft, und man mag dann vermuten, es mit einer hochkomplizierten, sich mühsam durch Pro und Contra bewegenden Argumentation zu tun zu haben, die sich - wie in so mancher wissenschaftlichen Studie üblich - ständig in Anmerkungen selbst erklären muß. Tatsächlich macht es sich Seybold nicht leicht: Er wägt die theologisch relevanten Äußerungen Mays sorgfältig ab, und kontradiktorische Vokabeln wie »aber« und »andererseits« finden sich des öfteren. Am Ende ergibt sich jedoch eine unmißverständlich wohlwollende, alle Zweideutigkeiten tilgende, auf Harmonie und Einvernehmen gerichtete Beurteilung, die sich vielleicht am deutlichsten in zwei Äußerungen artikuliert: in dem Wunsch Seybolds, in einer künftigen May-Leseausgabe möge »unnötiger Anstoß vermieden werden« - »z. B. durch eine ›Entkonfessionalisierung‹ der Texte, aber keinesfalls durch eine Entchristlichung, z. B. durch die Entfernung der vom schlichten Leser in ihrer Zeitgebundenheit nicht zu durchschauenden Passagen gegen die Sozialdemokratie« (55) -, und in Wohlgschafts Schlußworten, die Gott für den Karl May »der erzählenden und ihrer Zeit weit vorauseilenden Theologie ( ... ) preisen und danken« (79f.). Bei so viel Überschwang mag sich ein ketzerisch veranlagter Leser dazu getrieben fühlen, seinerseits eine Liste mit Weisheiten und Ratschlägen Mays für diverse Lebenslagen zusammenzustellen, z. B.Ein Kurde ist kein heuchelnder Grieche und auch kein schmutziger Jude, der sich nicht einmal krümmt, wenn man ihn tritt. - Ein Jude überlistet zehn Christen; ein


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Yankee betrügt fünfzig Juden; ein Armenier aber ist hundert Yankees über. - »Solche Rache [gemeint ist die Tötung eines von einem Präriegericht verurteilten Verbrechers; d. Verf.] entehrt einen Christenmenschen und ist Sünde. Ueberlaß sie dem Neger!« - »Schießt nicht auf die Pferde, sondern auf die Reiter!« (Karl May: Durchs wilde Kurdistan (Nördlingen, S. 173) - Der Kys-Kaptschiji (Bd. XXIII, Freiburg, S. 394) - Winnetou der Rote Gentleman III (Freiburg, S. 200) - Der Geist des Llano estakado (Stuttgart 1890, S. 443))

   Im Ernst: der Berichterstatter ist es allmählich leid, immer wieder aufs neue Arbeiten - stammen sie auch von ansonsten noch so kundigen Autoren - zu finden, in denen mit Hilfe sorgsam-einseitig ausgesuchter Zitate ausschließlich entweder eine aus heutiger Sicht zutiefst reaktionäre, üble politische Gesinnung und Weltanschauung Mays oder ein allen solchen Niederungen enthobenes, im erfreulichsten Sinne zukunftsweisendes Denken ›belegt‹ wird; es würde von mehr Respekt vor dem Autor zeugen, wenn man die bis zum offenen Widerspruch reichende Zwiespältigkeit seiner literarischen Äußerungen ernst nähme und z.B. darauf verzichtete, einerseits über den pazifistisch-kosmopolitischen Tendenzen des Spätwerks die früheren rassistischen und nationalistischen Stereotypen zu vergessen oder andererseits mit der ausschließlichen Konzentration auf diese May zum gediegenen Präfaschisten zu stilisieren. May war nun einmal zunächst in vielem auf die Ideologie seiner Zeit fixiert, und daß er sich davon in mancher Hinsicht und in zunehmendem Maße zu befreien versuchte, wird man adäquat und überzeugend nur vermitteln können, wenn man über den Tendenzen des Aufbruchs nicht die vergißt, von denen sie sich opponierend absetzen wollen; selbst bei gigantischen Revolutionären des Geistes, wie Marx und Freud, liegen die Dinge da im Grunde nicht anders.

