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HELGA AREND

»Das Karl May-Problem ist ...
ein Menschheitsproblem«1
Spuren der Schopenhauer-Lektüre in Karl Mays ›»Weihnacht!«‹



Da der folgende Aufsatz aufgrund eines persönlichen Leseerlebnisses entstanden ist, das auch das methodische Vorgehen bestimmte, skizziere ich diese Erfahrung zunächst kurz. Zur gleichen Zeit wie die Texte ›Die Welt als Wille und Vorstellung‹ und ›Parerga und Paralipomena‹ von Arthur Schopenhauer las ich den Roman ›»Weihnacht!«‹ von Karl May. Während der Lektüre fielen mir immer wieder Parallelen auf, die ich zuerst aufgrund der zeitlichen Nähe der beiden Autoren als typische Merkmale der Literatur des 19. Jahrhunderts einordnete. Die Ähnlichkeiten wurden aber dann bei den ›Aphorismen zur Lebensweisheit‹ so evident, daß sie nicht mehr auf reine Zeitgeist-Erscheinungen zurückgeführt werden konnten, sondern die Vermutung nahe lag, daß Karl May Schopenhauer-Texte gekannt hat. Diese Annahme konnte durch Recherchen in Karl Mays Bibliothek insofern erhärtet werden, als May Teile der ›Parerga und Paralipomena‹ besessen hat.

   Um diese Leseerfahrung zu bestätigen, suchte ich im Gedankengut Karl Mays, dessen Werke durch die Happy-Ends eher Optimismus ausstrahlen, Spuren aus der Philosophie eines allseits als Pessimisten bekannten Philosophen. Aufgrund der Anstreichungen in den Schopenhauer-Texten der Mayschen Bibliothek, die mit größter Wahrscheinlichkeit von Mays Hand stammen, kann geschlossen werden, daß May wenigstens die Texte seiner Bibliothek intensiv gelesen hat, obwohl man an einer Stelle seiner Romane eher eine Abneigung gegen Philosophen herauslesen kann; so signalisiert Old Shatterhand Desinteresse an der Philosophie, indem er mitteilt, er habe die Werke der großen Philosophen fast nie in die Hand genommen.2

   Vergleicht man aber die Menschenbilder Schopenhauers und Mays, so ergeben sich erstaunliche Parallelen, die vermuten lassen, daß sogar einzelne Charakterzüge der von May geschaffenen Figuren sich auf Thesen Schopenhauers über die Bestimmung des Menschen zurückführen lassen. Ähnlichkeiten können auch in den Vorstellungen über das Schicksal des einzelnen und dessen Bedeutung für das Ganze gefunden werden. Sogar in der Erzählstruktur des Romans ›»Weihnacht!«‹ finden sich


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Elemente von Schopenhauers Gedankengut in literarischer Verarbeitung.

   Die ›Parerga und Paralipomena‹, also das Werk Schopenhauers in Mays Bibliothek,3 waren für ein größeres Publikum gedacht und erfreuten sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einer außergewöhnlichen Popularität; Schopenhauer hatte sich hier um Verständlichkeit und klaren Ausdruck bemüht, so daß seine Philosophie auch dem gebildeten Laien zugänglich war. Es handelt sich bei diesen Texten um Abhandlungen, die den wichtigeren systematischen Werken als Nebenarbeiten nachgesandt wurden und die auch als einzelne Aufsätze erschienen sind.4 Den bekanntesten Teil der Abhandlungen bilden die ›Aphorismen zur Lebensweisheit‹; er entwickelt eine Eudämonologie, die darlegt, wie man sich am besten in der Welt einzurichten habe. Das Menschenbild, das hier entsteht, hat alle Anlagen für ein glückliches Leben in dieser schlechten Welt.

   Obwohl die Aphorismen nicht in der Bibliothek Mays vorhanden sind, kann mit ziemlicher Sicherheit davon ausgegangen werden, daß May sie gekannt hat, da man etliche Parallelen in seinem Gedankengut feststellen kann. In seiner Bibliothek befinden sich die Titel ›Über die anscheinende Absichtlichkeit im Schicksale des Einzelnen‹ und ›Versuch über Geistersehn und was damit zusammenhängt‹.

   Eventuell hat May aber auch andere Texte des Philosophen gelesen, da schon in dem 1875 erschienenen ›Buch der Liebe‹,5 das etliche Hinweise auf Mays philosophische Kenntnisse gibt, Annäherungen an Schopenhauers Philosophie zu erkennen sind. So sieht Karl May die letzte Ursache der Welt in einem überdimensionalen Willen, genau wie Schopenhauer dies in seinem Werk ›Die Welt als Wille und Vorstellung‹6 beschreibt. Die deutliche Hervorhebung des Willens in den folgenden Sätzen Mays ist in den Formulierungen denen Schopenhauers sehr ähnlich. Nichts kann entstanden sein ohne einen Willen, der es gewollt, ohne eine Macht, die es in das Dasein gerufen hat. Also muß die Schöpfung ihr Dasein einem Willen verdanken, welcher außer ihr liegt, und einer Macht, welche gewaltiger ist als alle Kräfte, die in ihr wirksam sind.7 Der Wille als letztgültige Erklärungsinstanz des Universums ist eine wesentliche Gemeinsamkeit der beiden Autoren. Allerdings stellt Karl May diesen Willen im Gegensatz zu Schopenhauer in die christliche Tradition, indem er ihn als Willen Gottes bezeichnet.8 Wesentlich ist, daß bei beiden der Wille als abstrakte übergeordnete Macht erscheint.

   Sind die Hinweise in diesem früheren Werk noch spärlich, so mehren sie sich, wenn man später geschriebene Texte untersucht. Im folgenden sollen anhand der ›Aphorismen zur Lebensweisheit‹9 und des Romans ›»Weihnacht!«‹10 Parallelen im Menschenbild Schopenhauers und Mays aufgezeigt werden. Dieser Text Schopenhauers ist nicht in Mays heute bekannter Bibliothek vorhanden; ein belesener Mensch wie Karl May hat vermutlich aber diesen 1851 erstmals erschienenen Text gekannt. Nicht nur in


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›»Weihnacht!«‹, sondern auch schon in früheren Romanen könnte man Ähnlichkeiten in der Darstellung menschlicher Qualitäten entdecken; ich werde mich aber hauptsächlich auf den Roman ›»Weihnacht!«‹ konzentrieren, da die Charakterzüge der Helden weitgehend gleich bleiben.

   Die ›Aphorismen zur Lebensweisheit‹ enthalten im wesentlichen die Grundlagen von Schopenhauers Menschenbild. Er teilt das, was das Wesen des Menschen ausmacht, in drei Grundbestimmungen ein. Wichtig ist für ihn zunächst, was der Mensch ist; dazu gehören alle ererbten Eigenschaften; als zweites spielt eine Rolle, was der Mensch besitzt, d. h. welche Bedürfnisse er hat und welche er sich erfüllt; und als drittes gehört zur Bestimmung des Menschenbildes das, was ein Mensch bei anderen vorstellt. Diese drei Grundbestimmungen sollen mit den Hauptcharakteren aus Mays Roman verglichen werden.

   Schopenhauer erläutert seine Grundlagen des Menschseins folgendermaßen:

   1) »Was Einer ist: also die Persönlichkeit, im weitesten Sinne. Sodann ist hierunter Gesundheit, Kraft, Schönheit, Temperament, moralischer Charakter, Intelligenz und Ausbildung derselben begriffen.« (Parerga 315)

   Die positiven Eigenschaften, die hier genannt werden, sind bei Karl May als Personen in Old Shatterhand und Winnetou konkret gestaltet. Old Shatterhand verfügt über gutes Aussehen und Gesundheit. Auch seine Körperkraft wird immer wieder hervorgehoben. So weist schon allein sein Name ›Schmetterhand‹, den man ihm aus Bewunderung gegeben hat, darauf hin, daß er enorme Kräfte besitzt. Sein Umgang mit Waffen beweist, daß er über Geschick und Körperbeherrschung verfügt. Gutes Aussehen wird besonders bei Winnetou immer wieder hervorgehoben. Schon allein durch sein Auftreten und durch seine stolze Erscheinung erwirbt er sich Anerkennung bei allen Menschen. Er hat es nicht nötig, Adlerfedern als Zeichen des Häuptlings zu tragen; es war ihm ohnedies auf den ersten Blick anzusehen, daß er kein gewöhnlicher Krieger sei ...; seine königliche Haltung, sein freier, ungezwungener, elastischer und doch so stolzer Gang zeichneten ihn doch als den edelsten von allen aus. Wer auch nur einen einzigen Blick auf ihn richtete, der sah sofort, daß er es mit einem bedeutenden Manne zu thun hatte. (Weihnacht 237f.)

