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PETER KRAUSKOPF

Deutsche Zeichen, deutsche Helden
Einige Bemerkungen über Karl May und den
deutschen Film, Fritz Lang und Thea von Harbou

Ich denke, ich weiß, warum mir ›Der Spiegel‹ angeboten hatte, über Lang zu schreiben: In ›Im Lauf der Zeit‹ ist er anwesend, es wird von den ›Nibelungen‹ geredet, man sieht zwei Fotos von ihm, eines davon aus ›Le Mépris‹. Ich hatte das nicht im Sinn. In diesem Film über das Bewußtsein von Kino in Deutschland hat sich der verlorene, nein der verpaßte Vater von selbst eingestellt, hat sich eingeschlichen.
Wim Wenders(1)



1. Teil: Ein deutsches Volkslied

Es ist eine große verpaßte Gelegenheit in der Filmgeschichte, daß der Regisseur Fritz Lang (5. 12. 1890 – 2. 8. 1976) nie einen Karl-May-Film gedreht hat. Gleich zwei Mal hätte das Schicksal es fügen können, daß der Schöpfer von Filmklassikern wie ›Metropolis‹ oder ›M‹ das Werk des meistgelesenen Schriftstellers in der deutschsprachigen Weltprovinz durch die Bildsprache des Mediums Film in die universelle Weltfolklore hätte integrieren können. Denn zwei Mal war er nahe dabei, als man sich bemühte, Karl May zu verfilmen, und zwei Mal war er doch Lichtjahre davon entfernt. Sein Schaden war es nicht, wie sein îuvre beweist; Karl May hätte jedoch, diese Einschätzung sei gewagt, nur gewinnen können.

   Die erste verpaßte Gelegenheit ergab sich, als 1920 die USTAD-FILM gegründet wurde, deren Absicht es war, »in jedem Geschäftsjahr fünf Karl-May-Filme zu drehen«.(2) Doch nicht Fritz Lang und seine Frau, die Drehbuchautorin Thea von Harbou (27. 12. 1888 – 1. 7. 1954), die nach dem Ersten Weltkrieg ihre Karriere im Filmgeschäft begannen, waren an dieser Gründung beteiligt, sondern der »Schriftsteller Dr. Adolf Droop (und seine Frau), die Drehbuchautorin Marie-Luise Droop, geb. Fritsch, der Regisseur Ertugrul Mouhssin-Bey, der (Film-)Kaufmann Joh. Friedr. Knevels und der Verlagsdirektor Dr. Euchar Albrecht Schmid aus Radebeul«.(3) Drei Projekte konnte die Firma im Jahr 1920 realisieren: ›Auf den Trümmern des Paradieses‹, ›Die Todeskarawane‹ und ›Bei den Teufelsanbetern‹. Zu weiteren Karl-May-Verfilmungen kam es nicht; Streit um die künstlerische Ausrichtung der Filme und die Wirren der Inflation führten dazu, daß die Produktion eingestellt wur-


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de.(4) Von den Filmen existieren heute keine Kopien mehr, so daß über ihre Qualität keine Aussagen gemacht werden können.

   Die zweite verpaßte Gelegenheit war Ende der fünfziger Jahre, als der Filmproduzent Artur Brauner die vor den Nazis nach Amerika emigrierten Regisseure Fritz Lang und Robert Siodmak zurück nach Deutschland in die Bundesrepublik holte. In dieser Zeit begann man erneut, Karl May für den Film zu entdecken; in den späten fünfziger Jahren erst zaghaft mit ›Die Sklavenkarawane‹ (1958) und ›Der Löwe von Babylon‹ (1959), mit riesigem Erfolg dann in den frühen sechziger Jahren. ›Der Schatz im Silbersee‹ unter der Regie von Harald Reinl eröffnete 1962 die erfolgreichste deutsche Filmserie der Geschichte. Robert Siodmak sollte im Rahmen dieser Serie drei Karl-May-Filme für Artur Brauner drehen: ›Der Schut‹ (1964) und die zweiteilige Waldröschen-Adaption ›Die Pyramide des Sonnengottes‹ und ›Der Schatz der Azteken‹ (1965). Fritz Lang jedoch verfilmte endlich einen Stoff, den Thea von Harbou bereits in den frühen zwanziger Jahren für ihn entwickelt hatte, das zweiteilige Indien-Abenteuer ›Der Tiger von Eschnapur‹ (1958) und ›Das indische Grabmal‹ (1959). 1960 folgte dann noch ›Die tausend Augen des Dr. Mabuse‹, eine späte Fortsetzung seiner Erfolge aus der Stumm- und frühen Tonfilmzeit und Initialfilm einer den Karl-May-Filmen ähnlichen Serie von Horror-Krimis.

   Dabei wäre kaum ein anderer Regisseur so dazu prädestiniert gewesen, Karl May zu verfilmen wie Fritz Lang. Bereits seine erste Regiearbeit im Jahr 1919, die er nach einem eigenen Drehbuch ausführte, trug den Titel eines 1917 erschienenen(5) Karl-May-Buches: ›Halbblut‹. Unter diesem Titel hatte E. A. Schmid Mays Jugenderzählung ›Der schwarze Mustang‹ im Rahmen der ›Gesammelten Werke‹ herausgebracht, und wenn Lang auch nicht der Geschichte um den Comanchen-Häuptling Tokvi Kava und seinen halbblütige Enkels Ik Senanda folgt, so übernimmt er doch die fragwürdige rassistische Ideologie der Erzählung – aus heutiger Sicht irritierend, für die Karl-May-Rezeption nach dem Ersten Weltkrieg vermutlich symptomatisch. Er war jedenfalls ein Mestize, kolportiert May eine gängige rassistische Meinung – und auch die Radebeuler Bearbeitung verfälscht da nichts –, einer jener Mischlinge, welche zwar die körperlichen Vorzüge, aber dazu leider auch die moralischen Fehler ihrer verschiedenfarbigen Eltern erben.(6)

   Fritz Langs ›Halbblut‹ war dagegen ein klassischer Vamp: »Ressel Orla in der Rolle einer Frau minderwertigen Charakters, als Kind mit dem Blut zweier Rassen, das ›von beiden Rassen nur die schlechten Eigenschaften erbt‹«.(7)

   Lang hatte, so seine Monographin Lotte H. Eisner, »wie alle damals, in seiner Jugend Karl-May-Romane verschlungen.«(8) »Ich las alles durcheinander«, schrieb Lang in einer autobiographischen Skizze im Jahr 1934, »Theosophie, Geschichte, Schopenhauer, Kierkegaard,


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Nietzsche, die deutschen und österreichischen Klassiker; Shakespeare, Hans Sachs, Bücher über Okkultismus, Karl May und Jules Verne, den ›Golem‹ von Meyrink«.(9) Auf Wunsch seiner Eltern, des Wiener Stadtbaumeisters Anton Lang und seiner Frau Paula, sollte Fritz wie sein Vater ebenfalls Architektur studieren, doch sein Interesse galt mehr der Malerei, so daß er schließlich die Kunstgewerbeschule in München besuchte. Von dort aus machte er 1911/12 eine ausgedehnte Weltreise, die ihn auch nach Konstantinopel führte. In einer Homestory des ›Film-Kurier‹ vom 12. 10. 1929 berichtete er,

wie er dort in den Bazaren Aufnahme gefunden habe, die von Herzen kam: »Es ist, als ob sie es gefühlt haben, daß ich bemüht war, mich auf sie einzustellen – auch ohne ihre Sprache zu sprechen. Erstaunlich die innere Vorbereitung, die eben Karl Mays Bücher vermittelt haben. Schon bei der ersten Exkursion in die Altstadt schien es mir, als ob ich vertrauten Boden aufsuchte.

   Man ermißt die Farbigkeit der Schilderungen erst dann, wenn man sie mit der Wirklichkeit verglichen hat.(10)

1913 ließ sich Lang in Paris nieder, wo er sich als Postkartenmaler und Karikaturist seinen Lebensunterhalt verdiente. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs kehrte Lang nach Wien zurück, wurde als Leutnant verwundet und fand im Hospital wieder zum Schreiben und Malen. Seine großen Vorbilder waren Gustav Klimt und Egon Schiele; es existiert ein Selbstporträt Langs im expressiven Stil Schieles.

   Im Jahr 1916 begann Lang als Schauspieler zu arbeiten und Drehbücher zu schreiben, die von dem Filmproduzenten und -regisseur Joe May (nicht verwandt mit Karl May, eher ein Wahl-Namensvetter, eigentlich hieß er Julius Otto Mandl) verfilmt wurden. 1918 siedelte Lang nach Berlin über und drehte seinen ersten eigenen Film ›Halbblut‹. Neben zwei anderen Filmen folgte die zweiteilige Abenteuer-Filmserie um einen Inka-Schatz, ›Die Spinnen. Teil 1: Der goldene See‹ und ›Teil 2: Das Brillantenschiff‹,(11) in der Lotte H. Eisner eine »Rückkehr zu Karl May (Schatz im Silbersee)«(12) sah. Und nicht nur dies: Carl de Vogt, der Darsteller des ›Spinnen‹-Helden Kay Hoog und schon der Partner von Ressel Orla in ›Halbblut‹, sollte in den Karl-May-Filmen der USTAD-FILM zwei Jahre später den Kara Ben Nemsi spielen.

   1920 lernte Lang die Drehbuch- und Romanautorin Thea von Harbou kennen, die er 1922 heiratete und mit der er dann alle seine Stumm- und Tonfilmklassiker bis 1932 realisierte.(13) »Eine anfänglich stark emotionale Beziehung, gemeinsame deutschnationale Überzeugungen, der künstlerische Gleichklang bei den Filmen, die ›Liebe‹ zu Tieren und zu Karl May«(14) bildeten das Fundament der Ehe. Bei Karl May »gibt es nur Enthusiasmus«, wußte 1929 der ›Film-Kurier‹ über das Paar zu berichten. »Karl May bedeutet in diesem Kreise nicht Erinnerung an phantasievolle Lektüre der Vergangenheit, sondern Gegenwartsfreude, Entspannungsstoff.«(15)


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   Auch Thea von Harbou, am 27. 12. 1888 in Tauperlitz bei Hof geboren und auf einem Landgut in der Sächsischen Schweiz und in Niederlößnitz bei Dresden aufgewachsen, nicht weit von Karl Mays Wohnort Radebeul, war seit ihrer Kindheit leidenschaftliche Karl-May-Leserin. Ihr Großvater Hans Eugen d›Alinge war Direktor der Strafanstalt in Zwickau, als May dort von 1865 bis 1868 einsaß.(16) In einem Feuilleton für die Illustrierte ›Die Woche‹ schrieb sie Weihnachten 1926 über ›Meine erste Liebe‹:

Wenn die zwei Worte ›Erste Liebe‹ das Gefühl umgrenzen, das ein junges Geschöpf zum erstenmal zu allen Höhen der Glückseligkeit und allen Tiefen der Verzweiflung schleudert, dann galt meine erste Liebe Winnetou, dem großen Häuptling der Apatschen. Diese Liebe kam in mein Leben, als ich zwölf Jahre alt war; und ich bin ihr treu geblieben bis auf den heutigen Tag.(17)

Weiter schreibt sie:

Und so drückte mir eines schönen Tages der Buchhändler, der meinen unersättlichen Hunger nach Abenteuerbüchern kannte, den ersten Karl-May-Band von Winnetou in die braunen Mädelpfoten. Von dem Tag an war's aus. Ich hatte die erste große Liebe meines Lebens gefunden, und sie hat mich mit einer Maßlosigkeit und Ausschließlichkeit erfüllt, die sonst wohl selten bei einem Kinde zu finden sind, noch dazu, wenn der Gegenstand dieser Liebe der Schemen einer Dichtung ist. Ich leugne durchaus nicht, daß die Liebe zu diesem ›roten Gentleman‹ weit bestimmender für die Entwicklung meines Charakters war als alle besten mir erteilten Lehren; denn immer war in mir die Sehnsucht, gütig, tapfer, ritterlich und schweigsam zu sein, wie Winnetou es war. In der Schweigsamkeit mindestens habe ich es zu einer erstaunlichen Vollkommenheit gebracht, ganz gewiß ein Segen für meine Umgebung.

