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JOACHIM BIERMANN


Mit 2000 Mitgliedern ins neue Jahrhundert
Die Karl-May-Gesellschaft im Zeichen des Aufbruchs, nicht nur in den Llano estacado



Die ständig steigende Mitgliederzahl ist ein äußeres Zeichen für das erfolgreiche Wirken der Gesellschaft.
Erich Heinemann (1970)1



›Die Karl-May-Gesellschaft‹. So lautet schlicht und prägnant der Titel des Jahresberichts, den Erich Heinemann für das erste Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft angefertigt hat und dem wir unser Eingangszitat entnahmen. Seitdem informierte er Jahr für Jahr, dreißig Jahre lang, regelmäßig und zuverlässig über die Geschehnisse um Karl May und besonders in der Karl-May-Gesellschaft, und es ist bereits zur Tradition geworden, daß der Jahresrückblick die Reihe der Beiträge eines jeden Jahrbuchs abschließt. Nun hat Erich Heinemann mit dem Bericht für das Jahrbuch 2000 die Feder aus der Hand gelegt, und ein anderer hat sie ergriffen.

   Wir können nur mit großer Bewunderung auf die vielen Seiten zurückblicken, in denen er das Schicksal der KMG und die vielfältigen Ereignisse, die sich um Karl May in den letzten dreißig Jahren rankten, Revue hat passieren lassen und die allein sich bereits zu einer umfassenden Chronologie unserer Gesellschaft reihen. Doch hat er uns zudem noch ein beeindruckendes Abschiedsgeschenk hinterlassen. ›Dreißig Jahre Karl-May-Gesellschaft 1969-1999. Erinnerungen und Betrachtungen‹ heißt es. Wer wie der Schreiber dieser Zeilen die Geschicke der KMG viele Jahre lang miterleben konnte, wird sich genauso vom Strom des Erzählens dieser Chronik mitreißen lassen wie derjenige, der noch nicht lange dabei ist und nun mit wohl nicht geringem Staunen von den Unwägbarkeiten der Anfänge und den großen Stunden der KMG, von kleinen Intrigen und Stasi-Verwirrungen und von dauerhaften Freundschaften, von kleinlichem Streit und großartigen Forschungsergebnissen liest. Lieber Erich Heinemann: Haben Sie herzlichen Dank für diese wunderbare Chronik und all das andere, was Sie für die Karl-May-Gesellschaft getan haben.


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Eine »ständig steigende Mitgliederzahl« konnte die KMG schon seit dem ersten Jahr ihres Bestehens verzeichnen, und um diese positive Entwicklung nicht erlahmen zu lassen, initiierte der damalige Geschäftsführer Erwin Müller im November 1994 die ›Aktion 2000‹. Nicht immer war es sicher, ob das Ziel tatsächlich erreicht würde, im Jahr 2000 die Mitgliederzahl auf ›magische‹ 2000 zu erhöhen. Zwar traten seitdem erfreulich viele neue Mitglieder jedes Jahr der KMG bei, doch reduzierte sich deren Gesamtzahl zu jedem Jahresende wieder um die Verstorbenen des vergangenen Jahres, um ausgetretene Mitglieder und solche, die wegen Inaktivität (sprich: nicht gezahltem Jahresbeitrag) aus der Kartei gestrichen werden mußten. Anfang 2000 betrug die Mitgliederzahl 1932. Doch pünktlich zum 1. Januar 2001 konnte Geschäftsführer Hans Grunert in seinem monatlichen Rundbrief an den Vorstand vermelden: Wir haben 2001 Mitglieder! Die ›Aktion 2000‹ konnte also, sozusagen in letzter Sekunde, erfolgreich abgeschlossen werden.

   Es ist zudem symptomatisch, daß die Mitglieder Nummer 2000 und 2001 über das Internet der KMG beitraten. Mittlerweile sind es nämlich mehr als die Hälfte aller neuen Mitglieder, die auf diesem Wege zur KMG finden. Allein das zeugt von dem großartigen Erfolg, den die gelungene und vielgelobte Internet-Präsentation der KMG zeitigt. Den beiden Internet-Beauftragten Ralf Schönbach und Frank Starrost gilt dafür Anerkennung und Dank.

