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JÜRGEN HAHN

Vom >Roten Gentleman< zum >Homme de la Prairie< Aperçus zu einem Wechsel szenischer Illumination in der Nugget-tsil-Episode der französischen >Winnetou<-Ausgabe(1)


»Il nous a semblé que le style du narrateur serait apprécié en France; (...) que sa verve, son caractére aventureux, sa brillante imagination le rendraient sympathique malgré sa nationalité, et ces qualitéslà, nous nous sommes efforcé de les mettre dans tout leur jour en les exprimant dans notre langue.«

»Es schien uns, daß der Stil dieses Erzählers in Frankreich geschätzt werden würde, (...) daß sein erzählerischer Schwung, der abenteuerliche Charakter, seine glänzende Vorstellungskraft ihn, trotz seiner Nationalität, sympathisch erscheinen lassen. Wir haben uns Mühe gegeben, diese Qualitäten in ihrer ganzen Gegenwärtigkeit in unsere Sprache umzusetzen.«

J. de Rochay(2)


I

Man dürfte ihn in Frankreich »sympathisch« finden, diesen Autor Karl May, »trotz seiner Nationalität«, dank »seine(r) glänzende(n) Vorstellungskraft«, und wenn auch der durch die Ereignisse von 1870/71 verursachte antideutsche Affekt unüberhörbar ist, so läßt der Gegensatz doch aufhorchen und legt die Vermutung nahe, daß sich für den französischen Leser die Vorstellung von deutscher Literatur mit trockener Würde, Dunkelheit, Tiefsinn, die sich jeden >Effekt< versagen, kurz, mit Langweile verbindet: hier wäre also der Autor, dessen Temperament den Bedürfnissen des französischen Publikums besonders entgegenzukommen und entsprechend untypisch für seine eigene Nation zu sein scheint. Hätte mithin Nietzsche gleichsam als Zufall, als »Mißverständnis« unter Deutschen einen jener »Entdecker im Effekte, in der


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Schaustellung, in der Kunst der Schauläden«, eines jener »Talente weit über ihr Genie hinaus«(3) gefunden, in denen sich 1888 für ihn die französische Literatur des 19. Jahrhunderts verklärte und die er im deutschen Geistesleben so zornig vermißte? Einen »abenteuerliche(n) Charakter«, Lieferanten - in Abwandlung eines Wortes von Baudelaire von grellfarbigen Episoden, von »diesen Laternen, die eine ganze Straße der Ideen erhellen«?(4) Eine Übersetzungskritik, wie sie hier versucht werden soll, wird die in dieser Frage enthaltene Unangemessenheit vielleicht entschuldigen, sicher vermag sie jedoch, »diese Qualitäten« zu veranschaulichen, die Jahrzehnte hindurch eine frankophone Leserschaft Mays Art zu erzählen schätzen ließen(5) und die einen Übersetzer, sie »in ihrer ganzen Gegenwärtigkeit in (seine) Sprache umzusetzen«, reizen mußten.

Es drängt sich auf, bei einem Vergleich von Original und Übersetzung »diese Qualitäten«, die die Affinität zwischen Leser und Autor ausmachen, im formalen und inhaltlich-ideellen Bereich aufzusuchen. Was diesen betrifft, so weiß man ja mittlerweile, daß die »ganze Straße der Ideen« im Labyrinth der Erzählwelt Mays so harmlos nicht ist: und dementsprechend könnte es interessieren, welche Veränderung die Intensität der »Laternen«, die sie erhellen, durch den Beleuchtungswechsel einer Übersetzung erfährt. In formaler Hinsicht gilt May allgemein als unkontrollierter Vielschreiber, der dem Diktat der inneren Stimme willenlos gehorcht: von Emotionen dominiert erscheint sein Stil. Das Gegenteil charakterisiert das Stilverständnis des Französischen: ihm wird ein besonderer Hang zum Rationalismus und zur sprachlichen Klarheit nachgesagt. Und die >Aufräumarbeit<, die die französische Übersetzung im >Haushalt< des Mayschen Textes leistet, ist in der Tat erstaunlich. Das zeigt sich deutlich am Umfang von Original und Übersetzung.(6) Offenbar hat eine rigorose Ausdünnung des stilistischen Ameublements stattgefunden, ein >Ausräumen< allzu dicht gedrängt empfundener Requisiten in Wort und Syntax, so daß - um im Bilde zu bleiben ­ bei einem zu vermutenden Wechsel der Ideenbeleuchtung ein rationales >Reinemachen< im Interesse einer >unité du style<(7) auf der >Schau(steller)bühne< Mayscher Erzählung manch neue Einblicke in bisher verstellte Ecken ermöglichen dürfte. Zu überlegen wird sein, ob diese Einblicke in überhelle Erzählräume lohnen und nicht manches lieber im Halbdunkel geblieben wäre: nicht jede Mittelstimme in einer komplizierten Partitur sollte der Toningenieur vors Mikrophon holen.

Schon eine flüchtige Vergleichslesung der zu untersuchenden Episode in der Pariser wie der ihr zugrunde liegenden Radebeuler Ausgabe von 1933 - >Winnetou I<, textidentisch mit der Freiburger Erstausgabe


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1893 - macht im übrigen den bearbeitenden Charakter der Übersetzung deutlich. >Traduit et adapté par Nathalie Gara< - >übersetzt und angepaßt<; da ist Mißtrauen geboten. Man gewahrt Freiheiten, die sich der französische Text dem Original gegenüber brüsk herausnimmt, und fühlt sich lebhaft an das von Goethe in den >Noten< zum >Divan< beschriebene »parodistische« Übersetzungsverfahren erinnert, das »in die Zustände des Auslandes zwar zu versetzen, aber eigentlich nur fremden Sinn sich anzueignen und mit eigenem Sinn wieder darzustellen bemüht ist.«(8) Als Muster eines Übersetzers dieser Gattung führt Goethe Wieland an: besitze dieser doch »einen eigentümlichen Verstands- und Geschmacksinn, mit dem er sich (...) dem Auslande nur insofern annäherte, als er seine Konvenienz dabei fand« Wieland habe »außerordentlich gewirkt, indem gerade das, was ihn an mutete, wie er sich's zueignete und es wieder mitteilte, auch seinen Zeitgenossen angenehm und genießbar begegnete«.(9) Eine solche Charakterisierung trifft, um es vorwegzunehmen, in wesentlichen Punkten das Übersetzungsverfahren von Nathalie Gara: zum Vor- und Nachteil des Originals. Vertrautes wird adaptiert, wesensmäßig Fremdes ausgespart. Der des Französischen kundige Leser mag zwar den Reiz schätzen, der durch ein derartiges Vorgehen dem Originale zuwächst, vielleicht kommt er sogar zu einem dem Goethes vergleichbaren Eindruck, der angesichts von Nervals Faust-Übersetzung bemerkt: »Im Deutschen mag ich den Faust nicht mehr lesen; aber in dieser französischen Übersetzung wirkt alles wieder durchaus frisch, neu und geistreich.«(10) Für die grundlegenden Vermittlerdienste jedoch, die eine Übersetzung zu leisten hat, ist der sprachlich-inhaltliche Verlust des >parodistischen< Übersetzungsverfahrens außerhalb jeder verantwortbaren Kalkulation. Dem Leser einer solchen Übersetzung wird vieles nur >angemutet<, nichts zugemutet, das Befremdliche und Bizarre wird ihm erspart, dem bei einem so eminent ­ sit venia verbo - >deutschen< Autor wie Karl May ein französischer Übersetzer durch eine bearbeitende Glättung des Originals auszuweichen sich versucht fühlen muß; um so mehr als ­ Goethe weist darauf hin(11) - die >parodistische< Übersetzungsmethode im französischen Kulturraum eine ehrwürdige Tradition hat. Eine vergleichende Betrachtung beider Fassungen wird daher vielleicht auch einen klärenden Blick in so etwas Diffuses wie die >Völkerpsyche< gestatten, sei es, Vorurteile zu bestätigen, sei es, sie zu revidieren. Tradition hat das >parodistische< Übersetzungsverfahren allerdings allenthalben im Bereich der Abenteuer- und Jugendliteratur. Werke der Weltliteratur - man denke an Cervantes, Swift, Defoe, Scott, Cooper, Dickens, an die >Erzählungen aus den 1001 Nächten<, an Homer und


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die >Edda< - sind schon immer ad usum delphini übersetzt und bearbeitet worden mit dem Blick darauf, was der >reiferen Jugend< zumutbar ist, ja selbst die Klassiker sehen sich von Autoritäten wie Stefan Zweig der Zensur des >Zumutbaren< ausgesetzt, die unverblümt in der Forderung gipfelt,

»einmal in einer übersichtlichen Serie die ganze Weltliteratur von Homer über Balzac und Dostojewskij bis zum >Zauberberg< mit gründlicher Kürzung des individuell Überflüssigen [sic!] herauszugeben, dann könnten alle diese Werke (...) erneut lebendig in unsere Zeit wirken«.(12)

Dante, Goethe, Tolstoi auf Highlights getrimmt: welch Plädoyer für einen weltliterarischen Digest, angesichts dessen man eine bearbeitende Übersetzung Karl Mays doch für verzeihlich halten möchte, zumal May selbst sich mit der Umformung von Gabriel Ferrys >Coureur des bois< von dieser Bearbeitungstradition nicht ausgenommen hat. Er kommt dabei nachweislich(13) ohne das französische Original aus, und es wäre reizvoll, seine Adaption im einzelnen mit diesem zu vergleichen, worauf wir am Ende unserer Betrachtung noch kurz zurückkommen wollen. Jedoch, die Freiheiten des Bearbeiters legitimieren grundsätzlich nicht die des Übersetzers: und als einen solchen versteht sich Nathalie Gara zweifellos, die nicht frei umformt oder dazuerfindet, vielmehr über weite Partien durch eine Texttreue von ungewöhnlicher Nachempfindsamkeit die radikalen Kürzungen, die sie sich gestattet, vergessen zu machen sucht. Diesem Täuschungsmanöver durch einen Vergleich beider Fassungen vom Wort her auf den Grund zu gehen verheißt, in dieser Annahme und Verweigerung, dieser Affirmation und Irritation Auskunft über Art, Gesinnung, Kultur derer zu finden, in deren Sprache hier übersetzt wird. Der >traduttore< wird - nach einer geläufigen Formel - zum >traditore< (>Verräter<), allemal aber auch zum Spiegel für das Original. Unter diesem Gesichtspunkt gilt es einen Blick auf die vorliegende Übertragung zu werfen. Was verrät sie uns über May und was über den Übersetzer und das Publikum, das er vertritt?


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II

»Frappé comme d'un coup de foudre, (...) je demeurai immobile. Un profond silence regné un moment parmi les trois personnages de cette s c è n e  d e  d o u l e u r. «(14)

»Wie von einem Donnerschlage gerührt (.. .) blieb ich unbewegt stehn. Ein tiefes Schweigen herrscht eine Minute zwischen den drei Personen dieses A u f t r i t t s des Schmerzes.«(15)

»Ce sera une scéne comme on en voit dans les maisons que les Visages Pâles appellent théâtres. ­ Evidemment.«(16) - »... Das wird genau so gemacht werden, wie in den großen schönen Häusern der Bleichgesichter, in denen man Theater spielt. « »Ja... «(17), ein poetologisches Credo Mays und einmal mehr Hinweis auf das inszenatorische Gehabe, mit dem er seine Erzählwelt regiert und dessen theatralische Züge die französische Übersetzung besonders herausstellt: allein schon die mehr interpretierende als wortgenaue Übertragung folgender >szenischen Anmerkung<, die ebensogut für eine Szene aus >Atala< erfunden sein könnte, liefert einen verschlüsselten Hinweis:(18)

Hier stand ich vor einer jener Katastrophen, an denen der Westen so reich ist und die seinen Gestalten und Ereignissen jenen energischen Charakter geben, durch welchen sie sich kräftig auszeichnen. »Je me trouvai en face d'un de ces drames si fréquents dans l'Ouest et auxquels la grandeur d'âme de leurs héros confère une puissance d'autant plus poignante.«

[Ich befand mich vor einem jener Dramen, die im Westen so häufig sind und denen die Seelengröße ihrer Helden eine um so ergreifendere Macht verleiht.]

Die Wahl von >drame< statt >catastrophe< für >Katastrophe< läßt sich noch mit dem Sinn >tragische Begebenheit<, den >drame< (neben >Schauspiel<, >Drama<, als >drame Iyrique< auch >Oper<) im Französischen hat, rechtfertigen; wohingegen >catastrophe< eher >entscheidender Moment<, in der Terminologie des Theaters aber auch >verhängnisvolle Lösung eines Trauerspiels< bedeutet. Die Hinzufügung »la grandeur d'âme de leurs héros« [die Seelengröße ihrer Helden] hingegen läßt an Corneille und Racine denken und macht ausreichend klar, in welches Licht die Übersetzerin die Mayschen Handlungen gerückt sehen möchte: in das der Bühne. Zum szenischen Element in Mays Werk entwickelt sie eine besondere Neigung; und wenn wir vom >Wechsel


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szenischer Illumination< sprechen, so ist damit die veränderte Beleuchtung gemeint, die Mays imaginiertes Welttheater, das Fiktionale seines epischen wie das Reale seines psychischen Raumes, durch die Übersetzung erfährt. Sie bewirkt eine Veränderung von Optik (Perspektive) und Beleuchtung (Illumination), die in drei Schritten verfolgt wird: 1) Veränderung des Stiles, 2) Veränderung der Regie, 3) Veränderung des Weltbildes (der dramatis personae, der handelnden Personen).

Vergegenwärtigen wir uns zunächst den Handlungszusammenhang, in dem die Nugget-tsil-Episode steht. Sie ist sicher jedem May-Leser geläufig und schildert den Versuch des Ich-Helden Old Shatterhand, Winnetou, seine Schwester Nscho-tschi und beider Vater, den Apachen-Häuptling Intschu tschuna, vor dem weißen Banditen Santer und seinen Genossen zu retten, die einen Anschlag auf die Indianerfamilie verüben, um in den Besitz des Goldes zu kommen, mit dem der Aufenthalt Nscho-tschis in den Städten der Weißen finanziert werden soll. Der Ich-Held, von den Indianern über die Lage der >Bonanza< und den Weg dorthin im unklaren gehalten, trifft zufällig auf die Spuren der Gangster, errät ihre Absicht und nimmt die Verfolgung auf, um seine Freunde zu warnen. Ausführlich schildert May die Gefühle, die den Ich-Helden auf seinem Ritt überkommen, und weiß den Leser in den Bann einer beeindruckend geführten Klimax der Angst zu ziehen. Die Übersetzerin gibt sich da wesentlich zurückhaltender und distanzierter. Prüfen wir, ob das nur an den zahlreichen Kürzungen liegt, die sie anbringt. Hier das deutsche Original und die französische Fassung. (19)

Dabei suchte ich nach Anhaltepunkten, zu erraten, wo, falls ich diese Fährte verlieren sollte, der Fundort des Goldes gesucht werden müsse. Winnetou hatte von einem Berge, den er Nugget-tsil nannte, gesprochen. Nuggets sind Goldkörner, welche man in verschiedener Größe findet; tsil ist ein Apachewort und bedeutet Berg. Nugget-tsil heißt also Nuggetberg. Der Ort lag sonach jedenfalls hoch. Ich musterte die Gegend, durch welche ich jagte. Nördlich von mir, grad in meiner Richtung, lagen einige beträchtliche Höhen, welche mit Wald bewachsen waren. Eine von ihnen mußte der Nuggetberg sein; das war für mich in diesem Augenblicke zweifellos. »Pendant ma course, je me remémorai encore tous les détails de notre conversation de la veille. Winnetou m'avait parlé d'un Nugget-Tsil. Nugget signifie Poudre d'Or et Tsil veut dire Montagne. Je devais donc, sans m'attarder à la piste, me diriger vers les montagnes qui s'élevaient vers le sud.«

[Während meines Laufes/Rittes rief ich mir nochmals alle Einzelheiten unserer Unterhaltung des Vortages ins Gedächtnis. Winnetou hatte mir von einem Nugget-Tsil erzählt. Nugget bedeutet Goldstaub, und Tsil heißt Berg. Ich mußte also, ohne auf der Fährte zu verweilen, mich zu den Bergen wenden, die sich gegen Süden erhoben.]