   Aber nicht nur die Vorzüge des Körpers zeichnen die Charaktere Old Shatterhands und Winnetous aus, sondern auch ihr außergewöhnlicher Geist. Bei Winnetou wie bei Old Shatterhand sind Klugheit und Umsicht hervorstechende Eigenschaften, bei Old Shatterhand kommen noch in der Zivilisation nützliche Talente und seine gute Ausbildung hinzu. Old Shatterhands musische Begabung erkennt man an seinen ausgezeichneten Kompositionen; seine schriftstellerische Begabung läßt auf Intelligenz und gute Ausbildung schließen.

   Nach Schopenhauer ist für unser Lebensglück die Persönlichkeit das Wesentliche.11 »Das Beste und Meiste muß daher Jeder sich selbst seyn


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und leisten. Je mehr nun Dieses ist, und je mehr demzufolge er die Quellen seiner Genüsse in sich findet, desto glücklicher wird er seyn.« (Parerga 331)

   Winnetou ist eine Person, die jederzeit ganz autonom lebt. Er braucht keine Unterhaltung von außen, er ist sich immer selbst genug. Old Shatterhand lebt weitgehend autonom; allerdings ist er in zivilisierten Gegenden darauf angewiesen, Geld für seinen Unterhalt zu verdienen. Jedoch ist er noch weit entfernt vom Durchschnittsbürger, der von Schopenhauer folgendermaßen umschrieben wird: »Der normale Mensch hingegen ist, hinsichtlich des Genusses seines Lebens, auf Dinge außer ihm gewiesen, auf den Besitz, den Rang, auf Weib und Kinder, Freunde, Gesellschaft u.s.w., auf diese stützt sich sein Lebensglück: darum fällt es dahin, wenn er sie verliert, oder er sich in ihnen getäuscht sah. Dies Verhältniß auszudrücken, können wir sagen, daß sein Schwerpunkt AUSSER IHM fällt.« (Parerga 336)

   Dieses Idealbild eines autonomen Menschen verkörpern Mays Helden im Wilden Westen, die niemanden außer sich selbst brauchen.

   2) »Von dem, was Einer hat«. (Parerga 343) Wichtig für die Bestimmung des Menschen ist laut Schopenhauer auch das, was der Mensch besitzt. Er teilt die Bedürfnisse in solche ein, »die, welche, wenn nicht befriedigt, Schmerz verursachen« (Parerga 343). Hierhin gehören Kleidung und Nahrung, d. h. es sind für den Menschen notwendige Bedürfnisbefriedigungen. Dann folgt das Bedürfnis der Geschlechtsbefriedigung, welches zwar natürlich, aber nicht notwendig für den Menschen ist.

   Als drittes werden die Bedürfnisse genannt, die nicht natürlich und nicht notwendig sind; dazu gehören Luxus und Üppigkeit. Schopenhauer nun hält soviel Besitz für sinnvoll, daß man in »wahrer Unabhängigkeit, d. h. ohne zu arbeiten, bequem leben kann« (Parerga 347), aber ansonsten hält er Luxus und Besitz für wenig sinnvoll und nicht gut für den Menschen, da es ihm bei mehr Besitz leicht langweilig werde.

   Auch hier haben wir in Old Shatterhand wieder eine wahrhaft vorbildliche Gestalt, die keinen Wert auf Besitz legt. Dies gilt nicht nur für Old Shatterhand, sondern auch für viele andere Figuren Karl Mays. »Die Helden des Orients und des Wilden Westens tragen nur so viel Geld bei sich, daß sie ihre profansten Bedürfnisse decken können, wenn sie an Orten der Zivilisation einkehren. In der Wildnis sind sie Selbstversorger (...)«12

   Zu den nicht notwendigen Bedürfnissen zählt Schopenhauer den Geschlechtstrieb. Auch in diesem Punkt kommen die Helden Mays dem Idealbild Schopenhauers entgegen. Seinen Geschlechtstrieb befriedigt Old Shatterhand nicht, ja, er scheint von diesem Bedürfnis frei zu sein; auch Luxus und Prunk braucht er in seinem Leben nicht. Er befriedigt nur seine notwendigen Bedürfnisse, ansonsten ist er auf nichts angewiesen.

   3) »Von dem, was Einer vorstellt« (Parerga 350). Schopenhauer bemerkt, daß die Menschen allgemein großen Wert auf die Urteile anderer


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legen, aber er empfiehlt, »jene große Empfindlichkeit gegen die fremde Meinung möglichst zu mäßigen, sowohl da, wo ihr geschmeichelt wird, als da, wo ihr wehe geschieht: denn Beides hängt am selben Faden« (Parerga 350). Dieses Lösen von der öffentlichen Anerkennung bedeutet, daß man den eigenen Wert von innen heraus erkennt. Durch diese Hochschätzung seiner selbst entwickelt sich Stolz, dem Schopenhauer die Eitelkeit entgegensetzt, die sich aus der Meinung, die andere über jemanden haben, ergibt. Nach Schopenhauer macht die Eitelkeit gesprächig und der Stolz schweigsam.13

   Diesen Stolz, der von innen heraus kommt und in der eigenen hohen Wertschätzung begründet liegt, findet man sehr ausgeprägt sowohl bei Old Shatterhand als auch bei Winnetou. Bei beiden treffen wir auch die oben beschriebene Schweigsamkeit an, die niemals eigene Taten rühmen würde und nicht auf das Lob anderer angewiesen ist. Old Shatterhand erzählt Winnetou sogar dann nicht, daß er Frau Hiller in der Not geholfen hat, als dieser ihn ausdrücklich darauf anspricht, und begründet dies folgendermaßen: Daß ich sie dennoch beschenkt hatte, sagte ich nicht, denn das Prahlen mit Wohlthaten liebte er ebensowenig wie ich. Er war gegen seine Mitmenschen, ganz gleichgültig, ob rot oder weiß, von einer Aufopferung und Mildthätigkeit, die selbst den Tod nicht scheute, pflegte aber kein Wort darüber zu verlieren. (Weihnacht 253)

   Wie ein roter Faden zieht sich durch das Buch ›»Weihnacht!«‹ das ständige Verkanntsein von Old Shatterhands Können. Er reist zum Beispiel inkognito und wird entweder als Westmann angesehen, der nicht lesen kann, oder man hält ihn für einen Schriftsteller, der keine Ahnung vom Westen hat. Er stellt diese Irrtümer aber nicht klar, sondern beläßt die anderen jeweils in ihrem falschen Glauben. Im 1. Band von ›Old Surehand‹ ist er über eine solche Fehleinschätzung der anderen innerlich belustigt und denkt über die möglichen Folgen nach: Wenn ich mich ihm anschloß und er dann erfuhr, wer ich war, so waren komische Scenen zu erwarten.14

   Old Shatterhand braucht nicht die Anerkennung von außen und läßt die Außenstehenden immer in ihrem irrigen Glauben über ihn, bis ihnen durch seine Taten die Augen aufgehen. Da er nicht über seine Vorzüge redet, hat die Umwelt oft lange ein falsches Bild von seinen Qualitäten. Sogar als er von allen bewundert wird und die Menschen seine Nähe suchen, zieht er sich auf sein Zimmer zurück und arbeitet.15 Man könnte von einem Menschen wie Old Shatterhand sagen, »daß sein Schwerpunkt GANZ IN IHN fällt« (Parerga 337). Old Shatterhand stellt den Inbegriff des Bildes dar, das Schopenhauer in seinen ›Aphorismen zur Lebensweisheit‹ vom gelungenen Menschsein entwirft.