   Eine weitere erfreuliche Zahl vermeldet Schatzmeister Uwe Richter für das Jahr 2000. Mit über 60 000 DM erreichte der Spendenfluß zwar nicht die Dimensionen des Jubiläumsjahres 1999, doch hat die KMG damit das zweithöchste Ergebnis ihrer Geschichte erzielt. Der 1999 in Hohenstein-Ernstthal neu gewählte Vorstand deutet dies, hoffentlich nicht zu Unrecht, als Ermunterung und Zustimmung für seine Arbeit.


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Und überhaupt: Mit dem in Hohenstein-Ernstthal vollzogenen einschneidenden Wechsel auf drei Vorstandspositionen ging schon, deutlich spürbar, eine Epoche zu Ende. Wie wird die Gesellschaft diese Veränderungen verkraften? Nicht alles ging ganz so reibungslos vonstatten, wie man es sich vielleicht gewünscht hätte. Doch vor allem bleibt festzuhalten, daß der Aufbruch gelungen ist. Vielfältige Aktivitäten und Erträge zeugen davon.

   Vom 6. bis 7. November 1999 traf sich der neue Vorstand zu einer Sitzung in Limburg an der Lahn. Das Treffen diente dem Kennenlernen und der internen Absprache der alten und neuen Vorstandsmitglieder. Der neue Vorsitzende, Professor Reinhold Wolff, entwickelte eine Reihe von Anregungen zur Neu- und Umgestaltung des Jahrbuchs, die in Limburg erstmals diskutiert wurden. Das Jahrbuch der KMG, dessen formale Gestaltung seit mehr als dreißig Jahren fast unverändert ist, soll nach Wolffs Vorstellungen ein noch prägnanteres und zeitgemäßes Erscheinungsbild erhalten.


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   Diese Vorschläge zur Jahrbuchgestaltung bildeten dann auch einen Tagesordnungspunkt der gemeinsamen jährlichen Tagung von Vorstand und Mitarbeiterkreis, die für den 3. bis 5. März 2000 in Marbach einberufen wurde. Man war Gast im Deutschen Literaturarchiv und seinen für eine solche Tagung optimalen räumlichen Möglichkeiten, die sicherlich auch das Ihre zum harmonischen Verlauf der Arbeitssitzung beitrugen. Die Diskussion zur Jahrbuchgestaltung wurde fortgeführt, und man kam überein, zunächst eine Reihe von Gestaltungsvorschlägen einzuholen, um hier zu wirklich überzeugenden Lösungen zu kommen. Wenn nicht das vorliegende, so wird doch vielleicht schon das folgende Jahrbuch die Ergebnisse dieser intensiven Überlegungen präsentieren.

   Weiteres stand natürlich in Marbach auf der Tagesordnung, so die Vorbereitung des für 2001 in Luzern geplanten Kongresses, über deren Stand Hans Grunert Bericht erstattete. Elmar Elbs und die übrigen Schweizer Helfer vor Ort haben schon viele organisatorische Vorleistungen erbracht. Wie auf jeder dieser Mitarbeitertagungen, so berichteten auch in Marbach die mittlerweile recht zahlreichen vom Vorstand mit besonderen Aufgaben betrauten Mitarbeiter aus ihren Arbeitsgebieten. So konnte z. B. Wolfgang Sämmer, der das Zeitungsarchiv der KMG für die Zeit bis 1912 betreut, eine 43 Seiten umfassende Bestandsliste vorlegen.

   Die Teilnehmer der Tagung ließen es sich natürlich nicht nehmen, sich einige der Schätze des Deutschen Literaturarchivs während einer Führung zeigen zu lassen. Der Umfang der Sammlung machte eine thematische Eingrenzung notwendig, und so hatte man sich für die Abenteuerliteratur des 19. Jahrhunderts entschieden. Den Höhepunkt bildete sicherlich die Möglichkeit, einige der besonderen Raritäten aus der Karl-May-Sammlung Heinz Neumanns, die im Deutschen Literaturarchiv aufbewahrt wird, nicht nur zu bestaunen, sondern sogar darin zu blättern.