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Es bestätigt sich zunächst der bearbeitende (>adapté<) Charakter der Übersetzung; man sollte hier eher von Nacherzählung sprechen, deren Distanziertheit weniger durch die Kürzungen als durch das Bestreben, konzentriert zu informieren, Handlung voranzutreiben und sich nicht in Gefühlsschilderung zu verlieren, begründet ist. Die realistische Opulenz des Originals erscheint aufs Pointillistische reduziert. So entspricht etwa: Dabei suchte ich nach Anhaltepunkten, zu erraten...: »(.. .) je me remémorai encore (. ..)« [rief ich mir nochmals ins Gedächtnis]­ oder ...falls ich diese Fährte verlieren sollte...: »Pendant ma course« [Während meines Laufes]. Das ist ­ wenn überhaupt ­ nur noch in der Intention vergleichbar. Die Verkürzung läßt die Überlegung, das tüftelnde Detail, die Konklusionen, die genaue Ortsbeschreibung, all das, was May bemüht, um seine Schilderung authentisch zu machen, uns das Dabeisein möglichst identifizierend zu gewährleisten, fort und wandelt den nahezu heiseren Tonfall der Vorlage, der uns noch zu beschäftigen haben wird, zu einer konfektionellen Glätte. Der Ort lag sonach jedenfalls hoch...: Man beachte die auch sonst bei May häufige Verwendung adverbiell-konjunktionaler Füllsel, die der Erzählung stark den Anstrich der Mündlichkeit geben. ...das war für mich ... zweifellos. Und ist es in diesem Augenblick auch für den Leser, der den Schluß selbst zu ziehen glaubt. Die Übertragung unterschlägt und bündelt das alles im »Je devais donc (...) me diriger (...) vers le sud«. Das indikativische »Je devais« ersetzt jenes reflektierende ...war für mich in diesem Augenblicke zweifellos.» (...) sans m'attarder (à la piste)« [ohne auf der Fährte zu verweilen] ist überhaupt das Stichwort für die Übersetzerin. Sie verweilt nicht ­ keine Reflexion, die das deutsche Original beschwert, nur direkte, klare Aktion. So erledigt sie mit dieser Phrase auch gleich die beiden folgenden Abschnitte.

Der alte Gaul, auf welchem ich saß, war mir nicht schnell genug. Ich riß im Vorüberjagen eine Rute von einem Busch und trieb ihn mit derselben an. Er that, was seine Kräfte vermochten, und die Ebene verschwand hinter mir; die Berge öffneten sich. Die Spur führte zwischen zwei derselben hinein, doch konnte ich sie nach einiger Zeit nicht mehr erkennen, denn die Bergwasser hatten hier viel grobes Steingeröll von den Höhen geschwemmt. Ich stieg aber trotzdem nicht ab, denn es verstand sich ganz von selbst, daß die Gesuchten hier weiter, das Thal hinauf, gegangen waren. »Ma course me conduisit, par monts et par vaux, à travers des lits de rivière desséches à une carriére où je perdis complètement la piste.«

[Mein Lauf führte mich über Berg und Tal, durch das Bett ausgetrockneter Flüsse, zu einem Steingeröll, wo ich die Spur gänzlich verlor.]


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Die Spur führte zwischen zwei derselben hinein... ­ dem entspricht allenfalls dieses »Ma course me conduisit (...)«. Das nun ist schon nicht ganz wörtlich übertragen, und so - »(...) je perdis complètement la piste«! - geht die Spur in der französischen Übersetzung sehr schnell verloren, die ausführlich den Leser verfolgen zu lassen das deutsche Original so viele Details aufwendet. Kein Wunder: denn Spurenlesen und seine Beschreibung ist, wie man weiß, für den Schriftsteller May literarisches Abbilden eines psychischen Prozesses, eine Art Bewältigung seelischer Topographien, unternommen »mit jener angeborenen Spur-und-Suchsinnigkeit, (...) jenem inquisitorischen Geist eines Untersuchungsrichters, der vielleicht in frühen Kindheitseindrücken wurzelt«(20) und den Baudelaire an E.A. Poe diagnostiziert, jenem »entdeckungsfreudigen Erzähler«, dessen Überlegenheit u.a. auch im »Erstaunen«(21) beruht. In diesem Sinne versteht Nathalie Gara die Vorlage nicht als Psychogramm, und so erscheinen die Kürzungen, die sie vornimmt, als Ausdruck nicht nur sprachlicher Ökonomie, sondern auch einer gewissen Abstinenz in der Teilnahme an den seelischen Prozessen, die die Vorlage diktieren. Die seelisch bedingte Umständlichkeit und penible Gründlichkeit, mit der May erzählt, kann unter diesen Umständen nur als Ausdruck der Trivialität erscheinen. Um sie zu vermeiden, entschlackt die Übersetzerin hier und ­ wie wir noch sehen werden - an weitaus spektakuläreren Stellen mit einer Radikalität, die wohl der erzählerischen Betulichkeit im Seelenhaushalt des Originales Abbruch tut, andrerseits stilistisch wohltuend wirkt. Damit versucht sie jener für den französischen literarischen Geschmack so bedeutsamen >unité du style< Rechnung zu tragen, die im >gemischten< Genre der Abenteuererzählung zu wahren, schon Chateaubriand als eine >Fahrt über Klippen< bezeichnet hat: »Dans ces sujets mixtes, on marche constamment entre deux écueils: l'affectation ou la trivialité.«(22) So wenig Nathalie Gara auf die Dauer dem >gezierten Ton< entgehen kann, so wenig gelingt es ihr durchgehend, die >Trivialität< zu meiden. Diese - da genre-immanent - bleibt der Übersetzung in entscheidenden Momenten als spezifisches Spurenelement haften, ärgerlich als künstlerische Unzulänglichkeit, weil in ihrer überragenden Rolle für die Erzähl- und Seelenalchemie des Originals nicht mehr erkenntlich. Dazu ist die Aufräumarbeit der Übersetzerin in dessen Laboratorium doch zu gründlich. Gegen manche deutsche Zumutung sträubt sich die französische Sprache zum Glück ohnehin. Wie sollten sich wohl Wendungen wie Die Spur führte zwischen zwei derselben hinein... oder die May unvermeidliche und in ihrer Penetranz denunziatorische Floskel ...denn es verstand sich ganz von selbst... im Franzö-


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sischen ausnehmen? In eine Sprache, in der sich dank ihres >elliptischen< Charakters manches ganz von selbst versteht, ohne daß man genötigt ist, es breit auszuwalzen, ist es ein Unternehmen voller Tücken, eines Schriftstellers Texte zu übertragen, bei dem und in dessen Muttersprache sich selten >etwas von selbst versteht<. >I l  v a  s a n s  d i r e< (>Es geht o h n e  z u  s a g e n<), heißt denn auch die entsprechende französische Redewendung: gesagt wirkt vieles tautologisch; von Tautologien lebt Mays Erzählstil nur allzu oft. Sie machen die Faszination seiner >M ü n d l i c h k e i t< aus.

Entsprechend dem Zeitrafferprinzip, das die französische Übersetzerin anwendet, gönnt sie uns von folgendem Abschnitt ungefähr den ersten und letzten Satz.

Später aber öffnete sich rechts eine Seitenschlucht, deren Grund ebenso steinig war. Jetzt galt es, zu erfahren, ob sie da rechts abgewichen oder geradeaus weitergegangen waren. Ich sprang aus dem Sattel und untersuchte das Geröll; es wurde mir nicht leicht, die Spur zu entdecken; ich fand sie aber doch: sie führte in die Schlucht hinein. Ich stieg wieder auf und folgte ihr. Bald aber teilte sich der Weg, und ich mußte abermals absteigen. Voraussichtlich geschah dies später wieder, und da konnte mir das Pferd nur hinderlich sein. Ich band es also an einen Baum und eilte zu Fuße weiter, nachdem ich gesehen hatte, wohin die Fährte wies. »L'endroit devenait d'ailleurs si rocheux que je dus abandonner mon cheval que j'attachai à un arbre.«

[Der Ort wurde überdies so felsig, daß ich mein Pferd zurücklassen mußte, das ich an einen Baum band.]

...rechts eine Seitenschlucht, deren Grund ebenso steinig war. - »L'endroit devenait d'ailleurs si rocheux (. ..).« Abgesehen von der veränderten Konstruktion, ist in >l'endroit< allenfalls noch das >rechts< zu erahnen ­ der Sachverhalt legt ja sowieso nahe, daß es sich bei >endroit<­der Ausdruck bedeutet eigentlich ganz neutral >Ort<, >Stelle<, dann auch >rechter Ort<, >rechte Seite< - um eine Schlucht handeln muß: >Schlucht< als explizit genannter Ort der Handlung entfällt. Des Autors akribische Ortsbeschreibung reduziert die Übersetzerin um so mehr zu bloßen Szenenanweisungen, je weniger ihr die hinter der realistisch ausstaffierten Kulisse verborgenen Seelenlandschaften bedeuten. Entsprechend muß sie die Pedanterie, mit der der angeblich in höchster Erregung begriffene Ich-Held seine Handlungen vor uns ausbreitet, der Situation wenig angemessen >angemutet< haben.


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Die lange Satzreihe ab Bald aber teilte sich der Weg wird bei der Übersetzerin zu einem halben Satz. Und dieser Abbreviaturtechnik fällt nun auch die ganze latente Seelendramatik zum Opfer, die, verbunden mit der Schulmeisterlichkeit eines Polizeirapports, »jener angeborenen Spur-und-Suchsinnigkeit«,(23) der Mayschen Erzählweise die ihr eigene Ambivalenz, das Oszillieren zwischen banaler Detailkrämerei und erzählerischer Rasanz verleiht.

Ich hastete in einem engen, felsigen Gerinne weiter, in welchem sich jetzt kein Wasser befand. Die Angst trieb mich zu einer Eile an, welche mir nach und nach den Atem raubte.

Auf einer scharfkantigen Höhe angekommen, mußte ich stehen bleiben, um die Lunge ruhiger werden zu lassen; dann ging es weiter, drüben ein Stück hinab, bis die Spur plötzlich links in den Wald einbog. Ich rannte mehr, als ich lief, unter den Bäumen hin. Sie standen erst dicht beisammen, dann weiter auseinander, bis es so licht vor mir wurde, daß ich annahm, einen freien Platz vor mir zu haben.

»Je continuai ma course en haletant [Ich setzte meinen Lauf keuchend fort]


et parvins à une forêt dense où peu à peu cependant les arbres étaient de plus en plus clairsemés. J'en conclus que j'allais atteindre une clairiére

[und gelangte in einen dichten Wald, wo nach und nach jedoch die Bäume immer mehr verstreut standen. Ich schloß daraus, daß ich bald eine Lichtung erreichen würde].«

Angst ­ Eile ­ Atem raubte - rannte mehr, als ich lief - beachtlich die perenniernd die Atemlosigkeit zum Ausdruck bringende Tautologie -: der ganze Abschnitt konzentriert sich im Französischen in der einzigen Wendung: »en haletant« [keuchend]. Man mag das, verglichen mit den >Weitschweifigkeiten< des Originals, diesen ausholend registrierenden Kamerafahrten, an denen der Erzähler uns teilhaben läßt, für ökonomisch, gar - wenngleich der Situation unangemessen - elegant halten. Was der französischen Übersetzung in ihrem Streben nach Klarheit, was ihr in ihrer Rationalität abgeht, ist die beeindruckende Alptraumhaftigkeit des Originals, diese Mischung aus oben erwähnter >wortkläubelnder< Schreibstubenpedanterie und groß ausgeführter Metapher für Angst, fast tödliches Ersticken, die die genau beschriebene Kulisse in sich birgt - jener panische Detailfanatismus, der May bei jeder nur erdenklichen Gelegenheit uns versichern läßt, geraubte Habseligkeiten seien ihm zurückerstattet worden, und der in seiner Konstruktion von Angstszenerien oft an Kafka gemahnt. In ihnen zu überleben, setzt May eine Sprachautomatik in Gang, die Erzähler und Hörer/Leser in einen Zustand anästhesierender »Trunkenheit« überführt, ihnen »das Grauen des Abgrundes zu verhüllen«, an dessen Rand »der


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Genius (...) Komödie spielen kann, in einer Freudigkeit, die ihn das Grab nicht sehen läßt«.(24) Daß Mays Erzählen >betrunken< machen kann, ist mit unterschiedlichen Wertungen immer wieder behauptet worden. Man darf billigerweise darüber geteilter Meinung sein, kaum aber über die Bedeutung, die die >Worttrunkenheit< für den Ich-Helden hat, um auf dem >Theater der Grausamkeiten< zu überleben.

Der Alptraum am Nugget-tsil, in der französischen Fassung allenfalls ein grelles Schlaglicht, gibt kurz den Blick frei auf den >Schnürboden der Imagination<, aus dem die Kulissen, die auf der Erfahrungsbühne des Lebens eine Rolle gespielt haben, noch in der Selbstbiographie des alten Karl May heruntergelassen werden. »Ma course me conduisit (...) à une carrière où je perdis complètement la piste.« ...fand ich mich im Innern eines tiefen, steilen Steinbruches emporkletternd. Ich hatte mich verstiegen..., heißt es an entscheidender Stelle in der Selbstbiographie >Mein Leben und Streben<.(25) Hier, am >endroit si rocheux< konvergiert, was in der Jugend durchlitten, mit dem Abglanz traumatischer Erfahrung, den die >Götterdämmerung< der Autobiographie des alternden Schriftstellers wirft. Wenn aber »Trunkenheit« das Genie, ohne daß es dessen gewahr wird, >am Abgrund des Grauens Komödie zu spielen< befähigt, so nur dank der Einfalt, weil - wiederum nach Baudelaire - »das Genie die nach Belieben wiederfindbare Kindheit ist«(26) und sich eigentlich immer >à la recherche d'une enfance perdue< befindet. Mays Ich-Held, ein verlorener Sohn, leistet seine Suche nach der verlorenen Kindheit im Stadium permanenter Gefährdung. Atemnotszenen, Schilderungen eines nahenden Erstickungstodes finden sich in seinem Werke eindrücklich und in auffälliger Vielzahl. Die Kanalszene in der >Rose von Kahira<(27) oder die Pyramidenepisode in >Der Mahdi<(28) sind dafür ebenso beliebige Beispiele wie besonders eindrücklich ­ die >Verschüttungskatastrophen< in >Krüger Bei<(29) oder >Im Reiche des silbernen Löwen<,(30) die in der Erzählung von der drohenden Bestattung der scheintoten Großmutter(31) als fernes Altersecho nachklingen. Schluchten und Engpässe, Bastionen in schwindelnder Höhe und Abstürze beherrschen den seelischen Schnürboden eines individuellen Welttheaters, wo heimliche und unheimliche, psychische und somatische, reale und phantastische Requisiten einmal durchwanderter >Pleasure-Grounds< des Schreckens noch nicht magaziniert sind, sondern weiterhin zum Fundus der dichterischen Einbildungskraft gehören. Auf diesen wirft die französische Übersetzung ein blitzartiges, aber wirkungsvolles Streiflicht, den ganzen Komplex zum gérondif verkürzend: >en haletant< [keuchend]. Allerdings, 1933 ist nicht das Jahr, da die Promotoren der Werke Mays etwas von


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deren Qualitäten als »Anamnesematerial«(32) für Psychologen hätten wissen wollen, waren sie doch vollauf damit beschäftigt, sie von allen dubiosen Odeurs aus Klingsors Zauber(kräuter)garten zu reinigen. Insofern spiegelt sich auch der Zeitgeist in der vorliegenden Übertragung und ein Stück Rezeptionsgeschichte dazu, was allerdings die illegitimen Prokrustesmethoden Nathalie Garas nicht entschuldigen kann. >En haletant< treibt sie dem Originale alle erzählerische Magie aus, die den Leser das Rumpeln der Drehbühne überhören läßt; was bleibt ist eine von Kunstlichtblitzen erhellte Szene, ein veritables Theatergewitter ankündigend, eine Theatralik, der nur mit Ironie beizukommen ist, angemessen einem Aimard oder Retcliffe; May-Leser sind in der Regel keine Ironiker. Samson, von Dalila um den Schmuck des Haupthaares gebracht: der Rest ist >en haletant< - die Lächerlichkeit.