   Auch im ersten Kapitel, wo er noch unter dem Namen Karl May auftritt, macht er nicht von sich aus auf eigenes Können aufmerksam; immer sind es die anderen, die durch Zufälle auf seine Fähigkeiten stoßen. Der Erzähler


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May hat hier zum Beispiel eine Motette komponiert, die er noch nicht wert findet, veröffentlicht zu werden. Diese Komposition wird ihm von einem Klassenkameraden gestohlen, der Fehler hineinschreibt, sie an den Kantor weiterleitet und May damit blamieren möchte. Der Kantor aber durchschaut die üble Absicht, und da er den hohen Wert der Komposition erkennt, läßt er sie drucken und zur Aufführung bringen.

   Immer wieder gibt es in diesem Band Situationen, in denen der Ich-Erzähler seine eigenen Vorzüge eher untertreibt, sein wahrer Wert aber im nachhinein von den anderen erkannt wird. Anfangs betont er in bezug auf sein Weihnachtsgedicht: Daß ich dies hier nicht erwähne, um mich zu brüsten, habe ich durch die Altersangabe und das Wort »verbrochen« bewiesen ... (Weihnacht 10) Im Gesamtzusammenhang wird deutlich, daß diesem Gedicht auch vom Verfasser selbst ein sehr hoher Stellenwert zugesprochen wird; trotzdem versucht er, mit allen Mitteln den Eindruck des Eigenlobes zu verhindern.

   Der Ich-Erzähler May/Old Shatterhand verhält sich in allen Lebenslagen, wie Schopenhauer es empfehlen würde. Niemals lobt er sich selbst oder sagt, welche Fähigkeiten er besitzt. Aber immer wieder werden sein Können, sein Wissen und seine Taten von anderen allmählich aufgedeckt. So wundert sich ein Wirt in Weston über seine Beherrschung der Indianersprache: »Sie zeigen da Kenntnisse, die man bei Ihnen gar nicht vermuten konnte. Ein Westmann sind Sie nicht, denn ein solcher hat kein Geschick, sich in Kleidung, wie die Ihrige ist, so zu bewegen wie Sie; aber die Sprachen der Roten sind Ihnen bekannt, und Sie machen Gedichte. (Weihnacht 134) Immer wird seine wahre Identität zum Schluß aufgedeckt, und die äußere Anerkennung, die vorher nicht voll und ganz vorhanden war oder sich nur auf bestimmte Eigenschaften erstreckte, wird ihm am Ende zuteil.16

   Interessant ist nun, daß sowohl bei Schopenhauer als auch bei Karl May auf diesen Ruhm doch einiges Gewicht gelegt wird, obwohl zunächst betont wird, daß die Anerkennung von außen unwichtig sei. Immer wieder berichtet man über den Ruhm, den Winnetou und Old Shatterhand durch ihre Taten erlangt haben. Frau Hiller hält es für selbstverständlich, daß Old Shatterhand ihr hilft. Der Ich-Erzähler kommentiert dies: Das war, wie ich wohl wußte, nicht etwa rücksichtslose Anmaßung, sondern eine reine und unausbleibliche Folge des Rufes, in dem wir standen, oder vielmehr der poetischen Legenden, welche sich besonders über Winnetou gebildet hatten, den man sich nicht anders als den stets bereiten Rächer allen Unrechtes und Schützer der Bedrängten denken konnte. (Weihnacht 189) Auch Schopenhauer hält den Ruhm für durchaus erstrebenswert: »Auf Ehre hat Jeder Anspruch; auf Ruhm nur die Ausnahmen: denn nur durch außerordentliche Leistungen wird Ruhm erlangt.« (Parerga 388) Obwohl Schopenhauer betont, daß Ruhm etwas ist, was einem von außen her zukommt, und dies vor dem Hintergrund seiner sonstigen Ausführungen für den einzelnen, der autonom


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sein sollte, unwichtig sein müßte, läßt er die Sehnsucht nach Ruhm - auch bei positiv beurteilten Menschen - als durchaus natürlich erscheinen. Schopenhauer erläutert diesen Wunsch nach Ruhm: »In eudämonologischer Hinsicht ist also der Ruhm nichts weiter, als der seltenste und köstlichste Bissen für unsern Stolz und unsere Eitelkeit. Diese aber sind in den meisten Menschen, obwohl sie sie verbergen, übermäßig vorhanden, vielleicht sogar am stärksten in Denen, die irgendwie geeignet sind, sich Ruhm zu erwerben und daher meistens das unsichere Bewußtseyn ihres überwiegenden Werthes lange in sich herumtragen müssen, ehe die Gelegenheit kommt, solchen zu erproben und dann die Anerkennung desselben zu erfahren: bis dahin war ihnen zu Muthe, als erlitten sie ein heimliches Unrecht.« (Parerga 395)

   Eine typische Szene in ›»Weihnacht!«‹, in der Old Shatterhand eigentlich keinen Ruhm möchte, er aber von den anderen dazu gedrängt wird, sein Können unter Beweis zu stellen, ist das Wettschießen, das der Westmann als Zuschauer besucht. Er wird von der umstehenden Menge zunächst ausgelacht, weil keiner ihm zutraut, daß er mit dem Gewehr umgehen kann;17 zum Schluß gewinnt er natürlich, und die Zuschauer sind begeistert: Zunächst war alles still; dann brach ein wahrer Sturm des Beifalles los, um den ich mich aber gar nicht bekümmerte. (Weihnacht 218) Auch hier begegnen wir der Genugtuung des Helden - und damit auch des Lesers - über die Anerkennung durch die Menge. »Es scheint, als sei hier jeweils die Bestimmung von Identität für die Betrachter etwas, das maßgeblich durch äußere Umstände geprägt wird, als wachse Identität den Personen teilweise von außen zu.«18 Gleichzeitig wird ausdrücklich betont, daß der Held eigentlich gar nicht am Wettschießen teilnehmen wollte und der Ruhm ihm ganz gleichgültig sei.

   Bis hierher kann festgehalten werden, daß das Bild eines positiven Menschen, das Schopenhauer in seinen ›Aphorismen zur Lebensweisheit‹ entwirft, in vielen Punkten Parallelen aufweist zu den Helden, wie Karl May sie in ›»Weihnacht!«‹ und anderen Abenteuerromanen beschreibt. Ob diese Ähnlichkeit darauf zurückzuführen ist, daß May die entsprechenden Schopenhauer-Texte gelesen hat, kann letztendlich nicht belegt werden, aber es wäre interessant, zu untersuchen, ob nicht die Entwicklung der Winnetou-Gestalt in den verschiedenen Stadien unter dem Einfluß des Schopenhauerschen Menschenbildes gestanden hat.

   Bemerkenswert an den beiden Autoren sind auch die Gemeinsamkeiten in ihren Einstellungen und in ihrem Lebensweg. Sowohl Arthur Schopenhauer als auch Karl May befinden sich in dem Zwiespalt, daß sie immer wieder die Nichtigkeit des Ruhmes betonen, sie aber trotzdem ständig auf der Suche danach sind. Nicht nur in den Werken der beiden Autoren finden wir diesen überdimensionalen Wunsch nach öffentlichem Ansehen, sondern auch in ihrer Biographie hinterläßt er tiefe Spuren. Bei beiden führt die Sehnsucht nach Ruhm dazu, die Realität völlig zu


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verkennen und sich um dieses Ruhmes willen große Enttäuschungen einzuhandeln.