   Die Neuveröffentlichung von May-Texten in Reprint-Form ist von der Karl-May-Gesellschaft und dem Karl-May-Verlag fortgesetzt worden. Die KMG publizierte als fünften Band der Nachdrucke aus dem ›Guten Kameraden‹ den Südamerika-Roman ›Das Vermächtnis des Inka‹10 Das knappe, aber perspektivenreiche Vorwort stammt diesmal von Erich Heinemann, und kulturgeschichtlich interessierten Lesern wird es abermals willkommen sein, daß neben dem May-Text die dazugehörigen Illustrationen und auch der sonstige Inhalt jener Seiten, auf denen sich Teile des Romans finden, wiedergegeben werden; wie merkwürdig sich Unterhaltung und Belehrung in dieser ›Knaben-Zeitung‹ mischen, geht z.B. aus der Reprintseite 159 hervor, auf der ein Bild von »Stephensons Lokomotive ›Rocket‹ (Rakete), erbaut im


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Jahre 1829«, umrahmt wird durch eine Romanpassage, in der »ein heimtückischer Meuchelmord« zur Sprache kommt: »Der Ermordete war skalpiert worden«. Im Karl-May-Verlag ist ›Der Karawanenwürger‹ neu erschienen, ein etwas obskurer SammeIband aus dem Jahr 1894.11 Sechs der sieben darin enthaltenen Erzählungen über ›Erlebnisse und Abenteuer zu Wasser und zu Lande‹ (so der alte Untertitel) stammen von Karl May, ihre Erstveröffentlichung war 1877/78 in der Zeitschrift ›Frohe Stunden‹ erfolgt. Lange Zeit lag die Geschichte dieser Edition völlig im dunkeln, selbst das Erscheinungsjahr war ungewiß, und es gab kaum Anhaltspunkte dafür, ob May an der Zusammenstellung des Bandes beteiligt war bzw. ob er von ihm überhaupt etwas gewußt hat. Roland Schmid, der Herausgeber des Reprints, kann mit Hilfe mancher Vorarbeiten in einigen dieser Fragen Klarheit stiften; insbesondere überzeugt seine Argumentation bei der These, May persönlich habe mit der Redaktion des Bandes nichts zu tun gehabt.

   Schmids Erwägungen zur Geschichte des ›Karawanenwürgers‹ machen einmal mehr deutlich, daß May auch insofern ein lohnenswertes Objekt philologischen Arbeitens ist, als sein Werk die vielfältigsten Probleme auf dem grundlegenden Gebiet der Editionswissenschaft, der Textkritik aufwirft. Sie so weit, wie nach gegenwärtigem Kenntnisstand möglich, zu bewältigen, und zwar im Rahmen einer einzigen umfangreichen Ausgabe: das ist das Ziel der in der Entstehung begriffenen May-Edition von Hermann Wiedenroth und Hans Wollschläger, deren erste drei Bände schon im Literaturbericht des letztjährigen Jahrbuchs vorgestellt werden konnten. Inzwischen (bis November 1988) sind zehn weitere hinzugekommen: aus der Abteilung III (Erzählungen für die Jugend) ›Kong-Kheou, das Ehrenwort‹ (›Der blau-rote Methusalem‹) und ›Der Schatz im Silbersee‹; aus der Abteilung IV (Reiseerzählungen) ›Durch die Wüste‹, ›Durchs wilde Kurdistan‹, ›Von Bagdad nach Stambul‹, ›In den Schluchten des Balkan‹, ›Durch das Land der Skipetaren‹, ›Am Rio de la Plata‹, ›In den Cordilleren‹ und ›»Weihnacht!«‹.12 Die buchbinderische Gestaltung und Ausstattung der Reihe, die zum einen in Taschenbuch-Form und zum anderen als gebundene ›Liebhaber-Ausgabe‹ erscheint, ist tadellos, auch wenn die marmorierten Einbände wohl nicht jedermanns Sache sind. Erwähnenswert erscheint zudem, daß die Bände bis zur Niederschrift dieses Berichts fast pünktlich, d. h. allenfalls mit wenigen Wochen Verspätung gegenüber dem angekündigten Termin, erschienen sind; das ist bei derartigen Publikationen keineswegs selbstverständlich.

   In einer neueren Werbeschrift des Karl-May-Verlags werden die verdienstvollen Reprints des Hauses unter anderem so angepriesen:


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»mangels einer ›Ausgabe letzter Hand‹ und wegen der Unmöglichkeit, eine ›historisch-kritische‹ Gesamtausgabe zu gestalten, weil die meisten Handschriften nicht erhalten blieben und die gedruckten Editionen nur zum Teil autorisiert erschienen, sind die Literaturwissenschaftler darauf angewiesen, ihren Forschungen die Erstausgaben zugrunde zu legen.« Abgesehen von den Bedenken jener, die seriöse May-Ausgaben a priori immer noch für einen unangemessenen Luxus halten (vgl. Jb-KMG 1988, S. 423), steckt in diesem Argument meines Wissens der einzige grundlegende Einwand, der bisher gegen die neue Edition erhoben worden ist; Roland Schmid hat ihn an anderer Stelle öffentlich wiederholt. In der Feststellung der Fakten ist dem Kritiker überwiegend recht zu geben: Das verfügbare Handschriftenmaterial wirkt, in Relation zu Mays Gesamtwerk, dürftig, und die zu Mays Lebzeiten erschienenen Drucke sind - siehe ›Der Karawanenwürger‹ - nur teilweise von ihm betreut worden; insbesondere von den Münchmeyer-Romanen dürften mehr unautorisierte als von May selbst zu verantwortende Drucke veröffentlicht worden sein, und auch schon in bezug auf deren Erstpublikation ist bekanntlich umstritten, wie weit sie mit Mays handschriftlichen Vorlagen übereinstimmen. Aber das alles spricht keineswegs gegen den Versuch einer historisch-kritischen Ausgabe, wie die Erfahrung mit anderen Editionen lehrt: Das Werk kaum eines jener älteren Schriftsteller, das in solcher Form angeboten wird, liegt komplett in den Handschriften vor, und an der Manuskripttreue vieler damaliger Herausgeber und Verleger wird man ebenfalls mit Recht zweifeln dürfen - die Probleme mit Mays Texten stehen also keineswegs einzig da, die Unterschiede zu denen bei anderen Autoren sind allenfalls quantitativer Art. Es ist unter diesen Umständen die Aufgabe der heutigen Herausgeber, die Textsituation jeweils genau zu prüfen und darin so weit wie möglich Klarheit zu schaffen; wenn das nur sehr begrenzt gelingt, muß es eingestanden werden, und wo man nur Hypothesen formulieren, aber keine vollständig überzeugende Beweisführung entwickeln kann, muß auch das deutlich gemacht werden. In diesem Sinne verfahren Wiedenroth und Wollschläger bisher; beispielsweise haben sie gleich im zweiten Band der Reihe, ›Die Juweleninsel‹, ausdrücklich darauf hingewiesen, bei ihrer Erklärung, »es sei hier ein ganzes Kapitel auf dem Postweg von Hohenstein nach Stuttgart verloren gegangen«, handele es sich um eine »Hypothese« (671). Mit der Überzeugungskraft solcher Hypothesen wird sich der aufmerksame Leser natürlich kritisch auseinandersetzen, und auch der Plausibilität mancher Erläuterungen, die als zweifelsfrei zutreffend präsentiert werden, mag man im Einzelfall mit Skepsis begegnen. Aus solchen par-


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tiellen Bedenken kann jedoch, sofern sie sich nicht zu sehr häufen müssen, keine Ablehnung des Gesamtkonzepts der historisch-kritischen May-Ausgabe resultieren, und so wird man den Hinweis auf die »Unmöglichkeit« eines solches Unternehmens als letztlich unbegründet zurückweisen.

   Das ist indirekt von kompetenter Seite aus auch schon geschehen: in den Ausführungen des Editionsexperten Karl Konrad Polheim, der zwar einerseits manche Ungenauigkeiten, Inkonsequenzen und Ungeschicklichkeiten in den ersten Bänden der neuen Edition gerügt (vgl. Jb-KMG 1988, S. 62f., Anm. 45, und S. 64f., Anm. 61), andererseits aber selbst Überlegungen zu einer historisch-kritischen May-Ausgabe entworfen und die bisher erkennbaren Grundlinien der Greno-Edition nicht in Zweifel gezogen hat. Andere Monita ließen sich mittlerweile hinzufügen, etwa zu einzelnen Lese- oder Druckfehlern (im ›Kong-Kheou‹, S. 444, ist von »Religionsausübung« die Rede, während es an der entsprechenden Stelle im ›Guten Kameraden‹, Reprintseite 243, und auf S. 442 der ersten Buchausgabe übereinstimmend Religionsübung heißt; den Hinweis auf diese im editorischen Bericht nicht erwähnte, also wohl fehlerhafte Stelle verdanke ich Bernhard Kosciuszko). Aber auch das sind eben nur Notizen zu - teilweise freilich keineswegs unwichtigen - Details und nicht etwa Vorbehalte, die die Planung und bisherige Ausführung der Reihe in ihrer Substanz träfen, geschweige denn den Gedanken an eine solche Edition überhaupt.