   Wie jede wahrhaftige Liebe, hat auch diese Schmerz und Kummer bis zu einer fast tödlichen Schwermut erfahren: als ich las, Winnetou sei tot. Beim Begreifen dieses Erlebnisses wurde ich krank, und kein Mensch und kein Arzt begriff, was mir fehlte und warum ich tagelang unter strömenden Tränen lebte – um so weniger, als ich ganz lautlos weinte und im übrigen, meinem Vorbild getreu, aufs hartnäckigste schwieg. Die Rettung aus diesem furchtbarsten Weh meiner Kindheit und Jugend fand ich endlich in einem holden Selbstbetrug: Ich beschloß, den Tod Winnetous nicht zu glauben, und habe das Buch, das von seinem Tod erzählt, nie wieder angerührt. Vielleicht gerade dadurch hat diese kindische und so unaussprechlich törichte Liebe etwas Ewiges, etwas von einem unausrottbaren Gefühl bekommen, und lange Jahre trug ich oberhalb meines linken Handgelenks, mit Nadeln tief eingeritzt, ein lateinisches W, und bis zum heutigen Tage ist das große W des Sternenhimmels, die schöne Kassiopeia, mein Lieblingssternbild geblieben, und ich kann es nie betrachten, ohne, wenn auch noch so flüchtig, an die erste Liebe meiner Kindheit, an Winnetou, den Häuptling der Apatschen, zu denken.(18)

Franz Josef Weiszt beschreibt in seiner Romanbiographie ›Karl May. Der Roman seines Lebens‹ einen Besuch der jungen Thea von Harbou bei dem alten Karl May: » ›So sagen sie doch, Meister – haben Sie daheim noch Erinnerungsstücke an Winnetou, den Unvergleichlichen?‹



Fritz Lang (1890-1976)

Thea von Harbou (1888-1954)
Quelle: Fred Gehler, Ullrich Kasten: Fritz Lang – Die Stimme von Metropolis. Berlin 1990 (Henschel Verlag)



Fritz Lang: ›Die Nibelungen‹ (1924)
Quelle: Heide Schönemann: Fritz Lang – Filmbilder, Vorbilder. Potsdam 1992

Harald Reinl: ›Winnetou 1. Teil‹ (1963)
Quelle: Archiv Peter Krauskopf


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Ein junges Mädchen aus alter Adelsfamilie ist es, die ihn im Kreise der Verehrer mit dieser Frage bedrängt (...) Ihr Name wurde bekannt: Thea von Harbou.«(19)

   Von dieser Begegnung her scheint das handsignierte Exemplar von Mays Drama ›Babel und Bibel‹ zu stammen, das im ›Film-Kurier‹ erwähnt wird.(20) Nach ihrem Tod 1954 fand man in Thea von Harbous Nachlaß noch 22 Bände Karl May und einige Radebeuler Karl-May-Jahrbücher, die auf einer Auktion der Karl-May-Gesellschaft versteigert worden sind.

   Im Juli 1924 besuchten Fritz Lang und Thea von Harbou die ›Villa Shatterhand‹ und trugen sich ins Gästebuch ein. »In Sehnsucht nach dem nächsten Wiedersehen«, schrieb Thea von Harbou, und Fritz Lang fügte hinzu: »In Dankbarkeit für all das Viele, was ich aus diesem Haus bekommen habe.« Eine weitere Eintragung Thea von Harbous datiert vom Juni 1927: »In alter Liebe!«(21)

   In den seltensten Fällen sind jedoch ganz direkt Motive aus den Werken des geliebten Schriftstellers in die Filme von Lang und Harbou eingegangen. 1992 hatte das Filmmuseum Potsdam eine Ausstellung unter dem Titel ›Fritz Lang. Filmbilder, Vorbilder‹ ausgerichtet, für die Exponate aus der bildenden Kunst zusammengetragen wurden, die die Bildkompositionen ihrer Filme beeinflußt haben.(22) Ganz deutlich lassen sich da Vorbilder nachweisen, die die beiden zitiert, kopiert, imitiert und in ihren Filmen zu neuen Kunstwerken kompiliert haben. Sucht man ähnliche literarische Vorbilder in den Werken Karl Mays, läßt sich dort der Ursprung der Inspiration nicht direkt nachweisen. Verweisen einzelne Motive auf Karl May, so ist das meist ein Verweis auf die Gattung ›Abenteuerroman‹ schlechthin, in deren Tradition Mays Erzählungen stehen.

   Eine der ersten Zusammenarbeiten von Fritz Lang und Thea von Harbou war 1920 die Erstellung eines Drehbuches nach Harbous Roman ›Das indische Grabmal‹ von 1913, das Lang für Joe May als Zweiteiler unter den Titeln ›Der Tiger von Eschnapur‹ und ›Das indische Grabmal‹ verfilmen sollte. Es kam jedoch zum Zerwürfnis mit Joe May, so daß dieser die Indien-Filme schließlich selbst inszenierte. 1938 sollte es ein Tonfilm-Remake von Richard Eichberg geben, und Lang selbst widmete sich dem Stoff dann Ende der fünfziger Jahre.

   So sehr der Stoff, eine exotische Abenteuergeschichte, in der gleichen Tradition wie die Erzählungen von Karl May steht, ist der direkte Einfluß jedoch sehr begrenzt. Für Thea von Harbou war Indien ein Traumland. Nach der Trennung von Fritz Lang lebte sie mit dem Inder Ayi Tandulkar zusammen; schon früh sympathisierte sie mit dem Nationalsozialismus und schätzte besonders die rassistische Lehre vom Ursprung der Arier in Indien. Für May war Indien nie ein bevorzugter Schauplatz gewesen. Lediglich die kurze Episode ›Der Girl-Robber‹


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aus dem Band ›Am Stillen Ocean‹ spielt auf Ceylon. May erzählt dort ausgiebig von einer Elefantenjagd; eine Tigerjagd, das zentrale Motiv der Indien-Filme, kommt bei ihm nicht vor.

   Das Motiv der Maharani, die sich in einen Europäer verliebt und mit ihm flüchtet, findet sich bei May in dem frühen Fortsetzungsroman ›Die Juweleninsel‹. Schon da ist die Liebesgeschichte von einem elegisch-fatalistischen Hauch umgeben, und Fritz Lang mochte Ende der fünfziger Jahre bei seinem Remake des Stoffes davon durchaus inspiriert sein. 1920 jedoch, als das erste Drehbuch nach Harbous Roman entstand, kannten Lang und Harbou ›Die Juweleninsel‹ bestimmt nicht. Der Zeitschriften-Erstabdruck aus dem Jahr 1881/82 war so gut wie verschollen, und die Radebeuler Fassung sollte im Rahmen der ›Gesammelten Werke‹ erst 1926 erscheinen.

   ›Der müde Tod‹ (1921) war das erste große Meisterwerk von Lang und Harbou. In dem als ›deutsches Volkslied in sechs Versen‹ apostrophierten Episodenfilm zeigt die Figur des Todes einem Mädchen drei Lebensgeschichten, von denen zwei im Bagdad der Kalifen und im alten China spielen. Auch hier mag die Karl-May-Lektüre Anregungen geliefert haben, besonders die humoristisch gefärbte China-Episode gemahnt in ihrer karikierenden Darstellung der chinesischen Kultur an Mays Jugenderzählung ›Der blau-rote Methusalem‹. Das Motiv des Bettlerkönigs und seiner Untergebenen, die in Mays China-Erzählung einen – wesentlich effektiveren – Staat im Staate bilden, taucht in Langs und Harbous Tonfilm ›M‹ (1931) als ›Ganovenkonferenz‹ auf, auf der sich die Unterwelt unter der von Gustaf Gründgens dargestellten Figur des ›Schränkers‹ zusammentut, um den Kindermörder zu finden, wozu die Polizei nicht fähig ist. Reales Vorbild für die Konferenz waren die sogenannten ›Verbrechervereine‹, zu denen sich in den zwanziger Jahren viele Kriminelle zusammenschlossen, um auf ihre ›Ganovenehre‹ zu pochen. Bereits im zweiten Teil der ›Spinnen‹ hatte es eine durchorganisierte Unterwelt unter dem Chinesenviertel einer Großstadt gegeben.

   Möglicherweise wirkte auch der USTAD-Film ›Auf den Trümmern des Paradieses‹ nach dem Kapitel ›Der Überfall‹ in der Reiseerzählung ›Von Bagdad nach Stambul‹ inspirierend auf die Konzeption des ›Müden Todes‹. Auch dort tritt in der Vorhandlung, die tausend Jahre zurückliegt und in die Kara Ben Nemsi in Fantasy-Manier zurückblickt, der Tod auf. Ein eindrucksvolles Foto befindet sich in dem Programmheft zu dem Film.(23)

   In der Tradition von Karl Mays Kolportageromanen, besonders des ›Verlornen Sohns‹, stand der Roman von Norbert Jacques, der als Vorlage für Langs und Harbous zweiteiligen Film ›Dr. Mabuse, der Spieler‹ und ›Inferno‹ (1922) diente. In ihrem letzten gemeinsamen Film ›Das Testament des Dr. Mabuse‹ (1932) ließen Lang und Harbou die Gestalt


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des genialischen Verbrechers noch einmal aufleben, ebenso wie Lang allein in seinem letzten Film im Jahr 1960, ›Die tausend Augen des Dr. Mabuse‹.

   Besonders die vielen Masken, in denen Mabuse in den Stummfilmen sein Unwesen treibt, erinnern sowohl an den ›Fürsten des Elends‹, den positiven Helden des ›Verlornen Sohns‹, als auch an seinen verbrecherischen Gegenpart, den Baron von Helfenstein. Doch ebenso wie bei der ›Juweleninsel‹ muß überlegt werden, ob Lang und Harbou Mays ›Verlornen Sohn‹ überhaupt kennen konnten. In den ›Gesammelten Werken‹ sind Teilstücke des Romans erst in den dreißiger Jahren erschienen; der als Motivfundus möglicherweise relevante Band ›Der Fremde aus Indien‹ 1939, also lange nach Entstehen der Mabuse-Filme. Ob Lang und Harbou den Mayschen Originalroman von 1883/85 kannten, muß spekulativ bleiben. Ob sich die Münchmeyerschen Hefte im Besitz der großbürgerlichen Familien befanden, in denen Lang und Harbou aufwuchsen, kann bezweifelt werden; daß sie sich als jugendliche May-Enthusiasten die umstrittene Fischer-Ausgabe, deren letzte Auflage 1908 erschien,(24) besorgten, ist ebenfalls nicht anzunehmen. Doch ganz auszuschließen ist es nicht; im gleichen Jahr erschien die erste literarische Veröffentlichung der 20jährigen Thea von Harbou,(25) und die Backfischschwärmerei für die Werke Karl Mays mochte sich in ein professionelles Interesse verwandelt haben, auch und besonders für die als ›abgrundtief unsittlich‹ denunzierten Kolportageromane.

   Die künstlerischen Verbindungen zwischen Lang, Harbou und Karl May liegen viel tiefer als in oberflächlichen Motivähnlichkeiten. Die ›Filmschöpfer‹ und der ›Volksschriftsteller‹ arbeiteten jeweils für die modernsten Massenmedien ihrer Zeit, May für Zeitschriften und die Kolportage, Lang und Harbou für den Film. Die massenhafte Verbreitung dieser Medienprodukte setzte eine hochtechnisierte Industrie voraus, die nach kommerziell ausgerichteten Prinzipien arbeiten mußte. Produktion und Distribution waren nach rein wirtschaftlichen Kriterien organisiert, und inhaltlich standen die Künstler, die in diesen Medien arbeiteten, ständig im Konflikt mit dem Massengeschmack. Noch 1929 beklagte Hans Richter in seinem Pamphlet ›Filmgegner von heute – Filmfreunde von morgen‹: »Wie kommt es, daß das Niveau im Ganzen so tief steht?«(26) und forderte: »Ob der Film eine unterhaltende, instruierende oder aktivisierende Absicht hat, er sollte den Menschen freier, stärker, klüger machen, nicht blöder.«(27) Die Seufzer, die Karl May sechsundvierzig Jahre zuvor in einer Abrechnung mit der Kolportageliteratur unter dem Titel ›Ein wohlgemeintes Wort‹ zu Papier brachte, stoßen ins gleiche Horn: Einer der Haupthebel, welche bei der Volkserziehung in Bewegung gesetzt werden müssen, sind jedenfalls die Bibliotheken, und bei einsichtsvoller Leitung und einer guten, verständigen Wahl der Bücher ist ihr Einfluß ein unberechenbar günstiger.(28)


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   Lang und Harbou und Karl May waren jeweils unbestrittene Stars im kommerziellen Kulturbetrieb ihrer Zeit und genossen auf dem Höhepunkt ihrer Karrieren eine gewisse künstlerische Autonomie. Der Erfolg von Karl Mays ›Gesammelten Reiseerzählungen‹ erlaubte dem Schriftsteller die Wende zum Alterswerk, während Fritz Lang und Thea von Harbou in ›Metropolis‹, dem teuersten Film seiner Zeit, so gut wie unkontrolliert ihre Vorstellungen umsetzen konnten. Beidemal folgte die finanzielle Katastrophe auf dem Fuße. Mays Spätwerk ›ging‹ nicht mehr so gut wie die klassischen Reiseerzählungen, was zur Entfremdung mit seinem Verleger Fehsenfeld führte; ›Metropolis‹ stürzte die UFA fast in den Ruin, der nach dem wirkungslosen Einstieg der amerikanischen Unternehmen Paramount und Metro-Goldwyn-Mayer durch das Engagenment des deutschnatioonalen Medienzaren Alfred Hugenberg abgewendet werden konnte.