   Ein Beispiel im Leben Schopenhauers findet sich in der Anmaßung des noch unbekannten Schopenhauers, dem ›großen‹ Hegel Konkurrenz machen zu wollen. Er legte seine Vorlesung mit Absicht genau auf den Zeitpunkt, zu dem Hegel las, und wunderte sich, als er selbst leere Bänke antraf, während sich in Hegels Vorlesungen über zweihundert Studenten drängten.19 Seine Ruhmsucht und Selbstüberschätzung entsprechen nicht dem Verhalten, das Schopenhauer in seinen theoretischen Schriften propagiert.

   Auch Karl Mays Suche nach öffentlicher Anerkennung ist hinlänglich bekannt. Obwohl er schon einen großen Bekanntheitsgrad als Schriftsteller erreicht hatte, ging er dazu über, sich selbst als Old Shatterhand darzustellen. »Das große Publikum soll nicht mehr den Helden bewundern und lieben, den der Schriftsteller schuf, sondern den Schriftsteller, der der Held ist. Die Restauration des Selbstgefühls zitiert zum Höhepunkt einen der abwegigsten Aspekte der Erzählungen in der Realität, die Hyperpotenz des Helden (...)«20 Auch hier wäre die Enttäuschung absehbar gewesen, wenn er mit Blick auf die Realität gehandelt hätte. Bei beiden Autoren begegnen wir einer Sehnsucht nach öffentlicher Anerkennung, die so überzogen ist, daß die Realität falsch wahrgenommen wird. Erstaunlich ist nun, daß in beiden Werken die Unwichtigkeit des Ruhmes hervorgehoben wird. Zu vermuten ist, daß gerade die Verdrängung oder das Sich-Nicht-Eingestehenkönnen dieser Sehnsucht dem Verlangen nach Ruhm in der Wirklichkeit noch weitere Nahrung gab.

   Sowohl May als auch Schopenhauer wurden dann wirklich sehr berühmt, Schopenhauer in seinem letzten Lebensjahrzehnt und Karl May, bevor sein letztes Lebensjahrzehnt begann. May mußte am Ende seines Lebens noch den Zusammenbruch seines Ruhmes hinnehmen, da er als Lügner vor aller Welt bloßgestellt wurde. Kurz bevor er starb, erlebte er allerdings noch einmal, daß sein Publikum ihn anläßlich eines Vortrages in Wien mit Begeisterung feierte. Beide, Schopenhauer ebenso wie May, vertraten die Ansicht, äußerer Ruhm habe für den Menschen keine Bedeutung, waren aber beide nicht in der Lage, ihre Sehnsucht nach Anerkennung des Publikums zu unterdrücken.

   In dem Roman ›»Weihnacht!«‹ finden sich aber nicht nur Parallelen zum Menschenbild Schopenhauers, sondern auch zu seinem Weltbild insgesamt. Besonders interessant ist die Analyse von Schopenhauers Aufsätzen ›Über die anscheinende Absichtlichkeit im Schicksale des Einzelnen‹ und ›Versuch über Geistersehn und was damit zusammenhängt‹,21 da diese Aufsätze in Mays Bibliothek vorhanden sind und Anstreichungen am Rande enthalten, die für Karl May typisch sind.22 Auffallend ist die Übereinstimmung der Vorstellungen über das menschliche Lebensschicksal bei Schopenhauer mit der Gesamtkonzeption von Karl Mays Roman ›»Weihnacht!«‹. May gibt


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dem konkrete Gestalt, was Schopenhauer auf einer abstrakten Ebene philosophiert, indem er Schopenhauers Gedanken in Handlungsstruktur und Erzähltechnik des Romans umsetzt.

   So wie sich in Mays Roman ein Detail ins andere fügt und zum Schluß hin seine Bedeutung erlangt, so sieht Schopenhauer das gesamte Leben auf einen hintergründigen Sinn ausgerichtet, der im ersten Moment noch nicht faßbar ist. Die Lebensgeschichte Hillers wird so dargestellt, daß alle Begegnungen und Fügungen letztendlich darauf hinauslaufen, daß er zum christlichen Glauben bekehrt wird. Hiller, der behauptet, er wolle sich lieber von einem Bären das Gehirn ausfressen lassen,23 ehe er an Old Shatterhands Gott glaube, wiederholt diese Phrase, als er Old Shatterhand Rache schwört.24 Am Ende des Romans hat Hiller einen Unfall, der ihn in eine Situation bringt, in der er eine halbe Stunde lang vor dem Rachen eines Bären ausharren muß;25 er wird durch dieses Erlebnis zur Besinnung gebracht und zum christlichen Glauben zurückgeführt. Dies ist ein Wendepunkt im Leben Hillers; er selbst schildert seine Lage folgendermaßen: »Mein ganzes Leben ging an mir vorüber; ich durchlebte es noch einmal, aber nicht in dem Glanze, der mich einst umgab, sondern vor dem knirschenden Gebiß des Bärenrachens, dessen Zähnen ich in gottloser Lästerung mein Gehirn verschrieben hatte. Da tagte es in mir, schnell und licht; ich sah, was ich gewesen war. ... Im Reichtum und auf hoher Staffel geboren, war ich das ganze Leben hindurch mein eigener Gott gewesen, um jetzt, am Ende desselben, nichts zu sein als ein elender, armseliger Raubtierfraß, der nicht einmal nach Hilfe rufen durfte!« (Weihnacht 515)

   Die Macht des Schicksals erhält hier eine besondere Bedeutung, da die überhebliche Voraussage Hillers sich bewahrheitet; dies hätte der Leser vorher für unmöglich gehalten. Die Stelle erinnert stark an einen Abschnitt aus Schopenhauers Text, der von May am Rande angestrichen wurde und eine Anmerkung aufweist. Schopenhauer philosophiert über die Bedeutung der Todesstunde: »In der Stunde desselben drängen alle die geheimnißvollen (wenn gleich eigentlich in uns selbst wurzelnden) Mächte, die das ewige Schicksal des Menschen bestimmen, sich zusammen und treten in Aktion. Aus ihrem Konflikt ergiebt sich der Weg, den er jetzt zu wandern hat, bereitet nämlich seine Palingenesie sich vor, nebst allem Wohl und Wehe, welches in ihr begriffen und von Dem an unwiderruflich bestimmt ist. - Hierauf beruht der hochernste, wichtige, feierliche und furchtbare Charakter der Todesstunde. Sie ist eine Krisis, im stärksten Sinne des Worts, - ein Weltgericht.« (Parerga 224) Das Wort ›Palingenesie‹ ist angestrichen und als Wiedergeburt handschriftlich erklärt, und unter der Textstelle findet man Mays Randnotiz: Wiedergeburt in der Todesstunde? Hiller erlebt in dem Abenteuer mit dem Bären sowohl seine Todesstunde wie auch seine Wiedergeburt. Man könnte fast glauben, May habe in dieser Szene versucht, die beschriebene Krisis, das Weltgericht und die darauf folgende Wie-


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dergeburt darzustellen. Eine weitere von May zweimal angestrichene Stelle paßt ebenfalls in diesen Zusammenhang: »Und da läßt sich dann nur ganz im Allgemeinen sagen, unser Lebenslauf werde, mittelst jener Lenkung so regulirt, daß von dem Ganzen der durch denselben uns aufgehenden Erkenntniß der metaphysisch zweckdienlichste Eindruck auf den Willen, als welcher der Kern und das Wesen an sich des Menschen ist, entstehe. (...) Da nun ferner Glück und Genuß diesem Zwecke eigentlich entgegenarbeiten; so sehn wir, Diesem entsprechend, jedem Lebenslauf Unglück und Leiden unausbleiblich eingewebt, wiewohl in sehr ungleichem Maaße und nur selten im überfüllten, nämlich in den tragischen Ausgängen; wo es dann aussieht, als ob der Wille gewissermaaßen mit Gewalt zur Abwendung vom Leben getrieben werde und gleichsam durch den Kaiserschnitt zur Wiedergeburt gelangen sollte.« (Parerga 223f.) Das Erlebnis Hillers kann als eine Art Neugeburt verstanden werden, da sich sein Leben von nun an entscheidend ändert; sein Charakter erfährt durch das Empfinden des nahenden Todes einen Wandel zum Besseren. Das Schicksal hat alles mit Bedacht zum Richtigen hin gewendet.