Noch hatte ich denselben nicht erreicht, da hörte ich mehrere Schüsse fallen. Einige Augenblicke darauf erscholl ein Schrei, der mir wie ein Degen durch den Körper drang; es war der Todesschrei der Apachen. »Cependant, avant que j'eusse pu y parvenir, j'entendis le bruit de plusieurs détonations, suivies de cris terribles qui me percorent le cœur. C'était le cri de mort des Apaches!«

[Jedoch, ehe ich dorthin hätte gelangen können, hörte ich das Geräusch von mehreren Schüssen, denen schreckliche Schreie folgten, die mir das Herz durchdrangen. Es war der Todesschrei der Apachen!]

Besonders, wo sie sich wörtlich gibt, wird die Neigung der Übertragung spürbar, die im Original vorgegebene dramatische Situation inszenatorisch zu schärfen. Nicht ein Schrei erscholl, nein »cris terribles«, obwohl es dann dort, da die Tragödie dem Höhepunkt zutreibt, programmatisch wie im Original heißen muß: »C'était le cri de mort des Apaches!« Das erzwingt die Dramaturgie, und die Übersetzerin betont es durch Hinzufügung des Ausrufezeichens. Den häufig wie aus Plüsch-und-Spitzen-Stücken stammenden Vergleichen Mays, etwa: ...ein Schrei, der mir wie ein Degen durch den Körper drang; weiß das Französische einen modisch eleganten, sentimentalen Schliff zu geben: »(...) cris (...) qui me percorent le cœur« [Schreie ..., die mir das Herz durchdrangen]. Es zeigt sich diese Übersetzung überhaupt oft sehr viel geschickter in der Wahl der Metaphern als das Original. Dafür liefert der folgende Abschnitt anschauliche Beispiele:


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Nun rannte ich nicht nur, sondern ich schnellte mich förmlich weiter, in langen Sätzen wie ein Raubtier, welches sich auf seine Beute werfen will. Wieder ein Schuß und noch einer ­ - das war das Doppelgewehr Winnetous; ich kannte seinen Knall. Gott sei Dank! Er lebte also noch; denn wer tot ist, kann nicht schießen. Ich hatte nur noch einige Sprünge zu thun, dann hatte ich die Lichtung erreicht und blieb unter dem letzten Baume stehen, denn was ich sah, fesselte meinen Fuß förmlich an den Boden. »Je ne courais plus, je volais littéralement. Tout à coup, j'entendis un nouveau coup de fusil, suivi immédiatement d'un autre... Je reconnus la détonation du fusil à double canon de mon ami. Il était donc encore en vie! Un dernier bond et j'atteignis la clairière, mais je m'arrêtai pour m'appuyer à un arbre, tant le spectacle qui s'offrait à ma vue, en me perçant de douleur, me laissait privé de force.«

[Ich rannte nicht mehr, ich flog buchstäblich. Plötzlich hörte ich einen neuen Gewehrschuß, dem unmittelbar ein anderer folgte... Ich erkannte den Knall des Doppelgewehres meines Freundes. Er lebte also noch! Ein letzter Sprung, und ich erreichte die Lichtung, aber ich blieb stehen, um mich an einen Baum zu lehnen; so sehr ließ mich das Schauspiel, das sich meinem Blick bot, indem es mich schmerzhaft durchdrang, meiner Kraft beraubt.]

Die Übersetzerin hält sich nun zwar einigermaßen an die Vorlage, verändert aber doch in bezeichnender Weise. Der Vergleich ein Raubtier, welches sich auf seine Beute werfen will ebenso wie ich schnellte mich förmlich weiter, in langen Sätzen findet sich in der Feststellung »je volais littéralement« [ich flog buchstäblich] gerafft. Verloren geht dabei jene durch drastische Klischees erzeugte Marionettenhaftigkeit der Vorlage, die - wobei die Affinität zum Comic nicht zu übersehen ist an den Jahrmarktcharakter populärer Graphik des 19.Jahrhunderts erinnert. Eine Konnotation in diesem Sinne bewirkt allenfalls die Formulierung »le spectacle qui s'offrait à ma vue« [das Schauspiel, das sich meinem Blick bot] für was ich sah; denn neben >Anblick< bedeutet >spectacle< auch >Schauspiel< - >aller au spectacle< heißt >ins Theater gehen< -, als >spectacles forains< >Jahrmarktvergnügungsstätten< oder >Rummelplatz<. Die Wahl dieses Ausdrucks gerade hier erscheint nur zu gerechtfertigt, bedenkt man die gleichsam voyeuristische Perspektive, die Nathalie Gara in ihrer Übersetzung etabliert und der konsequent entspricht, daß sie aus der grillenhaft angestrengten Metaphorik ...denn was ich sah, fesselte meinen Fuß förmlich an den Boden ein eindrucksvolles Bild gewinnt, das May mit der Bemerkung ... ich ... blieb unter dem letzten Baume stehen vorgibt: »mais je m'arrêtai pour


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m'appuyer à un arbre« [aber ich blieb stehen, um mich an einen Baum zu lehnen]. >Sich an einen Baum lehnen< wirkt zwar in dieser Situation weniger reißerisch, weniger affektiert als >den Fuß an den Boden gefesselt haben<, kommt aber der Neigung der Übersetzerin zur dekorativen >mise en scène<, der szenischen Qualität des nun folgenden >Auftrittes<, »de cette scène de douleur«,(33) mehr entgegen. Aufschlußreich dafür ist auch die Erweiterung »le spectacle ... en me perçant de douleur, me laissait privé de force« [ließ mich das Schauspiel ..., indem es mich schmerzhaft durchdrang, meiner Kraft beraubt] - so im Original nicht anzutreffen -: Ausdruck eines aristotelisch gefärbten Pathos, in dessen Licht die Übersetzerin ihre Leser mit den Augen des vor Schmerz halb ohnmächtigen Ich-Helden die >Schau-Stellung<, das >theatron< überblicken läßt. Die literarisch ehrwürdige und prestigeträchtige Form der Teichoskopie, derer sie sich dabei bedient, verstärkt den Eindruck des klassizistischen Arrangements. Dabei ist die Gefahr, vom Erhabenen unversehens ins Lächerliche zu geraten, geschickt vermieden. Sie wohnt ja vielen Mayschen Metaphern inne, und die Outrierung der Schilderungen des Originals grenzt häufig an die Karikatur, wozu auch Umständlichkeiten gehören, wie sie in unserem Text die der Feststellung das war das Doppelgewehr Winnetous folgende Bemerkung bringt: ich kannte seinen Knall. Das wirkte läppisch, erweckte es nicht, liest oder besser >hört< man, vom Erzählfluß mitgerissen, eilig darüber hinweg, den Eindruck der Unmittelbarkeit. Er lebte ... noch; denn wer tot ist, kann nicht schießen. Der >Verschlingungseffekt< - ob nun der Text den Leser oder der Leser den Text verschlingt - , der dem Erzählen Mays eignet, sein wortabundanter und gerade deswegen eigentlich nonverbaler Charakter, läßt die Albernheit dieser Floskel vergessen, die erst in der Gegenüberstellung mit dem französischen Wortlaut ­ die Stelle ist weggelassen ­ so recht deutlich wird; deutlich werden aber auch durch die glättende Zensur der Übersetzung die eigentümlichen Mittel dieses Erzählens als eines Überredungsmanövers von demagogischem Format.

Zur Psychobiologie dieses besonderen persuasiven Pathos gehört >Vereinnahmung durch Verschlingen< ebenso wie die schon beobachtete Atemlosigkeit. Sie äußert sich in dem dahingaloppierenden >schreibenden Erzählen<, das allfälliges Streichen nicht zuläßt, von dem in Anspielung auf Eugène Sue Baudelaire bemerkt, es »trübe den Spiegel des Geistes«,(34) in dem sich verzaubernd die durch die halluzinogene Energie der Sprache induzierten synästhetischen Effekte mitteilen. Hier - wie so oft bei May - ist die erzählerische Wirkung eine filmische, an der alle Versuche, Mays Romane zu verfilmen oder auch


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zu dramatisieren, scheitern müssen. Im Vergleich mit der stark v e r b a l orientierten französischen Übersetzung zeigt sich, daß der >nonverbale< Ausdruck für die Wirkung und Glaubwürdigkeit des Erzählers May von gleicher, wenn nicht größerer Bedeutung als der >verbale< Inhalt der Äußerung ist. Seine >überwältigende< Wirkung beruht auf nonverbaler Emotionsinduktion, einem demagogischen Element, in dessen Zentrum die Verdrängung der Urteilsprozesse und die Erhöhung der Ichbeteiligung und Selbstbezogenheit stehen. In ihrer Reduktion des Originals auf das verbale Element verliert die französische Fassung an Überredungskraft. Es müßte die Übersetzerin im Grunde in sich die gleichen Gefühle erzeugen, die den Autor beim Schreiben beherrscht haben, um entsprechend den Leser beherrschen zu können. Hier versagt jedoch eindeutig der Transmissionsriemen der Empathie vom Original zur Übersetzung.

So erlaubt die Konfrontation mit der Übersetzung den Schluß, daß es gerade Mays stilistische Schwäche ist, die seine erzählerische Stärke ausmacht. Sie entzieht sich einer nur literaturästhetischen Wertung, orientiert sich vielmehr in ihren narrativen Strukturen an der antiken Rhetorik, wie Sokrates sie definiert: »Die Redekunst also ist, wie es scheint, Meisterin in einer glaubenmachenden Überredung.«(35) Daß Platon damit auch gleich die Dichtung in den Verdacht von Täuschung, gar Lüge bringen muß, verdankt sie der persuasiven Wirkung, auf die sie häufig abstellt und für die wie in der Rhetorik eher die emotionalen denn die kognitiven Faktoren verantwortlich sind. Mit Baudelaire zu sprechen: »Große Dichtung (...) glaubt.«(36) Es spricht nichts gegen die Annahme, daß May in dieser Kategorie als peithous demiourgos (peithous demiourgos),(37) als »Schöpfer aus der Überredung«, >große Dichtung aus dem Geiste der Rhetorik< schreibt, in der die literarischen Defizite zu Tugenden werden: z. B. zeigt sich bei ihm eine Erzählhaltung häufig unkontrollierter >Entladung<, die den Leser >entrückt<. Der Strudel der Gefühle, der den Erzähler ­ unfähig er, auch nicht willens, sie zu disziplinieren ­ beherrscht, bildet sich ab in einer oft rudimentären, beliebigen gedanklichen Ordnung, die virtuell das Gefühl unmittelbarer Teilnahme am Geschehen vermittelt; bahnt Pfade - wie fremd auch immer ­ , die dem Leser die Möglichkeit des Einstieges und Durchganges durch solch zerklüftetes Terrain eröffnen, ihm das Gefühl, dabeigewesen zu sein, geben. Was tut z.B. der Ich-Held in höchster Erregung? Hat er in der Tat noch Zeit, sich zu Überflüssigem zu verstehen wie: denn wer tot ist, kann nicht schießen? Oder ist ein solches Füllsel nicht sehr realistischer Ausdruck für die Mechanik, die im Moment der Gefahr den Helden treibt? - Ins Fadenkreuz der >ars


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poetica< umgesetzt, heißt das, >es< schreibt (sich), >es< reagiert. Und von hier aus ergibt sich vielleicht die Möglichkeit, den Realismusbegriff des 19. Jahrhunderts einmal mit anderen Mitteln als den herkömmlichen der Mimesis zu definieren. >Es laboriert<: diese diffuse Erzählchemie, mit der May arbeitet, papierene Konstruktion und unkontrollierte Explosion, läuft in ihrer verhexenden Wirkung jedenfalls dem Realismusbegriff der französischen Übersetzerin zuwider. Ihr geht es um Inszenierung aus dem imitatorischen Effekt heraus, nicht um die Magie der Szene: reinen Trank ­ kein gepanschtes Gebräu. Im ersten Falle spielt die Kontrolle der sprachlichen Mittel, der >Rezeptur<, eine entscheidende Rolle, im zweiten die Fähigkeit, zu vereinnahmen, >betrunken zu machen<, gerade unter Ausschaltung der Reflexion, der kritischen Bewußtmachung des Mediums der Vereinnahmung. So kann Nathalie Gara a priori dem demagogischen Element in Mays Prosa nicht gerecht werden, die in ihrer unkontrollierten >Mündlichkeit<, unbehelligt von ästhetischer Zensur, die Sprache der Verführer kopiert: verschlingend und dadurch Gemeinde stiftend. Hat der Übersetzer als aufmerksamer Leser und >interpres< zwischen den Sprachen die Aufgabe, Mittel und Wirkung der Vorlage kritisch zu kontrollieren (nachvollziehend, nicht etwa selektionierend!), muß er also analytisch lesen, so steht er im Falle Mays vor dem Dilemma, daß dessen Prosa es darauf anlegt, vom Rezipienten nicht eigentlich >gelesen<, vielmehr >gehört< zu werden. Man ist, May folgend, weniger Leser als >Lauscher< - auf dem Sprunge, unentwegt Neues zu erfahren, mit dem Autor eins, dem das Lauschen recht eigentlich zur Überlebensstrategie wird; ihr unterworfen, erfährt der so zum »interiorisierten Zuhörer«(38) gewordene Leser das Wort nur noch als Signal für Bilder, ihre emotionale Macht an ihm zu entfalten. Lesend >hört< er und >sieht< zugleich sich im »Spiegel des Geistes«,(39) in dem der Autor einen Film ablaufen läßt, zu dessen Akteuren der Leser selbst gehört: er träumt und wird zum Medium für den Autor, dem er sich in einem >kannibalischen< Akt anverwandelt; vom Leser/Lauscher buchstäblich verschlungen, reinkarniert sich vergleichbar jenen famosen >body-snatchers< des Gruselfilms der Autor als »persuadendi opifex«(40) im Leser: »er muß sich gewissermaßen verwandeln in das Wesen dessen, wovon er spricht, (...) um über die Gemütsbewegung zu herrschen und zu Herzen zu dringen« (Quintilian(41)). Eine solche Art des Erzählens wirkt - könnte man sagen - sakramental, Gemeinde stiftend in der Erweckung kollektiver Gefühle durch den Erzähler-Demagogen in den Zuhörern, die sie »packenundwieineinemreißendenStromhinwegführen« - »occupatus adfectibus: aestu fertur et velut rapido flumini obsequitur«,(42) wie


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Quintilian es fordert ­ und in denen der Erzähler er selbst ist. »Schöpfer aus der Überredung«(43) sind nota bene auch die Ingenieure der modernen Werbung, »Entdecker im Effekte«.(44)

Die aus suggestiver Mündlichkeit, einem Vampirismus des Lesens bestehende Wirkung Mayschen Erzählens enthält die Übersetzerin uns dadurch vor, daß sie das Koordinatensystem von Spurenlesen und Lauschen, in dem der Leser Mays zu seinem eigenen Fährtenfinder und Erzähler wird, verläßt und die eigentümlich chaotisch personale Erzählhaltung des Originals auktorial ordnend verfremdet. Allein, gegen böse Gifte kein Gegengift! Was dabei herauskommt, ist literarische >Wirkung ohne Ursache<, mehr Meyerbeer als Wagner (mit dem May immerhin einiges gemeinsam hat, z. B. eine hypnotisierende Geschwätzigkeit), ist »wohlinszeniertes Blend-Werk«,(45) im ästhetischen face-lifting der heute vom Karl-May-Verlag vertriebenen >Winnetou I<-Fassung verwandt, die sich partienweise wie eine Rückübersetzung aus dem Französischen ausnimmt(46) und ohne Not, allein im Bemühen um sein falsch verstandenes >literarisches Outfit<, sich zu wunderlichen Bearbeitungen versteigt. Dafür gibt der Beginn der hier untersuchten Episode ein eindrückliches Beispiel: Dabei suchte ich nach Anhaltepunkten, zu erraten, wo, falls ich diese Fährte verlieren sollte, der Fundort des Goldes gesucht werden müsse. Die syntaktische Verschachtelung wirkt ­ laut gelesen ­ gehetzt, kurzatmig, das papierene Passiv des Schlusses wie im Galopp des Amtsschimmels unkontrolliert dahingesagt: >en haletant<. In der Bamberger Ausgabe liest sich das so: »Da ich die Fährte möglicherweise verlieren konnte, suchte ich Anhaltspunkte, um zu erraten, wo der Fundort des Goldes zu suchen sei.«(47) Das ist weder mutig noch geglückt. Die Bearbeitung bastelt an der Hypotaxe des Originals, raubt ihr die bemerkenswerte gestische Qualität und überführt sie in ein nichtssagendes Schulfibel-Deutsch. Nichts mehr von dem kommentarhaften Passiv gerundivischer Provenienz (gesucht werden müsse), das so hübsch den >Caesar< erinnert und dadurch, daß es ein eigentümlich persönliches Erlebnis so uneigentlich ausdrückt, es für jedermanns persönliche Phantasien freigibt. Die französische Übersetzerin ­ »Pendant ma course, je me remémorai (...)« [Während meines Laufes rief ich mir ins Gedächtnis] ­ verzichtet auf wörtliche Übertragung zugunsten bloßer Inhaltsangabe, während den deutschen Bearbeiter (sprach)pädagogische Absichten leiten, denen am Ende die ganze psychische Indikatorfunktion des Mayschen Stiles zum Opfer fällt. »Für den Fall, daß ich diese Fährte verlieren sollte, suchte ich nach Anhaltspunkten für den Fundort des Goldes.«(48) Das ist dann wohl die Endstation sprachlicher Rechtschaffenheit. Von derarti-


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ger Biederkeit ist die französische Übersetzerin in ihrem Bestreben, den theatralischen Gestus der Vorlage ins rechte Licht zu setzen, wie sich in folgendem zeigt, weit entfernt.