   Bei aller Ähnlichkeit ihrer Position im ökonomischen Gefüge des Kulturbetriebes, das Bild vom Künstler, das Lang und May boten, könnte unterschiedlicher nicht sein. In seiner autobiographischen Skizze ›Freuden und Leiden eines Vielgelesenen‹ entwirft May das Bild des Schriftstellers, der unermüdlich produziert: Ich werde um Manuskript gedrängt, habe seit gestern Nachmittag drei Uhr, also sechzehn Stunden lang, am Schreibtische gesessen und kann, auch wenn ich nicht gestört werde, vor abends acht Uhr nicht fertig werden. Die Nacht, oft zwei, drei Nächte hintereinander, ohne dann am Tage schlafen zu können, ist überhaupt meine Arbeitszeit ...(29) Franz Kandolf, der unermüdliche Bearbeiter der Werke Karl Mays, dämonisierte diese Arbeitsweise in seiner Version des May-Textes: »(...) Aber diese innere Stimme wird gar bald übertönt von einer anderen, die mir hundertmal in dieser Nacht ins Ohr flüstert: ›Der Verleger wartet auf deinen Roman! Darum schreibe – schreibe –!‹«(30) Vorbild dafür war eine Äußerung Mays in ›Mein Leben und Streben‹: Ich schreibe nieder, was mir aus der Seele kommt, und ich schreibe es so nieder, wie ich es in mir klingen höre.(31)

   Ein Bild wie aus Fritz Langs Film ›Das Testament des Dr. Mabuse‹, der sechs Jahre nach Kandolfs May-Bearbeitung herauskam. Dort sitzt der verrückte Dr. Mabuse in der Zelle des Irrenhauses und schreibt, ähnlich, wie Helmut Schmiedt das Bild des Schriftstellers Karl May entwirft: »May schrieb einen beträchtlichen Teil seiner Texte beinahe wie im Trancezustand; seine Einfälle brachte er sofort zu Papier, ohne sie später einer Zensur durch die zur rationalen Kalkulation fähigen Instanzen seines Ich oder einer Korrektur nach ästhetischen Gesichtspunkten zu unterziehen; erst ab Mitte der neunziger Jahre arbeitete er zeitweise mit dem Bemühen um größere Distanz. Diese Art des Schreibens erklärt manche Eigenheiten, insbesondere Mängel seines Stils.«(32)

   Ganz anders stellten sich Fritz Lang und Thea von Harbou dar. Es gibt ein Foto von Thea von Harbou, wie sie ganz geschäftsmäßig ihrer


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Sekretärin beim Tippen eines Drehbuchs über die Schulter sieht; auf einem anderen Foto wird die Zusammenarbeit des Ehepaars wie das gemütliche Schmökern nach Feierabend dargestellt: Fritz lässig auf dem Sofa liegend, Thea in einem Buche blätternd.

   Im Gegensatz zum Literaten May arbeiteten Lang und Harbou auch mit weiteren Kreativen zusammen, wie es die Kollektivkunst Film fordert. Nannte Karl May sein Arbeitszimmer gelegentlich seine Gruft(33), so kann es keinen größeren Gegensatz zu den fabrikhallen-großen Filmateliers geben, in denen Fritz Lang seine Filme inszenierte. In monumentalen Kulissen mit dem Megaphon Massen von Statisten, Technikern und Schauspielern dirigierend, war er der Führer auf dem Set, ein Künstlertypus im Sinne Nietzsches mit dem Drang zum ›Stilwillen im Film‹, so der Titel eines Aufsatzes(34) von 1924.

   May hingegen sah sich anders: Es gibt Leute, welche meinen Stil als Muster hinstellen; es gibt Andere, welche sagen, ich habe keinen Stil; und es gibt Dritte, die behaupten, daß ich allerdings einen Stil habe, aber es sei ein außerordentlich schlechter. Die Wahrheit ist, daß ich auf meinen Stil nicht im Geringsten achte. Und weiter: Ich verändere nie, und ich feile nie. Mein Stil ist also meine Seele, und nicht mein »Stil«, sondern meine Seele soll zu den Lesern reden. Auch befleißige ich mich keiner sogenannten künstlerischen Form. Mein schriftstellerisches Gewand wurde von keinem Schneider zugeschnitten, genäht und dann gar gebügelt. Es ist Naturtuch.(35)

   Langs ›Wille zum Stil‹, wie er besonders rein in ›Die Nibelungen‹ zum Ausdruck kommt, und Mays ›Stillosigkeit‹ haben jedoch einen gemeinsamen Nenner. Beide sind Symboliker. May behauptete im Alter, daß alle diese Reiseerzählungen als Gleichnisse, also bildlich resp. symbolisch zu nehmen seien.(36) »Unverkennbar ist«, schreibt Helmut Schmiedt, daß »Mays Werk von Anfang an insofern bildlichen Charakter besitzt, als es persönliche und sozial repräsentative Defizite und Leiden des Autors umphantasiert in eine Kette von teilweise exotisch drapierten ›Befreiungsgeschichte(n)‹.«(37) Im Spätwerk setzte May die Technik des Symbolisierens bewußt ein, und seine »Motive (...) gewinnen (...) jetzt ständig zusätzliche Dimensionen größten Ausmaßes (...)«(38) Für May dienten die Symbole der Verschlüsselung, waren eine Möglichkeit, Dinge, die er nicht aussprechen wollte oder konnte, doch auszusprechen, tief in der Hoffnung, der Leser würde sie dennoch verstehen.

   Langs ›Symbolik‹ hatte einen anderen Ursprung. Als Stummfilmpionier wollte er eine eindeutige, verständliche Filmsprache entwickeln, die der Zuschauer sofort verstehen konnte. So behauptete »Lang (...) immer wieder, daß er die Symbole in der Stummfilmzeit nur deswegen verwendete, weil er sie dort für notwendig hielt (sie mußten das ersetzen, was später, im Tonfilm, durch den gesprochenen Dialog zum Ausdruck kommen konnte).«(39)


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   Besonders die stummen Science-Fiction-Filme ›Metropolis‹ und ›Frau im Mond‹ sind voll von Symbolen, die heute zu allgemeinen Formeln der Filmsprache gehören und nach wie vor das Bild von der Zukunft prägen. Genialisch war die Idee des Countdowns für ›Frau im Mond‹, den Lang erfand, um den genauen Zeitpunkt des Raketenstartes dem Zuschauer eindeutig mitzuteilen, und der später Eingang in die reale Raumfahrt fand. Die Darstellung der Zukunftsstadt in ›Metropolis‹ beeinflußte moderne Science-Fiction-Filme wie ›Blade Runner‹ (1982, Regie: Ridley Scott) und ›Robocop‹ (1987, Regie: Paul Verhoeven). 1984 kam ›Metropolis‹ erneut in die Kinos. Der Disco-Musiker Giorgio Moroder hatte den Film mit moderner Musik unterlegt, so daß er nach fast sechzig Jahren wie ein moderner Videoclip wirkte.

   Aus der Suche nach solch klar verständlichen Formeln, seien es einzelne Bilder oder Handlungselemente und -sequenzen, sahen sich Lang und Harbou in der gesamten Kulturgeschichte um. Besonders für ›Die Nibelungen‹ mit ihren Zeichen setzenden, ornamentalen ikonographischen Bildern zitierten sie Vorbilder aus der bildenden Kunst. So geht das bekannteste Bild des Films, ›Siegfried durch den deutschen Wald reitend‹, auf Arnold Böcklins Gemälde ›Das Schweigen im Walde‹ und den Bamberger Reiter zurück, das Filmbild ›Siegfried von Hagens Lanze durchbohrt‹ auf eine Jugendbuchillustration des Wiener Werkbund-Künstlers Carl Otto Czeschka,(40) um nur einige Beispiele zu nennen. Für das Publikum waren diese Filmbilder eine klar verständliche Ikonographie. Eine kunsthistorisch gebildete Elite hatte ihre Wiedererkennungseffekte, aber auch der ›gemeine‹ Kinogänger verstand sie sofort. Schließlich waren die Vorbilder von Meistern des graphischen Fachs entworfen und hatten ihre kommunikative Funktion schon längst bewiesen.

   Klar verständliche Formeln fanden Lang und Harbou auch in der Kolportageliteratur und damit auch bei Karl May. Mehr als die Vorlagen aus der Kunstgeschichte prägten die trivialen Versatzstücke den Geschmack und die Verständnisfähigkeit des Publikums, an das sich das Massenmedium Film wandte. Nicht umsonst wurde Thea von Harbou für die Formelhaftigkeit der Sprache in ihren Romanen kritisiert, wurde die Drehbuchautorin als ›Lady Kitschener‹ belächelt.(41)

   Heinz Stolte hatte 1936 in seiner Dissertation ›Der Volksschriftsteller Karl May‹(42) auf Märchen, Sagen und Legenden als den volkstümlichen Ursprung von Mays Erzählungen hingewiesen, auf die ›Formelhaftigkeit ihrer Sprachgebärden und Motive‹, und lieferte damit dem Konzept des ›Volksschriftstellers‹, unter dem Karl May seit Gründung des Karl-May-Verlages systematisch vermarktet wurde, die volkskundlich-literaturwissenschaftliche Bestätigung. So, wie die Vermarktung funktionierte (und auch heute noch funktioniert), kann sie jedoch auch als Lehrbeispiel für eine moderne Massenkommunikation gelten.


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   Das mögen auch Fritz Lang und Thea von Harbou empfunden haben. Ihr Film ›Der müde Tod‹ scheint die Übertragung des ›Volksschriftsteller‹-Konzeptes auf den Film zu sein. Thea von Harbou hatte eine Reihe von ›Legendenfilmen‹ für Joe May geschrieben, und auch die Rahmenhandlung von ›Der müde Tod‹ ist in einem romantischen, legendenhaften Ton gehalten. »Die in die Rahmenhandlung eingelassenen orientalische (...) und chinesische [sic] Erzählungen entsprachen dagegen stark dem ›konventionellen Jagd-, Lauf- und Verfolgungsfilm‹, einer Vorliebe von Fritz Lang und sicher eine Konzession an den vermeintlichen Publikumsgeschmack«, schreibt Reinhold Keiner,(43) doch sie sind mehr. Es scheint, als haben Lang und Harbou Stoltes Erkenntnisse fast fünfzehn Jahre zuvor vorweggenommen und die Formeln des Trivialen neben die tradierten Gattungen in die massenmediale ›Volkskunst Film‹ integriert.

   Politisch waren Lang und Harbou deutschnational geprägt, und so galt ihr Interesse besonders einer typisch ›deutschen‹ Filmsprache, durchaus im Kontrast zu den kommerziellen Erfolgen des Hollywoodfilms und den formalen Meriten der sowjetischen Filmkunst. »Hier liegt für mein Gefühl die ethische Aufgabe des Films und speziell des deutschen Films«, schrieb Lang in ›Stilwille im Film‹ über seine Absichten bei ›Die Nibelungen‹, »Gehe hin in alle Welt und lehre alle Völker!«(44)

   Bei dem Versuch, eine typisch deutsche Symbolsprache zu finden, trafen sich Lang und Harbou wiederum mit den Symbolwelten Karl Mays. Angelpunkt ist dabei die Architektur. Lang, der verhinderte Architekt, schätzte bei seinen Mitarbeitern besonders die Filmarchitekten Robert Herlth, Otto Hunte, Erich Kettelhut und Karl Vollbrecht, die für ihn fast alle großen Stummfilme ausstatteten. Vorbild für die Kollektivarbeit beim Film waren für ihn die ›Dombauhütten‹ des Mittelalters.

   Architekturphantasien prägten von Anfang an auch die Abenteuerlandschaften in den Erzählungen von Karl May. Besonders Türme, die auf unterhöhltem, oft durch den Einfluß von Wassermassen brüchig gewordenem Untergrund stehen und häufig einbrechen, findet man von den frühen Kolportageromanen – wie etwa der Turm im Wald von Ortry in ›Die Liebe des Ulanen‹ – über die klassischen Reiseerzählungen – der Karaul in ›Der Schut‹ – bis hin zum Alterswerk – das Hohe Haus in ›Im Reiche des silbernen Löwen‹ oder das Winnetou-Denkmal in ›Winnetou IV‹.(45) Intuitiv spiegelt May besonders im Alterswerk damit auch die topographische Metaphorik, die den deutschen Nationaldenkmälern des Wilhelminismus eigen ist, wie etwa dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf dem Kyffhäuser.(46)

   Von seinen ersten Filmen an sind ›Türme und Katakomben‹ Versatzstücke, mit denen Fritz Lang arbeitet. Schon in ›Die Spinnen‹ ist eine alte Inkastadt mit ihren Ruinen und Höhlen Schauplatz, im zweiten Teil


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gibt es sogar eine unterirdische Stadt. Die Türme des Maharadschapalastes in ›Der Tiger von Eschnapur‹ stehen auf brüchigen Katakomben, die durch eine Überflutung zum Einsturz gebracht werden sollen. In ›Metropolis‹ zitieren Lang und Harbou den Turm von Babel (mit dem Gemälde von Pieter Bruegel), genauso wie May sich mit seinen Turmbauten in ›Im Reiche des silbernen Löwen‹ auf dieses Bauwerk bezieht.(47) Die Oberwelt mit den Wolkenkratzern und die Unterwelt mit den Maschinenhöhlen in ›Metropolis‹ erinnern an Mays Mythologie von ›Ardistan und Dschinnistan‹. Durch eine assoziationsreiche Kompilation aus Texten von Thea von Harbou zu ›Metropolis‹ und Karl Mays Vortrag ›Empor ins Reich der Edelmenschen‹(48) legen Fred Gehler und Ullrich Kasten in ihrem Buch ›Die Stimme von Metropolis‹ die Möglichkeit einer ›Utopie von rechts‹ nahe.(49) Dabei übersehen sie jedoch, daß Mays utopischer Pazifismus, wie er ihn in ›Und Friede auf Erden‹ darstellt, im krassen Gegensatz zu Thea von Harbous rassistischen Überzeugungen steht.