   Auch alle anderen zufälligen Fügungen, wie zum Beispiel das Treffen der Freunde Sappho und Carpio im Wilden Westen sowie das Zusammentreffen Old Shatterhands mit Frau Hiller, machen am Ende den Eindruck eines absichtsvollen Geschehens. Die beiden Romanteile, die durch die Handlungsorte Heimat und Wilder Westen getrennt sind, werden durch das zufällige Zusammentreffen verschiedener Personen zusammengehalten und miteinander verbunden. Zunächst sind es Frau Hiller und Old Shatterhand, die sich durch Zufall wieder begegnen. Das Verbindungsglied, das sie aufeinander aufmerksam werden läßt, ist das Weihnachtsgedicht, das im ersten Kapitel als Werk des Erzählers eine wichtige Rolle spielt, da es dem sterbenden Vater Frau Hillers eine große Freude bereitet. Eine weitere Person, die Old Shatterhand im Wilden Westen durch Zufall wiedertrifft, ist Emil Reiter, der Sohn des Kantors, bei dem May Musikunterricht erhalten hat. Das erstaunlichste Zusammentreffen aber findet statt zwischen Old Shatterhand und seinem alten Freund Carpio, den er zunächst an seiner Zerstreutheit wiedererkennt.26 Immer wieder wird zwar darauf hingewiesen, daß die Personen aus der Heimat ausgewandert seien, aber diese im Wilden Westen zufällig wieder zu treffen würde schon an ein Wunder grenzen. Solche Zufälle bringen die Handlung weiter und sind für die Konzeption des Gesamtromans unerläßlich. Sogar Details, die zunächst nur eine untergeordnete Rolle spielen, fügen sich zum Schluß als wichtige Momente in den Gang der Ereignisse, denen vom Ende her ein tieferer Sinn beigemessen wird. Das Schicksal der verschiedenen Personen wird durch eine strenge Einheit der Konzeption auf den Höhepunkt hingeführt; das Kapitel, in dem Carpio stirbt, läßt alle Handlungsfäden zusammenkommen: Carpios Leben findet seine Erfüllung, Hiller wird zum Glauben zurückgeführt, die Verbrecher erhalten ihre Strafe. Die Hand-


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lungsorte Deutschland und Wilder Westen werden durch die Zeremonie des Weihnachtsfestes mit dazugehörigem Tannenbaum verbunden. Zum wichtigsten Verbindungsglied unter den Figuren wird Mays Weihnachtsgedicht, das hier von verschiedenen Personen zitiert wird. Die Gestaltung des Romans erreicht an dieser Stelle eindeutig ihren Höhepunkt. Stolte spricht von einer »Dramaturgie des Epischen«,27 die May hier entworfen habe. In der Reihe der speziellen Abenteuerbücher stelle ›»Weihnacht!«‹ den Gipfel seiner Erzählkunst dar, besonders »bezüglich der epischen Technik und Form, die Ausgewogenheit, Geschlossenheit und Einheitlichkeit in der aufbaustilistischen Konstruktion aufweisen (...)«.28 Das, was dem Leser zunächst als ein Aufeinandertreffen vieler Zufälle erscheinen muß, erweist sich als gut geplante Gesamtkonstruktion. Erscheint in früheren Romanen der Zufall als Hilfskonstruktion, um die Handlung weiterzuführen, so wird er hier zum beabsichtigten Prinzip. Stolte weist ausdrücklich darauf hin, daß ›»Weihnacht!«‹ eine Sonderstellung einnimmt, wenn man ihn mit vorherigen Romanen vergleicht.29 In ›»Weihnacht!«‹ liegt eine geschlossene Strukturierung des Aufbaus vor, wie man sie in den Romanen vorher nicht findet. Auch in diesen spielt der Zufall immer wieder eine wichtige Rolle, aber es hat den Anschein, als sei das alles nicht im vorhinein geplant und durchdacht.

   Karl May sieht die Zufälle des Lebens als letztendlich durch Gott gelenkte Ereignisse. Wie oft in meinem Leben habe ich jene große Potenz bewundern müssen, welche aus uns unbekannten Gründen und Ursachen Folgen und Ereignisse zieht, die uns überraschend kommen, weil wir eben nichts von der Veranlassung dazu wußten! Diese Macht wird von dem gewöhnlich denkenden Menschen Zufall genannt. (Weihnacht 445)30 Old Shatterhand geht davon aus, daß alles, was geschehe, eine in die Zukunft blickende Absicht in sich trage.31 Genau wie Schopenhauer lehnt May eine Zufallslehre ab. Beide sprechen von einer übergeordneten Absicht, die hinter allem stehe und am Ende ein sinnvolles Ganzes ergebe. Auch Ereignisse, die zunächst für den einzelnen als negativ erscheinen, lassen im Gesamtzusammenhang ihren tieferen Sinn erkennen. Bei Schopenhauer klingt das folgendermaßen: »Gar Mancher aber wird hierdurch zu der Annahme getrieben werden, daß EINE GEHEIME UND UNERKLÄRLICHE MACHT alle Wendungen und Windungen unsers Lebenslaufes, zwar sehr oft gegen unsere einstweilige Absicht, jedoch so wie es der objektiven Ganzheit und subjektiven Zweckmäßigkeit desselben angemessen, mithin unserm eigentlichen wahren Besten förderlich ist, leitet (...)« (Parerga 211)32

   Auch Hiller erkennt erst im nachhinein die Bedeutung des Bärenabenteuers für sein weiteres Leben, alle Zufälle scheinen auf einen übergeordneten Zusammenhang hin ausgerichtet zu sein. Zunächst erleben die Figuren des Romans einzelne Erlebnisse als zwar bemerkenswerte Zufälle in ihrem Leben, denen sie aber keine wesentliche Bedeutung zumessen, da sie


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sie nicht in einen Gesamtzusammenhang einordnen können. Als Beispiel sei hier das erste Auftauchen des Weihnachtsgedichtes im Wilden Westen genannt, das die Figuren und den Leser in Erstaunen versetzt und zunächst als Zufall interpretiert wird; betrachtet man aber den gesamten Hintergrund und alle Zusammenhänge, so grenzt das ganze Geschehen an ein Wunder, das nur durch einen Willen arrangiert werden konnte, der alle Fäden in der Hand hat.

   Das, was Karl May hier literarisch gestaltet hat, umschreibt Schopenhauer für das Leben des Menschen folgendermaßen: »Alle Ereignisse im Leben eines Menschen ständen demnach in zwei grundverschiedenen Arten des Zusammenhangs: erstlich, im objektiven, kausalen Zusammenhange des Naturlaufs; zweitens, in einem subjektiven Zusammenhange, der nur in Beziehung auf das sie erlebende Individuum vorhanden und so subjektiv wie dessen eigene Träume ist, in welchem jedoch ihre Succession und Inhalt ebenfalls nothwendig bestimmt ist, aber in der Art, wie die Succession der Scenen eines Drama's, durch den Plan des Dichters. Daß nun jene beiden Arten des Zusammenhangs zugleich bestehn und die nämliche Begebenheit, als ein Glied zweier ganz verschiedener Ketten, doch beiden sich genau einfügt, in Folge wovon jedes Mal das Schicksal des Einen zum Schicksal des Andern paßt und Jeder der Held seines eigenen, zugleich aber auch der Figurant im fremden Drama ist.« (Parerga 220f.) Dieser kurze Text liest sich fast wie eine Interpretation von Mays Roman, besonders wenn man die Personenkonstellation beachtet. Jede Figur, die eingeführt wird, spielt am Ende eine wichtigere Rolle, als der Leser zunächst annehmen kann; das gilt vor allem für Carpio, der im ersten Kapitel als Freund vorgestellt wird, von dem man dann sehr lange überhaupt nichts erfährt und der dann völlig unerwartet im Wilden Westen auftaucht. Auch dieses Wiederfinden der Jugendfreunde erscheint wie eine Fügung, die für Carpio den sinnvollen Abschluß eines ansonsten verlorenen Lebens darstellt.