Die Lichtung war nicht groß. Fast mitten auf ihr lagen Intschu tschuna und seine Tochter. Ob sie noch lebten, sich noch bewegten, konnte ich zunächst nicht bestimmen. Unweit davon befand sich ein kleiner Felsblock, hinter welchem Winnetou steckte; er war soeben beschäftigt, sein abgeschossenes Gewehr wieder zu laden. Links von mir standen zwei Kerls, von Bäumen beschützt, mit angelegten Gewehren bereit, sofort zu schießen, sobald sich Winnetou eine Blöße geben werde. Rechts von mir schlich ein dritter vorsichtig unter den Bäumen hin, um Winnetou zu umgehen und ihm in den Rücken zu kommen. Der vierte lag grad vor mir, tot, durch den Kopf geschossen. »Au milieu de la clairière gisaient Intchou-Tchouna et sa fille, morts ou grièvement blessés. Non loin de là, Winnetou s'abritait derrière un rocher, occupé à recharger son arme. A ma gauche, protégés par des arbres, se tenaient deux des bandits, le fusil braqué dans sa direction, tandis que le troisième se glissait dans les buissons pour chercher à atteindre Winnetou par derrière. Le quatrième était étendu à terre, le crâne percé d'une balle.«

[Mitten auf der Lichtung lagen Intschu tschuna und seine Tochter, tot oder schwer verwundet. Nicht weit davon hielt sich Winnetou hinter einem Felsen in Deckung, damit beschäftigt, seine Waffe wieder zu laden. Zu meiner Linken standen, von Bäumen geschützt, zwei der Banditen, die das Gewehr in seine Richtung angelegt hatten, während der dritte in die Büsche glitt, um zu versuchen, Winnetou von hinten zu erreichen. Der vierte lag ausgestreckt auf der Erde, den Schädel von einer Kugel durchbohrt.]

Wiederum verkürzt die französische Fassung und betont damit das dramatisch-theatralische Element. Man vergleiche etwa: Ob sie noch lebten, sich noch bewegten, konnte ich zunächst nicht bestimmen. Die Übersetzung übernimmt den epigrammatischen Charakter (...lebten, ... bewegten), nutzt ihn aber - unter Aussparung der persönlichen Stellungnahme (konnte ich ... nicht bestimmen) ­ zu einer lakonischen Szenenanweisung: »(...) morts ou grièvement blessés« [tot oder schwer verwundet]. Entsprechend dem Ernst der Szene verschwindet auch die Umständlichkeit von Winnetou(s) ... Blöße, wie überhaupt Mays von Arno Schmidt so peinlich examiniertes Unterbewußtsein hier recht purgiert wirkt. Schon die unmittelbare Fortsetzung macht das deutlich:


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Die zwei waren für den Augenblick dem jungen Häuptlinge gefährlicher als der dritte. »Les deux premiers bandits me parurent plus dangereux pour la vie de Winnetou que le troisième.«

[Die beiden ersten Banditen schienen mir für das Leben Winnetous gefährlicher als der dritte.]

Die vielfältigen semantischen Schattenspiele, die wir seit Arno Schmidts Deutungen in Mays Erzähllandschaften zu sehen gewohnt sind,(49) vermissen wir bei dieser Übersetzerin. Sie betont, man habe es auf das Leben Winnetous (»la vie de Winnetou«) abgesehen und versagt sich jedes Kokettieren mit dem jungen Häuptlinge. Nichts Diffuses auch in eroticis beim >französischen May<, so scheint es.

Ich nahm den Bärentöter auf und schoß sie beide nieder; dann sprang ich, ohne mir vorher Zeit zum Laden zu nehmen, hinter dem dritten her. Er hatte meine Schüsse gehört und sich rasch umgedreht. Er sah mich kommen, zielte auf mich und drückte ab. Ich sprang zur Seite; er traf mich nicht; da gab er sein Spiel verloren und floh in den Wald hinein. Ich eilte ihm nach, denn es war Santer; ich wollte ihn fangen. Aber die Entfernung zwischen ihm und mir war so groß gewesen, daß ich ihn zwar am Rande der Lichtung hatte sehen können, im Walde jedoch nicht mehr sah. Ich mußte mich also nach seinen Fußeindrücken richten da konnte ich leider nicht so schnell hinter ihm her, wie ich wollte. Es war nicht möglich, ihn einzuholen, darum kehrte ich schon nach kurzer Zeit wieder um, zumal ich mir sagte, daß Winnetou mich vielleicht brauchen werde. »Je les visai donc et les abattis de deux coups de mon rifle, puis, sans même recharger mon arme, je courus vers le troisième. Celui-ci, s'étant aperçu du renfort imprévu que venait de recevoir Winnetou, s'agenouilla et tira un coup de feu dans ma direction. Je réussis à esquiver la balle et continuai ma course. Santer, car c'était lui, abandonna la partie et s'enfuit dans la forêt. Je me mis à sa poursuite, mais comme il avait déjà une avance assoz sensible, je ne pouvais espérer l'atteindre rapidement. Songeant que mon ami pouvait avoir besoin de moi, je rebroussai donc chemin dans la direction de la clairière.«

[Ich zielte also auf sie und warf sie mit zwei Schüssen meines Rifle nieder, dann, ohne erst meine Waffe wieder zu laden, rannte ich zu dem dritten. Dieser hatte die unvorhergesehene Verstärkung, die Winnetou soeben erhalten hatte, bemerkt, er kniete nieder und gab einen Schuß in meine Richtung ab. Mir gelang es, der Kugel auszuweichen, und ich setzte meinen Lauf fort. Santer, denn er war es, gab das Spiel auf und floh in den Wald. Ich begann, ihn zu verfolgen, aber da er schon einen recht deutlichen Vorsprung hatte, konnte ich nicht hoffen, ihn schnell einzuholen. Auch dachte ich mir, daß mein Freund mich brauchen könnte, und kehrte also um in Richtung der Lichtung.]


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Ihre Auffassung von >Realismus< bringt die Übersetzerin in Erweiterungen zum Ausdruck; etwa: »s'étant aperçu du renfort imprévu que venait de recevoir Winnetou« [hatte die unvorhergesehene Verstärkung, die Winnetou soeben erhalten hatte, bemerkt], wofür sich im Original keine Entsprechung findet; oder sie verbildlicht: Er sah mich kommen, zielte auf mich und drückte ab. - »Celui-ci (...) s'agenouilla et tira un coup de feu dans ma direction.« [Dieser ... kniete nieder und gab einen Schuß in meine Richtung ab.] - Das ist >Studio-Pose<, wie man sie auf Xylographien in Abenteuerbüchern des 19. Jahrhunderts findet, akademische Attitüde, und weist die Situation erneut als Arrangiertes aus, als >tableau vivant<, in dem die theatralische Haltung im folgenden beide Versionen auffällig oft zur Deckung bringt: ... da gab er sein Spiel verloren ... - »(...) abandonna la partie (...)«. Dies ist das Stichwort für das >Seelenschach< der bevorstehenden Szene; um sie schnell (»rapidement«) zu erreichen, übergeht die Übersetzerin die Schilderung der Absichten wie auch das Spurenlesen des verfolgenden Ich-Helden: »(...) je ne pouvais espérer l'atteindre rapidement« [konnte ich nicht hoffen, ihn schnell einzuholen], als ob dieser in der Gewißheit, erst nach langwierigen Mühen Santers habhaft zu werden, von dessen Verfolgung Abstand genommen hätte! >Rapidement< strudelt die Übersetzung auf die >azione teatrale<, den großen Auftritt, zu, das banale Detail, Dekor eines >Reiseerlebnisses<, wegschwemmend. Es gilt die Deklamation der Affekte; vom Wirklichkeitsgehalt dessen, was sie übersetzt, überzeugt Nathalie Gara nur der Aspekt des >Theaters<. Insofern ist der Zusatz »rapidement« ebenso verräterisch wie die Interpolation, mit der sie den folgenden Abschnitt einleitet:

Er kniete, als ich die Waldblöße wieder erreichte, bei seinem Vater und seiner Schwester, ängstlich suchend, ob noch Leben in ihnen sei. Als er mich kommen sah, stand er für einen Augenblick auf. Seine Augen hatten einen Ausdruck, den ich niemals vergessen werde. Es sprach ein fast wahnsinniger Grimm und Schmerz aus ihnen. »Lorsque je parvins enfin sur les lieux du drame, je trouvai mon ami agenouillé près de son père et de sa sœur, en train d'examiner leurs plaies d'un air d'angoisse. S'apercevant de ma venue, il se leva. Je ne pourrai jamais oublier l'expression de ses yeux traversés de lueurs sauvages exprimant tantôt la rage et tantôt la douleur avec une violence qui me sembla voisine de la folie.«

[Als ich endlich an die Stätte des Dramas gelangte, fand ich meinen Freund kniend neben seinem Vater und seiner Schwester, gerade dabei mit angstvoller Miene, ihre Wunden zu untersuchen. Als er mein Kommen


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bemerkte, stand er auf. Ich werde niemals den Ausdruck seiner Augen vergessen können, durch die ein wildes Leuchten ging, das bald Wut und bald Schmerz ausdrückte mit einer Heftigkeit, die mir dem Wahnsinn nahe schien.]

»Lorsque je parvins enfin sur les lieux du drame« [Als ich endlich an die Stätte des Dramas gelangte]: das ist Szenenanweisung - »enfin« [endlich] ­ wir sind auf dem Höhepunkt der Handlung, alles andere war nur Vorspiel. Wir befinden uns auf der Bühne eines der blutigen Dramen im far west, wie sie ein Chateaubriand komponiert, ein Gustave Aimard grell instrumentiert hat: »sur les lieux du drame«.(50)

III

»(...) les grandes passions sont solitaires, et les transporter au désert, c'est les rendre à leur empire.«

»Große Leidenschaften suchen die Einsamkeit; in die Wüste sie bringen, heißt: ihnen einen Thron erbaun.«(51)

Während auf dem Original lediglich ein Abglanz der >großen Leidenschaften< ruht, entfalten sie in der Übersetzung einen direkten Glanz, der an die Tragödientableaus Corneilles erinnert. Es begründet die Kohärenz der französischen Literatur, daß sich in ihr jede Epoche eine mit >Jetztzeit< erfüllte Vergangenheit sucht, und so wundert es nicht, daß sich die Sterbeszene Nscho-tschis in der Übersetzung wie jene Atalas, der Titelfigur aus Chateaubriands Roman, liest; auch dort die operntypische Dreierkonstellation: sterbende Geliebte, von Schmerz überwältigter Liebender (bei May Bruder) und mäßigender Freund vor den >dark and bloody pleasure-grounds< eines barbarischen Kolchis der nordamerikanischen Urwälder und Wüsteneien, wo »Rache, Liebe und alle Leidenschaften (...) das Land der Gastlichkeit mit Blut« erfüllen ­»Des querelles et des jalousies ensanglantèrent (...) la terre d'hospitalité«(52) -, Trapper und Indianer als mythische Heroen, etwa der Natchez Chactas »comme (...) Œdipe sur le Cythéron«(53), auftreten und das gestische Repertoire barocken Pathos vollkommen beherrschen:


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»(...) ses regards à demi éteints cherchoient encore à m'exprimer son amour, et sa bouche essayoit de sourire. Frappé comme d'un coup de foudre, les yeux fixes, les bras étendus, les lèvres entr'ouvertes, je demeurai immobile.« »(...) ihre halberloschenen Blicke suchten noch mir ihre Liebe auszudrücken; ihr Mund zu lächeln. Wie von einem Donnerschlage gerührt, das Auge hinstarrend, die Lippen kaum geöffnet, blieb ich unbewegt stehn.«(54)

Entsprechend arrangiert wirken auch in der französischen Übersetzung Mays die dramatis personae, in ihrer Haltung streng typisiert. Für das >tableau vivant< des großen Schauspiels ebenso wie für die Umsetzung in den Paroxysmus liefert das Original die Stichworte; wörtlich etwa: »mon ami agenouillé (...) d'un air d'angoisse«, aber dann ist da sofort »I'expression de ses yeux traversés de lueurs sauvages« [Ausdruck seiner Augen ..., durch die ein wildes Leuchten ging] dem Original hinzugefügt, der Hinweis auf das Dämonisch-Tierhafte des Wilden im Stile des konventionellen Indianerbildes. Dies findet sich in Mays Vorlage eben nicht, deren dürftiges ... fast wahnsinniger Grimm und Schmerz ... (was nicht viel mehr sagen will, als daß Winnetous Grimm und Schmerz unmäßig war) Nathalie Gara, entsprechend »lueurs sauvages«, in einen pathologischen Zustand überführt: »tantôt la rage et tantôt la douleur avec une violence qui me sembla voisine de la folie« [bald Wut und bald Schmerz ... mit einer Heftigkeit, die mir dem Wahnsinn nahe schien]. Die rhetorisch glättende Ausdünnung der Vorlage ­ so im kadenzierenden Tonfall der Anapher spürbar ­ bewirkt deren Reduzierung zu Regieanweisungen, zu Bühnenblitzlichtern, in denen der Gestus des Französischen die halbdunkel imaginierte Erzählwelt Mays in einer Weise enttarnt, daß sie zu dramatischen Versatzstücken zu schrumpfen droht, die kaum mehr als ein Interesse am Pittoresk-Schaurigen, nichts hingegen von den autobiographischen Exaltationen, die Mays Schilderungen für den deutschsprachigen Leser so aufregend machen können, vermitteln. Diese den Erzählraum >mit Lichtern durchschießende< Regie ­ »traversés de lueurs« [durch die ein ... Leuchten ging] ­ entwickelt die Übersetzung fortan zu einer virtuosen Technik des Spotlights.

»Mein Bruder Old Shatterhand sieht, was geschehen ist. Nscho-tschi, die schönste und beste der Apachentöchter, wird nicht nach den Städten der Bleichgesichter gehen; es ist noch ein wenig Leben in ihr, aber sie wird wohl ihre Augen nicht wieder öffnen.« »- Mon frère Old Shatterhand voit ce qui vient de se passer. Nso-Tsi, la plus belle et la plus douce des filles des Apaches, n'ira jamais dans la cité des Visage Pâles. Son âme veille encore sur son corps, mais je doute fort qu'elle ouvre encore les yeux sur ce monde.«


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[Mein Bruder Old Shatterhand sieht, was soeben geschehen ist. Nscho-tschi, die schönste und lieblichste der Töchter der Apachen, wird niemals in die Stadt der Bleichgesichter gehen. Ihre Seele wacht noch über ihrem Körper, aber ich bezweifle sehr, daß sie nochmals die Augen auf diese Welt öffnet.]