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Durch großzügige Bücherspenden aus der Mitgliederschaft konnte das Archiv der KMG, das nunmehr in der Geschäftsstelle in Radebeul untergebracht ist, seinen Bestand beträchtlich aufstocken. Hans Grunert legt in den KMG-Nachrichten Nr. 125, 126 und 127 einen erfreulich umfangreichen Bestandskatalog vor.

   Die Publikationstätigkeit der KMG setzte sich auch im Berichtsjahr fort. Wieder erschienen, neben dem Jahrbuch, vier Hefte der ›Mitteilungen der KMG‹ (72 bis 80 Seiten) und vier Hefte der ›KMG-Nachrichten‹ (64 bis 80 Seiten). Die Reihe der Sonderhefte wurde ebenfalls fortgeführt, allerdings hat die neue Redaktion der ›Mitteilungen‹ den strengen Rhythmus von vier Sonderheften pro Jahr aufgegeben und will in Zukunft die Anzahl der Hefte nach dem Angebot interessanter Texte ausrichten. Im Jahr 2000 erschien ein neues


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Sonderheft:


Nr. 122:Andreas Binder: Karl Mays Jugenderzählung ›Der Ölprinz‹. Interpretation und Wirkungsgeschichte
2000, 70 S.


Weitere Reihen (Fortführung der Liste aus dem Jahrbuch der KMG 2000, S. 345ff.) wurden fortgesetzt:



Materialien zum Werk Karl Mays:


Bd. 2:Johannes Zeilinger: Autor in fabula. Karl Mays Psychopathologie und die Bedeutung der Medizin in seinem Orientzyklus
Husum 2000, 159 S.



Reprintausgaben:


Karl May: Frohe Stunden. Unterhaltungsblätter für Jedermann
Reprint des 2. Jg. 1877/78. Mit einer Einleitung von Siegfried Augustin
Hamburg 2000, 368 S.



Materialien aus dem Autographenarchiv der KMG:


Karl May: Merhameh. Faksimile der Handschrift und Transkription
Hrsg. von Volker Griese
Wankendorf 2000, 49 S.



Und schließlich erschien, wie schon erwähnt:


Erich Heinemann: Dreißig Jahre Karl-May-Gesellschaft 1969-1999. Erinnerungen und Betrachtungen
Husum 2000, 238 S.


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Lubbock, Texas. Vor nicht allzu langer Zeit war dieser Ort wohl keinem der KMG-Mitglieder geläufig. Doch das hat sich grundlegend geändert. War doch Lubbock der Ort des Geschehens, das im Jahre 2000 wohl den Höhepunkt der Ereignisse innerhalb der KMG darstellte. Professor Meredith McClain war die Initiatorin all der Aktivitäten, die nun Lubbock in den Mit-


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telpunkt des Interesses rückten. Als Germanistin an der Texas Tech University in Lubbock war ihr aufgefallen, daß der Llano estacado, in dem Lubbock beheimatet ist, erstaunlich vielen Deutschen bekannt war, ja daß ihn eine beträchtliche Zahl von ihnen als USA-Touristen aufsuchten. So versuchte sie hinter dieses ›Geheimnis‹ zu kommen. Die Lösung bestand in zwei Worten: ›Karl May‹. Eine Reihe seiner Werke spielt bekanntlich im Llano, allen voran ›Der Geist des Llano estacado‹, und wenn Mays Vorstellungen von dieser Gegend der Realität damals wie heute nicht standhalten können, so machte er sie doch unter seinen Lesern bekannt.

   Vielfältige Kontakte entwickelten sich zwischen Lubbock und der KMG, und schließlich entstand 1997 die Idee, ein gemeinsam von der Texas Tech University und der KMG veranstaltetes Karl-May-Symposium in Lubbock durchzuführen. Im Frühjahr 2000 bereits wurde das Symposium in gewisser Weise vorbereitet, als der KMG-Vorsitzende Professor Wolff sich für einige Wochen dort aufhielt und Gastvorlesungen für Germanistik-Studenten hielt. Er legte mit einer Buchgabe der KMG auch den Grundstock für die ›Karl May Special Collection‹, die in dem beeindruckenden Gebäude der ›South West Collections‹ auf dem weitläufigen Campus der Universität Lubbock untergebracht ist.