   May selbst spricht in seiner Autobiographie davon, daß der Mensch nicht Einzelwesen sondern Drama sei.33 Das bedeutet, daß er sich als Teil eines großen Zusammenhanges sieht, der weit über das Einzelschicksal hinaus Bedeutung hat. Allerdings kommen den verschiedenen Personen unterschiedliche Funktionen im Gesamtgefüge zu. Während Carpio nur für wenige Menschen im Roman eine wesentliche Rolle spielt, ist Old Shatterhand oft schicksalsbestimmend. Seinem Einfluß hat die Familie Hiller ihr Glück zu verdanken, Carpio erlebt durch ihn ein sinnvolles Sterben, und sein Weihnachtsgedicht läßt viele eine tiefe Freude empfinden.

   Old Shatterhand spielt im Roman eine wichtige Rolle für die anderen; auch Karl May glaubte eine bedeutende Funktion für die Menschheit einzunehmen, da es sich bei seinem Leben um ein Schicksal im klassischen Sinne handle, das schwer und gewichtig sei.34 Er sah sich dazu berufen, ein Ab-


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bild des allgemeinen Menschheitsschicksals darzustellen: Das Karl May-Problem ist, wie das Problem jedes andern Sterblichen, ein Menschheitsproblem im Einzelnen. Aber während die meisten Menschen nur dazu berufen sind, in ihrem kleinen, engen Kreise gewisse Phasen des großen Problems darzustellen, gibt es noch Andere, denen die schwere Aufgabe wird, ein Abbild desselben zwar auch nur im Kleinen, aber doch nicht im Einzelnen, sondern im Ganzen zu liefern. Die Vielen stellen Menschheitsteile, diese Wenigen aber stellen Menschheitsbilder dar.35 May glaubte, daß sein Schicksal ein ganz besonderes sei und dieses Schicksal der Menschheit gezeigt werden müsse. Hier genügt es nicht, kleine Menschengeschicke zu zeigen, sondern schwere, gewichtige Menschenschicksale, die, auch im klassischen Sinne, wirkliche Schicksale sind.  U n d  d a s  m e i n i g e  i s t  e i n  s o l c h e s.36 May empfand sich als Lehrer und Vorbild für die gesamte Menschheit. Auch hierin finden wir wieder eine Parallele zu Schopenhauer, der davon überzeugt war, daß seine Philosophie unsterblich sei: »Dieserwegen wird man einst (natürlich nicht, so lange ich lebe) erkennen, daß die Behandlung des selben Gegenstandes von einem früheren Philosophen, gegen die meinige gehalten, flach erscheint. Daher hat die Menschheit Manches, was sie nie vergessen wird, von mir gelernt, und werden meine Schriften nicht untergehn.« (Parerga 133)

   Sowohl May als auch Schopenhauer stuften ihr Leben als sehr bedeutungsvoll ein; auf der anderen Seite aber empfanden sie ihr Schicksal als vorgegeben; es ist unmöglich, ihm zu entrinnen. Schmiedt hat in der Untersuchung zu Mays Autobiographie festgestellt, daß May sich »als Objekt der Geschichte begreift, nicht als deren zur Aktivität fähiges Subjekt«.37 Hierin findet sich wieder eine Parallele zum Leben Schopenhauers, der sich für einen der größten Philosophen aller Zeiten hielt, auf der anderen Seite aber davon überzeugt war, daß die ganze Welt durch einen übergroßen Willen geleitet sei, auf den der einzelne nur wenig Einfluß habe.

   Es wird hier eine Ambivalenz deutlich, die auf der einen Seite die Bedeutung des Individuums betont, auf der anderen Seite die Überzeugung eines übergeordneten Willens vertritt. Ein ähnlicher Befund wurde auch für den Roman ›Satan und Ischariot‹ herausgearbeitet: »Dabei zeigt sich, daß May einerseits der Vorstellung zur Souveränität des Ich von Anfang an und in zunehmendem Maße Geltung verschaffen will (...) Andererseits bleibt (...) einiges zurück, was Sand ins Getriebe streut: daß über die Persönlichkeit von außen verfügt wird, daß zur Identität des einzelnen gehört, was andere ihm auferlegen und an ihm erkennen. So gestaltet sich (...) Identität im Spannungsfeld von Selbständigkeit und Zwang, Autonomie und Oktroi, Unverwechselbarkeit und Kategorisierung (...)«38 Für die positiven Helden der Romane besteht dieser Zwiespalt jedoch nicht. Ihr Handeln erweist sich immer als richtig, und alle Fügungen ergeben sich zu ihrem Besten. Charakter, Handlungen und äußerliche Ereignisse ergänzen sich zu einem harmonischen Ganzen.


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   Jedoch bei der Figur Hiller will sich das Schicksal lange nicht zum Guten wenden. Hiller beschreibt am Ende, daß sein Unglück sich aus seinem Charakter ergeben habe. Das Hauptmerkmal seines Wesens sei sein Hochmut gewesen. Diese Eigenschaft hat ihm einen Menschen zum Feind gemacht, der stärker war als er, und er mußte nach Amerika fliehen, weil keiner bereit war, ihm zu helfen. Hiller hat sich sein Schicksal in gewisser Weise selbst zuzuschreiben, indem er es durch seinen Hochmut provoziert hat. Auch bei der Begegnung mit Old Shatterhand erkennt er nicht, daß nun eine positive Entwicklung seines Schicksals möglich wäre, sondern er lehnt sich immer wieder gegen ihn auf, was man ebenfalls seiner Überheblichkeit zurechnen kann. Erst am Ende erkennt er, daß er sich selbst immer wieder die eigenen positiven Möglichkeiten verbaut hat. Hillers individuelles Handeln ist falsch, weil es sich einerseits auf einen negativen Wesenszug gründet und weil er sich andererseits nicht in sein Schicksal einfügt, das ihm eine positive Wende zugedacht hat. Hiller könnte als literarisches Exempel dienen für die Umschreibungen, die Schopenhauer über das Schicksal des einzelnen festhält: »Bisweilen geschieht es, daß wir einen Plan entworfen und lebhaft ergriffen haben, von dem sich später ausweist, daß er unserm wahren Wohl keineswegs gemäß war; den wir inzwischen eifrig verfolgen, jedoch nun hiebei eine Verschwörung des Schicksals gegen denselben erfahren, als welches alle seine Maschinerie in Bewegung setzt, ihn zu vereiteln; wodurch es uns dann endlich, wider unsern Willen, auf den uns wahrhaft angemessenen Weg zurückstößt. Bei einem solchen absichtlich scheinenden Widerstande brauchen manche Leute die Redensart: ›ich merke, es soll nicht seyn‹; andere nennen es ominös, noch andere einen Fingerzeig Gottes: sämmtlich aber theilen sie die Ansicht, daß, wenn das Schicksal sich einem Plane mit so offenbarer Hartnäckigkeit entgegenstellt, wir ihn aufgeben sollten; weil er, als zu unserer uns unbewußten Bestimmung nicht passend, doch nicht verwirklicht werden wird und wir uns, durch halsstarriges Verfahren desselben, nur noch härtere Rippenstöße des Schicksals zuziehen.« (Parerga 219) Der einzelne Mensch kann weniger durch sein Planen als durch seine Charaktermerkmale Einfluß auf sein Schicksal nehmen. Dieses äußere Schicksal hängt - wie man es bei Hiller sehen kann - mit seinem innersten Wesen zusammen. Schopenhauer formuliert dies folgendermaßen: »In Wahrheit jedoch kann jene verborgene und sogar die äußeren Einflüsse lenkende Macht ihre Wurzel zuletzt doch nur in unserm eigenen, geheimnißvollen Innern haben.« (Parerga 213)