   In ›Die Nibelungen‹ zeigen Lang und Harbou den Zusammenhang zwischen der Abenteuer- und der Nationalsymbolik der Türme und Höhlen auf. »Ich glaube«, sagte Lang,(50) »ich bin mir vom ersten Augenblick an der Verantwortung bewußt gewesen, die ich mit dem Unterfangen, Regisseur des Nibelungenfilms zu werden, auf mich nahm. Denn es (...) handelte sich (...) um das geistige Heiligtum einer Nation. Es mußte mir also darauf ankommen, in einer Form, die das Heilig-Geistige nicht banalisierte, mit den Nibelungen einen Film zu schaffen, der dem Volke gehören sollte.« Der Kontrast von turmartigen Burgbauten und tatsächlichen Höhlen oder höhlenartigen Bauten prägt die Struktur des Films: »Nie ist in den zweiteiligen Filmen Langs der zweite nur die Fortsetzung des ersten. Symmetrie, wie in den Bildern, herrscht auch in der Erzählung. (...) Den ragenden Burgen des ersten Teils, den strengen Bögen und Pfeilern (...) antworten im zweiten (...) erdnahe Bauten, manche aus Lehm geformt.«(51)

   Die konsequente nationalistisch gefärbte Symbolsprache von ›Die Nibelungen‹ machte die Nazis auf Fritz Lang aufmerksam. Nach der Machtergreifung bot Goebbels dem ›Halbjuden‹ Lang die ›Ehrenarierschaft‹ und die ›Führerschaft des deutschen Films‹ an; Lang, dessen Film ›Das Testament des Dr. Mabuse‹ in Deutschland schon verboten war, emigrierte schleunigst nach Amerika. Von Thea von Harbou, die den Ideen des Nationalsozialismus nahestand, jedoch erst 1940 NSDAP-Mitglied wurde, war er mittlerweile geschieden.(52)

   Nach einem Zwischenspiel in Paris, wo er Franz Molnars ›Liliom‹ verfilmte, kam er nach Hollywood, wo er bis 1956 vierundzwanzig Filme drehte, meist düstere Kriminalfilme im Stil des ›film noir‹ oder Auseinandersetzungen mit dem latenten Faschismus in der Gesellschaft und dem Nationalsozialismus. Zusammen mit Bertolt Brecht arbeitete er an


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dem Film ›Hangman also die‹ (1942), der das Attentat auf Heydrich zum Thema hat.

   Drei Western sollte Fritz Lang in Hollywood drehen, ›The Return of Frank James‹ (1940, deutscher Titel: ›Rache für Jesse James‹), ›Western Union‹ (1941, deutscher Titel: ›Überfall der Ogalalla‹) und ›Rancho Notorious‹ (1951, deutscher Titel: ›Engel der Gejagten‹). Man sollte denken, daß man in Langs Western, die vom Genre her so eng mit Karl Mays Reiseerzählungen verwandt sind, besonders viele May-Anklänge findet. Doch Lang mußte sich zu sehr an die Konventionen dieses uramerikanischen Genres halten, als daß er seiner Karl-May-Leidenschaft freien Lauf hätte lassen können.

   Langs erster Western ›The Return of Frank James‹ war die Fortsetzung von ›Jesse James‹ (1939, deutscher Titel: ›Jesse James – Mann ohne Gesetz‹) von Henry King, der mit dem Mord an dem legendären Outlaw endet. Langs Film erzählt die Rache, die Jesses Bruder Frank an den Mördern ausführt. »Vergessen Sie nicht, daß der Western nicht bloß die Geschichte dieses Landes ist, er ist, was die Nibelungen-Saga für die Europäer ist«,(53) bemerkte Lang, der damit den Film in die Kontinuität seines Werkes stellte.

   »Das Wort Schreiten gibt es im Amerikanischen nicht«,(54) stellte Lang einmal fest und formulierte damit den großen Unterschied zwischen seinen deutschen und seinen amerikanischen Filmen. Dabei ist der Western noch das Genre, in dem am meisten geschritten wird. Doch das Schreiten des Sheriffs die Straße hinunter zum ›show down‹ mit dem Bösewicht ist mit dem ornamentalen Schreiten der Ritter in den ›Nibelungen‹ nur zum Teil zu vergleichen. Auch im Western ist das Schreiten Ausdruck von Macht und Herrschaft – schließlich will der Sheriff Recht und Ordnung herstellen. Doch anders als bei den ›Nibelungen‹, wo das Schreiten das Aufgehen des Individuums im Ornament darstellt, ist das Schreiten des Sheriffs der individuelle Ausdruck seines Selbstverständnisses als Bürger und Demokrat. Zudem beinhaltet das Schreiten im Western eindeutige erotische Implikationen, etwas, was den schreitenden Nibelungen Langs vollends abgeht. Einem Mannequin gleich schreitet der Westernheld auf hochhackigen Cowboystiefeln einher und wiegt sich dabei in den Hüften, was durch den Revolvergurt noch verstärkt wird. Eine witzige Verbindung zwischen dem Western-Schreiten und Fritz Langs Schreiten brachte der Regisseur Paul Verhoeven mit seinem ›Robocop‹ auf die Leinwand. Der futuristische Maschinenpolizist ist der Maschinenfrau aus ›Metropolis‹ nachempfunden und schreitet knarzig wie ein Nibelung durch die Stadt der Zukunft, wo er als Sheriff für Recht und Ordnung sorgt.

   Einer der berühmtesten ›Schreiter‹ des amerikanischen Films war der Schauspieler Gary Cooper, dessen lange Beine zu seinem Markenzeichen wurden. Seit 1925 als Westerndarsteller im Filmgeschäft, for-


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mulierte er 1952 in ›High Noon‹ (deutscher Titel: ›Zwölf Uhr mittags‹) das Schreiten des Sheriffs als aufrechten Gang des Demokraten in seiner definitiven Form. Regie führte dabei Fred Zinnemann, wie Fritz Lang ein gebürtiger Österreicher und Karl-May-Kenner, und inszenierte den Film mit einer stark symbolischen Filmsprache, die in ihrer Konsequenz an Fritz Langs Stil erinnert. Das Finale in Langs ›Western Union‹, so Lotte H. Eisner, »hat denselben heroischen Rhythmus wie das Schlußduell in ›High Noon‹.«(55)

   Mit Gary Cooper inszenierte Fritz Lang 1946 den Agentenfilm ›Cloak and Dagger‹ (deutscher Titel: ›Im Geheimdienst‹). In einer verworfenen Drehbuchfassung des Films sollte Cooper in eine Alpenfestung der Nazis eindringen, einen zweistöckigen Bergbunker, im oberen Stock Spuren von entfernten Maschinen, im unteren die Leichen von Sklavenarbeitern. »Ein Schacht in einem Gipfel«, beschreibt Enno Patalas(56) die Topographie dieses grauenhaften Ortes – wie das Quecksilberbergwerk Almaden alto in Karl Mays ›Satan und Ischariot‹. Während der Dreharbeiten kam es zu einer marginalen Begegnung, die in der Rückschau eine überraschende Bedeutung bekommt. Als Lichtdouble für Gary Cooper hatte man aufgrund seiner großen Ähnlichkeit mit dem Filmstar den jungen Schauspieler Lex Barker engagiert, der in den sechziger Jahren in der Rolle des Old Shatterhand im deutschen Film Karriere machen sollte. Doch darüber später.

   Spuren von Langs May-Lektüre in ›The Return of Frank James‹ zu finden bedarf schon einiger Findigkeit. Daß das Gesicht des Frank-James-Darstellers Henry Fonda mit dem Schnurrbart, der hohen Stirn und dem nach hinten gekämmten Haar an Fotos von Karl May erinnert, lag sicherlich nicht in der Absicht des Regisseurs. Am ehesten erinnert noch die Gerichtsverhandlung am Ende des Films an Karl May – ein ›court room drama‹, wie es im amerikanischen Film immer wieder vorkommt und das auf dem Prinzip der angelsächsischen Rechtsordnung basiert, daß Ankläger und Verteidiger durch eine mehr oder weniger perfekte Show die Geschworenen von der Schuld bzw. Unschuld des Angeklagten überzeugen müssen.

   In seinen Orientromanen erweist sich Karl May auf ganz eigene Art als ein Schilderer von ›court room dramas‹, etwa wenn Kara Ben Nemsi in ›Durch das Land der Skipetaren‹ als Angeklagter den als Heiligen geltenden Mübarek vor Gericht als Bösewicht entlarvt und damit seine eigene Unschuld beweist. Ähnlich ist auch die Gerichtsszene in ›The Return of Frank James‹ aufgebaut, in der Frank James, der durch die Machenschaften der Eisenbahngesellschaft als Mörder vor Gericht steht, nachweist, daß der als Ankläger auftretende Eisenbahnvertreter der eigentliche Übeltäter ist.

   ›Western Union‹, Langs zweiter Western, geht auf eine Erzählung von Zane Grey zurück, die von dem Bau einer Überlandtelegraphen-Lei-


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tung handelt. Lang, der die Drehbücher zu seinen amerikanischen Filmen auch immer selbst bearbeitete, mußte bei diesem Stoff sicherlich an Mays ›Winnetou I‹ denken. So kommt in dem Film ein kauziger, skalpierter Westmann vor, der an Sam Hawkens erinnert – aber auch ein Versatzstück der anglo-amerikanischen Westernliteratur ist. Interessant ist die Darstellung des von Robert Young gespielten Greenhorns. Er taucht, wie Old Shatterhand in ›Der Sohn des Bärenjägers‹, in einem blitzsauberen Trapperanzug auf und provoziert damit den Spott seiner Umgebung. Doch dann erweist er sich als Meisterreiter, als er einen wilden Hengst zureitet – wie der junge Old Shatterhand in ›Winnetou I‹.

   ›Rancho Notorious‹ mit Marlene Dietrich in der Hauptrolle, sicherlich Langs bester Western, ist ein ›film noir‹ im Western-Gewand und weist keinerlei May-Bezüge auf. Lediglich der deutsche Verleihtitel ›Engel der Gejagten‹ wirkt wie eine Variation des letzten Bandes von Mays ›Deutsche Herzen, deutsche Helden‹, ›Der Engel der Verbannten‹. Doch das geht sicherlich nicht auf Fritz Lang zurück.

   Wesentlich ergiebiger in seinen May-Bezügen ist der Mantel-und-Degen-Film ›Moonfleet‹, (deutscher Titel: ›Das Schloß im Schatten‹), den Lang 1954 mit dem späteren Old-Surehand-Darsteller Stewart Granger in der Hauptrolle drehte. Der Film nach einem Roman von John Meade Falkner erzählt die Geschichte des Waisenjungen John Mohune, der in den Ort Moonfleet zu seinem vermeintlichen Vater kommt, dem Anführer einer Schmugglerbande. Es entwickelt sich eine ›boy-hero‹-Geschichte. Durch die unbeirrbare Liebe seines ›Sohnes‹ wird das Herz des verschlagenen Räuberhauptmannes weich, und gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach einem Diamanten, dessen Erbe der Junge ist. Der Diamant ist im Schacht eines Brunnens versteckt, in den der Junge mit einem Eimer hinabgelassen werden muß.

   Die Geschichte des kleinen Jungen, der aufbricht, um bei den Räubern Unterstützung zu finden, mochte Lang aus Karl Mays Autobiographie ›Mein Leben und Streben‹ bekannt sein. Dort erzählt May, wie er aus eben diesem Grund von zu Hause weggelaufen ist.(57) Das Motiv ›Schmuggeln‹ taucht bei May immer wieder auf, so im ›Verlornen Sohn‹ – der Junge im Film ist auch ein solcher – und ganz besonders in den ersten beiden Bänden von ›Im Reiche des silbernen Löwen‹, wo die Sillan den kostbaren Safran in den Särgen der Leichenkarawanen verstecken.

   Das Versteck der Schmuggler in ›Moonfleet‹ ist eine Grabhöhle auf dem Dorffriedhof, wo auch der Sarg des ritterlichen Vorfahren des kleinen Waisenjungen steht. Bewacht wird die Höhle von einer grausigen Engelsstatue. Diese Kulissen des Films erinnern in vielen Details an die Topographien Karl Mays, an die Wasserengel aus ›Ardistan und Dschinnistan‹ und an die Schmugglerhöhle im Turm von Babylon in ›Im Reiche des silbernen Löwen‹. Auch das Hinablassen des Jungen in den


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Brunnenschacht am Ende des Films ist eine Szene, die sich Karl May nicht besser hätte ausdenken können.