   Am 7. September 2000 schließlich wurde das Karl-May-Symposium mit der feierlichen Überreichung eines ›Special Karl May Award‹ an die angereisten deutschen Teilnehmer eröffnet. Bis zum 12. September fanden dann die verschiedenen Veranstaltungen des Symposiums statt. Zunächst in räumlicher Nähe des gleichzeitig stattfindenden ›National Cowboy Symposium‹ (im Lubbock Civic Center) tagend, zog man am 11. September in das Internationale Kongreßzentrum (ICC) der Universität um. Begeisterte Berichte erreichten uns von den Teilnehmern, die mit den Veranstaltungen und dem Beiprogramm vollauf zufrieden waren.2 Wir wollen dies hier nicht im einzelnen nachvollziehen, sondern nur konstatieren, daß es sich in der Tat um ein bedeutendes Ereignis in der Geschichte der Wirkungsgeschichte Karl Mays handelte. Zum erstenmal wurde Karl May auf amerikanischem Boden eine solche Aufmerksamkeit zuteil, und zum erstenmal überhaupt außerhalb Europas. »Amerika entdeckt Karl May«3 war dann, mit einigen Varianten, auch der Titel einer ganzen Reihe von Presseartikeln, die über das Symposium berichteten. Noch ist es jedoch nicht ganz so weit. Das Echo der Veranstaltung in den USA selbst war doch recht verhalten, amerikanische Teilnehmer am Symposium hätte man sich in größerer Zahl gewünscht. Und doch: Es war ein Anfang, und wenn man vom Rande des Symposiums erfährt, daß gar Hollywood einen Karl-May-Film plane (so war es vielfach in der deutschen Presse zu lesen), wenn man zur Kenntnis nimmt, daß kurz zuvor eine neue amerikanische ›Winnetou‹-Übersetzung auf den Markt kam,4 und wenn man schließlich hört, daß 1999 Ben Novak die wohl erste amerikanische Dissertation mit ausführlichem May-Bezug vorgelegt hat,5 so sind dies durchaus positive Anzeichen.


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   Ein Ort zum May-Studium scheint bereits gefunden: Mrs Georgia Smith Ericson kündigte während der Tage in Lubbock an, daß sie in ihrer Casa del Sol im Blanco Canyon ein Karl-May-Zimmer einrichten will, das allen interessierten Forschern offenstehen soll. Wer schon einmal dort im Blanco Canyon gestanden hat, seine Augen über die weite Fläche hat schweifen lassen und sich dabei in Karl Mays wilden Westen hineingeträumt hat, dem wird der Titel des stimmungsvollen Essays über das Symposium in Lubbock als besonders treffend erscheinen, der in der Süddeutschen Zeitung zu lesen war: ›Im Anschlich auf die blühende Wüste‹.6

   Ein vielfältiges Vortragsprogramm stand natürlich im Mittelpunkt des Symposiums. Die zahlreichen Vorträge sind an anderer Stelle im einzelnen dokumentiert, so daß wir hier darauf verzichten wollen.7 Es ist zudem geplant, sie in einem Sammelband zu veröffentlichen.

   Professor Reinhold Wolff war schließlich in Sachen Karl May auch noch im Anschluß an das Symposium in den USA tätig: Am 25. September 2000 hielt er an der renommierten Yale University in New Haven, Connecticut, einen Vortrag: ›Der seltsame Wilde Westen des Dr. Karl May‹. Vielleicht entdeckt Amerika ja wirklich noch Karl May ...


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Das Jahr 2000 scheint das Jahr der Karl-May-Veranstaltungen außerhalb Deutschlands gewesen zu sein. Neben Lubbock sind noch zwei weitere Ereignisse dieser Art zu verzeichnen, in deren Mittelpunkt Karl May stand.

   Vom 22. bis 25. Mai 2000 veranstaltete das Goethe-Institut im französischen Nancy eine Karl-May-Woche. Den Höhepunkt bildete ein Vortrag von Professor Reinhold Wolff über Karl May und Frankreich, der sich mit den Hintergründen des weitgehenden Desinteresses der Franzosen an diesem Autor beschäftigte. Es schloß sich eine Round-Table-Diskussion zum Thema an, an der von deutscher Seite neben Wolff auch Bernhard Schmid vom Karl-May-Verlag teilnahm.