Winnetous im Original eher stoischer Haltung haftet in der Übersetzung etwas Manieristisches an. Die in der Vorlage nicht zu belegende Wendung »violence (...) voisine de la folie« [Heftigkeit, dem Wahnsinn nahe] liefert den Hinweis zur Instrumentation einer Partitur verborgener Affekte und läßt die Rede Winnetous zur bloßen Librettoformel erstarren. Das erinnert mehr an David, den begeisterten Theaterbesucher, als an Delacroix, den Meister des »Supranaturalismus«,(55) der der Menge »unbekannte Wünsche träumt«.(56)

Ich war keines Wortes fähig; ich konnte nichts sagen und nichts fragen. Wonach hätte ich auch fragen sollen? Ich sah ja, wie es stand! Sie lagen in einer tiefen Blutlache nebeneinander, Intschu tschuna mitten durch den Kopf und >Schöner Tag< durch die Brust geschossen. Er war sofort tot gewesen; sie atmete noch, schwer und röchelnd, während die schöne Bronze ihres Gesichtes immer matter und matter wurde. Die vollen Wangen fielen ein, und der Ausdruck des Todes breitete sich über die mir so teuern Züge. »La langue collée au palais, j'étais incapable d'articuler une parole. A quoi bon, d'ailleurs! Ils gisaient là, abattus par les balles des bandits, Intchou-Tchouna et Nso-Tsi! Le père, dont une balle avait traversé la tête, était mort sur le coup. Nso-Tsi, atteinte à la poitrine, respirait encore faiblement, mais son teint légèrement bronzé pàlissait de minute en minute. Ses joues, si pleines de santé autrefois, étaient maintenant creuses et l'expression solennelle de la mort se peignait sur ses traits j adis si animés.«

[Die Zunge klebte mir am Gaumen, ich war unfähig, ein Wort hervorzubringen. Wozu denn auch! Sie ruhten da, niedergeworfen von den Kugeln der Banditen, Intschu tschuna und Nscho-tschi! Der Vater, dem eine Kugel den Kopf durchbohrt hatte, war sofort tot gewesen. Nscho-tschi, in der Brust getroffen, atmete noch schwach, aber ihre leicht bronzene Gesichtsfarbe wurde von Minute zu Minute bleicher. Ihre Wangen, so voller Gesundheit früher, waren jetzt hohl, und der feierliche Ausdruck des Todes zeichnete sich auf ihren einst so lebhaften Zügen.]


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Gemäß dem Prinzip der >unité du style< gibt »La langue collée au palais« [Die Zunge klebte mir am Gaumen] statt Ich war keines Wortes fähig dem Ausdruck eine physiologische Direktheit, die gut zur Versachlichung »j'étais incapable d'articuler une parole« des balladesken ... ich konnte nichts sagen und nichts fragen paßt. Damit muß auch der anschließende Konjunktiv, Modus des inneren Monologes (Wonach hätte ich auch fragen sollen?), der Exklamation »A quoi bon, d'ailleurs!« [Wozu denn auch!] im Bestreben um Bühnenwirksamkeit zum Opfer fallen. Ins Dessin dieser Schilderung gehört, daß die Übersetzung in genauem Nachvollzug des Inhaltes der folgenden Passage, aber im Entflechten des umständlichen Satzbaues und im klaren Ordnen der Fakten die Form eines E p i t a p h s entwirft. Schon die Wahl des Wortes >gésir< im Sinne von >ruhen< (besonders in der Bedeutung >tot/begraben liegen< geläufig, etwa der Wendung >ci-gîthier ruht<, wobei zu beachten ist, daß Nscho-tschi noch lebt) statt sie lagen unter Aussparung des in einer tiefen Blutlache nebeneinander weist auf den Charakter einer Grabinschrift hin:

»Ils gisaient là (...) Intchou-Tschouna et Nso-Tsi!
            Le père, dont (...) Nso-Tsi, atteinte (...)«

Im strengen Parallelismus durchgeführt, wirkt die Stelle wie ein Nachruf, und eine Rückübersetzung ins Deutsche macht den gewollt feierlichen Charakter deutlich, den Nathalie Gara entgegen dem Original noch expressis verbis betont: ... der Ausdruck des Todes breitete sich über die mir so teuern Züge ­ nein, dieser Ausdruck, dieser feierliche Ausdruck (»expression solennelle«) zeichnete, >malte< (»peignait«) sich auf den Zügen. Malerisch ist das Licht der >pompes funèbres<, des Leichenbegängnisses, in das die Übersetzerin die Szene taucht. Damit stimmt überein, daß sie die mir so teuern Züge durch »traits jadis si animés« [einst so lebhafte Züge] ersetzt. >Teuer< können und werden dem Erzähler die Züge immer sein, aber »jadis si animés« bringt antithetisch zu »la mort« den V a n i t a s-Charakter, wie er dem Epitaph zu eignen hat, besser zum Ausdruck. Der Epitaphcharakter, den die Übersetzung an dieser Stelle annimmt, ist kein Zufall: er paßt vortrefflich in das Arsenal von Formen, die Libretto, Oper, heroischem Drama ­ hier der >indianischen Staatsaktion<, zu der die Übersetzung die Szene umfunktioniert - das klassizistische Korsett leihen. Den Librettocharakter der Übertragung kennzeichnet auch hier, daß alles eigentlich nur >Signal< ist: doch die Andeutung des Arrangements schon genügt dem mit dem Formenkanon vertrauten Leser, sich die Szene selbst auszukomponieren.


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Da bewegte sie sich leise. Sie wendete den Kopf nach der Seite, wo ihr Vater lag, und öffnete langsam die Augen. Sie sah Intschu tschuna im Blute liegen und erschrak auf das heftigste, nur daß bei ihrer Mattigkeit der Schreck nicht den lebhaften Ausdruck wie sonst finden konnte. Sie schien nachzusinnen; dann kam sie zum Bewußtsein dessen, was geschehen war und fuhr sich mit dem kleinen Händchen nach dem Herzen. Sie fühlte das warme, von dort entrinnende Blut und stieß einen tiefen, röchelnden Seufzer aus.

»Nscho-tschi, meine gute, einzige Schwester!« klagte Winnetou mit einem Ausdrucke seiner brechenden Stimme, der unmöglich in Worten wiedergegeben werden kann.

Da erhob sie den Blick zu ihm.

»Winnetou - - mein - ­ Bruder - - !« flüsterte sie. »Räche ­ ­ räche ­ ­ mich!«

Dann glitt ihr Auge von ihm zu mir herüber, und ein frohes, aber schnell ersterbendes Lächeln spielte um ihre erblichenen Lippen.

»Old - Shatter - - hand!« hauchte sie. »Du - bist ­ da. Nun ­ ­ sterbe ich ­ - so ­ - - «

Mehr hörten wir nicht, denn der Tod ließ sie nicht aussprechen, sondern schloß ihr für immer den Mund. Es war, als wolle mir das Herz zersprengen; ich mußte mir Luft machen, sprang auf, denn wir hatten uns bei ihr niedergekniet, und stieß einen lauten, lauten Schrei aus, dessen Echo von den Wänden der benachbarten Berge widerhallte.

Winnetou stand auch auf, langsam, als ob er von zentnerschweren Gewichten niedergehalten werde. Er schlang beide Arme um mich und sagte...

»Cependant, tout à coup, elle ouvrit les yeux. Elle tourna son visage vers le cadavre de son père et l'aperçut baignant dans son sang. Elle eut un sursaut de douleur et essaya de se rappeler ce qui s'était passé, tout en portant sa petite main à son cœu. Elle sentit son sang chaud couler de sa plaie et eut un profond soupir.

- Nso-Tsi, ma sœur, ma pauvre petite sœur, je ne t'oublierai jamais! fit Winnetou d'une voix déchirante.

­Venge... moi. Venge... moi!

Elle s'aperçut alors de ma présence et un sourire ineffablement doux se dessina sur ses lèvres.

- Old ... Shatterhand ... Toi ... ici. Je mours et ...

Elle ne put achever et l'aile de la mort s'appesantit sur elle. Je sentais mon cœur battre comme un glas funèbre et poussai un cri de désespoir qui retentit longuement à travers les montagnes.

Winnetou se releva péniblement, comme courbé vers le sol par un poids trop lourd. Il m'étreignit et me dit (...)«

[Jedoch öffnete sie plötzlich die Augen. Sie wandte ihr Gesicht zum Leichnam ihres Vaters und sah, wie er in seinem Blut badete. Sie fuhr hoch vor Schmerz und versuchte sich zu erinnern an das, was geschehen war, wobei sie sich mit ihrer kleinen Hand an ihr Herz fuhr. Sie fühlte ihr warmes Blut aus ihrer Wunde fließen und seufzte tief.

Nscho-tschi, meine Schwester, meine arme kleine Schwester, ich werde dich nie vergessen! sagte Winnetou mit zerreißender Stimme.

Räche ... mich. Räche ... mich!

Sie bemerkte nun meine Gegenwart, und ein unaussprechlich liebliches Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab.

Old ... Shatterhand ... Du ... hier. Ich sterbe und ...


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Sie konnte nicht vollenden, und der Flügel des Todes ging schwer auf ihr nieder. Ich füblte mein Herz schlagen wie eine Totenglocke und stieß einen Schrei der Verzweiflung aus, der lange durch die Berge hallte.

Winnetou erhob sich mühsam, als würde er durch eine zu schwere Last zu Boden gekrümmt. Er umarmte mich und sagte zu mir (...)]

»(...) une voix déchirante« [zerreißender Stimme] heißt knapp die Sprechanweisung in der Übersetzung, wo im Original - mit einem Ausdrucke seiner brechenden Stimme, der unmöglich in Worten wiedergegeben werden kann ­ eine Leerformel die Redseligkeit Mays, wie so oft, einerseits als Gestaltungsarmut denunziert, zum anderen als Wendung des Einverständnisses zwischen Autor und Leser eine Identität zwischen beiden zu stiften sucht, der sich die Übersetzerin verschließt. Dafür finden sich in ihrer Übertragung Formeln einer klischeehaften Drastik, die so dem Original fremd sind: »baignant dans son sang« [in seinem Blut badete] statt ... im Blute liegen ... - »Elle eut un sursaut de douleur« [sie fuhr hoch vor Schmerz] rafft als Szenenanweisung in seiner Heftigkeit gleich zwei Zeilen des deutschen Textes: Sie ... erschrak auf das heftigste, nur daß bei ihrer Mattigkeit der Schreck nicht den lebhaften Ausdruck wie sonst finden konnte. Solche Explikationen widerstreben den Librettointentionen der Übertragung, die sich nur folgerichtig vor Sentimentalitäten nicht scheut, wo sie szenisch wirksam sind. Dazu gehört der rezitativische Zusatz in Winnetous Klage »je ne t'oublierai jamais!« [ich werde dich nie vergessen], der sich so gut zum anschließenden rhapsodischen »Venge ... moi« [Räche mich] fügt; das ist aber auch besonders der Fall, wenn es der Übersetzerin darum geht, der Gestalt Nscho-tschis die weichzeichnende handkolorierte Lieblichkeit einer >Prärieblume< - >Fleur-de-Liane< - zu geben: »douce«. So hatte sie schon oben aus der schönste(n) und beste(n) der Apachentöchter »la plus belle et la plus douce« [die schönste und lieblichste] gemacht. Nicht ein frohes, aber schnell ersterbendes Lächeln spielte um ihre erblichenen Lippen, aus der Häufung von Epitheta wird »un sourire ineffablement doux se dessina sur ses lèvres«. >Zeichnete< - »dessina«, malte: Bühnenbild, Kostümentwurf, Maske ... so stirbt Mimi. »Le mani ... al caldo ... e dormire (Silenzio).«(57) Mehr hörten wir nicht ... Auf die Palette der Rührseligkeit gehört auch das wahrhaft ariose kleine Händchen, ein Pleonasmus, dem die Übersetzerin eine >petite main< konzediert; dem sentimentalen Wert des Diminutiv wie überhaupt


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dem Hang des Deutschen zur Überdeutlichkeit versagt sich das Französische nicht nur an dieser Stelle.

Die Mahnung zur Rache nun und das Liebesgeständnis im Tode (unausgesprochen, aber doch deutlich auskomponiert) sind zwei stereotype Opernsituationen, und daß im folgenden die Szene so fatal >puccinesk< gerät, vor allem in der Übersetzung zu einer parfümierten Melodramatik gerinnt, hängt mit all den Ungeniertheiten aus dem Album der Trivialromantik zusammen, die die Patina dieser Stereotypien ausmachen und von denen an dieser Stelle - im Gegensatz zu May - Nathalie Gara, die sich der theatralischen Situation verpflichtet fühlt, ausgiebig Gebrauch macht. Dem entspricht z. B., ... meine gute, einzige Schwester! mit einer geminatio in der invocatio zu übertragen: »ma sœur, ma pauvre petite sœur « oder gute, einzige mit »pauvre petite« [arme kleine] wiederzugeben, was ­ mit Nuance ­ doch einen anderen Gefühlswert hat: mehr Manon als Agathe. Melancholisch getönte Wendungen wie »l'aile de la mort s'appesantit sur elle« [der Flügel des Todes ging schwer auf ihr nieder] gewinnen einen nazarenerhaften Charakter, wie ihn in dieser Deutlichkeit das Original, dem er allerdings alles andere als fremd ist (vgl. Winnetous Sterbeszene in >Winnetou III<), nicht kennt: der Tod ... schloß ihr für immer den Mund. Sentimentalität und eine gewisse Grellheit kennzeichnen die französische Übertragung, wo im deutschen Original Pedanterie der Dramatik eine Wendung ins Hausbackene gibt. ... denn wir hatten uns ... niedergekniet ... Solche Erklärungen übergeht die Übersetzerin, wie sie auch das vorangehende >Aufspringen< einer Erwähnung nicht für wert hält. Gleichfalls entfällt die protokollhaft anmutende Notiz ich mußte mir Luft machen ..., wie überhaupt dem protokollierenden Element, das Mays Erzählstil auszeichnet, ihm häufig Züge eines Verhörs verleiht, im Französischen kaum Rechnung getragen wird. Im Verhör sind die >nugae< wichtig, in der Oper allein der große Affekt: »Je sentais mon cœur battre comme un glas funèbre et poussai un cri de désespoir« [Ich fühlte mein Herz schlagen wie eine Totenglocke und stieß einen Schrei der Verzweiflung aus]. Dabei ist die Übersetzerin einerseits sehr exakt - »cri de désespoir« - empfindet andrerseits das Herz zersprengen in gefährlich bombastischer Metaphorik nach: » cœur battre comme un glas funèbre«, als ob es um das Programm einer >légende dramatique< für Berlioz ginge. Nie aber läßt sie im Pathos die sprachliche >clarté< im Stich, und so bringt sie auch gleich den folgenden schiefen Vergleich: Winnetou stand auch auf, langsam, als ob er von zentnerschweren Gewichten niedergehalten werde ins rechte Lot: »se releva péniblement, comme courbé (...)« - >erhob sich - gekrümmt<.


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»Nun sind sie tot! Der größte, edelste Häuptling der Apachen und Nscho-tschi, meine Schwester, welche dir ihre Seele gegeben hatte. Sie starb mit deinem Namen auf den Lippen. Vergiß dies nicht, vergiß es nicht, mein lieber Bruder!«

»Nie, nie werde ich es vergessen!« rief ich aus. Dann nahm sein Gesicht einen ganz andern Ausdruck an, und seine Stimme klang wie fernes, drohendes Donnerrollen, als er fragte:

»Hast du gehört, was ihre letzte Bitte an mich war?«

»Ja.«

»Rache! Ich soll sie rächen, und, ja, ich werde sie rächen, wie noch nie ein Mord gerächt worden ist. Weißt du, wer die Mörder waren? Du hast sie gesehen. Bleichgesichter waren es, denen wir nichts gethan hatten. So ist es stets gewesen, und so wird es immer, immer sein, bis der letzte rote Mann ermordet worden ist. Denn wenn er auch eines natürlichen Todes sterben sollte, ein Mord ist es doch, ein Mord, welcher an meinem Volke geschieht. Wir wollten nach den Städten dieser verruchten Bleichgesichter; Nscho-tschi wollte werden wie eine weiße Squaw, denn sie liebte dich und glaubte, dein Herz zu gewinnen, wenn sie sich das Wissen und die Sitten der Weißen aneignete. Das hat sie mit dem Leben bezahlt. Mögen wir euch hassen, oder mögen wir euch lieben, es ist ganz gleich: Wo ein Bleichgesicht seinen Fuß hinsetzt, da folgt hinter ihm das Verderben für uns. Es wird ein Klagen gehen durch alle Stämme der Apachen, und ein Wut- und Rachegeheul wird erklingen überall, an jedem Orte, wo sich ein Angehöriger unserer Nation befindet. Die Augen aller Apachen schauen jetzt auf Winnetou, um zu sehen, wie er den Tod seines Vaters und seiner Schwester rächen wird. Mein Bruder Old Shatterhand mag hören, was ich hier bei diesen beiden

»­Ils sont morts tous les deux! Le plus grand et le plus brave des chefs des Apaches, et ma sœur Nso-Tsi, qui t'avait donné son âme. Elle est morte, ton nom sur ses lèvres. Souviens-t'en, mon frère, souviens-t'en! - Je ne l'oublierai jamais! m'écriaije. Son visage se durcit et ses paroles résonnèrent comme un orage lointain: ­Je vengerai leur mort comme jamais mort ne fut encore vengée. Tu as vu leur assassin? C'était un Blanc. C'est sa race tout entière qui est responsable de son crime, et c'est à sa race que je demanderai des comptes. Le regard de tous les Apaches va maintenant être fixé sur moi, dans l'attente de ce que je vais faire. Que mon frère Old Shatterhand soit le témoin du serment que je vais proférer devant les restes de mon père et de ma sœur. Je jure sur le Grand Esprit et sur les mânes de tous mes ancêtres qu'à partir de ce jour, avec le fusil qui est tombé des mains de mon père, j'abattrai comme un chien tous les Visages Pâles et je les .. .«

[Sie sind beide tot! Der größte und tapferste der Häuptlinge der Apachen und meine Schwester Nscho-tschi, die dir ihre Seele gegeben hatte. Sie ist gestorben, deinen Namen auf ihren Lippen. Merk es dir, mein Bruder, merk es dir!