   Nach ›Moonfleet‹ sollte Fritz Lang noch zwei Kriminalfilme in Amerika drehen, um dann auf Einladung des Berliner Filmproduzenten Artur Brauner nach Deutschland zu kommen und seine Versionen von Thea von Harbous Indienstoff ›Der Tiger von Eschnapur‹ und ›Das indische Grabmal‹ zu drehen. Von der zeitgenössischen Kritik in Deutschland verrissen, von den cinephilen Franzosen geliebt, sind die farbenprächtigen Filme eine düstere Abenteuerphantasie mit packenden Bildern von sich auftürmenden Palästen und unterirdischen Höhlen und Katakomben. Das Zusammentreffen des von Paul Hubschmid gespielten deutschen Architekten Harald Berger mit der Karawane der Tempeltänzerin Seetha erinnert ein wenig an das Zusammentreffen Kara Ben Nemsis mit der Karawane des Kammerherrn in ›Im Reiche des silbernen Löwen‹.(58) Hier wie dort kommt es zu einer Szene am Brunnen einer Karawanserai. Paul Hubschmid schützt Seetha vor den Belästigungen der Soldaten, indem er mit der Rechten und der Linken je einen ergreift, beide hochhebt und mit dem Köpfen zusammenschlägt – wenn man will, eine bitterböse Interpretation Kara Ben Nemsis als Vertreter des deutschen Imperialismus. Old Shatterhand springt so mit den Chinesen in ›Der schwarze Mustang‹ um. Im Band ›Halbblut‹ der ›Gesammelten Werke‹, der die Erzählung (unter diesem neuen Titel) enthält, mag Fritz Lang auch die Geschichte ›Von Mursuk bis Kairwan‹, die Bearbeitung von Karl Mays Erzählung ›Eine Befreiung‹, gelesen haben.(59) Dort beweist ein Medaillon, daß das jüdische Mädchen Rahel europäischer Abstammung ist; in Langs ›Tiger von Eschnapur‹ weist eine alte Gitarre und ein irisches Volkslied auf die europäische Abstammung der Tempeltänzerin Seetha hin. Das Kindergebet ›Christi Blut und Gerechtigkeit‹ weist in Karl Mays gleichnamiger Erzählung ebenfalls auf die europäische Abstammung der Kurdin Schefaka hin; Lang mag diese Erzählung aus dem Sammelband ›Orangen und Datteln‹ gekannt haben.(60)


2. Teil: Das Testament des Fritz Lang

Thea von Harbou galt, nachdem Fritz Lang vor den Nazis geflohen war und Deutschland verlassen hatte, immer noch als die ›Cosima von Babelsberg‹, als die ›Hohe Frau des deutschen Films‹.(61) Nach 1933 bearbeitete sie weiterhin »routiniert literarische Vorlagen für den Film (...) Auch ideologisch bedeutete der nationalsozialistische Film für die Autorin keinerlei Umstellung; ihre vor 1933 geschriebenen Drehbücher belegen geradezu (...) die geistige Kontinuität im deutschen Filmschaffen, die personell nur durch den Aderlaß der vorwiegend rassisch be-


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dingten Emigration behindert wurde.«(62) Die Nazis hatten die besten Filmemacher aus Deutschland vertrieben, so daß die künstlerische Qualität des Films der zwanziger Jahre nicht mehr erreicht werden konnte.

   An Richard Eichbergs Tonfilm-Remake ihres Indienstoffes im Jahr 1938 war Thea von Harbou nicht beteiligt, genausowenig wie an dem Karl-May-Film ›Durch die Wüste‹, der 1936 entstand. Beide Filmprojekte wurden mit erstaunlichem Aufwand an Original-Schauplätzen in Indien bzw. Ägypten gedreht, erreichten aber nicht die Qualität, die entsprechende zeitgenössische Abenteuerfilme aus Hollywood zu bieten hatten. An einen Fritz Lang reichten die Regisseure Richard Eichberg und Johannes Alexander Kübler-Kahla bei weitem nicht heran. May-Freunde schätzen den Film ›Durch die Wüste‹ als ziemlich werkgetreue Verfilmung und wegen der verhaltenen Kara-Ben-Nemsi-Darstellung durch den Schauspieler Fred Raupach. Doch für einen Zuschauer, der sich den Film nicht mit so viel Wohlwollen ansieht, erweist sich ›Durch die Wüste‹ als recht langweilig. Der Schriftsteller May gilt zu Recht als Meister der Spannung, und wenn man bedenkt, welche spannenden Filme zu der Zeit anderswo entstanden, wirkt ›Durch die Wüste‹ als durchweg dilettantisch inszeniert. So fragt sich z. B. der aufmerksame Zuschauer, wieso die Überquerung des Salzsumpfes so gefährlich ist, wenn die Mörder bis auf Schußweite herankommen und dann in vollem Galopp fliehen können. Das Finale des Films ist völlig konzeptionslos. Da reitet Kara Ben Nemsi durch die Wüste, und die Kamera folgt ihm, als würde sie von einem zufällig anwesenden Touristen geführt. Das gibt den Aufnahmen zwar einen gewissen dokumentarischen Charakter, doch dramaturgische Elemente zur Spannungssteigerung fehlen gänzlich. Der Film war auch kein großer Erfolg, so daß mögliche Fortsetzungen nicht gedreht wurden.

   Künstlerische Erbin Fritz Langs in Nazideutschland wurde Leni Riefenstahl. Hochtalentiert führte sie das aus, dem sich Lang durch Flucht entzogen hatte. Sie stellte die Filmsprache in den Dienst der Nationalsozialisten. In ihren Propagandafilmen ›Triumph des Willens‹ (1935) und auch ›Olympia‹ (1938) imitierte sie den ikonographischen Stil von ›Die Nibelungen‹ und ›Metropolis‹. Über ›Triumph des Willens‹ schreibt der Filmhistoriker Erwin Leiser: »Bildkompositionen, die zum großen Teil von Fritz Langs monumentalem Stummfilmepos ›Die Nibelungen‹ übernommen waren, zeigen Hitler als den neuen Siegfried und seine Anhänger als Statisten in einer riesigen Wagner-Oper, als Teile einer anonymen Masse, die er ganz in der Hand hat.«(63)

   Leni Riefenstahl hatte ihre Filmkarriere als Schauspielerin in den Bergdramen von Arnold Fanck begonnen und im Jahr 1930 bei der Arbeit an ›Stürme über dem Montblanc‹ den Stuntman Harald Reinl (1908-1985) kennengelernt, der nach dem zweiten Weltkrieg der führende Regisseur von Unterhaltungsfilmen in der Bundesrepublik


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werden sollte. Reinl wurde ihr Regieassistent und arbeitete am Drehbuch ihres 1940 begonnenen Films ›Tiefland‹ mit, den beide zusammen in den fünfziger Jahren fertigstellten.(64)

   1962 sollte Harald Reinl schließlich für den jungen Filmproduzenten Horst Wendlandt Karl Mays ›Der Schatz im Silbersee‹ verfilmen und damit eine Welle ins Leben rufen, die es bis 1968 auf siebzehn Filme(65) brachte.

   Der immense Erfolg der Serie resultierte unter anderem aus der Tatsache, daß Reinl sich als gelehriger Schüler seiner Mentorin Leni Riefenstahl und ihres Vorbildes Fritz Lang erwies und endlich eine gültige filmische Ikonographie für Karl Mays literarische Vorlagen fand.

   Reinls Karl-May-Filme sind wie die Filme Fritz Langs Filme der Symbole und Signale: Winnetous weißer Indianer-Anzug im Kontrast zu seinem schwarzen Haar, Old Shatterhands aufs äußerste reduziertes Trapperkostüm, die eindrucksvollen Bilder der jugoslawischen Landschaften und die eingängige Musik von Martin Böttcher, die riesigen Verbrecherbanden – all das setzte Reinl mit eindeutiger Zeichenhaftigkeit ein, so daß der Zuschauer eine klare Orientierung hat, wohin er mit seiner eigenen Phantasie folgen muß. Dieser Stil sollte auch die Karl-May-Filme anderer Regisseure prägen. Im ›Schatz im Silbersee‹ gefunden, waren die Formeln der Karl-May-Filme definiert, so daß Rückgriffe auf die literarischen Vorlagen immer weniger notwendig wurden.

   Als Literaturverfilmungen im engeren Sinne konnten die Karl-May-Filme kaum gelten. Am ehesten hielt sich – neben Siodmaks ›Der Schut‹ – noch ›Der Schatz im Silbersee‹ an die literarische Vorlage, doch glättete Drehbuchautor Harald G. Petersson die strukturellen Brüche, die Mays gleichnamige Jugenderzählung auszeichnen. Der Filmplot reduziert die Handlung auf die Verfolgung des verbrecherischen Roten Cornels als eine Kette von Abenteuern, die die Helden bestehen müssen, durchaus in dem Sinne, wie May seine Jugenderzählung zu Beginn angelegt hat. Doch May sprengt diese Struktur nach etwas mehr als der Hälfte seiner Erzählung,(66) wenn er den Roten Cornel einfach fallen läßt und die gerechte Bestrafung des Schurken eher nebenbei erzählt, ein neues Helden- und Schurkenpersonal einführt und die bislang geographisch und soziologisch weitgehend korrekte Schilderung des Wilden Westens durch eine schon auf sein Spätwerk hinweisende Fantasy-Landschaft ersetzt. Das Filmdrehbuch hingegen bleibt konsequent linear und endet mit dem Untergang des Roten Cornels.

   Diese Vereinfachung der Erzählstruktur hatte zur Folge, daß die Helden-Doppelspitze des Buches, Old Firehand und Old Shatterhand, zu einer Figur, dem Film-Old-Shatterhand, zusammengezogen werden konnte. Das raubte dem Film-Old-Shatterhand jene psychologisch so facettenreiche Dimension, die die Figur, von Karl May ursprünglich als Ich-Held für die Reiseerzählungen konzipiert, in die in der dritten Per-


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son erzählte Jugenderzählung ›Der Schatz im Silbersee‹ mit einbrachte. So präsentiert sich das vielschichtige Alter ego Karl Mays im Film als eine eindimensionale Ikone, die mit dem amerikanischen Schauspieler Lex Barker überzeugend besetzt worden war.

   Von Anfang an wollte Filmproduzent Horst Wendlandt Lex Barker für diese Rolle haben. Der am 8. Mai 1919 im Staat New York geborene Alexander Crichlow Barker (gest. 11. 5. 1973) hatte 1949 in ›Tarzan's Magic Fountain‹ (Regie: Lee Sholem) die Rolle des Urwald-Helden von dem in die Jahre gekommenen, legendären ersten Tonfilm-Tarzan Johnny Weissmueller übernommen und bis 1953 in vier weiteren Filmen diesem Popkultur-Mythos eine überzeugende Figur verliehen; weiterhin spielte er in einigen Western, Abenteuer-, Kriegs- und Kriminalfilmen, u. a. den Apachen-Häuptling Mangas Coloradas in ›War Drums‹ (1957, Regie: Reginald Le Borg, deutsche Titel: ›Rebell der roten Berge‹ und ›Häuptling der Apatschen‹) und – besonders bemerkenswert – den Lederstrumpf in der Cooper-Verfilmung ›The Deerslayer‹ (1957, Regie: Kurt Neumann), ein Werk, das in vielen Details als Vorläufer für Harald Reinls Karl-May-Verfilmungen gelten kann. Seit 1958 versuchte Barker wie viele andere amerikanische Schauspieler, die im von dem neuen Medium Fernsehen schwer gebeutelten Hollywood keine Karrierechancen mehr für sich sahen, sein Glück in Europa. Eine kritische, autobiographisch inspirierte Studie dieser Situation lieferte er in einer kleinen Nebenrolle als alkoholsüchtiger Ex-Tarzan-Darsteller und Filmdiven-Gatte in Federico Fellinis ›La dolce vita‹ (1960). In zahllosen, heute vergessenen italienischen oder spanischen Abenteuerschinken mimte er edle Korsaren, tapfere Ritter oder rebellische Freiheitskämpfer.(67) Auf solche Rollen festgelegt, war Lex Barker dem jugendlichen Kinopublikum der Sonntagsmatineen bestens vertraut, so daß seine Besetzung als Old Shatterhand in einem Karl-May-Film als sichere Bank gelten konnte.

   Seine ersten Auftritte in deutschen Filmen hatte Barker unter der Regie von Harald Reinl in zwei Folgen der ›Dr. Mabuse‹-Serie,(68) die der Filmproduzent Artur Brauner ins Leben gerufen hatte, nachdem Fritz Lang im Jahr 1960 seinen Helden des Bösen aus der Stummfilmzeit in ›Die tausend Augen des Dr. Mabuse‹ noch einmal hatte aufleben lassen.