   Vom 7. bis 10. Juni 2000 fanden in Österreich die 7. Feldkircher Literatur- und Philosophietage statt, die Karl May gewidmet waren. Hans Wollschläger sprach zu ›Karl May nach der Moderne‹ und las aus der Pollmer-Studie Karl Mays, Gabriele Wolff beschäftigte sich mit dem ›Frauenbild Karl Mays am Beispiel Frau Emma Pollmer‹ (dieser Vortrag bildet auch den Schwerpunkt des vorliegenden Jahrbuchs), und Professor Konrad Paul Liessmann stellte seinen Vortrag unter den Titel ›Lieber Leser, weißt Du, was das Wort Greenhorn bedeutet?‹ Unter der Leitung von Peter Huemer fand eine Anschlußdiskussion statt, in der die Frage, ob Karl May bei der heutigen Jugend noch ankomme, eher verneinend beantwortet wurde.


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Die öffentliche Präsenz Karl Mays im Jahr 2000 ist damit aber durchaus noch nicht abgehandelt. Nur stellvertretend können wir dies im folgenden mit einigen Streiflichtern dokumentieren.

   Wie immer waren die beiden sächsischen Karl-May-Stätten rührig. Das Radebeuler Karl-May-Museum legte im Januar 2000 eine neue Benutzungsordnung für seine Bibliotheken vor, die somit nunmehr in geregelter Weise von allen Karl-May-Forschern genutzt werden können. Am 2. 6. 2000 wurde die Sonderausstellung ›»Aufbruch in eine neue Welt« - Sächsische Auswanderer unter den Mormonen‹ eröffnet.

   Die Internet-Präsentation von Karl-May-Museum und Karl-May-Stiftung verdient an dieser Stelle ebenfalls eine Erwähnung. Unter der redaktionellen Betreuung von Ralf Harder entfalteten sich dort vielfältige Aktivitäten, unter denen wir nur die samstägliche Fortsetzungs-Veröffentlichung der May-Romane ›Das Waldröschen‹ und ›Die Liebe des Ulanen‹ hervorheben wollen, die dem Leser mit Hilfe des modernen elektronischen Mediums die Kolportageromane in der Erscheinungsweise der Erstausgaben noch einmal näherbringt.

   Schließlich wurde der ehemalige Vorsitzende der KMG, Professor Claus Roxin, im Dezember 2000 zum Kuratoriumsvorsitzenden der Karl-May-Stiftung gewählt und wird in dieser Eigenschaft auch weiterhin Karl May und der Karl-May-Forschung eng verbunden bleiben. Sein Stellvertreter wurde Volker Wahl, der Direktor des Thüringer Hauptstaatsarchivs.

   Auch aus Hohenstein-Ernstthal sind Neuigkeiten zu vermelden. Im Gebäude gegenüber dem Karl-May-Haus wird eine Karl-May-Begegnungsstätte eingerichtet, die der Raumnot in Mays Geburtshaus Abhilfe schaffen soll und u. a. der Interessengemeinschaft Karl-May-Haus neue Räumlichkeiten bietet. Die Sonderausstellung des Jahres 2000 war ›Billy Jenkins - Mensch und Legende‹ gewidmet. Und wie in jedem Jahr, so erschien auch 2000 wieder ein Heft der ›Karl May Haus Information‹ (Nr. 13) mit neuen Forschungsergebnissen vor allem zur Biographie Karl Mays. Im Mittelpunkt des 13. Heftes stehen Mays Umgang mit seinem angeblichen Doktortitel und sein Aufenthalt im Radiumbad St. Joachimsthal (1911).