Ich werde es nie vergessen! rief ich aus.

Sein Gesicht wurde hart, und seine Worte klangen wie ein fernes Gewitter:

Ich werde ihren Tod rächen, wie noch nie ein Tod gerächt worden ist. Du hast ihren Mörder gesehen? Es war ein Weißer. Seine ganze Rasse ist verantwortlich für sein Verbrechen, und von seiner Rasse werde ich Rechenschaft fordern. Der Blick aller Apachen wird jetzt auf mich gerichtet sein in Erwartung dessen, was ich tun


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Leichen gelobe! Ich schwöre bei dem großen Geiste und bei allen meinen tapfern Vorfahren, welche in den ewigen Jagdgründen versammelt sind, daß ich von heut an jeden Weißen, jeden, jeden Weißen, der mir begegnet, mit dem Gewehre, welches der toten Hand meines Vaters entfallen ist, erschießen oder ­ - - - « werde. Mein Bruder Old Shatterhand sei der Zeuge des Schwures, den ich vor der sterblichen Hülle meines Vaters und meiner Schwester leisten werde. Ich schwöre beim Großen Geist und bei allen Geistern meiner Vorfahren, daß ich vom heutigen Tag an mit dem Gewehr, das den Händen meines Vaters entfallen ist, jedes Bleichgesicht wie einen Hund niederschießen werden und sie...]

Ich schwöre ..., daß ich von heut an jeden Weißen, jeden, jeden Weißen ... erschießen oder - - - ­ Das Aufstampfen mit dem Fuße ist förmlich mitkomponiert. Theaterdonner begleitet »comme un orage« [wie ein Gewitter] die in opernhaftem Pathos kaum zu überbietende Szene und deklariert nun ausdrücklich zum s e r m e n t, zum S c h w u r, was schon im Original dem Topos des Rache s c h w u r e s, des großen Freundesduettes, dem Bühnenexhibitionismus von Tenor und Bariton verpflichtet ist: Marquis von Posa und Don Carlos, Don Carlos und Don Alvaro, Tannhäuser und Wolfram, Othello und Jago oder, ins exotische Milieu versetzt, Nadir und Zurga und, mit Verlaub, Winnetou und Old Shatterhand. Ob nun der große Geist und die tapfern Vorfahren, ob >le Grand Esprit< und >les mânes< oder im Stil der Opera seria die Naturgewalten bemüht werden ­ »Si, per ciel marmoreo giuro! Per le attorte folgori!«(58) - es sind das stets die gleichen Szenen melodramatisch kontrollierter Phrenesie, gleichsam gestische Environments der Verstellung, die sich die hysterisierende Bourgeoisie des 19. Jahrhunderts besonders im Bereich des Musiktheaters schuf. Und so kommt der Auftritt Winnetous und Old Shatterhands am Nugget-tsil der Tendenz der Übersetzung durchaus entgegen, aus der Vorlage eine >Nummernoper< zu machen. Die Reduktion des Originals zum >Libretto< setzt dabei die in ihm ruhenden operneignen Energien frei und weist die Kürzungen nicht nur als Mittel der Ökonomie, sondern als veränderte Beleuchtungsregie aus. Noch beherrscht Rührung die Szene, im Vergleich zur Vorlage allerdings abgeschwächt ­ »Souviens-t'en, mon frere, souviens-t'en« mildert durch Weglassung von lieber und Umstellung der Wiederholung vergiß es nicht die Emphase -, da verdüstert sich die Stimmung und die Figur des Rächers Winnetou erstarrt im Bühnenpathos: noch eine Spur eindrücklicher als im Original, indem Nathalie Gara den Wechsel der Beleuchtung nicht ankündigt - sie erspart uns die papierene Phrase Dann nahm sein Gesicht einen ganz andern Ausdruck an ... -, sondern in seiner Wirkung zeigt: »son visage


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se durcit« >sein Gesicht wurde hart<. In diesem Lichte beläßt die Übersetzerin im folgenden die Figur: »Je vengerai leur mort comme jamais mort ne fut encore vengée.« [Ich werde ihren Tod rächen, wie noch nie ein Tod gerächt worden ist.] Ganz spart sie die >epischen Fußnoten< aus, mit denen May häufig den dramatischen Lauf des Geschehens belastet; hier die Gründe für Nscho-tschis Reise, Old Shatterhand und dem Leser schon längst bekannt. Mays Neigung, die Vergangenheit gut geschnürt mit sich herumzutragen, um sie zwanghaft jederzeit vor uns auszupacken, das dramatische Element auf Kosten des epischen zu schwächen, dieser >Wotaneffekt< (>Walküre< II,2), eine omnipräsente Vergangenheit sprechen und Gegenwart werden zu lassen, erscheint in der französischen Übersetzung getilgt. Unterschlagen wird auch in der weiteren Rede der Diskurs mit seinem ganzen antikolonialistischen Affekt. Die Mörder waren Bleichgesichter,

denen wir nichts gethan hatten. So ist es stets gewesen ... ein Mord, welcher an meinem Volke geschieht...: Wo ein Bleichgesicht seinen Fuß hinsetzt, da folgt hinter ihm das Verderben für uns.

Das sind Anklagen, die im Zeitalter der Vernichtung Amazoniens von ihrer Dringlichkeit und ihrem humanen Aplomb nichts eingebüßt haben, 1933 aber, da koloniales Denken in Europa noch im Ansehen stand, kaum überall populär waren. Und so ergibt sich auch hier, bei der Transposition Winnetous ins Französische, das eindimensionale Bild eines Wilden, wie man ihn aus den Werken Aimards kennt:(59) kein >roter gentleman<, sondern ein >homme de la prairie< erscheint im Titel der französischen >Winnetou<-Ausgabe zu einer Zeit, da May auf die fragwürdige Nobilitierung darin längst (seit 1904) verzichtet hatte. Der unbestreitbar berechtigte maßlose Schmerz (»douleur ... voisine de la folie«) dieses Wilden wird durch sein in Vorurteilen befangenes Denken sofort diskreditiert. »C'était un Blanc. C'est sa race tout entiére qui est responsable de son crime, et c'est à sa race que je demanderai des comptes. « [Es war ein Weißer. Seine ganze Rasse ist verantwortlich für sein Verbrechen, und von seiner Rasse werde ich Rechenschaft fordern.] Nicht mehr und nicht weniger - vor allem nichts von den Hintergründen, die sich im Original finden. Die Szene ist voll ausgeleuchtet: was bleibt ist ein Kanzelredner der Kollektivschuld als >vengeur inexorable<, als >unerbittlicher Rächer<, der sich hart jeder Larmoyanz und sprachlich exuberanter Gestik versagt: ... so wird es immer, immer sein ..., daß ich von heut an jeden Weißen, jeden, jeden Weißen, der mir begegnet, mit dem Gewehre, welches der toten Hand meines Vaters entfallen ist, erschießen oder - - - -

Das liest sich im Französischen knapper; denn die Unerbittlichkeit ist wortkarg und liebt keine Relativsätze.


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IV

»(...) et moi, voyageur aux terres lointaines, (...) vis dans ce récit (...) les combats des passions et des vertus dans un c œ u r s i m p l e, enfin le triomphe du christianisme sur le sentiment le plus fougueux et la crainte la plus terrible.«

»(...) und ich, Reisender nach den entfernten Landen, (...) sah in dieser Erzählung (...) die Kämpfe der Tugend und der Leidenschaft in einem e i n f ä l t i g e n  H e r z e n; endlich den Triumph des Christenthums über die brausendste Empfindung.«(60)

Als >Reisende in den entfernten Landen< ist die Übersetzerin bemüht, in dieser Erzählung ganz ähnliche Kampfesschauplätze zur Bekehrung eines >einfältigen Herzens< herzurichten. Nur konsequent verzichtet sie auf die jetzt anschließende Auseinandersetzung zwischen den Freunden, die die Sippenhaftung des Indianers betont, und gibt von folgender Passage nur den Anfang und den Schluß:

»Halt!« fiel ich ihm schaudernd in die Rede, denn ich wußte, daß es ihm unnachsichtlicher, unerbittlicher Ernst mit diesem Schwure sein würde. »Halt! Mein Bruder Winnetou mag jetzt nicht schwören, jetzt nicht!«

»Warum jetzt nicht?« fragte er, fast zornig.

»Ein Schwur muß mit ruhiger Seele gesprochen werden.«

»Uff! Meine Seele ist in diesem Augenblicke so ruhig wie das Grab, in welche [!] ich diese meine beiden Toten legen werde. Wie es sie nie wieder zurückgeben wird, ebenso wenig werde ich jemals ein Wort von dem, was ich schwöre, zurückneh­--«

»Sprich nicht weiter!« unterbrach ich ihn abermals. Da funkelten mich seine Augen beinahe drohend an und er rief aus:

»Will Old Shatterhand mich hindern, meine Pflicht zu thun? Sollen die alten Weiber mich anspucken, und soll ich aus meinem Volke gestoßen wer-

»­Attends! lui criai-je, la voix glacée d'horreur, car je savais que, s'il terminait cet affreux serment, il le tiendrait jusqu'au bout. Attends, on ne doit jurer que lorsque l'âme est paisible.«

[Warte! rief ich ihm zu mit vor Schrecken vereister Stimme, denn ich wußte, daß, wenn er diesen gräßlichen Schwur vollenden würde, er ihn bis ins letzte halten würde. Warte, man darf nur schwören, wenn die Seele in Frieden ist.]


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den, weil ich nicht den Mut besitze, das zu rächen, was heut hier geschehen ist?«

»Es sei ferne von mir, dies von dir zu verlangen. Auch ich will Strafe für den Mörder. Drei von ihnen hat sie schon ereilt; der vierte ist entflohen, doch entkommen wird er uns nicht. «

»Wie sollte er entkommen!« fuhr er auf. »Aber ich habe es nicht allein mit ihm zu thun. Er hat gehandelt als Sohn jener bleichen Rasse, die uns Vernichtung bringt; sie ist verantwortlich für das, was sie ihn gelehrt hat, und ich werde sie zur Verantwortung ziehen ... «

Den letzten Satz hat die Übersetzerin weiter oben in Winnetous Racherede montiert. »C'est sa race tout entiére qui est responsable de son crime, et c'est à sa race que je demanderai des comptes.«

Man beachte den emphatischen Zusatz »tout entiére« [ganz gänzlich/ganz vollständig], und die tendenziöse Umformung von was sie ihn gelehrt hat zu »son crime« [sein Verbrechen]. Desgleichen wechselt die Übersetzerin im folgenden an entscheidender Stelle die Apposition aus (Hervorhebungen J. H. ):

Er stand stolz und hoch aufgerichtet vor mir, ein Mann, der sich trotz seiner Jugend als K ö n i g  a l l  d e r  S e i n e n fühlte! Ja, er war der Mann dazu, das auszuführen, was er wollte. Ihm, ihm wäre es gewiß gelungen, die Krieger aller roten Nationen unter sich zu versammeln und mit den Weißen einen Riesenkampf zu beginnen, einen Verzweiflungskampf, dessen Ende zwar kein zweifelhaftes sein konnte, der aber den wilden Westen mit hunderttausenden von Opfern bedecken mußte. Jetzt, in diesem Augenblicke entschied es sich, ob der Tomahawk des Todes in dieser erbitterten Weise wüten sollte oder nicht!

Ich nahm ihn bei der Hand und sagte: ...

»Il se tenait devant moi, droit et majestueux, v e n g e u r  i n e x o r a b l e  d e  sa  r a c e  p e r s é c u t é e. Oui, cet homme pouvait aller jusqu'au bout de ce qu'il avait décidé. Il parviendrait sans doute à rassembler tous les guerriers ronges et à commencer avec eux une lutte terrible contre tous les Blancs, une lutte de haine et de désespoir, dont l'issue n'était certes pas douteuse, mais qui rougirait du sang de milliers de cadavres le sol sauvage du Wild West. C'est à ce moment qu'allait se décider si la faux de la mort s'abattrait sur les prairies et les savanes.

Je lui pris la main et lui dis: (...)

[Er stand vor mir, aufrecht und majestätisch, als u n e r b i t t l i c h e r  R ä c h e r  s e i n e r  v e r f o l g t e n  R a s s e. Ja, dieser Mann konnte zu Ende füh-


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ren, was er beschlossen hatte. Ihm würde es wohl gelingen, alle roten Krieger zu versammeln und mit ihnen einen schrecklichen Kampf gegen alle Weißen zu beginnen, einen Kampf in Haß und Verzweiflung, dessen Ausgang gewiß nicht fraglich war, sondern der mit dem Blut von Tausenden von Leichen den rauhen Boden des Wilden Westens röten würde. In diesem Augenblick sollte sich entscheiden, ob die Sense des Todes über die Prärien und Savannen niedergehen würde.

Ich nahm ihn bei der Hand und sagte zu ihm: (...)]

Die Annäherung Nathalie Garas an diese Szene findet ihre »Konvenienz«(61) im Auftritt Winnetous als » cœur simple«, und was die Übersetzerin an Sentimentalität zu tilgen glaubt, das stellt sich als klischeeträchtiges Bild des Wilden, dessen »Leidenschaft zu bezähmen« ist (»dompter tes passions«),(62) verfälschend durch die Hintertür wieder ein. Das >einfältige Herz< gebärdet sich als »vengeur inexorable« gerade dort, wo May von Winnetou als König all der Seinen, d. h. deren Beschützer, nicht als >unerbittlichem Rächer seiner verfolgten Rasse< (»vengeur inexorable de sa race persécutée«) spricht: so die Interpolation der Übersetzerin.