   Auch für die Figur Carpio ließe sich nachweisen, daß der Hauptcharakterzug, der in seiner Zerstreutheit liegt, prägend für sein Schicksal wird. Der übergeordnete Wille hängt eng mit den Wesensmerkmalen der Personen zusammen. Die dazu passende Stelle bei Schopenhauer, die von May dreimal am Rande angestrichen wurde, lautet: »Allein was wir hier als wirkend voraussetzen wäre nicht die Natur, sondern das jenseit der Natur liegende


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Metaphysische, welches in jedem Individuo ganz und ungetheilt existiert, dem daher Dieses Alles gilt. Zwar müßte man eigentlich, um über diese Dinge in's Reine zu kommen, zuvor folgende Fragen beantworten: ist ein gänzliches Mißverhältniß zwischen dem Charakter und dem Schicksal eines Menschen möglich? - oder paßt, auf die Hauptsache gesehn, jedes Schicksal zu jedem Charakter? - oder endlich fügt wirklich eine geheime, unbegreifliche Nothwendigkeit, dem Dichter eines Drama's zu vergleichen, Beide jedes Mal passend an einander? - (...) Inzwischen glauben wir, unserer Thaten in jedem Augenblicke Herr zu seyn. Allein, wenn wir auf unsern zurückgelegten Lebensweg zurücksehn und zumal unsere unglücklichen Schritte, nebst ihren Folgen, ins Auge fassen; so begreifen wir oft nicht, wie wir haben Dieses thun, oder Jenes unterlassen können; so daß es aussieht, als hätte eine fremde Macht unsre Schritte gelenkt.« (Parerga 210)

   Schopenhauer behauptet, daß das ganze Leben gelenkt sei und dies am deutlichsten zuletzt im Tode zutage trete: »So geleitet dann jene unsichtbare und nur in zweifelhaftem Scheine sich kund gebende Lenkung uns bis zum Tode, diesem eigentlichen Resultat und insofern Zweck des Lebens.« (Parerga 224)39 Diese These Schopenhauers, die im Text von May am Rande angestrichen wurde, finden wir in dem Roman ›»Weihnacht!«‹ literarisch gestaltet, in der Szene nämlich, in der Carpio in den Armen Old Shatterhands stirbt. Der ganze Sinn und Zweck seines Lebens, das dem Leser bisher nicht als besonders sinnvoll vorgeführt wurde, weil ihm niemals Glück oder Erfolg beschieden war, wendet sich am Ende zum Guten, und alle Leiden, die er hier im Wilden Westen erdulden mußte, finden darin letztlich einen verborgenen Sinn, daß er mit einem seligen Lächeln (Weihnacht 517) stirbt. Ebenso erkennt Hiller erst im Angesicht des Todes, worauf sein bisheriges Leben eigentlich hinzielte.

   Der Tod spielt aber bei beiden Autoren in anderer Hinsicht eine besondere Rolle, nämlich insofern beide daran glaubten, daß der Mensch, der im Sterben liegt, eine außergewöhnliche Sensibilität entwickelt. Die Szene, in der Old Shatterhand und Carpio über dessen bevorstehenden Tod sprechen, bildet eine wichtige Parallele zu Schopenhauers ›Versuch über das Geistersehn‹, die so wirkt, als habe May den Text als Anregung zur Beschreibung von Carpios Sterben benutzt. Interessant ist vor allem die Stelle, an der Carpio mit hellseherischen Fähigkeiten erkennt, daß die Hütte der anderen verschüttet ist. Zu Old Shatterhand sagt er: Du wirst mich auslachen, aber ich habe es jetzt bei geschlossenen Augen gesehen, ganz deutlich gesehen. (Weihnacht 500) Er sieht, daß mehrere Menschen tot sind und einer in großer Gefahr schwebt. Old Shatterhand kommentiert dies mit folgenden Sätzen: Ich lachte nicht über ihn. Es lag in seinem Tone, in der ganzen Situation etwas Zwingendes. Es soll vorkommen, daß Sterbende hellsehend sind. (Weihnacht 500) Schopenhauer nennt diese Fähigkeit ›Wahrträumen‹ und umschreibt dieses Phänomen, das er als in der Realität vorkommend


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ansieht, folgendermaßen: »Diese Art des Traumes nun ferner, deren Eigenthümliches darin besteht, daß man die nächste gegenwärtige Wirklichkeit träumt, erhält bisweilen eine Steigerung ihres rätselhaften Wesens dadurch, daß der Gesichtskreis des Träumenden sich noch etwas erweitert, nämlich so, daß er über das Schlafgemach hinausreicht, - indem die Fenstervorhänge, oder Läden aufhören Hindernisse des Sehns zu seyn und man dann ganz deutlich das hinter ihnen Liegende, den Hof, den Garten, oder die Straße, mit den Häusern gegenüber, wahrnimmt.« (Parerga 241) Carpios Vorhersage paßt genau in die Kategorie dessen, was hier als Wahrtraum beschrieben wird. Schopenhauer erklärt weiterhin, daß diese Träume häufiger vorkommen bei Kranken und Sterbenden und die Inhalte oft darin bestehen, daß äußere Unfälle oder Todesfälle angekündigt werden.40

   Insgesamt kann festgehalten werden, daß nicht nur wie hier einzelne Details in den Werken von Arthur Schopenhauer und Karl May übereinstimmen, sondern auch im Weltbild wesentliche Parallelen festgestellt werden können, insbesondere die Annahme, daß alles durch einen übergreifenden Willen geordnet und gelenkt wird und deshalb alle zunächst zufällig erscheinenden Ereignisse in einen großen Zusammenhang gehören und sich im Rückblick zu einer absichtsvoll gelenkten Ordnung fügen. Ein Unterschied besteht darin, daß bei May diese Ordnung als Wille Gottes interpretiert wird, während bei Schopenhauer dieser Wille die letzte Erklärungsinstanz bleibt.

   Eine weitere wesentliche Gemeinsamkeit besteht in der Einordnung des menschlichen Einzelschicksals in diesen übergeordneten Zusammenhang. Der einzelne ist einerseits vollkommen durch eine Vorsehung determiniert, auf der anderen Seite aber spielt sein Charakter eine wichtige Rolle bei der Gestaltung seines Lebensweges. Wie dieser Charakter beschaffen sein muß, um ein möglichst glückliches Leben zu führen, auch darin stimmen die beiden Autoren überein. Wesentliche Eigenschaften sind Gesundheit, Kraft, Schönheit, Temperament, moralischer Charakter und Intelligenz. Der Mensch sollte autonom sein, das heißt, er sollte nicht abhängig sein von Gesellschaft, Familie oder anderen Menschen. Aber auch Besitzstreben über die notwendige Grundversorgung hinaus lehnen sowohl May als auch Schopenhauer ab. Stolz und das Erkennen des eigenen Wertes sind typische Merkmale des idealen Menschen.

   Als Resümee kann festgehalten werden, daß Karl May zumindest die beiden in seinem Besitz befindlichen Texte Arthur Schopenhauers intensiv gelesen hat. Die ›Aphorismen zur Lebensweisheit‹ enthalten so viele Übereinstimmungen mit Mays Menschenbild, daß davon ausgegangen werden kann, daß er diese auch gekannt hat. Aber ich möchte noch weiter gehen und einen Ausspruch Heinz Stoltes umwandeln. Stolte hat die These aufgestellt, Mays geniale Begabung liege darin, »aus Büchern angelesene Geographie in lebendige Geschichten umzusetzen, gewissermaßen Geogra-


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phie in Poesie zu verwandeln«.41 Helmut Schmiedt hat darüber hinaus festgestellt, daß May »Gedanken aus dem Stadium propädeutischer Rhetorik in Handlung« übersetze, er aus dem Räsonnement Aktionen mache.42 Mays Begabung liegt meiner Meinung nach außerdem darin, Philosophie in Dichtung umzuwandeln, da ihm in dem Roman ›»Weihnacht!«‹ eine literarische Gestaltung von wichtigen Thesen aus Schopenhauers Philosophie gelingt.

