Heute, am 4.10.2009, ging der 20. Kongress der Karl-May-Gesellschaft in Marburg zu Ende. Gleichzeitig konnte die Karl-May-Gesellschaft ihr 40-jähriges Jubiläum feiern, wie der Vorsitzende Dr. Johannes Zeilinger in seiner Begrüßungsrede betonte. Leider wurde das Ereignis ein wenig von einem Missverständnis in der Presse getrübt, das von der Fehlmeldung einer Presseagentur herrührte. Zahlreiche Zeitungen berichteten die Ente, dass die Karl-May-Gesellschaft eine für die Jugend bearbeitete Ausgabe von Karl Mays Schriften herausbringen wolle. Diese Absicht besteht jedoch nicht und hat auch nie bestanden. Im Gegenteil: Auf dem Kongress konnte von der erfolgreichen Herausgabe der historisch-kritischen Ausgabe von Karl Mays Werken berichtet werden, die den Originaltext der Texte mit wissenschaftlichen Methoden rekonstruiert, um eine möglichst authentische und zitierfähige Fassung zu erstellen. Noch in diesem Jahr wird der Band „Der Sohn des Bärenjägers“ erscheinen, im nächsten Frühjahr der Band „Die Fastnachtsnarren“.
Zahlreiche Besucher (genaue Zahl folgt) füllten das Audimax der Philipps-Universität zu Füßen der malerischen Altstadt Marburgs, um an drei Tagen fünf Vorträge zu hören. Zudem fand satzungsgemäß eine Mitgliederversammlung statt.
Die Themen der Vorträge gingen z.T. weit über die Grenzen der reinen Literaturwissenschaft hinaus und zeigten erneut, wie lebendig und vielseitig sich die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Karl May und seinem Werk gestaltet. Die Tagung begann gleich mit einem Höhepunkt: Dr. Jochen Strobel von der Uni Marburg zeigte in einem Vergleich von Fontane, Heyse und May auf, wie sich die Selbstdarstellung der Schriftsteller im 19. Jahrhundert zum modernen Umgang mit den Medien wandelte.
Die Wiener Literaturwissenschaftlerin Barbara Drucker untersuchte die Winnetou-Figur und das Indianerbild Karl Mays unter dem Titel „Intertextualität im Zeichen der Germanisierung“. Hagen Schäfer aus Chemnitz unternahm einen wissenschaftlichen Ritt vom Früh- bis zum Spätwerk Karls Mays, um seine Position zum Thema Politik auszuloten.
Den Abschluss bildeten die „Anmerkungen zu einigen Filmen nach Karl May“ des Berliner Filmwissenschaftlers Wolfgang Jacobsen, der die Winnetou-Filme in die historische Situation ihrer Entstehungszeit der 1960er Jahre einordnete. Die Auseinandersetzung mit den Filmen war ein Novum für einen KMG-Kongress und wurde mit einer intensiven Diskussion belohnt.
Der geplante Vortrag „Karl May und die Schweiz“ musste leider ausfallen. Doch Elmar Elbs von den Schweizer Karl-May-Freunden hatte bereits mit einem Kurzvortrag die Arbeit seiner Gruppe eindrucksvoll vorgestellt, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass Karl May nicht mehr von einer so breiten Öffentlichkeit gelesen wird wie früher.
Im Bewusstsein um diese Problematik gab es drei Anträge, den Begriff „Öffentlichkeitsarbeit“ in § 2 der Satzung der Karl-May-Gesellschaft zu verankern, über die in der Mitgliederversammlung abgestimmt werden sollte. Nachdem Dr. Johannes Zeilinger den Kompromissantrag vom letzten Kongress in Berlin zurückgezogen hatte, kam es zu einer Abstimmung über die Anträge von Dr. Christian Heermann und Joachim Biermann. Die nötige Zweidrittelmehrheit der Mitglieder erhielt der Antrag von Joachim Biermann. Von nun an steht in der Satzung u.a. als Ziel der Karl-May-Gesellschaft, dass sie dazu beitragen will, „dass Karl May und sein Werk in der Öffentlichkeit lebendig bleiben.“
Darüber hinaus beschloss die Mitgliederversammlung noch weitere Satzungsänderungen, die aufgrund geänderter gesetzlicher Bestimmungen notwendig waren, um die Gemeinnützigkeit aufrecht zu erhalten. Zudem wurde beschlossen, den Sitz der Gesellschaft, der seit ihrer Gründung in Hamburg war, nach Radebeul zu verlegen.
Eingerahmt wurde das Programm des 20. Kongress der Karl-May-Gesellschaft vom ökumenischen Gottesdienst, der in der kunsthistorisch so überaus interessanten Elisabethkirche stattfand, von der traditionellen Buchauktion und vom Geselligen Abend im Stadthallenrestaurant.