Wie durch solche Änderung die Aussage eine gänzlich andere Tönung erfährt, lehrt ein Blick auf eine bedeutende indianische Häuptlingsfigur bei Gustave Aimard. Als »vengeur inexorable de sa race persécutée« rückt Mays Winnetou plötzlich in die Nähe von Natah Otann, »un composé bizarre de bien et de mal«,(63) dessen Racherede gegen die Weißen, »ces monstres à face humaine qui n'ont d'autre dieu que l'or«,(64) vor dem großen Rat der versammelten Häuptlinge, Nathalie Gara zu ihrer Version von Winnetous Schwur inspiriert haben könnte: »- Guerre aux blancs! reprit Natah Otann, mais guerre sans trêve ni merci, véritable battue de bêtes fauves comme ils sont accoutumés à nous la faire.«(65) >Battue< - >Treibjagd<: dieser Vorstellung entspricht die drastische Wendung: »J'abattrai (ich werde >niederschießen<, >abschlachten<) comme un chien tous les Visages Pâles«, jedenfalls angeregt durch: ... daß ich von heut an jeden Weißen, jeden, jeden Weißen ... erschieße, die die Übersetzerin hier einzufügen sich nicht scheut und damit jener »expression de ses yeux traversés de lueurs sauvages exprimant tantôt la rage et tantot la douleur« entspricht, die sie Winne-


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tou, wie wir sahen, zuschreibt. Winnetou wird zu einer Kreatur seiner Triebe, vergleichbar Natah Otann, wie er »fou de douleur et de rage«(66) im letzten Entscheidungskampf sich für die Seinen einsetzt. Sprachlich bewältigt die Übersetzung die Gefühlskatarakte des redseligen Originals mit Prägnanz und Lakonismus. Allein, auch das hat seinen Preis, wie folgende Stelle zeigt:

»Aber ich habe es nicht allein mit ihm zu thun. Er hat gehandelt als Sohn jener bleichen Rasse, die uns Vernichtung bringt; sie ist verantwortlich für das, was sie ihn gelehrt hat, und ich werde sie zur Verantwortung ziehen, ich, Winnetou, nunmehr der erste und oberste Häuptling aller Stämme der Apachen.«

Im Französischen erzwingen Anapher und Parallelismus eine Sinnverknappung und bewirken eine forensische Eleganz nahezu Corneillescher Formstrenge, die die Billigkeit des propagandistischen Effektes allerdings mehr ent- als verhüllt: »C'est sa race tout entiére qui est responsable de son crime« / »c'est à sa race que je demanderai des comptes« [Seine ganze Rasse ist verantwortlich für sein Verbrechen / von seiner Rasse werde ich Rechenschaft fordern].

So vom Diskursiven ins Epigrammatische gewendet, dazu in einen gänzlich anderen Zusammenhang gesetzt, erledigen diese zwei Zeilen die ganze der Auseinandersetzung Winnetous mit Old Shatterhand vorausgehende bewegende Anklagerede des Apachenhäuptlings. Sie nehmen ihr das humane Maß und bringen die hohle Form des ­ nun nicht einmal >edlen< - Wilden als Rächer zum Tönen. Die Szene wird nicht zum Tribunal: sie verkommt zur Offenbarung des Verhaltenskanons für Primitive, wie sie sich das europäische 19. Jahrhundert imaginierte. Keine Spur davon, daß May dieses >eingeübte< Bild vielleicht doch etwas anders koloriert hat und sich einem Humanitätsideal verpflichtet weiß, von dem die Übersetzung nichts mehr vermittelt. Denn der übersetzerische Prozeß dehydriert sozusagen das humane Ingrediens der Erzählung. Er ist bestrebt zu straffen, zu >entfetten<, Inbrunst durch Rührung zu ersetzen, jene oft nahezu intime Selbstvergewisserung, die Mays Texte für den Autor wie den Leser darstellen, in die Illustration einer bloßen Idee, hier des >Wilden< als >cœur simple<, zu überführen. Manieriertheit ist die Folge - und die bekommt dem Original nicht gut, unterschätzt Nathalie Gara doch dabei die Tücken der deutschen Sentimentalität, die Schönheitskuren nicht verträgt und die unter dem Skalpell des Ästheten die Neigung hat, ein erschreckend brutales Gesicht zu zeigen. Diese Stelle zeigt eindrücklich, was ein Übersetzer darf, was nicht: wie er auch übersetzt, er darf eben doch nichts weglassen; sonst entlarvt er sich selbst. So wird der >Alptraum


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am Nugget-tsil<, den Karl May dem Leser zumutet, in der Übersetzung zu einer »optischen Veranstaltung im Briland-Feuer«(67) der Projektionskunst des 19. Jahrhunderts: >Laterna magica<, bei der der Gewinn an ästhetischem Reiz nicht für den spirituellen Verlust entschädigen kann. Die >Zueignung< dessen, was die Übersetzerin in Mays Schilderungen >anmutet<, besteht in einer Reduktion des »style du narrateur« auf »sa brillante imagination«, die den französischen Leser (siehe unser Eingangsmotto) »sympathique malgrè sa nationalité« anmuten mag. Die Entlarvung ist übrigens wechselseitig, wie ein Blick auf Mays eigene >Übersetzungspraxis< aus dem Französischen lehrt.

Wie May in seiner >Übersetzung< des >Coureur des bois< von Gabriel Ferry(68) die Drohrede des Apachenhäuptlings >Oiseau-noir<(69) humoristisch uminstrumentiert(70) - er macht daraus ein Intermezzo im Stile seiner für ihn typischen Westmann-Drolerien -, kann nur als parodiereif bezeichnet werden. Man wird da Zeuge einer Lektion in stichomythischem Humor,(71) der - in Abwandlung eines Diktums von Nietzsche - »zuletzt gar keine Füße ... bloß Beine« hat.(72)

Die beiden Übersetzungsmodelle, Nathalie Garas >Winnetou<- und Karl Mays >Oiseau-noir<-Version, in Vergleich gesetzt, lassen Grand Opera und Vorstadttheater miteinander korrespondieren. Erfährt dort Winnetous >Ecce homo<-Pose eine Erhöhung ins heroische Appassionato, so depraviert hier die deutsche Fassung die in der nächtlichen Flußszenerie drohende Monumentalität des >Oiseau-noir<, der seinerseits ein >vengeur inexorable<, ein >unerbittlicher Rächer< ist, - »Le sang indien a coulé, il doit être vengé, il faut que le sang des blancs coule à son tour.« - zur wortreichen Klamotte.(73) Aus einer solchen Gegenüberstellung ­ May auf Französisch, Ferry auf Deutsch ­ Schlüsse auf das nationale Naturell zu ziehen, mag wenig statthaft sein, wenngleich auffällt, mit welch imposanter Handhabung der theatralischen Attitüde das Französische jene >unité du style< bewältigt, deren Mangel im Deutschen die psychischen Gestikulationen des Originals so aufregend ausreizt: »Halt!« fiel ich ihm schaudernd in die Rede ... »Attends! lui criaije, la voix glacée d'horreur (... )« ­ Die Wiedergabe des Adverbs schaudernd durch die nominale Wendung »la voix glacée d'horreur« [mit vor Schrecken vereister Stimme] demonstriert buchstäblich die deiktische Qualität ausladenden Operngesanges eines ins Französische transponierten >Trovatore<: »Jour d'horreur! - Le ciel a vengé ma mére! O terreur!«(74) Finale - fortissimo - As-Dur. Und ganz nach den Regeln musikdramatischer Ästhetik gelangt die Szene zur Akme der Entscheidung, als ob es sich um ein Weltenrichteramt handele, das der Ich-Held hier auszuüben hat: »C'est à ce moment qu'allait se décider (...)«


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[In diesem Augenblick sollte sich entscheiden]. So wird auch aus dem exotischen Tomahawk des Todes die »faux de la mort« [Sense des Todes] in der abendländischen Vanitas-Tradition dieses Bildes vom mittelalterlichen Totentanz bis zu Arnold Böcklin.

"Du sollst und wirst thun, was du willst; vorher aber höre eine Bitte, welche vielleicht meine letzte sein wird; dann wirst du die Stimme deines weißen Freundes und Bruders niemals wieder hören. Hier liegt Nscho-tschi. Du sagst es selbst, daß sie mich lieb gehabt hat und mit meinem Namen auf den Lippen gestorben ist. Auch dich hat sie lieb gehabt, mich als Freund und dich als Bruder, und du hast ihr ihre Liebe reichlich zurückgegeben. Bei dieser unserer Liebe bitte ich dich, sprich den Schwur, welchen du thun willst, nicht jetzt aus, sondern erst dann, wenn die Steine des Grabes sich über der edelsten Tochter der Apachen geschlossen haben!«

Er sah mich ernst, fast finster an und senkte dann den Blick auf die Tote nieder. Ich sah, daß seine Züge milder wurden, und endlich richtete er das Auge wieder auf mich und sagte:

»Mein Bruder Old Shatterhand hat eine große Macht über die Herzen aller, mit denen er verkehrt. Nscho-tschi würde ihm seine Bitte gewiß erfüllen, und so will auch ich sie ihm gewähren. Erst dann, wenn mein Auge diese beiden Leichen nicht mehr sieht, mag es sich entscheiden, ob der Mississippi mit allen seinen Nebenflüssen das Blut der weißen und der roten Völker nach dem Meere fahren soll. Ich habe gesprochen. Howgh!«

»­ Certes, tu es capable de réussir taut ce que tu entreprendras, et de faire triompher ta volonté. Cependant, j'ai une prière à te faire qui sera peutetre la dernière, car il se peut que tu n'entendes plus jamais la voix de ton frère blanc. Au nom de l'amour de Nso-Tsi, je te supplie de ne faire aucun serment avant que la tombe de la plus noble et la plus belle fille des Apaches ne soit creusée et refermée.

Il me dévisagea d'un air sombre, puis son regard retomba sur les cadavres. Je vis ses traits se detendre peu a peu. Enfin, il dit:

­Mon frère Old Shatterhand à un grand pouvoir sur tous ceux qui l'approchent. Nso-Tsi obéissait avec joie et j'obéirai comme elle l'aurait fait. Ce n'est que lorsque mes yeux ne verront plus les restes de ceux que j'ai tant aimés que je déciderai si les eaux du Mississippi charrieront les cadavres des Rouges et des Blancs. J'ai parlé. Howgh!«

[Gewiß, du bist fähig, alles, was du unternimmst, zum Erfolg zu führen, und deinen Willen triumphieren zu lassen. Indes habe ich eine Bitte an dich zu richten, die vielleicht die letzte sein wird, denn es ist möglich, daß du niemals mehr die Stimme deines weißen Bruders hören wirst. Im Namen der Liebe Nscho-tschis flehe ich dich an, keinen Schwur abzulegen, bevor das Grab der edelsten und schönsten Tochter der Apachen ausgehoben und wieder geschlossen ist.

Er musterte mich finster, dann senkte sich sein Blick wieder auf die Leichen nieder. Ich sah, wie sich seine Züge nach und nach entspannten. Endlich sagte er:


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Mein Bruder Old Shatterhand hat eine große Macht über alle, die ihm nahekommen. Nscho-tschi gehorchte mit Freude, und ich werde gehorchen, wie sie es getan hätte. Erst wenn meine Augen die sterbliche Hülle derer, die ich so geliebt habe, nicht mehr sehen werden, werde ich entscheiden, ob die Wasser des Mississippi die Leichen der Roten und der Weißen mit sich führen sollen. Ich habe gesprochen. Howgh!]

Beide Versionen treffen sich in der Geste der Missionierung und Zivilisierung: »Mon frère Old Shatterhand a un grand pouvoir sur tous ceux qui l'approchent« [Mein Bruder Old Shatterhand hat eine große Macht über alle, die ihm nahekommen]. Allerdings mit Unterschied: Winnetou >senkt den Blick< unter dem Einfluß seines Freundes, aber er >richtet das Auge wieder auf ihn<, bevor er spricht. Nur das erste findet sich in der französischen Fassung! Und immerhin, Nscho-tschi würde Old Shatterhand die Bitte erfüllen, Winnetou will sie ihm gewähren. Im Französischen g e h o r c h t der Indianer: »Nso-Tsi obéissait avec joie et j'obéirai«. Von einer Unterwerfung dieser Art ist im Original nichts zu spüren. Diese Stelle liefert ein gutes Beispiel dafür, daß es sich lohnt, bei May stets auf Kleinigkeiten zu achten, zumal wenn durch deren Weglassung oder Erweiterung wie hier ein Charakter entscheidende Veränderungen erfährt hin zur >Entmündigung< des >Wilden<. So kann die Umdeutung und Erweiterung der captatio benevolentiae des Originals Du sollst und wirst thun, was du willst zu »Certes, tu es capable de réussir tout ce que tu entreprendras, et de faire triompher ta volonté« [Gewiß, du bist fähig, alles was du unternimmst, zum Erfolg zu führen, und deinen Willen triumphieren zu lassen] nur verstanden werden als ironische Insinuation, die den Effekt der Kapitulation Winnetous verstärken soll, und im Klartext als »triomphe du christianisme sur le sentiment le plus fougueux«, den die Übersetzerin >in dieser Erzählung sieht<.(75) Nicht umsonst hat sie den Charakter des Apachenhäuptlings als »vengeur inexorable« so eindrucksvoll in Szene gesetzt; entsprechend >imponierender< als im Original nun auch die Fallhöhe des Zivilisierungsprozesses, der im Lichte der französischen Übertragung als >Domestizierungsprozeß< erscheint. So viel zu den Veränderungen des >Weltbildes<, die die Vorlage durch den >Beleuchtungswechsel< der Übersetzung erfährt. Die dem >parodistischen< Vorgehen eigene Zensur löst das für May so wichtige Humanitätsideal in einem gleichsam


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elektrolytischen Verfahren aus den Vorstellungslegierungen des Originals: es bleibt ein Bild des >Wilden< als Objekt europäischer Erziehungsstrategie. Wohl teilt Nathalie Gara insgesamt Mays >indianophile< Einstellung ­ doch stets mit entlarvender Nuance, etwa:(76)

ich stand also vor einer abermaligen Wiederholung meiner alten Erfahrung, daß der Indianer n u r durch die Bleichgesichter das geworden ist, was er heute ist. »Cela me confirma dans ma conviction intime, à savoir que, si les Peaux-Rouges sont ce qu'ils sont, la faute en revient b i e n  s o u v e n t aux Visages Pâles.«

[Dies bestärkte mich in meiner innersten Überzeugung, daß, wenn die Rothäute sind, was sie sind, die Schuld daran s e h r  o f t den Weißen zukommt.]

Am häufigsten sind die Koinzidenzen beider Fassungen im Bereich der >Regie<. Auch für May wird der Wilde Westen wie für Chateaubriand, Ferry, Aimard zur Bühne, auf der jedoch nach Textbüchern sehr unterschiedlichen Ausdrucks gespielt wird. Die gravierende Veränderung des >Stiles< durch die Übersetzung macht das deutlich: mehr Scribe als Schiller.

V

»Der Franzose, wie er sich fremde Worte mundgerecht macht, verfährt auch so mit den Gefühlen, Gedanken, ja den Gegenständen, er fordert durchaus für jede fremde Frucht ein surrogat das auf seinem eignen Grund und soden gewachsen sey.« (77)

Was nun die Psyche oder, besser gesagt, den Esprit der Nationen angeht, so erfährt man immerhin einiges über den deutschen, der, das Ohr am Schlüsselloch der Antichambre des Weltgeistes, die vielleicht nicht mehr als eine Rumpelkammer ist, von dessen Peripetien träumt: Jetzt, in diesem Augenblicke entschied es sich, ob..., und den französischen, der den >Schauladen< aufräumt und den weltanschaulichen Trödel schaubühnenhaft arrangiert oder einfach eskamotiert. Liquidiert wird dabei der sprachliche, der >stilistische Lebensraum< des Autors Karl May, die »spezifische, sehr delikate Form der Sinnlichkeit (s)eines Stils«, erzeugt durch die unkontrollierte, suggestive Mündlichkeit sei-


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nes Schreibens, »die ständige Präsenz der Sprache und ihrer Mittel hinter dem Sprechen, (der) metasprachliche Rückbezug, immer wieder hervortretend, des Sprechens auf die Sprache, die es bedingt«.(78) An seiner Statt eröffnet die französische Erzählung ein klassizistisch ausgeleuchtetes Wachsfigurenkabinett tönender Masken, das entsteht

»wenn die Wörter oder die Wendungen nicht auschließlich der Notwendigkeit gehorchen, einen Gedanken, ein Bild oder ein Gefühl, die in der Seele des Autors gegenwärtig sind, wiederzugeben«.(79)