   Daß ausgerechnet ein Amerikaner dem deutschen Helden Old Shatterhand die Verkörperung verlieh, hatte im Jahr 1962 gute Gründe. Nach dem zweiten Weltkrieg waren die USA die Weltmacht Nummer 1 geworden, und die nach dem Zusammenbruch von Nazideutschland nach einem neuen Selbstverständnis suchende Bundesrepublik orientierte sich politisch und kulturell an den Werten des ›american way of life‹. Besonders die Western-Filme, die in den fünfziger Jahren eine Hochblüte erlebten, boten in ihrer Mischung aus rebellischem Drang nach Freiheit und Abenteuer und ihren konservativen, bisweilen sogar


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reaktionären Wertvorstellungen von ›law and order‹ gerade für das desorientierte deutsche Publikum eine willkommene Fluchtlandschaft. Aufgrund der verbrecherischen Entfesselung des zweiten Weltkriegs durch die Nazis jeglicher moralischer Rechtfertigung von Gewaltanwendung beraubt, bot die entrückte und ritualisierte ›action‹ der Western ein notwendiges emotionales Ventil. Man war es über, die Welt am deutschen Wesen genesen zu lassen, und man genas schließlich selbst gerade am amerikanischen Wesen.

   Zudem war der deutsche Film nie ein ›action‹-Film gewesen, und gerade der Film der fünfziger Jahre zog sich in Harmlosigkeit und Biederkeit zurück. Die männlichen Stars jener Zeit taugten kaum als Helden für einen Karl-May-Film; sie reichten höchstens für die Besetzung von komischen Rollen. So spielte Dieter Borsche in den Orientfilmen der Serie den Sir David Lindsay, und O. W. Fischer war in einem nicht realisierten Projekt als ›blau-roter Methusalem‹ vorgesehen.

   Eine gute Old-Shatterhand-Figur hätte in den fünfziger Jahren vielleicht Joachim Hansen abgegeben, der mit der Rolle eines Fliegers in dem Kriegsfilm ›Der Stern von Afrika‹ (1956, Regie: Alfred Weidenmann) bekannt geworden war und in dem Norwegen-Film ›Das Erbe von Björndal‹ (1960, Regie: Gustav Ucicky) in einer Bärenjagdszene oldshatterhandeske Fähigkeiten bewies. Hans Albers, der einzige deutsche Filmstar des Tonfilms, dem man ›action‹ abgenommen hatte und der auch für ein nicht realisiertes Karl-May-Film-Projekt in der vierziger Jahren vorgesehen war, war mittlerweile zu alt.

   Die Besetzung des Winnetou warf andere Probleme auf. Bereits Karl May hatte diese Figur viel bewußter als Ikone angelegt als seinen Old Shatterhand, so daß sie ohne große Abstraktion für den Film adaptiert werden konnte. Anders als bei dem für ideologische Fehlinterpretationen anfälligen Old Shatterhand konnte man sich zudem bei der Konzeption des Film-Winnetou ungebrochen auf die Bühnentradition dieser Figur beziehen, die seit den zwanziger Jahren bestand. So profilierte Schauspieler wie Hans Otto oder Will Quadflieg hatten den Winnetou dargestellt; Anfang der sechziger Jahre hatte Heinz-Ingo Hilgers, der Winnetou auf der Bad Segeberger Freilichtbühne, durch die Fernsehübertragungen der Aufführungen eine große Popularität bekommen.(69) So war die darstellerische Winnetou-Ikonographie schon ziemlich ausdefiniert und mußte für den Film nur noch mit einem Schauspieler ›gefüllt‹ werden.

   Die Dreharbeiten zu ›Der Schatz im Silbersee‹ hatten schon begonnen, da wußte Produzent Horst Wendlandt noch nicht, wer die Rolle des Apachen-Häuptlings übernehmen sollte. Man dachte an Horst Buchholz oder den spanischen Schauspieler Gustavo Rojo; mit dem englischen Dracula-Darsteller Christopher Lee(70) machte man sogar Probeaufnahmen. Schließlich fand bei den Berliner Filmfestspielen die


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folgenschwere Begegnung Wendlandts mit dem bis dahin unbekannten französischen Schauspieler Pierre Brice (geb. 6. 2. 1929) statt. In ihm erkannte Wendlandt die Ideal-Besetzung für den edlen Apachen-Häuptling. Schon bald verschmolzen Pierre Brice und seine Rolle zu einer Einheit, die die große integrative Kraft der Karl-May-Filme wurde. Während Lex Barker Old Shatterhand nur verkörperte, war Pierre Brice Winnetou.

   Beide Film-Figuren verband, daß sie nicht wie differenzierte Charaktere funktionierten, sondern wie ikonenhafte Chiffren, die ein perfekter Ausdruck der einprägsamen Zeichenhaftigkeit von Harald Reinls Inszenierungsstil waren. Besonders wirkungsvoll waren dabei die von Irms Pauli entworfenen Kostüme; besonders Lex Barkers Old-Shatterhand-Outfit wirkt wie eine Abstraktion des Westmanns-Anzugs, den Karl May so detailliert beschreibt.(71) Der hellbraune Wildleder-Anzug harmoniert stilvoll mit dem blonden Haar des Schauspielers und verleiht ihm den goldenen Glanz eines Heldendenkmals aus Bronze; der Film-Old-Shatterhand trägt keine Revolver im Gürtel, was die mythischen Kräfte seiner Schmetterfaust unterstreicht. Zu Beginn von ›Der Schatz im Silbersee‹ hängt noch ein Hut am Sattel, doch der kommt bald abhanden, so daß der Film-Old-Shatterhand fortan barhäuptig durch den wilden Westen reitet. Auch trägt er kurzzeitig als Reminiszenz an den literarischen Old Shatterhand einen blonden Vollbart, doch den rasiert er sich in einer Szene demonstrativ ab, um der Figur endgültig das in zeitlos moderner Schönheit strahlende Antlitz von Lex Barker zu geben. Hier wird besonders der Ursprung des Film-Old-Shatterhands in der Old-Firehand-Figur aus ›Der Schatz im Silbersee‹ deutlich, die ja auch mit demonstrativer Bartlosigkeit auftritt.(72)

   Quelle für die Ikonographie der Karl-May-Filme war selbstverständlich auch die große Tradition des amerikanischen Western-Films. Der englische Filmhistoriker Allan Eyles attestiert ›Winnetou 1. Teil‹ durchaus eine ›De-Mille-Grandeur‹.(73) Der Filmpionier Cecil B. De Mille hatte in den dreißiger Jahre zwei große Western inszeniert, in denen viele Motive vorkamen, die der Karl-May-Leser auch aus Mays Büchern kennt, ›Union Pacific‹ (1939) und ›The Plainsman‹ (1937, deutscher Titel: ›Der Held der Prärie‹). Die packenden Szenen vom Eisenbahnbau in ›Union Pacific‹ mögen die Produzenten von ›Winnetou 1. Teil‹ dazu angeregt haben, über die Maysche Vorlage hinauszugehen und Sequenzen mit einer Lokomotive in ihren Film einzubauen.

   ›The Plainsman‹ erzählt in unbekümmerter Geschichtsklitterung von Wild Bill Hickock, seiner Liebe und Calamity Jane und seiner Freundschaft zu Buffalo Bill und General Custer. Dem Karl-May-Kenner bieten die Kostüme von Wild Bill Hickock und Buffalo Bill aufschlußreiche Einblicke in die Ikonographie des werdenden Film-Old-Shatterhands. Das Kostüm des von James Ellison dargestellten Buffalo


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Bill ist den historischen Fotos des bekannten Scouts, Büffeljägers und Zirkusdirektors nachempfunden und erinnert mit den hohen Wasserstiefeln an Karl Mays Kostüm, in dem er sich, inspiriert von der gleichen Quelle, in den 1890er Jahren selbst als Old Shatterhand hatte fotografieren lassen. Dennoch wirkt es in dem über vierzig Jahre später entstandenen amerikanischen Western entsetzlich altmodisch.

   Von zeitloser Modernität ist dagegen die Darstellung des Wild Bill Hickock durch Gary Cooper. Bereits im Jahr 1932 hatte Siegfried Kracauer diesen amerikanischen Schauspieler in einer Filmkritik zu dem Kriminalfilm ›City Streets‹ (1931, Regie: Rouben Mamoulian, deutscher Titel: ›Straßen der Weltstadt‹) als den »reinste(n) Old Shatterhand« beschrieben. Als einer »der neuen Mannstypen, mit denen Filmamerika uns beschert, gleicht er dem großen Freund Winnetous an sieghaftem Wesen, selbstbewußtem Auftreten, Kühnheit und Listen. (...) Auch darin stimmt sein Ebenbild mit ihm überein, daß er eigentlich nie schießt, um einen Unhold zu töten. Sein Edelmut ist viel zu gewaltig dazu.«(74)

   In ›The Plainsman‹ sollte Cooper zu einem ikonographischen Vorläufer für den Film-Old-Shatterhand werden. Als Wild Bill Hickock trägt er ein ähnliches Trapperkostüm wie sein späteres Lichtdouble Lex Barker in der Rolle des deutschen Wildwest-Helden. Über die frappierende Ähnlichkeit von Lex Barker und Gary Cooper erzählte Lilli Palmer, Coopers Partnerin in Fritz Langs ›Cloak and Dagger‹, in ihrer Autobiographie eine kleine Anekdote. »Dort stand Gary Cooper und sah mich an. Ich schielte, heiß unter der Schminke, in seine Richtung, glaubte zu sehen, wie er ein wenig grinste. Jetzt drehte er sich um und lächelte verlegen. Der Regieassistent stellte vor: ›Mister Lex Barker. Mister Barker wird Mister Coopers Rolle in dieser Probeaufnahme spielen!‹«(75)

   Ideologisch gesehen verzichteten die Karl-May-Filme nicht nur auf den Nationalismus, der im Sinne des Rooseveltschen ›new deal‹ die beiden Cecil B. DeMille-Filme positiv amerikanisch beseelt, sondern auch auf den der Filmsprache von Fritz Lang. Statt dessen orientierte man sich an den liberalen Indianerfilmen der fünfziger Jahre, die sich bemühten, ein korrekteres Bild der amerikanischen Ureinwohner zu zeichnen als bislang im Western üblich. ›Broken Arrow‹ (1950, Regie: Delmer Daves, deutscher Titel: ›Der gebrochene Pfeil‹) mit James Stewart erzählt von der verbürgten Freundschaft des Scouts Tom Jeffords zu dem Apachen-Häuptling Cochise, die von May-Forschern gelegentlich als historische Quelle für Mays Freundespaar Winnetou und Old Shatterhand angesehen wird. Nicht umsonst hatte der Karl-May-Verlag in den sechziger Jahren die literarische Vorlage von ›Broken Arrow‹, Elliott Arnolds Roman ›Blood Brother‹, unter dem Titel ›Cochise‹ in seine Reihe ›Fahrten und Abenteuer‹ aufgenommen.

   Der May-Leser findet viele vertraute Motive in dem Film, etwa die tragisch endende Romanze von Jeffords und Cochises Schwester Son-


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seeahray, die an die von Old Shatterhand und Nscho-tschi erinnert. Sonseeahray wurde von der Schauspielerin Debra Paget gespielt, die sich damit für die Rolle der Tempeltänzerin Seetha in Fritz Langs Indien-Filmen ›Der Tiger von Eschnapur‹ und ›Das indische Grabmal‹ empfahl.

   Cochise-Darsteller Jeff Chandler sollte den Apachen-Häuptling auch in der Quasi-Fortsetzung des Films ›Taza, Son of Cochise‹ (1954, Regie: Douglas Sirk, deutscher Titel: ›Taza, der Sohn des Cochise‹) spielen. Die Rolle des Taza war mit dem jungen Rock Hudson besetzt, in dem Allan Eyles einen Vorläufer von Pierre Brice als Winnetou sah.(76)

   Eine weitere wichtige Inspirationsquelle für die Karl-May-Western war der Film ›The Last Hunt‹ (1955, Regie: Richard Brooks, deutsche Titel: ›Die letzte Jagd‹ und ›Satan im Sattel‹) mit Robert Taylor, der sich kritisch mit der Abschlachtung der amerikanischen Büffel auseinandersetzt und in vielem Karl Mays Haltung diesem Problem gegenüber teilt. Für ›Winnetou 1. Teil‹ wurden die Büffel-Aufnahmen direkt aus ›The Last Hunt‹ übernommen, so daß der aufmerksame Zuschauer immer wieder über einen geradezu münchhausianischen Effekt schmunzeln muß. Da legt der finstere Mario Adorf hinter einem Felsen im jugoslawischen Dalmatien das Gewehr an und schießt los, und im fernen Wyoming oder Montana fällt ein Büffel tot um.