   May will hier nicht nur den Leser unterhalten, sondern ihn anhand der Schicksale Hillers und Old Shatterhands belehren, indem er in Hiller einen Menschen darstellt, aus dessen Fehlern man lernen kann, während der Lebensweg Mays/Old Shatterhands als beispielhaft gelten kann. Hier finden wir auch eine Erklärung dafür, daß in diesem Roman May sich mit einer seiner Figuren »bis zur letzten, nicht mehr überbietbaren Konsequenz«43 identifiziert; er hat sein eigenes Schicksal als besonders hervorgehoben angesehen und damit auch als vorbildhaft für andere Menschen; er hat seine Aussage, daß der Mensch nicht Einzelwesen sondern Drama sei,44 literarisch umgesetzt.



Bei dieser Untersuchung über Mays Schopenhauer-Lektüre handelt es sich um eine überarbeitete und erweiterte Fassung des gleichlautenden Vortrags, der am 20. 9. 1997 auf der 14. Tagung der Karl-May-Gesellschaft in Erlangen gehalten wurde.



1 Karl May: Mein Leben und Streben. Freiburg o. J. (1910), S. 300; Reprint Hildesheim-New York 1975. Hrsg. von Hainer Plaul

2 Vgl. Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. XIV: Old Surehand I. Freiburg 1894, S. 408.

3 Es handelt sich hierbei um eine Ausgabe, die von Hermann Hirt herausgegeben wurde und in Halle an der Saale im Verlag von Otto Hendel erschienen ist. In Mays heute bekannter Bibliothek befindet sich der zweite Teil dieses in mehreren Abteilungen veröffentlichten Werkes (das Werk ist aufgeführt unter der Katalognummer 1395; vgl. Karl Mays Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Supplemente Bd. 2: Katalog der Bibliothek. Hrsg. von Hermann Wiedenroth und Hans Wollschläger. Bargfeld 1995). Meine Recherchen haben ergeben, daß die verschiedenen Teile der Ausgabe von Hirt zwischen 1891 und 1893 erschienen sind. Da diese Edition nicht leicht zugänglich ist, zitiere ich nach folgender Ausgabe: Arthur Schopenhauer: Parerga und Paralipomena. Kleine philosophische Schriften. 2 Bände. Hrsg. von Ludger Lütkehaus. Zürich 1988 (künftig wird der 1. Band dieser Ausgabe im Text nach Zitaten mit nachgestellter Seitenzahl als ›Parerga‹ angeführt).

4 Vgl. Schopenhauer, Parerga und Paralipomena I, wie Anm. 3, Vorwort.

5 Karl May: Das Buch der Liebe. Dresden 1875/76. Reprint der Karl-May-Gesellschaft. Regensburg 1988. Hrsg. von Gernot Kunze (Bd. I: Textband)

6 Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung. 2 Bände. Hrsg. von Ludger Lütkehaus, Zürich 1988

7 May: Buch der Liebe, wie Anm. 5, S. 23

8 Vgl. ebd.


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9 Schopenhauer: Parerga und Paralipomena I, wie Anm. 3, S. 311ff.

10 Karl Mays Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. IV Bd. 21: »Weihnacht!«. Hrsg. von Hermann Wiedenroth und Hans Wollschläger. Nördlingen 1987 (künftig wird diese Ausgabe mit Seitenzahl nach Zitaten im Text angeführt). Der im Jahr 1897 erschienene Roman ist »in Umrissen wohl schon gegen Ende 1896« entstanden (Editorischer Bericht, a. a. O., S. 525). Diese Zeitangabe ist deswegen wichtig, da die Edition der Schopenhauertexte in Mays Besitz zwischen 1891-1893 erschienen ist, so daß eine Verarbeitung dieser Texte gut möglich wäre.

11 Vgl. Schopenhauer: Parerga und Paralipomena I, wie Anm. 3, S. 318.

12 Helmut Schmiedt: Karl May. Leben, Werk und Wirkung. Frankfurt a. M. 31992, S. 124

13 Vgl. Schopenhauer: Parerga und Paralipomena I, wie Anm. 3, S. 356.

14 May: Old Surehand I, wie Anm. 2, S. 11

15 Vgl. May: »Weihnacht!«, wie Anm. 10, S. 171.

16 Gerhard Neumann hat überzeugend nachgewiesen, daß Karl Mays Roman ›»Weihnacht!«‹ eine identitätsstiftende Funktion für den Autor besitzt. Nachzulesen ist das in: Gerhard Neumann: Das erschriebene Ich. Erwägungen zum Helden im Roman Karl Mays. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft (Jb-KMG) 1987. Husum 1987, S. 69-100. Dies bedeutet, daß die beschriebenen idealen Eigenschaften auch für das eigene Dasein des Autors als erstrebenswert angesehen werden.

17 Ein ähnliches Wettschießen wird in ›Der Oelprinz‹ zwischen Buttler und Sam Hawkens beschrieben. Vgl. Karl Mays Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. III Bd. 6: Der Oelprinz. Hrsg. von Hermann Wiedenroth und Hans Wollschläger. Zürich 1992, S. 34ff.

18 Helmut Schmiedt: Identitätsprobleme. Was ›Satan und Ischariot‹ im Innersten zusammenhält. In: Jb-KMG 1996. Husum 1996, S. 247-65 (256)

19 Vgl. Rüdiger Safranski: Schopenhauer und Die wilden Jahre der Philosophie. Eine Biographie. München/Wien 1987, S. 375f.

20 Schmiedt: Karl May, wie Anm. 12, S. 50

21 Beide Aufsätze befinden sich in ›Parerga und Paralipomena‹, Band I, wie Anm. 3.

22 An dieser Stelle möchte ich mich bei Herrn Grunert, dem Kustos des Karl-May-Museums in Radebeul, für diese Auskünfte bedanken.

23 Vgl. May: »Weihnacht!«, wie Anm. 10, S. 443.

24 Vgl. ebd., S. 479.

25 Vgl. ebd., S. 515.

26 Vgl. ebd., S. 283.

27 Heinz Stolte: Der Fiedler auf dem Dach. Gehalt und Gestalt des Romans ›»Weihnacht!«‹. In: Jb-KMG 1986. Husum 1986, S. 9-32 (17)

28 Ebd., S. 9

29 Vgl. ebd., S. 14.

30 Jeglin verweist darauf, daß die willkürlichen Personenkonstellationen in ›»Weihnacht!«‹ durch den Hinweis auf einen nie zufälligen Willen vor den Lesern legitimiert würden. Vgl. Rainer Jeglin: Werkartikel ›»Weihnacht!«‹. In: Karl-May-Handbuch. Hrsg. von Gert Ueding in Zusammenarbeit mit Reinhard Tschapke. Stuttgart 1987, S. 276.

31 Vgl. May: »Weihnacht!«, wie Anm. 10, S. 446.

32 Diese Stelle wurde von May am Rande markiert.

33 May: Mein Leben und Streben, wie Anm. 1, S. 74

34 Vgl. ebd., S. 309.

35 Ebd., S. 300

36 Ebd., S. 309 (Hervorhebung im Original)

37 Helmut Schmiedt: Karl Mays ›Mein Leben und Streben‹ als poetisches Werk. In: Jb-KMG 1985. Husum 1985, S. 85-101 (95)


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38 Schmiedt: Identitätsprobleme, wie Anm. 18, S. 260

39 Auch diese Textstelle wurde von May angestrichen.

40 Vgl. Schopenhauer: Parerga und Paralipomena I, wie Anm. 3, S. 254.

41 Stolte, wie Anm. 27, S. 13

42 Helmut Schmiedt: »Einer der besten deutschen Erzähler ...«? Karl Mays ›Winnetou‹-Roman unter dem Aspekt der Form. In: Jb-KMG 1986. Husum 1986, S. 33-49 (44)

43 Stolte, wie Anm. 27, S. 9

44 May: Mein Leben und Streben, wie Anm. 1, S. 74




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