Schlimmer könnte der Befund nicht lauten, als daß die französische Übersetzung den Erzähler May um seine Wahrhaftigkeit bringt, indem sie durch Aufhebung der Identität von Emotion und sprachlicher Form die ihm eigene hermetische Erzählwelt zerstört. Denn dieser Erzähler, um ein Wort Baudelaires über Jean de Falaise aufzunehmen, >täuscht kein Temperament vor und leiht sich keine fremde Seele aus<, »und ganz unversehens ist dabei ein originales Werk zustande gekommen«.(80) Der rationalistische Impuls der Übersetzung erlöst das Original sozusagen aus dem Stande der >Dummheit<, die für Baudelaire jedenfalls Maßstab »große(r) Dichtung«(81) ist: dabei werden »die Phantome der Vernunft mit den Phantomen der Einbildungskraft« verwechselt; »jene sind Gleichungen und diese sind Wesen und Erinnerung«.(82) So um die Kraft »höchst regsamer Phantasie«(83) gebracht, verkommt die Erinnerung, dieses konstitutive Element im Erzählen Karl Mays, dessen »Leichtigkeit, seine Phantasie zufriedenzustellen, von der Spiritualität des Kindes in seinen künstlerischen Vorstellungen«(84) zeugt, zum »Almanach«;(85) ungeeignet, etwas vom speziellen >Opium< dieser Existenz zu vermitteln, abgesondert und stets sich erneuernd, die ihr zugefügten Schmerzen zu betäuben; dessen narkotisierende Wirkung von Lesergenerationen verspürt und auch entsprechend vermarktet wurde, nur daß es als unschicklich galt, nach der geistigen Verwandtschaft des >Volksschriftstellers<, dieses Hüters eines Selbstbedienungsladens für Knabenträume auf Buchdeckeln, zu fragen; dabei: »Des rêves! toujours des rêves! (...) Chaque homme porte en lui sa dose d'opium naturel, incessamment sécrétée et renouvelée«.(86) Was könnte die Wirkung der >unendlichen Geschichten< Mays als >Morphium für die Psyche< besser als diese Worte Baudelaires charakterisieren, womit sie sich gleichzeitig als dem Wesen nach barocke Parabeln enthüllen, >Ent-stellungen< des Lebens bis zur Kenntlichkeit, die einen veritablen Psychologismus des Palimpsests betreiben, verantwortlich für jene >Grundversorgung der Gefühle<, die sich aus dem Traum speist, in dem ­ so glaubt zumindest Calderon - »das richtige Handeln nicht


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verlorengeht« (»(... ) pues no se pierde / obrar bien, aun entre sueños«)(87)

Kaum etwas von der >Überblendungstechnik der Traumfabriken< wird in Nathalie Garas Übersetzung spürbar, geschweige denn, daß sie sich als Sachwalterin Mays in der Tradition seiner französischen Geistesverwandten verstünde. Sie beschränkt sich einerseits - wie wir gesehen haben - auf den >point de vue< jener >société du regard<, der seit der >Princesse de Clèves< die französische Literatur verbunden ist, anderseits auf das exotische Genre, wie ebendiese es in der Nachfolge Chateaubriands im 19. Jahrhundert verwaltet hat. Auf ihn hin adaptiert sie May ziemlich skrupellos: geschickt alle Ansätze nutzend, die ihr der Autor zweifellos auch dafür bietet - »verve«, »caractère aventureux«, »brillante imagination«. Was darüber hinausgeht, enthält sie dem französischen Leser vor - gemessen an einer schriftstellerischen Potenz wie Karl May, ist es leider viel zu viel. Dem französischen >Libretto< ermangelt entschieden die deutsche >Musik<.



1 1933 erscheint bei Ernest Flammarion: Charles May: Le trésor des Montagnes Rocheuses. Es handelt sich dabei um den zweiten Teil des Romanes: Winnetou der Rote Gentleman I. Freiburg 1893, S. 295-630. Ein Übersetzervermerk fehlt. Erst die Ausgabe Karl May: Winnetou, l'homme de la Prairie. Tome 2: Le trésor des Montagnes Rocheuses. Paris 1980, im gleichen Verlag erschienen und bis auf winzige Details textidentisch mit der von 1933, enthält die Notiz »traduit et adapté de l'allemand par Nathalie Gara«. Diese Ausgabe vermerkt nun auch »L'édition originale de cet ouvrage a été publiée par Karl-May-Verlag, Bamberg sous le titre: Winnetou I (Band 7)/c 1951 Joachim Schmid (Karl-May-Verlag), Bamberg/Alle Urheber- und Verlagsrechte vorbehalten«. Das ist insofern irreführend, als die Übersetzung sich eindeutig, wenn nicht an der Erstausgabe von 1893, so doch an der Radebeuler Edition orientiert, die 1933 noch den nicht korrumpierten >Winnetou<-Text bietet. Nur unter einer solchen Voraussetzung ist ein Übersetzungsvergleich wie der vorliegende überhaupt sinnvoll.

2 J. de Rochay: AVANT-PROPOS. In: Karl May: Les pirates de la Mer Rouge. Tours 1898, S. 7. Die deutsche Übersetzung ist entnommen: Ulrich von Thüna: Karl-May-Übersetzungen in Frankreich 1881-1974. In: Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft (M-KMG) 28/1976, S. 17.

3 Friedrich Nietzsche: Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe Band 6. München 1980, S. 428

4 Charles Baudelaire: Sämtliche Werke/Briefe. Band 1: Juvenilia-Kunstkritik 1832-1846 Hrsg. von Friedhelm Kemp und Claude Pichois. München 1977, S. 106

5 Thüna, wie Anm. 2, S. 15ff. Dazu: M-KMG 29/1976, S. 26ff. und 30/1976, S. 12ff. Dort wird in wünschenswerter Ausführlichkeit über die May-Rezeption in Frankreich referiert.

6 In den Pariser Ausgaben von 1933 und 1980 wie der ihnen zugrundeliegenden Radebeuler Ausgabe umfaßt die im folgenden zu untersuchende Episode jeweils ca. 7 Seiten. Der wesentlich großzügigere französische Druck täuscht allerdings über die einschneidenden Kürzungen hinweg.

7 François René Vicomte de Chateaubriand: Œuvres VIII: Les Natchez I. Paris 1837, S. 10


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8 Johann Wolfgang von Goethe: Sämmtliche Werke in vierzig Bänden. Vollständige, neugeordnete Ausgabe. IV. Band. Stuttgart und Augsburg 1856, S. 323

9 Ebd., S. 323

10 Johann Peter Eckermann: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Zürich 1948, S. 383

11 Vgl. Goethe, wie Anm. 8, S. 323.

12 Stefan Zweig: Die Welt von gestern, Erinnerungen eines Europäers. Stockholm 1943, S. 346f.

13 Vgl. Roland Schmid: Nachwort. In: Gabriel Ferry: Der Waldläufer. Für die Jugend bearbeitet von Carl May. Stuttgart (1879), Reprint Bamberg 1987, N3. Siehe auch Hanswilhelm Haefs: Karl Mays >Waldläufer<. Spurensuche in Mexiko. Sonderheft der Karl May-Gesellschaft Nr. 80/1989, S. 7-76.

14 François René Vicomte de Chateaubriand: Œuvres V: Atala. Paris 1837, S. 92 (Hervorhebung J. H.)

15 Franz August Chateaubriant [sic!]: Atala oder die Liebe zweier Wilden in der Wüste. Übersetzt von Carl Friedrich Cramer. Leipzig 1802, S. 86 (Hervorhebung J. H.)

16 Karl May: Winnetou, l'homme de la Prairie. Tome 4: Dans la forteresse des trappeurs. Paris 1981, S. 232f. (traduit et adapté de l'allemand par Nathalie Gara)

17 Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. VIII: Winnetou der Rote Gentleman II. Freiburg 1893, S. 613

18 May: Winnetou II, wie Anm.17, S.453 - May: Winnetou, tome 4, wie Anm.16, S.67 Anmerkung der Redaktion: Zur Bequemlichkeit des Lesers werden hier und im folgenden möglichst wörtlich gehaltene Rückübersetzungen ins Deutsche der Gara-schen Übertragung angefügt. Diese Rückübersetzungen stehen jeweils in eckigen Klammern.

19 Im folgenden werden kontinuierlich einander gegenübergestellt (und insofern auf weitere Seitenangaben verzichtet): Karl May: Winnetou der Rote Gentleman I. Freiburg 1893, S. 492-499 und Charles May: Le trésor des Montagnes Rocheuses. Paris 1933, S. 174- 181. Zur Ausgabe Paris 1980 vgl. Anm. 1. Die betreffende Stelle findet sich dort S. 176 - 181.

20 Charles Baudelaire: Sämtliche Werke/Briefe. Band 2: Vom Sozialismus zum Supranaturalismus. Edgar Allan Poe. München 1983, S. 257f.

21 Ebd., S. 258

22 Chateaubriand: Les Natchez I, wie Anm. 7, S. 9

23 Baudelaire: Werke/Briefe Bd. 2, wie Anm. 20, S. 257

24 Charles Baudelaire: Sämtliche Werke/Briefe Band 8: Le Spleen de Paris. München 1985, S. 217

25 Karl May: Mein Leben und Streben. Freiburg o. J. (1910), S. 163

26 Baudelaire zitiert in: Jean Starobinski: Der Umgang mit den Klassikern. In: Neue Zürcher Zeitung. Beilage: Literatur und Kunst. 210. Jg. (1989), Nr. 233, S. 66 - in ähnlichem Sinne: Baudelaire: Werke/Briefe Bd. 2, wie Anm. 20, S. 265

27 Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. I: Durch Wüste und Harem. Freiburg 1892, S. 140f. (Die Passage entstand bereits 1876.)

28 Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. XVI: Im Lande des Mahdi I. Freiburg 1896, S. 256-264

29 Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXI: Satan und Ischariot II. Freiburg 1897, S. 518-523

30 Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXVII: Im Reiche des silbernen Löwen II. Freiburg 1898, S. 260-262

31 May: Mein Leben und Streben, wie Anm. 25, S. 25f.

32 Hans Wollschläger: »Die sogenannte Spaltung des menschlichen Innern, ein Bild der Menschheitsspaltung überhaupt«. Materialien zu einer Charakteranalyse Karl Mays. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft (Jb-KMG) 1972/73. Hamburg 1972, S. 11

33 Vgl. das Motto dieses Kapitels.

34 Baudelaire: Werke/Briefe Bd. 1, wie Anm. 4, S. 120

35 Platon: Gorgias 454e. In: Werke in acht Bänden. Band 2. Hrsg. von Günther Eigler. Darmstadt 1973, S. 294


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36 Baudelaire: Werke/Briefe Bd. 1, wie Anm. 4, S. 106

37 Platon: Gorgias 453a. In: Werke Bd. 2, wie Anm. 35, S. 288

38 Jean Starobinski, wie Anm. 26

39 Baudelaire: Werke/Briefe Bd. 1, wie Anm. 4, S. 120

40 M. Fabii Quintiliani Institutionis Oratoriae Libri XII. II, 15/4. Darmstadt 1972, S. 230

41 Ebd.,1, 2/30, S. 38, und 11, 5/8, S. 192

42 Ebd., VI, 2/6, S. 698

43 Platon: Gorgias 453a, wie Anm. 37, S. 288

44 Nietzsche wie Anm. 3, S. 428

45 Gert Ueding: Weihnachten mit Manitou. Zur Vermarktung der Bücher von Karl May. In: Der Rabe. Magazin für jede Art von Literatur. Nr. 27. Hrsg. von Hermann Wiedenroth und Hans Wollschläger. Zürich 1989, S. 165

46 Karl May's Gesammelte Werke Bd. 7: Winnetou I. Bamberg 2878. Tsd., S. 456-462 - Es ist in der Tat auffällig, wie die Bamberger Bearbeitung von 1951 stilistisch häufig da >glättet<, wo ihr die französische Übertragung schon 1933 vorausgegangen war. Folgende Beispiele aus dem eben besprochenen Zusammenhang ließen sich beliebig vermehren:

Freiburger Edition (S. 493): Ich rannte mehr, als ich lief ... ein Schrei, der mir wie ein Degen durch den Körper drang...

Bamberger Bearbeitung (S.457): »Ich rannte, so rasch ich konnte (... ) ein Schrei, der mir durch und durch drang.« Der kurz danach folgende Satz denn wer tot ist, kann nicht schießen fehlt in der Bamberger Fassung.

47 Karl May's Gesammelte Werke Bd. 7, wie Anm. 46, S. 456

48 Karl May: Winnetou. Band I. Nach der 1893 erschienenen Erstausgabe neu bearbeitet von Peter Korn. Gütersloh 1963, S. 334

49 Arno Schmidt: Sitara und der Weg dorthin. Eine Studie über Wesen, Werk & Wirkung Karl May's. Karlsruhe 1963

50 Chateaubriand: Atala, wie Anm. 14, S. 91 ­ Atalas Sterbeszene wird schon durch die Kapitelüberschrift als »Le Drame« angekündigt, das ein »Juge inexorable« [sic!] (ebd., S. 99) beherrscht. Winnetou wird im folgenden - Zusatz der Übersetzerin ­ als »vengeur inexorable« auftreten. Zu >drame< vgl. S. 174 dieser Arbeit

51 Chateaubriand: Atala, wie Anm. 14, S. 67f.; - Ders.: Atala oder die Liebe, wie Anm. 15, S. 57

52 Ebd., S. 26 bzw. S. 11f.

53 Ebd., S. 27

54 Ebd., S. 92 bzw. S. 96

55 Baudelaire: Werke/Briefe Bd. 2, wie Anm. 20, S. 252

56 Ebd., S. 245 ­ Baudelaire zitiert hier das Gedicht >Compensation< aus Théophile Gautiers >Comédie de la Mort< (1838).

57 Giuseppe Giacosa und Luigi Illica: La Bohème. Opera in quattro quadri. Musica di Giacomo Puccini. Milano 1983, S. 94 - In die Gebärde der französischen Romantik übersetzt N. Gara den >Tod< Nscho-tschis. Man vergleiche: May: ... der Tod .. . schloß ihr für immer den Mund. Gara: »l'aile de la mort s'appesantit sur elle«. Chateaubriand: Atala, wie Anm. 14, S. 113: »les ombres de lamort se répandirent autour de ses yeux et de sa bouche« (Atalas Tod).

58 Arrigo Boito: Otello. Dramma lirico in quattro atti. Musica di Guiseppe Verdi. Milano 1982, S. 40

59 Gustave Aimard: Œuvres 1-4. Paris 1925

60 Chateaubriand: Atala, wie Anm. 14, S. 126; Atala oder die Liebe, wie Anm. 15, S. 122f. (Hervorhebung J. H.)

61 Goethe, wie Anm. 8

62 Chateaubriand: Atala, wie Anm. 14, S.96; Atala oder die Liebe, wie Anm. 15, S.90f.

63 Aimard, wie Anm. 59. Tome 3: Balle-Franche, S. 33

64 Ebd., S. 37

65 Ebd., S. 38

66 Ebd., S. 94


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67 Detlev Hoffmann/Almut Junker: Laterna magica. Lichtbilder aus Menschenwelt und Götterwelt. Berlin 1982 S. 33

68 Ferry/May, wie Anm. 13

69 Gabriel Ferry: Les Aventuriers du Val d'Or. Extrait du coureur des bois. Paris 1901 S. 159

70 Ferry, wie Anm. 13, S. 189f.

71 Ebd., s. 199 - May strapaziert hier das Material, das er bei Ferry bzw. dessen deutschen Bearbeitungen vorfindet, über Gebühr.

72 Nietzsche, wie Anm. 3, S. 362

73 Ferry, wie Anm. 13, S. 189f.

74 Salvatore Cammarano/Emilien Pacini: Le Trouvère. Grand Opéra en quatre actes. Musique de G. Verdi. Klavierauszug. Paris o. J. (1855), S. 312

75 Chateaubriand: Atala wie Anm. 14, S. 126

76 May: Winnetou II, wie Anm. 17, S. 551; Winnetou, tome 4, wie Anm. 16, S. 161 (Hervorhebungen J. H.)

77 Goethe, wie Anm. 8

78 Hans-Martin Gauger: Der Autor und sein Stil. Stuttgart 1988, S. 99

79 Ortega y Gasset in einer Studie über den Schriftsteller Pío Baroja. ln El Espectador, I, S. 146; zit. nach Gauger, wie Anm. 78, S. 94

80 Baudelaire, Werke/Briefe Bd. I, wie Anm. 4, S. 99

81 Ebd., S. 106

82 Ebd.

83 E.T.A. Hoffmann: Höchst zerstreute Gedanken. Kreisleriana 5.1n: Phantasiestücke in Callots Manier. zit. nach Baudelaire Werke/Briefe Bd. I, wie Anm. 4, S. 254

84 Baudelaire werke/Briefe Bd. 2, wie Anm. 20, S. 198

85 Baudelaire: werke/Briefe Bd. I, wie Anm. 4, S. 254

86 Baudelaire: werke/Briefe Bd. 8, wie Anm. 24, S. 174

87 Pedro Calderón de la Barca: La vida es sueño III, 4. Edición, estudio y notas de Enrique Rull. Madrid 1980, S. 233


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