   Im Greno-Verlag ist ferner eine rund 30 Seiten starke ›Philologische Streitschrift‹ erschienen, deren Ziel offenbar darin liegt, eine breitere Öffentlichkeit über die Notwendigkeit und das Procedere der neuen Edition aufzuklären.13 In ihrem ersten Beitrag legt Hans Wollschläger am Beispiel von Mays autobiographischer Skizze ›Freuden und Leiden eines Vielgelesenen‹ dar, wie sehr die Radebeuler und Bamberger Bearbeitungen Mays Text entstellt haben; ein besonders bemerkenswerter Gedanke ergibt sich aus den religiös orientierten Änderungen und Interpolationen, die - so die angedeutete These des Kommentators - von den ganz persönlichen Motiven eines Bearbeiters zeugen könnten, der seinerseits dem geistlichen Stand angehörte. Anschließend wird Mays Text im Original wiedergegeben. Ferner findet sich ein längeres »Interview, das Gunter A. Ösler mit den Herausgebern Hermann Wiedenroth und Hans Wollschläger führte« (26); dabei entpuppt sich Herr Ösler freilich in einem solchen Maße als ebenso streitsüchtiger wie origineller und präziser Stichwortgeber, daß man an seine empirische Existenz nur wie an die der verschiedenen Sprecher in Arno Schmidts Literaturgesprächen glauben möchte. Hier erläutern die Herausgeber die


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wichtigsten Prinzipien ihrer Arbeit: Die Ausgabe wird gegliedert in »9 Abteilungen, die chronologisch die auseinander entwickelten Erzähltypen vorführen und deren jede wiederum chronologisch die Entwicklung des betreffenden Typus in sich selbst -« (29) Warum wird dennoch die ›Winnetou‹-Trilogie mit Daten von 1875 bis 1893 nach dem ›Mahdi‹ mit den Daten 1891-96 eingeordnet? Zur Gänze wiedergegeben wird, nach sorgfältiger Prüfung, jeweils »der ›beste‹ Text, d. h. je nach Überlieferungslage der manuskriptnächste bzw. vom Autor kontrollierte, möglichst von ›letzter Hand‹ redigierte Druck« - wobei sich die Frage ergibt, wie man verfährt, wenn der »manuskriptnächste Text« und eine ›Ausgabe letzter Hand‹ verfügbar sind, aber einander nicht entsprechen. Die nachgestellten, bei mehrbändigen Werken am Schluß des letzten Bandes aufgenommenen ›editorischen Berichte‹ enthalten die überlieferten Daten zur Entstehungsgeschichte, »die Bibliographie der zu Lebzeiten des Autors jeweils erschienenen Ausgaben, deren Beschreibung und Bewertung - und schließlich, wo von den Voraussetzungen her gegeben, das Lesartenverzeichnis, das die Varianten greifbar macht und auf kleinstem Raum ermöglicht, sämtliche Ausgaben zu rekonstruieren« (30). Wie das konkret aussieht, läßt sich etwa am Beispiel des zweibändigen Südamerika-Romans bzw. am dreißigseitigen editorischen Bericht in dessen zweitem Band studieren.

   Den jetzt schon zweifelsfrei feststellbaren Qualitäten der Ausgabe zum Trotz kann zur Zeit allenfalls ein halbwegs verbindliches Fazit formuliert werden, denn die bisherigen Bände bringen ausschließlich Arbeiten Mays, die in jüngster Zeit schon an anderer Stelle wieder zugänglich gemacht worden sind. Geht es damit weiter, so haben wir in einigen Jahren die mit Abstand umfassendste, zuverlässigste, also unter philologischen Aspekten nach gängigem Maßstab beste May-Edition vor uns, die es je gegeben hat; man muß ihr schon deshalb die größtmögliche Verbreitung wünschen. Ob es darüber hinaus gelingt, auch die Materialien zu integrieren, die bisher noch gar nicht ausgewertet und veröffentlicht worden sind - von den erhalten gebliebenen Werk-Handschriften über Mays Briefe bis zu den von Wilhelm Vinzenz zu Recht angemahnten Eintragungen Mays in seine Hand- oder Korrekturexemplare (vgl. Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft 77/1988, S. 31) -, ist eine Frage, die zur Zeit noch nicht beantwortet werden kann, mit der am Ende aber darüber zu entscheiden ist, ob die Greno-Ausgabe der ganz große Wurf wird, der sie sein soll. Die Kenner wissen, daß ein großer Teil dieser Materialien im Archiv des Karl-May-Verlags liegt und seine Veröffentlichung nach geltendem Recht deshalb wohl nur mit Erlaubnis der Verlagsinhaber denkbar ist; es