   Die zweite und wichtigere Übernahme aus ›The Last Hunt‹ war die von Robert Taylors Partner Stewart Granger (6. 5. 1913– 16. 8. 1993), der in drei Karl-May-Western(77) in der Rolle des Old Surehand Lex Barker als Winnetous weißen Co-Helden ersetzen sollte. Als skrupel-behafteter Büffeljäger ist Granger in ›The Last Hunt‹ so sympathisch und politisch korrekt wie der junge Old Shatterhand bei Karl May. Auch viele andere Rollen, die der gebürtige Engländer in seiner erfolgreichen Hollywood-Karriere spielte, prädestinierten ihn zum Karl-May-Helden. Neben seinen Western-Auftritten war der auch privat ausgezeichnete Schütze z. B. als der Rider-Haggard-Held Quatermain in ›King Solomon's Mines‹ (1950, Regie: Compton Bennett, Andrew Marton, deutscher Titel: ›König Salomons Diamanten‹) überzeugend. Ideal besetzt war er mit der Titelrolle in dem Mantel- und Degenfilm ›Scaramouche‹ (1952, Regie: George Sidney, deutscher Titel: ›Scaramouche, der galante Marquis‹). Mit Fritz Lang drehte er 1954 den Schmugglerfilm ›Moonfleet‹, auf den wir schon zu sprechen gekommen sind.

   Obwohl der größere Star und zweifellos der bessere Schauspieler als Lex Barker, hatte Granger nicht die ikonographische Präsenz des Old-Shatterhand-Darstellers. Das mag daran liegen, daß schon der literarische Old Surehand bei weitem nicht die Heldenqualitäten von Old Shatterhand aufweisen kann. Zudem entsprach die von Stewart Granger verkörperte Figur in keiner Weise der Vorlage und wies eine Eigenschaft auf, die die ikonographische Konzeption der Karl-May-Filme zu


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sprengen drohte: Selbstironie. Im Arsenal der literarischen May-Helden entspricht die Figur, die Stewart Granger als Old Surehand spielt, am ehesten noch dem Emery Bothwell aus ›Satan und Ischariot‹.

   Doch bei allen Mängeln und Inkonsequenzen, die einzelne Filme der Karl-May-Serie der sechziger Jahre aufwiesen, stellte sie die früheren Versuche, May-Bücher zu verfilmen, weit in den Schatten. Bereits 1958 hatten Georg Marischka und der spanische Regisseur Ramón Torrado Karl Mays Jugenderzählung ›Die Sklavenkarawane‹ verfilmt; 1959 folgte ›Der Löwe von Babylon‹ von Torrado und Johannes Kai. Beide Filme weisen jedoch nicht die konsequente Filmsprache auf, die die Winnetou-Filmserie auszeichnet.

   Es mag an der bereits erwähnten Unfähigkeit der Deutschen in den fünfziger Jahren gelegen haben, deutsche ›action‹-Helden zu kreieren, daß in zwei Filmen auch zwei Kara-Ben-Nemsi-Darsteller ›verschlissen‹ wurden. In ›Die Sklavenkarawane‹ war es der ältliche Viktor Staal, der frisch rasiert und fern der Heimat mit hochgekrempelten Hemdsärmeln vergeblich versuchte, dem deutschen Helden Gestalt zu verleihen. Der jüngere Helmuth Schneider, der die Rolle in ›Der Löwe von Babylon‹ übernahm, kam in seinem durchaus prächtigen Beduinenkostüm Karl Mays Beschreibung des Kara Ben Nemsi zwar ziemlich nahe, doch war er als Vollbartträger in der Entstehungszeit des Films modisch überhaupt nicht ›up to date‹.

   Eindeutig ikonographisch chiffriert waren in den beiden Filmen nur die komischen side-kicks des Helden, Georg Thomalla als Hadschi Halef Omar und Theo Lingen als Sir David Lindsay. Lingen spielte übrigens schon die komische Nebenrolle in den Indienfilmen von 1938. Hier ging Karl Mays Typenschilderung mit der Chargen-Besetzung des deutschen Films eine durchaus folgerichtige Einheit ein, ohne daß jene jedoch die Qualitäten der literarischen Vorlagen erreichten.

   Die Auswahl der Werke Mays, die die Vorlagen für die beiden Filme lieferten, war nur wenig überzeugend. Mit ›Die Sklavenkarawane‹ wählte man ausgerechnet eine Erzählung, in der der populäre Kara Ben Nemsi gar nicht vorkommt. Das hatte zur Folge, daß das Drehbuch massiv in die Maysche Originalstory eingriff und zusammen mit dem Harems-Motiv aus ›Durch die Wüste‹ auch Kara Ben Nemsi kurzerhand gewaltsam hineinschrieb. Wenn man schon so weit ging, hätte man auch gleich den bekannteren und mythisch wie kommerziell wesentlich eindeutiger dimensionierten Titel ›Durch die Wüste‹ für den Film wählen können.

   Anders als die frei erfunden Filmtitel der 60er-Jahre-Serie, die immer auf die Signalwirkung des Namens ›Winnetou‹ bauten, enthielt ›Der Löwe von Babylon‹ überhaupt keine Reizworte mehr aus dem klassischen Titelrepertoire Karl Mays. Der Karl-May-Verlag (KMV) hatte in den fünfziger Jahren für seine Reihe der ›Gesammelten Werke‹ Mays


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vierbändige Reiseerzählung ›Im Reiche des silbernen Löwen‹ aufgeteilt und gemäß der Entstehungsgeschichte die dem Alterswerk zugehörigen Bände III und IV unter dem Sammeltitel ›Die Schatten des Ahriman‹ als ›Im Reiche des silbernen Löwen‹ und ›Das versteinerte Gebet‹ herausgebracht. Die ersten beiden Bände stutzte man im Sinne der Erstveröffentlichung im ›Deutschen Hausschatz‹ auf den Band 27 ›Bei den Trümmern von Babylon‹ und drei Kurzerzählungen in dem Sammelband 26 ›Der Löwe der Blutrache‹ zurück. Beide Buchtitel waren in den fünfziger Jahren noch sehr jung und hatten noch längst nicht den Wiedererkennungs-Effekt, den klassische Titel wie ›Winnetou‹, ›Durch die Wüste‹ oder auch die KMV-Erfindung ›Unter Geiern‹ haben. Für den Film wählte man nicht einmal einen der beiden neuen Buchtitel, sondern zog sie zu einem noch synthetischeren Titel zusammen. Daß das Kinopublikum kaum eine Karl-May-Assoziation haben konnte, liegt auf der Hand.

   Inhaltlich hält sich das Drehbuch von ›Der Löwe von Babylon‹ eng an den Band ›Bei den Trümmern von Babylon‹. Die Höhle mit der überdimensionalen Götzenstatue, die das Hauptquartier der Schmugglerbande bildet, erinnert an eine B-Film-Fassung der Kulissen von Fritz Langs im gleichen Jahr entstandenen Indienfilmen ›Der Tiger von Eschnapur‹ und ›Das indische Grabmal‹, in denen Debra Paget ihren Tempeltanz ausführt.

   Schon früh erkannte der Filmhistoriker Joe Hembus, daß ›Der Schatz im Silbersee‹ ein Markstein in der deutschen Filmgeschichte war. Hembus, der 1961 mit seinem polemischen Pamphlet ›Der deutsche Film kann gar nicht besser sein‹ mit ›Papas Kino‹ der Adenauerzeit abgerechnet und dem ›jungen deutschen Film‹, der in dem legendären ›Oberhausener Manifest‹ wurzelte, den Weg gewiesen hatte, behandelte erstaunlicher Weise ausgerechnet die Karl-May-Filme und besonders ihren wichtigsten Regisseur Harald Reinl mit viel Wohlwollen.

   Am 2. 10. 1963 lobte Hembus in der ›Fuldaer Volkszeitung‹, wie liebevoll Reinl seine Karl-May-Film-Ikonographie gestaltete:

B-Western-Regisseur Reinl (befindet sich) gegenüber seinen Hollywood-Kollegen in einem unschätzbaren Vorteil, als es bisher keine europäische Western-Produktion gab. Der Hollywooder B-Western ist das Produkt einer durchorganisierten Maschinerie, in der alles standardisiert ist (...) Die ›Rialto‹-Produktion [so der Name von Horst Wendlandts Produktionsfirma; P. K.] wirkt dagegen wie die Jungfrau, die sich der ersten Liebe hingibt: ein bißchen unbeholfen vielleicht, aber von leidenschaftlichem Eifer erfüllt. Da wird wochenlang durch Jugoslawien gefahren, bis man die wildeste Landschaft findet, da werden für eine einzige Sequenz ganze Pueblos und Western-Siedlungen gebaut, deren weitere Verwendung man nicht einmal ins Auge faßt, da wird jedes Stück Garderobe extra angefertigt, jedes Requisit sachkundig zurechtgebastelt, und keine Einstellung von Bedeutung wird etwa dem Wirken eines zweiten oder dritten Teams überlassen, sondern möglichst echt und sorgsam erarbeitet.(78)


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Später brachte Hembus den filmhistorischen Wert von ›Der Schatz im Silbersee‹ auf eine knappe Formel: »Die größte Stunde des bundesrepublikanischen Films in seiner meist nicht verstandenen und nicht vorhandenen Qualität als Showbusiness, die fruchtbare Vermählung des meistgeliebten Subgenres der deutschen Trivialliteratur mit dem international populärsten Filmgenre.«(79)

   Das, was dem ›Schatz im Silbersee‹ einen Platz in der internationalen Filmgeschichte weit über das bundesrepublikanische Segment hinaus zuweist, ist die Tatsache, daß mit dem Film den Amerikanern das Monopol entrissen wurde, allein Western drehen zu können. ›Der Schatz im Silbersee‹ öffnete das Tor für eine europäische Westernkultur, die bewies, daß das Genre in seinem mythischen Gehalt mehr ist als nur der amerikanische Heimatfilm; der Western ist ein universelles Stück Weltfolklore. So gesehen erfüllte Harald Reinl das, was Fritz Lang einst von seinen ›Nibelungen‹ erhoffte: »Gehe hin in alle Welt und lehre die Völker!« Leider konnten die Karl-May-Western, die dem ›Schatz im Silbersee‹ folgten, diese Funktion nicht mehr erfüllen und mußten sie an den Italo-Western abtreten. Bezeichnend war da Sergio Leones ›Für eine Handvoll Dollar‹ (1964, Regie: Sergio Leone), der eine minutiöse Nachahmung von Akira Kurosawas Samurai-Film ›Yojimbo‹ im Western-Milieu war. Ein Italiener inszeniert mit deutschem Geld eine japanische Vorlage als amerikanischen Genrefilm: Nichts könnte die Universalität des Westerns besser definieren.

   Nachdem Fritz Lang 1960 seinen letzten Mabuse-Film gedreht hatte, trat er nur noch einmal mit einem Film in Erscheinung, und zwar als Darsteller. Jean-Luc Godard ließ ihn in ›Le Mépris‹ 1963 als den alten Filmregisseur Fritz Lang auftreten, der daran scheitert, im Rahmen der kapitalistisch organisierten Filmindustrie die Odyssee zu verfilmen. Fritz Lang in der Rolle des letzten Homeriden – im deutschen Film sollte Harald Reinl diese Rolle tatsächlich innehaben.

   Harald Reinl wußte, in wessen Fußstapfen er getreten war. 1966 zollte er Fritz Lang seinen letzten Tribut und drehte seine Version der ›Nibelungen‹ ganz im Stil seiner Winnetoufilme und vermählte damit in fast rührender Lächerlichkeit die erfolgreichste deutsche Filmserie mit der Kunst des wichtigsten deutschen Filmschöpfers. Doch die verpaßten Gelegenheiten der Filmgeschichte konnten damit nicht rückgängig gemacht werden. Ganz im Gegenteil. Sie wirken um so schmerzlicher.



1 Wim Wenders: Der Tod ist keine Lösung. In: Wim Wenders: Emotion Pictures. Essays und Filmkritiken 1968-1984. Frankfurt a. M. 1986, S. 128

2 Rudolf W. Kipp: Nachwort: Dr. phil. A. Droop. In: A. Droop: Karl May – Eine Analyse seiner Reise-Erzählungen. Reprint der ersten Buchausgabe (1909). Bamberg 1993, S. N11.

3 Ebd.

4 Ebd., S. N12f.


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5 Zu den Erscheinungsdaten der ›Gesammelten Werke‹ bis Bd. 50 vgl. das Nachwort zu Karl May's Gesammelte Werke Bd. 48: Das Zauberwasser. Bamberg 1979.

6 Karl May: Der schwarze Mustang. Stuttgart 1899, S. 10

7 Der Film. 5. 4. 1919; zitiert nach Reinhold Keiner: Thea von Harbou und der deutsche Film bis 1933. Hildesheim-Zürich-New York 1984 (21991), S. 61f.

8 Lotte H. Eisner: Die dämonische Leinwand. Frankfurt 41979, S. 244 – In ihren Memoiren ›Ich hatte einst ein schönes Vaterland‹ (Heidelberg 1984, S. 9f.) bekennt sich die Eisner selbst ausdrücklich zu Karl May.