   Schließlich seien noch zwei Ausstellungen erwähnt, die Karl May in besonderer Weise einbeziehen. Im November 1999 eröffnete das Völkerkundemuseum in Berlin-Dahlem seine große Indianer-Dauerausstellung ›Indianer Nordamerikas. Vom Mythos zur Moderne‹. Etwa 30 000 Objekte veranschaulichen das Thema in umfassender Weise. Nahezu dem gleichen Thema widmete sich eine weitere Ausstellung im Stadtmuseum Hagen (18. 8.-3. 12. 2000): ›Winnetous Tod - Mythos und Wirklichkeit nordamerikanischer Indianer‹. In beiden Ausstellungen spielt das von Karl May vermittelte Indianerbild eine bedeutende Rolle, und es kann nicht verwundern, daß das Urteil darüber aus ethnographischer Sicht eher zwiespältig ausfällt. Die Bedeutung Karl Mays für die Präsenz des Themas im deut-


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schen Kulturraum jedoch wird durch diese Ausstellungen nachhaltig unterstrichen.


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Schon eher verwunderlich ist das Thema, mit dem Karl May im Jahr 2000 in der deutschen Presse weithin präsent war: Eine Karl-May-Akte ist im Vatikan entdeckt worden. Wie der Entdecker, Hubert Wolf, Professor für Kirchengeschichte in Frankfurt, zu berichten wußte, hatte man dort auf die Anzeige eines noch unbekannten deutschen Denunzianten hin 1910 eine Akte angelegt. Der Anonymus verlangte, Karl Mays Werke auf den (erst 1967 aufgehobenen) Index zu setzen. Es spricht für Karl May und für die zuständigen Bearbeiter des Falles im Vatikan, daß dieser Antrag erfolglos blieb - zumindest in der katholischen Kirche war Karl May also nicht verboten. Professor Wolf war im Rahmen eines Forschungsprojekts über ›Inquisition, Indexkongregation und Imprimatur in der Neuzeit‹ zufällig auf die Karl-May-Akte gestoßen, als er den ungeordneten vatikanischen Aktenbestand durchforstete, der erst seit wenigen Jahren der Forschung zugänglich ist.

   Eher traurig ist es in diesem Zusammenhang, daß sich in den in der Presse verbreiteten Meldungen zu diesem Thema ein teilweise doch recht defizitärer Wissensstand über Karl May widerspiegelt: So nimmt man erstaunt zur Kenntnis, daß May in seinen ›Winnetou‹-Bänden dem Marienkult gehuldigt habe und »Winnetou als Marienverehrer porträtierte«.8 Auch daß Karl May ein Werk namens ›Das versteinerte Gebet‹ geschrieben haben soll, das unter anderem (1910!) Anlaß für die Anzeige in Rom gewesen sei, zeigt die Urheber der Meldungen nicht unbedingt auf dem aktuellsten Stand der Forschung. Da bleibt, auch nach mehr als dreißig Jahren Forschung am Werk Karl Mays, noch manches zu tun für die KMG ...

   Vielleicht ist es da hilfreich, daß sich nach Hohenstein-Ernstthal nun auch die Stadt Radebeul dazu entschlossen hat, mit ihrem berühmten Einwohner Karl May touristisch zu werben: Schilder mit dem Schriftzug ›Karl-May-Stadt Radebeul‹ sollen, so entnehmen wir der örtlichen Presse, dem Besucher nunmehr am Ortseingang klar machen, daß neben der wunderschönen Lößnitz-Landschaft und ihrem Wein auch noch ein weiterer gewichtiger Grund dafür spricht, in Radebeul vielleicht doch etwas länger zu verweilen.



1 Erich Heinemann: Die Karl-May-Gesellschaft. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1970. Hamburg 1970, S. 272

2 Nachzulesen in den KMG-Nachrichten (KMG-N) 126/Dezember 2000, S. 21-55.

3 So z. B. die Überschrift eines Artikels in der Stuttgarter Zeitung vom 19. 9. 2000; auch die Pirmasenser Zeitung vom 20. 11. 2000 titelte gleichlautend.

4 Karl May: Winnetou. Translated and abridged by David Koblick. Washington State University Press 2000


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5 Ben Novak: The Third Logik: Adolf Hitler and Abductive Logic. Pennsylvania State University 1999

6 Harald Eggebrecht: Im Anschlich auf die blühende Wüste. In: Süddeutsche Zeitung vom 21. 10. 2000

7 KMG-N 125/September 2000, S. 16f.

8 Zitiert nach Welt am Sonntag vom 21. 5. 2000. Ähnlich in vielen weiteren Presseorganen.




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