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müßte also zu einer Vereinbarung zwischen den Brüdern Schmid einerseits und dem Greno-Verlag bzw. den Herausgebern andererseits kommen. Die Äußerungen, die zu diesem heiklen Komplex gegenwärtig zu registrieren sind - und zwar auf der Seite des Karl-May-Verlags (siehe oben) wie auch auf der der Greno-Editoren, etwa in ihrer ›philologischen Streitschrift‹ -, stimmen da bisher leider nicht sehr optimistisch. Immerhin sollten zumindest kommerzielle Erwägungen einer Kooperation auf die Dauer nicht im Wege stehen, denn die Greno-Reihe und die ›grünen Bände‹ des Bamberger Verlags erreichen ganz offensichtlich - Buchhändler bestätigen es - unterschiedliche Käuferschichten, so daß Konkurrenzneid und -angst nicht angebracht sind; so bleiben sachliche Bedenken, wie die oben angedeuteten, und persönliche Animositäten. Man darf sich dazu mit allem Pathos äußern: Es wäre eine wissenschaftsgeschichtliche Tragödie, wenn jetzt die vielleicht nie wiederkehrende Möglichkeit vertan würde, eine unter den angegebenen Umständen optimale Karl-May-Gesamtausgabe von derart beträchtlichem philologischen Rang zu schaffen. Da sei Old Shatterhand/Kara Ben Nemsi vor, der schließlich das hohe Ideal der Feindesliebe gepredigt - und halbwegs befolgt - hat!


1 Rudolf Forberger: Karl May. In: Die Widerspiegelung der Industriellen Revolution in Sachsen (1800-1861) in der zeitgenössischen Belletristik (Sitzungsberichte der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Philologisch-historische Klasse, 127/3). Berlin (-Ost) 1987 S. 33-36

2 Andrzej Madela: Karl May aus polnischer Sicht. In: Weimarer Beiträge, 34/2 (1988), S. 307-311

3 Nobert Honsza/Wojciech Kunicki: Zur Interkulturalität Karl Mays: die Rezeption Karl Mays in Polen. In: Perspektiven und Verfahren interkultureller Germanistik. Hrsg. v. Alois Wierlacher. München 1987, S. 437-445

4 Gerhard Henniger: Mit Tomahawk  u n d  Friedenspfeife, wie Anm. 2, S. 302-306

5 Martin Lowsky: Auf den Spuren von Karl Mays ›Ulanen‹. Mays Kolportage und Molieres Theater in Arno Schmidts ›Schule der Atheisten‹. In: Zettelkasten 6. Aufsätze und Arbeiten zum Werk Arno Schmidts. Jahrbuch der Gesellschaft der Arno-Schmidt-Leser. Hrsg. v. Thomas Krömmelbein. Frankfurt a. M. 1988, S. 21-46

6 Dieter Arendt: Das polnische Mädchen in der deutschen Literatur. In Acta Universitatis Lodziensis. Folia Litteraria 13 (1985), S. 11-33

7 Hugo Dittberner: Die Karl-May-Krankheit. Eine Etüde. In: Literaturmagazin 20. Imagination - Krankheit - Poesie. Hrsg. v. Martin Lüdke und Delf Schmidt. Reinbek 1987, S. 85-88

8 Pädagogik und Medien. Publizistikwissenschaftliche Medienpädagogik. Karl May - ein Versuch. Hrsg. v. Franz R. Stuke. Hagen 1988

9 Karl-May-Gratulationen. Geistliche und andere Texte zu und von Karl May. Zusammengestellt von Ernst Seybold. Ergersheim/Mfr. 1987

10 Karl May: Das Vermächtnis des Inka. In: Der gute Kamerad. 6. Jg. (1891/92), Reprint der Karl May-Gesellschaft. Hamburg 1988

11 Karl May: Der Karawanenwürger. Berlin 1894. Hrsg. von Roland Schmid; Reprint Bamberg 1987


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12 Karl May: Kong-Kheou, das Ehrenwort; Der Schatz im Silbersee; Durch die Wüste; Durchs wilde Kurdistan; Von Bagdad nach Stambul; Durch die Schluchten des Balkan; Durch das Land der Skipetaren; Am Rio de la Plata; In den Cordilleren; »Weihnacht!« = Karl Mays Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. III Bd. 2 u. 4; Abt. IV Bd. 1, 2, 3, 4, 5, 7, 8 u. 21. Hrsg. von Hermann Wiedenroth und Hans Wollschläger. Nördlingen 1988

13 Hans Wollschläger u. a.: Karl May. Eine philologische Streitschrift. Nördlingen 1988




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