9 Autobiographie von Fritz Lang. In: Lotte H. Eisner: Fritz Lang. London 1976 (Übersetzung der englischen Originalausgabe), S. 11

10 Fred Gehler/Ullrich Kasten: Fritz Lang. Die Stimme von Metropolis. Berlin 1990, S. 143f.

11 Alle biographischen Angaben nach: Fritz Lang. Hrsg. von Peter W. Jansen und Wolfram Schütte. München 1976, S. 143f.

12 Eisner: Fritz Lang, wie Anm. 9, S. 33

13 Bei folgenden Filmen arbeiteten Fritz Lang als Regisseur und Thea von Harbou als Drehbuchautorin zusammen: ›Das wandernde Bild‹ (1920), ›Die Vier um die Frau‹ (1921), ›Die Sendung des Yogi‹ (1921), ›Der müde Tod‹ (1921), ›Dr. Mabuse, der Spieler‹ (1922), ›Inferno‹ (›Dr. Mabuse‹, 2. Teil, 1922), ›Die Nibelungen: Siegfrieds Tod‹ (1924), ›Die Nibelungen: Kriemhilds Rache‹ (1924), ›Metropolis‹ (1927), ›Spione‹ (1928), ›Frau im Mond‹ (1929), ›M‹ (1931), ›Das Testament des Dr. Mabuse‹ (1932); Angaben nach: Ludwig Maibohm: Fritz Lang. Seine Filme, sein Leben. München 1981.

14 Keiner, wie Anm. 7, S. 71

15 Gehler/Kasten, wie Anm. 10, S. 143

16 Über Hans Eugen d›Alinge siehe Hainer Plaul: »Besserung durch Individualisierung«. Über Karl Mays Aufenthalt im Arbeitshaus zu Zwickau von Juni 1865 bis November 1868. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft (Jb-KMG) 1975. Hamburg 1974, S. 127-99 (190f., Anm. 21).

17 Zit. nach: Old Shatterhand läßt grüßen. Literarische Reverenzen für Karl May. Hrsg. von Christian Heermann. Berlin 1992, S. 168

18 Zit. nach Zit. nach dem Widerabdruck: Thea von Harbou: Meine erste Liebe. In: Karl-May-Jahrbuch 1927. Hrsg. von Euchar A. Schmid u. a. Radebeul o. J., S. 494ff.

19 Franz Josef Weiszt: Karl May. Der Roman seines Lebens. Böhmisch-Leipa 1940, S. 334 – Vgl. Keiner, wie Anm. 7, S. 172 (Anm. 22).

20 Gehler/Kasten, wie Anm. 10, S. 143

21 Gästebucheintragungen zit. nach: Mitteilungen der ›Arbeitsgemeinschaft Karl-May-Biographie‹. Band 1, S. 181ff. (Archiv-Edition. Hrsg. von Ekkehard Bartsch. Bad Segeberg o. J.)

22 Dokumentiert in Heide Schönemann: Fritz Lang. Filmbilder, Vorbilder. Potsdam 1992

23 Abgedruckt in: Karl May im Film. Eine Bilddokumentation. Hrsg. von Christian Unucka. Dachau 1980 (unpag.)

24 Anonym (Karl May): Der verlorene Sohn. 5 Bde. Dresden o. J. 1908 – siehe auch Hainer Plaul: Illustrierte Karl May Bibliographie. Leipzig 1988, S. 316f. (Nr. 444).

25 Keiner, wie Anm. 7, S. 38

26 Hans Richter: Filmgegner von heute – Filmfreunde von morgen. Mit einem Vorwort von Walter Schobert. Frankfurt 21981, S. 97

27 Ebd., S. 53

28 Karl May: Ein wohlgemeintes Wort. In: Neuer deutscher Reichsbote. Deutscher Haus- und Geschichts-Kalender 1883. Reprint in: Karl May: Ein wohlgemeintes Wort. Frühe Texte aus dem ›Neuen Deutschen Reichsboten‹ 1872-1886. Lütjenburg 1994, S. 129

29 Karl May: Freuden und Leiden eines Vielgelesenen. In: Deutscher Hausschatz. XXIII. Jg. (1897), S. 2; Reprint in: Karl May: Kleinere Hausschatz-Erzählungen. Hrsg. von Herbert Meier. Hamburg/Regensburg 1982

30 Karl May: Old Shatterhand a. D. In: May: Zauberwasser, wie Anm. 5, S. 490

31 Karl May: Mein Leben und Streben. Freiburg o. J. (1910), S. 228; Reprint Hildesheim-New York 1975. Hrsg. von Hainer Plaul


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32 Helmut Schmiedt: Karl May. Leben, Werk und Wirkung. Frankfurt a. M. 31992, S. 20

33 Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXIX: Im Reiche des silbernen Löwen IV. Freiburg 1903, S. 2 u. ö. – Vgl. Hans Wollschläger: Karl May als Leser. In: Karl Mays Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Supplemente Bd. 2: Katalog der Bibliothek. Hrsg. von Hermann Wiedenroth und Hans Wollschläger. Bargfeld 1995, S. 125-35 (insbes. 125f.).

34 Fritz Lang: Stilwille im Film. In: Jugend. Heft 3 (1924). Abgedruckt in Gehler/Kasten, wie Anm. 10, S. 161

35 May: Mein Leben und Streben, wie Anm. 31, S. 228

36 Ebd., S. 209

37 Helmut Schmiedt: Handlungsführung und Prosastil. In: Karl-May-Handbuch. Hrsg. von Gert Ueding in Zusammenarbeit mit Reinhard Tschapke. Stuttgart 1987, S. 164

38 Ebd., S. 165

39 Cornelius Schnauber: Fritz Lang in Hollywood. Wien 1986, S. 64f.

40 Diese und weitere Beispiele in Schönemann, wie Anm. 22, S. 34 und 19

41 Keiner, wie Anm. 7, S. 163

42 Heinz Stolte: Der Volksschriftsteller Karl May. Ein Beitrag zur literarischen Volkskunde. Radebeul 1936; Reprint Bamberg 1979

43 Keiner, wie Anm. 7, S. 75

44 Wie Anm. 34

45 Vgl. Peter Krauskopf: Von Männern und Müttern, Türmen und Höhlen. In: die horen. Zeitschrift für Literatur, Kunst und Kritik. 178 (1995), S. 54-80.

46 Ebd., S. 63

47 Z. B. Karl May: Gesammelte Reiseerzählungen Bd. XXVII: Im Reiche des silbernen Löwen II. Freiburg 1898, S. 1-116 (Kapitel ›Beim Turm von Babel‹)

48 Gehalten am 22. März 1912 in Wien; teilweise Wiedergabe in allen Auflagen von: Karl May's Gesammelte Werke Bd. 34: »Ich«. Radebeul bzw. Bamberg 1917ff.; Genaueres über den Vortrag bei: Ekkehard Bartsch: Karl Mays Wiener Rede. Eine Dokumentation. In: Jb-KMG 1970. Hamburg 1970, S. 47-80

49 Gehler/Kasten, wie Anm. 10, S. 131f.

50 Ebd., S. 177

51 Enne Patalas: Kommentierte Filmographie. In: Jansen/Schütte, wie Anm. 11, S. 91

52 Vgl. Karin Bruns: Kinomythen 1920-1945. Die Filmentwürfe der Thea von Harbou. Stuttgart 1995, S. 108; Boguslaw Drewniak: Der Deutsche Film 1938-1945. Düsseldorf 1987, S. 141. – Für eine Reihe von Präzisierungen an dieser und anderen Stellen danke ich vielmals Ruprecht Gammler, Bonn.

53 Patalas, wie Anm. 11, S. 110

54 Ebd., S. 56

55 Eisner: Fritz Lang, wie Anm. 9, S. 206

56 Patalas, wie Anm. 11, S. 120

57 May: Mein Leben und Streben, wie Anm. 31, S. 79

58 May: Im Reiche des silbernen Löwen II, wie Anm. 47, S. 170ff.

59 Vgl. Karl May's Gesammelte Werke Bd. 38: Halbblut. Radebeul 1916; die Originaltexte: May: Der schwarze Mustang, wie Anm. 6, und Karl May: Eine Befreiung. In: Karl May: Die Rose von Kaïrwan. Osnabrück 1894, S. 242-352.

60 Karl May: Christi Blut und Gerechtigkeit. In: Gesammelte Reiseromane Bd. X: Orangen und Datteln. Freiburg 1894, S. 511-44 (ebenso noch im gleichnamigen Band der Radebeuler ›Gesammelten Werke‹)

61 Vgl. Bruns, wie Anm. 52, S. 5.

62 Keiner, wie Anm. 7, S. 165f.

63 Erwin Leiser: »Deutschland erwache!«. Propaganda im Film des Dritten Reiches. Reinbek 21978, S. 30

64 Vgl. Charles Ford: Leni Riefenstahl. Schauspielerin, Regisseurin und Fotografin. München 1982, S. 137.

65 Vierzehn Filme der Serie waren Western (wenn man auch den Südamerika-Film ›Das Vermächtnis des Inka‹ als Western bezeichnen will), in elf trat Winnetou auf, sieben


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Mal an der Seite von Old Shatterhand, drei Mal mit Old Surehand, einmal mit Old Firehand:

1962 ›Der Schatz im Silbersee‹, Regie: Harald Reinl,
1963 ›Winnetou 1. Teil‹, Regie: Harald Reinl,
1963 ›Old Shatterhand‹, Regie: Hugo Fregonese,
1964 ›Der Schut‹, Regie: Robert Siodmak,
1964 ›Winnetou 2. Teil‹, Regie: Harald Reinl,
1964 ›Unter Geiern‹, Regie: Alfred Vohrer,
1965 ›Der Schatz der Azteken‹, Regie: Robert Siodmak,
1965 ›Die Pyramide des Sonnengottes‹, Regie: Robert Siodmak,
1965 ›Der Ölprinz‹, Regie: Harald Philipp,
1965 ›Durchs wilde Kurdistan‹, Regie: Franz Josef Gottlieb,
1965 ›Im Reiche des silbernen Löwen‹, Regie: Frasnz Josef Gottlieb,
1965 ›Winnetou 3. Teil‹, Regie: Harald Reinl,
1965 ›Old Surehand 1. Teil‹, Regie: Alfred Vohrer,
1965 ›Das Vermächtnis des Inka‹, Regie: Georg Marischka,
1966 ›Winnetou und das Halbblut Apanatschi‹, Regie: Harald Philipp,
1966 ›Winnetou und sein Freund Old Firehand‹, Regie: Alfred Vohrer,
1968 ›Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten‹, Regie: Harald Reinl.

66 Im Kapitel ›In der Klemme‹ (Karl May: Der Schatz im Silbersee. Stuttgart 1894, S. 279ff.)

67 Eine Übersicht über die Filme Lex Barkers gibt Manfred Christ: Von Tarzan bis Old Shatterhand. Lex Barker und seine Filme. Tuningen o. J. – Zur Biographie siehe: Arild Rafalzik/Fritz Tauber: Lex Barker. Eine Bild-Biographie. München 1994.

68 ›Im Stahlnetz des Dr. Mabuse‹ und ›Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse‹, beide 1961, Regie: Harald Reinl

69 Vgl. Peter Krauskopf: »Pferde, Action, Explosionen«. Winnetou auf der Bühne. In: Karl Mays ›Winnetou‹. Studien zu einem Mythos. Hrsg. von Dieter Sudhoff und Hartmut Vollmer. Frankfurt a. M. 1989, S. 430-46.

70 Thomas Winkler: Die Karl-May-Film-Story, o. O., o. J., S. 13

71 Etwa Karl May: Der Sohn des Bärenjägers. Stuttgart 1890, S. 56, und May: Schatz im Silbersee, wie Anm. 66, S. 279f.

72 May: Schatz im Silbersee, wie Anm. 66, S. 10 – Der Bart des Film-Old-Shatterhands taucht nur noch einmal in ›Winnetou 1. Teil‹ auf, allerdings nur, um optisch die Zeitspanne darzustellen, die Old Shatterhand verwundet im Apachen-Pueblo daniederliegt. Doch sobald er in den Old-Shatterhand-Anzug schlüpft, noch vor der blutsbrüderlichen Vereinigung mit Winnetou, ist der Bart wieder ab. In ›Winnetou und das Halbblut Apanatschi‹ hat Lex Barker für eine kurze Szene das Old-Shatterhand-Kostüm gegen einen Anzug aus Stoffhose, Weste und Hemd vertauscht, ein seltsam unmotivierter Verweis auf den Charakter hinter der Ikone.

73 Joe Hembus: Westernlexikon. München 1976, S. 708

74 Siegfried Kracauer: Old Shatterhand unter Gangstern. In: Siegfried Kracauer: Kino. Essays, Studien und Glossen zum Film. Hrsg. von Karsten Witte. Frankfurt a. M. 1974, S. 219

75 Lilli Palmer: Gute Lilli, dickes Kind. Zürich 1974, S. 200

76 Hembus: Westernlexikon, wie Anm. 73, S. 708

77 ›Unter Geiern‹, ›Der Ölprinz‹, ›Old Surehand 1. Teil‹

78 Joe Hembus: Der deutsche Film kann gar nicht besser sein. Ein Pamphlet von gestern. Eine Abrechnung von heute. München 1981, S. 200

79 Hembus: Westernlexikon, wie Anm. 73, S. 520


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